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06.06.2025

Kationenfunktionalisierte Chitinfasern – Entwicklung eines kontinuierlichen Spinnprozesses für ionenfunktionalisierte Biopolymerfasern auf Basis von Chitin

Raw materials Fibres Sustainability

Abstract

Im Rahmen des IGF-Projektes „Kationenfunktionalisierte Chitinfasern“ wurde erfolgreich ein kontinuierlicher, KMU-gerechter Spinnprozess zur Herstellung neuartiger, kationenfunktionalisierter Chitinfasern entwickelt. Mit diesem Verfahren war es erstmals möglich, reine Chitinfasern aus kostengünstigen Rohstoffen und unter Verwendung unbedenklicher Lösungsmittel im technisch relevanten Maßstab herzustellen. Damit konnte Chitin, eines der am häufigsten vorkommenden Biopolymere, erstmals für faserbasierte Anwendungen wirtschaftlich nutzbar gemacht werden. Durch die Funktionalisierung der Chitinfasern mit bioaktiven Ionen, insbesondere Calciumionen, wurde eine gezielte Modifikation der Fasereigenschaften erreicht. Diese Innovation ermöglichte eine deutlich verbesserte enzymatische Stabilität und damit eine kontrollierte Degradation der Fasern, wie sie für viele medizinische und textile Anwendungen erforderlich ist. Darüber hinaus eröffnete die entwickelte Technologie die Möglichkeit, maßgeschneiderte Funktionalisierungen der Chitinfasern für spezifische Anwendungen zu realisieren. Auf Basis der Projektergebnisse wurde somit unmittelbar produktvorbereitendes Basiswissen geschaffen, das die Entwicklung innovativer Produkte im Bereich der Medizintextilien, der regenerativen Medizin sowie des Tissue Engineering ermöglicht.

Report

Einleitung, Problemstellung und Zielsetzung

Die Textilindustrie steht im Spannungsfeld wachsender Anforderungen: Klimawandel, Ressourcenknappheit und ein zunehmend nachhaltigkeitsbewusstes Konsumverhalten fordern neue Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Bisher wird der Markt von synthetischen Fasern dominiert, die auf fossilen Rohstoffen basieren und damit erheblich zur Umwelt- und Klimabelastung beitragen [1–2]. Naturfasern stellen eine grünere Alternative dar, sind jedoch nicht uneingeschränkt nachhaltig. Ihr Anbau verbraucht oft sehr viel Wasser und es werden Düngemittel und Pflanzenschutzmittel eingesetzt, was ihre Umweltbilanz ebenfalls belastet [3].

In diesem Kontext rückt Chitin, das nach Cellulose zweithäufigste natürlich vorkommende Polymer, zunehmend in den Fokus als vielversprechender, bio-basierter Rohstoff mit hoher Funktionalität [4]. Es fällt in großen Mengen als Nebenprodukt in der Lebensmittelindustrie, beispielsweise bei der Verarbeitung von Krebs- und Schalentieren, an. Damit ist es nicht nur reichlich verfügbar, sondern auch kostengünstig und nachhaltig. Chitin und seine Derivate, wie beispielsweise Chitosan, weisen eine Vielzahl wünschenswerter Eigenschaften auf: Sie sind biologisch abbaubar, bioaktiv, biokompatibel und weisen aufgrund ihrer kristallinen Struktur eine hohe mechanische Festigkeit auf. Dadurch eignet es sich hervorragend für hochwertige, funktionale Textilanwendungen, z. B. im Bereich medizinischer Einwegprodukte, in dem der Bedarf kontinuierlich wächst und gleichzeitig enorme Abfallmengen anfallen. Die Herausforderung besteht jedoch in der technologischen Nutzbarmachung dieses Rohstoffs: Chitin ist aufgrund seiner teilkristallinen molekularen Struktur kaum löslich, was einerseits die positiven Funktionen des Werkstoffs ermöglicht jedoch andererseits die Weiterverarbeitung zu textilen Strukturen erheblich erschwert. Herkömmliche Lösungsansätze setzen auf aggressive und gesundheits- sowie umweltbedenkliche Lösungsmittel wie Trichloressigsäure oder LiCl/DMA. Diese führen zu Polymerabbau, Materialschwächung und aufwendigen Reinigungsschritten [5–7]. Für medizinische Anwendungen sind diese Prozesse ungeeignet und eine Skalierung in den industriellen Maßstab ist kaum umsetzbar.

Ein alternativer, deutlich nachhaltigerer Ansatz ist die Verwendung ionischer Flüssigkeiten (engl. ionic liquids, IL). Diese modernen Lösungsmittel haben das Potenzial, Chitin in Lösung zu bringen, ohne dessen Struktur zu beeinträchtigen. Allerdings sind auch hier die technologischen Barrieren hoch, sodass bisherige Prozesse überwiegend diskontinuierlich und für geringe Produktionsmengen realisiert wurden [8–10]. Somit fehlt bislang ein wirtschaftlich tragfähiger und durchgehend nachhaltiger Prozess, der die Herstellung von Chitinfasern kontinuierlich und in industriell relevanter Menge ermöglicht.

Das Ziel des IGF-Projektes 22568 „Kationenfunktionalisierte Chitinfasern“ bestand daher in der Entwicklung eines kontinuierlichen, lösungsmittelbasierten Nassspinnverfahrens für 100 % reine Chitinmultifilamentgarne, das sowohl materialschonend als auch prozesstechnisch skalierbar ist. Durch eine integrierte Funktionalisierung mit bioaktiven Kationen (z. B. Calcium- oder Strontium-Ionen, welche die Knochenregeneration unterstützen) sollte zudem die Grundlage für die Herstellung von Funktionstextilien geschaffen werden, um neue Anwendungsfelder für Unternehmen zu eröffnen – insbesondere im wachstumsstarken Bereich der Smart und Medical Textiles.

Erzielte Ergebnisse

Im IGF-Projekt „Kationenfunktionalisierte Chitinfasern“ wurde erfolgreich ein kontinuierlicher, KMU-gerechter Spinnprozess zur Herstellung reiner Chitinmultifilamentgarne im industriell relevanten Maßstab realisiert. Durch die gezielte Funktionalisierung mit bioaktiven Ionen konnten die Fasereigenschaften spezifisch angepasst und eine kontrollierte, enzymatische Abbaubarkeit erreicht werden. Im Folgenden werden die wesentlichen Projektergebnisse und technologischen Entwicklungen im Detail erläutert.

Prozessentwicklung für die kontinuierliche Fertigung von Chitinmultifilamentgarnen

Im Projektverlauf wurden verschiedene IL systematisch auf ihre Eignung als Lösungsmittel für die Filamenterspinnung untersucht. Die besten Ergebnisse lieferte 1-Ethyl-3-methylimidazoliumpropionat (EMIMOPr, proionic GmbH, Raaba-Grambach, AT). Diese IL konnte verschiedene untersuchte Chitinqualitäten und -provenienzen bei moderaten Temperaturen (60 – 90 °C) effizient lösen, ohne das Polymer zu degradieren. Entscheidend war dabei auch, dass EMIMOPr im späteren Prozessschritt vollständig aus den Fasern entfernt werden konnte. In Abbildung 1 sind die ermittelten FT-IR-Spektren am Beispiel des verwendeten Chitinpulvers (grau) sowie der daraus hergestellten Multifilamentgarne (rot) nach dem Spinnprozess graphisch dargestellt. Die Ergebnisse zeigten keine Veränderung der chemischen Struktur des Chitins nach dem Spinnprozess und keine Lösungsmittelspuren.

Mit dieser IL konnten stabile Spinnlösungen mit Chitinkonzentrationen zwischen 3 Gew.-% und 5 Gew.-% hergestellt werden. Um eine gute Prozessführung zu gewährleisten – insbesondere bei der Überführung in den Technikumsmaßstab – wurden die rheologischen Eigenschaften gezielt untersucht und eingestellt. Der im Labormaßstab entwickelte Spinnprozess wurde anschließend erfolgreich auf eine modulare Lösungsmittelnassspinnanlage (Fourné Maschinenbau GmbH, Alfter-Impekoven, DE) mit individuell steuerbaren Zonen für Extrusion, Koagulation, Waschen und Trocknung im semi-industriellen Technikumsmaßstab übertragen. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der Konfiguration der Spinndüsen, um einen stabilen Spinnprozess und eine homogene Filamentstruktur zu erzeugen.

Im Vergleich zu bisherigen Projektergebnissen und etablierten Spinnprozessen – insbesondere dem konventionellen Chitosanspinnen mit Essigsäure als Lösungsmittel [11] sowie der Verwendung von IL (z. B. 1-Ethyl-3-Methylimidazoliumacetat, EMIMOAc [12]) für Chitosan mit Deacetylierungsgraden über 70 % – zeigen die im Rahmen dieses Projektes hergestellten Chitinfilamentgarne signifikant höhere Festigkeiten von ≥ 20 N (vgl. Abbildung 3, rechts). Die erzielten mechanischen Eigenschaften übertreffen damit sämtliche in bisherigen Vorhaben erzielten Ergebnisse und unterstreichen das große Potenzial des neu entwickelten Spinnverfahrens. Der Forschungsbedarf hinsichtlich der beobachteten Wertestreuungen in Abhängigkeit von der Düsengeometrie sowie anlagenbedingte Limitierungen, die derzeit das Verspinnen von Lösungen mit höheren Viskositäten erschweren, bildet zudem eine solide Grundlage für zukünftige Projekte zur weiteren Prozessoptimierung und -weiterentwicklung.

Funktionalisierung der Chitinfasern mit bioaktiven Ionen

Ein weiteres zentrales Ziel war die Entwicklung eines Verfahrens zur in den Spinnprozess integrierten neuartigen Funktionalisierung von Chitinfasern mit bioaktiven Calcium-, Strontium- und Magnesiumionen, die zusätzliche Eigenschaften mitbringen – insbesondere für den Einsatz in medizinischen Textilien, etwa bei knochenaufbauenden Implantaten oder Wundauflagen. Hierzu wurden drei unterschiedliche methodische Ansätze konzipiert und experimentell untersucht: (1) die direkte Einbringung der Ionen in die Spinnlösung, (2) die Funktionalisierung der Filamente während der Koagulation im Fällbad sowie (3) der Vergleich dieser Inline-Methoden mit einer nachgelagerten Funktionalisierung von Chitinmonofilamenten nach der Erspinnung. Eine schematische Darstellung der untersuchten Funktionalisierungsansätze ist in Abbildung 4 am Beispiel der Funktionalisierung mit Calcium-Ionen dargestellt.

Aussichtsreiche Ergebnisse wurden insbesondere bei der Funktionalisierung direkt im Spinnprozess während der Koagulation erzielt. Durch die Zugabe von Calcium-, Magnesium- oder Strontiumsalzen in das Koagulationsbad (deionisiertes Wasser) konnten die Ionen effektiv in die noch nicht vollständig verfestigten Filamente eingebracht werden. Die Inline-Funktionalisierung ermöglichte eine gleichmäßige Ionenverteilung, ohne die mechanische Struktur der Fasern negativ zu beeinflussen.

Anhand der in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie und Forschung (u.a. Anton Paar GmbH, Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft der TUD) durchgeführten Untersuchungen wie EDX-Analysen (vgl. Abbildung 5), optische Emissionsspektrometrie (ICP-OES) (vgl. Abbildung 6), Zeta-Potential-Messungen und FTIR-Spektroskopie, wurde nachgewiesen, dass die Ionen dauerhaft in der Faserstruktur eingebunden sind, sowohl an der Oberfläche als auch im Inneren des Filaments. Insbesondere Calciumionen weisen eine hohe Affinität zu Chitin auf und bleiben auch nach längeren Wasch- und Trocknungsprozessen in der Faser erhalten. Zur Untersuchung des Ionenabgabeverhaltens bzw. der Ionenfreisetzung unter physiologisch relevanten Bedingungen wurden systematische Elutionsversuche durchgeführt. Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der Ionen innerhalb kurzer Zeit (≤ 7 d) aus den Filamenten freigesetzt wird und nur ein geringer Restanteil langfristig in der Faserstruktur verbleibt. Im Hinblick auf potenzielle Anwendungen, beispielsweise in der Entwicklung bioaktiver Medizintextilien oder für Systeme zur gezielten Wirkstofffreisetzung, stellt das beobachtete Freisetzungsverhalten einen Vorteil dar: Die schnelle Ionenabgabe könnte entzündungshemmende, wundheilungsfördernde oder mineralisierende Effekte unmittelbar nach Applikation unterstützen und damit die Funktionalität solcher Materialien deutlich erhöhen.

Trotz der spröden Materialstruktur – eine bekannte Eigenschaft kristalliner Biopolymere, wie Chitin – konnten durch gezielte Prozessanpassung textile Flächenstrukturen realisiert werden. Insbesondere durch die Kombination mit Stützgarnen, wie Baumwolle oder Viskose, konnten Zwirne hergestellt werden, die sich anschließend zu Geweben und Gestricken weiterverarbeiten ließen. Erste Demonstratoren, u. a. Maschen- und Gewebemuster, belegten die grundsätzliche Eignung für technische und medizinische Textilanwendungen (vgl. Abbildung 7). Trotz der derzeit noch hohen Sprödigkeit des Garnmaterials zeigen die Ergebnisse ein großes Potenzial für zukünftige Anwendungen. Durch gezielte Maßnahmen, wie z. B. das Aufbringen von Schlichten oder die Kombination mit anderen bioabbaubaren Polymeren (z. B. Viskose, Cellulose, Baumwolle etc.), könnte die Flexibilität weiter verbessert werden, wodurch ein breites Anwendungsspektrum in medizinischen und technischen Textilien ermöglicht wird. Insgesamt stellt die Entwicklung einen vielversprechenden Ansatz zur Nutzung biobasierter Materialien in anspruchsvollen textilen Anwendungen dar.

 Zusammenfassung

Im Rahmen des IGF-Projektes „Kationenfunktionalisierte Chitinfasern“ wurde erfolgreich ein kontinuierlicher, KMU-gerechter Spinnprozess zur Herstellung neuartiger, kationenfunktionalisierter Chitinfasern entwickelt. Mit diesem Verfahren war es erstmals möglich, reine Chitinfasern aus kostengünstigen Rohstoffen und unter Verwendung unbedenklicher Lösungsmittel im technisch relevanten Maßstab herzustellen. Damit konnte Chitin, eines der am häufigsten vorkommenden Biopolymere, erstmals für faserbasierte Anwendungen wirtschaftlich nutzbar gemacht werden. Durch die Funktionalisierung der Chitinfasern mit bioaktiven Ionen, insbesondere Calciumionen, wurde eine gezielte Modifikation der Fasereigenschaften erreicht. Diese Innovation ermöglichte eine deutlich verbesserte enzymatische Stabilität und damit eine kontrollierte Degradation der Fasern, wie sie für viele medizinische und textile Anwendungen erforderlich ist. Darüber hinaus eröffnete die entwickelte Technologie die Möglichkeit, maßgeschneiderte Funktionalisierungen der Chitinfasern für spezifische Anwendungen zu realisieren. Auf Basis der Projektergebnisse wurde somit unmittelbar produktvorbereitendes Basiswissen geschaffen, das die Entwicklung innovativer Produkte im Bereich der Medizintextilien, der regenerativen Medizin sowie des Tissue Engineering ermöglicht.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 22568 „Kationenfunktionalisierte Chitinfasern“ der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V. wurde über den Projektträger DLR im Rahmen des Programms zur Förderung der „Industriellen Gemeinschaftsforschung“ (IGF) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMBK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir danken den genannten Institutionen für die Bereitstellung der finanziellen Mittel. Darüber hinaus danken wir den Mitgliedern des projektbegleitenden Ausschusses für ihre Unterstützung während der Projektbearbeitung.

Literatur

[1]        A new textiles economy: Redesigning fashion’s future: Ellen MacArthur Foundation, 2017.

[2]        Deutsche Stiftung Meeresschutz: Studie Mikroplastik im Meer und seinen Klimafolgen.  https://www.stiftung-meeresschutz.org/themen/meeresverschmutzung/mikroplastik-im- meer-und-seine- klimafolgen/ (20.05.2025).

[3]        GOEL, S.: Wool is 44% Carbon. Leonardo 45(2012)2, pp. 186–187.

[4]        SHAMSHINA, J. L.: Chitin in ionic liquids: historical insights into the polymer's dissolution and isolation. A review. Green Chemistry 21(2019)15, pp. 3974–3993.

[5]        EP0051421A1. Kifune; Inoue; Mori: Chitin fibers, process for the production of the same and surgical sutures formed of such chitin fibers.

[6]        NGUYEN, K. D.: Temperature Effect of Water Coagulation Bath on Chitin Fiber Prepared through Wet-Spinning Process. Polymers 13(2021)12.

[7]        LIANG, Y.; JIANG, N.; LIU, X.; NIE, L.; SONG, D.; JIANG, L.; YU, H.; XU, W.; ZHU, K.: Fabrication of Shaped Chitin Fibers by Gradient Regeneration Combined with a Physical Pressure Method. ACS Applied Polymer Materials 6(2024)2.

[8]        SHAMSHINA, J. L.; ZAVGORODNYA, O.; BERTON, P.; CHHOTARAY, P. K.; CHOUDHARY, H.; ROGERS, R. D.: Ionic Liquid Platform for Spinning Composite Chitin–Poly(lactic acid) Fibers.  ACS Sustainable Chemistry & Engineering 6(2018)8.

[9]        ZHU, C.; RICHARDSON, R. M.; SONG, Y.; RAHATEKAR, S. S.; LUCIA, L.; AYOUB, A.: One Step Dissolution, Extrusion, and Fiber Spinning of Chitin Using Ionic Liquid Solvents // Polysac- charide-based Fibers and Composites. Band 18, Cham: Springer, 2018. - ISBN 978-3-319- 56595-8. 117.

[10]      Ota, A.; Beyer, R.; Hageroth, U.; Müller, A.; Tomasic, P.; Hermanutz, F.; Buchmeoser, M. R.: Chitin/Cellulose blend fibers prepared by wet and dry wet spinning. Polymers for Ad- vanced Technologies 32(2021)1, pp. 335.

[11]      TOSKAS, G.; BRÜNLER, R.; HUND, H.; HUND, R.-D.; HILD, M.; AIBIBU, D.; CHERIF, C.: Pure chitosan microfibres for biomedical applications. Autex Research Journal 13(2013)4, pp. 134– 140.

[12]      KUZNIK, I., KRUPPKE, I., PÖTZSCH H. F., CHERIF, C.: Pure chitosan multifilament yarns made using a semi-industrial pilot scale wet-spinning process with ionic liquids. J. Appl. Polym. Sci. 2024, 141(23), e55457.

Authors: Kuznik, Irina Scheele, Sabrina Benecke, Lukas Kruppke, Iris Cherif, Chokri

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

https://tu-dresden.de/mw/itm

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18.10.2022

Development of Textile Structures with Material-Intrinsic Shape Changing Capabilities for Regenerative Medicine (TexMedActor)

Yarns Fabrics Sustainability Technical Textiles Medicine

Abstract

In the IGF project 21022 BR/1 "TexMedActor", fabrics based on shape memory or electroactive yarns were developed which are capable of enclosing defects in hollow organs on the one hand and stimulating cells by micro-movements on the other. For this purpose, influences of spinning process and material composition on the shape memory behavior of TPU-based yarns were characterized and, in particular, the activation temperature was adjusted to values of the body core and body surface temperature. Furthermore, piezoelectric PVDF yarns were developed whose proportion of polar crystal phases was significantly increased by the spinning parameters and post-treatment, which also increased the piezoelectric behavior of the material. This allowed dynamic changes in pore size to be demonstrated in situ, which can have a stimulating effect on cells. With a new process and a new product group (textiles with intrinsic, active shape-changing capability), the results offer high innovation potential not only for medical devices, but also for a wide range of lucrative applications in a variety of niches, such as sports textiles and filter textiles. Furthermore, these can be used as a basis for the development of extracorporeal medical products such as compression textiles, bandages and orthoses.

Report

Introduction and Objective

In Germany, both demographic changes in society and injuries resulting from trauma are leading to a high proportion of people with cardiovascular diseases or injuries to vessels and internal organs requiring treatment. Treatment of injuries to internal organs, vessels, or nerves usually requires complex procedures (anastomoses) that involve elaborate fixation and suturing. These complicated and elaborate procedures are often associated with long procedure times, which in turn directly correlate with increased complication rates [1-3]. Tubular plastic implants are increasingly being developed to bridge such defects. These single material structures do not allow tissue/ cell ingrowth. Therefore, they run counter to the concept of regenerative medicine, which aims to restore body tissues and cells. In addition, when the defects are filled, regeneration is often disturbed due to the structural-mechanical properties that are not adapted to biomechanics. Furthermore, the lack of interconnectivity of the pore spaces of the replacement structures prevents the cell ingrowth, cell growth, nutrient supply and the removal of metabolic products.

In the context of in vitro tissue engineering, in addition to static cell culture systems, dynamic systems are also being developed. These are based, for example, on continuous or pulsating fluid flows or on a cyclic stretching of a clamped cell support system or substrate [4]. However, a replication of natural mechanical growth stimuli is not possible with such bioreactor systems because, especially in larger structures, there is a locally increased flow velocity along the largest pores or only an overflow of the entire cell support system. Additionally, undesirable stress peaks and undefined distortions occur in the region of the clamps and supports in mechanically stimulated systems.

Since the native structure of the four most important tissue types (connective and supporting tissue, nervous, muscular and epithelial tissue) from which organs, such as bones, blood vessels, muscles, tendons and ligaments, are formed, consists of fiber-like constructs, these can be particularly well biomimicked with textile structures. With the help of pre-designed fiber arrangements, three-dimensional, complex geometries with interconnecting pore spaces can be built up. The cells can use these structures to orient themselves in their growth direction [5]. Therefore, fiber-based high-tech structures are particularly predestined to overcome the limitations of currently available implants.

Therefore, within the framework of the IGF research project TexMedActor (21022 BR/1) novel textile structures with material-intrinsic shape changing capabilities were developed for regenerative medicine with a variety of different application fields, especially anastomosis. The concept pursued envisages the textile-technological realization of structures with a shape memory effect. The textiles should be able to assume predetermined geometries in order to adapt interactively to defects and to simplify complex interventions to bridge or support defects in internal organs like vessel and nerves. Furthermore, these textiles are intended to enable electromechanical stimulation for the actively targeted stimulating of cell growth. In this way, regeneration is accelerated or even made possible in the first place, since the necessary stimuli for tissue- and cell-adapted growth stimulation are lacking, especially in the case of body tissues with weak or no blood supply, such as cartilage, tendons, ligaments, or in the case of wound healing disorders or chronic wounds. Furthermore, novel bioreactors based on the intrinsic properties of the textile structures will be developed, which use the mechanism of action for electromechanical stimulation to uniformly stimulate the cells at each site even in highly complex and large-scale cell carrier structures. Here, the mechanical stimuli originate from the material itself. This material-intrinsic stimulation represent a new method for optimal cell cultivation, by stimulating cell on the textile cell carrier structures without externally applied fluid flows or mechanical deformation. This is intended to overcome two recognized medical technology problems: 1) complicated, costly operations on internal organs, vessels or nerves that are difficult or impossible to perform with minimally invasive procedures, and 2) lack of tissue- and cell-adapted stimuli for promotion of growth in previously used replacement structures and materials as well as currently available dynamic cell culture systems.

Acknowledgement

The IGF project 21022 BR/1 of the Research Association Forschungskuratorium Textil e.V. was funded by the Federal Ministry of Economics and Climate Protection via the AiF within the framework of the program for the promotion of joint industrial research (IGF) on the basis of a resolution of the German Bundestag. We would like to thank the above-mentioned institutions for providing the financial resources. Furthermore, we want to thank the member of the “Projektbegleitender Ausschuss” (project accompanying committee) for their support during the project.

Authors: Benecke, Lukas; Aibibu, Dilbar; Cherif, Chokri

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

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18.10.2022

Entwicklung von Textilstrukturen mit materialintrinsischem Formänderungsvermögen für die regenerative Medizin (TexMedActor)

Yarns Fabrics Sustainability Technical Textiles Medicine

Abstract

Im IGF-Projekt 21022 BR/1 „TexMedActor“ wurden Gewebe auf Basis von Formgedächtnis- bzw. Elektroaktiven-Garnen entwickelt, die in der Lage sind, einerseits Defekte an Hohlorganen zu umschließen und andererseits durch Mikrobewegungen Zellen stimulieren zu können. Dafür wurden Einflüsse von Spinnverfahren und Materialzusammensetzung auf das Formgedächtnisverhalten TPU-basierter Garne charakterisiert und insbesondere die Aktivierungstemperatur auf Werte der Körperkern- und Körperoberflächentemperatur eingestellt. Weiterhin wurde piezoelektrische PVDF-Garne entwickelt, deren Anteil polarer Kristallphasen durch die Spinnparameter und Nachbehandlung deutlich erhöht war, wodurch auch das piezoelektrische Verhalten des Materials gesteigert werden konnte. Damit konnten dynamische Veränderungen der Porengröße in situ nachgewiesen werden, die eine stimulierende Wirkung auf Zellen entfalten können. Die Ergebnisse bieten mit einem neuen Verfahren und einer neuen Produktgruppe (Textilien mit intrinsischem, aktivem Formänderungsvermögen) nicht nur bei Medizinprodukten ein hohes Innovationspotenzial, sondern auch bei einer Vielzahl von lukrativen Anwendungen in einer Vielzahl von Nischen, z. B. Sporttextilien und Filtertextilien. Diese können weiterhin als Basis zur Entwicklung von extrakorporalen Medizinprodukten wie Kompressionstextilien, Bandagen und Orthesen genutzt werden.

Report

Einleitung, Problemstellung und Zielsetzung

In Deutschland führt sowohl der demografische Wandel der Gesellschaft als auch Verletzungen infolge von Traumata zu einem hohen Anteil von Personen mit behandlungsbedürftigen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Verletzungen an Gefäßen und inneren Organen. Zur Behandlung von Verletzungen an inneren Organen, Gefäßen oder Nerven sind meist komplexe Eingriffe (Anastomosen) erforderlich, bei denen aufwändige Fixierungen und Nahtführungen erforderlich sind. Diese komplizierten und aufwändigen Prozeduren sind häufig mit langen Eingriffszeiten verbunden, die wiederum direkt mit erhöhten Komplikationsraten korrelieren [1‑3]. Zur Überbrückung solcher Defekte werden zunehmend tubuläre Kunststoffimplantate entwickelt, die jedoch kein Einwachsen von Gewebezellen ermöglichen und damit dem Konzept der regenerativen Medizin entgegenstehen, das die Wiederherstellung von Körpergeweben und ‑zellen anstrebt. Darüber hinaus kommt es bei der Auffüllung der Defekte häufig zu Störungen der Regeneration durch die nicht an die Biomechanik angepassten strukturmechanischen Eigenschaften. Ferner verhindern die fehlende Interkonnektivität der Porenräume der Ersatzstrukturen das Einwachsen von Zellen, das Zellwachstum, die Nährstoffversorgung und den Abtransport der Stoffwechselprodukte.

Im Rahmen des in vitro Tissue Engineerings werden neben statischen Zellkultursystemen auch dynami­sche Systeme entwickelt. Diese basieren beispielsweise auf kontinuierlichen oder pulsierenden Flüssigkeitsströmungen oder auf einer zyklischen Dehnung des eingespannten Zellträgersystems bzw. der Unterlage [4]. Eine Nachbildung der natürlichen mechanischen Wachstumsstimuli ist mit solchen Bio­reaktorsystemen jedoch nicht möglich, da sich insbesondere in größeren Strukturen eine lokal erhöhte Strömungsgeschwindigkeit entlang der größten Durchgangsporen bzw. lediglich eine Überströmung des gesamten Zellträgersystems einstellt und in mechanisch stimulierten Systemen unerwünschte Spannungsspitzen und undefinierte Verzerrungen im Bereich der Klemmen und Auflagen auftreten.

Da der native Aufbau der vier wichtigsten Gewebetypen (Binde- und Stützgewebe, Nerven-, Muskel- und Epithelgewebe) aus denen Organe, wie Knochen, Blutgefäße, Muskeln, Sehnen und Bänder, gebildet sind, aus faserartigen Konstrukten besteht, lassen sich diese mit textilen Strukturen besonders gut biomimetisch nachbilden. Mithilfe vorbedachter Faseranordnungen können dreidimensionale, kom­plexe Geometrien mit interkonnektierenden Porenräumen aufgebaut werden, an der sich Zellen in ihrer Wachstumsrichtung orientieren können [5]. Deshalb sind faserbasierte High‑Tech Strukturen zur Überwindung der Limitationen aktuell verfügbarer Implantate besonders prädestiniert.

Daher wurden im Rahmen des IGF-Forschungsvorhabens TexMedActor (21022 BR/1) neuartige Textilstrukturen mit materialintrinsischem Formänderungsvermögen für die regenerative Medizin mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Anwendungsfeldern, insbesondere der Anastomose, entwickelt. Das verfolgte Konzept sieht hierbei die textiltechnologische Realisierung von Strukturen mit einem Formgedächtniseffekt vor. Die Textilien sollen gezielt vorbestimmte Geometrien annehmen können, um sich an Defekte interaktiv anzupassen und um komplexe Eingriffe zum Überbrücken bzw. zum Stützen von Defekten an inneren Organen wie Gefäßen und Nerven zu vereinfachen. Ein weiterer Wirkmechanismus soll darüber hinaus die elektromechanische Stimulation mit dem Ziel der aktiven, gezielten Anregung des Zellwachstums ermöglichen. Somit soll die Regeneration beschleunigt bzw. überhaupt erst ermöglicht werden, da die erforderlichen Stimuli zur gewebe- und zellangepassten Wachstumsanregung insbesondere bei schwach bzw. nicht durchbluteten Körpergeweben, wie Knorpeln, Sehnen, Bändern, oder bei Wundheilungsstörungen oder chronischen Wunden fehlen. Es sollen weiterhin neuartige Bioreaktoren mittels intrinsischen Eigenschaften der textilen Strukturen entwickelt werden, die den Wirkmechanismus zur elektromechanischen Stimulation nutzen, um selbst in hochkomplexen und großskaligen Zellträgerstrukturen die Zellen an jeder Stelle gleichmäßig zu stimulieren. Die mechanischen Reize gehen hierbei vom Material selbst aus. Diese materialintrinsische Stimulation stellt eine neue Methode für die optimale Zellkultivierung dar, sodass die Zellen auf den textilen Zellträgerstrukturen unter Verzicht auf extern angelegte Flüssigkeitsströmungen oder mechanische Verformungen stimuliert werden können. Damit sollen zwei anerkannte medizintechnische Probleme behoben werden: 1) Komplizierte, aufwändige und mit minimalinvasiven Verfahren schwer oder nicht zu realisierende Operationen an innenliegenden Organen, Gefäßen oder Nerven sowie 2) fehlende gewebe- und zellangepassten Stimuli zur Anregung des Wachstums seitens der bisher verwendeten Ersatzstrukturen und ‑materialien sowie derzeit verfügbarer dynamischer Zellkultursysteme.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 21022 BR/1 der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir danken den genannten Institutionen für die Bereitstellung der finanziellen Mittel. Darüber hinaus möchten wir den Mitgliedern des Projektbegleitenden Ausschusses für ihre Unterstützung während der Projektbearbeitung danken.

Authors: Benecke, Lukas; Aibibu, Dilbar; Cherif, Chokri

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

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28.09.2022

Filterung von Abgasen von Holzfeueröfen auf Basis neuartiger textiler Filtersysteme

Sustainability Technical Textiles Interior Textiles

Abstract

Gasförmige und vor allem partikelförmige Emissionen aus handbeschickten Holzöfen haben einen nicht unerheblichen Anteil an der Luftverschmutzung in Deutschland. Vor allem ultra-feine Rußpartikel und organische Schadstoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe werden häufig in hohen Anteilen emittiert. Die Freisetzung dieser Schadstoffe hat negative toxikologische und klimatische Konsequenzen für Mensch und Umwelt. Andererseits gewinnen erneuerbare biogene Festbrennstoffe aufgrund der Knappheit fossiler Rohstoffe für die regenerative Wärmebereitstellung zunehmend an Bedeutung.

Report

In Anbetracht dieser Problemstellung forschen an der RWTH Aachen University das Institut für Textiltechnik (ITA) und das Lehr- und Forschungsgebiet Technologie der Energierohstoffe (TEER) gemeinsam mit der Skantherm GmbH & Co. KG und der Culimeta Textilglas-Technologie GmbH & Co. KG im Rahmen des FNR-Projekts „PartEX4Abholz“ an der Entwicklung eines neuen, hocheffizienten Abscheiders, der die partikelförmigen (festen und flüssigen) Emissionen aus dem Abgas von handbeschickten Holzöfen abscheidet und sequestriert. Der innovative Ansatz besteht in der Nutzung neuartiger Filtersysteme auf Basis textiler Strukturen.

Im Gegensatz zu den auf dem Markt erhältlichen E-Abscheidern erzeugt die zu entwickelnde Filterlösung nicht nur keine Rußflocken, es werden auch die groben Partikel durch das Filtersystem effizient im Filtermedium gespeichert. Außerdem wird eine hohe Abscheideleistung gegenüber flüchtigen und kondensierten organischen Substanzen erreicht. Die Herausforderung liegt dabei nicht nur in der Abscheidung der prozessimmanenten ultrafeinen (< 100 nm) Partikel durch Diffusionsabscheidung an sich, sondern vielmehr das Erreichen einer hohen und damit wirtschaftlichen Standzeit (hohe Speicherkapazität).

Unter Einsatz des neuen Filtersystems sollen die emittierten Partikel und Stäube von Holzfeueröfen gemäß dem Umweltzeichen "Der Blaue Engel" auf 15 mg/m³ reduziert werden. Mit ersten Projektergebnissen wird im ersten Quartal 2023 gerechnet.

Authors: Maryam Sodagar, M.Sc.

ITA Institut für Textiltechnik an der RWTH Aachen University, Otto-Blumenthal-Strasse 1, 52074 Aachen, Deutschland

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