Forschungspublikationen

3 Ergebnisse
30.10.2023

PA 6 und PVDF Nanofasern für industrielle Filteranwendungen

Fasern Vliesstoffe

Zusammenfassung

Mittels Elektrospinning konnten herkömmliche Filtervliese mit Nanofasern beschichtet und damit Mehrlagenverbünde hergestellt werden. Die Nanofasern haben einen signifikanten Einfluss auf due Luftdurchlässigkeit und die mittlere Durchflussporengröße der Proben, wobei die Höhe des Effekts von der Schichtdicke der Nanofasern und deren Durchmessern abhängt. Die Schichtdicke kann sehr einfach über die Veränderung der Beschichtungszeit angepasst werden. Eine Anpassung der Faserdurchmesser ist dagegen komplizierter und muss in einer Multiparameterstudie untersucht werden. Dazu werden beispielsweise die Parameter angelegte Hochspannung, Polymerkonzentration und damit auch Viskosität und Leitfähigkeit der Lösung, Abstand von Düse zu Kollektor und die Durchflussrate variiert und der Einfluss auf die Zielgrößen untersucht. Die hier ausgewerteten Zielgrößen Luftdurchlässigkeit und mittlere Durchflussporengröße können nur als Maßstab für die Filtereigenschaften verwendet werden, in weiteren Untersuchungen sollten aber die spezifische Filtereffizienz bei definierten Partikeldurchmessern, sowie der Rückreinigungsgrad nach einem Jet-Impuls ausgewertet werden. Die vorliegende Arbeit ist ein erster Schritt in Richtung industrieller Nanofaserfilteranwendungen und ermöglicht weitere Untersuchungen in diesem Feld.

Bericht

Abstract

Industrielle Staubfilteranlagen weisen häufig das Problem auf sehr schnell zu Verstopfen und aufgrund von Tiefenpenetration der Partikel in den textilen Filter nur schwer rückgereinigt werden zu können. Dies führt in der Anwendung zu einem hohen Druckverlust, einem hohen Energieverbrauch und geringen Standzeiten. Nanofasern bieten aufgrund der geringen Faserdurchmesser eine hohe spezifische Oberfläche und bei gleichem Materialverbrauch damit kleinere Porengrößen in Vliesstrukturen. Außerdem wird der Filtermechanismus von Tiefenfiltration zu Oberflächenfiltration verschoben wodurch die Rückreinigung vereinfacht wird. Daher werden in dieser Arbeit herkömmliche Filtervliesstoffe im Elektrospinning-Verfahren mit Nanofasern beschichtet. Polyamid 6 und Polyvinylidenfluorid werden zu Fasern mit Durchmessern zwischen 0,62 ± 0,13 µm und 1,00 ± 0,16 µm hergestellt. Außerdem kann eine Verringerung der mittleren Porengröße und Luftdurchlässigkeit der beschichteten Substrate und damit eine Eignung für den Einsatz in industriellen Filteranlagen gezeigt werden.

  1. Einleitung

Luftfiltersysteme werden in allen Industriezweigen eingesetzt, um die Qualität der zugeführten Luft zu kontrollieren oder die Verschmutzung der Umwelt durch Abluft zu verhindern. So nutzen beispielsweise Unternehmen des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes, wie Gießereien, der Keramikverarbeitung oder der Reifenherstellung, Luftfilter, um die Luft zu entstauben, aber auch Branchen wie die Lebensmittelindustrie, in denen eine besonders hohe Produktqualität und -reinheit (gemäß der Wirksamkeitsklassifizierung nach ISO 16890) gefordert ist. Grobe Stäube und Verunreinigungen in der Luft und kleinste Partikel wie Feinstaub oder auch Mikroorganismen und Mikroben werden aus der Ab- oder Zuluft herausgefiltert. [SKD+10; KSN12]

In Verbrennungs- und Industrieanlagen entfernen Entstaubungsanlagen Partikel mit einer Korngröße zwischen 0,1 und 1000 µm aus der Abluft der Prozesse, bevor diese in die Umwelt abgegeben wird. In diesen Anlagen werden Filter in Schlauchform mit einer Mikrofasermembran aus reiner Zellulose oder einem Mischpapier aus Zellulose und Polyester verwendet. Mit Hilfe von Druckluft werden die Partikel in den Filter gepresst und aus der Luft gefiltert. (Siehe Abbildung 1) [SKD+10; KSN12]

 

Abbildung 1:         a) Schlauchfilter auf Stützkorb für Entstaubungsanlagen; b) Schematischer Querschnitt durch einen Schlauchfilter während der Filtration (links) und der Abreinigung (rechts); c) Schlauchfilter eingebaut in eine schematische Entstaubungsanlage. Das Abgas wird angesaugt, durch den Filterschlauch gefiltert und die gefilterten Partikel werden nach der Abreinigung über den Schacht am Boden entsorgt. [Tss22; Wik22]

Bei Filtern dieser Art erfolgt die Filtration über die gesamte Tiefe des Vlieses, und die Partikel werden innerhalb des Vlieses zurückgehalten (siehe Abbildung 2 links). Diese Wirkungsweise wird als Tiefenpenetration bezeichnet und weist bei Staubabscheider-anwendungen einige Defizite auf: [SKD+10; KSN12; AGZ+18; GH04]

  • Niedriger Anfangswirkungsgrad: Neue, saubere Filter haben niedrige Wirkungsgrade und erreichen den Zielwirkungsgrad erst, wenn der Filter bereits weitgehend verstopft ist.
  • Hoher Druckabfall und Energieverbrauch: Da die Filter mit zunehmender Tiefe verstopfen, wird mehr Energie benötigt, um die zu reinigende Luft durch den Filter zu bewegen. Dies führt zu einem hohen Energieverbrauch über die Lebensdauer.
  • Keine vollständige Reinigung: Die in der Tiefe der Membran eingeschlossenen Partikel können auch durch Druckluftabreinigung nicht vollständig entfernt werden. Die Filter bleiben nach der Abreinigung weitgehend verstopft (über die Erhöhung des Zielwirkungsgrades hinaus, vgl. Punkt 1).
  • Kurze Standzeit: Aufgrund der unzureichenden Abreinigung solcher Filter müssen sie bei zu hohem Druckverlust frühzeitig ausgetauscht werden.

Filter, die auf Oberflächenfiltration basieren, können diese Defizite beheben. Die Partikel werden aufgrund kleinerer Poren bereits an der Oberfläche des Filters abgeschieden, und es bildet sich kein Filterkuchen in der Tiefe des Materials (siehe Abbildung 2 rechts). Solche Materialien haben bereits zu Beginn einen hohen Filterwirkungsgrad und zeigen im Laufe der Zeit kaum einen Anstieg des Druckabfalls. Da sich die Partikel nur an der Oberfläche ablagern, lassen sich diese Filter zudem leicht und fast vollständig mit Druckluft abreinigen. Dies führt zu einer verlängerten Filterstandzeit bei erhöhter Filtereffizienz und geringerem Energieverbrauch. Filter, die auf dem Phänomen der Oberflächenfiltration basieren, haben deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Filtern, die über die Tiefenwirkung funktionieren. Daher werden in dieser Arbeit Nanofasern aus den Materialien Polyamid 6 (PA 6) und Polyvinylidenfluorid (PVDF) mittels Elektrospinning hergestellt und auf ein herkömmliches Filtervlies aufgetragen und der Effekt auf Luftdurchlässigkeit und Porengröße untersucht, um dann in nachfolgenden Schritten die Filtereffizienz und den Filtermodus auswerten zu können. [AGZ+18; ZHW+17; SKD+10]

 

Abbildung 2:         Vergleich der Tiefenbelastung eines Mikrofaserfilters und der Oberflächenfiltration eines Nanofaserfilters [GH04]

  1. Materialien und Methoden

Für das Elektrospinning werden die ausgewählten Polymere mit Lösungsmitteln in Lösung gebracht und diese dann anschließend in Nanofaservliese versponnen und als Beschichtung direkt auf Filtervliesen als Substrat abgelegt. Anschließend werden die Proben mittels Rasterelektronenmikroskop (REM), Porometer und einer Luftdruchlässigkeitsprüfung untersucht.

    1. Materialien

Für die Herstellung von Nanofasern werden PA 6 von Sigma Aldrich Corporation (St. Louis, USA) und PVDF von Solvay AG (Brüssel, Belgien) als Polymere verwendet. Bei den Substraten werden ein Polypropylen-Vliesstoff (PP) mit 50 g/m² von der P. Glatzeder GmbH (Detmold, Deutschland) und ein Polyester-Vliesstoff (PES) von LEO's Nachfolger GmbH (Unterensingen, Deutschland) verwendet. Als Lösungsmittel für PA 6 wird Ameisensäure und für PVDF Dimethylacetamid (DMAc) und Aceton (alle drei Lösungsmittel von Carl Roth GmbH + Co. KG, Karlsruhe, Deutschland) genutzt.

    1. Elektrospinning und Spinnvorbereitung

Die Polymere werden 12 Stunden lang in einem Vakuumofen bei 40°C getrocknet. Für PA 6 wird eine Polymerkonzentration von 24 Gew.-% und für PVDF eine Polymerkonzentration von 13 Gew.-% mit einer Mischung aus DMAc/Aceton von 1:1 verwendet. Die Lösungen werden mittels Magnetrührer homogenisiert. Die Nanofasern werden mit einer Elektrospinnanlage vom Typ Fluidnatek LE-500 (Bioinicia, Sevilla, Spanien) hergestellt und mit einem rotierenden Trommelkollektor auf die Substrate aufgetragen (siehe Abbildung 3). 

Die Spinnparameter sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Spinnzeit wird an die Polymer-konzentration und die Flussrate der Polymerlösung angepasst, um die gleiche Polymermasse für PA 6 und PVDF auf den Substraten zu erreichen.

 

Abbildung 3:         Elektrospinnanlage Fluidnatek LE-500 mit einem rotierenden Trommelkollektor zur Beschichtung von Substraten. [Sch23]

Tabelle 1:             Elektrospinnparameter für PA 6 und PVDF zur Beschichtung von Filtersubstraten aus PES und PP

    1. Untersuchungsmethoden

Die Morphologie der Nanofasern wie Faserdurchmesser oder Gleichmäßigkeit wird mit einem Rasterelektronenmikroskop bewertet. Dazu wird ein REM des Typs FlexSEM 1000II und das TM3030 Plus Tischmikroskop (beide K. K. Hitachi Seisakuscho, Chiyoda, Japan) verwendet. Die Datenauswertung erfolgt mit der Software Leica Application Suite 3.8 (Leica Microsystems GmbH, Wetzlar, Deutschland). Für die Faserdurchmesser werden mindestens drei Messungen auf drei verschiedenen Bildern pro Probe durchgeführt (n = 10 Messpunkte pro Vliesstoff).

 

Abbildung 4:         a) TOPAS Pore Size Meter PSM 165 zur Messung der Porengrößenverteilung; b) FX 3300 LabAir zur Messung der Luftdurchlässigkeit von textilen Strukturen.

Als Parameter für die Bewertung der Filtrationseffizienz werden die Porengrößenverteilung und die Luftdurchlässigkeit untersucht. Die Porengrößenverteilung ermöglicht die Bewertung von Filtrationsmechanismen wie Sieb- und Abfangeffekten sowie die Veränderung durch die Nanofaserbeschichtung. Der Luftstrom über einen steigenden Druck wird im trockenen und nassen Zustand gemessen und daraus die Porengrößenverteilung berechnet. Für diese Messungen wird ein TOPAS Pore Size Meter PSM 165 der Topas GmbH (Dresden, Deutschland) verwendet. Die Luftdurchlässigkeit ist ein Maß, das den Druckabfall über eine Membran annähert. Die nicht beschichteten Proben werden als Referenz verwendet, um die Einflüsse der Nanofaserbeschichtung zu evaluieren. Ein FX 3300 LabAir von TEXTEST Instruments AG (Schwerzenbach, Schweiz) wird für die Luftdurchlässigkeitstests verwendet. Die beiden Versuchsaufbauten sind in Abbildung 4 dargestellt.

  1. Resultate

Das Elektrospinnen ergibt für PA 6 auf PES-Substraten einen Faserdurchmesser von 0,76 ± 0,24 µm und für PA 6 auf PP-Substraten 0,62 ± 0,13 µm. Für PVDF auf PES-Substraten beträgt der gemessene Faserdurchmesser 1,00 ± 0,16 µm und auf PP-Substraten 0,91 ±0,19 µm. Die Faserdurchmesser sind bei PA 6 etwas kleiner als bei PVDF, der Einfluss des Substrats auf die Faserdurchmesser ist dagegen nicht signifikant.

Abbildung 5:         Faserdurchmesser der Fasern aus dem Elektrospinning

Die Luftdurchlässigkeit und die mittlere Porengröße wurden anschließend mit den Substratmaterialien als Referenz getestet. Beide Materialien zeigen eine deutliche Abnahme der Luftdurchlässigkeit bei konstantem Druck, wobei die PA6-Fasern eine stärkere Abnahme aufweisen als PVDF. Dieser Trend lässt sich auch an der Porengröße der Schichten ablesen. PVDF verringert die Porengröße bei PP nur geringfügig oder sogar nicht signifikant, während PA6 die Porengröße deutlich verringert. Dies zeigt, dass bereits dünne Faserschichten einen Einfluss auf die Luftdurchlässigkeit und die Porengröße haben.

Abbildung 6:         Luftdurchlässigkeit der einzelnen Substrate und der mit Nanofasern beschichteten Substrate im Vergleich

Die Luftdurchlässigkeit und die mittlere Durchflussporengröße werden für einlagige Substrate und Substrate mit Nanofaserbeschichtungen gemessen. Die Ergebnisse für die Luftdurchlässigkeit sind in Abbildung 10.11 dargestellt. Die Luftdurchlässigkeit für PES-Substrate ist mit 4262,5 ± 414,17 mm*s-1 höher als für PP mit 2411,25 ± 155,97 mm*s-1. Die PA 6-Beschichtung senkt die Luftdurchlässigkeit deutlich auf 129,4 ± 32,55 mm*s-1 bzw. 152,13 ± 37,32 mm*s-1. Bei PES verringert die PVDF-Beschichtung die Luftdurchlässigkeit deutlich auf 2385,0 ± 145,99 mm*s-1 und bei PP auf 1775,0 ± 70,1 mm*s-1.

Die Ergebnisse der Messung der mittleren Durchflussporengröße sind in Abbildung 10.12 dargestellt. Bei PES sinkt die mittlere Durchflussporengröße deutlich von 82,03 ± 12,08 µm auf 23,24 ± 12,84 µm bei einer PA 6-Beschichtung bzw. 57,97 ± 8,21 µm bei einer PVDF-Beschichtung. Bei PP ist die mittlere Durchflussporengröße als Einzelschicht mit 61,18 ± 3,36 µm kleiner als bei PES. Nanofaserbeschichtungen haben keinen signifikanten Einfluss auf die mittlere Fließporengröße von PP-Substraten.

Abbildung 7:         Mittlere Durchflussporengröße der einzelnen Substrate und der mit Nanofasern beschichteten Substrate im Vergleich

 

Literaturliste

[AGZ+18]        Akampumuza, Obed; Gao, Hanchao; Zhang, Hongnan; Wu, Dequn; Qin, Xiao‐Hong

                        Raising Nanofiber Output: The Progress, Mechanisms, Challenges, and Reasons for the Pursuit

                        Macromolecular Materials and Engineering. Bd. 303 (2018) H. 1, S. AA1.5

 [GH04]           Gail, Lothar; Hortig, Hans-Peter

                        Luftfiltration.

In Gail, Lothar; Hortig, Hans-Peter:

Reinraumtechnik. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. - Berlin, Heidelberg, s.l.: Springer Berlin Heidelberg, 2004

[KSN]              Klein, Gunnar‐Marcel; Schrooten, Theo; Neuhaus, Tim

                        Reduction of Energy Demand for Industrial Dedusting Plants

                        Chemie Ingenieur Technik. Bd. 84 (2012) H. 7, S. 1121–1129

[Sch23]           Schneiders, Thomas

                        Evaluation and Method Development to Improve the Adhesion of Electrospun Fibres on Metals for Use in Medical Applications.

1. Auflage. - Düren: Shaker, 2023

[SKD+10]        Schrooten, Theo; Kögel, A.; Daniel, T.; Klein, Gunnar‐Marcel

                        Industrial dedusting with bag filters

                        Global Guide of the Filtration and Separation Industry (2010) D 11665 F, S. 156–160

[Tss22]            ts-systemfilter gmbh: SchlauchfilterAhorn-Berolzheim, 2022, https://www.ts-systemfilter.de/produkte/filterelemente/schlauchfilter.html

[Wik22]           Wikipedia (Hrsg.): SchlauchfilterSan Francisco, 2022, https://de.wikipedia.org/wiki/Schlauchfilter

[ZHW+17]       Zhu, Miaomiao; Han, Jingquan; Wang, Fang; Shao, Wei; Xiong, Ranhua; Zhang, Qilu; Pan, Hui; Yang, Yong; Samal, Sangram Keshari; Zhang, Feng; Huang, Chaobo

                        Electrospun Nanofibers Membranes for Effective Air Filtration

                        Macromolecular Materials and Engineering. Bd. 302 (2017) H. 1, S. 1600353

 

 

 

AutorInnen: Schneiders, Thomas Beek, Leonie Nguyen, Thi Hai Anh Gries, Thomas

ITA Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University, Otto-Blumenthal-Straße 1, 52074 Aachen

More entries from ITA Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University

18.10.2022

Development of Textile Structures with Material-Intrinsic Shape Changing Capabilities for Regenerative Medicine (TexMedActor)

Garne Gewebe Nachhaltigkeit Technische Textilien Medizin

Zusammenfassung

In the IGF project 21022 BR/1 "TexMedActor", fabrics based on shape memory or electroactive yarns were developed which are capable of enclosing defects in hollow organs on the one hand and stimulating cells by micro-movements on the other. For this purpose, influences of spinning process and material composition on the shape memory behavior of TPU-based yarns were characterized and, in particular, the activation temperature was adjusted to values of the body core and body surface temperature. Furthermore, piezoelectric PVDF yarns were developed whose proportion of polar crystal phases was significantly increased by the spinning parameters and post-treatment, which also increased the piezoelectric behavior of the material. This allowed dynamic changes in pore size to be demonstrated in situ, which can have a stimulating effect on cells. With a new process and a new product group (textiles with intrinsic, active shape-changing capability), the results offer high innovation potential not only for medical devices, but also for a wide range of lucrative applications in a variety of niches, such as sports textiles and filter textiles. Furthermore, these can be used as a basis for the development of extracorporeal medical products such as compression textiles, bandages and orthoses.

Bericht

Introduction and Objective

In Germany, both demographic changes in society and injuries resulting from trauma are leading to a high proportion of people with cardiovascular diseases or injuries to vessels and internal organs requiring treatment. Treatment of injuries to internal organs, vessels, or nerves usually requires complex procedures (anastomoses) that involve elaborate fixation and suturing. These complicated and elaborate procedures are often associated with long procedure times, which in turn directly correlate with increased complication rates [1-3]. Tubular plastic implants are increasingly being developed to bridge such defects. These single material structures do not allow tissue/ cell ingrowth. Therefore, they run counter to the concept of regenerative medicine, which aims to restore body tissues and cells. In addition, when the defects are filled, regeneration is often disturbed due to the structural-mechanical properties that are not adapted to biomechanics. Furthermore, the lack of interconnectivity of the pore spaces of the replacement structures prevents the cell ingrowth, cell growth, nutrient supply and the removal of metabolic products.

In the context of in vitro tissue engineering, in addition to static cell culture systems, dynamic systems are also being developed. These are based, for example, on continuous or pulsating fluid flows or on a cyclic stretching of a clamped cell support system or substrate [4]. However, a replication of natural mechanical growth stimuli is not possible with such bioreactor systems because, especially in larger structures, there is a locally increased flow velocity along the largest pores or only an overflow of the entire cell support system. Additionally, undesirable stress peaks and undefined distortions occur in the region of the clamps and supports in mechanically stimulated systems.

Since the native structure of the four most important tissue types (connective and supporting tissue, nervous, muscular and epithelial tissue) from which organs, such as bones, blood vessels, muscles, tendons and ligaments, are formed, consists of fiber-like constructs, these can be particularly well biomimicked with textile structures. With the help of pre-designed fiber arrangements, three-dimensional, complex geometries with interconnecting pore spaces can be built up. The cells can use these structures to orient themselves in their growth direction [5]. Therefore, fiber-based high-tech structures are particularly predestined to overcome the limitations of currently available implants.

Therefore, within the framework of the IGF research project TexMedActor (21022 BR/1) novel textile structures with material-intrinsic shape changing capabilities were developed for regenerative medicine with a variety of different application fields, especially anastomosis. The concept pursued envisages the textile-technological realization of structures with a shape memory effect. The textiles should be able to assume predetermined geometries in order to adapt interactively to defects and to simplify complex interventions to bridge or support defects in internal organs like vessel and nerves. Furthermore, these textiles are intended to enable electromechanical stimulation for the actively targeted stimulating of cell growth. In this way, regeneration is accelerated or even made possible in the first place, since the necessary stimuli for tissue- and cell-adapted growth stimulation are lacking, especially in the case of body tissues with weak or no blood supply, such as cartilage, tendons, ligaments, or in the case of wound healing disorders or chronic wounds. Furthermore, novel bioreactors based on the intrinsic properties of the textile structures will be developed, which use the mechanism of action for electromechanical stimulation to uniformly stimulate the cells at each site even in highly complex and large-scale cell carrier structures. Here, the mechanical stimuli originate from the material itself. This material-intrinsic stimulation represent a new method for optimal cell cultivation, by stimulating cell on the textile cell carrier structures without externally applied fluid flows or mechanical deformation. This is intended to overcome two recognized medical technology problems: 1) complicated, costly operations on internal organs, vessels or nerves that are difficult or impossible to perform with minimally invasive procedures, and 2) lack of tissue- and cell-adapted stimuli for promotion of growth in previously used replacement structures and materials as well as currently available dynamic cell culture systems.

Acknowledgement

The IGF project 21022 BR/1 of the Research Association Forschungskuratorium Textil e.V. was funded by the Federal Ministry of Economics and Climate Protection via the AiF within the framework of the program for the promotion of joint industrial research (IGF) on the basis of a resolution of the German Bundestag. We would like to thank the above-mentioned institutions for providing the financial resources. Furthermore, we want to thank the member of the “Projektbegleitender Ausschuss” (project accompanying committee) for their support during the project.

AutorInnen: Benecke, Lukas; Aibibu, Dilbar; Cherif, Chokri

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

More entries from TU Dresden, Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik ITM

18.10.2022

Entwicklung von Textilstrukturen mit materialintrinsischem Formänderungsvermögen für die regenerative Medizin (TexMedActor)

Garne Gewebe Nachhaltigkeit Technische Textilien Medizin

Zusammenfassung

Im IGF-Projekt 21022 BR/1 „TexMedActor“ wurden Gewebe auf Basis von Formgedächtnis- bzw. Elektroaktiven-Garnen entwickelt, die in der Lage sind, einerseits Defekte an Hohlorganen zu umschließen und andererseits durch Mikrobewegungen Zellen stimulieren zu können. Dafür wurden Einflüsse von Spinnverfahren und Materialzusammensetzung auf das Formgedächtnisverhalten TPU-basierter Garne charakterisiert und insbesondere die Aktivierungstemperatur auf Werte der Körperkern- und Körperoberflächentemperatur eingestellt. Weiterhin wurde piezoelektrische PVDF-Garne entwickelt, deren Anteil polarer Kristallphasen durch die Spinnparameter und Nachbehandlung deutlich erhöht war, wodurch auch das piezoelektrische Verhalten des Materials gesteigert werden konnte. Damit konnten dynamische Veränderungen der Porengröße in situ nachgewiesen werden, die eine stimulierende Wirkung auf Zellen entfalten können. Die Ergebnisse bieten mit einem neuen Verfahren und einer neuen Produktgruppe (Textilien mit intrinsischem, aktivem Formänderungsvermögen) nicht nur bei Medizinprodukten ein hohes Innovationspotenzial, sondern auch bei einer Vielzahl von lukrativen Anwendungen in einer Vielzahl von Nischen, z. B. Sporttextilien und Filtertextilien. Diese können weiterhin als Basis zur Entwicklung von extrakorporalen Medizinprodukten wie Kompressionstextilien, Bandagen und Orthesen genutzt werden.

Bericht

Einleitung, Problemstellung und Zielsetzung

In Deutschland führt sowohl der demografische Wandel der Gesellschaft als auch Verletzungen infolge von Traumata zu einem hohen Anteil von Personen mit behandlungsbedürftigen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Verletzungen an Gefäßen und inneren Organen. Zur Behandlung von Verletzungen an inneren Organen, Gefäßen oder Nerven sind meist komplexe Eingriffe (Anastomosen) erforderlich, bei denen aufwändige Fixierungen und Nahtführungen erforderlich sind. Diese komplizierten und aufwändigen Prozeduren sind häufig mit langen Eingriffszeiten verbunden, die wiederum direkt mit erhöhten Komplikationsraten korrelieren [1‑3]. Zur Überbrückung solcher Defekte werden zunehmend tubuläre Kunststoffimplantate entwickelt, die jedoch kein Einwachsen von Gewebezellen ermöglichen und damit dem Konzept der regenerativen Medizin entgegenstehen, das die Wiederherstellung von Körpergeweben und ‑zellen anstrebt. Darüber hinaus kommt es bei der Auffüllung der Defekte häufig zu Störungen der Regeneration durch die nicht an die Biomechanik angepassten strukturmechanischen Eigenschaften. Ferner verhindern die fehlende Interkonnektivität der Porenräume der Ersatzstrukturen das Einwachsen von Zellen, das Zellwachstum, die Nährstoffversorgung und den Abtransport der Stoffwechselprodukte.

Im Rahmen des in vitro Tissue Engineerings werden neben statischen Zellkultursystemen auch dynami­sche Systeme entwickelt. Diese basieren beispielsweise auf kontinuierlichen oder pulsierenden Flüssigkeitsströmungen oder auf einer zyklischen Dehnung des eingespannten Zellträgersystems bzw. der Unterlage [4]. Eine Nachbildung der natürlichen mechanischen Wachstumsstimuli ist mit solchen Bio­reaktorsystemen jedoch nicht möglich, da sich insbesondere in größeren Strukturen eine lokal erhöhte Strömungsgeschwindigkeit entlang der größten Durchgangsporen bzw. lediglich eine Überströmung des gesamten Zellträgersystems einstellt und in mechanisch stimulierten Systemen unerwünschte Spannungsspitzen und undefinierte Verzerrungen im Bereich der Klemmen und Auflagen auftreten.

Da der native Aufbau der vier wichtigsten Gewebetypen (Binde- und Stützgewebe, Nerven-, Muskel- und Epithelgewebe) aus denen Organe, wie Knochen, Blutgefäße, Muskeln, Sehnen und Bänder, gebildet sind, aus faserartigen Konstrukten besteht, lassen sich diese mit textilen Strukturen besonders gut biomimetisch nachbilden. Mithilfe vorbedachter Faseranordnungen können dreidimensionale, kom­plexe Geometrien mit interkonnektierenden Porenräumen aufgebaut werden, an der sich Zellen in ihrer Wachstumsrichtung orientieren können [5]. Deshalb sind faserbasierte High‑Tech Strukturen zur Überwindung der Limitationen aktuell verfügbarer Implantate besonders prädestiniert.

Daher wurden im Rahmen des IGF-Forschungsvorhabens TexMedActor (21022 BR/1) neuartige Textilstrukturen mit materialintrinsischem Formänderungsvermögen für die regenerative Medizin mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Anwendungsfeldern, insbesondere der Anastomose, entwickelt. Das verfolgte Konzept sieht hierbei die textiltechnologische Realisierung von Strukturen mit einem Formgedächtniseffekt vor. Die Textilien sollen gezielt vorbestimmte Geometrien annehmen können, um sich an Defekte interaktiv anzupassen und um komplexe Eingriffe zum Überbrücken bzw. zum Stützen von Defekten an inneren Organen wie Gefäßen und Nerven zu vereinfachen. Ein weiterer Wirkmechanismus soll darüber hinaus die elektromechanische Stimulation mit dem Ziel der aktiven, gezielten Anregung des Zellwachstums ermöglichen. Somit soll die Regeneration beschleunigt bzw. überhaupt erst ermöglicht werden, da die erforderlichen Stimuli zur gewebe- und zellangepassten Wachstumsanregung insbesondere bei schwach bzw. nicht durchbluteten Körpergeweben, wie Knorpeln, Sehnen, Bändern, oder bei Wundheilungsstörungen oder chronischen Wunden fehlen. Es sollen weiterhin neuartige Bioreaktoren mittels intrinsischen Eigenschaften der textilen Strukturen entwickelt werden, die den Wirkmechanismus zur elektromechanischen Stimulation nutzen, um selbst in hochkomplexen und großskaligen Zellträgerstrukturen die Zellen an jeder Stelle gleichmäßig zu stimulieren. Die mechanischen Reize gehen hierbei vom Material selbst aus. Diese materialintrinsische Stimulation stellt eine neue Methode für die optimale Zellkultivierung dar, sodass die Zellen auf den textilen Zellträgerstrukturen unter Verzicht auf extern angelegte Flüssigkeitsströmungen oder mechanische Verformungen stimuliert werden können. Damit sollen zwei anerkannte medizintechnische Probleme behoben werden: 1) Komplizierte, aufwändige und mit minimalinvasiven Verfahren schwer oder nicht zu realisierende Operationen an innenliegenden Organen, Gefäßen oder Nerven sowie 2) fehlende gewebe- und zellangepassten Stimuli zur Anregung des Wachstums seitens der bisher verwendeten Ersatzstrukturen und ‑materialien sowie derzeit verfügbarer dynamischer Zellkultursysteme.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 21022 BR/1 der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir danken den genannten Institutionen für die Bereitstellung der finanziellen Mittel. Darüber hinaus möchten wir den Mitgliedern des Projektbegleitenden Ausschusses für ihre Unterstützung während der Projektbearbeitung danken.

AutorInnen: Benecke, Lukas; Aibibu, Dilbar; Cherif, Chokri

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

More entries from TU Dresden, Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik ITM