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Mit Recycling lassen sich große Mengen an Treibhausgasemissionen vermeiden. Image: © Fraunhofer UMSICHT
08.10.2024

Mit Recycling neue Kreisläufe schließen

Recycling ist Ressourcenschutz. Das bestätigt die aktuelle Studie, die Fraunhofer UMSICHT im Auftrag von Interzero erstellte. Der Kreislaufwirtschaftsdienstleister hat im Jahr 2023 durch das Recycling von rund 2,5 Millionen Tonnen Wertstoffen insgesamt 1,2 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen vermieden. Gleichzeitig konnte Interzero gemeinsam mit seinen Kunden über 11,1 Millionen Tonnen Primärressourcen einsparen. Damit die Transformation zu einer Circular Economy gelingt, müssen zudem neue Kreisläufe für bisher wenig berücksichtigte Werkstoffgruppen etabliert werden.
 
Die Kreislaufführung von Rohstoffen ist ein wirksamer Hebel beim Klimaschutz und sorgt dafür, dass der Lebens- und Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa zukunftsfähig bleiben. Die Studie „resources SAVED by recycling“ belegt: Interzero konnte im Jahr 2023 durch das Recycling von rund 2,5 Millionen Tonnen Wertstoffen insgesamt 1,2 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen vermeiden.
 

Recycling ist Ressourcenschutz. Das bestätigt die aktuelle Studie, die Fraunhofer UMSICHT im Auftrag von Interzero erstellte. Der Kreislaufwirtschaftsdienstleister hat im Jahr 2023 durch das Recycling von rund 2,5 Millionen Tonnen Wertstoffen insgesamt 1,2 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen vermieden. Gleichzeitig konnte Interzero gemeinsam mit seinen Kunden über 11,1 Millionen Tonnen Primärressourcen einsparen. Damit die Transformation zu einer Circular Economy gelingt, müssen zudem neue Kreisläufe für bisher wenig berücksichtigte Werkstoffgruppen etabliert werden.
 
Die Kreislaufführung von Rohstoffen ist ein wirksamer Hebel beim Klimaschutz und sorgt dafür, dass der Lebens- und Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa zukunftsfähig bleiben. Die Studie „resources SAVED by recycling“ belegt: Interzero konnte im Jahr 2023 durch das Recycling von rund 2,5 Millionen Tonnen Wertstoffen insgesamt 1,2 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen vermeiden.
 
Gleichzeitig sparte Interzero gemeinsam mit seinen Kunden über 11,1 Millionen Tonnen Primärressourcen ein. Fraunhofer UMSICHT überprüft die Umweltwirkungen des Recyclings für Interzero seit mehr als 15 Jahren. Die jährliche Ökobilanzierung des Forschungsinstituts belegt den nachhaltigen Impact des Recyclings. „Wir liefern einerseits mit unseren Studien strategische Entscheidungsgrundlagen für nachhaltiges Handeln, bieten darüber hinaus auch Expertise beim Prozess der Transformation zu einer Circular Economy“, erklärt Dr. Markus Hiebel, Abteilungsleiter Nachhaltigkeit und Partizipation, Fraunhofer UMSICHT.
 
Textilrecycling noch nicht etabliert
Eine vollständige Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft muss alle Werkstoffgruppen mit einbeziehen. Anders als etwa das Verpackungsrecycling steckt das Textilrecycling noch in den Anfängen: Weltweit werden jedes Jahr rund 92 Millionen Tonnen Textilien weggeworfen. Bisher fließt jedoch nur ein Prozent des Stoffstroms ins Faser-zu-Faser-Recycling und damit zurück in den Produktionskreislauf.

Die Zeit drängt, denn neue EU-Regularien wie die Getrenntsammelpflicht ab 2025 oder die geplante Herstellerverantwortung für Textilien (EPR), aber auch die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) der Bundesregierung sorgen für erhöhten Handlungsdruck.

„Mit Blick auf Textilien als Wertstoff wird deutlich, welch enormes ökologische Potenzial im Recycling steckt – und warum es dringend notwendig ist, die zirkuläre Transformation der Wirtschaft auf allen Ebenen voranzutreiben“, so Dr. Axel Schweitzer, Chairman und Gesellschafter von Interzero. „Das gilt insbesondere auch für Wertstoffe, die heute noch nicht konsequent im Kreislauf geführt werden. Wir wollen gemeinsam mit der Branche den Textilkreislauf schließen und nutzen unsere Erfahrung als etablierter Systemdienstleister, um ein ganzheitliches Konzept für die Rücknahme, die Sortierung und das Recycling zu entwickeln“, betont Dr. Axel Schweitzer.

Ein wichtiger Bestandteil von Textilien sind Kunststoffe. Gerade Kunststoffe sind durch ihre Eigenschaftsprofil in der deutschen Volkswirtschaft sehr wichtig und werden im von Fraunhofer UMSICHT koordinierten Fraunhofer Cluster of Excellence Circular Plastics Economy CCPE übergreifend untersucht. Ob Bio(Kunststoffe), dafür genutzte Additive, Compoundierung sowie werkstoffliches und chemisches Recycling - Fraunhofer CCPE vereint für den Wandel von einer linearen zu einer zirkulären Kunststoffwirtschaft Kompetenzen von sechs Fraunhofer-Instituten und Industriepartnern. Betrachtet wird der gesamte Lebenszyklus von Kunststoffprodukten.

Quelle:

Fraunhofer UMSICHT / Interzero

The Materials Market Report 2024 (c) Textile Exchange
30.09.2024

Materials Market Report 2024: Neue fossile Synthetiks dominieren

Textile Exchange veröffentlichte 2013 den ersten „Materials Market Report“ als umfassende, jährliche Publikation, die spezifische Daten und Einblicke in die globale Faser- und Rohstoffproduktion bereitstellt.
 
Der „Materials Market Report“ enthält die aktuellsten verfügbaren Daten zu den globalen Produktionsmengen von Fasern und Materialien sowie programmspezifische Mengen und zusätzliche Informationen, wie etwa die Anzahl zertifizierter Standorte. Für die Zwecke dieses Berichts werden Leder, Gummi und Daunen als nichtfaserige Rohstoffe betrachtet und daher getrennt von dem Abschnitt und den Diagrammen zu „globalen Fasern“ aufgeführt.

Textile Exchange veröffentlichte 2013 den ersten „Materials Market Report“ als umfassende, jährliche Publikation, die spezifische Daten und Einblicke in die globale Faser- und Rohstoffproduktion bereitstellt.
 
Der „Materials Market Report“ enthält die aktuellsten verfügbaren Daten zu den globalen Produktionsmengen von Fasern und Materialien sowie programmspezifische Mengen und zusätzliche Informationen, wie etwa die Anzahl zertifizierter Standorte. Für die Zwecke dieses Berichts werden Leder, Gummi und Daunen als nichtfaserige Rohstoffe betrachtet und daher getrennt von dem Abschnitt und den Diagrammen zu „globalen Fasern“ aufgeführt.

Er trägt dazu bei, die Anstrengungen der Textilindustrie zur Reduzierung der mit der Rohstoffproduktion verbundenen Emissionen im Einklang mit einem Temperaturanstieg von 1,5 Grad zu informieren. Der Bericht hebt die Dringlichkeit hervor, den Übergang zu Fasern aus nachhaltigen Quellen zu beschleunigen, die Bemühungen zu intensivieren, die Abhängigkeit von neu gewonnenen fossilen Materialien deutlich zu reduzieren, und in Strategien zu investieren, die die Wertschöpfung von der Notwendigkeit der Gewinnung neuer Materialien trennen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Zusammenstellung globaler Marktdaten für Fasern und Rohstoffe eine Herausforderung darstellt und die Qualität der verfügbaren Daten oft begrenzt ist. Die Erhebung von Primärdaten von Lieferanten würde den Rahmen dieses Berichts sprengen, sodass sich Textile Exchange auf Sekundärdaten von Branchenverbänden, internationalen Organisationen, Regierungsorganisationen, Normungsgremien und Forschungsinstituten stützt.

Obwohl Textile Exchange diese Informationen nach bestem Wissen und Gewissen gesammelt, analysiert und zusammengestellt und sie, wo immer möglich, gegengeprüft hat, dient der Bericht nur zu allgemeinen Orientierungs- und Informationszwecken. Datenlücken und Unstimmigkeiten sind bei globalen Marktdaten weit verbreitet, sodass häufig Modelle angewendet werden mussten.

Die weltweite Faserproduktion erreichte 2023 mit 124 Millionen Tonnen einen neuen Rekord, wie aus dem neuesten Materials Market Report hervorgeht, der die Gesamtmengen für Bekleidung, Heimtextilien, Schuhe oder andere Anwendungen untersucht.

Die Daten zeigen, dass der Marktanteil von neu hergestellten Kunststoffen auf fossiler Basis im Jahr 2023 weiter gestiegen ist, während der Anteil von Baumwolle und recycelten Fasern zurückging. Weitere wichtige Ergebnisse aus den Daten des Berichts sind:     

  • Rekordfaserproduktion: Trotz der Bemühungen der Branche hat sich die weltweite Faserproduktion seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt. Die 124 Millionen Tonnen des letzten Jahres stellen einen Anstieg von 7 % gegenüber den 116 Millionen Tonnen im Jahr 2022 dar und werden voraussichtlich auf 160 Millionen Tonnen im Jahr 2030 ansteigen, wenn sich die aktuellen Trends fortsetzen.
  • Synthetikfasern dominieren weiterhin: Die Produktion von neuen, auf fossilen Brennstoffen basierenden Synthetikfasern stieg von 67 Millionen Tonnen im Jahr 2022 auf 75 Millionen Tonnen im Jahr 2023. Polyester blieb mit einem Anteil von 57 % an der gesamten Faserproduktion die weltweit meistproduzierte Faser.
  • Recycelte Kunstfasern stehen vor Herausforderungen: Obwohl die Produktion von recycelten Polyesterfasern im Jahr 2023 leicht gestiegen ist, ist der Gesamtmarktanteil von recyceltem Polyester von 13,6 % auf 12,5 % gesunken. Bei Polyamid (Nylon), der am zweithäufigsten verwendeten Kunstfaser, machten recycelte Fasern nur 2 % des gesamten Marktanteils aus. Diese Trends sind auf die niedrigeren Preise und die anhaltende Produktion von neuen Kunstfasern sowie auf die derzeitigen Einschränkungen bei den Recyclingtechnologien zurückzuführen. Weniger als 1 % des globalen Fasermarktes stammte aus recycelten Textilien aus dem Pre- und Post-Consumer-Bereich.

    Der kombinierte Anteil aller recycelten Fasern ging im Jahr 2023 leicht zurück, von etwa 7,9 % auf 7,7 %, was hauptsächlich auf eine Zunahme der Produktion von fossilem Polyester zurückzuführen ist, das zu niedrigeren Preisen als recyceltes Polyester angeboten wurde. Die Produktion von Synthetikfasern auf fossiler Basis stieg von 67 Millionen Tonnen im Jahr 2022 auf 75 Millionen Tonnen im Jahr 2023. Inzwischen stammte weniger als 1 % des globalen Fasermarktes aus recycelten Textilien, die vor und nach dem Gebrauch recycelt wurden.
  • Die Baumwollproduktion verzeichnete einen leichten Rückgang: Die weltweiten Baumwollmengen sanken leicht von 25,1 Millionen Tonnen im Jahr 2022 auf 24,4 Millionen Tonnen im Jahr 2023. Der Anteil der im Rahmen von Nachhaltigkeitsprogrammen produzierten Baumwolle blieb jedoch stabil und machte 29 % der gesamten produzierten Baumwolle aus.
  • Zertifizierte Wolle steigt: Die Daten zeigten positive Trends für Wolle, die nach Standards wie dem Responsible Wool Standard (RWS), ZQ, SustainaWOOL (GREEN und GOLD), dem Sustainable Cape Wool Standard (SCWS) und den Programmen von Climate Beneficial produziert wurde. Dieser Anteil stieg von 4,2 % im Jahr 2022 auf 4,8 % im Jahr 2023. Recycelte Wolle machte weiterhin etwa 6 % des globalen Wollmarktes aus.
  • Zertifiziertes Mohair und Kaschmir erreichten fast die Hälfte des Marktanteils: Zertifizierte Fasern wie Mohair und Kaschmir verzeichneten ein bemerkenswertes Wachstum, beide mit Marktanteilen von 47 %.

    Die gestiegene Nachfrage der Branche nach verantwortungsvollen Tierfasern durch Programme wie den Responsible Mohair Standard (RMS) und den Responsible Alpaca Standard (RAS) fällt auf, die beide zu einem besseren Tierschutz und Umweltmanagement beitragen. Dies zeigt das Potenzial von Standards dieser Art auf Betriebsebene, die Marktakzeptanz nachhaltigerer Praktiken vor Ort zu erhöhen.
  • Die Produktion chemischer Zellulosefasern stieg an: Die Gesamtproduktion von MMCF stieg von 7,4 Millionen Tonnen im Jahr 2022 auf 7,9 Millionen Tonnen im Jahr 2023, was 6 % des globalen Fasermarktes entspricht.

Der Marktbericht hebt die anhaltende Abhängigkeit von neuen, auf fossilen Rohstoffen basierenden synthetischen Materialien hervor, die die Verpflichtung der Branche zur Einhaltung ihrer Klimaziele zu untergraben droht. Er zeigt auch die derzeitigen Grenzen des Textil-zu-Textil-Recyclings auf und weist auf den dringenden Bedarf an innovativen Lösungen hin, da der größte Teil des recycelten Polyesters immer noch aus PET-Flaschen stammt.

„Wir hoffen, dass diese Daten als klarer Aufruf zum Handeln für die Branche dienen und sowohl die Erfolge als auch die kritischen Bereiche hervorheben, auf die wir uns stärker konzentrieren müssen, um die Klimaziele zu erreichen“, so Claire Bergkamp, CEO von Textile Exchange.

„Die Erschließung von Recyclingwegen für Textilien wird von entscheidender Bedeutung sein, um die Abhängigkeit von neuen synthetischen Materialien zu verringern. Ebenso wichtig ist es, diejenigen vor Ort weiterhin zu unterstützen, die den Übergang von konventionellen Systemen zu umweltfreundlicheren Materialien vorantreiben. Es ist dringender denn je, diejenigen zu unterstützen, die bereits in umweltfreundlichere Systeme investiert haben, und gleichzeitig den Übergang von konventionellen Systemen in großem Maßstab zu ermöglichen.“

Download des Materials Market Report 2024.

Weitere Informationen:
Faserproduktion Marktbericht
Quelle:

Textile Exchange

Projekt Remake Foto Anna Kjellsson
23.09.2024

Textiler Einstiegsvorteil für Arbeitslose in eine neue Branche

Aufgrund der neuen EU-Abfallrichtlinie müssen die Kommunen ab 2025 große Mengen an Textilien sammeln und verwalten. Das Projekt „Remake Textile“ bereitet sich darauf vor, indem es langzeitarbeitslosen Menschen Qualifizierungsmaßnahmen anbietet. An der Schwedischen Textilschule lernen die Teilnehmer etwas über Textilien und darüber, wie sie alten Stoffen neues Leben einhauchen können.
 
Drei Gruppen, jeweils aus Teilnehmern bestehend, die längere Zeit nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt waren, werden neun Monate lang an dem Projekt teilnehmen. Das Projekt startete mit einem Schwerpunkt auf Gesundheit und Arbeitsleben, bevor sich der Fokus auf Textilien verlagerte. Die erste Gruppe hat gerade ihre Zeit an der Schwedischen Textilschule abgeschlossen und geht nun zu Praktika in der Secondhand-Branche über.

Aufgrund der neuen EU-Abfallrichtlinie müssen die Kommunen ab 2025 große Mengen an Textilien sammeln und verwalten. Das Projekt „Remake Textile“ bereitet sich darauf vor, indem es langzeitarbeitslosen Menschen Qualifizierungsmaßnahmen anbietet. An der Schwedischen Textilschule lernen die Teilnehmer etwas über Textilien und darüber, wie sie alten Stoffen neues Leben einhauchen können.
 
Drei Gruppen, jeweils aus Teilnehmern bestehend, die längere Zeit nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt waren, werden neun Monate lang an dem Projekt teilnehmen. Das Projekt startete mit einem Schwerpunkt auf Gesundheit und Arbeitsleben, bevor sich der Fokus auf Textilien verlagerte. Die erste Gruppe hat gerade ihre Zeit an der Schwedischen Textilschule abgeschlossen und geht nun zu Praktika in der Secondhand-Branche über.

„Sie haben gelernt, wie eine Faser zu Garn und dann zu Stoff wird. Wir haben uns mit Drucken und Färben beschäftigt und damit, wie man aus dem Material ein Produkt herstellt. Wir haben uns auch mit Reparaturen beschäftigt - mit dem Ausbessern und Reparieren von Kleidungsstücken und Textilien“, erklärt Tuser Biswas, Postdoktorand im Bereich Textiltechnologie, der den Teil des Projekts an der schwedischen Textilschule leitet.

Neben der Schwedischen Textilschule an der Universität Borås sind die Region Göteborg sowie die Organisationen Doing Good und Coompanion weitere Projektpartner, das Projekt wird vom Europäischen Sozialfond finanziert.

„Bei diesem Projekt gab es einen Bedarf an Kenntnissen in einem Bereich, den es auf dem Markt noch nicht gibt - etwas, das in Zukunft wichtig sein wird. Mit der Abfallrichtlinie werden Lösungen für den Umgang mit Textilabfällen benötigt, und wir hoffen, dass die Teilnehmer an diesem Projekt über wertvolle Fähigkeiten verfügen und in der Lage sein werden, kurzfristig in dieser Branche zu arbeiten“, erklärt Tuser Biswas.

Ausbildung als Teil der Lösung
„In diesem Projekt versuchen wir, die bevorstehende Abfallproblematik mit Ausbildung anzugehen. Allerdings ist diese Bildungsmaßnahme nicht so intensiv wie unsere regulären Kurse und Programme. Wir haben versucht, flexibel zu sein und uns an das Vorwissen der Teilnehmer und an das, was wir in zwei Wochen anbieten können, anzupassen“, sagt Tuser Biswas.    
 
Positive Teilnehmer
Nino, einer der Teilnehmer, hatte bereits Erfahrung mit dem Entwerfen und Umgestalten von Kleidungsstücken.

„Ich habe auch früher schon viel selbst gemacht. In dieser Hinsicht war ich schon immer ein Punk - wenn es keine Ressourcen gibt, mache ich trotzdem weiter. Diese Wochen an der Schwedischen Textilschule haben Spaß gemacht; es war sehr positiv, alles auszuprobieren und luxuriös, hierher zu kommen, all die tollen Lehrer zu treffen und in den Einrichtungen zu sein.“

Nino freut sich auf das Praktikum in einem Second-Hand-Laden und fühlt sich gut vorbereitet:
„Wir werden aus Textilabfällen wählen können, die nicht verkauft werden können. Stattdessen werden wir daraus etwas Neues schaffen!“

Über das Projekt Remake Textile
Ziel des Projekts ist es, innovative Lösungen für die Bewirtschaftung der zunehmenden Menge an Textilabfällen zu entwickeln, für die die Kommunen ab 2025 verantwortlich sein werden. Gleichzeitig konzentriert es sich auf die wissenschaftliche Ausbildung und die Entwicklung von Fähigkeiten im Bereich des Textilrecyclings für arbeits-lose Menschen mit gutem akademischem Hintergrund.
Startzeitpunkt: 2024-03-01

Enddatum: 2026-02-28
Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern zielt das Projekt darauf ab, die Zahl der
Arbeitskräfte für Textilsortieranlagen in Kommunen und Recyclingindustrien zu erhöhen und gleichzeitig genossenschaftliche und gemeinnützige Organisationen bei zirkulären Textilaktivitäten zu unterstützen.

Es wird erwartet, dass das Projektergebnis ein nachhaltiges Kreislaufgeschäftsmodell durch Textilsortier- und -recyclingaktivitäten fördern wird, das als Modell für die gesamte Branche dienen kann. Ziel ist es, eine Lösung zu schaffen, die sowohl die Nachhaltigkeit in der Textilindustrie fördert als auch die Chancen für die bisher arbeits-losen und wirtschaftlich benachteiligten Menschen erhöht. Gleichzeitig werden die Gemeinden gut informiert und erhalten die Möglichkeit, die entwickelten Schulungsmodule und das Personal während oder nach der Pro-jektlaufzeit zu nutzen.

Quelle:

University of Borås, Anna Kjellsson

TheDigitalArtist, Pixabay
09.09.2024

„Alttextilrecycling droht der Kollaps“

Das Recycling von Alttextilien steht vor einem möglichen Kollaps. Branchenkenner sind sich einig, dass die aktuelle Krise gravierender ist als die seinerzeitige COVID-19-Krise.
Bei „Corona“ gab es einen absehbaren Zeitraum von einigen Monaten, danach erholte sich die Branche recht schnell und durch den Effekt des Nachholbedarfs regulierten sich die Preise innerhalb eines kurzen Zeitraumes auf ein normales Niveau.
 
„Wir haben nun eine völlig andere Lage, die existenzbedrohend für viele der etablierten Alttextilrecycler der Branche ist“, so die Einschätzung von Stefan Voigt, Vorsitzender des Fachverbandes Textilrecycling (FTR) im bvse.
 

Das Recycling von Alttextilien steht vor einem möglichen Kollaps. Branchenkenner sind sich einig, dass die aktuelle Krise gravierender ist als die seinerzeitige COVID-19-Krise.
Bei „Corona“ gab es einen absehbaren Zeitraum von einigen Monaten, danach erholte sich die Branche recht schnell und durch den Effekt des Nachholbedarfs regulierten sich die Preise innerhalb eines kurzen Zeitraumes auf ein normales Niveau.
 
„Wir haben nun eine völlig andere Lage, die existenzbedrohend für viele der etablierten Alttextilrecycler der Branche ist“, so die Einschätzung von Stefan Voigt, Vorsitzender des Fachverbandes Textilrecycling (FTR) im bvse.
 
Der weltweite Markt für Alttextilien befindet sich schon seit längerer Zeit in einer tiefen Krise, die jetzt eine Stufe erreicht hat, die nur als freier Fall bezeichnet werden kann. Die Preise für Original-Sammelware decken seit dem Frühjahr nicht mehr die enormen Kosten für Containergestellung, Sammlung und Verwaltung.

Der am Markt gehandelte Preis für Originalware hat inzwischen einen historischen Tiefststand erreicht, was viele Marktteilnehmer in existenzielle Nöte bringt.

Der Absatz von Originalware und sortierter Ware ist nahezu unmöglich geworden. Durch den Wegfall etablierter Marktteilnehmer sind jahrelang erprobte Lieferketten zerstört worden, und die Lagerbestände von Original- und sortierter Ware haben bisher unbekannte Rekordmengen erreicht. Einige Marktteilnehmer sind gezwungen, das übliche Verkaufsgeschäft durch Tauschhandel zu ersetzen.

Auch die nachgelagerten Akteure in der Verwertungskette, wie Reißereien und Spinnereien, stehen nach Brancheninformationen unter Druck und haben massiv Personal abgebaut. Die Produktion von Putzlappen hat ebenfalls einen Tiefstand erreicht. Bedingt durch Produktionsverlagerungen ins Ausland und verringerte Inlandsproduktionen ist der Bedarf an Putzlappen gesunken, und die Preise sind auf ein sehr geringes Niveau abgerutscht.

Konsumverhalten und internationale Märkte verschärfen die Krise
Durch die allgemein hohe Kostenbelastung der Bevölkerung ist der Konsum von Textilien eingebrochen. Der negative Trend des Konsums von minderwertiger Fast Fashion wird nun durch Ultra Fast Fashion mit noch schlechterer Qualität verstärkt. Dies hat katastrophale Auswirkungen auf die Wertschöpfung innerhalb der Verwertungskette von Alttextilien.

„Im Sortierprozess werden immer öfter größere Mengen an relativ neuwertigen Textilien gefunden, die bereits so defekt sind, dass sie nicht mehr für den Weitergebrauch geeignet sind und somit in den Recyclingprozess eingebracht werden müssen“, erklärt Voigt. Allerdings sei auch hiermit kein Geld zu verdienen, da auf diesem Teil der Originalware die gleichen Kostenstrukturen lasten wie auf tragfähiger Ware und das Recyclingverfahren zudem sehr kostenintensiv ist.

Branche fordert Einführung eines EPR-Systems
Bislang wurde die Verwertung des Anteils der sortierten Ware durch die Erlöse tragfähiger Ware subventioniert, doch dieses System funktioniert schon seit Längerem nicht mehr. Die Branche wartet händeringend auf die Einführung eines nationalen EPR-Systems für Textilien, um eine Stabilisierung der Kosten zu erreichen.

Der kürzlich veröffentlichte Entwurf der EU-Kommission zur überarbeiteten EU-Abfallrahmenrichtlinie sieht die Einführung eines Systems der erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien vor. Die in Deutschland existierenden Sammel- und Verwertungsstrukturen, die eine bürgernahe und getrennte Sammlung von Alttextilien ermöglichen, sollen dabei eine zentrale Rolle spielen.

Auch der Entwurf der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hebt die Bedeutung der nationalen Recyclingbranche für Alttextilien hervor. Ohne sie wäre die Etablierung eines geschlossenen Kreislaufsystems für Textilien nicht machbar.

Krise nicht auf Deutschland begrenzt
Auch international hat die Krise Wellen geschlagen. Länder wie die Niederlande, traditionell der größte Abnehmer von textiler Altware aus Deutschland, haben die Krise bereits in den nationalen Medien thematisiert. Dort sind fast 250 Unternehmen mit der Erfassung, Sortierung und internationalen Vermarktung von Alttextilien beschäftigt.

Rund 60 Prozent der Originalware wird nach der Sortierung als tragfähige Bekleidung weiterverwertet, sodass die Branche auf stabile Märkte angewiesen ist, in denen Verwertungserlöse erzielt werden können. Doch hier liegt das Problem. „Bedingt durch die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine ist der osteuropäische Markt nur noch bruchstückhaft zu bedienen“, erläutert Voigt.

Hinzu kommt, dass der afrikanische Markt, trotz seines Potenzials, derzeit vor enormen Herausforderungen steht, weil praktisch kein Geld mehr im System ist, fügt er hinzu und erläutert die Problematik, die er von vielen Befragten der Branche zu hören bekommt:
„Der enorme Werteverfall von vielen Währungen in diversen afrikanischen Ländern sorgt dafür, dass der Kauf von eigentlich dringend benötigter Second-Hand-Kleidung gegen harte Devisen dem afrikanischen Kunden immer weniger möglich ist“, so Voigt weiter.

So hat die Währung im äußerst wichtigen afrikanischen Markt Ghana im Verlauf der letzten sechs Monate des Jahres 2024 um ca. 20 Prozent zum EUR verloren. Zudem dauert der Transfer der Devisen mittlerweile bis zu zwei Monaten, so dass der Rücklauf der Verwertungserlöse mittlerweile bis zu einem halben Jahr benötigt.

Hinzu kommt, dass der afrikanische Markt zunehmend von chinesischem Einfluss dominiert wird. „Die eigentlich bessere Qualität guter gebrauchter europäischer Second-Hand-Kleidung kann sich kaum mehr gegenüber asiatischer Neuware durchsetzen“, berichtet Voigt. Die Ultra Fast Fashion aus China überschwemmt den Markt mit extrem günstigen Preisen, wodurch die Vermarktung sortierter, gebrauchter Bekleidung immer schwieriger wird.

Neben wirtschaftlichen Problemen gibt es auch logistische Herausforderungen. „Unsere Kunden berichten von immer größeren Schwierigkeiten, überhaupt in akzeptabler Wartezeit an die notwendigen Visa für einen Geschäftsbesuch in Europa zu kommen“, erklärt Voigt. Die Wartezeit für einen Termin im Konsulat kann derzeit bis zu zwei Monate betragen.

Forderung nach kurzfristigen Maßnahmen
Um einen kurzfristigen Kollaps des Systems zu verhindern, müssen laut Voigt die üblichen Vergütungsstrukturen für Kommunen und Stellplatzgeber für Sammelcontainer überdacht werden. „Verwertungserlöse finden eben seit einiger Zeit nicht mehr statt, also können derzeit solche nicht mehr ausgeschüttet bzw. müssen an die aktuellen Verhältnisse angepasst werden“, so Voigt.

Die Branche rechnet damit, dass die aktuelle Krise noch länger andauern wird. „Es werden wohl nicht alle überleben“, prognostiziert Voigt. Schon jetzt werden viele Sammelgebiete auf dem freien Markt angeboten und diverse Sammelkapazitäten werden ersatzlos aufgelöst. Die Zukunft der Alttextilrecyclingbranche bleibt ungewiss und ein Ende der Krise ist nicht in Sicht.

Weitere Informationen:
Alttextilien Textilrecycling
Quelle:

bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V.

Texcare Messe Frankfurt (c) Messe Frankfurt
06.09.2024

Kreislaufwirtschaft in der Textilpflege-Branche längst etabliert

Der professionelle Mietservice für Wäsche und Berufsbekleidung ist ein Paradebeispiel für zirkuläres, nachhaltiges Wirtschaften: Er setzt langlebige Textilien ein, die mindere Qualitäten oder Einmalprodukte ersetzen (reduce), optimiert deren Nutzungsdauer durch eine fachgerechte Pflege, die auch Reparaturen einschließt (reuse), und entwickelt Lösungen, um sie, einmal abgenutzt, wieder neuen Zwecken zuzuführen (recycle).

Der professionelle Mietservice für Wäsche und Berufsbekleidung ist ein Paradebeispiel für zirkuläres, nachhaltiges Wirtschaften: Er setzt langlebige Textilien ein, die mindere Qualitäten oder Einmalprodukte ersetzen (reduce), optimiert deren Nutzungsdauer durch eine fachgerechte Pflege, die auch Reparaturen einschließt (reuse), und entwickelt Lösungen, um sie, einmal abgenutzt, wieder neuen Zwecken zuzuführen (recycle).

Mit dem „Green Deal“ hat die Europäische Kommission unter anderem die Transformation der Bekleidungsindustrie von einem Geschäftsmodell des kurzlebigen Verbrauchs zu einem nachhaltigeren, kreislauforientierten System eingeleitet. Bis zum Jahr 2030 soll Fast-Fashion vermehrt durch Textilerzeugnisse abgelöst werden, die einen längeren Lebenszyklus haben und dadurch zur Verminderung von Umweltbelastungen beitragen. Um dieses Ziel zu erfüllen, sollen Textilien eine bessere Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit, Faser-zu-Faser-Recyclingfähigkeit und einen höheren Anteil an recycelten Fasern aufweisen. Für den Textilservice sind die Zirkularitätsvorgaben aus Brüssel längst gelebte Realität, denn die Vermietung von professionell genutzter Berufs- und Schutzkleidung, Hotel- und Krankenhauswäsche, Wischbezügen u.a. setzt ebendiese Funktionalitäten voraus: Die Qualitäten müssen langlebig, waschbar – also wiederverwendbar – und einfach zu reparieren sein. Dank dieser Eigenschaften kann Mietwäsche lange im Service-Kreislauf verbleiben und hat sich als nachhaltige Alternative zum Kauf etabliert.

Wäsche im Kreislauf
Der textile Mietservice bietet verschiedene Systeme, die auf die Bedürfnisse der Kundengruppen zugeschnitten sind. Berufs- und Schutzkleidung wird von Mietwäschereien in einem umfassenden Größenspiegel bevorratet, so dass die Beschäftigten eines Kunden ein passendes Outfit erhalten. Dieses ist gekennzeichnet und wird dem entsprechenden Träger zur Verfügung gestellt. Sollte er aus dem Kundenbetrieb ausscheiden, wird die Ware zurückgenommen und wird – sofern sie in einem einwandfreien Zustand ist – als Ersatzkleidung weitergenutzt. Bei Arbeitskleidung im Gesundheitswesen, aber auch bei Bett-, Tisch- und Frottierwäsche ist hingegen eine Poollösung üblich. Ein Wäschepool umfasst gleichartige Textilien, die ohne individuelle Kunden- und Trägerzuordnung für eine Lieferung entnommen werden. Dadurch wird die eingesetzte Textilmenge deutlich verringert.

Zu einer Lebensverlängerung von Textilien trägt auch ein zweiter großer Bereich der gewerblichen Textilpflege bei: die lokale Textilreinigung. In den Betrieben werden unterschiedlichste Waren im Auftrag von privaten und gewerblichen Kunden sachgerecht aufbereitet. Edle Ober- und Unterbekleidung, hochwertige Heimtextilien, empfindliche Daunenjacken oder stark verschmutzte Arbeitskleidung werden wieder sauber, frisch und einsetzbar. Und sollten sich Flecken auch nach der Detachur als besonders hartnäckig erweisen, kann ein Fachbetrieb die Ware umfärben und dadurch deren Wiederverwertbarkeit sicherstellen.

Textilservice bietet Recyclingvorteile
Zusätzlich zu den beiden wesentlichen Forderungen „reuse“ und „repair“ setzt sich die Branche auch intensiv mit dem in der EU-Textilstrategie geforderten Recycling von Alttextilien auseinander. Verschiedene Hersteller von Berufskleidung haben eigene Rücknahmemodelle entwickelt, bei denen Kunden beim Kauf von Neuware die ausrangierten Stücke zurückgeben können. Diese werden dann bei Kooperationspartnern wieder- oder weiterverwertet. Auch große Unternehmen, darunter die Telekom und Ikea, haben ein zentrales Rücknahme- und Recyclingsystem für ausgediente Mitarbeiterkleidung eingeführt; das Möbelhaus hat daraus eine eigene Heimtextil-Linie kreiert. Die Umsetzung eines entsprechenden Systems lässt sich jedoch am einfachsten im Mietservice realisieren, da die Ware stets zum Fachbetrieb zurückkehrt und dort auch aussortiert wird. So summiert sich ausgediente Wäsche an einem Ort zu großen Volumen gleichartiger, gewaschener Alttextilien auf, was die Abhollogistik und den Recyclingprozess erheblich vereinfacht. Aufgrund dieser vorteilhaften Rahmenbedingungen hat sich bereits die erste Initiative gegründet, bei der mehrere Textilservice-Unternehmen ihre ausrangierte Hotelwäsche bündeln und sie dem industriellen Baumwolle-zu-Zellstoff-Recycling zuführen. Ob Einzel- oder Gemeinschaftsaktionen, sie zeugen von dem Engagement der Branche, Lösungen für „Rest-Stoffe“ zu entwickeln.

Textilupcycling für Designerstücke
Die Lösungen für Alttextilien sind vielfältiger als nur das reine Recycling. So bietet beispielsweise die Firma Fristads aus Schweden einen eigenen Reparaturservice für seine Berufskleidung an. Die britische Kaufhauskette John Lewis geht einen Schritt weiter. In einem Feldversuch können Kunden ihre Kleidung in ausgewählten Läden zum Reinigen und Reparieren abgeben, die Aufbereitung erfolgt durch die zur Timpson Group gehörende Wäscherei- und Reinigungskette Johnsons. Auch Designer haben die Chancen ausgemusterter Arbeitskleidung und Objekttextilien für ein zweites Leben (second life) erkannt. Sie bringen aufwendige Verzierungen auf Kollektionsteile auf oder zerlegen sie und setzen sie neu zusammen. Die kreativ aufgewertete Ware bringen sie dann als Designer-Stücke in den Markt zurück. Auch für großformatige Objekttextilien gibt es Verwertungslösungen: Sie werden zu Taschen oder Kosmetikaccessoires umkonfektioniert oder nach einem Umfärbeprozess zu Schürzen-Kleinserien verarbeitet. So vielfältig solche Konzepte sind, so gering ist jedoch ihr Effekt auf die Verringerung der Textilabfälle. Einzig das etablierte Second-Hand-Modell bringt größere Mengen in den Gebrauchskreislauf zurück.

Pro und Contra von Recyclingmaterialien
Während sich die Textilpflege-Branche in fast allen Punkten geschlossen hinter die Forderungen der EU-Textilstrategie stellt und sich mit Lösungen einbringt, ist sie sich bei einem gesteigerten Recyclingfaseranteil in ihren Produkten uneinig. Zwar gibt es bereits zahlreiche Berufskleidungskollektionen und Hotelwäsche-Sortimente, in denen die Vorgabe aus Brüssel erfüllt wird. In der Praxis bleibt manche Qualität jedoch den Beweis der Langlebigkeit schuldig, denn die Faserqualität leidet unter jedem Recyclingverfahren. Zugunsten der Haltbarkeit in der Industriewäsche vertraut daher so mancher Hersteller von gewerblich genutzten Textilien ausschließlich auf native, fabrikneue Fasermaterialien. Auf der Texcare International findet die Branche das passende Umfeld, diesen Zielkonflikt ausführlich zu diskutieren.

Quelle:

Messe Frankfurt

Verkleidungsbauteile: Hanf statt Glasfasern (c) Fraunhofer IWU
23.08.2024

Verkleidungsbauteile: Hanf statt Glasfasern

Als Sheet Moulding Compounds (SMCs) werden langfaserverstärkte Halbzeuge bezeichnet, mit denen sich im Fließpressverfahren komplexe Formteile mit hoher Oberflächenqualität herstellen lassen. Das Fraunhofer IWU Zittau und die Hochschule Zittau/Görlitz erforschen biologische Alternativen für Glasfasern in Verbundwerkstoffen. Das Ziel sind wirtschaftliche Herstellungsverfahren, damit schon bald der Umstieg auf weniger umweltbelastende biogene Reststoffe zur Faserverstärkung gelingt.

Die Einsatzmöglichkeiten für SMC-Bauteile sind vielfältig. Sie dienen als Innenverkleidungen in Zügen und Bahnen, Außenverkleidungen für LKW und Landmaschinen oder schützen elektrische Verteilerkästen und Schaltanlagen.

Als Sheet Moulding Compounds (SMCs) werden langfaserverstärkte Halbzeuge bezeichnet, mit denen sich im Fließpressverfahren komplexe Formteile mit hoher Oberflächenqualität herstellen lassen. Das Fraunhofer IWU Zittau und die Hochschule Zittau/Görlitz erforschen biologische Alternativen für Glasfasern in Verbundwerkstoffen. Das Ziel sind wirtschaftliche Herstellungsverfahren, damit schon bald der Umstieg auf weniger umweltbelastende biogene Reststoffe zur Faserverstärkung gelingt.

Die Einsatzmöglichkeiten für SMC-Bauteile sind vielfältig. Sie dienen als Innenverkleidungen in Zügen und Bahnen, Außenverkleidungen für LKW und Landmaschinen oder schützen elektrische Verteilerkästen und Schaltanlagen.

Dr. Rafael Cordeiro ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Kunststoffzentrum Oberlausitz und im LaNDER³-Projekt der Hochschule Zittau/Görlitz. Er arbeitet insbesondere an Zuginnenverkleidungen, bei denen die Glasfaser durch Naturfasern in Kombination mit Harz ersetzt wird. Als Naturfaser dient Hanf – genauer die gröberen Fasern, die als Nebenprodukt bei der Textilherstellung mit Hanf anfallen. Der Gewichtsanteil der Naturfaser im neu entwickelten SMC beträgt etwa 15 Prozent; durch den geplanten Einsatz von biobasiertem Harz als Matrix, also der Komponente, in der die Fasern eingebettet sind, steigt der »natürliche« Anteil künftig auf bis zu 38 Prozent. Hinzu kommen 55 Prozent Mineralstoffe wie Calciumcarbonat (bekannt als Kalkstein bzw. Kreide) oder Aluminiumhydroxidhydrat, das in der Natur als Bauxit vorkommt. Die verbleibenden 7 Prozent sind überwiegend petrochemische Zusatzstoffe, für die es derzeit noch keinen biobasierten Ersatz gibt. Nachfolgend wichtige Fakten zu Naturfaser-SMCs.

Herausforderungen für die Produktion
Eine Herausforderung für die Produktion ist, dass insbesondere Naturfasern Feuchtigkeit binden und in Ländern mit hoher Luftfeuchtigkeit eine vorherige Trocknung erforderlich sein kann, da sonst Blasenbildung auftreten kann. Die Blasenbildung hängt auch von der Imprägnierung ab.
Dr. Cordeiro: »Das Naturfaser-SMC ist so entwickelt, dass für die Produktion größerer Stückzahlen nur sehr geringe zusätzliche Anlageninvestitionen und nur minimale Prozessparameteränderungen erforderlich sind.«

Energieaufwand bei der Herstellung
Bei der Herstellung von Halbzeugen und Bauteilen durch Fließpressen gibt es hinsichtlich der Prozesse und der benötigten Energie keine signifikanten Unterschiede zwischen Naturfaser- und Glasfaser-SMCs. Die Halbzeugherstellung erfolgt bei Raumtemperatur, weshalb der Energiebedarf der Anlage relativ gering ausfällt. Die Umformung von Bauteilen findet in einem Heißpressprozess in hydraulischen Pressen statt, bei Temperaturen zwischen 110 °C und 150 °C. Dieses Temperaturfenster liegt unter dem von thermoplastischen Bauteilen und erfordert keine Kühlungs- bzw. Heizzyklen der Werkzeuge, mit entsprechend positiven Auswirkungen auf den Energiebedarf.

Auswirkungen auf Mensch und Umwelt
Wie bei allen Produkten aus Kunststoff besteht auch hier die Möglichkeit der Bildung von Mikroplastik durch Abrieb. Die am Fraunhofer IWU in Zittau entwickelten Naturfaser-SMCs sind jedoch für die genannten Anwendungen vorgesehen, bei denen es zu keinem intensiven Abrieb kommt. Die Substitution von Glasfasern durch Hanffasern führt zu einer erheblichen Reduzierung von Haut- und Atemwegsreizungen bei Mitarbeitenden im Bereich der Material- und Produktherstellung sowie beim Umgang mit beschädigten Teilen oder bei der Entsorgung. Darüber hinaus resultieren aus der Herstellung von Hanffasern deutlich geringere CO2-Emissionen als bei Glasfasern, was die Umweltauswirkungen erheblich reduziert.

Haltbarkeit
Die typische Lebensdauer von Naturfaser-SMCs liegt bei bis zu 30 Jahren, abhängig davon, ob das Material für Innen- oder Außenanwendungen genutzt wird. Durch eine gezielte Einstellung des Matrix-Harzes lässt sich beispielsweise die Witterungsbeständigkeit erhöhen.

Biologische Abbaubarkeit, Recyclingfähigkeit
Ähnlich konventionellen SMCs können auch Naturfaser-SMCs nicht recycelt werden. Letztere sind zwar nicht als Ganzes biologisch abbaubar, allerdings laufen vielversprechende Versuche, um die Naturfaser von der Matrix und dem Füllstoff zu trennen, damit der Naturfaser-Anteil kompostiert und der Füllstoff wiederverwendet werden kann. Die Fasern sind nach der Trennung so klein, dass sie nicht mehr in SMC-Anwendungen weiterverwendet werden können. Zur technologischen Wiederverwendung der gewonnenen Kurzfasern besteht weiterer Forschungsbedarf.

Dr. Rafael Cordeiro: »Die Nachhaltigkeitsbilanz von Naturfaser-SMCs ist noch nicht perfekt. Aber sie ist schon heute wesentlich besser als bei glasfaserverstärkten Verbundmaterialien. Auch die Materialkosten stimmen. Somit sind die von uns entwickelten Alternativen zu klassischen Glasfaser-SMCs definitiv marktfähig. Die Herstellung nachhaltigerer SMC- Bauteile ist möglich.«

Quelle:

Die Angaben zu Naturfaser-SMCs basieren auf einem Interview von Tina-Seline Göttinger mit Dr. Rafael Cordeiro im Rahmen einer Bachelorarbeit
Fraunhofer IWU

Atacama Wüste Foto: Fernando Rodrigues, Unsplash
23.07.2024

Reduktion der Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen des weltweiten Handels mit Second-Hand-Kleidung

Der Aufschwung von Fast-Fashion, der durch einen raschen Kollektionswechsel gekennzeichnet ist, hat in den letzten vier Jahrzehnten zu einer Versiebenfachung des weltweiten Handels mit gebrauchter Kleidung geführt. Mehr als 80 % aller gekauften Kleidungsstücke weltweit (62 % in der EU) werden als Hausmüll entsorgt, der verbrannt oder deponiert wird, was eine massive Verschwendung von Ressourcen darstellt und schwerwiegende Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit hat.

Ein kürzlich von der UNECE und der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC) veröffentlichter Bericht präsentiert eine eingehende Analyse des Handels mit Altkleidern zwischen Europa und Chile und gibt der Industrie sowie den Export- und Importländern politische Empfehlungen, um die Lage zu verbessern.

Der Aufschwung von Fast-Fashion, der durch einen raschen Kollektionswechsel gekennzeichnet ist, hat in den letzten vier Jahrzehnten zu einer Versiebenfachung des weltweiten Handels mit gebrauchter Kleidung geführt. Mehr als 80 % aller gekauften Kleidungsstücke weltweit (62 % in der EU) werden als Hausmüll entsorgt, der verbrannt oder deponiert wird, was eine massive Verschwendung von Ressourcen darstellt und schwerwiegende Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit hat.

Ein kürzlich von der UNECE und der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC) veröffentlichter Bericht präsentiert eine eingehende Analyse des Handels mit Altkleidern zwischen Europa und Chile und gibt der Industrie sowie den Export- und Importländern politische Empfehlungen, um die Lage zu verbessern.

Nach Angaben von UN Comtrade waren im Jahr 2021 die Europäische Union (30 %), China (16 %) und die Vereinigten Staaten (15 %) die führenden Exporteure von Altkleidern, während Asien (28 %, vor allem Pakistan), Afrika (19 %, insbesondere Ghana und Kenia) und Lateinamerika (16 %, vor allem Chile und Guatemala) die führenden Importeure waren.

Erleichtert wurde dies durch das Aufkommen kostengünstiger Kunstfasern und die Liberalisierung des Handels, die die Verlagerung der Produktion in Länder mit niedrigen Löhnen ermöglichte. Ein großer Teil der Kleidung wird aus schwer zu trennenden Mischfasern hergestellt, so dass es vor allem in den Industrieländern kaum Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Wiederverwendung und zum Recycling gibt.

„Wann ist es normal geworden, Kleidung wegzuwerfen?“, fragt Lily Cole, Klimaaktivistin und Beraterin der UNECE. „Während die Welt, vor allem der globale Norden, unaufhörlich Mode produziert und konsumiert, sind eine Handvoll Länder, vor allem im globalen Süden, zu Friedhöfen für die ungeliebte Kleidung der Welt geworden. Bei meinem Besuch in der Atacama-Wüste wurde ich auf die Textilberge und die sich verändernden kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Landschaften aufmerksam, die sie hervorgebracht haben. Das Bewusstsein der Verbraucher ist sehr hilfreich, doch letztlich brauchen wir politische Maßnahmen, um systemische Trends einzudämmen, weshalb dieser Bericht und seine Empfehlungen so wichtig sind.“

Europa: Sortier- und Recyclingkapazitäten hinken hinterher
In Europa werden nur 15-20 % der entsorgten Textilien gesammelt, in der Regel über Container, Haussammlungen und Spenden. Etwa die Hälfte der gesammelten Textilien wird downgecycelt und z. B. als Isoliermaterial, Füllmaterial und industrielle Einwegtücher verwendet. Nur 1 % wird zu höherwertigen Produkten wie neuer Kleidung recycelt, während der Rest in Entwicklungsländer exportiert wird.
 
Von den 55 Prozent der gesammelten Kleidungsstücke, die wiederverwendbar sind, haben nur 5 Prozent einen Wert auf den Secondhand-Märkten in der EU, während 50 Prozent einen Wert auf den Exportmärkten haben.

So hat die Europäische Union ihre Altkleiderexporte in den letzten zwei Jahrzehnten verdreifacht, von 550.000 auf 1,7 Millionen Tonnen. Auf Europa, einschließlich des Vereinigten Königreichs, entfällt inzwischen mehr als ein Drittel der weltweiten Altkleiderexporte, und dieser Anteil könnte weiter steigen, da die Sammelquoten voraussichtlich steigen werden.  

Ein designorientierter Ansatz der Kreislaufwirtschaft für Kleidung steckt noch in den Kinderschuhen. Der EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (CEAP) wurde 2020 verabschiedet, die EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien 2022 und die EU-Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte 2023. Diese Maßnahmen müssen jedoch noch Früchte in Form von groß angelegten vorgelagerten Lösungen für die Probleme mit Textilabfällen tragen.

„Der Weltmarkt für Altkleider wächst ständig, und mit ihm auch seine negativen Auswirkungen. Die Textilindustrie trägt eine große Verantwortung für die Einführung nachhaltigerer Praktiken, und Exporteure und Importeure müssen entsprechende politische Entscheidungen treffen, um Rückverfolgbarkeit, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit zu fördern.

Die politischen Empfehlungen und Normen von UN/CEFACT werden diesen Übergang unterstützen. Und natürlich müssen wir alle als Verbraucher eine Rolle spielen, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen“, betonte UNECE Executive Secretary Tatiana Molcean.
 
Der Fall Chile: Berge von Altkleidern, die man vom Mond aus erkennen kann  
Die meisten lateinamerikanischen Länder (darunter Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Mexiko und Peru) haben Einfuhrverbote für Kleidung erlassen, um ihre nationale Textil- und Modeindustrie zu schützen und die Bedrohung durch Bekleidungsdeponien zu vermeiden.

Im Gegensatz dazu erhebt Chile keine Zölle und wendet keine mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen an, sondern verlangt lediglich, dass die Sendungen desinfiziert werden (durch Begasung). Chile ist damit zu einem der zehn größten Importeure der Welt und zum Spitzenreiter in Lateinamerika aufgestiegen und hat im Jahr 2021 126.000 Tonnen Textilien eingeführt. 40 % davon gelangen über den nördlichen Hafen von Iquique in das Land, wo sie manuell, hauptsächlich von Frauen, sortiert und in erste, zweite und dritte Qualität unterteilt werden.

75 % aller importierten Altkleider wurden als nicht wiederverwendbar eingestuft. 30.000 Tonnen davon bedecken heute 30 Hektar der Atacama-Wüste, verursachen Umweltverschmutzung und gefährden die Gesundheit der dortigen Bevölkerung. Gleichzeitig bietet der Handel mit Altkleidern auch Arbeitsplätze und formelle und informelle Einkommen für die einheimische und die zugewanderte Bevölkerung in den etablierten Geschäften und auf den Freiluftmärkten im ganzen Land, was bei der Neufestlegung der öffentlichen Politik berücksichtigt werden muss.

„Um die ökologischen und sozialen Probleme des Handels mit gebrauchten Textilien anzugehen, müssen die EU und Chile zusammenarbeiten, um solide rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Chile könnte wegweisend sein für innovative Ansätze zur Regulierung und Verringerung der Auswirkungen des Handels mit gebrauchten Textilien, u. a. durch die Festlegung globaler Standards für den Handel mit gebrauchten Textilien, wobei der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung liegt“. betont der Generalsekretär der UNECLAC, José Manuel Salazar-Xirinachs.

Vielfältige Empfehlungen
Der Bericht enthält eine Reihe von Empfehlungen an die Textilindustrie, Exporteure und Importeure.   

An die Ausfuhrländer

  • Die Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt des Bekleidungsdesigns stellen, mit verbindlichen Vorgaben für die Faserzusammensetzung, die Qualität, Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit verbessern  
  • Einführung eines Systems der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR), das die Hersteller für die von ihnen hergestellten Produkte verantwortlich macht  
  • Entwicklung weiterer Sortier- und Recyclinganlagen durch finanzielle Anreize  
  • Entwicklung von EU-Mindestkriterien für die Ausfuhr von Altkleidern durch die Verwendung von digitalen Produktpässen (DPP)  
  • Durchführung von Sensibilisierungskampagnen, um die Verbraucher zu ermutigen, ihre Kleidung bewusster auszuwählen

Für die Einfuhrländer – das Beispiel Chile

  • Verbesserung der Zollverfahren und Verwaltungsmaßnahmen im Hafen von Iquique, um die digitale Rückverfolgbarkeit der Altkleider- und Textilströme auf der Grundlage des UN/CEFACT-Rückverfolgbarkeitsstandards zu gewährleisten   
  • Einführung einer Strategie für die Kreislaufwirtschaft im Textilbereich   
  • Bildung öffentlich-privater Allianzen für Recyclingprojekte durch Steuererweiterungsprogramme und Fonds zur Förderung von Unternehmertum, Innovation und Schaffung von Arbeitsplätzen für benachteiligte Gruppen, insbesondere in der Region Tarapacá  
  • Verbesserung des Rechtsrahmens für die Abfallwirtschaft   
  • Umsetzung eines regionalen Plans zur Kontrolle fester Abfälle, der Inspektionen von Mülldeponien, Clean Points und Deponien vorsieht, um die Durchsetzungskapazität der regionalen Gesundheitsbehörden zu erhöhen  
  • Beschleunigung der Verabschiedung des chilenischen Gesetzentwurfs über die Umweltqualität von Böden.

Der Bericht empfiehlt außerdem, internationale Handelsabkommen wie das Interims-Handelsabkommen zwischen der EU und Chile aus dem Jahr 2023, das ein Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung enthält, zu ändern, um die bilaterale Zusammenarbeit zu intensivieren, und es als Vorlage für weitere bilaterale Handelsabkommen zwischen der EU und anderen Ländern zu nutzen.   

Zum Download der Executive Summary

Weitere Informationen:
Secondhand Textilabfällen Chile Atacama UN
Quelle:

United Nations Economic Commission for Europe
(Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa)
Übersetzung: Textination

Foto: 政徳 吉田, Pixabay
03.05.2024

Fahrzeugunterböden aus Naturfasern und Recycling-Kunststoffen

Gemeinsam mit Industriepartnern haben Forschende des Fraunhofer WKI einen Fahrzeugunterboden aus Naturfasern und recycelten Kunststoffen für den Automobilbau entwickelt. Der Fokus des Fraunhofer Instituts lag auf der Materialentwicklung für den Spritzguss sowie auf der Hydrophobierung von Flachs- und Hanffasern für naturfaserverstärkte Mischfaservliese.

Das Bauteil erfüllt die hohen technischen Anforderungen im Unterbodenbereich und könnte zukünftig herkömmliche Leichtbau-Fahrzeugunterböden ersetzen. Mit dieser Entwicklung wird die Klima- und Umweltbilanz über den gesamten Produktlebenszyklus optimiert.

Gemeinsam mit Industriepartnern haben Forschende des Fraunhofer WKI einen Fahrzeugunterboden aus Naturfasern und recycelten Kunststoffen für den Automobilbau entwickelt. Der Fokus des Fraunhofer Instituts lag auf der Materialentwicklung für den Spritzguss sowie auf der Hydrophobierung von Flachs- und Hanffasern für naturfaserverstärkte Mischfaservliese.

Das Bauteil erfüllt die hohen technischen Anforderungen im Unterbodenbereich und könnte zukünftig herkömmliche Leichtbau-Fahrzeugunterböden ersetzen. Mit dieser Entwicklung wird die Klima- und Umweltbilanz über den gesamten Produktlebenszyklus optimiert.

Den Projektpartnern Fraunhofer WKI, Thüringisches Institut für Textil- und Kunststofftechnik (TITK), Röchling Automotive SE & Co. KG, BBP Kunststoffwerk Marbach Baier GmbH und Audi AG ist es gelungen, ein nachhaltiges Gesamtkonzept für Fahrzeugunterböden zu entwickeln. Damit haben die Forschenden eine anspruchsvolle Bauteilgruppe mit hohem Kunststoffanteil für den Einsatz von Naturmaterialien erschlossen. Bisher wurden naturfaserverstärkte Kunststoffe im Automobil hauptsächlich für Verkleidungsteile ohne nennenswerte mechanische Aufgaben eingesetzt. Strukturelle Bauteile wie Fahrzeugunterböden sind enormen Belastungen ausgesetzt und stellen hohe Anforderungen an das Biege- und Crashverhalten des Materials. In modernen Leichtbau-Fahrzeugkonzepten kommen daher Hochleistungswerkstoffe aus glasfaserverstärkten Kunststoffen zum Einsatz.

Das Projektteam konnte die Glasfasern durch Naturmaterialien wie Flachs-, Hanf- und Cellulosefasern ersetzen und Unterbodenbauteile mit einem Naturfaseranteil von bis zu 45 Prozent realisieren. Im Bereich der Polymere wurde vollständig auf Polypropylen-Neuware verzichtet und ausschließlich Rezyklate eingesetzt. Alle mit dieser Materialumstellung verbundenen Herausforderungen, sowohl die geringeren mechanischen Ausgangseigenschaften der Werkstoffe als auch die zeitlich eingeschränkten Verarbeitungsfenster, konnten durch geschickte Compoundkombinationen gelöst werden.

Am Fraunhofer WKI wurden Materialien für den Spritzguss entwickelt. »Naturfaser-Spritz-guss-Compounds sind bisher vor allem durch Festigkeits- und Steifigkeitssteigerungen gegenüber unverstärkten Polymeren bekannt. Bei der Entwicklung im Fahrzeugunterboden ist es darüber hinaus gelungen, durch eine innovative Kombination von ausgewählten Post-Consumer-Rezyklaten (PCR) als Matrix und Naturfasern unterschiedlicher Reinheitsgrade die hohen Anforderungen an die Kaltschlagzähigkeit zu erfüllen, ohne dabei die geforderte Steifigkeit und Festigkeit einzubüßen«, erklärt Moritz Micke-Camuz, Projektleiter am Fraunhofer WKI.

Im Rahmen der Entwicklung wurden am TITK und bei Röchling erstmals Faserverbundbauteile aus naturfaserverstärktem Mischfaservlies (Lightweight-Reinforced-Thermoplastic, LWRT) realisiert. Das entwickelte Produkt erfüllt nicht nur die mechanischen Anforderungen. Es widersteht auch den Herausforderungen, die durch die feuchte Einsatzumgebung hervorgerufen werden. Zur Hydrophobierung von Flachs- und Hanffasern für LWRT-Bauteile wurde am Fraunhofer WKI ein kontinuierliches Furfurylierungsverfahren entwickelt. Durch die Furfurylierung kann die Feuchtigkeitsaufnahme um bis zu 35 Prozent reduziert werden, ohne die Biegefestigkeit der späteren Bauteile zu beeinträchtigen. Das furfurylierte Fasermaterial lässt sich zudem problemlos auf einer Vliesanlage weiterverarbeiten

Die gefertigten Prototypenbauteile wurden anschließend sowohl auf Komponentenebene als auch im Fahrversuch intensiv getestet. Dazu dienten unter anderem die Fahrzeuge der neuen »Premium Platform Electric« (PPE) des VW-Konzerns. Im Rahmen der Serienerprobung konnten bereits Langzeiterfahrungen gesammelt werden. Das erfreuliche Ergebnis dieser Tests: Die neu entwickelten Bioverbundwerkstoffe erfüllen alle Standardanforderungen an Unterbodenbauteile und erweisen sich als serientauglich. Weder der Einsatz von Naturfasern noch von (Post-Consumer-)Rezyklaten führt zu einer signifikanten Beeinträchtigung der Eigenschaften.

Ein wesentlicher Vorteil der Innovation liegt auch in der deutlich verbesserten CO2-Bilanz: Im Vergleich zur Serie können 10,5 Kilogramm Neuware (PP/Glasfaser) durch 4,2 Kilogramm Naturfasern und 6,3 Kilogramm Post-Consumer-Rezyklat ersetzt werden. Dadurch konnten die CO2-Emissionen während der Produktion, der Nutzung und des Produktlebens um bis zu 40 Prozent reduziert werden.

Im Rahmen des Entwicklungsprojektes wurde ein innovatives, ganzheitliches Gesamtkonzept für Fahrzeugunterböden inklusive Recycling mit kaskadischer Wiederverwendung der Komponenten entwickelt. Aus technischer Sicht können Fahrzeugunterböden zukünftig vollständig aus dem neuen, hochleistungsfähigen Bio-Leichtbau-Material hergestellt werden.

Das Projekt wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über den Projektträger TÜV Rheinland gefördert.

 

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI

Berufsbekleidung: Nordische Zusammenarbeit bei Kreislaufinnovationen Foto: Sven, pixabay
16.04.2024

Berufsbekleidung: Nordische Zusammenarbeit bei Kreislaufwirtschaft

Die University of Borås, die Aalborg University Business School und das Circular Innovation Lab haben jüngst das Projekt „North-South Circular Value Chains Within Textiles“ gestartet - ein Forschungsprojekt mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit, das darauf abzielt, Textilmarken in den nordischen Ländern mit innovativen Produzenten im Süden zusammenzubringen.
 
Schwerpunktbereiche sind Kreislauf-Wertschöpfungsketten (CVCs), Kreislaufwirtschaft und ressourceneffiziente Textilwirtschaft, Berufsbekleidung und technische Kleidung, Sektoren wie Bau, Energie, Elektronik und IT, Kunststoffe, Textilien, Einzelhandel und Metalle.

Die University of Borås, die Aalborg University Business School und das Circular Innovation Lab haben jüngst das Projekt „North-South Circular Value Chains Within Textiles“ gestartet - ein Forschungsprojekt mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit, das darauf abzielt, Textilmarken in den nordischen Ländern mit innovativen Produzenten im Süden zusammenzubringen.
 
Schwerpunktbereiche sind Kreislauf-Wertschöpfungsketten (CVCs), Kreislaufwirtschaft und ressourceneffiziente Textilwirtschaft, Berufsbekleidung und technische Kleidung, Sektoren wie Bau, Energie, Elektronik und IT, Kunststoffe, Textilien, Einzelhandel und Metalle.

Ermöglicht durch einen Zuschuss aus dem Interreg-ÖKS-Programm besteht der erste Schritt darin, einen spezifischen wirtschaftlichen, rechtlichen und technologischen Rahmen zu schaffen, der es skandinavischen Berufsbekleidungsunternehmen ermöglicht, eine enge Zusammenarbeit bei Kreislauflösungen in der gesamten textilen Wertschöpfungskette einzugehen und ihre globalen Wertschöpfungsketten auf die bevorstehenden EU-Verordnungen zur Kreislaufwirtschaft vorzubereiten und anzupassen.

Kürzlich trafen sich die Partner des Konsortiums zu einem ersten Treffen an der Swedish School of Textiles, um den Projektrahmen zu erörtern. Dabei handelt es sich um eine Machbarkeitsstudie, die in ein mehrjähriges Projekt münden soll, an dem Berufsbekleidungsunternehmen in der Region Öresund-Kattegat-Skagerrak (ÖKS) einschließlich ihrer Lieferketten in Asien beteiligt sind.
Kim Hjerrild, Leiterin für strategische Partnerschaften bei der dänischen Denkfabrik Circular Innovation Lab in Kopenhagen, erklärte: „Ziel ist es, Berufsbekleidungshersteller in Dänemark, Schweden und Norwegen dabei zu unterstützen, durch kreislauforientierte Produktdesign-, Produktions- und Dienstleistungskonzepte nachhaltiger zu werden. Wir freuen uns, dass die Swedish School of Textiles das Projekt leitet, da sie eine lange Tradition in der Zusammenarbeit mit Textilunternehmen hat.“
 
Komplexe Branche
Die Entscheidung, sich speziell auf Berufsbekleidung zu konzentrieren, rührt daher, dass es sich um einen komplexen Bereich der Textilindustrie handelt, der strenge Normen, Zertifizierungen, Sicherheitsaspekte und spezifische Funktionen je nach Anwendungsbereich erfordert, z. B. in speziellen Hochleistungsumgebungen, im Gesundheitswesen und im Gastgewerbe. „Um ihre Betriebe zukunftssicher zu machen, müssen Unternehmen ressourceneffizienter und zirkulärer werden, indem sie haltbare und langlebige Arbeitskleidung herstellen, die repariert und wiederverwendet werden kann. Außerdem müssen sie ihren CO2-Fußabdruck pro Produkt reduzieren, den Einsatz problematischer Chemikalien minimieren und zunehmend recycelte Materialien verwenden“, erklärt Kim Hjerrild.

Unternehmen mit Hilfsmitteln und Wissen versorgen
Apoorva Arya, Gründerin und CEO von Circular Innovation Lab, führt aus: „Unser erstes und wichtigstes Ziel ist es, skandinavische Berufsbekleidungsunternehmen mit Hilfsmitteln und Wissen auszustatten, damit sie die kommenden EU-Richtlinien und -Politik einhalten können. Dazu gehören Vorschriften über produktspezifische Designanforderungen, Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer und Menschenrechte, von der Produktion bis hin zu Drittlieferanten. Wir stellen sicher, dass diese Unternehmen, insbesondere ihre Zulieferer, zu einer kreislauforientierten Lieferkette übergehen und sich in der gesetzlichen Landschaft zurechtfinden können, während sie gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt gewährleisten.“

Neue Strukturen im Fokus
Rudrajeet Pal, Professor für Textilmanagement an der Swedish School of Textiles, freut sich, dass die Universität das Projekt koordinieren kann. „Aus der Sicht meiner Forschungsgruppe ist dies unglaublich interessant, da der Schwerpunkt auf der Untersuchung und Entwicklung 'neuer' Lieferketten- und Geschäftsmodellstrukturen liegt, die eine nachhaltige Wertschöpfung in Textilunternehmen, in der Industrie sowie für die Umwelt und die Gesellschaft insgesamt ermöglichen würden. Wir haben bereits mehrere Projekte durchgeführt, bei denen ein solcher globaler Nord-Süd-Fokus der Wertschöpfungskette im Vordergrund stand, und dieses Mal insbesondere die Wertschöpfungskette von Berufsbekleidungsunternehmen zwischen Skandinavien und Asien. Wir freuen uns, unser Fachwissen und unsere Erfahrung in der internationalen Arbeit einbringen zu können."
 
Über das Vorprojekt North-South Circular Value Chains Within Textiles, NSCirTex
Das Projekt zielt darauf ab, den zirkulären Übergang in den nordischen Ländern zu unterstützen, indem ein gemeinsames Governance-Modell eingerichtet wird, das eine vorwettbewerbliche Zusammenarbeit und die Gestaltung zirkulärer Wertschöpfungsketten zwischen skandinavischen Berufsbekleidungsunternehmen in der ÖKS-Region und Produzenten in Indien, Bangladesch, Vietnam und der Türkei ermöglicht.

Der nächste Schritt ist ein mehrjähriges Hauptprojekt, in dem Berufsbekleidungsunternehmen mit ihren Zulieferern in asiatischen Ländern maßgeschneiderte Modelle für eine gemeinsame Unternehmensführung testen können, um praktische zirkuläre Lösungen zu entwickeln, wie z. B. Post-Consumer-Recycling, zirkuläre Materialbeschaffung, Entwicklung sicherer und ressourceneffizienter zirkulärer Produkte, Verbesserung der sozialen Nachhaltigkeit und der Sorgfaltspflicht usw. Das Hauptprojekt wird somit Lösungen zur Verringerung des materiellen Fußabdrucks und der Ressourcennutzung entwickeln und dabei sowohl wirtschaftliche Rentabilität schaffen als auch neue Vorschriften, Berichterstattung und Rechenschaftspflicht vorbereiten.

Partner in dieser Machbarkeitsstudie: Universität Borås, Aalborg University Business School und Circular Innovation Lab. Die Durchführbarkeitsstudie wird von der EU über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung Interreg Öresund-Kattegat-Skagerrak finanziert.

Quelle:

University of Borås, Solveig Klug

Textilabfall Ki generiertes Bild: Pete Linforth, Pixabay
02.04.2024

Die Zukunft zirkulärer Textilien: „New Cotton“-Projekt abgeschlossen

Als Weltpremiere für die Modeindustrie hatten sich im Oktober 2020 zwölf Pionierunternehmen zusammengefunden, um neue Wege zu beschreiten und ein Kreislaufmodell für die kommerzielle Bekleidungsproduktion zu entwickeln. Mehr als drei Jahre lang wurden Textilabfälle gesammelt und sortiert und mithilfe der Technologie zur Wiederherstellung von Textilfasern der Infinited Fiber Company zu einer neuen, künstlichen Zellulosefaser recycelt, die aussieht und sich anfühlt wie Baumwolle - eine „neue Baumwolle“.

Als Weltpremiere für die Modeindustrie hatten sich im Oktober 2020 zwölf Pionierunternehmen zusammengefunden, um neue Wege zu beschreiten und ein Kreislaufmodell für die kommerzielle Bekleidungsproduktion zu entwickeln. Mehr als drei Jahre lang wurden Textilabfälle gesammelt und sortiert und mithilfe der Technologie zur Wiederherstellung von Textilfasern der Infinited Fiber Company zu einer neuen, künstlichen Zellulosefaser recycelt, die aussieht und sich anfühlt wie Baumwolle - eine „neue Baumwolle“.

Das zukunftsweisende New Cotton Project startete im Oktober 2020 mit dem Ziel, eine zirkuläre Wertschöpfungskette für die kommerzielle Bekleidungsproduktion aufzuzeigen. Während des gesamten Projekts arbeitete das Konsortium daran, Alttextilien zu sammeln und zu sortieren, die mithilfe der innovativen Infinited Fiber-Technologie zu einer neuen zellulosehaltigen Chemiefaser namens Infinna™ recycelt werden konnten, die genauso aussieht und sich anfühlt wie neue Baumwolle. Die Fasern wurden zu Garnen gesponnen und zu verschiedenen Geweben verarbeitet, die von adidas und H&M entworfen, produziert und verkauft wurden. Der adidas by Stella McCartney-Trainingsanzug sowie eine bedruckte Jacke und Jeans von H&M sind damit die ersten Produkte, die von einem kreislauforientierten Konsortium dieser Größenordnung hergestellt wurden und damit einen innovativen und kreislauforientierten Ansatz für die Modeindustrie aufzeigt.
 
Da das Projekt im März 2024 abgeschlossen wurde, stellt das Konsortium acht Schlüsselfaktoren in den Fokus, die es als grundlegend für die erfolgreiche Skalierung des Faser-zu-Faser-Recyclings erachtet.

Die breite Einführung zirkulärer Wertschöpfungsketten ist entscheidend für den Erfolg
Die Kreislaufwirtschaft im Textilbereich erfordert neue Formen der Zusammenarbeit und des offenen Wissensaustauschs zwischen verschiedenen Akteuren in Kreislaufökosystemen. Diese Ökosysteme müssen Akteure einbeziehen, die über die traditionellen Lieferketten hinausgehen und bisher voneinander getrennte Industrien und Sektoren wie die Textil- und Modebranche, die Abfallsammlung und -sortierung und die Recyclingindustrie sowie digitale Technologien, Forschungsorganisationen und politische Entscheidungsträger einbeziehen. Damit das Ökosystem effektiv funktionieren kann, müssen die verschiedenen Akteure an der Abstimmung von Prioritäten, Zielen und Arbeitsmethoden beteiligt sein und die Bedürfnisse, Anforderungen und technisch-wirtschaftlichen Möglichkeiten der anderen kennenlernen. Aus einer breiteren Perspektive betrachtet, ist auch ein grundlegenderer Wandel in den Denkweisen und Geschäftsmodellen im Hinblick auf einen systemischen Übergang zur Kreislaufwirtschaft erforderlich, z. B. die Abkehr von den linearen Geschäftsmodellen der Fast Fashion. Neben dem offenen Wissensaustausch innerhalb solcher Ökosysteme ist es ebenfalls wichtig, gelernte Lektionen und Erkenntnisse öffentlich zu machen, um andere Marktteilnehmer bei der Umstellung auf die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen und zu inspirieren.
     
Kreislaufwirtschaft beginnt mit dem Designprozess
Bei der Entwicklung neuer Styles ist es wichtig, von Anfang an ein End-of-Life-Szenario im Auge zu behalten. Denn davon hängt ab, welche Verzierungen, Drucke und Accessoires verwendet werden können. Wenn Designer es dem Recyclingprozess so einfach wie möglich machen, ist die Chance größer, dass die Kleidung tatsächlich wieder als Rohstoff verwendet wird. Darüber hinaus ist es wichtig, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die es ermöglichen, Produkte so lange wie möglich zu nutzen, einschließlich Reparatur-, Miet-, Wiederverkaufs- und Sharing-Dienste.

Aufbau und Ausbau von Sortier- und Recyclinginfrastrukturen sind entscheidend
Um die kreislauforientierte Bekleidungsproduktion auszubauen, bedarf es technologischer Innovationen und der Entwicklung von Infrastrukturen für die Sammlung und Sortierung von Alttextilien sowie für die mechanische Vorverarbeitung des Ausgangsmaterials. Derzeit erfolgt ein Großteil der Textilsortierung manuell, und die verfügbaren optischen Sortier- und Identifizierungstechnologien sind nicht in der Lage, Kleidungsschichten und komplexe Fasermischungen zu erkennen oder Abweichungen in der Qualität des Ausgangsmaterials für das Faser-zu-Faser-Recycling festzustellen. Die Vorbehandlung des Ausgangsmaterials ist ein entscheidender Schritt im Textil-zu-Textil-Recycling, der jedoch außerhalb derjenigen, die ihn tatsächlich ausführen, nicht gut verstanden wird. Dies erfordert eine Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, und es bedarf eingehender Kenntnisse und Fähigkeiten, um dies richtig zu tun. Dies ist ein Bereich, der mehr Aufmerksamkeit und stärkere wirtschaftliche Anreize braucht, wenn das Textil-zu-Textil-Recycling ausgebaut wird.

Die Verbesserung von Qualität und Datenlage ist entscheidend
Es besteht immer noch ein erheblicher Mangel an verfügbaren Daten, die den Übergang zu einer Kreislauftextilindustrie unterstützen. Dies bremst die Entwicklung von Systemlösungen und wirtschaftlichen Anreizen für den Textilkreislauf. So werden beispielsweise die Mengen der auf den Markt gebrachten Textilien oft als Ersatz für die Mengen an Post-Consumer-Textilien herangezogen, aber die verfügbaren Daten sind mindestens zwei Jahre alt und oft unvollständig. Auch auf nationaler Ebene kann es unterschiedliche Zahlen zu Textilabfällen geben, die aufgrund unterschiedlicher Methoden oder Datenjahre nicht übereinstimmen. Dies zeigt sich in den Berichten der niederländischen Massenbilanzstudie 2018 und des Überwachungsberichts zur Kreislaufwirtschaftspolitik für Textilien 2020, wo es einen Unterschied von 20 % zwischen den auf den Markt gebrachten Zahlen und den gemessenen Mengen an separat gesammelten und im gemischten Restmüll enthaltenen Post-Consumer-Textilien gibt. Abgesehen von einigen guten Studien wie Sorting for Circularity Europe und der jüngsten Charakterisierungsstudie von ReFashion gibt es auch fast keine zuverlässigen Informationen über die Faserzusammensetzung im Post-Consumer-Textilstrom. Textil-zu-Textil-Recycler würden von einer besseren Verfügbarkeit zuverlässigerer Daten profitieren. Die politische Überwachung von Systemen der erweiterten Herstellerverantwortung sollte sich darauf konzentrieren, die Anforderungen an die Berichterstattung in ganz Europa von der Sammlung von Post-Consumer-Textilien bis zu ihrem endgültigen Endpunkt zu standardisieren und Anreize für die Digitalisierung zu schaffen, damit die Berichterstattung automatisiert werden kann und hochwertige Textildaten nahezu in Echtzeit zur Verfügung stehen.

Die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Forschung und Entwicklung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg
Insgesamt deuten die Ergebnisse des New Cotton Project darauf hin, dass Stoffe, die Infinna™-Fasern enthalten, eine nachhaltigere Alternative zu herkömmlichen Baumwoll- und Viskosegeweben darstellen, wobei sie ähnliche Leistungsmerkmale und ästhetische Qualitäten aufweisen. Dies könnte erhebliche Auswirkungen auf die Textilindustrie im Hinblick auf Nachhaltigkeit und umweltfreundlichere Produktionsverfahren haben. Das Projekt hat jedoch auch gezeigt, dass die Skalierung des Faser-zu-Faser-Recyclings weiterhin kontinuierliche Forschung und Entwicklung in der gesamten Wertschöpfungskette erfordert. So ist beispielsweise der Bedarf an Forschung und Entwicklung im Bereich der Sortiersysteme von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen des chemischen Recyclings ist es ebenfalls erforderlich, eine hohe Rückgewinnungsrate und den Kreislauf der verwendeten Chemikalien sicherzustellen, um die Umweltauswirkungen des Prozesses zu begrenzen. Bei den Herstellungsprozessen wurde überdies hervorgehoben, dass eine kontinuierliche Innovation bei der Verarbeitungsmethode von Vorteil ist und dass Technologien und Marken eng mit den Herstellern zusammenarbeiten müssen, um die weitere Entwicklung in diesem Bereich zu unterstützen.

Über weniger umweltbelastende Fasern hinaus denken
Die von Dritten geprüfte Ökobilanz der Wertschöpfungskette des New Cotton Project zeigt, dass die Cellulosecarbamatfaser, insbesondere wenn sie mit einer erneuerbaren Stromquelle hergestellt wird, im Vergleich zu herkömmlicher Baumwolle und Viskose potenziell geringere Umweltauswirkungen aufweist. Es ist jedoch zu beachten, dass dieser Vergleich auf der Grundlage von durchschnittlichen globalen Datensätzen von Ecoinvent für Baumwoll- und Viskosefasern durchgeführt wurde und dass die Umweltleistung der auf dem Markt erhältlichen Primärfasern unterschiedlich ist. Die Analyse verdeutlicht jedoch auch, wie wichtig der Rest der Zuliefererkette für die Verringerung der Umweltauswirkungen ist. Die Ergebnisse zeigen, dass selbst bei einer Verringerung der Umweltauswirkungen durch die Verwendung von Recyclingfasern in anderen Phasen des Lebenszyklus noch einiges zu tun ist. So sind zum Beispiel die Qualität der Kleidungsstücke und ihre Nutzung während ihrer gesamten Lebensdauer entscheidend für die Verringerung der Umweltauswirkungen pro Kleidungsstück.
          
Einbeziehung der Verbraucher
Die EU hat die Kultur als eines der Haupthindernisse für die Einführung der Kreislaufwirtschaft in Europa identifiziert. Eine quantitative Verbraucherbefragung von adidas, die während des Projekts in drei wichtigen Märkten durchgeführt wurde, ergab, dass es immer noch Verwirrung über die Kreislaufwirtschaft bei Textilien gibt, was die Bedeutung einer effektiven Kommunikation mit den Verbrauchern und von Aktivitäten zur Einbindung der Öffentlichkeit verdeutlicht hat.
     
Einheitliche Rechtsvorschriften
Die Gesetzgebung ist ein wirksames Instrument, um die Einführung nachhaltigerer und kreislauforientierter Praktiken in der Textilindustrie voranzutreiben. Da allein in der EU mehrere neue Gesetzesvorhaben anstehen, ist ein kohärenter und harmonisierter Ansatz für die erfolgreiche Umsetzung der Politik in der Textilindustrie unerlässlich. Die Betrachtung des Zusammenhangs zwischen unterschiedlichen Rechtsvorschriften wie der erweiterten Herstellerverantwortung und der Verordnung über das Ökodesign für nachhaltige Produkte sowie der entsprechenden Umsetzungsfristen wird den Akteuren in der gesamten Wertschöpfungskette helfen, sich effektiv auf die Annahme dieser neuen Vorschriften vorzubereiten.

Die hohe und ständig wachsende Nachfrage nach recycelten Materialien setzt voraus, dass alle denkbaren End-of-Use-Textilien gesammelt und sortiert werden müssen. Um die Nachfrage zu befriedigen, werden sowohl mechanische als auch chemische Recyclinglösungen benötigt. Außerdem sollten wir beide Wege, den geschlossenen Kreislauf (Faser-zu-Faser) und den offenen Kreislauf (Faser zu anderen Sektoren), effektiv umsetzen. Der Export von minderwertigen wiederverwendbaren Textilien in Länder außerhalb der EU muss dringend überdacht werden. Es wäre vorteilhafter, sie in Europa wiederzuverwenden oder, wenn sie das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, diese Textilien im europäischen Binnenmarkt zu recyceln, anstatt sie in Länder zu exportieren, in denen die Nachfrage oft nicht gesichert und die Abfallwirtschaft unzureichend ist.

Insgesamt verdeutlichen die Erkenntnisse die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes und eines grundlegenden Umdenkens in den Arbeitsweisen der Textilindustrie. Eine vertiefte Zusammenarbeit und ein Wissensaustausch sind von zentraler Bedeutung für die Entwicklung effektiver Kreislauf-Wertschöpfungsketten, die dazu beitragen, die Skalierung innovativer Recyclingtechnologien zu unterstützen und die Verfügbarkeit von Recyclingfasern auf dem Markt zu erhöhen. Die Weiterentwicklung und Skalierung des Sammelns und Sortierens sowie die Behebung der erheblichen Lücken bei der Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigen Daten über die Textilströme sollten dringend Vorrang haben. Das New-Cotton-Projekt hat auch gezeigt, dass Recycling-Fasern wie Infinna™ eine nachhaltigere Alternative zu einigen anderen traditionellen Fasern darstellen, gleichzeitig aber auch verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Wertschöpfungskette als Ganzes zu betrachten, um die Umweltauswirkungen zu verringern. Kontinuierliche Forschung und Entwicklung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass wir in Zukunft recycelte Textilien in großem Maßstab anbieten können.

Das New Cotton Project wurde mit Mitteln aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union unter der Finanzhilfevereinbarung Nr. 101000559 gefördert.

Quelle:

Fashion for Good

CO2 in stabile Kohlenstoff-Nanofasern umwandeln (c) Zhenhua Xie/Brookhaven National Laboratory und Columbia University; Erwei Huang/Brookhaven National Laboratory
22.01.2024

CO2 in stabile Kohlenstoff-Nanofasern umwandeln

Die elektrokatalytisch-thermokatalytische Mehrfachumwandlung könnte dazu beitragen, die Emissionen eines starken Treibhausgases auszugleichen, indem Kohlenstoff in einem nützlichen Material eingeschlossen wird.

Die elektrokatalytisch-thermokatalytische Mehrfachumwandlung könnte dazu beitragen, die Emissionen eines starken Treibhausgases auszugleichen, indem Kohlenstoff in einem nützlichen Material eingeschlossen wird.

Wissenschaftler des Brookhaven National Laboratory des US-Energieministeriums (DOE) und der Columbia University haben eine Methode entwickelt, um Kohlendioxid (CO2), ein starkes Treibhausgas, in Kohlenstoff-Nanofasern umzuwandeln, Materialien mit einer breiten Palette einzigartiger Eigenschaften und vielen potenziellen langfristigen Einsatzmöglichkeiten. Ihre Strategie beruht auf einem Zusammenspiel von elektrochemischen und thermochemischen Reaktionen, die bei relativ niedrigen Temperaturen und Umgebungsdruck ablaufen. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Catalysis beschreiben, könnte es mit diesem Ansatz gelingen, Kohlenstoff in einer nützlichen festen Form zu binden, um Kohlenstoffemissionen auszugleichen oder sogar negativ zu gestalten.

„Man kann die Kohlenstoff-Nanofasern in Zement einarbeiten, um ihn zu verstärken“, so Jingguang Chen, Professor für Chemieingenieurwesen an der Columbia University mit einer gleichzeitigen Anstellung am Brookhaven Lab, der die Forschungsarbeiten leitete. "Damit wäre der Kohlenstoff für mindestens 50 Jahre, möglicherweise sogar länger, im Beton eingeschlossen. Bis dahin sollte die Welt hauptsächlich auf erneuerbare Energiequellen umgestellt sein, die keinen Kohlenstoff freisetzen.

Als Bonus produziert das Verfahren auch Wasserstoffgas (H2), einen vielversprechenden alternativen Kraftstoff, der bei seiner Verwendung keine Emissionen verursacht.

Bindung oder Umwandlung von Kohlenstoff?
Die Idee, CO2 zu binden oder es in andere Stoffe umzuwandeln, um den Klimawandel zu bekämpfen, ist nicht neu. Aber die einfache Lagerung von CO2-Gas kann zu Lecks führen. Und bei vielen CO2-Umwandlungen werden Chemikalien oder Kraftstoffe auf Kohlenstoffbasis hergestellt, die sofort verwendet werden, wodurch das CO2 wieder in die Atmosphäre gelangt.

„Das Neue an dieser Arbeit ist, dass wir versuchen, CO2 in etwas umzuwandeln, das einen Mehrwert bietet, und zwar in einer festen, sinnvollen Form“, so Chen.

Solch feste Kohlenstoffmaterialien - einschließlich Kohlenstoff-Nanoröhren und Nanofasern mit Abmessungen im Milliardstel-Meter-Bereich - haben viele ansprechende Eigenschaften, darunter Festigkeit sowie thermische und elektrische Leitfähigkeit. Es ist jedoch keine einfache Angelegenheit, Kohlenstoff aus Kohlendioxid zu extrahieren und ihn zu diesen feinen Strukturen zusammenzufügen. Ein direkter, hitzegetriebener Prozess erfordert Temperaturen von über 1.000 Grad Celsius.

„Das ist für die CO2-Reduzierung in großem Maßstab sehr unrealistisch“, sagte Chen. „Im Gegensatz dazu haben wir einen Prozess gefunden, der bei etwa 400 Grad Celsius abläuft, was eine viel praktikablere, industriell erreichbare Temperatur ist.“

Der zweistufige Tandemprozess
Der Trick bestand darin, die Reaktion in mehrere Schritte aufzuteilen und zwei verschiedene Arten von Katalysatoren zu verwenden - Materialien, die es den Molekülen leichter machen, zusammenzukommen und zu reagieren.

„Wenn man die Reaktion in mehrere Teilschritte aufteilt, kann man verschiedene Arten von Energiezufuhr und Katalysatoren in Betracht ziehen, um jeden Teil der Reaktion zum Laufen zu bringen“, so Zhenhua Xie, Forscher am Brookhaven Lab und an der Columbia University, Hauptautor der Studie.

Die Wissenschaftler stellten zunächst fest, dass Kohlenmonoxid (CO) ein viel besseres Ausgangsmaterial als CO2 für die Herstellung von Kohlenstoff-Nanofasern (CNF) ist. Dann machten sie sich auf die Suche nach dem effizientesten Weg, um CO aus CO2 zu erzeugen.

Frühere Arbeiten ihrer Gruppe veranlassten sie, einen handelsüblichen Elektrokatalysator aus Palladium auf Kohlenstoffträgern zu verwenden. Elektrokatalysatoren treiben chemische Reaktionen mit Hilfe eines elektrischen Stroms an. In Gegenwart von fließenden Elektronen und Protonen spaltet der Katalysator sowohl CO2 als auch Wasser (H2O) in CO und H2 auf.

Für den zweiten Schritt wählten die Wissenschaftler einen hitzeaktivierten Thermokatalysator aus einer Eisen-Kobalt-Legierung. Er arbeitet bei Temperaturen um 400 Grad Celsius, also deutlich schonender als es eine direkte Umwandlung von CO2 in CNF erfordern würde. Sie entdeckten außerdem, dass die Zugabe von etwas zusätzlichem metallischem Kobalt die Bildung der Kohlenstoff-Nanofasern stark fördert.

„Durch die Kopplung von Elektrokatalyse und Thermokatalyse können wir mit diesem Tandemverfahren Dinge erreichen, die mit einem der beiden Verfahren allein nicht möglich sind“, so Chen.

Katalysator-Charakterisierung
Um herauszufinden, wie diese Katalysatoren im Detail funktionieren, führten die Wissenschaftler eine Vielzahl von Experimenten durch. Dazu gehörten computergestützte Modellierungsstudien, physikalische und chemische Charakterisierungsstudien an der Nationalen Synchrotronlichtquelle II (NSLS-II) des Brookhaven Labs - unter Verwendung der Quick X-ray Absorption and Scattering (QAS)- und Inner-Shell Spectroscopy (ISS)-Strahlführungen - sowie mikroskopische Aufnahmen in der Elektronenmikroskopie-Anlage des Center for Functional Nanomaterials (CFN) des Labs.

Bei der Modellierung verwendeten die Wissenschaftler Berechnungen der Dichtefunktionaltheorie (DFT), um die atomaren Anordnungen und andere Eigenschaften der Katalysatoren bei der Wechselwirkung mit der aktiven chemischen Umgebung zu analysieren.

"Wir untersuchen die Strukturen, um festzustellen, welches die stabilen Phasen des Katalysators unter den Reaktionsbedingungen sind", erklärte Studienmitautor Ping Liu von der Chemieabteilung in Brookhaven, der diese Berechnungen leitete. "Wir untersuchen die aktiven Stellen und wie sich diese Stellen mit den Reaktionszwischenprodukten verbinden. Indem wir die Barrieren oder Übergangszustände von einem Schritt zum anderen bestimmen, erfahren wir genau, wie der Katalysator während der Reaktion funktioniert."

Röntgenbeugungs- und Röntgenabsorptionsexperimente an der NSLS-II verfolgten, wie sich die Katalysatoren während der Reaktionen physikalisch und chemisch verändern. Die Synchrotron-Röntgenstrahlen zeigten beispielsweise, wie sich das metallische Palladium im Katalysator durch elektrischen Strom in Palladiumhydrid umwandelt, ein Metall, das für die Produktion von H2 und CO in der ersten Reaktionsstufe entscheidend ist.

Für die zweite Stufe „wollten wir wissen, wie die Struktur des Eisen-Kobalt-Systems unter den Reaktionsbedingungen aussieht und wie man den Eisen-Kobalt-Katalysator optimieren kann“, so Xie. Die Röntgenexperimente bestätigten, dass sowohl eine Legierung aus Eisen und Kobalt als auch zusätzliches metallisches Kobalt vorhanden sind und benötigt werden, um CO in Kohlenstoff-Nanofasern umzuwandeln.

„Die beiden arbeiten nacheinander zusammen“, sagte Liu, deren DFT-Berechnungen zur Erklärung des Prozesses beitrugen.

„Unserer Studie zufolge tragen die Kobalt-Eisen-Stellen in der Legierung dazu bei, die C-O-Bindungen des Kohlenmonoxids zu brechen. Dadurch wird atomarer Kohlenstoff verfügbar, der als Quelle für den Aufbau von Kohlenstoff-Nanofasern dient. Das zusätzliche Kobalt erleichtert dann die Bildung der C-C-Bindungen, die die Kohlenstoffatome miteinander verbinden", erklärte sie.

Recyclingfähig, kohlenstoffnegativ
„Die am CFN durchgeführten Analysen mit dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) zeigten die Morphologie, die Kristallstrukturen und die Elementverteilung in den Kohlenstoff-Nanofasern sowohl mit als auch ohne Katalysator“, sagt Sooyeon Hwang, Wissenschaftlerin am CFN und Mitautorin der Studie.

Die Bilder zeigen, dass der Katalysator beim Wachsen der Kohlenstoff-Nanofasern nach oben und von der Oberfläche weggeschoben wird. Das macht es einfach, das katalytische Metall zu recyceln, so Chen.

„Wir verwenden Säure, um das Metall auszulaugen, ohne die Kohlenstoff-Nanofaser zu zerstören, so dass wir die Metalle konzentrieren und recyceln können, um sie erneut als Katalysator zu verwenden“, führte er aus.

Diese einfache Wiederverwertung des Katalysators, die kommerzielle Verfügbarkeit der Katalysatoren und die relativ moderaten Reaktionsbedingungen für die zweite Reaktion tragen nach Ansicht der Forscher zu einer günstigen Bewertung der mit dem Verfahren verbundenen Energie- und sonstigen Kosten bei.

„Für praktische Anwendungen ist beides sehr wichtig - die Analyse des CO2-Fußabdrucks und die Wiederverwertbarkeit des Katalysators“, so Chen. „Unsere technischen Ergebnisse und diese anderen Analysen zeigen, dass diese Tandemstrategie eine Tür für die Dekarbonisierung von CO2 in wertvolle feste Kohlenstoffprodukte bei gleichzeitiger Erzeugung von erneuerbarem H2 öffnet."

Wenn diese Prozesse durch erneuerbare Energie angetrieben werden, wären die Ergebnisse wirklich kohlenstoffnegativ, was neue Möglichkeiten zur CO2-Minderung eröffnet.

Quelle:

Brookhaven National Laboratory
Übersetzung: Textination

offshore windpark Nicholas Doherty, unsplash
17.10.2023

Recyclinglösung für Faserverbundwerkstoffe durch Pyrolyse

Nach 20 bis 30 Jahre haben Windenergieanlagen ihre Lebensdauer erreicht. Anschließend werden sie abgebaut und dem Recyclingverfahren zugeführt. Allerdings ist das Recycling der Faserverbundwerkstoffe, insbesondere aus dickwandigen Rotorblattteilen, bislang unzureichend. Stand der Technik ist die thermische oder mechanische Verwertung. Für einen nachhaltigen und ganzheitlichen Recyclingprozess bündelt ein Forschungskonsortium unter der Leitung des Fraunhofer IFAM ihr Know-how, um die eingesetzten Fasern durch Pyrolyse zurückzugewinnen. Eine anschließende Oberflächenbehandlung und Qualitätsprüfung der Rezyklate ermöglichen die erneute industrielle Anwendung.

Nach 20 bis 30 Jahre haben Windenergieanlagen ihre Lebensdauer erreicht. Anschließend werden sie abgebaut und dem Recyclingverfahren zugeführt. Allerdings ist das Recycling der Faserverbundwerkstoffe, insbesondere aus dickwandigen Rotorblattteilen, bislang unzureichend. Stand der Technik ist die thermische oder mechanische Verwertung. Für einen nachhaltigen und ganzheitlichen Recyclingprozess bündelt ein Forschungskonsortium unter der Leitung des Fraunhofer IFAM ihr Know-how, um die eingesetzten Fasern durch Pyrolyse zurückzugewinnen. Eine anschließende Oberflächenbehandlung und Qualitätsprüfung der Rezyklate ermöglichen die erneute industrielle Anwendung.

Windenergieanlagen lassen sich bereits heute zu sehr großen Teilen sauber recyceln. Bei den Rotorblättern steht das Recycling jedoch erst am Anfang. Aufgrund der Nutzungsdauer von ca. 20 Jahren sind in den kommenden Jahren und Jahrzehnten steigende Rotorblattmengen zu erwarten, die einer möglichst hochwertigen Verwertung zugeführt werden müssen. Im Jahr 2000 wurden beispielsweise ca. 6.000 Windenergieanlagen in Deutschland errichtet, die jetzt einem nachhaltigen Recyclingverfahren zugeführt werden müssen. Insgesamt waren im Jahr 2022 allein in Deutschland etwa 30.000 Windenergieanlagen an Land und auf See mit einer Leistung von 65 Gigawatt im Einsatz. [1]

Da die Windenergie die wichtigste Säule für eine klimaneutrale Stromversorgung ist, hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Ausbau bis 2030 mit größeren und moderneren Anlagen weiter zu steigern. Die Offshore-Rotorblätter werden länger, der Anteil an eingesetzten Kohlenstofffasern wird weiter steigen – und somit auch die Abfallmengen. Zudem ist für die Zukunft zu erwarten, dass der bestehende Materialmix in den Rotorblättern zunimmt und zum Recycling genaue Kenntnisse über den Aufbau der Komponenten noch wichtiger werden. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, insbesondere für das Recycling der dickwandigen Faserverbundwerkstoffe in den Rotorblättern, nachhaltige Aufbereitungsverfahren zu entwickeln.

 
Ökonomische und ökologische Recyclinglösung für Faserverbundwerkstoffe in Sicht
Rotorblätter der jetzt zum Recycling anstehenden Windenergieanlagen setzen sich mit über 85 Gewichtsprozent aus glas- und kohlefaserverstärkten Duroplasten (GFK/CFK) zusammen. Ein großer Anteil dieser Materialien befindet sich im Flansch- und Wurzelbereich sowie innerhalb der faserverstärkten Gurte als dickwandige Laminate mit Wandstärken von bis zu 150 mm. Die Erforschung des hochwertigen stofflichen Faserrecyclings als Endlosfaser ist nicht zuletzt wegen des Energiebedarfs zur Kohlenstofffaserproduktion von besonderer Bedeutung. Hier setzt das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt »Pyrolyse dickwandiger Faserverbundwerkstoffe als Schlüsselinnovation im Recyclingprozess für Rotorblätter von Windenergieanlagen« – kurz »RE SORT« – an. Ziel des Projektteams ist das vollständige Recycling mittels Pyrolyse.

Voraussetzung für eine hochwertige Verwertung der Faserverbundwerkstoffe ist die Trennung der Fasern von der zumeist duroplastischen Matrix. Die Pyrolyse ist für diesen Prozess zwar ein geeignetes Verfahren, konnte sich aber bislang nicht durchsetzen. Innerhalb des Projekts untersuchen und entwickeln die Projektpartner daher Pyrolysetechnologien, die das Recycling von dickwandigen Faserverbundstrukturen wirtschaftlich ermöglichen und sich von den heute üblichen Verwertungsverfahren für Faserverbundwerkstoffe technisch unterscheiden. Dabei werden sowohl eine quasikontinuierliche Batch- als auch die Mikrowellen-Pyrolyse betrachtet.

Bei der Batch-Pyrolyse, die innerhalb des Vorhabens entwickelt wird, handelt es sich um einen Pyrolyseprozess, in dem die duroplastische Matrix dicker Faserverbundbauteile durch externe Erhitzung in ölige und vor allem gasförmige Kohlenwasserstoffverbindungen langsam zersetzt wird. Bei der Mikrowellenpyrolyse erfolgt die Energiezufuhr durch die Absorption von Mikrowellenstrahlung, sodass es zu einer inneren schnellen Wärmeentwicklung kommt. Die quasikontinuierliche Batch-Pyrolyse als auch die Mikrowellenpyrolyse erlauben die Abscheidung von Pyrolysegasen bzw. – ölen. Die geplante Durchlauf-Mikrowellenpyrolyse ermöglicht zudem den Erhalt und die Wiederverwendung der Fasern in ihrer gesamten Länge.

 
Wie die Kreislaufwirtschaft gelingt – ganzheitliche Verwertung der gewonnenen Recyclingprodukte
In einem nächsten Schritt werden die Oberflächen der zurückgewonnenen Rezyklatfasern mittels atmosphärischer Plasmen und nasschemischer Beschichtungen aufbereitet, um einer erneuten industriellen Anwendung zugeführt werden zu können. Anhand von Festigkeitsuntersuchungen lässt sich schließlich entscheiden, ob die Rezyklatfasern erneut in der Windenergie oder beispielsweise im Automobilbau oder im Sportartikelbereich Einsatz finden.

Die in der Batch- und Mikrowellenpyrolyse gewonnenen Pyrolyseöle und Pyrolysegase werden bezüglich der Nutzbarkeit als Rohstoff für die Polymersynthese (Pyrolyseöle) oder als Energiequelle zur energetischen Nutzung in Blockheizkraftwerken (BHKW) (Pyrolysegase) bewertet.

Sowohl die quasikontinuierliche Batch-Pyrolyse als auch die Durchlauf-Mikrowellenpyrolyse versprechen einen wirtschaftlichen Betrieb und eine maßgebliche Verringerung des ökologischen Fußabdrucks bei der Entsorgung von Windenergieanlagen. Daher stehen die Chancen für eine technische Umsetzung und Verwertung der Projektergebnisse sehr gut, sodass mit diesem Projekt ein entscheidender Beitrag zum Erreichen der Nachhaltigkeits- und Klimaziele der Bundesregierung geleistet werden kann.

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM

Ein kurzer Check mit dem Smartphone und der integrierten Spektralanalyse erkennt das Gewebe des Kleidungsstücks. Foto: © Fraunhofer IPMS. Ein kurzer Check mit dem Smartphone und der integrierten Spektralanalyse erkennt das Gewebe des Kleidungsstücks.
10.10.2023

Kleider-Check mit Smartphone, KI und Infrarot-Spektroskopie

Fraunhofer-Forschende haben ein ultrakompaktes Nah-Infrarot-Spektrometer entwickelt, das sich für die Analyse und Bestimmung von Textilien eignet. Durch die Kombination von Bildgebung, speziellen KI-Algorithmen (KI, Künstliche Intelligenz) und Spektroskopie lassen sich auch Mischgewebe zuverlässig erkennen. Die Technologie könnte das Recycling von Altkleidern optimieren und eine sortenreine Trennung von Altkleidern ermöglichen. Eine miniaturisierte Variante des Systems passt sogar in Smartphones. Dadurch könnten sich für Konsumenten zahlreiche neue Anwendungen im Alltag ergeben – vom Kleider-Check beim Shopping bis zur Prüfung auf Plagiate.

Fraunhofer-Forschende haben ein ultrakompaktes Nah-Infrarot-Spektrometer entwickelt, das sich für die Analyse und Bestimmung von Textilien eignet. Durch die Kombination von Bildgebung, speziellen KI-Algorithmen (KI, Künstliche Intelligenz) und Spektroskopie lassen sich auch Mischgewebe zuverlässig erkennen. Die Technologie könnte das Recycling von Altkleidern optimieren und eine sortenreine Trennung von Altkleidern ermöglichen. Eine miniaturisierte Variante des Systems passt sogar in Smartphones. Dadurch könnten sich für Konsumenten zahlreiche neue Anwendungen im Alltag ergeben – vom Kleider-Check beim Shopping bis zur Prüfung auf Plagiate.

Infrarot-Spektrometer sind leistungsstarke Messinstrumente, wenn es darum geht, organische Materialien zerstörungsfrei zu analysieren. Jetzt hat das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden ein Spektralanalyse-System entwickelt, das Textilgewebe analysiert und erkennt. Auch Mischgewebe erkennt das System zuverlässig. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen vom Materialcheck beim Kauf über das korrekte Reinigen der Kleidung bis hin zum nachhaltigen und sortenreinen Recycling. Das Spektrometer ist so klein, dass es sich in ein Smartphone integrieren lässt.

Um die nötige Zuverlässigkeit und Präzision bei der Bestimmung von Textilien zu erreichen, setzen die Fraunhofer-Forschenden auf die Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIR). Das System arbeitet mit Wellenlängen zwischen 950 und 1900 Nanometer, also nah am sichtbaren Spektralbereich. Vorteile der Nah-Infrarot-Technik sind die einfache Handhabung und die vielfältigen Einsatzgebiete. »Wir kombinieren NIR-Spektroskopie mit Bildgebung und KI und erreichen so eine höhere Genauigkeit bei der Erkennung und Bewertung von Objekten«, erklärt Dr. Heinrich Grüger, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Sensorische Mikromodule am Fraunhofer IPMS.

So funktioniert die Textilanalyse
Im ersten Schritt wird ein Bild des Kleidungsstücks mit einem herkömmlichen Kameramodul aufgenommen. Die KI wählt aus den Bildinformationen des Textilgewebes einen prägnanten Punkt, der vom Spektralanalyse-Modul untersucht werden soll. Das vom Stoff reflektierte Licht wird vom Spektrometer-Modul erfasst. Dort dringt es durch einen Eintrittsspalt, wird mit einem Kollimations-Spiegel in parallele Lichtstrahlen gebracht und über einen Scanner-Spiegel auf ein Gitter gelenkt. Je nach Ein- und Austrittswinkel teilt das Gitter die Lichtstrahlen in verschiedene Wellenlängen auf. Das vom Gitter reflektierte Licht wird über den Scanner-Spiegel auf einen Detektor geleitet, der das Licht als elektrisches Signal erfasst. Dann digitalisiert ein A/D-Wandler (Analog-Digital) die Signale, die schließlich im Signalprozessor ausgewertet werden. Das so entstehende spektrometrische Profil des Textilgewebes verrät durch Abgleich mit einer Referenzdatenbank, um welche Fasern es sich handelt. »Das optische Auflösungsvermögen liegt bei 10 Nanometer. Durch die hohe Auflösung kann das NIR-Spektrometer mithilfe von KI auch Mischgewebe wie etwa Kleidungsstücke aus Polyester und Baumwolle bestimmen«, sagt Grüger. Mit einer Fläche von 10 mal 10 und einer Höhe von 6,5 Millimeter ist das System so kompakt, dass man es problemlos in ein handelsübliches Smartphone integrieren könnte.

Recycling von Altkleidern
Eine wichtige Anwendung für das KI-gesteuerte Spektrometer sieht Grüger vor allem im Recycling. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden 2021 bei den privaten Haushalten in Deutschland rund 176 200 Tonnen Textil- und Bekleidungsabfälle gesammelt. Durch die NIR-Spektroskopie könnte das Recycling optimiert und der Altkleiderberg reduziert werden. Altkleiderverwerter hätten dann die Möglichkeit, Kleidung besser und schneller zu sortieren. Textilien, die noch intakt sind, gehen beispielsweise in den Second-Hand-Handel. Beschädigte Textilien werden sortenrein recycelt und die darin enthaltenen Fasern wie Leinen, Seide, Baumwolle oder Lyocell wiederverwendet. Hoffnungslos verschmutzte Textilwaren würden thermisch verwertet oder beispielsweise zu Dämmmatten verarbeitet. Die Spektroskopie-Technik erledigt das Bestimmen und Sortieren der Textilien genauer und deutlich schneller als ein Mensch.

Wird die NIR-Spektroskopie in ein Smartphone integriert, könnten auch Konsumenten von der Technik des Fraunhofer-Instituts profitieren. Beim Kauf von Kleidern zeigt ein schneller Check mit dem Smartphone, ob der teure Seidenschal auch wirklich aus Seide ist und das exklusive Kleid des Modelabels nicht vielleicht doch ein Plagiat, das sich durch eine andere Gewebemischung verrät. Und sollte einmal das Etikett mit den Reinigungshinweisen nicht mehr lesbar sein, hilft das Smartphone via Textilscanner, das Gewebe zu identifizieren und damit den passenden Waschgang einzustellen.

Lebensmittel-Check und Dermatologie
Für die Forschenden aus dem Fraunhofer IPMS sind auch Anwendungen außerhalb des Textilbereichs denkbar. Mit Spektrometer ausgestattete Smartphones können beim Kauf von Lebensmitteln wie Gemüse und Obst Auskunft über die Qualität geben. Außerdem wäre es denkbar, die Technik für die Untersuchung der Haut einzusetzen. Ein schneller Scan mit dem Handy-Spektrometer könnte besonders trockene oder fettige Stellen identifizieren. Selbst Anwendungen in der medizinischen Diagnose etwa bei der Untersuchung von Stellen auf der Haut, bei denen der Verdacht auf ein Melanom besteht, ließen sich realisieren, hier allerdings mit fachärztlicher Unterstützung.

Bei der Entwicklung kommt dem Fraunhofer-Team jahrzehntelange Erfahrung mit dem Bau von NIR-Spektrometern in MEMS-Technik (Micro-Electro-Mechanical Systems) zugute. »Über die Jahre ist es uns gelungen, die großen Spektroskopie-Geräte aus dem Labor mit MEMS-Technologie so zu verkleinern, dass sie auch für den mobilen Einsatz geeignet sind«, sagt Grüger. Er hatte bereits im Jahr 2000 gemeinsam mit dem heutigen Institutsleiter Prof. Harald Schenk das Scanning-Grating-Spektrometer erfunden, das noch heute als Einstieg in die MEMS-Spektroskopie gilt.

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme

Heimtextil Trends 24/25 © SPOTT trends & business for Heimtextil
12.09.2023

Heimtextil Trends 24/25: New Sensitivity

Unter dem Leitthema „New Sensitivity“ steht textile Transformation im Mittelpunkt der Heimtextil Trends 24/25. Drei Ansätze zeigen Wege zu einer sensibleren Welt der Textilien auf: die pflanzenbasierte Herstellung von Textilien, die Unterstützung textiler Kreisläufe durch Technologie und die biotechnologische Verwendung natürlicher Inhaltsstoffe. Darüber hinaus kuratieren die Future Materials regenerative Materialien und Designs.
 
Nachdem im letzten Jahr bereits zirkuläre Lösungen im Fokus lagen, stellen die Heimtextil Trends 24/25 erneut transformative Textilinnovationen in den Mittelpunkt.

Unter dem Leitthema „New Sensitivity“ steht textile Transformation im Mittelpunkt der Heimtextil Trends 24/25. Drei Ansätze zeigen Wege zu einer sensibleren Welt der Textilien auf: die pflanzenbasierte Herstellung von Textilien, die Unterstützung textiler Kreisläufe durch Technologie und die biotechnologische Verwendung natürlicher Inhaltsstoffe. Darüber hinaus kuratieren die Future Materials regenerative Materialien und Designs.
 
Nachdem im letzten Jahr bereits zirkuläre Lösungen im Fokus lagen, stellen die Heimtextil Trends 24/25 erneut transformative Textilinnovationen in den Mittelpunkt.
Unter dem Titel „New Sensitivity“ stehen neben ästhetischen Aspekten Innovationen und Veränderungen in der Zusammensetzung von Textilien im Mittelpunkt. „In diesem Zusammenhang bedeutet Sensibilität, dass bei Entscheidungen oder der Entwicklung eines Produkts Auswirkungen auf die Umwelt von Anfang an berücksichtigt werden. Zu verstehen, wie natürliche Ökosysteme funktionieren, und dem Gleichgewicht den Vorrang zu geben, ist der Schlüssel,“ so Anja Bisgaard Gaede von SPOTT trends & business.

Wie lässt sich die neue Sensibilität in der Lifestyle-Branche konkret umsetzen und was bedeutet eine sensible Herangehensweise für Design und Produkte? Auch der Einsatz von Artificial General Intelligence (AGI) hat das Potenzial, innovative Lösungen in der Textilindustrie zu bieten, birgt aber auch gesellschaftliche Herausforderungen. AGI erfordert eine sensible Herangehensweise, um Komplexität zu reduzieren, Kreativität zu fördern und bisher unentdeckte Lösungen in der Textilwelt und darüber hinaus zu finden.
     
„Mit den Heimtextil Trends 24/25: New Sensitivity ermutigen wir die Textilbranche, sich der Zukunft mit Bedacht und rücksichtsvoll zu nähern. Konkret sehen wir diesen Wandel in drei verschiedenen Strömungen für eine sensiblere Welt der Textilien: biotechnisch, pflanzenbasiert und technologisch,“ so Bisgaard Gaede weiter.

Plant-based: Textilien aus Pflanzen und pflanzlichen Nebenerzeugnissen
Die Fasern von Textilien auf Pflanzenbasis stammen von etwas Gewachsenem und werden nicht synthetisch hergestellt. Der nachhaltige Vorteil von Textilien auf pflanzlicher Basis ist, dass sie natürlichen Ursprungs sind und daher eher für die Rückführung in existierende Ökosysteme wiederverwendet werden können. Sie können in zwei Aspekte unterteilt werden. Der erste ist die Herstellung von Textilien aus Pflanzenkulturen. Neue widerstandsfähige Pflanzen wie Kaktus, Hanf, Abaka (Manilahanf), Seegras und Kautschuk bieten hier neue, nachhaltige Textillösungen. Aufgrund der mechanischen Extraktion können sie trotz Klimaveränderungen wachsen und benötigen bei der Entwicklung weniger Chemikalien. Die zweite Gruppe sind Textilien, die aus pflanzlichen Nebenprodukten hergestellt werden, d. h. aus Rohstoffen wie Bananen, Oliven, Kakis und Hanf, die bei der Produktion übrigbleiben.

Technological: Technologie und technische Lösungen, die Textilien verändern
Technologie kann die Umwandlung von Textilien durch verschiedene Methoden unterstützen: Upcycling und Recycling von Textilien, Textilkonstruktion und Textildesign. Aufgrund der jahrzehntelangen Produktion sind Textilien heute Materialien, die im Überfluss vorhanden sind. Die Entwicklung von Technologien zur Wiederverwertung von Textilabfällen und zum textilen Upcycling erhöht die zirkuläre Nutzung bereits hergestellter Textilien. Darüber hinaus sind auch alte Textilkonstruktionstechniken ein Weg zu nachhaltigen Lösungen. Durch die Verwendung von Stricktechniken für Möbelbezüge wird weniger Textilabfall produziert, demgegenüber können durch die Webtechnik mit wenigen farbigen Garnen optisch mehrere Farben erzeugt werden. Textile Design Thinking befasst sich mit kritischen Themen wie dem Energieverbrauch oder der Haltbarkeit von Naturfasern und verbessert diese durch technologische Weiterentwicklung.

Bio-engineered: entwickelt zur Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit
Bei bio-technisch hergestellten Textilien verschmelzen pflanzliche und technische Textilien. Bio-Engineering schlägt eine Brücke zwischen Natur und Technik und verändert die Art und Weise, wie Textilien hergestellt werden. Sie können in zwei Richtungen unterteilt werden: vollständig biotechnisch hergestellte und biologisch abbaubare Textilien. Bei vollständig biotechnologisch hergestellten Textilien werden von der Natur inspirierte Strategien angewandt. Anstatt die Pflanzen anzubauen und daraus Fasern zu extrahieren, werden Proteine und Kohlenhydrate aus Mais, Gras und Rohrzucker oder Bakterien eingesetzt. Die Textilien werden durch einen biomolekularen Prozess hergestellt, bei dem Filamente entstehen, die zu Garnen werden. Der nachhaltige Vorteil von biotechnologisch hergestellten Textilien besteht darin, dass sie einige der gleichen Funktionalitäten wie synthetisch hergestellte Textilien haben können. Da sie jedoch natürlichen Ursprungs sind, können sie biologisch abgebaut werden. „Biodegradable Fibres“ können herkömmlichen Textilien wie Polyester zugesetzt werden und verbessern deren Fähigkeit, sich zu in der Natur vorkommenden Materialien zurückzuverwandeln und sich somit in natürlichen Umgebungen wie Wasser oder Erdboden biologisch abzubauen. Die biologisch verbesserten Textilien werden zwar nicht vollständig, aber bis zu 93 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Textilien biologisch abgebaut.

Heimtextil Trends 24/25: Farben
Ein sensibler Ansatz bei den Färbemethoden kommt in einer dynamischen und gleichzeitig subtilen Farbpalette zum Ausdruck. Sie wird mit natürlichen, aus der Erde stammenden Pigmenten erzeugt, während traditionelle Färbeverfahren durch innovative Biotechnologie auf die nächste Stufe gebracht werden. In dem Bestreben, Farben zu erschaffen, die Emotionen hervorrufen und gleichzeitig Werte beim Umweltschutz respektieren, erzeugen Farbbakterien durch Pigmentwachstum Farbtöne von beeindruckendem Reichtum und großer Tiefe.
               
Zu dieser neuen Sensibilität gehört auch die Akzeptanz natürlicher Farbverläufe, da die Farben mit der Zeit verblassen oder sich in eine neue Farbrichtung verwandeln können. Die Farbtöne der Heimtextil Trends 24/25 wurden von natürlichen Farben inspiriert, die aus Avocadokernen, Algen, lebenden Bakterien, antiken Pigmenten wie Roh Sienna und biotechnisch hergestelltem Indigo und Cochenille stammen. Der hohe Schwarzanteil in den meisten Farben ermöglicht eine breite Anwendung und eine größere Vielfalt an Kombinationen. Die kräftigen, gesättigten Akzente beleben Sinne und Stimmung. Im Gegensatz dazu stehen die erdenden Neutraltöne in verschiedenen Grauabstufungen, Terra und sogar dunklem Violett, die für Ruhe und Gelassenheit sorgen.
     
Future Materials: regeneratives Design
Wie werden regenerative Textilien und Materialien definiert? Regeneratives Design hat sich dem Ziel verschrieben, ganzheitliche kreative Praktiken zu entwickeln, die die Ressourcen wiederherstellen oder erneuern, eine positive Auswirkung auf die Umwelt haben und das Gedeihen von Gemeinschaften fördern. Für die Heimtextil 2024 kuratiert die Design-Zukunftsberatung FranklinTill ein globales Schaufenster hochmoderner Textilien und Materialien, um die Prinzipien des regenerativen Designs zu veranschaulichen und bahnbrechende Designer*innen, Erzeuger*innen und Hersteller*innen zu würdigen, die an der Spitze des regenerativen Designs stehen.
Der Trend Space auf der Heimtextil in Frankfurt vom 9. bis 12. Januar 2023 präsentiert diese Lösungen auf inspirierende Weise. Zusätzlich bieten die Heimtextil Trends Besuchern in Form von Workshops, Vorträgen und weiteren interaktiven Formaten Orientierung und Einblicke in die Zukunft von Wohn- und Objekttextilien.

Quelle:

Heimtextil, Messe Frankfurt

Point of View: Let’s end fast fashion, Prof Minna Halme. Foto: Veera Konsti / Aalto University
18.08.2023

Standpunkt: Schluss mit Fast Fashion!

Sich auf kurzfristige Gewinne zu fokussieren, ist nicht nachhaltig. Was können wir also tun, um in die richtige Richtung zu gehen? In allen Branchen die Widerstandsfähigkeit der Effizienz vorziehen.

Sich auf kurzfristige Gewinne zu fokussieren, ist nicht nachhaltig. Was können wir also tun, um in die richtige Richtung zu gehen? In allen Branchen die Widerstandsfähigkeit der Effizienz vorziehen.

Wir kaufen billige Produkte im Wissen, dass wir sie bald ersetzen müssen. Wir werfen gebrauchte Gegenstände weg, anstatt sie zu reparieren oder wiederzuverwenden. Arbeitgeber planen in Bezug auf finanzielle Quartale, obwohl sie hoffen, längerfristig bedeutend und stabil zu bleiben. Sogar Länder geben der kurzfristigen Wirtschaftsleistung den Vorrang und stellen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) über jeden anderen Indikator.
 
Unsere globale Besessenheit von kurzfristiger wirtschaftlicher Effizienz - und die Frage, wie man sie überwinden kann - ist ein großes Rätsel, über das Minna Halme, Professorin für Nachhaltigkeitsmanagement, die meiste Zeit ihrer Karriere nachgedacht hat. Schon als Studentin an der Wirtschaftshochschule war sie irritiert, wie sehr sich ihr Unterricht auf kurzfristige Ziele konzentrierte.

„Es ging darum, mehr zu verkaufen, die Gewinne der Aktionäre zu maximieren, ökologisch zu wachsen - aber nicht wirklich zu fragen: Warum? Was ist der Zweck von all dem?“, so Halme.
„Selbst mir als 20-Jähriger kam das irgendwie seltsam vor.“

„Was versuchen wir hier zu tun? Versuchen wir, eine bessere Wirtschaft für alle oder für die meisten Menschen zu schaffen? Wessen Leben versuchen wir zu verbessern, wenn wir mehr unterschiedlich verpackte Joghurtsorten oder Kleidung verkaufen, die schnell unmodern ist?“

Halme hat ihre Karriere der Untersuchung dieser Fragen gewidmet. Heute ist sie eine Vordenkerin im Bereich innovativer Geschäftspraktiken und wurde unter anderem als Mitglied des finnischen Expertengremiums für nachhaltige Entwicklung und des Gremiums für globale Nachhaltigkeit der Vereinten Nationen anerkannt.

Ihr oberstes Ziel? Pionierarbeit zu leisten, zu forschen und für alternative Denkweisen einzutreten, die Werte wie langfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit in den Vordergrund stellen - Alternativen, von denen sie und andere Experten glauben, dass sie allen einen dauerhaften, weitreichenden Nutzen bringen würden.
 
Wie traditionelle Indikatoren versagt haben
Ein Weg, in der unsere Vorliebe für wirtschaftliche Effizienz die Art und Weise prägt, wie wir den allgemeinen Wohlstand oder Status eines Landes messen, ist das BIP. Das ist nicht die Schuld des Erfinders des modernen Konzepts des BIP, der in den 1930er Jahren ausdrücklich davor warnte, es auf diese Weise zu verwenden.

„Das BIP war nie dazu gedacht, uns etwas über das Wohlergehen der Bürger eines Landes zu sagen", sagt Halme. Vor fünfundsiebzig Jahren war es jedoch leicht, beides miteinander zu verwechseln. Viele Länder waren eher bestrebt, ihren Wohlstand unter ihren Bürgern umzuverteilen, und Bevölkerungsumfragen zeigen, dass das BIP bis in die 1970er Jahre häufig mit dem allgemeinen Wohlstand korrelierte.

Doch mit dem Aufkommen eines zunehmend rücksichtsloseren Kapitalismus der freien Marktwirtschaft wurde dies immer weniger der Fall - und die Unzulänglichkeiten des BIP wurden umso deutlicher. „Wir befinden uns in einer Situation, in der die Verteilung des Reichtums mehr und mehr zu denjenigen wandert, die bereits über Kapital verfügen. Diejenigen, die es nicht haben, befinden sich in einer rückläufigen wirtschaftlichen Position", sagt Halme. Tatsächlich besitzen die reichsten 1 % der Weltbevölkerung heute fast die Hälfte des weltweiten Vermögens.

„Einige Regierungen, wie die finnische, berücksichtigen zwar Indikatoren für den ökologischen und sozialen Fortschritt. Aber keiner wird als so wichtig für die Entscheidungsfindung angesehen wie das BIP", sagt Halme - und das BIP gilt auch als Maßstab für den Erfolg einer Regierung. Diese Einstellung versucht Halme durch ihre Arbeit als Beraterin der finnischen Regierung zu Nachhaltigkeitspraktiken sowie durch ihre eigene Forschung zu ändern.

Wo die Industrie versagt hat
Unsere oft ausschließliche Konzentration auf die Ökonomie - und insbesondere darauf, so schnell und effizient wie möglich Gewinne zu erzielen - vermittelt kein klares Bild davon, wie es allen in einer Gesellschaft geht. Schlimmer noch, es hat die Industrie ermutigt, mit einer kurzfristigen Perspektive zu handeln, die zu längerfristigen Problemen führt.
 
Fast Fashion ist ein Beispiel dafür. Gegenwärtig sind die Lieferketten für Bekleidung - wie die der meisten Waren - linear. Die Rohstoffe kommen von einem Standort und werden Schritt für Schritt verarbeitet, in der Regel in verschiedenen Produktionsstätten auf der ganzen Welt, wobei Materialien, Energie und Transportmittel verwendet werden, die „billig“ sind, weil ihre hohen Umweltkosten nicht berücksichtigt werden.

Schließlich werden sie von einem Verbraucher gekauft, der das Produkt vorübergehend trägt, bevor er es wegwirft. Um die Gewinnspannen zu erhöhen, setzt die Branche auf schnell wechselnde Trends. Eine erschreckende Menge dieser Kleidungsstücke landet auf der Mülldeponie - einige davon, bevor sie überhaupt getragen worden sind.

Wie der COVID Lockdown gezeigt haben, ist diese Art linearer Lieferketten nicht belastbar. Und sie sind auch nicht nachhaltig.

Schätzungen zufolge ist die Modebranche derzeit die zweitgrößte Umweltverschmutzungsbranche der Welt und für bis zu 10 % aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Forscher der Aalto-Universität haben festgestellt, dass die Branche jährlich mehr als 92 Millionen Tonnen Deponieabfälle produziert. Bis 2030 wird ein Anstieg auf 134 Millionen Tonnen erwartet.
„Die Verringerung des CO2-Fußabdrucks der Modebranche ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die langfristigen Aussichten der Branche selbst. Mit dieser Art von falschem Effizienzdenken untergräbt man die Grundlage unserer langfristigen Widerstandsfähigkeit sowohl für die Ökologie als auch für die Gesellschaft", sagt Halme.

Um aus dieser Falle herauszukommen, sagen sie und andere Forscher, ist ein kompletter Paradigmenwechsel erforderlich. „Es ist wirklich schwierig, nur an den Rändern zu feilen", sagt sie.
Auf dem Weg zur Resilienz

Mehrere Jahre lang erforschte und studierte Halme die ökologische Effizienz und suchte nach Möglichkeiten, wie Unternehmen mehr Produkte mit weniger Umweltbelastungen herstellen könnten. Doch allmählich wurde ihr klar, dass dies nicht die Antwort ist. Obwohl die Unternehmen durch Innovationen effizientere Produkte und Technologien entwickeln konnten, stieg ihr absoluter Verbrauch an natürlichen Ressourcen weiter an.

„Ich begann zu denken: Wenn nicht Effizienz, was dann?", sagt Halme. Sie erkannte, dass die Lösung in der Resilienz liegt, d. h. in der Förderung von Möglichkeiten, wie Systeme, einschließlich der Umwelt, in der Zukunft fortbestehen und sich sogar regenerieren können, anstatt sie in der Gegenwart weiter zu schädigen.
Die Lösung ist nicht „mehr von allem“, auch nicht von „nachhaltigen“ Materialien. Es ist weniger.

„Die einzige Möglichkeit, Fast Fashion zu verbessern, ist, sie zu beenden“, schreiben Halme und ihre Mitautoren. Das bedeutet, dass Kleidung so gestaltet werden muss, dass sie lange hält, dass Geschäftsmodelle die Wiederverwendung und Reparatur erleichtern und dass dem Upcycling Vorrang eingeräumt wird. Auch die Recyclingsysteme müssen überarbeitet werden, um festzustellen, wann ein Kleidungsstück wirklich ausgedient hat - insbesondere im Hinblick auf synthetische Mischfasern, die schwer zu trennen und abzubauen sind.

Dies würde die derzeitige Konzentration auf kurzfristige Einnahmen über den Haufen werfen. Und, so Halme, dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir bessere Möglichkeiten brauchen, um den Erfolg dieser Branchen zu messen, indem wir Faktoren wie Belastbarkeit und Nachhaltigkeit berücksichtigen - und nicht nur kurzfristige Gewinne.
Und obwohl jeder Einzelne etwas bewirken kann, müssen diese Veränderungen letztlich von der Industrie ausgehen.

„Textilien sind ein gutes Beispiel, denn wenn sie schnell kaputt gehen und man keine Reparaturwerkstatt in der Nähe hat oder wenn die Stoffe von so schlechter Qualität sind, dass es keinen Sinn macht, sie zu reparieren, dann ist das für die meisten Menschen ein zu großer Aufwand“, sagt Halme. Die meisten Lösungen sollten also von der Unternehmensseite kommen. Und das Ziel sollte sein, es den Verbrauchern sowohl modisch als auch einfach zu machen, ökologisch und sozial nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
 
Was ist erforderlich?
Die ultimative Herausforderung, sagt Lauri Saarinen, Assistenzprofessor an der Aalto der Aalto-Universität für Wirtschaftsingenieurwesen, ist die Frage, wie man zu einem nachhaltigeren Modell gelangt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhält. Aber er glaubt, dass es Möglichkeiten gibt.

„Eine Möglichkeit besteht darin, die Produktion lokal zu halten. Wenn wir mit der kostengünstigen Offshore-Fertigung konkurrieren, indem wir die Dinge vor Ort und in einem geschlossenen Kreislauf herstellen, dann haben wir den doppelten Vorteil, indem wir lokal Arbeitsplätze schaffen und uns in Richtung einer nachhaltigeren Lieferkette bewegen“, sagt Saarinen. Wenn beispielsweise Kleidung näher am Verbraucher produziert würde, wäre es einfacher, Kleidungsstücke zur Reparatur zurückzuschicken oder gebrauchte Artikel zurückzunehmen und weiterzuverkaufen.

Lokale Produktion ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir die Methode, mit der wir den gesellschaftlichen Erfolg messen, neu überdenken müssen. Schließlich scheinen Outsourcing und Offshoring zugunsten einer billigeren Produktion kurzfristig die Kosten zu senken, aber dies geschieht zu Lasten dessen, was nach Ansicht von Halme und anderen Experten wirklich wichtig ist: eine längerfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Es ist nicht einfach, zu dieser Art von Denken überzugehen. Dennoch sehen Saarinen und Halme vielversprechende Signale.
 
Für Finnland verweist Halme beispielsweise auf das Start-up-Unternehmen Menddie, das es leicht und bequem macht, Kleidungsstücke zum Reparieren oder Ändern wegzuschicken. Sie hebt auch die Bekleidungs- und Lifestyle-Marke Marimekko hervor, die ihre gebrauchten Kleidungsstücke in einem Online-Secondhand-Shop weiterverkauft, sowie das Label Anna Ruohonen, ein Konzept für Maßanfertigungen und Kunden auf Abruf, bei dem keine überschüssigen Kleidungsstücke entstehen.

Genau diese Art von Projekten findet Halme interessant - und sie hofft, mit ihrer Arbeit sowohl für diese zu werben als auch Pionierarbeit zu leisten.
„Momentan haben diese Veränderungen noch nicht zu einer echten Transformation geführt“, sagt sie. Auf globaler Ebene sind wir noch weit von einem echten Wandel hin zu längerfristiger Resilienz entfernt. Aber das könne sich, wie sie betont, schnell ändern. Schließlich hat sich das in der Vergangenheit auch bereits geändert: „Man muss sich nur ansehen, was uns hierhergebracht hat.“

„Das Streben nach Wirtschaftswachstum wurde in relativ kurzer Zeit - nur über etwa sieben Jahrzehnte - zu einem so dominanten Schwerpunkt“, sagt sie. Der Wandel hin zu einer längerfristigen Resilienz ist durchaus möglich. Wissenschaftler und Entscheidungsträger müssen nur ihr Hauptziel auf langfristige Widerstandsfähigkeit umstellen. Die Kernfrage ist, ob unsere mächtigsten Wirtschaftsakteure klug genug sind, dies zu tun.
 
Im Rahmen ihrer Forschung hat Halme Projekte geleitet, die Pionierarbeit für die Art von Veränderungen leisten, die die Modeindustrie vornehmen könnte. Gemeinsam mit ihrer Aalto-Kollegin Linda Turunen hat sie beispielsweise kürzlich ein Messverfahren entwickelt, mit dem die Modeindustrie die Nachhaltigkeit eines Produkts klassifizieren könnte. Dabei wird gemessen, wie haltbar das Produkt ist, wie leicht es recycelt werden kann und ob bei der Herstellung gefährliche Chemikalien verwendet werden - was den Verbrauchern bei der Kaufentscheidung helfen könnte. Ihre Kollegen haben vor kurzem eine Ausstellung kuratiert, in der gezeigt wurde, was wir in einer nachhaltigen Zukunft tragen könnten, z. B. eine Lederalternative, die aus weggeworfenen Blumenstecklingen hergestellt wird, oder modulare Designs, mit denen ein und dasselbe Kleidungsstück mehrfach verwendet werden kann, indem z. B. ein Rock in ein Hemd verwandelt wird.

Da all dies längerfristiges Denken, Innovation und Investitionen erfordert, ist die Industrie zurückhaltend, diese Veränderungen vorzunehmen, sagt Halme. Eine Möglichkeit, die Industrie zu einem schnelleren Wandel zu bewegen, ist die Regulierung. In der Europäischen Union beispielsweise müssen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern aufgrund einer aktualisierten Reihe von Richtlinien nun über eine Reihe von Faktoren der Unternehmensverantwortung Bericht erstatten, die von den Auswirkungen auf die Umwelt bis zur Behandlung der Mitarbeiter reichen. Diese Vorschriften werden nicht nur dazu beitragen, Verbraucher, Investoren und andere Interessengruppen über die Rolle eines Unternehmens bei globalen Herausforderungen zu informieren. Sie werden auch dazu beitragen, Investitionsrisiken zu bewerten und abzuwägen, ob ein Unternehmen die notwendigen Maßnahmen ergreift, um langfristig finanziell stabil zu sein.

Quelle:

Aalto University, Amanda Ruggeri. Übersetzung Textination

(c) Nadine Glad
18.07.2023

Digitaler Produktpass für transparente Lieferketten und zirkuläre Produkte

Wer beim Kauf eines Produktes Informationen benötigt, ist aktuell oft noch auf Anleitungen in Papierform oder aufwendige Recherchen angewiesen. In einem aktuellen Projekt arbeitet ein Konsortium aus Forschung und Wirtschaftsverbänden jetzt im Auftrag der EU-Kommission an einem einheitlichen digitalen Produktpass. Dieser soll im Rahmen einer EU-Verordnung z.B. über einen QR-Code alle Produktinformationen entlang der Wertschöpfungskette verfügbar und dezentral abrufbar machen.

Wer beim Kauf eines Produktes Informationen benötigt, ist aktuell oft noch auf Anleitungen in Papierform oder aufwendige Recherchen angewiesen. In einem aktuellen Projekt arbeitet ein Konsortium aus Forschung und Wirtschaftsverbänden jetzt im Auftrag der EU-Kommission an einem einheitlichen digitalen Produktpass. Dieser soll im Rahmen einer EU-Verordnung z.B. über einen QR-Code alle Produktinformationen entlang der Wertschöpfungskette verfügbar und dezentral abrufbar machen.

Absolutes Must-have im Reisegepäck ist für die meisten in der Regel ein Personalausweis oder ein Reisepass. Diese sind international anerkannte Dokumente zur Angabe von Daten über die eigene Person. Dieser für uns selbstverständliche Vorgang soll bald auch für Elektronik- und Textilprodukte sowie Batterien Realität werden. Da Handys, Tablets und Co. selbstverständlich keinen haptischen Reisepass bei sich tragen, sollen ihre „persönlichen Daten“ in Zukunft mittels eines digitalen Produktpasses über einen QR-Code oder RFID-Chip an jeder Stelle der Wertschöpfungskette abrufbar sein.

Verbraucher*innen sollen so beim Kauf von Textilien, Elektronikprodukten, aber auch Möbeln und Spielzeug mehr Möglichkeiten erhalten, sich über wichtige Produktinformationen wie die Energieeffizienzklasse, die Herstellungsbedingungen oder die Reparierbarkeit zu informieren, um darauf aufbauend eine versierte und nachhaltige Kaufentscheidung treffen zu können.

Aber auch für andere Beteiligte z.B. bei der Reparatur oder dem Recycling ergeben sich enorme Potenziale: Bisher kann es bei hoch miniaturisierten Elektronikprodukten schwer herauszufinden sein, welche Rohstoffe oder toxischen Bestandteile im Produkt enthalten sind und wie diese voneinander getrennt werden können. Damit diese Informationen immer auch der richtigen Zielgruppe zur Verfügung stehen, sollen nutzungsspezifische Zertifikate den Zugang reglementieren.

Die Gesamtheit der im Produktpass enthaltenen Informationen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht endgültig geklärt. Im Projekt CIRPASS erarbeitet die Gruppe um Eduard Wagner am Fraunhofer IZM aktuell, welche gesetzliche Informationspflicht bereits existiert und welche weiteren Informationen für den Produktpass interessant sein könnten. Am Ende soll eine Informationsarchitektur aufgebaut werden, in der geklärt wird, welche Informationen für die Beteiligten der Wertschöpfungskette einen Mehrwert haben und mit welchem Aufwand sie bereitgestellt werden können. Ein Reparaturindikator, der angibt, wie gut sich ein Produkt reparieren lässt, ist beispielsweise in Frankreich seit 2021 verpflichtend und kommt für den digitalen, gesamteuropäischen Produktpass ebenfalls in Frage. „Auch die Angabe der Energieeffizienzklasse ist mittlerweile vorgeschrieben. Doch diese Informationen müssen jetzt noch einzeln ermittelt werden, und bei anderen Werten gibt es noch keine europaweite Anzeigepflicht. Hier ein Höchstmaß an Einheitlichkeit zu schaffen, ist ein wichtiges Ziel des Produktpasses.“ sagt Nachhaltigkeitsexperte Eduard Wagner.

Damit 2026 die ersten Produktpässe verfügbar sind, gilt es also, viele Akteur*innen abzuholen und einen Konsens zu den wichtigsten Informationen zu finden. „Im Projekt haben wir 23 Stakeholder-Gruppen identifiziert, für die wir die jeweiligen Bedürfnisse abfragen. Und das für alle drei Sektoren“, erklärt Wagner. „Bei uns sind Materialproduzent*innen, Elektronikhersteller*innen- sowie Reparateur*innen und Recyclingverbände an Bord.“ Die Ergebnisse dieser Konsultationen werden dann an die EU-Kommission weitergegeben und dienen den aktuellen politischen Aktivitäten als Orientierung, welche in Zukunft die gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich des Produktpasses festlegen. Besonders berücksichtigt und gefördert werden sollen hier auch kleinere und mittlere Unternehmen, für die die Bereitstellung zusätzlicher Informationen einen hohen Mehraufwand darstellen kann.

Quelle:

Fraunhofer – Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM

Foto: Unsplash
13.06.2023

Umweltauswirkungen von Textilproduktion und -abfällen

  • Mit „Fast Fashion“ hat die Menge der produzierten und weggeworfenen Kleidungsstücke stark zugenommen.

„Fast Fashion“ ist das ständige Angebot an neuer Mode zu sehr niedrigen Preisen. Um die Auswirkungen auf die Umwelt anzugehen, will die EU Textilabfälle reduzieren und den Lebenszyklus und das Recycling von Textilien verbessern. Dies ist Teil des Plans, bis 2050 eine Kreislaufwirtschaft verwirklichen.

  • Mit „Fast Fashion“ hat die Menge der produzierten und weggeworfenen Kleidungsstücke stark zugenommen.

„Fast Fashion“ ist das ständige Angebot an neuer Mode zu sehr niedrigen Preisen. Um die Auswirkungen auf die Umwelt anzugehen, will die EU Textilabfälle reduzieren und den Lebenszyklus und das Recycling von Textilien verbessern. Dies ist Teil des Plans, bis 2050 eine Kreislaufwirtschaft verwirklichen.

Übermäßiger Verbrauch von natürlichen Ressourcen
Für die Herstellung von Textilien werden große Mengen Wasser sowie Flächen zum Anbau von Baumwolle und anderen Fasern benötigt. Schätzungen zufolge wurden in der weltweiten Textil- und Bekleidungsindustrie im Jahr 2015 79 Milliarden Kubikmeter Wasser verbraucht, während sich der Wasserverbrauch in der gesamten Wirtschaft der EU im Jahr 2017 auf 266 Milliarden Kubikmeter belief. Für die Herstellung eines einzigen Baumwoll-T-Shirts werden schätzungsweise 2.700 Liter Süßwasser benötigt, was der Menge entspricht, die eine Person in 2,5 Jahren trinkt.

Der Textilsektor war im Jahr 2020 die drittgrößte Quelle für Wasserverschmutzung und Flächenverbrauch. In diesem Jahr wurden im Durchschnitt neun Kubikmeter Wasser, 400 Quadratmeter Land und 391 Kilogramm Rohstoffe benötigt, um Kleidung und Schuhe für jeden EU-Bürger herzustellen.

Wasserverschmutzung
Durch die Färbung und Veredelung von Textilien im Rahmen ihrer Herstellung werden schätzungsweise rund 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung verursacht.

Etwa 35 Prozent des primären Mikroplastiks, das in die Umwelt gelangt, hat seinen Ursprung im Waschen von synthetischen Textilien. Bei einer einzigen Wäsche von Polyesterkleidung können 700.000 Mikroplastikfasern freigesetzt werden, die in die Nahrungskette gelangen können.

Der größte Teil des Mikroplastiks aus Textilien wird bei den ersten Waschgängen freigesetzt. „Fast Fashion“ basiert auf Massenproduktion, niedrigen Preisen und hohen Verkaufszahlen, was viele erste Waschgänge begünstigt.

Das Waschen synthetischer Produkte hat dazu geführt, dass sich mehr als 14 Millionen Tonnen Mikroplastik auf dem Grund der Ozeane angesammelt haben. Zusätzlich zu diesem globalen Problem hat die durch die Bekleidungsproduktion verursachte Umweltverschmutzung verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen, Tiere und Ökosysteme vor Ort, wo die Fabriken angesiedelt sind.

Treibhausgasemissionen
Schätzungen zufolge verursacht die Modebranche 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen – mehr als internationale Luftfahrt und Seeschifffahrt zusammen.

Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur wurden durch den Kauf von Textilien in der EU im Jahr 2020 pro Person rund 270 Kilogramm CO₂-Emissionen verursacht. Das bedeutet, dass die in der EU verbrauchten Textilerzeugnisse Treibhausgasemissionen in Höhe von 121 Millionen Tonnen verursachten.

Textilabfälle auf Deponien
Auch die Art und Weise, wie sich die Menschen nicht mehr erwünschter Kleidung entledigen, hat sich geändert: Die Kleidungsstücke werden heute eher weggeworfen als gespendet. Weniger als die Hälfte der Altkleider wird zur Wiederverwendung oder zum Recycling gesammelt, und nur ein Prozent wird zu neuer Kleidung recycelt, da Technologien, die das Recycling von Kleidung zu neuen Fasern ermöglichen würden, erst jetzt aufkommen.

Zwischen 2000 und 2015 hat sich die Bekleidungsproduktion verdoppelt, während die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Kleidungsstücks gesunken ist.

Die Europäer kaufen jedes Jahr fast 26 Kilogramm Textilien und werfen etwa elf Kilogramm davon weg. Altkleider können in Länder außerhalb der EU exportiert werden, werden aber größtenteils (87 Prozent) verbrannt oder landet auf Deponien.

Ausschlaggebend für den Anstieg des Verbrauchs ist das Aufkommen von „Fast Fashion“, das zum Teil durch die sozialen Medien und die Industrie vorangetrieben wird, die Modetrends schneller als in der Vergangenheit an mehr Verbraucher weitergibt.

Zu den neuen Strategien zur Bewältigung dieses Problems gehören die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für den Verleih von Kleidung, die Gestaltung von Produkten, die die Wiederverwendung und das Recycling erleichtern (Kreislaufmode), die Überzeugung der Verbraucher, weniger Kleidung von besserer Qualität zu kaufen („Slow Fashion“) und die allgemeine Lenkung des Verbraucherverhaltens in Richtung nachhaltigerer Optionen.

Die EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien
Im Rahmen des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft stellte die Europäische Kommission im März 2022 eine neue Strategie vor, um Textilien haltbarer, reparierbarer, wiederverwendbar und recycelbar zu machen, gegen „Fast Fashion“ vorzugehen und Innovationen innerhalb des Sektors zu fördern.

Die neue Strategie umfasst neue Ökodesign-Anforderungen für Textilien, klarere Informationen, einen digitalen Produktpass und eine Aufforderung an die Unternehmen, Verantwortung zu übernehmen und Maßnahmen zu ergreifen, um ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren.

Am 1. Juni 2023 legten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments Vorschläge für strengere EU-Maßnahmen zur Eindämmung der übermäßigen Produktion und des Verbrauchs von Textilien vor. In dem Bericht des Parlaments wird gefordert, dass bei der Herstellung von Textilien die Menschen-, Sozial- und Arbeitsrechte sowie der Umwelt- und Tierschutz beachtet werden müssen.

Bestehende EU-Maßnahmen für Textilabfälle
Gemäß der Abfallrichtlinie, die vom Europäischen Parlament im Jahr 2018 angenommen wurde, müssen die EU-Mitgliedstaaten Textilabfälle ab 2025 getrennt sammeln. Die neue Strategie der Kommission umfasst auch Maßnahmen gegen gefährliche Chemikalien und zur Unterstützung der Verbraucher bei der Wahl nachhaltiger Textilien. Zudem werden Hersteller dazu aufgefordert, die Verantwortung für ihre Produkte entlang der Wertschöpfungskette zu übernehmen, auch wenn diese zu Abfall werden.

Mit dem EU-Umweltzeichen, das Hersteller, die ökologische Kriterien beachten, verwenden können, werden ein begrenzter Schadstoffeinsatz und geringere Wasser- und Luftverschmutzung sichergestellt.

Die EU hat auch Maßnahmen eingeführt, um die Umweltauswirkungen von Textilabfällen zu mindern. Mit dem Programm Horizont 2020 wird das Projekt RESYNTEX zur Anwendung von chemischem Recycling gefördert, das ein kreislauforientiertes Geschäftsmodell für die Textilindustrie sein könnte.

Ein nachhaltigeres Modell der Textilproduktion hat auch das Potenzial, die Wirtschaft anzukurbeln. „Europa befindet sich in einer beispiellosen Gesundheits- und Wirtschaftskrise, die zeigt, wie instabil die globalen Lieferketten sind“, sagte der federführende Europaabgeordnete Huitema. „Die Förderung neuer innovativer Geschäftsmodelle wiederum wird neues Wirtschaftswachstum und neue Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, die Europa für den Aufbau benötigt.“

Quelle:

Europäisches Parlament

Abtrennen von Mikroplastik Foto: H & M Foundation
22.05.2023

Schallwellen filtern Mikroplastik aus Abwässern

Die vom Hong Kong Research Institute of Textiles and Apparel (HKRITA) mit Unterstützung der H&M Foundation entwickelte Technologie kann mithilfe von Schallwellen Mikroplastik aus dem Abwasser herausfiltern. Acousweep ist eine Plug-and-Play- Anwendung. Sie lässt sich leicht transportieren und an jede Abwasseranlage anschließen. Wenn die Technologie im industriellen Maßstab eingesetzt wird, wird sie einen erheblichen Einfluss auf den nachhaltigen Fußabdruck der Modeindustrie haben.
 

Die vom Hong Kong Research Institute of Textiles and Apparel (HKRITA) mit Unterstützung der H&M Foundation entwickelte Technologie kann mithilfe von Schallwellen Mikroplastik aus dem Abwasser herausfiltern. Acousweep ist eine Plug-and-Play- Anwendung. Sie lässt sich leicht transportieren und an jede Abwasseranlage anschließen. Wenn die Technologie im industriellen Maßstab eingesetzt wird, wird sie einen erheblichen Einfluss auf den nachhaltigen Fußabdruck der Modeindustrie haben.
 
Die Verschmutzung durch Mikroplastik ist ein weltweites Problem und stellt eine Gefahr für Ökosysteme, Tiere und Menschen dar. Mikroplastik stammt aus einer Vielzahl von Quellen, u. a. aus größerem Plastikmüll, der sich in immer kleinere Teile auflöst, oder aus Mikroperlen in Gesundheits- und Kosmetikprodukten oder Reinigungsmitteln wie Zahnpasta. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur stammt die Hauptquelle der Verschmutzung der Ozeane durch Mikroplastik, etwa 16 % bis 35 % weltweit, aus synthetischen Textilien.

Professorin Christine Loh, leitende Entwicklungsstrategin am Institute for the Environment, The Hong Kong University of Science and Technology, teilt die Ansicht, dass diese Technologie großes Potenzial hat.
Mikroplastik sind nach der Definition des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und der Europäischen Union (EU) in der Regel winzige Kunststoffteile oder -partikel mit einem Durchmesser von weniger als 5 mm. Die neue Technologie kann Mikroplastikfasern mit einer Länge von mehr als 20 μm trennen, was 250-mal kleiner ist als die typische Größe. Im Gegensatz zu bestehenden Filtrationsverfahren ermöglicht das System eine kontinuierliche Wasseraufbereitung und eine einfache Sammlung von Mikroplastikfasern dank seiner akustischen Technik der Manipulation.

Acousweep nutzt schwingende akustische Wellen in einer speziell geformten Kammer, um Mikroplastikfasern physikalisch aufzufangen und effektiv vom Abwasser zu trennen. Der gesamte Prozess beruht auf einer rein physikalischen Sammlung und Trennung. Es werden keine chemischen, lösungsmittelhaltigen oder biologischen Zusatzstoffe benötigt. Das separierte Mikroplastik tropft in einen Sammeltank zur weiteren Behandlung, z. B. zum Recycling.

Das bestehende Aufbereitungssystem im Labormaßstab hat eine Kapazität von ca. 100 Litern Wasser pro Stunde und kann auf industrielle Anlagengrößen hochskaliert werden. Das System kann in einem Container mit einer Verarbeitungskapazität von 5.000 bis zu 10.000 Litern Wasser pro Stunde installiert werden. Es ist leicht transportabel und ermöglicht den Anschluss an bestehende Abwasserauslässe von Kläranlagen.
 
Verfahren zur Abtrennung von Mikroplastikfasern:

  1. An einem Ende der Kammer befindet sich ein Wandler, der eine schwingende Schallwelle mit Ultraschall-Frequenzen erzeugt. Am anderen Ende befindet sich ein Reflektor, von dem die Schallwellen reflektiert werden und stehende Wellen bilden.
  2. Wenn stehende Wellen auf die Teilchen in einer Flüssigkeit einwirken, werden die Teilchen durch akustische Strahlungswirkung festgehalten.
  3. Die stehenden Wellen übertragen dann die eingeschlossenen Partikel auf die Reflektorseite; danach konzentrieren sich die Partikel an der Spitze des Reflektors.
  4. An der Spitze befindet sich ein Nadelventil, das von einem sensorischen System gesteuert wird, das dort die Konzentration der Mikroplastikfasern überwacht. Wenn die Konzentration ausreichend hoch ist, öffnet das Sensorsystem das Nadelventil und lässt die Mikroplastikfasern in einen Auffangbehälter tropfen.
  5. Der Sammelbehälter kann mit einer hohen Temperatur betrieben werden, um das Wasser zu entfernen, so dass die Fasern agglomerieren und eine große Masse bilden, die bei einer anschließenden Aufbereitung leicht behandelt werden kann.

Die grüne Technologie hat in Hongkong gerade einen großen Sprung nach vorn gemacht. Acousweep wird der Bekleidungsindustrie und anderen Branchen helfen, eine äußerst schädliche Form der Verschmutzung zu stoppen. HKRITA hat eine neue Technik zur Beseitigung von Mikroplastik mit Hilfe eines schallwellenbasierten Systems entwickelt, das verhindert, dass es ins Meer gelangt und von Meeresbewohnern aufgenommen wird, die in der Nahrungskette sogar vom Menschen verschluckt werden können. Acousweep hat das Zeug dazu, die Industrie zu revolutionieren.
Professorin Christine Loh, leitende Entwicklungsstrategin am Umwelt-Institut der Universität für Wissenschaft und Technologie in Hongkong

 

Quelle:

The Hong Kong Research Institute of Textiles and Apparel (HKRITA); H & M Foundation

(c) Fraunhofer WKI
19.04.2023

Nachhaltige Naturfaserbewehrung für Textilbetonbauteile

Textilbetonteile mit einer nachhaltigen Naturfaserbewehrung haben ein ausreichendes Verbund- und Zugtragverhalten für den Einsatz im Bau. Das konnten Forschende des Fraunhofer WKI gemeinsam mit der Hochschule Biberach und dem Industriepartner FABRINO nachweisen. Damit könnten künftig Textilbetonbauteile mit Naturfaserbewehrung herkömmlich bewehrte Betonbauteile ersetzen und die Umweltbilanz im Bauwesen verbessern.

Textilbetonteile mit einer nachhaltigen Naturfaserbewehrung haben ein ausreichendes Verbund- und Zugtragverhalten für den Einsatz im Bau. Das konnten Forschende des Fraunhofer WKI gemeinsam mit der Hochschule Biberach und dem Industriepartner FABRINO nachweisen. Damit könnten künftig Textilbetonbauteile mit Naturfaserbewehrung herkömmlich bewehrte Betonbauteile ersetzen und die Umweltbilanz im Bauwesen verbessern.

Nichtmetallische Bewehrungen von Betonkörpern werden derzeit häufig aus unterschiedlichen, synthetisch erzeugten Fasern hergestellt – zum Beispiel aus Glas- oder Carbonfasern. Eine ökologische Alternative zu den synthetischen Fasern stellen Flachs- oder andere Naturfasern dar. Diese sind vielerorts verfügbar und nachhaltiger, unter anderem aufgrund ihrer nachwachsenden Rohstoffbasis, den Vorteilen im Recycling und dem geringeren Energiebedarf in der Herstellung. Hier setzten die Forschenden des Fraunhofer WKI und der Hochschule Biberach gemeinsam mit einem Industriepartner an. Ihr Ziel war, nachzuweisen, dass sich Bewehrungen aus Textilfasern für den Einsatz im Bau ebenso eignen wie synthetische Fasern.

»Wir haben am Fraunhofer WKI mit einer Webmaschine Drehergewebe aus Flachsfasergarn hergestellt. Um die Nachhaltigkeit zu erhöhen, haben wir eine Behandlung der Flachsgarne zur Verbesserung der Zugfestigkeit, Dauerhaftigkeit und Verbundhaftung erprobt, die im Vergleich zu petrobasierten Behandlungen ökologisch vorteilhafter ist«, erläutert Jana Winkelmann, Projektleiterin am Fraunhofer WKI. Im Beschichtungsverfahren konnte ein gängiges petrobasiertes Epoxidharz erfolgreich durch eine zum Teil biobasierte Tränkung ersetzt werden. Ein großer Anteil (56 Prozent) der molekularen Struktur des verwendeten Epoxidharzes besteht aus Kohlenwasserstoffen pflanzlichen Ursprungs und kann somit die CO2-Bilanz verbessern.

Textile Bewehrungen haben grundsätzlich eine Reihe von Vorteilen. So weisen sie eine deutlich reduzierte Korrodierbarkeit bei gleicher oder höherer Zugfestigkeit als Stahl auf, so dass das notwendige Nennmaß der Betonüberdeckung reduziert werden kann. Dies führt bei gleicher Tragfähigkeit häufig zu geringeren erforderlichen Querschnitten. Bisher wurde das Tragverhalten von textilen Bewehrungen aus Naturfasern in Betonbauteilen allerdings noch nicht systematisch untersucht.

An der Hochschule Biberach testeten die Forschenden das Verbund- und Zugtragverhalten sowie das einachsige Biegetragverhalten von Betonbauteilen mit textiler Bewehrung aus Flachsfasern. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass sich die naturfaserbasierten Textilbetonbauteile mit einer biobasierten Tränkung grundsätzlich eignen. Die Eignung zeigte sich sowohl durch eine signifikante Erhöhung der Bruchlast im Vergleich zu unbewehrten und unterbewehrten Betonbauteilen als auch durch fein verteilte Rissbilder. Die Kurven der Spannungs¬Dehnungs¬Diagramme konnten in drei für bewehrte Dehnkörper typische Bereiche unterteilt werden (Zustand I – ungerissen, Zustand IIa – Erstrissbildung und Zustand IIb – abgeschlossenes Rissbild). Die Abgrenzung der Bereiche ist mit zunehmendem Bewehrungsgrad deutlicher.

Insgesamt tragen regional oder europaweit verfügbare, nachwachsende Naturfasern und eine zum Teil biobasierte Beschichtung zu einer Verbesserung des CO2-Fußabdrucks der Bauindustrie bei. Damit eröffnet sich für die energie- und rohstoffintensive Bauindustrie eine weitere Möglichkeit, zunehmend strengere Umwelt- und Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen. »Textilbetone ermöglichen leichtere und schlankere Konstruktionen und bieten daher architektonische Spielräume. An den zahlreichen Einsatzmöglichkeiten von naturfaserbewehrten Textilbetonen möchten wir gern weiterforschen«, sagt Christina Haxter, Mitarbeiterin am Fraunhofer WKI.

Das Projekt, mit einer Laufzeit vom 9. Dezember 2020 bis zum 31. Dezember 2022, wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt DBU gefördert.

Quelle:

Fraunhofer WKI

(c) nova-Institut GmbH
14.03.2023

Bakterien statt Bäume, Textil- und Agrarabfälle

Zum dritten Mal verlieh das nova-Institut im Rahmen der „Cellulose Fibres Conference 2023“ in Köln, 8. bis 9. März 2023, den Preis „Cellulose Fibre Innovation of the Year“.  

Die jährlich stattfindende Konferenz ist Treffpunkt der globalen Cellulosefaser-Industrie. 42 Referierende aus zwölf Ländern zeigten das Innovationspotenzial von Cellulosefasern auf und präsentierten die neuesten Markteinblicke und Trends vor mehr als 220 Teilnehmenden aus 30 Ländern.

Führende internationale Expertinnen und Experten stellten neue Technologien für das Recycling Cellulose-reicher Rohstoffe und innovative Praktiken der Kreislaufwirtschaft in den Bereichen Textilien, Verpackung und Hygiene vor, die unter aktiver Publikumsbeteiligung in sieben Podiumsdiskussionen erörtert wurden.    

Zum dritten Mal verlieh das nova-Institut im Rahmen der „Cellulose Fibres Conference 2023“ in Köln, 8. bis 9. März 2023, den Preis „Cellulose Fibre Innovation of the Year“.  

Die jährlich stattfindende Konferenz ist Treffpunkt der globalen Cellulosefaser-Industrie. 42 Referierende aus zwölf Ländern zeigten das Innovationspotenzial von Cellulosefasern auf und präsentierten die neuesten Markteinblicke und Trends vor mehr als 220 Teilnehmenden aus 30 Ländern.

Führende internationale Expertinnen und Experten stellten neue Technologien für das Recycling Cellulose-reicher Rohstoffe und innovative Praktiken der Kreislaufwirtschaft in den Bereichen Textilien, Verpackung und Hygiene vor, die unter aktiver Publikumsbeteiligung in sieben Podiumsdiskussionen erörtert wurden.    

Im Vorfeld der Konferenz hatte der Konferenzbeirat sechs bemerkenswerte Innovationen nominiert. Die Gewinner wurden am ersten Veranstaltungstag in einem Kopf-an-Kopf-Rennen im Rahmen eines Live-Votings durch das Konferenzpublikum gewählt.

Die Zusammenarbeit zwischen Nanollose (AU) und Birla Cellulose (IN) mit baumfreiem Lyocell aus bakterieller Cellulose namens Nullarbor™ wurde die siegreiche Cellulosefaser-Innovation 2023, gefolgt von Renewcell (SE) Cellulosefasern aus 100 % Textilabfällen, und Vybrana – die neue Generation von Bananenfasern von Gencrest Bio Products (IN) belegt den dritten Platz.    

Sieger: Nullarbor™ – Nanollose und Birla Cellulose (AU/IN)
Im Jahr 2020 begannen Nanollose und Birla Cellulose eine Reise zur Entwicklung und Vermarktung von baumfreiem Lyocell aus bakterieller Cellulose, genannt Nullarbor™. Der Name leitet sich vom lateinischen „nulla arbor“ ab, was „keine Bäume“ bedeutet. Erste Laborforschungen auf beiden Seiten führten zu einer gemeinsamen Patentanmeldung „Herstellung von hochfesten Lyocellfasern aus bakterieller Cellulose“.  

Nullarbor ist deutlich fester als Lyocell aus holzbasiertem Zellstoff; selbst die Zugabe geringer Mengen von Bakteriencellulose zu Holz-
zellstoff erhöht die Faserzähigkeit. Im Jahr 2022 wurde die erste Pilotcharge von 260 kg mit einem Anteil von 20 % Bakterienzellstoff hergestellt. Mit dieser Faser wurden mehrere hochwertige Stoffe und Kleidungsstücke hergestellt. Die Zusammenarbeit zwischen Nanollose und Birla Cellulose konzentriert sich nun auf eine Erhöhung der Produktionsmenge und des Anteils an bakterieller Zellulose in der Faser.

Zweiter Platz: Circulose® – Macht Mode rund – Renewcell (SE)
Circulose® von Renewcell ist ein Markenzellstoff, der zu 100 % aus Textilabfällen wie Altkleidern und Produktionsabfällen gewonnen wird. Es handelt sich um ein einzigartiges Material für Mode, das zu 100 % recycelt, wiederverwertbar, biologisch abbaubar und von gleichwertiger Qualität wie Neuware ist. Es wird von Faserherstellern zur Herstellung von Stapelfasern oder Filamenten wie Viskose, Lyocell, Modal, Acetat oder anderen Arten von cellulosischen Chemiefasern verwendet. Im Jahr 2022 eröffnete Renewcell in Sundsvall, Schweden, die weltweit erste Anlage für das chemische Recycling von Textilien zu Textilien – Renewcell 1. Die Anlage wird eine jährliche Kapazität von 120.000 Tonnen erreichen.

Dritter Platz: Vybrana – Die Bananenfaser der neuen Generation – Gencrest Bio Products (IN)
Vybrana ist eine nachhaltige, aus Agrarabfällen gewonnene Cellulosefaser von Gencrest. Die Rohfasern werden aus dem Stamm der Banane am Ende des Lebenszyklus der Pflanze extrahiert. Die Biomasseabfälle werden anschließend mit der von Gencrest Bio Products patentierten Fiberzyme-Technologie behandelt. Mithilfe von Cocktail-Enzymformulierungen werden hierbei der hohe Ligningehalt und andere Verunreinigungen entfernt und die Faserfibrillierung unterstützt. Das firmeneigene Kotonisierung liefert feine, spinnbare Zellulosestapelfasern, die sich zum Mischen mit anderen Stapelfasern eignen und auf allen herkömmlichen Spinnsystemen zu Garnen für nachhaltige Bekleidung versponnen werden können. Vybrana wird ohne den Einsatz schädlicher Chemikalien und mit minimalem Wasserverbrauch in einem abfallfreien Verfahren hergestellt, bei dem die Restbiomasse in die Bio-Stimulanzien Agrosatva und bio-basiertem Dünger sowie organischen Dünger umgewandelt werden.

Die nächste Cellulose Fibres Conference findet am 13. und 14. März 2024 statt.

Quelle:

nova-Institut GmbH / Textination