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Tragbare Roboter für Parkinson-Kranke Bild: Tom Claes, unsplash
19.02.2024

Tragbare Roboter für Parkinson-Kranke

Freezing, plötzliche Blockaden bei Bewegungsabläufen, ist eines der häufigsten und belastendsten Symptome der Parkinson-Krankheit, einer neurodegenerativen Erkrankung, von der weltweit mehr als 9 Millionen Menschen betroffen sind. Wenn Menschen mit Parkinson „einfrieren“, verlieren sie plötzlich die Fähigkeit, ihre Füße zu bewegen, oft mitten im Schritt, was zu einer Reihe von stakkatoartigen, stotternden Schritten führt, die immer kürzer werden, bis die Person schließlich ganz stehen bleibt. Diese Episoden sind eine der Hauptursachen für Stürze bei Menschen mit Parkinson.

Heutzutage wird Freezing mit einer Reihe von pharmakologischen, chirurgischen oder Verhaltenstherapien behandelt, von denen keine besonders wirksam ist. Was wäre, wenn es einen Weg gäbe, Freezing gänzlich zu verhindern?

Freezing, plötzliche Blockaden bei Bewegungsabläufen, ist eines der häufigsten und belastendsten Symptome der Parkinson-Krankheit, einer neurodegenerativen Erkrankung, von der weltweit mehr als 9 Millionen Menschen betroffen sind. Wenn Menschen mit Parkinson „einfrieren“, verlieren sie plötzlich die Fähigkeit, ihre Füße zu bewegen, oft mitten im Schritt, was zu einer Reihe von stakkatoartigen, stotternden Schritten führt, die immer kürzer werden, bis die Person schließlich ganz stehen bleibt. Diese Episoden sind eine der Hauptursachen für Stürze bei Menschen mit Parkinson.

Heutzutage wird Freezing mit einer Reihe von pharmakologischen, chirurgischen oder Verhaltenstherapien behandelt, von denen keine besonders wirksam ist. Was wäre, wenn es einen Weg gäbe, Freezing gänzlich zu verhindern?

Forscher der Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences (SEAS) und des Boston University Sargent College of Health & Rehabilitation Sciences haben einen weichen, tragbaren Roboter eingesetzt, der einem Parkinson-Patienten hilft, ohne Freezing zu gehen. Das Roboterkleidungsstück, das um Hüfte und Oberschenkel getragen wird, gibt beim Schwingen des Beins einen sanften Druck auf die Hüfte und hilft dem Patienten, einen längeren Schritt zu machen.

Mit dem Hilfsmittel konnte das Freezing der Teilnehmer beim Gehen in geschlossenen Räumen vollständig beseitigt werden, so dass sie schneller und weiter gehen konnten als ohne die Hilfe des Kleidungsstückes.

„Wir stellten fest, dass schon eine geringe mechanische Unterstützung durch unsere weiche Roboterkleidung eine Sofortwirkung hatte und das Gehen der Versuchspersonen unter verschiedenen Bedingungen nachhaltig verbesserte“, so Conor Walsh, Paul A. Maeder Professor für Ingenieur- und angewandte Wissenschaften am SEAS und Mitautor der Studie.

Die Forschung zeigt das Potenzial der Soft-Robotik zur Behandlung dieses frustrierenden und potenziell gefährlichen Symptoms der Parkinson-Erkrankung auf und könnte es Menschen, die mit dieser Krankheit leben, ermöglichen, nicht nur ihre Mobilität, sondern auch ihre Unabhängigkeit wiederzuerlangen.

Seit über einem Jahrzehnt entwickelt das Biodesign Lab von Walsh am SEAS unterstützende und rehabilitative Robotertechnologien zur Verbesserung der Mobilität von Menschen nach einem Schlaganfall, mit ALS oder anderen Krankheiten, die die Mobilität beeinträchtigen. Ein Teil dieser Technologie, insbesondere ein Exosuit für das Gehtraining nach einem Schlaganfall, wurde vom Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering, and Harvard’s Office of Technology Development unterstützt, und das Harvard’s Office of Technology Development  koordinierte eine Lizenzvereinbarung mit ReWalk Robotics zur Vermarktung der Technologie.

Im Jahr 2022 erhielten SEAS und Sargent College einen Zuschuss von der Massachusetts Technology Collaborative, um die Entwicklung und Umsetzung von Robotik und Wearable Technologies der nächsten Generation zu unterstützen. Die Forschung ist im Move Lab angesiedelt, dessen Aufgabe es ist, Fortschritte bei  der Verbesserung der menschlichen Leistungsfähigkeit zu unterstützen, indem es den Raum für die Zusammenarbeit, die Finanzierung, die F&E-Infrastruktur und die Erfahrung bereitstellt, die notwendig sind, um vielversprechende Forschung in ausgereifte Technologien zu verwandeln, die durch die Zusammenarbeit mit Industriepartnern umgesetzt werden können. Diese Forschung ist aus dieser Partnerschaft hervorgegangen.

„Der Einsatz weicher, tragbarer Roboter zur Verhinderung des Freezing beim Gangbild von Parkinson-Patienten erforderte eine Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren, Rehabilitationswissenschaftlern, Physiotherapeuten, Biomechanikern und Bekleidungsdesignern", so Walsh, dessen Team eng mit dem von Terry Ellis, Professor und Lehrstuhlinhaber für Physiotherapie sowie Leiter des Zentrums für Neurorehabilitation an der Universität Boston, zusammenarbeitete.

Das Team arbeitete sechs Monate lang mit einem 73-jährigen Mann, der an Parkinson erkrankt war und trotz chirurgischer und medikamentöser Behandlung mehr als zehnmal am Tag unter erheblichem und behinderndem Freezing litt, was immer wieder zu Stürzen führten. Diese Episoden hinderten ihn daran, sich in seiner Nachbarschaft zu bewegen, und zwangen ihn, sich draußen mit einem Elektromobil fortzubewegen.

In früheren Forschungsarbeiten wiesen Walsh und sein Team mithilfe der Human-in-the-Loop-Optimierung nach, dass ein weiches, am Körper zu tragendes Gerät die Hüftbeugung verstärken und den Schwung des Beins nach vorne unterstützen kann, um den Energieverbrauch beim Gehen bei gesunden Menschen effizient zu senken.

In diesem Fall verwendeten die Forscher den gleichen Ansatz, um das Freezing zu bekämpfen. Das tragbare Gerät verwendet kabelgesteuerte Aktoren und Sensoren, die um Taille und Oberschenkel getragen werden. Anhand der von den Sensoren erfassten Bewegungsdaten schätzen Algorithmen die Phase des Gangs und erzeugen im Zusammenspiel mit der Muskelbewegung Unterstützung.

Die Wirkung trat sofort ein. Ohne spezielles Training war der Patient in der Lage, ohne Freezing in geschlossenen Räumen und mit nur gelegentlichen Episoden im Freien zu gehen. Er war ebenfalls in der Lage, ohne Stocken zu gehen und zu sprechen, was ohne das Gerät kaum möglich war.

„Unser Team war sehr gespannt darauf, wie sich die Technologie auf das Gangbild der Teilnehmer auswirkt“, sagt Jinsoo Kim, ehemaliger Doktorand am SEAS und Mitautor der Studie.

Während der Studienbesuche erzählte der Teilnehmer den Forschern: „Der Anzug hilft mir, längere Schritte zu machen, wenn er nicht aktiv ist, merke ich, dass ich meine Füße viel mehr nachziehe. Er hat mir wirklich geholfen, und ich empfinde ihn als einen positiven Schritt nach vorn. Er könnte mich darin unterstützen, länger zu gehen und meine Lebensqualität zu erhalten."

„Unsere Studienteilnehmer, die freiwillig ihre Zeit opfern, sind echte Partner“, so Walsh. „Da die Mobilität schwierig ist, war es für diese Person eine echte Herausforderung, überhaupt ins Labor zu kommen, aber wir haben so sehr von ihrer Perspektive und ihrem Feedback profitiert.“

Das Gerät könnte auch eingesetzt werden, um die Mechanismen des Freezing besser zu verstehen, die nur unzureichend erforscht sind.

„Da wir das Freezing nicht wirklich verstehen, wissen wir nicht, warum dieser Ansatz so gut funktioniert“, so Ellis. Aber diese Arbeit deutet auf die potenziellen Vorteile einer "Bottom-up"-Lösung statt einer "Top-down"-Lösung zur Behandlung von Gangfehlern hin. Wir sehen, dass die Wiederherstellung einer fast normalen Biomechanik die periphere Dynamik des Gangs verändert und die zentrale Verarbeitung der Gangkontrolle beeinflussen kann.“

Das Team arbeitete sechs Monate lang mit einem 73-jährigen Mann, der an Parkinson erkrankt war und trotz chirurgischer und medikamentöser Behandlung mehr als zehnmal am Tag unter erheblichem und behinderndem Freezing litt, was immer wieder zu Stürzen führten. Diese Episoden hinderten ihn daran, sich in seiner Nachbarschaft zu bewegen, und zwangen ihn, sich draußen mit einem Elektromobil fortzubewegen.

In früheren Forschungsarbeiten wiesen Walsh und sein Team mithilfe der Human-in-the-Loop-Optimierung nach, dass ein weiches, am Körper zu tragendes Gerät die Hüftbeugung verstärken und den Schwung des Beins nach vorne unterstützen kann, um den Energieverbrauch beim Gehen bei gesunden Menschen effizient zu senken.

In diesem Fall verwendeten die Forscher den gleichen Ansatz, um das Freezing zu bekämpfen. Das tragbare Gerät verwendet kabelgesteuerte Aktoren und Sensoren, die um Taille und Oberschenkel getragen werden. Anhand der von den Sensoren erfassten Bewegungsdaten schätzen Algorithmen die Phase des Gangs und erzeugen im Zusammenspiel mit der Muskelbewegung Unterstützung.

Die Wirkung trat sofort ein. Ohne spezielles Training war der Patient in der Lage, ohne Freezing in geschlossenen Räumen und mit nur gelegentlichen Episoden im Freien zu gehen. Er war ebenfalls in der Lage, ohne Stocken zu gehen und zu sprechen, was ohne das Gerät kaum möglich war.

„Unser Team war sehr gespannt darauf, wie sich die Technologie auf das Gangbild der Teilnehmer auswirkt“, sagt Jinsoo Kim, ehemaliger Doktorand am SEAS und Mitautor der Studie.

Während der Studienbesuche erzählte der Teilnehmer den Forschern: „Der Anzug hilft mir, längere Schritte zu machen, wenn er nicht aktiv ist, merke ich, dass ich meine Füße viel mehr nachziehe. Er hat mir wirklich geholfen, und ich empfinde ihn als einen positiven Schritt nach vorn. Er könnte mich darin unterstützen, länger zu gehen und meine Lebensqualität zu erhalten."

„Unsere Studienteilnehmer, die freiwillig ihre Zeit opfern, sind echte Partner“, so Walsh. „Da die Mobilität schwierig ist, war es für diese Person eine echte Herausforderung, überhaupt ins Labor zu kommen, aber wir haben so sehr von ihrer Perspektive und ihrem Feedback profitiert.“

Das Gerät könnte auch eingesetzt werden, um die Mechanismen des Freezing besser zu verstehen, die nur unzureichend erforscht sind.

„Da wir das Freezing nicht wirklich verstehen, wissen wir nicht, warum dieser Ansatz so gut funktioniert“, so Ellis. Aber diese Arbeit deutet auf die potenziellen Vorteile einer "Bottom-up"-Lösung statt einer "Top-down"-Lösung zur Behandlung von Gangfehlern hin. Wir sehen, dass die Wiederherstellung einer fast normalen Biomechanik die periphere Dynamik des Gangs verändert und die zentrale Verarbeitung der Gangkontrolle beeinflussen kann.“

Die Studie wurde von Jinsoo Kim, Franchino Porciuncula, Hee Doo Yang, Nicholas Wendel, Teresa Baker und Andrew Chin mitverfasst. Asa Eckert-Erdheim und Dorothy Orzel trugen ebenfalls zur Entwicklung der Technologie bei, ebenso wie Ada Huang, Sarah Sullivan leitete die klinische Forschung. Das Projekt wurde von der National Science Foundation unter dem Zuschuss CMMI-1925085, von den National Institutes of Health unter dem Zuschuss NIH U01 TR002775 und von der Massachusetts Technology Collaborative, Collaborative Research and Development Matching Grant unterstützt.

Quelle:

Die Forschungsergebnisse erschienen in Nature Medicine.
Quelle: Leah Burrows
Harvard John A. Paulson. School of Engineering and Applied Sciences

JUMBO-Textil Produktion © JUMBO-Textil GmbH & Co. KG
28.11.2023

Interview JUMBO-Textil: „Führung heißt bei uns Teamentwicklung.“

JUMBO-Textil steht mit seinen hochwertigen technischen Schmaltextilien für Hightech – egal ob gewebt, geflochten oder gewirkt. Als Elastic-Spezialist und Lösungspartner entwickelt und produziert das Unternehmen individuelle Innovationen für Kunden weltweit. Das 70 Personen umfassende starke Team muss so vielfältig und flexibel sein wie die Produkte, die es konzipiert. Textination sprach mit dem  Wirtschaftsingenieur Carl Mrusek über die aktuellen Herausforderungen für Familienunternehmen. Carl Mrusek, seit einem knappen Jahr Chief Sales Officer (CSO) in der Textation Group GmbH & Co KG, zu der JUMBO-Textil gehört, verantwortet neben anderen Aufgabenbereichen auch die strategische Unternehmensentwicklung.

 

JUMBO-Textil steht mit seinen hochwertigen technischen Schmaltextilien für Hightech – egal ob gewebt, geflochten oder gewirkt. Als Elastic-Spezialist und Lösungspartner entwickelt und produziert das Unternehmen individuelle Innovationen für Kunden weltweit. Das 70 Personen umfassende starke Team muss so vielfältig und flexibel sein wie die Produkte, die es konzipiert. Textination sprach mit dem  Wirtschaftsingenieur Carl Mrusek über die aktuellen Herausforderungen für Familienunternehmen. Carl Mrusek, seit einem knappen Jahr Chief Sales Officer (CSO) in der Textation Group GmbH & Co KG, zu der JUMBO-Textil gehört, verantwortet neben anderen Aufgabenbereichen auch die strategische Unternehmensentwicklung.

 

„In einem Familienunternehmen sind Traditionen das Fundament, Innovationen der Weg nach vorne“, sagt man. Das Image familiengeführter Unternehmen hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt – altmodische Wertvorstellungen und überholte Wirtschaftskonzepte sind einer starken Firmenkultur, hohem regionalen Verantwortungsgefühl und nachhaltigem Planen gewichen. Wie verknüpft JUMBO-Textil seine Unternehmenswerte und Traditionen mit einem zeitgemäßen Führungsstil?

Carl Mrusek: Als Familienunternehmen besteht eine enge Bindung der Mitarbeiter*innen an das Unternehmen und umgekehrt, die Kontinuität der menschlichen Beziehungen ist wichtig und wertvoll. Bei JUMBO-Textil hat darüber hinaus vor allem eines Tradition: zeitgemäße Unternehmensführung, und zwar sowohl technisch und fachlich als auch mit Blick auf Führungsstil und Werte. Denn gerade in einem Familienunternehmen, das ja oft über Jahrzehnte von derselben Person geführt wird, ist es entscheidend, Unternehmenswerte und Führungsstil zu hinterfragen und Wandel zu fördern. Ein Unternehmen, das seit bald 115 Jahren international erfolgreich agiert, muss anpassungsfähig sein. Auf Veränderungen schnell zu reagieren, sie sogar vorauszusehen und entsprechend voranzugehen, das ist für uns Kern klugen wirtschaftlichen Handelns. Die Spezialisierung hin zu Elastics in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts ist ein Beispiel für die vorausschauende Veränderungskraft, aber auch die strategisch wichtige Hinwendung zu technischen Textilien in den 70er-Jahren. Aus der jüngsten Zeit ließe sich das Zusammengehen mit der vombaur GmbH & Co. KG unter das Dach der Textation Group nennen.

Das Wichtigste in jedem Unternehmen sind seine Mitarbeiter*innen. Mit überkommenen Traditionen und Arbeitsweisen würden wir sie nicht gewinnen und halten können. Bei uns steht nicht die Unternehmensleitung im Zentrum, sondern der gemeinsame Erfolg, und der ist in einer komplexen Welt in der Regel das Ergebnis einer gelungenen Zusammenarbeit und nicht einer Ansage des Chefs. Führung heißt – klar – strategische Ziele setzen und verfolgen, heißt heute aber auch: Teamentwicklung. Die besten Menschen zu finden, zusammenzubringen und für das Ziel zu motivieren.

 

Team-Gedanke und Leitbild-Entwicklung: Wie gelingt Ihnen das bei JUMBO-Textil? 

Carl Mrusek: Im Team! JUMBO-Textil hat seine Führungsebene gezielt verbreitert. Neben dem Geschäftsführer, unserem CEO Andreas Kielholz, arbeiten hier der Chief Operational Officer Patrick Kielholz, der Chief Financial Officer Ralph Cammerath, der Chief Technology Officer Dr. Sven Schöfer und ich selbst als Chief Sales Officer. Das zeigt, dass wir vom Kooperationsgedanken überzeugt sind: Auch an der Unternehmensentwicklung und in strategischen Fragen arbeiten wir gemeinsam. Genauso in den einzelnen Teams – in organisatorischen Fachteams oder in interdisziplinären Projektteams. Die Aufgaben, für die wir zuständig sind, mögen unterschiedlich sein, aber jede ist gleich wichtig.

 

Deshalb auch starten Sie die Vorstellung der Ansprechpartner*innen auf Ihrer Website mit dem Junior Sales Manager? Und die Vertreter der C-Ebene stehen am Ende?

Carl Mrusek: Ja. Alle JUMBO-Textil-Köpfe sind für uns der Kopf des Unternehmens. Alle JUMBO-Textil-Gesichter repräsentieren das Unternehmen. Das spiegelt sich auch an der Reihenfolge der Ansprechpartner*innen auf der Website wider. Die Besucher*innen sollen hier schnell die Person finden, die ihnen weiterhelfen kann, und nicht erfahren, wer das Unternehmen leitet. Dafür gibt es das Impressum. (lacht)

 

Wie sehen das Leitbild von JUMBO-Textil und seine Vision für die Zukunft aus, und was muss sich verändern, um die Vision zu erreichen?

Carl Mrusek: Wir arbeiten aktuell an der strategischen Ausrichtung der Textation Group, zu der die JUMBO-Textil GmbH & Co. KG sowie die vombaur GmbH & Co. KG gehören. In diesem Zusammenhang haben wir die Unternehmensvision und -mission der Gruppe erarbeitet und unser Leitbild aktualisiert. Dies dient als Fundament für die Strategieentwicklung und gelingt nur dann nachhaltig, wenn Mitarbeiter*innen über Umfragen und Workshops in diesem Prozess eingebunden sind. Ich möchte noch nicht zu viel verraten, aber so viel steht bereits: Starke Teams, die richtigen Personen am richtigen Platz, Verantwortungsübernahme auf allen Ebenen, Nachhaltigkeit als Grundlage für Innovation – das werden die vier Eckpfeiler sein. Daran lässt sich bereits ablesen: Um unsere Vision zu erreichen, können wir nicht einen Schalter umlegen. Wir müssen stets veränderungsfreudig bleiben, immer wieder neu – von der Produktentwicklung bis zur Personalgewinnung. Aber das hat bei uns ja wie gesagt Tradition.

 

JUMBO-Textil ist kein Branchenspezialist, sondern bündelt Kompetenzen für anspruchsvolle Hightech-Schmaltextilien. Wer hat bei herausfordernden Kundenprojekten das Sagen – entscheiden Sie im Team oder eher top-down, wo ist die Verantwortung für einen Auftrag angesiedelt?

Carl Mrusek: Wir entscheiden im Team darüber, welche Projekte wir realisieren bzw. mit welcher Priorisierung sie angegangen werden. Dabei gibt die Unternehmensstrategie die „Stoßrichtung“ vor. Neben der vertrieblichen spielt auch die entwicklungsseitige Betrachtung von neuen Projekten eine entscheidende Rolle. Ich stimme mich deshalb intensiv mit Dr. Sven Schöfer (CTO) und seinem Team ab, da hier die technische Entwicklung und Umsetzung unserer Produkte im Fokus steht. Die Projektbearbeitung ist final immer eine Teamleistung von Vertrieb und Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit der Produktion.

 

Zwischen übertariflichen Vergütungen, einer 4-Tage-Woche und der vielbeschworenen Work-Life-Balance – in der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt sind eher die Unternehmen in der Bewerbersituation als umgekehrt. Was tun Sie, um als Arbeitgeber für neue Kollegen und Kolleginnen attraktiv zu bleiben? Und wie halten Sie die Einsatzfreude Ihrer Fachkräfte auf gleichbleibend hohem Niveau?

Carl Mrusek: Ein wichtiger Ansatz bei uns ist die Ausbildung. Junge Menschen auszubilden und ihnen während der Ausbildung zu beweisen: JUMBO-Textil ist dein Place-to-be. Wir beginnen also bereits durch unsere Schulbesuche und Schulpraktika mit der Fachkräftegewinnung. Als hochmodernes Unternehmen bieten wir ein attraktives Gehaltsniveau und ein angenehmes und gesundes Arbeitsumfeld.

Bewerber*innen möchten heute darüber hinaus oft auch ihre Arbeitsform und ihre Arbeitszeiten individuell und flexibel gestalten, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Mit modernen Arbeitsmodellen und dank unserer laufenden Digitalisierungsfortschritte unterstützen wir sie dabei, wo immer es möglich ist. Außerdem möchten die Menschen für ein Unternehmen arbeiten, mit dem sie sich identifizieren können. Umwelt- und Klimaschutz sind unseren Mitarbeiter*innen und Bewerber*innen ebenso wichtig wie Sozialstandards in unserer Lieferkette. Dass wir uns mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie ehrgeizige Ziele gesetzt haben und sie mit fest terminierten Schritten konsequent verfolgen – unsere klimaneutrale Energiegewinnung ist ein konkretes bereits realisiertes Beispiel –, dass wir unsere Geschäftspartner mit Nachdruck dazu aktivieren, die Menschen- und Arbeitnehmerrechte zu beachten und uns zum Code of Conduct der deutschen Textil- und Modeindustrie bekennen, all das hilft uns deshalb auch bei der Personalgewinnung.

 

Was größere, kapitalintensivere Unternehmen teilweise durch Finanzmittel wettmachen können, muss der Mittelstand – insbesondere in Krisensituationen – durch Agilität und Anpassungsfähigkeit stemmen. Inwiefern spiegeln sich diese Anforderungen auch in Ihrer Organisationsstruktur und dem Anforderungsprofil für Beschäftigte wider?

Carl Mrusek: Genau, das ist der Vorteil, den Familienunternehmen gegenüber großen Konzernen mitbringen und ausspielen können: Wir können schnell entscheiden und wenn nötig tagesaktuell reagieren. Die Hierarchien sind flach, Abstimmungsprozesse kurz. Ein spannender Vorschlag muss nicht erst durch Agenturen schick aufbereitet und über etliche Ebenen abgestimmt werden, bis er durch die Geschäftsführung abgesegnet ist und umgesetzt werden kann. Das Okay kann auch sofort beim Mittagessen kommen: „Super Idee, das machen wir.“ In einem Konzern scheitert das schon daran, dass nur die wenigsten Mitarbeiter*innen die Chance haben, mit der Geschäftsleitung an einem Tisch zu Mittag zu essen. – Wobei wir dabei nur im Ausnahmefall über das Geschäft sprechen. Meistens dreht es sich in der Pause um Familie, Wetter, Sport- und Freizeitpläne, Mittagsthemen eben. – Wir brauchen dafür verantwortungsvolle und veränderungsbereite Teamplayer. Menschen, die auf Augenhöhe mit anderen zusammenarbeiten, sich mit Schwung und Kompetenz für das Unternehmen und seine Ziele einsetzen und Lust auf Neues haben.

 

Um aktuelle und potenzielle Mitarbeitende begeistern zu können, braucht es inzwischen deutlich mehr als Obstkorb und Fitnessstudio. Sinnstiftend zu arbeiten, sich an einer klimafreundlichen Transformation zu beteiligen, ist vielen Menschen besonders wichtig. Was macht JUMBO-Textil konkret, um SDGs nicht nur in einem Statement zu zitieren, sondern im Unternehmensalltag zu leben?

Carl Mrusek: Wir haben uns ein konkretes Klima-Ziel gesetzt: Bis 2035 arbeiten wir in unserer Zentrale in Verwaltung und Produktion klimaneutral. Realistische Schritte wurden hierfür definiert. Ein wichtiges Zwischenziel haben wir schon erreicht: In unserer Zentrale in Sprockhövel nutzen wir ausschließlich Öko-Strom aus Sonne, Wind und Wasser. Die noch unvermeidlichen Emissionen für unsere Wärmegewinnung gleichen wir mit CO2-Kompensationsleistungen aus. Außerdem entwickeln wir immer mehr Produkte aus recyclebaren und recycelten Materialien. Unsere Fahrzeugflotte wird aktuell auf rein elektrisch bzw. hybrid angetriebene Modelle umgestellt.

 

Diversifikation und Internationalisierung sind heutzutage Bestandteil jeder Unternehmensstrategie. Doch was bedeuten diese Begriffe für den Führungsstil eines Mittelständlers in Sprockhövel? Bauen Sie bewusst interdisziplinäre internationale Teams auf?

Carl Mrusek: Wir leben in einer hyperdiversen Gesellschaft. Das bildet sich auch in unserem Unternehmen ab. Unsere Teams setzen sich, ganz ohne dass wir das steuern müssten, aus Menschen mit unterschiedlichen internationalen Hintergründen zusammen. Auch die Altersstruktur ist inzwischen sehr durchmischt. Die unterschiedlichen Perspektiven sehen wir als Gewinn, als Chance und Erfolgsfaktor. Wir – und das bedeutet letztlich unsere Kunden und deren Projekte – profitieren von der Vielzahl der Blickwinkel, die in unsere Lösungen einfließen. Der Frauenanteil ist – wie bei vielen Unternehmen im Bereich technischer Textilien – in manchen Teams noch etwas unausgewogen. Doch er steigt erfreulicherweise kontinuierlich an.

 

Generationenwechsel und Nachfolgeplanung sind Kernthemen familiengeführter Unternehmen. Wie wichtig ist JUMBO-Textil die Professionalisierung seiner Führungsriege, und inwiefern ist das Unternehmen offen für externe Fachkräfte und Manager?

Carl Mrusek: Ein Unternehmen, das sich externen Fach- und Führungskräften gegenüber verschließt, verschließt sich damit auch eine Tür zum Erfolg. Das wäre töricht. Die enge Bindung, persönliche Kontinuität und Flexibilität eines familiengeführten Unternehmens, die Leidenschaft und Innovationslust eines Start-ups und die Solidität und Finanzkraft eines Konzerns – all das versuchen wir bei JUMBO-Textil zu verbinden und auszubalancieren. Mit Patrick Kielholz als COO ist die nächste Generation der Familie in der Führungsebene ebenso vertreten wie der externe Blick und die Vielfalt der Perspektiven durch die weiteren neuen Mitglieder im C-Level. Die Textation Group, zu der mit Kevin Kielholz auch der Bruder von Patrick Kielholz gehört, stützt das Unternehmen und ermöglicht es, größer zu denken und zu agieren, als mittelständische Familienunternehmen es sonst oft tun. JUMBO-Textil ist Elastic-Spezialist. Und was unser Produkt auszeichnet, das zeichnet uns auch als Organisation aus. Wir umspannen die Vorteile des Familienunternehmens ebenso wie die des Start-ups und des Konzerns. Wenn ich das Bild der Elastizität hier nutzen darf und es nicht überstrapaziere. (lacht)

Point of View: Let’s end fast fashion, Prof Minna Halme. Foto: Veera Konsti / Aalto University
18.08.2023

Standpunkt: Schluss mit Fast Fashion!

Sich auf kurzfristige Gewinne zu fokussieren, ist nicht nachhaltig. Was können wir also tun, um in die richtige Richtung zu gehen? In allen Branchen die Widerstandsfähigkeit der Effizienz vorziehen.

Sich auf kurzfristige Gewinne zu fokussieren, ist nicht nachhaltig. Was können wir also tun, um in die richtige Richtung zu gehen? In allen Branchen die Widerstandsfähigkeit der Effizienz vorziehen.

Wir kaufen billige Produkte im Wissen, dass wir sie bald ersetzen müssen. Wir werfen gebrauchte Gegenstände weg, anstatt sie zu reparieren oder wiederzuverwenden. Arbeitgeber planen in Bezug auf finanzielle Quartale, obwohl sie hoffen, längerfristig bedeutend und stabil zu bleiben. Sogar Länder geben der kurzfristigen Wirtschaftsleistung den Vorrang und stellen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) über jeden anderen Indikator.
 
Unsere globale Besessenheit von kurzfristiger wirtschaftlicher Effizienz - und die Frage, wie man sie überwinden kann - ist ein großes Rätsel, über das Minna Halme, Professorin für Nachhaltigkeitsmanagement, die meiste Zeit ihrer Karriere nachgedacht hat. Schon als Studentin an der Wirtschaftshochschule war sie irritiert, wie sehr sich ihr Unterricht auf kurzfristige Ziele konzentrierte.

„Es ging darum, mehr zu verkaufen, die Gewinne der Aktionäre zu maximieren, ökologisch zu wachsen - aber nicht wirklich zu fragen: Warum? Was ist der Zweck von all dem?“, so Halme.
„Selbst mir als 20-Jähriger kam das irgendwie seltsam vor.“

„Was versuchen wir hier zu tun? Versuchen wir, eine bessere Wirtschaft für alle oder für die meisten Menschen zu schaffen? Wessen Leben versuchen wir zu verbessern, wenn wir mehr unterschiedlich verpackte Joghurtsorten oder Kleidung verkaufen, die schnell unmodern ist?“

Halme hat ihre Karriere der Untersuchung dieser Fragen gewidmet. Heute ist sie eine Vordenkerin im Bereich innovativer Geschäftspraktiken und wurde unter anderem als Mitglied des finnischen Expertengremiums für nachhaltige Entwicklung und des Gremiums für globale Nachhaltigkeit der Vereinten Nationen anerkannt.

Ihr oberstes Ziel? Pionierarbeit zu leisten, zu forschen und für alternative Denkweisen einzutreten, die Werte wie langfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit in den Vordergrund stellen - Alternativen, von denen sie und andere Experten glauben, dass sie allen einen dauerhaften, weitreichenden Nutzen bringen würden.
 
Wie traditionelle Indikatoren versagt haben
Ein Weg, in der unsere Vorliebe für wirtschaftliche Effizienz die Art und Weise prägt, wie wir den allgemeinen Wohlstand oder Status eines Landes messen, ist das BIP. Das ist nicht die Schuld des Erfinders des modernen Konzepts des BIP, der in den 1930er Jahren ausdrücklich davor warnte, es auf diese Weise zu verwenden.

„Das BIP war nie dazu gedacht, uns etwas über das Wohlergehen der Bürger eines Landes zu sagen", sagt Halme. Vor fünfundsiebzig Jahren war es jedoch leicht, beides miteinander zu verwechseln. Viele Länder waren eher bestrebt, ihren Wohlstand unter ihren Bürgern umzuverteilen, und Bevölkerungsumfragen zeigen, dass das BIP bis in die 1970er Jahre häufig mit dem allgemeinen Wohlstand korrelierte.

Doch mit dem Aufkommen eines zunehmend rücksichtsloseren Kapitalismus der freien Marktwirtschaft wurde dies immer weniger der Fall - und die Unzulänglichkeiten des BIP wurden umso deutlicher. „Wir befinden uns in einer Situation, in der die Verteilung des Reichtums mehr und mehr zu denjenigen wandert, die bereits über Kapital verfügen. Diejenigen, die es nicht haben, befinden sich in einer rückläufigen wirtschaftlichen Position", sagt Halme. Tatsächlich besitzen die reichsten 1 % der Weltbevölkerung heute fast die Hälfte des weltweiten Vermögens.

„Einige Regierungen, wie die finnische, berücksichtigen zwar Indikatoren für den ökologischen und sozialen Fortschritt. Aber keiner wird als so wichtig für die Entscheidungsfindung angesehen wie das BIP", sagt Halme - und das BIP gilt auch als Maßstab für den Erfolg einer Regierung. Diese Einstellung versucht Halme durch ihre Arbeit als Beraterin der finnischen Regierung zu Nachhaltigkeitspraktiken sowie durch ihre eigene Forschung zu ändern.

Wo die Industrie versagt hat
Unsere oft ausschließliche Konzentration auf die Ökonomie - und insbesondere darauf, so schnell und effizient wie möglich Gewinne zu erzielen - vermittelt kein klares Bild davon, wie es allen in einer Gesellschaft geht. Schlimmer noch, es hat die Industrie ermutigt, mit einer kurzfristigen Perspektive zu handeln, die zu längerfristigen Problemen führt.
 
Fast Fashion ist ein Beispiel dafür. Gegenwärtig sind die Lieferketten für Bekleidung - wie die der meisten Waren - linear. Die Rohstoffe kommen von einem Standort und werden Schritt für Schritt verarbeitet, in der Regel in verschiedenen Produktionsstätten auf der ganzen Welt, wobei Materialien, Energie und Transportmittel verwendet werden, die „billig“ sind, weil ihre hohen Umweltkosten nicht berücksichtigt werden.

Schließlich werden sie von einem Verbraucher gekauft, der das Produkt vorübergehend trägt, bevor er es wegwirft. Um die Gewinnspannen zu erhöhen, setzt die Branche auf schnell wechselnde Trends. Eine erschreckende Menge dieser Kleidungsstücke landet auf der Mülldeponie - einige davon, bevor sie überhaupt getragen worden sind.

Wie der COVID Lockdown gezeigt haben, ist diese Art linearer Lieferketten nicht belastbar. Und sie sind auch nicht nachhaltig.

Schätzungen zufolge ist die Modebranche derzeit die zweitgrößte Umweltverschmutzungsbranche der Welt und für bis zu 10 % aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Forscher der Aalto-Universität haben festgestellt, dass die Branche jährlich mehr als 92 Millionen Tonnen Deponieabfälle produziert. Bis 2030 wird ein Anstieg auf 134 Millionen Tonnen erwartet.
„Die Verringerung des CO2-Fußabdrucks der Modebranche ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die langfristigen Aussichten der Branche selbst. Mit dieser Art von falschem Effizienzdenken untergräbt man die Grundlage unserer langfristigen Widerstandsfähigkeit sowohl für die Ökologie als auch für die Gesellschaft", sagt Halme.

Um aus dieser Falle herauszukommen, sagen sie und andere Forscher, ist ein kompletter Paradigmenwechsel erforderlich. „Es ist wirklich schwierig, nur an den Rändern zu feilen", sagt sie.
Auf dem Weg zur Resilienz

Mehrere Jahre lang erforschte und studierte Halme die ökologische Effizienz und suchte nach Möglichkeiten, wie Unternehmen mehr Produkte mit weniger Umweltbelastungen herstellen könnten. Doch allmählich wurde ihr klar, dass dies nicht die Antwort ist. Obwohl die Unternehmen durch Innovationen effizientere Produkte und Technologien entwickeln konnten, stieg ihr absoluter Verbrauch an natürlichen Ressourcen weiter an.

„Ich begann zu denken: Wenn nicht Effizienz, was dann?", sagt Halme. Sie erkannte, dass die Lösung in der Resilienz liegt, d. h. in der Förderung von Möglichkeiten, wie Systeme, einschließlich der Umwelt, in der Zukunft fortbestehen und sich sogar regenerieren können, anstatt sie in der Gegenwart weiter zu schädigen.
Die Lösung ist nicht „mehr von allem“, auch nicht von „nachhaltigen“ Materialien. Es ist weniger.

„Die einzige Möglichkeit, Fast Fashion zu verbessern, ist, sie zu beenden“, schreiben Halme und ihre Mitautoren. Das bedeutet, dass Kleidung so gestaltet werden muss, dass sie lange hält, dass Geschäftsmodelle die Wiederverwendung und Reparatur erleichtern und dass dem Upcycling Vorrang eingeräumt wird. Auch die Recyclingsysteme müssen überarbeitet werden, um festzustellen, wann ein Kleidungsstück wirklich ausgedient hat - insbesondere im Hinblick auf synthetische Mischfasern, die schwer zu trennen und abzubauen sind.

Dies würde die derzeitige Konzentration auf kurzfristige Einnahmen über den Haufen werfen. Und, so Halme, dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir bessere Möglichkeiten brauchen, um den Erfolg dieser Branchen zu messen, indem wir Faktoren wie Belastbarkeit und Nachhaltigkeit berücksichtigen - und nicht nur kurzfristige Gewinne.
Und obwohl jeder Einzelne etwas bewirken kann, müssen diese Veränderungen letztlich von der Industrie ausgehen.

„Textilien sind ein gutes Beispiel, denn wenn sie schnell kaputt gehen und man keine Reparaturwerkstatt in der Nähe hat oder wenn die Stoffe von so schlechter Qualität sind, dass es keinen Sinn macht, sie zu reparieren, dann ist das für die meisten Menschen ein zu großer Aufwand“, sagt Halme. Die meisten Lösungen sollten also von der Unternehmensseite kommen. Und das Ziel sollte sein, es den Verbrauchern sowohl modisch als auch einfach zu machen, ökologisch und sozial nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
 
Was ist erforderlich?
Die ultimative Herausforderung, sagt Lauri Saarinen, Assistenzprofessor an der Aalto der Aalto-Universität für Wirtschaftsingenieurwesen, ist die Frage, wie man zu einem nachhaltigeren Modell gelangt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhält. Aber er glaubt, dass es Möglichkeiten gibt.

„Eine Möglichkeit besteht darin, die Produktion lokal zu halten. Wenn wir mit der kostengünstigen Offshore-Fertigung konkurrieren, indem wir die Dinge vor Ort und in einem geschlossenen Kreislauf herstellen, dann haben wir den doppelten Vorteil, indem wir lokal Arbeitsplätze schaffen und uns in Richtung einer nachhaltigeren Lieferkette bewegen“, sagt Saarinen. Wenn beispielsweise Kleidung näher am Verbraucher produziert würde, wäre es einfacher, Kleidungsstücke zur Reparatur zurückzuschicken oder gebrauchte Artikel zurückzunehmen und weiterzuverkaufen.

Lokale Produktion ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir die Methode, mit der wir den gesellschaftlichen Erfolg messen, neu überdenken müssen. Schließlich scheinen Outsourcing und Offshoring zugunsten einer billigeren Produktion kurzfristig die Kosten zu senken, aber dies geschieht zu Lasten dessen, was nach Ansicht von Halme und anderen Experten wirklich wichtig ist: eine längerfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Es ist nicht einfach, zu dieser Art von Denken überzugehen. Dennoch sehen Saarinen und Halme vielversprechende Signale.
 
Für Finnland verweist Halme beispielsweise auf das Start-up-Unternehmen Menddie, das es leicht und bequem macht, Kleidungsstücke zum Reparieren oder Ändern wegzuschicken. Sie hebt auch die Bekleidungs- und Lifestyle-Marke Marimekko hervor, die ihre gebrauchten Kleidungsstücke in einem Online-Secondhand-Shop weiterverkauft, sowie das Label Anna Ruohonen, ein Konzept für Maßanfertigungen und Kunden auf Abruf, bei dem keine überschüssigen Kleidungsstücke entstehen.

Genau diese Art von Projekten findet Halme interessant - und sie hofft, mit ihrer Arbeit sowohl für diese zu werben als auch Pionierarbeit zu leisten.
„Momentan haben diese Veränderungen noch nicht zu einer echten Transformation geführt“, sagt sie. Auf globaler Ebene sind wir noch weit von einem echten Wandel hin zu längerfristiger Resilienz entfernt. Aber das könne sich, wie sie betont, schnell ändern. Schließlich hat sich das in der Vergangenheit auch bereits geändert: „Man muss sich nur ansehen, was uns hierhergebracht hat.“

„Das Streben nach Wirtschaftswachstum wurde in relativ kurzer Zeit - nur über etwa sieben Jahrzehnte - zu einem so dominanten Schwerpunkt“, sagt sie. Der Wandel hin zu einer längerfristigen Resilienz ist durchaus möglich. Wissenschaftler und Entscheidungsträger müssen nur ihr Hauptziel auf langfristige Widerstandsfähigkeit umstellen. Die Kernfrage ist, ob unsere mächtigsten Wirtschaftsakteure klug genug sind, dies zu tun.
 
Im Rahmen ihrer Forschung hat Halme Projekte geleitet, die Pionierarbeit für die Art von Veränderungen leisten, die die Modeindustrie vornehmen könnte. Gemeinsam mit ihrer Aalto-Kollegin Linda Turunen hat sie beispielsweise kürzlich ein Messverfahren entwickelt, mit dem die Modeindustrie die Nachhaltigkeit eines Produkts klassifizieren könnte. Dabei wird gemessen, wie haltbar das Produkt ist, wie leicht es recycelt werden kann und ob bei der Herstellung gefährliche Chemikalien verwendet werden - was den Verbrauchern bei der Kaufentscheidung helfen könnte. Ihre Kollegen haben vor kurzem eine Ausstellung kuratiert, in der gezeigt wurde, was wir in einer nachhaltigen Zukunft tragen könnten, z. B. eine Lederalternative, die aus weggeworfenen Blumenstecklingen hergestellt wird, oder modulare Designs, mit denen ein und dasselbe Kleidungsstück mehrfach verwendet werden kann, indem z. B. ein Rock in ein Hemd verwandelt wird.

Da all dies längerfristiges Denken, Innovation und Investitionen erfordert, ist die Industrie zurückhaltend, diese Veränderungen vorzunehmen, sagt Halme. Eine Möglichkeit, die Industrie zu einem schnelleren Wandel zu bewegen, ist die Regulierung. In der Europäischen Union beispielsweise müssen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern aufgrund einer aktualisierten Reihe von Richtlinien nun über eine Reihe von Faktoren der Unternehmensverantwortung Bericht erstatten, die von den Auswirkungen auf die Umwelt bis zur Behandlung der Mitarbeiter reichen. Diese Vorschriften werden nicht nur dazu beitragen, Verbraucher, Investoren und andere Interessengruppen über die Rolle eines Unternehmens bei globalen Herausforderungen zu informieren. Sie werden auch dazu beitragen, Investitionsrisiken zu bewerten und abzuwägen, ob ein Unternehmen die notwendigen Maßnahmen ergreift, um langfristig finanziell stabil zu sein.

Quelle:

Aalto University, Amanda Ruggeri. Übersetzung Textination

04.01.2023

Kreislaufwirtschaft: Es könnte alles so einfach sein... oder auch nicht

Interview mit Henning Wehland & Robert Kapferer, Circularity Germany

Ich bin von Natur aus ein sehr neugieriger Typ. Deshalb hatte ich mich in diesem Jahr bei einer bekannten Münsteraner Hotdog-Station als Aushilfe angeboten, um auf die Personalnot in der Gastronomie aufmerksam zu machen. Darüber schrieb ich einen Artikel auf LinkedIn, auf den wiederum Ines Chucholowius reagierte.
Aus ihrem Profil konnte ich entnehmen, dass sie als Unternehmensberaterin im Bereich der Textilindustrie tätig ist. Nicht ganz ernst gemeint, bot sie mir eine Stelle in ihrem Büro an. Auf Knopfdruck sprang mein Kopfkino an: Textilindustrie, spannend! Merchandising, Kontakte in die Industrie, Kooperationen und ich ließ mich auf einen kurzen Chat ein, an dessen Ende wir telefonierten und uns auf ein Gespräch verabredeten.

Interview mit Henning Wehland & Robert Kapferer, Circularity Germany

Ich bin von Natur aus ein sehr neugieriger Typ. Deshalb hatte ich mich in diesem Jahr bei einer bekannten Münsteraner Hotdog-Station als Aushilfe angeboten, um auf die Personalnot in der Gastronomie aufmerksam zu machen. Darüber schrieb ich einen Artikel auf LinkedIn, auf den wiederum Ines Chucholowius reagierte.
Aus ihrem Profil konnte ich entnehmen, dass sie als Unternehmensberaterin im Bereich der Textilindustrie tätig ist. Nicht ganz ernst gemeint, bot sie mir eine Stelle in ihrem Büro an. Auf Knopfdruck sprang mein Kopfkino an: Textilindustrie, spannend! Merchandising, Kontakte in die Industrie, Kooperationen und ich ließ mich auf einen kurzen Chat ein, an dessen Ende wir telefonierten und uns auf ein Gespräch verabredeten.

Sie erzählte mir von ihrer Internetseite TEXTINATION.de. Und schon waren wir drin in einem spannenden, hitzigen Austausch über Wahrnehmung und Wahrheit der Textilbranche. Ohne Weiteres zu verabreden, ließen wir es dabei und ich ging mit einem Batzen neuer Informationen über einen spannenden Bereich nach Hause. Unser Dialog über Social Media ging weiter und schließlich bot Ines mir an, mit Unterstützung von TEXTINATION.de meine „Die-Sendung-mit-der-Maus-Neugierde“ zu stillen. Ich könne einen Blog auf der Seite schreiben, über Menschen, Produkte, Dienstleister, Produzenten, Startups oder Trends, die mich interessieren, um so mein Halbwissen über die Textilindustrie zu ergänzen. Das erste Ergebnis dieser Zusammenarbeit liegt hier vor.

Vorne textiler Abfall rein … hinten neues T-Shirt raus
Während unseres Austauschs und einem langen Brainstorming kitzelten immer wieder bestimmte Begriffe meine Aufmerksamkeit:
Kreislaufwirtschaft, Circular Economy, Recycling, Wertstoffkreisläufe. Auch wenn es viele verschiedene Definitionen gibt und einige sogar zwischen Kreislaufwirtschaft und Circular Economy unterscheiden: ersteres von der Abfallseite gedacht, Abfall, der als Sekundärrohstoff wieder in die Produktion einfließt, Circular Economy, die die Abfälle bereits in der Produktion vermeidet, besteht allgemeiner Konsens eigentlich nur darüber, dass es sich bei der Kreislaufwirtschaft um einen Kreislauf handelt, in dem Abfälle als Quelle für etwas Neues verwendet werden.

Klingt für mich beides nach sinnvollen Ergänzungen für alle Bereiche der produzierenden Güterwirtschaft. Ines stellte mir Robert Kapferer vor: Er betreibt ein Startup namens Circularity Germany in Hamburg. Seine 2021 gegründete Firma, die aus Robert und einem weiteren Partner besteht, ist ein Ableger der in Holland ansässigen Firma Circularity B.V. Deren Gründer Han Hamers, studierter Kinderpsychologe, aus der Textilfärbeindustrie kommend, hatte vor fünf Jahren die Idee für eine Produktionsstätte, die ausnahmslos aus textilen Produktionsabfällen und Alttextilien neues Garn spinnt und es zu T-, Polo- und Sweatshirts verarbeitet.

Ob das funktioniert und wenn ja, wie, das wollte ich herausfinden, und Ines und ich haben uns mit Robert zu einem 90-minütigen Onlinegespräch getroffen.

Robert, von Haus aus Wirtschaftsingenieur, kommt aus dem wenig nachhaltigen Handel mit Arbeitskleidung. Er hat 11 Jahre als Geschäftsführer für die AVECO Material und Service GmbH gearbeitet, wo er für die Arbeitskleidung von mehr als 50.000 Mitarbeitern zuständig war.
Eingangs unseres Gesprächs betont er, dass ein Moment im Januar 2021 sein Leben verändert habe und er sich von da an mit Haut und Haaren dem Thema Kreislaufwirtschaft widmen wollte. Damals lernte er Han Hamers kennen, der ihn dazu inspirierte, Circularity Germany zu gründen. Seine Begeisterung und Leidenschaft für das Thema klingen glaubwürdig, und er beginnt, die Unterschiede zwischen chemischer und mechanischer Recyclingmethode zu beschreiben. Zusammengefasst werden beim mechanischen Verfahren des Schredderns und des anschließenden Spinnens die Fasern verkürzt und insbesondere im Wiederholungsfall deren Eigenschaften für die Weiterverarbeitung eingeschränkt. Der Vorteil liegt vor allem in dem vergleichsweise unkomplizierten, schnellen und kostengünstigeren Verfahren. Bei der chemischen Variante bleibt zwar chemischer Abfall zurück, aber die verarbeiteten Materialien werden wieder so in ihre Grundbausteine zerlegt, dass sie fast alle Eigenschaften wie ein sogenannter jungfräulicher (virgin) Rohstoff haben. Circularity steht für das mechanische Verfahren.

Und dann fällt der Satz, der unsere ganze Aufmerksamkeit bekommt: „Wir haben eine Spinntechnologie so stark weiterentwickelt, dass sie ausschließlich auf abfallbasierten Rohstoffen aufsetzt.“
Dieser Satz fällt fast nicht auf, weil Robert noch – durchaus spannend – darüber berichtet, dass sie eine Produktions- und Fertigungsstätte aufbauen, wo vom Strickgarn bis zum relativ feinen Faden alles gesponnen werden kann, um diesen dann zu Stoff weiterzuverarbeiten. Und hier fragen Ines und ich intensiv nach: Wesentliche Voraussetzungen, die eine industrielle Fertigung benötig, scheinen noch ungelöst, notwendige Prozesse noch in der Planung zu sein. Beispielweise die Frage, ob mit Pre- oder Post-Consumer-Abfällen gearbeitet wird. Pre-Consumer-Abfälle sind Schnittabfälle aus der Produktion von Kleidungsstücken, das entspricht etwa 10% des insgesamt verarbeiteten Materials. Post-Consumer-Abfälle kennen wir als Altkleider.

Solange noch in Indien produziert wird, nutzt Circularity hauptsächlich Pre-Consumer Abfälle. Diese kommen ausschließlich aus den umliegenden Nähfabriken aus der Region Tirupur im Süden von Indien. Beim Einsatz von Alttextilien, die es in Deutschland in großen Mengen gibt (laut einer Studie werden 28-40% aller hergestellten Kleidungsstücke ungetragen weggeworfen), produziert Circularity Mischgarne aus Baumwolle und Polyester. Reine Baumwollgarne bietet das Unternehmen nicht an.

Textilien werden in unterschiedlichem Ausmaß mit Chemikalien behandelt – insbesondere Arbeitsbekleidung kommt ohne sie nicht aus. Die Tatsache, dass auch Han Hamers gerade die textilen Altbestände der niederländischen Armee auffängt, um sie renewed wieder in den Konsumkreislauf einzubringen, beruhigt deshalb nicht. Denn Militärbekleidung muss mit allerlei Zusätzen ausgerüstet werden.

Deshalb frage ich nun nach, wie er bei einem Konsumenten wie mir, mit gesundem Halbwissen über Maskendeals und Greenwashing, die Zweifel ausräumen kann, dass einer gut gemeinten Vision ein dunkles Erwachen folgt. Diese Sorge kann nach dem Gespräch noch nicht ausgeräumt werden.

Wir beschränken uns auf das, was geplant ist: Robert hat den Traum, den globalisierten Prozess der Textilherstellung umzukehren. Er will die Entkopplung von Baumwollanbau und weit entfernter Produktion wie z.B. in Asien mit anschließender Verschiffung fertig konfektionierter Ware nach Europa. Vorhandene Altkleider und/oder Schnittabfälle sollen künftig vor Ort gesammelt, recycelt und lokal zu neuen Textilien verarbeitet werden.

Ich nehme ihm diesen Traum ab. Allerdings bleiben einige meiner Fragen zur Nachhaltigkeit offen – deshalb habe ich meine Zweifel, ob die Idee aktuell leistungs- und konkurrenzfähig ist.
Woran liegt das? Zum einen ist es meiner Meinung nach immer schwierig, notwendige Pionierarbeit zu leisten. Vor allem, wenn mir am Stammtisch die schlauen Kommentare um die Ohren fliegen, dass große Firmen ja schon intensiv an dem Prinzip Kreislaufwirtschaft arbeiten. Doch manchmal bleibt außer dem Begriff Kreislaufwirtschaft und einem unbestimmten Commitment dazu nicht viel übrig.

Circularity schreibt sich auf die Fahne, eine Technologie zu entwickeln, die ausschließlich auf Abfällen aufbaut. Das Gespräch macht deutlich, dass darin auch enthalten ist, dass die Produktion umweltverträglicher ist und Transportwege wegfallen, was die Umwelt weiter entlastet. Wenn alle Vorrausetzungen für die Umsetzung dieses Traums geschaffen sind und ein qualitativ, wie preislich konkurrenzfähiges Produkt auf den Markt gebracht werden kann, dann muss der Konsument entscheiden. Hier hätte man dann das glaubwürdige Argument der Nachhaltigkeit und eines sozial-, wie umwelttechnisch fairen Verfahrens. Um die PR müsste Circularity sich dann keine Sorgen machen.

Man muss der Sache Zeit und vor allem Aufmerksamkeit geben. Aber vielleicht sollte die Industrie sich genau hier und jetzt engagieren und in solche Startups investieren und dafür sorgen, dass Probleme aus dem Weg geräumt werden, denn eines ist uns in diesem Gespräch klargeworden:
Es könnte alles so einfach sein. Kreislaufwirtschaft ist machbar, aber der Weg dorthin noch kostspielig und steinig. Deshalb wünschen wir Robert und seinem Team viel Erfolg und vor allem Durchhaltevermögen. Danke für das Gespräch.

Kurz und knapp: das Profil des Unternehmens im beigefügten Factsheet zum Download.

 

 

Foto: Performance Days
18.10.2022

Eco Award & Performance Award für innovative Winterstoffe 24/25

  • Jury vergibt zwei Awards für herausragende Stoff-Innovationen

Die nächsten PERFORMANCE DAYS finden vom 3. bis 4. November 2022 im MOC Ordercenter in München statt. Besucher können die Veranstaltung auch digital verfolgen. Dank der neuen Plattform The Loop stehen Interessenten ganzjährig online alle wichtigen Informationen, aktuelle Trends, die neuen Materialinnovationen und erweiterte Tools zur Verfügung. Im Fokus des kuratierten PERFORMANCE FORUMs stehen auch im Winter die Gewinner der beiden Awards. In diesem Jahr vergab die Jury neben einem PERFORMANCE AWARD auch einen ECO PERFORMANCE AWARD.
 
Nachhaltig & innovativ: die Award-Gewinner der Saison Winter 2024/25
Im Rahmen der Winterausgabe der PERFORMANCE DAYS werden in den einzelnen Kategorien die Stoff-Highlights plus Accessoire-Trends für die Wintersaison 2024/25 im PERFORMANCE FORUM gezeigt.

  • Jury vergibt zwei Awards für herausragende Stoff-Innovationen

Die nächsten PERFORMANCE DAYS finden vom 3. bis 4. November 2022 im MOC Ordercenter in München statt. Besucher können die Veranstaltung auch digital verfolgen. Dank der neuen Plattform The Loop stehen Interessenten ganzjährig online alle wichtigen Informationen, aktuelle Trends, die neuen Materialinnovationen und erweiterte Tools zur Verfügung. Im Fokus des kuratierten PERFORMANCE FORUMs stehen auch im Winter die Gewinner der beiden Awards. In diesem Jahr vergab die Jury neben einem PERFORMANCE AWARD auch einen ECO PERFORMANCE AWARD.
 
Nachhaltig & innovativ: die Award-Gewinner der Saison Winter 2024/25
Im Rahmen der Winterausgabe der PERFORMANCE DAYS werden in den einzelnen Kategorien die Stoff-Highlights plus Accessoire-Trends für die Wintersaison 2024/25 im PERFORMANCE FORUM gezeigt.
Besonders auffällig war in diesem Jahr einerseits der hohe Innovations- und Qualitätsgrad vieler eingereichter Stoffe, anderseits, nicht zuletzt aufgrund des diesjährigen Focus Topics, die nachhaltige Komponente. „Wir wollen es unseren Besuchern ermöglichen, die beste Entscheidung in punkto Materialauswahl zu treffen, auch in Bezug auf CO2-Neutralität und am Ende auch in puncto textiler Kreislauffähigkeit,“ so Marco Weichert, CEO PERFORMANCE DAYS.  
 
Der Weg zur CO2-Neutralität bleibt dennoch ein weiter. Generell setzen Hersteller, wenn möglich, vermehrt auf den Einsatz von Naturfasern, wie Tencel™ oder andere Pflanzenfasern – die meisten von ihnen weisen auch bei der Herstellung eine niedrige CO2-Bilanz auf. Das Thema Recycling zeigt viele neue Facetten und weist spannende Strömungen auf. Das Portfolio reicht vom Recycling von marinem Abfall, wie u.a. alte Bojen, Plastikmüll oder Fischernetzen, bis hin zum Wiederverwerten von Abfällen aus der Automobil- und Computerbranche, wie u.a. alte Autoreifen oder Computerchips. Natürliche Färbemethoden gewinnen zudem immer mehr an Bedeutung, ebenso wie das Zurückführen von Stoffen in den textilen Kreislauf.

Im Marketplace haben Besucher die Möglichkeit, über 19.000 Produkte der Aussteller zu sichten, darunter auch die Stoff-Highlights der einzelnen Kategorien des PERFORMANCE FORUMs. Um dem Besucher die Stoffe in Haptik, Design und Struktur so realitätsgetreu wie möglich digital präsentieren zu können, wurde das PERFORMANCE FORUM mit neuartiger 3D-Technik ausgestattet, darunter innovative Tools wie 3D Bilder, Videoanimationen und U3MA Dateien zum Download.

Auch für die Wintersaison 2024/25 hat die Jury zwei Awards für herausragende Stoffe vergeben – so präsentiert sich neben dem PERFORMANCE AWARD WINNER, der an Long Advance Int. Co Ltd. geht, auch ein ECO PERFORMANCE AWARD WINNER, der an Pontetorto Spa vergeben wurde.

ECO AWARD WINNER geht an „9203M“ von Pontetorto Spa: High-Performance trotz maximaler Nachhaltigkeit
Der Stoff ist eine Mischung aus 23 % Hanf, 69 % recyceltem Polyester und 9 % recyceltem Elasthan. Zudem weist das Material bei der Herstellung einen geringen CO2 -Fußabdruck auf und setzt auf eine geringe Ausschüttung an Mikroplastik in die Umwelt. „9203M“ gehört zur Tecnostretch-Bio-Reihe von Pontetorto, der einen hervorragenden 4-Wege-Stretch mit bester Elastizität vorweist. Zudem garantiert er schnelles Trocknen und optimale Atmungsaktivität. Das Polyestergarn wird durch mechanisches Recycling von Plastikflaschen hergestellt. Hanf, die wasserabweisendste unter den Naturfasern, ermöglicht ein schnelles Trocknen und bietet optimalen Komfort. Hanf gilt als extrem nachhaltige Naturfaser, da sie von einer antibakteriellen Pflanze stammt, die während ihres Wachstums keine Pestizide oder chemischen Düngemittel benötigt und zudem extrem wenig Wasser zum Wachstum verbraucht.

PERFORMANCE AWARD für “LPD22015-Y4E” von Long Advanced Int. Co. Ltd.: Perfektes Recycling für optimale Performance
Der Mono-Componenten 2 Lagen Stoff ist eine Mischung aus 45 % Polyester mechanical stretch und 55 % recyceltem Polyester aus recycleten Textilien, laminiert mit einer PET Membran und einem Gewicht von 147 Gramm. Das Besondere am „LPD 22015-Y4E“ ist das Wiederverwerten von Stoffresten und Schnittabfällen. Müll wird damit wieder in den textilen Kreislauf zurückgeführt, um neues Garn zu spinnen. Hersteller müssen in Zukunft darauf achten, dass Stoff recycelt werden kann. Das Produzieren von Müll wird damit um 30% reduziert im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren. Zudem lobte die Jury den Griff und die außergewöhnliche Optik des Materials.  

Das gesamte PERFORMANCE FORUM inklusive der beiden Awards kann am 26. und 27. Oktober live in Portland, Oregon auf der Messe gesichtet werden und am 3. und 4. November in München auf der PERFORMANCE DAYS Messe. Ab sofort sind alle innovativen Materialien auch online im Marketplace des PERFORMANCE DAYS Loop zu finden mit der Möglichkeit, direkt beim Aussteller kostenfreie Samples zu bestellen.

Foto: Pixabay
12.07.2022

Studie zu Click & Collect in der Fashion-Branche

Untersuchung offenbart Handlungsbedarf

Wie gut sind Online- und Filialgeschäft in der deutschen Fashion-Branche verknüpft? Wie reibungslos funktionieren Omnichannel-Modelle wie Click & Collect? Und wie zufriedenstellend ist das für Konsumenten? Diesen Fragen widmete sich das Kölner Unternehmen fulfillmenttools im Rahmen seiner Studie “Click & Collect in der deutschen Fashion-Branche”.

Untersuchung offenbart Handlungsbedarf

Wie gut sind Online- und Filialgeschäft in der deutschen Fashion-Branche verknüpft? Wie reibungslos funktionieren Omnichannel-Modelle wie Click & Collect? Und wie zufriedenstellend ist das für Konsumenten? Diesen Fragen widmete sich das Kölner Unternehmen fulfillmenttools im Rahmen seiner Studie “Click & Collect in der deutschen Fashion-Branche”.

Für die Untersuchung wurden im ersten und zweiten Quartal 2022 rund 80 der größten Fashion-Händler in Deutschland untersucht. Davon boten 22 Unternehmen der Stichprobe Click & Collect als Teil ihres Service-Portfolios an und konnten im Rahmen von Testkäufen detailliert analysiert werden. Der Fokus der Testkäufer lag dabei auf der Durchführung einer Click & Collect-Bestellung über den Online Shop der Händler, dem Einkaufserlebnis bei der Abholung der Ware in den Filialen sowie der Abwicklung des Retourenprozesses. Das Ergebnis: In allen Schritten steckt deutlicher Optimierungsbedarf. Keiner der analysierten Händler ist laut Studie derzeit in der Lage, seinen Kund:innen ein durchgängiges und komfortables Omnichannel-Erlebnis zu bieten.
 
Gerade in der Fashion-Branche profitieren Kund:innen durch Click & Collect vom Service vor Ort und gleichzeitig von dem Komfort des Online Shoppings. Direktes Anprobieren, einfache Rückgaben und keine Versandkosten sind nur eine Auswahl zahlreicher Vorteile. Nicht zuletzt haben die Beschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie die Verbreitung von Click & Collect im Einzelhandel beschleunigt. Aber wie gut klappt das und wie wird es von Kund:innen wahrgenommen? „Es mangelt derzeit noch in der betrieblichen Praxis an Daten, die veranschaulichen, wie gut Click & Collect aus Kundensicht in der Realität umgesetzt wird. Daher haben wir den Status-quo der Click & Collect-Modelle in der deutschen Fashion-Branche genauer untersucht“, so die Projektleiterin Marleen Ratert.

Bei der Untersuchung von rund 80 der größten Fashion-Händler in Deutschland überraschte zunächst, dass lediglich 22 der 80 (27%) untersuchten Händler Click & Collect als Option für ihre Kund:innen in ihrem Serviceportfolio anbieten.

Bei der Analyse und der Bewertung der Unternehmen, die Click & Collect anbieten, standen der gesamte Weg einer Kundenbestellung: Bestellprozess, Kommunikation, Abholung, Retourenabwicklung und Rückerstattung im Fokus.

Positiv hervorzuheben sei, so die Durchführer der Studie, dass der Bestellprozess im Online Shop bei den meisten Fashion-Händlern reibungslos verlaufe. Allerdings zeige die Kundenkommunikation vor, während und nach der Click & Collect-Bestellung insgesamt Mängel auf. Fehlende Bestellbestätigungen sowie nicht vorhandene Informationen über Lieferdauer und Abholzeitpunkt sind hierbei besonders negativ aufgefallen.    
 
Am schlechtesten schnitten die deutschen Fashion-Händler im Bereich Abholprozess ab. Hierbei sorgen insbesondere lange Lieferzeiten, fehlende Servicepoints am Point-of-Sale oder händisch auszufüllende Formulare für Unzufriedenheit bei der Abholung. Im Bereich der Retourenabwicklung fiel primär die fehlende Digitalisierung des Prozesses auf: Bei einem Großteil wird noch mit manuellen Formularen gearbeitet. Die Rückabwicklung der Zahlung im Anschluss verläuft bei der Mehrheit der Fashion-Händler in Deutschland jedoch ohne Probleme.

Monolithische IT-Strukturen, unterschiedliche Lösungen für viele operative Bereiche, traditionelle Prozesse, fehlende Schnittstellen – die Gründe für die Probleme bei der schnellen und einfachen Einführung von Omnichannel-Prozessen sind auf Seiten der Unternehmen vielfältig. Die Ansprüche der Kund:innen sind dagegen in den letzten Jahren rasant gestiegen.

Die Checkliste für erfolgreiche Omnichannel-Händler liefert Tipps und Tricks, um Online- und Offline-Geschäft prozess- sowie kundenorientiert zu optimieren:

ONLINE-BESTELLUNGEN VEREINFACHEN

  • Click & Collect als Service im Online Shop prominent kennzeichnen, um Kund:innen schneller darauf aufmerksam zu machen und Umsatzpotenziale voll auszuschöpfen
  • Verfügbarkeit von Click & Collect-Produkten verbessern

NAHTLOSE IN-STORE EXPERIENCES SCHAFFEN

  • Servicepoints zur Abholung von Bestellungen installieren und als solche deutlich kennzeichnen, um Wartezeiten an der Kasse zu vermeiden und Kund:innen eine bessere Orientierung zu bieten
  • Filialpersonal für Up- und Cross-Selling-Möglichkeiten sensibilisieren, um Zusatzkäufe zu fördern

PROZESSE OPTIMIEREN

  • Online-Bestellungen in der Filiale kommissionieren, um Lieferzeiten deutlich zu beschleunigen und Lieferversprechen problemlos einzuhalten
  • Übergabe- und Rückgabeprozesse digitalisieren, um Abläufe in der Filiale effizienter zu gestalten und Personal zu entlasten
  • Omnichannel-Prozesse selbst regelmäßig testen, um Lücken in der Kommunikation und Optimierungspotenziale aufzudecken

SERVICEQUALITÄT VERBESSERN

  • Prozessbegleitende End-to-End-Kommunikation implementieren, um Kund:innen jederzeit über den Status ihrer Bestellung zu informieren
  • Verschiedene Retourenmöglichkeiten anbieten, um Kundenerwartungen optimal zu erfüllen

Um komplexe Prozesse für Händler zu vereinfachen, Mitarbeiter:innen zu entlasten und Fehler in der Kommissionierung zu vermeiden, gibt es modulare Software-as-a-Service-Lösungen für Fulfillment-Prozesse. Die gesamte Studie steht hier zum Download  zur Verfügung.

Quelle:

fulfillmenttools.com / REWE digital

Foto: Rostyslav Savchyn, Unsplash
22.03.2022

Wieder mehr chinesische Firmenübernahmen in Europa

  • Anstieg von 132 auf 155 Transaktionen – Transaktionswert auf 12,4 Milliarden US-Dollar verachtfacht
  • Zahl der chinesischen Übernahmen in Deutschland steigt von 28 auf 35
  • Großbritannien vor Deutschland beliebtestes Investitionsziel chinesischer Unternehmen

Nach dem pandemiebedingten Einbruch bei den chinesischen Firmenübernahmen in Europa im Jahr 2020 hat sich die Zahl der Transaktionen im Jahr 2021 wieder erhöht: von 132 auf 155. Auch das Transaktionsvolumen stieg: der Wert der Beteiligungen und Übernahmen hat sich von 1,5 auf 12,4 Milliarden US-Dollar mehr als verachtfacht.

  • Anstieg von 132 auf 155 Transaktionen – Transaktionswert auf 12,4 Milliarden US-Dollar verachtfacht
  • Zahl der chinesischen Übernahmen in Deutschland steigt von 28 auf 35
  • Großbritannien vor Deutschland beliebtestes Investitionsziel chinesischer Unternehmen

Nach dem pandemiebedingten Einbruch bei den chinesischen Firmenübernahmen in Europa im Jahr 2020 hat sich die Zahl der Transaktionen im Jahr 2021 wieder erhöht: von 132 auf 155. Auch das Transaktionsvolumen stieg: der Wert der Beteiligungen und Übernahmen hat sich von 1,5 auf 12,4 Milliarden US-Dollar mehr als verachtfacht.

Auch in Deutschland traten chinesische Investoren wieder häufiger in Erscheinung: Nachdem 2020 nur 28 Transaktionen chinesischer Unternehmen gezählt worden waren, gab es 2021 immerhin 35 derartige Beteiligungen oder Übernahmen. Das Investitionsvolumen stieg von 0,4 auf 2,0 Milliarden US-Dollar. Nicht enthalten sind in dieser Summe Risikokapitalinvestitionen in deutsche Startups in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021, bei denen chinesische Unternehmen als Teil internationaler Investorengruppen aktiv waren.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die Investitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland und Europa untersucht.

„Chinesische Unternehmen bleiben bei ihren Investitionen in Europa insgesamt noch zurückhaltend“, beobachtet Yi Sun, Partnerin und Leiterin der China Business Services in der Region Europe West bei EY. „Dazu trägt zum einen nach wie vor die Pandemie bei, die auch 2021 noch zu Beeinträchtigungen führte – auch wegen Eindämmungsmaßnahmen wie Reisebeschränkungen, strengen Quarantäne Regeln für Personen, die aus dem Ausland nach China reisen und Lockdowns sowohl in Europa als auch in China selbst. Die meisten chinesischen Unternehmen, die schon im Ausland Firmen übernommen haben, haben sich in den letzten Jahren eher damit beschäftigt, die Restrukturierung in Europa voranzutreiben als weiter zu expandieren – besonders in den Sektoren Automobilzulieferer und Maschinenbau.“

Ebenfalls dämpfend wirkten sich nach Suns Einschätzung die inzwischen hohen Hürden für ausländische Beteiligungen gerade in bestimmten kritischen Branchen sowie die zunehmende Konkurrenz durch kapitalstarke Finanzinvestoren aus. „Die Kaufpreise auf dem M&A-Markt sind zuletzt stark gestiegen – in einigen Fällen wollten die chinesischen Interessenten da nicht mehr mitgehen. Besonders die börsennotierten chinesischen Unternehmen fürchten, mit teuren Zukäufen den eigenen Aktienkurs unter Druck zu setzen“, so Sun. „Zudem besitzen einige der potentiellen Übernahmekandidaten Produktionsstätten oder R&D-Zentren in den USA. In solchen Fällen kann es vorkommen, dass eine Ablehnung durch das Committee on Foreign Investment in the U.S. (CFIUS) befürchtet wird – und potenzielle chinesische Bieter gar nicht erst eingeladen werden.“

Nachlassendes Interesse an Industrieunternehmen
Nach wie vor entfallen auf klassische Industrieunternehmen die meisten Deals – gerade in Deutschland: 12 der 35 Transaktionen in Deutschland und 30 der 155 Transaktionen in Europa fanden im Industrie-Sektor statt.

Allerdings ist deren Zahl rückläufig: 2020 waren europaweit noch 36 Industrietransaktionen gezählt worden. „Nach wie vor besteht bei chinesischen Investoren Interesse an europäischen Automobilzulieferern oder Maschinenbauern – allerdings inzwischen eher in den Subsektoren Elektromobilität, Autonomes Fahren und High Tech-Materialien“, sagt Sun.

Ein deutlich gestiegenes Interesse macht Yi Sun aber an anderer Stelle aus: „Chinesische Private Equity Fonds und Risikokapitalgeber werden immer aktiver. Gerade in Deutschland gab es im vergangenen Jahr einige sehr große Investitionen in Startups, an denen chinesische Investoren maßgeblich beteiligt waren. Neben deutscher Ingenieurskunst ist zunehmend ECommerce-Kompetenz gefragt.“

Auf High Tech/Softwareunternehmen entfielen im vergangenen Jahr europaweit 27 Transaktionen (Vorjahr: 20). „Wir sehen ein gestiegenes Interesse etwa an Spieleentwicklern und Softwareprogrammierern. Gerade der aktivste chinesischer Investor vergangenen Jahr, Tencent, hat sich zuletzt in diesem Segment stark engagiert“, beobachtet Sun.

Gestiegen ist auch die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen im Bereich Gesundheit: von 16 auf 26 Transaktionen. „Der Gesundheitssektor – ob Pharma, Biotech oder Medizintechnik – wird zunehmend zu einem der wichtigsten Zielsektoren chinesischer Unternehmen, weil es in diesem Sektor einen großen Nachholbedarf in China gibt, insbesondere bei der Forschung und Entwicklung.“

Großbritannien löst Deutschland als Top-Ziel in Europa ab
Die meisten Transaktionen wurden im vergangenen Jahr in Großbritannien verzeichnet. Mit 36 Übernahmen und Beteiligungen liegt Großbritannien knapp vor Deutschland (35 Transaktionen) und deutlich vor den drittplatzierten Niederlanden (13).

Im Vorjahr war die Reihenfolge an der Spitze noch umgekehrt: 2020 lag Deutschland mit 28 Transaktionen vor Großbritannien mit 21 Deals.

„In dem Maß, wie sich das Interesse chinesischer Investoren weg von klassischen Industrieunternehmen hin zu Technologie-, Software- und Medienunternehmen entwickelt, gewinnt der Zielmarkt Großbritannien an Bedeutung“, sagt Sun. Sie ist allerdings überzeugt, dass Deutschland für chinesische Investoren ein attraktiver Markt bleibt: „Viele chinesische Unternehmen haben gute Erfahrungen mit ihren Investitionen gerade in Deutschland gemacht. Zudem gibt es inzwischen auf vielen Ebenen enge und belastbare Verbindungen zwischen China und Deutschland. Wir werden in den kommenden Monaten weitere chinesische Transaktionen in Deutschland sehen – vor allem, wenn die Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft nachlassen“, erwartet Sun.

Die europaweit größte Investition war im vergangenen Jahr der Verkauf der Haushaltsgeräte-Sparte von Philips an die Investmentfirma Hillhouse Capital mit Sitz in Hong Kong für 4,4 Milliarden US-Dollar.

Die zweitgrößte Transaktion war die Übernahme des britischen Entwicklerstudios Sumo Digital durch Tencent für 1,1 Milliarden US-Dollar, gefolgt von der Übernahme des dänischen Kühlcontainer-Herstellers Maersk Container Industry durch China International Marine Containers für ebenfalls 1,1 Milliarden US-Dollar.

Studiendesign:

  • Quellen: EY-Recherche, Thomson ONE, Merger Market, Mitteilungen der Unternehmen bzw. beteiligter Beratungsunternehmen und Anwaltskanzleien.
  • Untersucht wurden Akquisitionen und Beteiligungen, die von Unternehmen mit Hauptsitz in China und Hongkong oder deren Tochterunternehmen ausgingen.
  • Die Zielunternehmen haben ihren Sitz in Europa und sind operativ tätig.
  • Nicht berücksichtigt wurden reine Immobilientransaktionen.
  • In die Analyse wurden auch Transaktionen einbezogen, die zum Stichtag 17.02.2022 noch nicht abgeschlossen waren

Zunehmend beteiligen sich chinesische Investoren auch an Risikokapital-Finanzierungsrunden, zumeist als Teil von Investorengruppen. In diesen Fällen lässt sich häufig nicht feststellen, wie hoch der vom chinesischen Investor bereitgestellte Betrag ist. Daher werden diese Transaktionen zwar bei der Zahl der Transaktionen, nicht aber bei den Gesamtwerten berücksichtigt.

Weitere Informationen:
Ernst & Young Unternehmen China Automotive
Quelle:

Ernst & Young Global Limited (EYG)

Foto: pixabay
25.01.2022

momox fashion legt Second Hand Fashion Report 2022 vor

  • Repräsentative Studie mit fast 8.000 Teilnehmer:innen zum Second Hand Fashion Markt in Deutschland
  • Second Hand ersetzt neu: 84 Prozent haben aufgrund von Second Hand Shopping weniger Neuware gekauft
  • 71 Prozent haben weniger Geld für Neuware ausgegeben, weil sie Second Hand Kleidung gekauft haben
  • Für knapp jede:n Zweite:n (45 Prozent) ist Second Hand Kleidungskauf selbstverständlich geworden
  • Nachhaltige Produktion ist beim Kauf von Second Hand Mode wichtiger (60 Prozent) als der Markenname (48 Prozent)

Second Hand ersetzt neu – das sagen 84 Prozent der Second Hand Shoppenden in Deutschland und geben an, dass der Kauf von Second Hand Artikeln für sie den Neukauf eines Kleidungsstücks ersetzt hat.

  • Repräsentative Studie mit fast 8.000 Teilnehmer:innen zum Second Hand Fashion Markt in Deutschland
  • Second Hand ersetzt neu: 84 Prozent haben aufgrund von Second Hand Shopping weniger Neuware gekauft
  • 71 Prozent haben weniger Geld für Neuware ausgegeben, weil sie Second Hand Kleidung gekauft haben
  • Für knapp jede:n Zweite:n (45 Prozent) ist Second Hand Kleidungskauf selbstverständlich geworden
  • Nachhaltige Produktion ist beim Kauf von Second Hand Mode wichtiger (60 Prozent) als der Markenname (48 Prozent)

Second Hand ersetzt neu – das sagen 84 Prozent der Second Hand Shoppenden in Deutschland und geben an, dass der Kauf von Second Hand Artikeln für sie den Neukauf eines Kleidungsstücks ersetzt hat. Weitere 71 Prozent geben an, dass sie weniger Geld für Kleidung ausgegeben haben, weil sie gebrauchte Artikel gekauft haben.** Dies sind Ergebnisse des aktuellen Second Hand Fashion Reports 2022, für den der Second Hand Onlineshop momox fashion das dritte Mal in Folge jeweils zwei Studien durchgeführt hat: Eine repräsentative Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Kantar sowie eine Kundenumfrage unter momox fashion Kund:innen, um detaillierte Einblicke in den Gebrauchtwarenmarkt für Kleidung zu bekommen. Insgesamt nahmen 7.826 Personen an den Umfragen teil.

Second Hand Kleidungskauf ist für jede:n Zweite:n selbstverständlich geworden
Die repräsentative Kantar-Umfrage zeigt, dass der Kauf von Second Hand Kleidung zur Routine geworden ist: 67 Prozent der Deutschen haben bereits schon einmal Second Hand Kleidung gekauft – ein Zuwachs von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mehr als jede:r Zweite (56 Prozent) tut dies regelmäßig – mindestens ein Mal jährlich. Dabei ist für 45 Prozent der Kauf von Second Hand Kleidung selbstverständlich oder sehr selbstverständlich geworden. Zudem schätzt über die Hälfte der Deutschen (53 Prozent), dass ihr Kleiderschrank aus bis zu 20 Prozent Second Hand Kleidung besteht.*

Second Hand Kleidung wird nicht nur online geshoppt, sondern auch verkauft
Die beliebteste Art, gebrauchte Kleidung zu kaufen, ist das Onlineshopping: 44 Prozent der Befragten kaufen ihre Second Hand Fashion-Pieces im Netz. Rund jede:r Dritte (28 Prozent) begibt sich in Second Hand-Läden auf die Suche nach dem nächsten Lieblingsteil aus zweiter Hand, gefolgt von Flohmärkten mit 14 Prozent. Dabei überrascht, dass besonders die Generation 50+ gerne online kauft (44 Prozent). Die Generation Z (unter 25-Jährige) bevorzugt jedoch Second Hand Läden (30 Prozent).*

Aber nicht nur Second Hand Onlineshopping ist beliebt. Fast jede:r Zweite (45 Prozent) verkauft gebrauchte Kleidung weiter und dies bevorzugt online (76 Prozent). Lediglich 11 Prozent verkaufen auf Flohmärkten und 8 Prozent an Second Hand Läden.*

Nachhaltigkeit bleibt Hauptmotivation für den Kauf von gebrauchter Kleidung
Um mehr über die Gründe für den Kauf von Second Hand Kleidung zu erfahren, hat momox fashion eine Kundenumfrage unter knapp 7.000 Teilnehmer:innen durchgeführt. Klare Motivation für den Kauf von gebrauchter Kleidung bleibt weiterhin mit 87 Prozent der Nachhaltigkeitsaspekt. 83 Prozent shoppen Kleidung second hand aufgrund der Preisersparnis im Vergleich zur Neuware. Rund jede:r Zweite (49 Prozent) geht auf Kleidungssuche im Second Hand Handel, da die gewünschte Ware nicht mehr im regulären verfügbar ist.**

Fast allen Befragten (91 Prozent) ist allgemein beim Kleidungskauf Nachhaltigkeit und Umweltschutz wichtig oder sehr wichtig. Dies spiegelt sich auch im Konsumverhalten wider: Rund drei Viertel (85 Prozent) versuchen, wenn möglich, aus zweiter Hand zu kaufen. 58 Prozent achten darauf, nachhaltige Kleidung zu shoppen. Und 31 Prozent verwenden umweltschonende Produkte für die Pflege und Reinigung der Kleidung.**

Nachhaltige Produktion oder Markenname – Was ist wichtiger?
Für mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Befragten, ist der Markenname beim Kauf von gebrauchter Kleidung weniger wichtig oder unwichtig. Ob die Kleidung nachhaltig produziert wurden, erachten 60 Prozent hingegen als sehr wichtig oder wichtig. Vor allem für die Generation 60+ (75 Prozent) ist eine nachhaltige Produktion der Second Hand Kleidung sehr wichtig oder wichtig.**

Second Hand Kleidung ist vor allem bei Eltern beliebt
Gebrauchte Kleidung wird aber nicht nur für sich selbst gekauft, fast jede:r Fünfte (18 Prozent) tut es auch für seine/ihre Kinder.* Bei den Eltern unter den Second Hand Shopper:innen kaufen 85 Prozent Kleidung aus zweiter Hand für ihre Kinder. Am beliebtesten sind hier Onlineshops (58 Prozent) und Online-Marktplätze und Second Hand Onlineshops (51 Prozent). 43 Prozent kaufen gebrauchte Kinderkleidung von Freunden. 33 Prozent gehen gerne in Second Hand Läden und weitere 23 Prozent in stationären Kinderbekleidungsgeschäften shoppen. Dabei geben 63 Prozent der Befragten an, dass sie mehr Second Hand Kleidung kaufen, seitdem sie Eltern geworden sind.**

Jacken und Mäntel sind Second Hand Topseller
Am liebsten werden Jacken und Mäntel (70 Prozent) aus zweiter Hand geshoppt, gefolgt von Pullovern (60 Prozent), Kleider und Röcken (56 Prozent) und Hosen (49 Prozent). Dabei scheinen Hosen und Pullover bei den Second Hand Käufer:innen im Vergleich zum Vorjahr beliebter geworden zu sein (Vorjahr: 46 Prozent und 51 Prozent). Jüngere Shoppende (18-29-Jährige) kaufen noch lieber als Jacken und Mäntel ihre Pullover second hand (80 Prozent).**

Quellen:
* Kantar-Umfrage
** momox fashion Umfrage
 
Methodik:
Kantar-Umfrage: Fallzahl (n=1.037), Zielgruppe: 16-64 Jahre; Methode: Online-Umfrage im Befragungszeitraum (13.-16.11.2021), durchgeführt von der Kantar Deutschland GmbH im Auftrag der momox AG
 
momox fashion Umfrage: Fallzahl (n=6.789), Befragungszeitraum (21.-26.10.2021), Zielgruppe: momox fashion Kund:innen im Alter von unter 18 bis über 60 Jahren; Methode: Online-Umfrage, durchgeführt von der momox AG

Download der Studie

Foto: Pixabay
21.12.2021

Konsum nach Corona: Verbraucher setzen auf Qualität und Nachhaltigkeit

Studie von Roland Berger und Potloc    

Studie von Roland Berger und Potloc    

  • Verbraucher erwarten von Marken und Produkten verstärkt Qualität (67%) und Nachhaltigkeit (51%)
  • Kleine Ladengeschäfte liegen im Trend und punkten mit exklusivem Sortiment
  • Möbel, Haushalts- und Gartenartikel weiter im Fokus

Die Covid-Pandemie hat das Kaufverhalten verändert. Verbraucher setzen vor allem auf Marken mit einem hohen Qualitätsanspruch (67%) und nachhaltigen Produkten (51%). Auch wenn der Trend zum Online-Shopping ungebrochen bleibt, können insbesondere kleine Läden mit exklusivem Sortiment punkten. Knapp ein Drittel (32%) der Verbraucher besuchen solche Geschäfte häufiger als vor der Krise. Das sind Kernergebnisse der im Herbst 2021 veröffentlichten Studie "Decoding Consumer Behavior " von Roland Berger und Potloc, für die 2.100 Verbraucher aus zwölf Ländern im Sommer befragt wurden.
 
"Insgesamt blicken die Konsumenten deutlich positiver in die Zukunft und wollen sich größtenteils in 2022 nicht weiter einschränken. Das sind gute Nachrichten für Einzelhandel, der mit der Pandemie einen nie da gewesenen Einschnitt überwinden musste", sagt Thorsten de Boer, Partner bei Roland Berger. "Marken und Händler sollten aber berücksichtigen, dass Konsumenten bei ihren Entscheidungen heute andere Prioritäten setzen. Zudem erwarten sie mehr denn je einen konsistenten Online-Auftritt über Plattformen und Endgeräte hinweg. Und wenn sie ein Geschäft betreten, dann suchen sie ein exklusives Erlebnis."
     
Kunden konzentrieren sich auf Waren für die eigenen vier Wände und den täglichen Bedarf
Bei der unmittelbaren Kaufentscheidung sind Preis-Leistungs-Verhältnis (68%) und Qualität (56%) die wichtigsten Kriterien für Verbraucher. Auch hier wird Nachhaltigkeit immer wichtiger. Ein Drittel will dieses Kriterium in Zukunft noch stärker berücksichtigen. "Nachhaltigkeit ist endgültig beim Verbraucher angekommen", sagt Richard Federowski, Partner bei Roland Berger.
 
Mit Blick auf die Warenkörbe zeigt sich, dass weiter Produkte für den täglichen Bedarf und das Zuhause (Möbel, Haushalts- und Gartenartikel) im Fokus stehen. 37% haben dieses Jahr beispielsweise mehr Geld für Essen ausgegeben und 29% wollen auch in 2022 hier zusätzlich investieren. "Der Trend zum Cocooning, also sich ins häusliche Privatleben zurückzuziehen, wirkt weiter nach. Die Nachfrage nach Business-Outfits, wird in naher Zukunft eher auf niedrigem Niveau bleiben", sagt Federowski. "Mode aus dem Sport- und Freizeitbereich steht auch weiter hoch im Kurs und Nachhaltigkeitsaspekte werden bei den Kollektionen immer stärker zu berücksichtigen sein. Gekauft wird hier allerdings vor allem online, weil es für die meisten Menschen schlicht komfortabler ist."

Innenstadthändler können mit Beratung und Sortimenten punkten
Global ist der Online-Handel weiter auf dem Vormarsch. Ein Drittel der Befragten gab an, 2021 mehr im Internet zu bestellen, als im Vorjahr. Wichtig sind den Kunden vor allem eine kostenlose Lieferung sowie die Möglichkeit, Artikel möglichst einfach und gratis zurückschicken zu können. "Die Verbraucher haben gelernt, wie praktisch und schnell der Einkauf im Netz sein kann, das gilt über alle Produktkategorien hinweg – zunehmend auch bei Lebensmitteln", so de Boer. Angebote wie eine (virtuelle) Beratung, Click-and-Collect- oder Live-Shopping spielen momentan noch beim Einkauf im Netz nur eine untergeordnete Rolle, werden aber in der Zukunft essenziell.

Das sieht beim Einkauf im Ladengeschäft deutlich anders aus. Gerade deutsche Verbraucher strömen in die Innenstädte, um die Vorteile einer persönlichen Beratung (51%) zu genießen. Die Frequenzen sind zwar noch nicht auf Vor-Corona-Niveau, aber die Conversion-Rates sind sehr gut. Außerdem wollen sie auf exklusive Sortimente zurückgreifen (37%) und den Einkauf zelebrieren. "Darin liegt eine Chance für Handel und Innenstädte", sagt de Boer. "Um im Wettbewerb zu bestehen, können aber auch kleine Händler nicht mehr auf eine digitale Komponente verzichten. Dafür müssen sie ihre exklusiven Erlebnisse in soziale Plattformen tragen. Zudem kennen sie ihre Kundschaft gut und sitzen oft auf wertvollen Daten – dieses Potenzial von 'Small Data' und 'Communities' gilt es zu erschließen."

Die Studie in englischer Sprache steht unter dem folgenden Link zum Download bereit.

Quelle:

Roland Berger und Potloc

14.12.2021

Förderprojekt Rohstoffklassifizierung recycelter Fasern

Schon seit Jahrhunderten werden aus Alttextilien Reißfasern hergestellt und zu neuen textilen Produkten verarbeitet. Dieses effektive Recycling ist einer der ältesten Materialkreisläufe der Welt. Heute geht es nicht nur um Bekleidung, sondern auch um hochwertige technische Textilien. So wie sich die Produkte der Textilindustrie weiterentwickeln, steigen auch die Anforderungen an das Textilrecycling. Grundlage dafür sind eine klare Beurteilung und Klassifizierung der Rohstoffe.

Schon seit Jahrhunderten werden aus Alttextilien Reißfasern hergestellt und zu neuen textilen Produkten verarbeitet. Dieses effektive Recycling ist einer der ältesten Materialkreisläufe der Welt. Heute geht es nicht nur um Bekleidung, sondern auch um hochwertige technische Textilien. So wie sich die Produkte der Textilindustrie weiterentwickeln, steigen auch die Anforderungen an das Textilrecycling. Grundlage dafür sind eine klare Beurteilung und Klassifizierung der Rohstoffe.

Im Forschungsprojekt der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) und dem Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) wird eine Methodik entwickelt, die es ermöglicht, den Reiß als auch die nachfolgenden Prozesse in Bezug auf die Faserqualität zu analysieren. Durch die systematische Analyse soll es gelingen, die nachfolgenden Spinnprozesse so zu optimieren, dass der Recyclinganteil im Garn erhöht werden kann, ohne, dass sich die Garneigenschaften gegenüber einem aus 100% Gutfasern bestehenden Garn wesentlich unterscheiden. Diese Garne können anschließend zu nachhaltigen textilen Produkten wie zum Beispiel Kleidung oder Verbundbauteile verarbeitet werden.

Das vom BMWi/IGF geförderte Projekt hat eine Laufzeit von zwei Jahren und endet am 31.12.2022. Der Nutzen für die teilnehmenden Unternehmen liegt insbesondere darin, ihnen den verstärkten Einsatz von Sekundärrohstoffen zu ermöglichen, neue Märkte durch im Projekt entwickelte Technologien oder Produkte zu erschließen, Synergien und langfristige Kooperationen anzubahnen sowie einen gemeinsamen Marktauftritt vorzubereiten.

Das Projekt umfasst verschiedene Arbeitsschritte:

  • Materialauswahl und Beschaffung
    Zu verarbeitende Baumwollfasern werden aus Alttextilien (T-Shirts) und Abfällen aus der Baumwollspinnerei gewonnen. Die Aramidfasern werden aus gebrauchter Schutzbekleidung und technischen Textilien aufbereitet.
  • Optimierung der Aufbereitung / Auflösung der Textilien
    Damit die Fasern aus den entsprechenden Textilien möglichst schonend und mit einer nicht zu hohen Einkürzung herausgelöst werden, sind exakte Einstellungen beim Reißprozess zu finden, welche technologisch sehr anspruchsvoll sind und viel Erfahrung voraussetzen.
  • Ermittlung der Qualitätskriterien zur Beurteilung der Faserauflösung
    Um die Qualitätskriterien zu definieren werden die aus der Reißerei kommenden Fasern mittels MDTA-4 Messgerät der Textechno GmbH & Co. KG ermittelt. Mit den ermittelten Kriterien soll die (möglichst geringe) Fasereinkürzung durch den Reißprozess charakterisiert werden.
  • Ermittlung optimierter Einstellungen beim Spinnprozess
    Um die optimalen Einstellungen zur Erzeugung eines Garnes aus den Recyclingfasern zu ermitteln, werden diese nach dem Rotorspinnprozess ersponnen. Durch Anpassung des Spinnprozesses soll ein Garn hergestellt werden, das eine gute Gleichmäßigkeit und auch eine entsprechende Festigkeit aufweist.
  • Herstellung und Vergleich von Garnen aus recycelten Rohstoffen
    Damit aus den Recyclingfasern - bestehend aus Aramid und Baumwolle - jeweils ein Flächengebilde hergestellt werden kann, soll das Material im industriellen Maßstab verarbeitet werden. Dazu werden die Fasern über eine komplette Putzereilinie mit anschließender Bandherstellung über angepasste Karden verarbeitet. Nach dem Verstrecken und der anschließenden Vorgarnherstellung werden Garne nach dem Rotor- bzw. nach dem Ringspinnverfahren hergestellt. Mit den fertiggestellten Garnen werden Gestricke produziert.
  • Koordination, Analyse der Ergebnisse und Erstellung der Berichte
    Die Erstellung des Abschlussberichtes erfolgt durch die DITF und das STFI. Ein Ergebnistransfer erfolgt durch Veröffentlichungen, Fachinformationen an Verbände und Messeauftritte. Begleitend sind regelmäßige Sitzungen mit den beteiligten Firmen geplant.

Textination sprach mit Stephan Baz, dem Stv. Leiter Kompetenzzentrum Stapelfaser, Weberei & Simulation Leitung Stapelfasertechnologie und Markus Baumann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum Stapelfaser, Weberei & Simulation (beide DITF) sowie Bernd Gulich, Abteilungsleiter Vliesstoffe/Recycling und Johannes Leis, wissenschaftlicher Mitarbeiter Schwerpunkt Vliesstoffe/Recycling (beide STFI) über den aktuellen Stand des Förderprojektes.

Wie ist der aktuelle Stand des Projekts?
Aktuell befinden wir uns in der Phase der Versuchsdurchführungen und der iterativen Optimierung gleich mehrerer Projektbausteine. Erwartungsgemäß sind für die mechanische Aufbereitung selbst und auch die Einstellung des Spinnprozesses mit den verschiedenen Varianten mehrere Schleifen notwendig. Letztendlich zielt das Projekt ja darauf ab, die Prozesse der mechanischen Aufbereitung und der Spinnerei als Verarbeitung aufeinander abzustimmen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Gleichzeitig ist die Ermittlung der Qualitätskriterien der erzeugten Fasern nicht trivial. Hierfür braucht es zudem die Weiterentwicklung von Prozessen und Prüfmethoden, welche in der Industrie produktiv umsetzbar sind und welche eine Beurteilung der Qualität der erzeugten Fasern tatsächlich und unbeeinflusst von z.B. Restgarnen ermöglichen. Wirklich bemerkenswert ist das Interesse und die Bereitschaft der Industrie die Projektarbeit voranzutreiben. Die in beträchtlichem Umfang benötigten Mengen an Materialien für unsere Versuche haben wir von der ReSales Textilhandel und -recycling GmbH, von der Altex Textil-Recycling GmbH & Co. KG und der Gebrüder Otto GmbH & Co. KG erhalten. Des Weiteren sind mit der Temafa Maschinenfabrik GmbH, Nomaco GmbH & Co. KG, Schill + Seilacher GmbH, Spinnerei Neuhof GmbH & Co. KG und Maschinenfabrik Rieter AG viele Mitglieder des projektbegleitenden Ausschusses von der Beratung bis hin zu der Bereitstellung von Technologien aktiv in das Projekt involviert. Die Firma Textechno Herbert Stein GmbH & Co. KG hat für die Dauer des Projektes ein Prüfgerät des Typ MDTA4 zur Verfügung gestellt und unterstützt unserer Arbeit in Bezug auf die Beurteilung der mechanisch aufbereiteten Fasern. Hierüber sind wir natürlich besonders froh, denn so konnten wir sowohl in der mechanischen Aufbereitung, der Prüfung als auch der Spinnerei mehrere Technologien betrachten und analysieren. Wir erwarten, zu Beginn des kommenden Jahres detailliertere Aussagen treffen zu können.

Welche Ansätze halten Sie für besonders vielversprechend?
Bezogen auf Technologien müssen wir auf die Auswertung und Analyse der Versuchsdurchführungen verweisen, welche derzeit noch andauern. Im ersten Quartal des nächsten Jahres werden wir hierzu mehr ins Detail gehen können.

Es zeichnen sich natürlich schon Dinge ab. Bei den meta-Aramid-Abfällen ließen sich sehr schnell vielversprechende Ansätze finden, bei der Post-Consumer-Baumwolle ist dies deutlich komplexer. Offensichtlich ist die Verbindung zwischen Qualität des Ausgangsmaterials und der Qualität der Erzeugnisse. Wir haben in den beschafften Waren teilweise bereits sehr niedrige mittlere Faserlängen feststellen können, diese spiegeln sich zu einem gewissen Grad natürlich direkt im Output unserer Prozesse wider. Daraus leitet sich, das ist keine neue Erkenntnis, erneut eine große Bedeutung des Designs der Textilien ab.

Worin liegen die Herausforderungen?
Neben dem zu erwartenden hohen Kurzfaseranteil sind die Restgarne nach dem Reißprozess ein Thema mit besonderem Fokus. Zwischen den Materialien und Aufbereitungstechnologien kann der Anteil dieser Restgarne variieren, aber die weitere Auflösung der Produkte des Reißprozesses ist essenziell.
Werden die Prozesse in einer Nutzungsphase weitergedacht, stellt sich die Frage des Designs natürlich auch für die bestmögliche Verwendung von recycelten Fasern. Viele Probleme, aber auch die Lösungsansätze für die Verwendung von vergleichsweise kurzen Fasern sind auch auf die (mehrfache) Verwendung von mechanisch recycelten Fasern zu erwarten.

Kann man beim Endprodukt von einem Upcycling sprechen?
Wir sehen das Garn-zu-Garn-Recycling weder als Up- noch als Downcycling, sondern als Kreislaufführung. Hintergrund ist, dass die Erzeugnisse in dieselbe Anwendung gehen sollen aus der sie gekommen sind und dabei mit Primärmaterial konkurrieren müssen. Dies bedeutet, dass gewisse spezifische Anforderungen zu erfüllen sind und gleichzeitig erheblicher Preisdruck herrscht. Beim Downcycling wird eine deutliche Verringerung der Eigenschaften in Kauf genommen, beim Upcycling kann aufgrund der höherpreisigen Anwendung der Aufbereitungsaufwand aufgefangen werden. Bei dem Bestreben, aus Garnmaterial wieder Garnmaterial zu fertigen, ist beides nur in geringem Maß zulässig. Dies stellt die besondere Herausforderung dar.

Was bedeutet ein aus Alttextilien aufbereitetes Rezyklat für den Spinnprozess?
Ein Teil dieser Fragestellung soll im Projekt durch die detaillierte Klassifizierung der aufbereiteten Fasern beantwortet werden und ist somit Gegenstand der aktuell laufenden Untersuchungen. Es zeigt sich, dass es neben den eher offensichtlichen Punkten wie deutlich reduzierte Faserlänge, Prozessstörungen durch unaufgelöste Gewebe und Garnstücke auch weniger offensichtliche Aspekte wie z.B. eine deutlich erhöhte Abgangsmenge für die Verarbeitung im Spinnprozess zu beachten sind. Die Abgangsmenge ist dabei von besonderem Interesse, denn am Ende soll im neu hergestellten Garn auch ein erheblicher Anteil an aufbereiteten Fasern enthalten sein.

Welche Konsequenzen hat das für den Textilmaschinenbau?
Die Konsequenzen, die zum aktuellen Zeitpunkt bereits abgeschätzt werden können, sind, dass insbesondere bei der Verarbeitung von Baumwolle der Maschinenpark im Spinnereivorwerk auf die Verarbeitung von (Neu-)Naturfasern mit einem gewissen Schmutzanteil spezialisiert ist. Bei aufbereiteten Fasern handelt es sich im Gegensatz zu den Neufasern um saubere Fasern mit deutlich höherem Kurzfaseranteil. Elemente, die gut Schmutz entfernen können, scheiden auch vermehrt kurze Fasern aus, das kann unter Umständen zu ungewollt hohen Abgangsmengen führen. Es ist somit notwendig die etablierte Maschinentechnologie an das neue Anforderungsprofil des Rohstoffes „aufbereitete Fasern“ anzupassen. Analoge Anpassungen sind vermutlich über die komplette Verarbeitungskette bis ins Garn notwendig. Im Streckwerk der Spinnmaschine natürlich eher bedingt durch den hohen Kurzfaseranteil als durch Elemente, die auf das Ausreinigen von Schmutz und Fremdbestandteilen hin optimiert wurden.

Weitere Informationen:
DITF STFI Fasern Recycling Spinnerei
Quelle:

Textination GmbH

30.11.2021

Initiative für mehr Resilienz: Fraunhofer präsentiert White Paper »RESYST«

Vor dem Hintergrund aktueller Krisen wie der Corona-Pandemie oder der Hochwasserkatastrophe des Sommers 2021 wird deutlich: Krisen, die auf unzureichend resiliente Wertschöpfungsketten treffen, können dramatische Auswirkungen auf Unternehmen und sogar ganze Volkswirtschaften haben. Mit dem White Paper »RESYST« stellen 17 Fraunhofer-Institute eine Analyse aller Faktoren und Bedingungen für Resilienz vor und geben praktische Handlungsempfehlungen. Das Fazit der Forschenden: Wer nachhaltige Maßnahmen zur Steigerung der Resilienz einführt, bleibt selbst in Krisen innovativ und erfolgreich.

Die Folgen der Corona-Pandemie haben auch die deutsche Wirtschaft stark getroffen. Viele Branchen melden Lieferschwierigkeiten, allen voran die Autoindustrie, aber auch die Baubranche, Möbelhersteller, die Papierindustrie und Fahrradhersteller – sogar Spielwaren sind knapp.

Vor dem Hintergrund aktueller Krisen wie der Corona-Pandemie oder der Hochwasserkatastrophe des Sommers 2021 wird deutlich: Krisen, die auf unzureichend resiliente Wertschöpfungsketten treffen, können dramatische Auswirkungen auf Unternehmen und sogar ganze Volkswirtschaften haben. Mit dem White Paper »RESYST« stellen 17 Fraunhofer-Institute eine Analyse aller Faktoren und Bedingungen für Resilienz vor und geben praktische Handlungsempfehlungen. Das Fazit der Forschenden: Wer nachhaltige Maßnahmen zur Steigerung der Resilienz einführt, bleibt selbst in Krisen innovativ und erfolgreich.

Die Folgen der Corona-Pandemie haben auch die deutsche Wirtschaft stark getroffen. Viele Branchen melden Lieferschwierigkeiten, allen voran die Autoindustrie, aber auch die Baubranche, Möbelhersteller, die Papierindustrie und Fahrradhersteller – sogar Spielwaren sind knapp.

Die Industrie sollte die dramatischen Lieferengpässe zum Anlass nehmen, ihre Fähigkeit zur Resilienz zu überprüfen und zukunftsorientierte Maßnahmen zu planen. Hier setzt das White Paper »RESYST Resiliente Wertschöpfung in der produzierenden Industrie – innovativ, erfolgreich, krisenfest« an. 17 Fraunhofer-Institute des Fraunhofer-Verbunds Produktion bringen ihre langjährigen, umfassenden Erfahrungen und aktuellen Forschungsergebnisse ein. Die Autorinnen und Autoren wenden sich dabei nicht nur an ein Fachpublikum, sie wollen ihre Erkenntnisse auch einer breiten Öffentlichkeit aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik nahebringen.    

Reaktion auf Krisen und unerwartete Störfälle
Das White Paper untersucht die Auswirkungen unerwarteter Störfälle und plötzlich hereinbrechender Krisen auf Unternehmen und diskutiert Maßnahmen und Weichenstellungen, die auf den Ebenen der Unternehmen, des Wertschöpfungssystems oder der Politik getroffen werden können, um die Resilienz deutlich zu erhöhen. Wesentliche Faktoren sind dabei unter anderem Qualifikation und Motivation der Mitarbeitenden, der Aufbau alternativer Prozessketten oder eine schnellere Zertifizierung von Produkten und Prozessen durch die zuständigen Institutionen. Darüber hinaus sollten sich staatliche Unterstützungsleistungen nicht punktuell auf einzelne Branchen oder Unternehmen fokussieren, sondern ganze Wertschöpfungssysteme in den Blick nehmen.

»Von internationalen Handelskonflikten über die Auswirkungen des Klimawandels bis hin zur Corona-Pandemie – die vergangenen Jahre haben gezeigt: Resilienz ist eine tragende Säule für eine funktionierenden Wirtschaft, insbesondere der produzierenden Industrie,« sagt Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. »Die deutsche Wirtschaft steht heute vor enormen Herausforderungen. Sie muss innovative Technologien im Kampf gegen den Klimawandel auf den Markt bringen und ihre technologische Souveränität im globalen Wettbewerb ausbauen. Das White Paper »RESYST« vertieft das Verständnis für eine resiliente Wertschöpfung und bietet produzierenden Unternehmen praxisnahes Know-how zur Steigerung ihrer Resilienz und damit langfristiger Erfolgssicherung.«

Prof. Holger Kohl, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK und Koordinator des White Papers zum Forschungsprojekt RESYST, ergänzt: »Das Thema Resilienz wird immer noch unterschätzt. Unser White Paper will das Bewusstsein für dieses komplexe Thema schärfen, damit die Verantwortlichen der produzierenden Industrie frühzeitig Maßnahmen zur dringend notwendigen Verbesserung der Resilienz ergreifen. Eine zentrale Erkenntnis von RE-SYST ist dabei, dass eine sorgfältige Analyse der internen Geschäftsprozesse, Strukturen und oftmals versteckten Abhängigkeiten grundlegend für den erfolgreichen Aufbau resilienter Wertschöpfungssysteme ist.«
 
Rahmenmodell für resiliente Wertschöpfung

Das White Paper stellt erstmals das »Rahmenmodell für Resiliente Wertschöpfung« vor, das die Fraunhofer-Forschenden institutsübergreifend gemeinsam entwickelt haben. »Das Rahmenmodell bildet ein durchgängiges Gerüst, das alle relevanten Aspekte der Resilienz adressiert, sie miteinander vernetzt und mit handlungsorientierten Lösungsbausteinen verknüpft«, erläutert Kohl. Das gibt Unternehmen die Möglichkeit, die strategisch angelegten Resilienz-Ziele nahtlos mit den Erfordernissen des Tagesgeschäfts zu verbinden. Die »RESYST«-Autoren begnügen sich nicht mit theoretischen Erörterungen. Das Rahmenmodell und die Analysen werden mit praktischen Handlungsempfehlungen, konkreten Beispielen und einer Reihe von Case Studies anschaulich gemacht.
 
Die Forschenden der Fraunhofer-Gesellschaft senden mit ihrem White Paper »RESYST« aber auch eine optimistische Botschaft aus. »Resilienz ist mehr als nur Krisenvorsorge, vielmehr hilft sie auch jenseits von Krisen innovativ und agil zu bleiben. Denn intakte und resiliente Wertschöpfungssysteme sind essenziell für den Wirtschaftsstandort Deutschland«, sagt Holger Kohl.

Das White Paper »RESYST« steht in einer Printversion und als kostenloser Download im PDF-Format zur Verfügung.

(c) PERFORMANCE DAYS
16.11.2021

PERFORMANCE DAYS 2021: Hybride Veranstaltung im Dezember

Vom 1. bis 2. Dezember 2021 trifft sich die Branche wieder live auf dem Messegelände in München. Fachbesucher, Brancheninsider und Experten dürfen sich auf einen persönlichen Austausch, intensives Networking, spannende Stoffinnnovationen und andere Programm-Highlights freuen. Die Messe wird unter strenger Einhaltung der aktuellen offiziellen Hygienevorschriften in enger Kooperation mit der Messe München stattfinden. Die als Hybridveranstaltung geplante PERFORMANCE DAYS bietet zusätzlich die Möglichkeit, das Angebot digital zu verfolgen.

Vom 1. bis 2. Dezember 2021 trifft sich die Branche wieder live auf dem Messegelände in München. Fachbesucher, Brancheninsider und Experten dürfen sich auf einen persönlichen Austausch, intensives Networking, spannende Stoffinnnovationen und andere Programm-Highlights freuen. Die Messe wird unter strenger Einhaltung der aktuellen offiziellen Hygienevorschriften in enger Kooperation mit der Messe München stattfinden. Die als Hybridveranstaltung geplante PERFORMANCE DAYS bietet zusätzlich die Möglichkeit, das Angebot digital zu verfolgen.

Live in München: PERFORMANCE DAYS in Halle A6
In der Halle A6 auf dem Gelände der Neuen Messe München erwartet Fachbesucher ein Portfolio aus Ausstellern, die in München ihre neuen Funktionstextilien und Stoffinnovationen für die kommende Wintersaison Winter 2023/24 zeigen. Aussteller, die nicht vor Ort ihre Highlights präsentieren können, sind zudem über die digitale Plattform PERFORMANCE DAYS LOOP während der Messe erreichbar. Im Rahmen des neuerarbeiteten Konzepts „Remote Booths“ finden Fachbesucher erstmals auch Kollektionen von Ausstellern, die nicht in München sein können. Interaktiver Austausch per Chat, Anruf oder Video-Call ist vorgesehen.

Als Liveveranstaltung sind zwei weitere PERFORMANCE DAYS-Messen geplant: Die Functional Fabric Fair by PERFORMANCE DAYS in Portland, Oregon, USA vom 17. bis 18. November 2021 und die Functional Textiles Shanghai by PERFORMANCE DAYS vom 6. bis 7. Dezember 2021. Registrierungen sind möglich unter www.functionalfabricfair.com und www.functionaltextilesshanghai.com.

PERFORMANCE FORUM gemeinsam mit USA-Messe
Eine ausgewählte Experten-Jury hat sich im Vorfeld der PERFORMANCE FORUMS wieder zwei Tage über die Stoffinnovationen der Saison Winter 23/24 ausgetauscht. Um eine Rundum-Marktübersicht zu gewährleisten, wird das PERFORMANCE FORUM erstmals zusammen mit der USA-Messe in Portland die Highlights kuratieren. So werden bei der nächsten Messe nicht nur die Neuheiten der Münchner Aussteller zu sehen sein, sondern auch die Highlights der Portland-Messe. Das diesjährige Focus Topic in Kooperation mit der Vaude Academy wird sich mit dem Thema „The Sustainable Future of Nylon“ und einer eigens dafür ausgewählten Material-Auswahl an Stoffen beschäftigen. Zudem wird im Rahmen der Wintermesse die „sustain & innovate“ Nachhaltigkeitkonferenz, die in enger Kooperation mit der SAZsport organisiert wird, das Thema mit Rednern, Webinaren und Diskussionsrunden intensiv durchleuchten. Das Programm wird live von der Messe übertragen und ist damit für alle auch digital verfolgbar sein.

Eco Award und Performance Award für innovative Winterstoffe 23/24
In diesem Jahr vergab die Jury neben einem PERFORMANCE AWARD auch einen ECO PERFORMANCE AWARD. Im Rahmen der Winterausgabe der PERFORMANCE DAYS werden in den einzelnen Kategorien die Stoff-Highlights plus Accessoire-Trends für Wintersaison 2023/24 im PERFORMANCE FORUM gezeigt. Zu den bekannten Segmenten gesellt sich im Winter erstmals die Rubrik Schuhe & Taschen, ebenso wird die renommierte Lifestyle-Kategorie unter dem neuen Titel „Function Meets Fashion“ fortgeführt. Besonders auffällig war in diesem Jahr der hohe Innovations- und Qualitätsgrad vieler eingereichter Stoffe.

„Der Zusammenschluss der beiden PERFORMANCE FOREN unserer Messen in München und Portland hat zu einem deutlichen Plus an Qualität und Innovation geführt. Aufgrund der neuen Partnerschaft konnten nicht nur neue, spannende Hersteller dazugewonnen werden, auch ergab sich generell bei der Beteiligung ein deutlicher Zuwachs“, so Marco Weichert, CEO der PERFORMANCE DAYS.

Naturstoffe wie Bio-Baumwolle, Wolle oder Leinen bleiben gefragt. Dazu kom-men deutlich mehr Pflanzenfasern wie Hanf, Coconutshell, Bambus oder Fasern, die aus Ananas- bzw. Bananenblättern gewonnen werden. Der zusätzliche Einsatz von Rizinusöl, Zink oder Ingwer unterstützt die antibakterielle Wirkung, sorgt für bessere Atmungsaktivität, optimales Temperaturmanagement und macht den Stoff weich, leicht und hautverträglich. Das Thema Recycling zeigt vie-le neue Facetten und weist spannende Strömungen auf. Das Portfolio reicht vom Recycling von marinem Abfall, wie u.a. alte Bojen, Plastikmüll oder Fischernetzen, bis hin zum Wiederverwerten von Abfällen aus der Automobil- und Computerbranche, wie u.a. alte Autoreifen oder Computerchips. Natürliche Färbemethoden gewinnen zudem immer mehr an Bedeutung, ebenso wie das Zurückführen von Stoffen in den textilen Kreislauf.

Im Marketplace haben Besucher die Möglichkeit über 13.000+ Produkte der Aussteller zu sichten, darunter auch die Stoff-Highlights der einzelnen Kategorien des PERFORMANCE FORUMS. Um dem Besucher die Stoffe in Haptik, Design und Struktur so realitätsgetreu wie möglich digital präsentieren zu können, wurde das PERFORMANCE FORUM mit neuartiger 3D-Technik ausgestattet, darunter innovative Tools wie 3D Bilder, Videoanimationen und U3M Dateien zum Download.

Neben dem PERFORMANCE AWARD WINNER, der an drielease/Optimer geht, präsentiert sich ein ECO PERFORMANCE AWARD WINNER, verliehen an Long Advance.

Komplett neuer Look: drirelease setzt mit der Innovation Dricomfort Geo auf eine Mischung aus 6 % Lycra, 44 % Polyester und 50 % recyceltem Polyester. Die Verarbeitung der unterschiedlichen Fasern im Strickprozess in Kombination mit dem Dricomfort GEO-Finishing machen das wendefähige Interlock-Gewebe einzigartig.

Aufgrund eines speziellen Jacquard-Strickverfahrens, das für die Verarbeitung des recycelten Polyester-Garns verwendet wird, sind einzigartige, neue Muster- und Strickdesigns möglich. Das Material überzeugt durch Leichtigkeit und Vielseitigkeit. Die GEO-Technologie sorgt für ein optimales Management der Körpertemperatur. Die anpassungsfähige Technologie sorgt für eine ausgezeichnete Wärmeregulierung durch effizientes Wärmemanagement und verbesserten Feuchtigkeitstransport, um Komfort und Leistung zu optimieren. Darüber liefert GEO einen UV-Schutz bis zu 50+.

Neue Recyclingvariante: Long Advance zeigt mit LNT-21191-Z4C ein Post Consumer Nylon, der sich einer neuen Form des Recyclings öffnet. Der Stoff, der aus 7 % Elastan und 93 % recyceltem Polyamid via Mass Balance besteht, bringt neue Facetten beim Thema Recycling ins Spiel. BASF nutzt ab sofort recycelte Reifenabfälle und verarbeitet sie zu einer neuen Faser. Durch die Wiederverwertung wird der Bedarf an synthetischen Stoffen reduziert, um so den Ersatz erdölbasierter Kunststoffe durch Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zu fördern.

Foto: Pixabay
29.06.2021

Nachhaltige Kreislaufwirtschaft: Polypropylen-Recycling aus Teppichabfällen

Teppichabfälle bestehen zu einem erheblichen Teil aus erdölbasiertem Polypropylen. Bislang sind sie jedoch nicht recycelbar; sie werden daher verbrannt oder deponiert. Über ein neuartiges Lösungsmittel lässt sich das Polypropylen aus Teppichabfällen in Primärqualität zurückzugewinnen – ohne merkliche Qualitätseinbußen. Auch in punkto Kosten ist das Verfahren des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP und seiner Partner durchaus konkurrenzfähig. Entwickelt wurde es im EU-Projekt »ISOPREP«.

Etwa 1,6 Millionen Tonnen Teppichabfälle fallen pro Jahr an – allein in der EU. Der Großteil davon wird deponiert oder verbrannt, denn Teppiche gehören zu den Verbundwerkstoffen, bei denen man mit einem rein mechanischen Recycling kaum weiterkommt. Doch damit gehen viele Ressourcen verloren, schließlich bestehen Teppichabfälle, die im Projekt ISOPREP behandelt werden, etwa zu einem Viertel aus dem erdölbasierten Kunststoff Polypropylen.

Teppichabfälle bestehen zu einem erheblichen Teil aus erdölbasiertem Polypropylen. Bislang sind sie jedoch nicht recycelbar; sie werden daher verbrannt oder deponiert. Über ein neuartiges Lösungsmittel lässt sich das Polypropylen aus Teppichabfällen in Primärqualität zurückzugewinnen – ohne merkliche Qualitätseinbußen. Auch in punkto Kosten ist das Verfahren des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP und seiner Partner durchaus konkurrenzfähig. Entwickelt wurde es im EU-Projekt »ISOPREP«.

Etwa 1,6 Millionen Tonnen Teppichabfälle fallen pro Jahr an – allein in der EU. Der Großteil davon wird deponiert oder verbrannt, denn Teppiche gehören zu den Verbundwerkstoffen, bei denen man mit einem rein mechanischen Recycling kaum weiterkommt. Doch damit gehen viele Ressourcen verloren, schließlich bestehen Teppichabfälle, die im Projekt ISOPREP behandelt werden, etwa zu einem Viertel aus dem erdölbasierten Kunststoff Polypropylen.

Teppich-Recycling: Neuartiges Verfahren macht´s möglich
Ein Forscherteam, dem auch das Fraunhofer IBP angehört, hat im EU-Projekt »ISOPREP« (siehe auch Logo) ein neuartiges Recycling-Verfahren entwickelt. »Mit diesem lässt sich erstmals Polypropylen aus Teppichabfällen zurückgewinnen – und zwar in Primärqualität«, sagt Maike Illner, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IBP. Das wiedergewonnene Polypropylen kann also nicht nur für minderwertigere Produkte verwendet werden – man spricht dabei von »Down-Cycling« – sondern kommt mit seiner Qualität an die von neu hergestelltem Polypropylen heran. Es eignet sich somit auch für hochwertige Produkte.

Basis für das Verfahren ist ein besonderes Lösungsmittel, genauer gesagt ein ionisches Liquid. Besteht dieses aus den passenden Komponenten, löst es selektiv das Polypropylen aus den Teppichfasern heraus. Bevor das Expertenteam den Teppichabfällen mit dem Lösungsmittel zu Leibe rückt, werden diese gereinigt – dabei wird unter anderem möglichst viel des Teppichrückens abgetrennt– und zerkleinert. Die vorbehandelten Teppichabfälle kommen in einen Reaktor, in dem sie mit dem Lösungsmittel behandelt werden: Das Polypropylen wird selektiv im Lösungsmittel gelöst, was für eine effektive Abtrennung von Farbstoffen und anderen Additiven sorgt. Im größeren Labormaßstab mit mehreren Litern funktioniert das Verfahren bereits. Nun arbeitet das Konsortium daran, den Prozess auf eine Pilotanlage zu übertragen: Eine Tonne Teppichabfälle soll diese pro Tag recyclen können. Zum Projektende im März 2022 soll die Pilotanlage in Betrieb sein.

Kosten und Umweltwirkung
Doch ein Recyclingverfahren kommt nur dann zum großtechnischen Einsatz, wenn es kostenmäßig konkurrenzfähig ist. Das heißt in diesem Fall: Das recht teure ionische Liquid muss möglichst vollständig im Kreislauf geführt werden. »Liegen die Verlustraten bei einem Prozent oder darunter, hat der Prozess das Potenzial, hinsichtlich der Kosten mit der Neuherstellung von Polypropylen zu konkurrieren«, fasst Illner zusammen. »Das zeigt eine vorläufige ökonomische Analyse, die wir am Fraunhofer IBP durchgeführt haben.« Dazu untersuchten die Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher, welche Mengen an Material und Energie für den Prozess benötigt werden sowie was als Produkt wieder herauskommt, und errechneten die entsprechenden Kosten. Sie berücksichtigten in der ökonomischen Analyse zudem, wie sich die Kosten langfristig entwickeln könnten.

Die Ökologie des Teppich-Recyclings steht am Fraunhofer IBP im Fokus. Aufschluss gibt unter anderem die Lebenszyklusbetrachtung: Welche Emissionen beispielsweise entstehen beim Recyclingprozess? Auch hier gilt: Erreicht das Konsortium sein Ziel, die Verlustraten des Lösungsmittels auf ein Prozent und weniger zu senken, sind Primärenergiebedarf und Treibhausgasemissionen in einer ähnlichen Größenordnung wie die der Neuherstellung.

Auf andere Polypropylen-Abfallströme übertragbar
Zwar stehen Teppichabfälle im Blickpunkt des Projekts. Doch das entwickelte Verfahren kann deutlich mehr: Die Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass es sich auf eine Vielzahl an Abfallströmen übertragen lässt, die Polypropylen enthalten und für das konventionelle Recycling ungeeignet sind. »Ein Beispiel sind Polypropylen-Produkte, die Farbstoffe und Additive enthalten«, konkretisiert Illner. »Bislang ist es schwierig, diese aus dem Kunststoff herauszulösen, so dass sich das recycelte Polypropylen nur für einen minderwertigeren Einsatz verwenden lässt.« Mit dem neuen Verfahren lässt sich das Polypropylen nicht nur von anderen Materialien, sondern auch von zugesetzten Farbstoffen und Additiven trennen und steht somit einer hochwertigen Anwendung zur Verfügung.

Dieses Projekt wird mit Mitteln aus dem Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramm der Europäischen Union unter Grant Agreement Nr. 820787 gefördert.

Foto: Pixabay
15.06.2021

Bundeskabinett verabschiedet Entwurf zum deutschen Lieferkettengesetz

Am 3. März 2021 beschlossen, tritt es ab 01.01.2023 in Kraft – das Lieferkettengesetz für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden. Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten – das Lieferkettengesetz – soll noch vor der Sommerpause vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden.

Mit dem Brand einer Textilfabrik in Pakistan 2013, bei dem 250 Brandopfer zu beklagen waren, bekam das Thema des Lieferkettenmanagements und der Nachhaltigen Beschaffung eine große Öffentlichkeit und wurde auf verschiedenen Ebenen auf die politische Agenda gesetzt: Unternehmen können zwar ihre Produktion ins Ausland verlagern – nicht aber ihre Verantwortung.

Am 3. März 2021 beschlossen, tritt es ab 01.01.2023 in Kraft – das Lieferkettengesetz für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden. Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten – das Lieferkettengesetz – soll noch vor der Sommerpause vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden.

Mit dem Brand einer Textilfabrik in Pakistan 2013, bei dem 250 Brandopfer zu beklagen waren, bekam das Thema des Lieferkettenmanagements und der Nachhaltigen Beschaffung eine große Öffentlichkeit und wurde auf verschiedenen Ebenen auf die politische Agenda gesetzt: Unternehmen können zwar ihre Produktion ins Ausland verlagern – nicht aber ihre Verantwortung.

In den letzten Jahren wurden weltweit einige Schritte unternommen, um die Situation in den globalen Wertschöpfungsketten zu verbessern. Es geht insbesondere um das Einhalten von Menschenrechten, Soziale Belange und den Umweltschutz. Die Bilanz ist jedoch ernüchternd: Nach Angaben des BMZ verrichten aktuell 25 Mio. Menschen Zwangsarbeit, 75 Mio. Jungen und Mädchen weltweit sind von ausbeuterischer Kinderarbeit betroffen.

Doch wo fängt Verantwortung an, und wo endet diese? Der vor kurzem verabschiedete Gesetzentwurf über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten ist ein Kompromissbeschluss der beteiligten Ministerien für Entwicklung, Arbeit und Wirtschaft.

Experten der akkreditierten Berliner Zertifizierungsorganisation GUT Certifizierungsgesellschaft für Managementsysteme mbH haben Kernaussagen und Einschätzungen zusammengestellt:

Auf welche Menschenrechte beziehen sich die Sorgfaltspflichten?

  • Unversehrtheit von Leben und Gesundheit
  • Freiheit von Sklaverei und Zwangsarbeit
  • Schutz von Kindern und Freiheit von Kinderarbeit
  • Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen
  • Schutz vor Folter
  • Gerechte Arbeitsbedingungen (Arbeitsschutz, Pausen)
  • Umweltbezogene Pflichten zum Schutz der menschlichen Gesundheit

Kreis der betroffenen in Deutschland ansässigen Unternehmen und Fristen:

  • Ab 2023: Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden (über 600 Unternehmen in Deutschland)
  • Ab 2024: Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden (2.900 Unternehmen).

Pflichten in der Wertschöpfungskette
Die Verantwortung erstreckt sich neben dem eigenen Geschäftsbereich der betroffenen Unternehmen zunächst nur auf deren direkte Zulieferer und Dienstleister. Im Rahmen eines Risikomanagements sollen dabei nachteilige Auswirkungen auf die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten ermittelt und in entsprechenden Risikoberichten dokumentiert werden.

Solange keine konkreten Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen vorliegen, liegt das Kontrollieren der mittelbaren Zulieferer nicht in der Verantwortung der betroffenen Unternehmen.

Die Überprüfung der Dokumente soll durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erfolgen. Bei Verstößen gegen das Gesetz drohen den Unternehmen zunächst Sanktionen in Form von Bußgeldern, bei schwerwiegenden Verstößen jedoch auch der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Alles in allem sieht das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ jedoch weder eine Erfolgspflicht noch eine Garantiehaftung vor, sondern fordert von den betroffenen Unternehmen in erster Linie Maßnahmen im Rahmen einer „Bemühungspflicht“ ein.

Eine zivilrechtliche Haftung für etwaige Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette sieht das Gesetz nicht vor. Jedoch sollen ausländische Beschäftigte bei Verstößen gegen Menschen- und Arbeitsrechte die Möglichkeit bekommen, sich von Gewerkschaften und vor deutschen Gerichten vertreten zu lassen.

Was muss ein Unternehmen im eigenen Geschäftsbereich und beim unmittelbaren Zulieferer tun?
Unternehmen müssen folgende Maßnahmen umsetzen:

  • Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte verabschieden
  • Risikoanalyse: Verfahren zur Ermittlung nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte ein- und durchführen
  • Risikomanagement (inkl. Abhilfemaßnahmen), um potenziell negative Auswirkungen auf die Menschenrechte abzuwenden
  • Beschwerdemechanismus einrichten
  • Transparent und öffentlich Bericht erstatten
  • Im Fall einer Verletzung müssen im eigenen Geschäftsbereich unverzüglich Abhilfemaßnahmen ergriffen werden, die zwingend zur Beendigung der Verletzung führen. Zudem müssen weitere Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden
  • Wenn die Verletzung beim unmittelbaren Zulieferer nicht in absehbarer Zeit beendet werden kann, muss ein konkreter Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellt werden. Es sind hierfür geeignete Maßnahmen zu treffen, von einer Lieferantenentwicklung in einem festgelegten Zeitrahmen bis hin zum Einstellen der Geschäftsbeziehungen.

Was muss ein Unternehmen beim mittelbaren Zulieferer tun?
Hier gelten die Sorgfaltspflichten nur anlassbezogen. Erlangt das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß bei einem mittelbaren Zulieferer, so hat es unverzüglich:

  • eine Risikoanalyse durchzuführen
  • ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung umzusetzen
  • angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher zu verankern

Ist das ein Durchbruch? Kaum.
Mit dem Ziel, die menschenrechtliche Lage entlang der Lieferkette deutscher Unternehmen zu verbessern und damit die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte umzusetzen, verabschiedete die Bundesregierung bereits im Jahr 2016 den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Dieser forderte Unternehmen dazu auf, ihre Geschäftstätigkeiten und -beziehungen im Hinblick auf menschenrechtliche Risiken zu überprüfen und notwendige Maßnahmen umzusetzen – auf freiwilliger Basis.

Die Bilanz der Bundesregierung fiel jedoch ernüchternd aus. So ergab das von 2018 bis 2020 durchgeführte Monitoring des Umsetzungsstandes der Forderungen des NAPs, dass bisher weniger als 20% der befragten deutschen Unternehmen freiwillig ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachgekommen sind.

Nun werden die ethischen Pflichten zumindest für die großen Unternehmen in Deutschland Teil der Compliance. Der Großteil der betroffenen „Riesen“ ist mit der Pflicht bereits im Rahmen der EU-Konfliktmineralienverordnung und/oder der EU-CSR-Richtlinie vertraut: Die unternehmerische Verantwortung in der Lieferkette ist ein obligatorischer Teil der nicht-finanziellen Berichterstattung. Die Wesentlichkeitsbetrachtung wird dabei jedoch durch Schadensgrößen und nicht die Aktualität des Problems in der Lieferkette definiert.

Was ändert das neue Gesetz? Beim verabschiedeten Gesetz bleibt erstmal alles beim Alten: Das tiefere Betrachten und das Entwickeln der eigenen Lieferkette ist immer noch keine Pflicht.

Status Quo
Aus der Erfahrung beim Validieren von Nachhaltigkeitsberichten sehen GUTcert-Auditoren, dass sich viele deutsche Unternehmen verschiedener Größen auf Grundlage der eigenen unternehmerischen Nachhaltigkeit und den ethischen Pflichten bereits mit den Nachhaltigkeitsbelangen in der Lieferkette beschäftigen:

Die Einführung eines Code of Conduct als Verhaltenskodex für die Geschäftspartner gehört bereits zum Alltag in vielen Betrieben. Bei der erstmaligen Listung und Verlängerung der Verträge müssen die unmittelbaren Lieferanten und Dienstleister gewisse Pflichten übernehmen und in die eigene Wertschöpfungskette weitertragen.

Auch eine im Gesetz geforderte Dokumentation der Risikoanalyse und deren Ergebnisse ist kein Novum mehr. Spätestens im Rahmen der konventionellen wirtschaftlichen Belange sind die Risiken in Lieferketten nicht mehr wegzudenken. Die Pandemie hatte angesichts vielerorts unterbrochener Lieferketten dieses Thema noch stärker in den Fokus gerückt. Viele Unternehmen haben bereits die rein wirtschaftlichen Risiken um nachhaltigkeitsrelevante Themen, also um Umwelt- und soziale Belange, Menschenrechtsklauseln und Antikorruptionsregeln erweitert.

Was jedoch oft fehlt, ist eine wirksame Kontrolle über die jeweilige Leistung der Geschäftspartner. Die Selbstauskunft ist das gängige Instrument bei der Nachweisführung der Nachhaltigkeit in der Lieferkette. Vor-Ort Kontrollen sind mit hohen Kosten und oft mit der Unwissenheit über das mögliche Instrumentarium eines Nachhaltigkeitsmanagements verbunden. Einige Risiken bleiben daher oft „blind spots“.

Was tun?
Eine über die Länder, Branchen und Produkte bezogene Matrix von eigenen unternehmerischen Nachhaltigkeitsrisiken der Wertschöpfungskette ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Mit und ohne Gesetz: Wichtig ist, die eigene Lieferkette ernsthaft zu betrachten und die Grenzen so zu legen, dass an bestehenden Risiken der Verletzung tatsächlich gearbeitet werden kann – Schritt für Schritt. So kann jedes Unternehmen die wesentlichen Risiken und Chancen mit überschaubarem Aufwand herausarbeiten. Hilfe bieten einige international anerkannte Quellen, die als Grundlage zur Risikobetrachtung dienen können.

Aus den wesentlichen Risiken und Chancen sollten Ziele und Maßnahmen abgeleitet werden. Diese können von eigenen Kontrollen über die Verbandsarbeit in der eigenen Branche bis hin zur Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, Plattformen und Zertifizierungen reichen. Es gibt viele Optionen, wenn danach gesucht wird.

Quelle:

GUT Certifizierungsgesellschaft für Managementsysteme mbH

Foto: pixabay
18.05.2021

ECO PERFORMANCE AWARD und PERFORMANCE AWARD für innovative Sommerstoffe 2023

Vom 17. bis 21. Mai 2021 findet die digitale Messewoche der Performance Days statt und sorgt Online für ein Mehr an Informationen, aktuellen Trends und Materialinnovationen. So hat die Branche die Möglichkeit, mit Ausstellern in Kontakt zu treten.

Im Fokus des zukunftsweisenden PERFORMANCE FORUMS stehen im Sommer die Gewinner der beiden Awards. Auch in diesem Jahr vergibt die Jury neben einem PERFORMANCE AWARD einen ECO PERFORMANCE AWARD.

Funktion neu gedacht: Herausragende Stoffinnovationen für die Saison Sommer 2023
Pflanzenfasern wie Hanf, Biobaumwolle, Bambus, Wolle, Kapok oder Coconutshell bleiben gefragt, zudem verzichten Hersteller vermehrt auf umweltschädliche Chemikalien, vermeiden Mikroplastik, befürworten natürliches Färben und versuchen Stoffe entweder wieder in den Kreislauf zurückzuführen, Plastik und anderen Abfall zu recyceln oder Fasern so herzustellen, dass sie biologisch abbaubar sind.

Vom 17. bis 21. Mai 2021 findet die digitale Messewoche der Performance Days statt und sorgt Online für ein Mehr an Informationen, aktuellen Trends und Materialinnovationen. So hat die Branche die Möglichkeit, mit Ausstellern in Kontakt zu treten.

Im Fokus des zukunftsweisenden PERFORMANCE FORUMS stehen im Sommer die Gewinner der beiden Awards. Auch in diesem Jahr vergibt die Jury neben einem PERFORMANCE AWARD einen ECO PERFORMANCE AWARD.

Funktion neu gedacht: Herausragende Stoffinnovationen für die Saison Sommer 2023
Pflanzenfasern wie Hanf, Biobaumwolle, Bambus, Wolle, Kapok oder Coconutshell bleiben gefragt, zudem verzichten Hersteller vermehrt auf umweltschädliche Chemikalien, vermeiden Mikroplastik, befürworten natürliches Färben und versuchen Stoffe entweder wieder in den Kreislauf zurückzuführen, Plastik und anderen Abfall zu recyceln oder Fasern so herzustellen, dass sie biologisch abbaubar sind.

Im Marketplace haben Besucher die Möglichkeit, über 9.000 Produkte der Aussteller zu sichten, darunter auch die Stoff-Highlights der einzelnen Kategorien des PERFORMANCE FORUMS. Um dem Besucher die Stoffe in Haptik, Design und Struktur so realitätsgetreu wie möglich digital präsentieren zu können, wurde das PERFORMANCE FORUM mit neuartiger 3D-Technik ausgestattet, darunter innovative Tools wie 3D Bilder, Videoanimationen und U3M Dateien zum Download.

Einzigartig: PERFORMANCE AWARD & ECO PERFORMANCE AWARD Winner
Auch für die Frühjahr/Sommersaison 2023 hat die Jury zwei Awards für herausragende Neuentwicklungen vergeben – so präsentiert sich neben dem PERFORMANCE AWARD Winner, der an Trenchant Textiles geht, auch ein ECO PERFORMANCE AWARD Winner, verliehen an Utenos Trikotazas.

Nachhaltigkeit auf höchster Ebene, Wellbeing für Körper & Seele:
Mit einem vollständig biologisch abbaubaren, gebürsteten Fleece-Material aus 11% Hanf, 63% Organic Cotton und 26 % Tencel überzeugte Utenos Trikotazas die Jury und holte sich für nachhaltigen Komfort den ECO PERFORMANCE AWARD. Das extrem flauschige Material liegt angenehm auf der Haut und besticht mit einer unfassbar weichen Haptik. Hanf ist bekannt für seine natürliche antibakterielle Wirkung und natürlichen UV-Schutz. In Kombination mit Bio-Baumwolle und Tencel garantiert dieser Stoff eine perfekte Wärme- und Geruchsregulierung.

Funktion neue gedacht, Grenzen aufbrechen und Raum für Neues schaffen: Passend zum Focus Topic der digitalen Messewoche „Still Physical – Your Success Story of 2020“ wurden in der neuen Stoffkonstruktion von Trenchant Textiles funktionelle Features mit modischem Design verbunden, die den PERFORMANCE AWARD verdient. Die Membran auf der Außenseite, SlickrB, besteht aus ungiftigem, nachhaltigen Polypropylen-Membran. Durch das Drucken von Punktmustern auf die Oberfläche der Membran, erhält der Stoff eine bessere Abriebfestigkeit bei gleichzeitiger Beibehaltung der Atmungsaktivität. Revolutionär: Muster und Farben können je nach Belieben individuell geändert werden. Der Innenliner aus N15DW (15D gewebtes Polyamid) sorgt ebenfalls für Reißfestigkeit sowie für ausreichend, aber nicht zu viel Dehnung.

(c) Neonyt/Messe Frankfurt GmbH
30.03.2021

Circularity und Fashion: Interview zur Business- und Kommunikationsplattform Neonyt

Kreislauf- statt Wegwerfwirtschaft – von Fast Fashion zur Zero-Waste-Philosophie. Die Eckpfeiler der Circular Economy im Modebusiness lauten: Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung durch neue Verfahren, kontinuierliche Wiederverwertung von Produkten und Materialien und Regeneration der natürlichen Systeme. Textination sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Thimo Schwenzfeier, Show Director Neonyt, von der Messe Frankfurt über das Messeformat Neonyt als Business- und Kommunikationsplattform für Circularity & Fashion.
 
Es ist rund 10 Jahre her, dass sich die Messe Frankfurt auf das „nachhaltige“ Fashion-Messeparkett wagte. Zunächst mit der Ethical Fashion Show, dann mit dem Greenshowroom gab es zwei Messeformate in Berlin, die sich dem Thema grüne Mode widmeten. Was hat Sie als Messeveranstalter damals zum Launch eines solchen Spezialformats in Deutschland bewogen?

Kreislauf- statt Wegwerfwirtschaft – von Fast Fashion zur Zero-Waste-Philosophie. Die Eckpfeiler der Circular Economy im Modebusiness lauten: Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung durch neue Verfahren, kontinuierliche Wiederverwertung von Produkten und Materialien und Regeneration der natürlichen Systeme. Textination sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Thimo Schwenzfeier, Show Director Neonyt, von der Messe Frankfurt über das Messeformat Neonyt als Business- und Kommunikationsplattform für Circularity & Fashion.
 
Es ist rund 10 Jahre her, dass sich die Messe Frankfurt auf das „nachhaltige“ Fashion-Messeparkett wagte. Zunächst mit der Ethical Fashion Show, dann mit dem Greenshowroom gab es zwei Messeformate in Berlin, die sich dem Thema grüne Mode widmeten. Was hat Sie als Messeveranstalter damals zum Launch eines solchen Spezialformats in Deutschland bewogen?

Olaf Schmidt: Das Texpertise Network der Messe Frankfurt vereint die international bedeutendsten Textilmessen – auf rund 60 Veranstaltungen weltweit zeigen wir, was die Textil- und Modebranche bewegt. Wir bilden die aktuellen Themen und Trends ab und setzen Impulse für die gesamte textile Wertschöpfungskette. Die Messe Frankfurt hat früh den Bedarf an einer geeigneten Plattform für das Zukunftsthema Nachhaltigkeit erkannt und es war daher naheliegend, unsere Expertise im Bereich Fashion zu erweitern und der Nachfrage aus diesem Segment entgegenzukommen. Dafür haben wir bestehende Formate adaptiert und neu ausgerichtet: Nach dem Start der Ethical Fashion Show in Paris im Jahr 2004 übernahm die Messe Frankfurt France die Veranstaltung im Jahr 2010. Zwei Jahre später gründete die Messe Frankfurt in Deutschland die Ethical Fashion Show Berlin und fand mit dem Umzug des Events in die polarisierende Hauptstadt die richtige Location für die kommenden Jahre. Die Messe Frankfurt legte den dort bereits bestehenden Greenshowroom mit der Ethical Fashion Show zusammen und ab Januar 2015 fanden die beiden Messen in einer gemeinsamer Venue statt. Die Ausrichtung dieser Veranstaltungen war für die Messe Frankfurt der nächste logische Schritt auf unserem Weg in eine nachhaltige Modezukunft – das Konzept ist inzwischen am Markt für Sustainable Fashion etabliert und besitzt ungebrochenes Wachstumspotential. Der Zusammenschluss des Messeduos 2019 unter dem aktuellen Namen Neonyt ermöglichte uns, unseren Aussteller*innen und Besucher*innen eine neue inhaltliche Ausrichtung und einen holistischen Ansatz beim Thema Nachhaltigkeit sowie einen direkteren Zugang zum konventionellen Modemarkt, insbesondere was den Handel angeht. Im Sommer 2021 findet die Neonyt erstmals am neuen Fashion Hotspot Frankfurt im Rahmen der neuen Frankfurt Fashion Week statt.

 
2019 wurden beide Veranstaltungsformate verschmolzen, die neue Messe Neonyt war geboren und aus 1 + 1 wurde was? Welche Komponenten bietet die Neonyt zusätzlich zu den vorherigen Messekonzepten, was ist so „neu-neu“ und wie kamen Sie eigentlich auf den Namen?

Thimo Schwenzfeier: Aus eins plus eins, wie Sie so schön sagen, wurde mit der Neonyt nämlich nicht einfach nur zwei. Aus eins plus ein wurde einzigartig, neoneu, international relevant: Das Messe-Business wurde unter anderem um das internationale Konferenzformat Fashionsustain und einen Showcase ergänzt, um das Thema Nachhaltigkeit schrittweise mit den Themen Technologie, Innovation und Vorstufe zusammenzuführen. Für den nötigen Lifestyle sorgt unser Content Creator-Format Prepeek und den Glamour der Modewelt bringt die Fashionshow. Neonyt vereint die wichtigsten Elemente der internationalen Textil- und Modebranche – Style, Business, Inspiration, Innovation, Wissen, Spaß und Community. Und genau das ist es auch, was Neonyt so „neu-neu“ macht. Progressiv und polarisierend – das Kunstwort Neonyt leitet sich ab vom altgriechischen Wort „neo“ (dt. neu, revolutionär) und dem skandinavischen Wort „nytt“ (dt. neu). „Das erneuerte Neu“ – Neonyt ist unser Synonym für den fundamentalen Transformationsprozess der Textil- und Modebranche, eine Neuinterpretation dessen, was bereits da gewesen ist und unseren Anspruch, nicht stillzustehen und gemeinsam positive Veränderungen voranzutreiben.

 
Für das Neonyt-Messeformat haben Sie sich mit Partnern - beispielsweise für Konferenzkomponenten und im Designbereich - verstärkt.
Welche Expertise bringen diese ein, und worin liegt der Mehrwert für Aussteller und Besucher?

Thimo Schwenzfeier: Wir wissen, mit welchen Zukunftsthemen sich unsere Brands und die Community gerade befassen und schaffen dafür die richtige Plattform – für persönliche Begegnungen und Austausch, für Networking und erfolgreiche Geschäftsabschlüsse. Schlicht gesagt: Wir machen Messen, wir veranstalten Events, wir sorgen für die richtigen Rahmenbindungen, wir connecten Menschen und Business. Die Neonyt bildet somit die globale Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Akteur*innen der Textil- und Modebranche – zwischen Industrie, Handel, Politik, Dienstleistung und Konsum. Und damit ein lebendiger, transparenter und vor allem authentischer Dialog zwischen allen Counterparts entstehen kann, greifen wir natürlich auf das Wissen von Branchenexpert*innen zurück und gehen starke Partnerschaften ein, um Fashion und Sustainability weiter nach vorne zu bringen. Denn nur gemeinsam können wir wirkliche Veränderungen erreichen und garantieren, dass unsere Community mit ausreichend und vor allem der richtigen Information versorgt ist, um eigenbestimmte Entscheidungen treffen zu können.
 

In den letzten Jahren trifft man allerorten in der Modeindustrie auf das Schlagwort Zirkularität – oder vielmehr auf Circularity und Closing the Loop. Ob Stella McCartney, die Ellen MacArthur Foundation, große Handelskonzerne – viele Akteure und Entscheider sind der Ansicht, dass nur in einer Kreislaufwirtschaft und nicht in einem – wie auch immer gearteten – Downcycling die Zukunft für die Modewelt liegt. Wie sieht das die Neonyt?
         
Thimo Schwenzfeier: Richtig, das Konzept der Circular Economy ist kein neues und auch nicht nur auf die Textil- und Modeindustrie begrenzt. Circularity – eigentlich das Nonplusultra für jedes Produkt, jede Indus–trie, für unsere globale Gesellschaft. Das Konzept ist vermeintlich einfach: Alle Materialien und Produkte werden in einem geschlossenen Kreislauf gehalten, die Nutzungsdauer erhöht und am Ende des Produktlebenszyklus wird alles wieder zurückgeführt. Viele nachhaltige Modelabels zeigen bereits, wie’s gemacht wird. Neonyt-Brands sind ganz vorne mit dabei und setzen jetzt schon Praktiken um, die schnellstmöglich zum Standard werden sollten: angefangen bei T-Shirts oder Schuhen aus recycelten Materialien und Rücknahmesysteme für Kollektionsteile über kompostierbare Kleidung, die sich am Ende des Produktlebenszyklus „auflöst“ und in ihre natürlichen Bestandteile zerfällt, bis hin zu Repair-Services und Leasing-Modellen für Denim und Co. – ganzheitlich denken, nachhaltig handeln und zirkulär produzieren, das sind definitiv die Trends der kommenden Modesaisons und mindestens ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Bestandteil der zukünftigen Modewelt.

 
Damit der Gedanke einer Kreislaufwirtschaft erfolgreich implementiert werden kann, bedarf es eines Zusammenspiels von Technologie, Produktion, Design und Vertrieb. Welche Präsentationsoptionen und Kommunikationsformen hält die Neonyt für die verschiedenen Komponenten bereit?  

Thimo Schwenzfeier: Die kombinierte Innovationskraft aus den Bereichen Technologie, Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist ein wichtiger Treiber für die aktuellen Entwicklungen in der Textil- und Modebranche – auch beim Thema Circularity. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette verändern sich Prozesse und Produktionsabläufe – die Branche muss sich größtenteils neu erfinden. Die Neonyt zeigt, wie dies nachhaltig erfolgreich funktioniert, mit dem international etablierten Konferenzformat Fashionsustain – mit Spin-offs in China, Europa und den USA –sowie dem ergänzenden Showcase. Diese beiden Formate bieten gemeinsam die ideale Mischung aus Orientierung und Inspiration, um die Branche für die Zukunft zu wappnen. Virtuelle Mode, authentische Marken und textile Wertschöpfungsketten, Wissenschaft und Innovation sowie Retail, Business Models und Impact Investment – bei der Fashionsustain tauschen sich hochkarätige Expert*innen mit einem interessierten Fachpublikum aus und diskutieren den Wandel und neue Lösungen der Textil- und Modebranche. Der Neonyt Showcase vertieft die Themen und Innovationen, die auf der Bühne der Fashionsustain präsentiert und diskutiert werden. Expert*innenwissen on-demand sozusagen: ob Microfactories oder Installationen – Neonyt-Brands aber auch Brands aus dem restlichen Texpertise Network der Messe Frankfurt, wie zum Beispiel Aussteller*innen der Texprocess, bekommen so die Chance, nachhaltige Innovationen, neue Technologien und Materialien, Initiativen, Change-Maker-Kampagnen oder Forschungsprojekte zu präsentieren und in den direkten und praxisnahen Austausch mit der internationalen Cross Sector-Community der Neonyt zu treten.
 

Das letzte Jahr war aufgrund der Pandemie-Situation für Messeunternehmen eine bisher ungesehene Herausforderung. Auch die Neonyt hat es getroffen – und Präsenzveranstaltungen mussten abgesagt werden. Mit einem digitalen Format „Neonyt on Air“ haben Sie versucht, Ausstellern und Besuchern eine alternative Plattform zu bieten. Wie sind Ihre Erfahrungen: Haben der Messefokus und dessen Community vielleicht sogar dazu beigetragen, eine solche virtuelle Veranstaltung einfacher zu platzieren?  

Olaf Schmidt: Corona hat bereits vieles verändert und wird das sicherlich auch weiterhin auf die eine oder andere Art tun. Dennoch wird es weiterhin unsere Aufgabe als Messeveranstalter sein, der Industrie die bestmöglichen Begegnungsplattformen anzubieten, um ihre neuen Produkte weltweit zu präsentieren. Wir sind fest davon überzeugt, dass sich auch in Zukunft Menschen persönlich begegnen möchten, um sich über neue Produkte und Dienstleistungen auszutauschen. Das gilt ganz besonders für den Bereich Textil, in dem Haptik eine ganz entscheidende Rolle spielt. Wir gehen davon aus, dass sich nach der Krise sogar ein gewisser Nachholeffekt einstellt. Denn was die letzten beiden sehr erfolgreichen digitalen Saisons der Neonyt on Air beispielsweise dennoch deutlich gemacht haben: Mode lebt von Persönlichkeiten, von Inszenierung und Inspiration. Da können digitale Formate begleiten, aber keinen vollen Ersatz bieten.
 
Thimo Schwenzfeier: Die digitale Neonyt on Air war bei Weitem kein voller Ersatz für die ausgefallenen physischen Saisons, aber dennoch ein voller Erfolg. Eine Woche lang diskutierten Fashion-, Lifestyle- und Digitalexpert*innen in zahlreichen Keynotes, Interviews und Panel Discussions über mehr Authentizität, Unmittelbarkeit und Transparenz in der Textil- und Modebranche. Mit mehr als 24.000 internationalen Follower*innen auf Instagram generierten wir mit unseren „Presenting Partners“ Grüner Knopf, Hessnatur und Oeko-Tex in nur fünf Tagen rund 50.000 Impressionen und mehr als 4.700 Content-Interaktionen. Diese Zahlen zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und branchenübergreifend diskutiert wird. Ich denke, dass die Polarisierung und vor allem die vorherrschenden Einschränkungen, was Handel und Commerce angehen, sicherlich dazu beigetragen haben, ein erfolgreiches digitales Format abzuhalten. Digitalisierung war in dem Fall wirklich der Booster für die Modeindustrie: Statt den persönlichen Austausch zu ersetzen, hilft sie gerade in der aktuellen Zeit dabei, die Geschäftstätigkeit von Brands aufrecht zu erhalten und auszubauen. Und ganz klar, der Bedarf an Austausch in der Fashion-Branche und die Motivation, gemeinsam einen Wandel einzuleiten, sind weiterhin enorm. Das hat uns Neonyt on Air nochmals deutlich gezeigt. Aber wir freuen uns bereits jetzt auf die nächste physische Ausgabe der Neonyt.
 

Die COVID19-Pandemie hat auch in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein knappes Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf, für welche Unterstützung sind Sie dankbar und wo haben Sie sich allein gelassen gefühlt?  

Olaf Schmidt: Ein Jahr wie kein anderes – das lässt sich über das letzte wohl eindeutig sagen. Die Corona-Pandemie traf alle unvorbereitet, uns als Messeveranstalter, aber natürlich auch unsere Austeller*innen, Besucher*innen und Partner*innen. Vor allem in unmittelbarer Zukunft müssen wir weiterhin damit rechnen, dass Messen zunächst erst einmal nur unter strengeren Sicherheits- und Gesundheitsvorgaben stattfinden können. Die Messe Frankfurt hat hier schnell reagiert und dazu ein umfangreiches Schutz- und Hygienekonzept erarbeitet. Klar war: Wir alle müssen uns umstellen und mit einer neuen Situation umgehen. Und das haben wir bisher gemeinsam super gemeistert, das Teamverständnis untereinander, der enge Kontakt – zwar physisch auf Abstand, aber global vernetzt – zwischen allen Involvierten, lässt mich positiv gestimmt in die Zukunft blicken. Für mich ist eine wichtige Erkenntnis dieser globalen Pandemie, ein Credo schon fast, offen für neue Wege und Chancen zu sein und eher Möglichkeiten zu finden, Dinge zu kombinieren als sie zu trennen: Hybride Lösungen sozusagen.    

Thimo Schwenzfeier: Für die Neonyt gab es gab keinen Masterplan und stellenweise trat auch das Gefühl in den Vordergrund, man müsse jetzt für „das Rad neu erfinden“: Wie funktioniert Zusammenarbeit, wenn persönliche Treffen nicht stattfinden können? Kann digitalisierte Nähe die aktuell auferlegte soziale Distanzierung auffangen und ermöglichen, trotzdem eng zusammenzuarbeiten? Wie können Geschäftsbeziehungen gepflegt werden, während Läden geschlossen haben? Wie können Prioritäten gesetzt werden, wenn erprobte Lösungen und etablierte Jahrespläne ihre Gültigkeit verlieren? Wer bin ich selbst, wer sind ‚die anderen‘ und was macht Gemeinschaft aus? Nie waren Fragen zu unserem Schaffen und Dasein, zu dem, was uns ausmacht und dazu, wer oder was wir sein wollen, relevanter als jetzt gerade. Etwas, das ich aus der aktuellen Zeit mitnehme und das mich trotz schwieriger Umstände weiter positiv nach vorne blicken lässt, ist die Tatsache, dass der Zusammenhalt untereinander und die Solidarität miteinander – privat wie beruflich – enorm an Bedeutung gewonnen haben. Die Krise hat wie eine Lupe bestehende Chancen, aber auch Herausforderungen vergrößert und das Essenzielle in den Fokus gerückt. Ich denke, wenn wir weiterhin versuchen, Dinge bewusster zu erleben und nicht als selbstverständlich ansehen, solidarisch handeln und koopetitiv arbeiten, schaffen wir es gemeinsam, ein „New Normal“ zu definieren und gestärkt aus dieser Krise hervorzukommen.
 

Wie früher in Berlin, so ist die Neonyt aktuell auch in Frankfurt im Umfeld der Fashion Week zusammen mit konventionellen Messe-Angeboten platziert. Können Sie sich vorstellen, dass ein besonderes Veranstaltungskonzept wie die Neonyt in einigen Jahren unnötig sein wird, da sich weltweit in der Bekleidungsindustrie das Circularity-Konzept durchgesetzt hat?

Olaf Schmidt: Klares Nein. Nachhaltigkeit per se ist schon jetzt kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Wichtig ist, am Zahn der Zeit zu bleiben, sich an Trends zu orientieren oder besser noch neue Trends selbst aufzuspüren und sie weiterzuentwickeln. Dinge, Strategien, Konzepte werden sich immer ändern – wenn uns das letzte Jahr eines gezeigt, dann sicherlich das. Es ist mehr als wünschenswert, dass wir alle aus dieser Krise lernen und uns auf die wirklich wichtigen Werte besinnen, auf die Solidarität zwischen Partner*innen, auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Möglicherweise werden genau deshalb Unternehmen, die besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit legen, noch stärker aus dieser Krise hervorgehen. Sie können also sicher sein, dass wir als internationaler Leitmesse-Veranstalter für die Textilwirtschaft auch weiterhin auf Nachhaltigkeit setzen und zukunftsorientierte Unternehmen und Lösungen unterstützen werden. Obsolet werden unsere Formate durch die Etablierung und Normalisierung von ganzheitlichen Geschäftspraktiken im Textilsegment dadurch aber nicht. Eine exakte Prognose für die kommenden Dekaden abzugeben, ist aber unmöglich. Über die letzten Monate haben wir selbst alle im persönlichen Alltag oder im Berufsleben gemerkt, wie unsicher und volatil die Zukunft ist. Was jedoch klar ist, ist, dass sich die Modebranche – die Welt allgemein – noch schneller verändern wird als bisher. Und darin liegt dann wiederrum die Chance für Formate wie die Neonyt. Die zehnjährige Geschichte zeigt, in wie vielen Richtungen sich die Neonyt schon weiterentwickelt hat, inhaltliche Fokuspunkte geshiftet sind und sie sich neoneu erfunden hat – das wird auch in Zukunft so bleiben.
 

Herr Schwenzfeier, seit 2018 sind Sie neben Ihrer Aufgabe als Leiter Marketing-Kommunikation der Textilmessen der Messe Frankfurt auch Show Director der Neonyt. Sie haben mit vielen Ausstellern und Besuchern gesprochen – welche Ideen oder Kreationen haben Sie besonders beeindruckt?

Thimo Schwenzfeier: Ich glaube, es sind weniger die einzelnen Innovationen oder Kreationen der Aussteller*innen unserer Messen. Und ich wähle hier bewusst den Plural. Denn in meiner Funktion als Leiter der Marketingkommunikation im Bereich Textiles & Textile Technologies der Messe Frankfurt ist die Neonyt nur eine „meiner“ Veranstaltungen. Ich glaube, es ist mehr die Fülle an modischen, technischen und fachlichen Neuheiten, die Brands, Labels, Unternehmen, Start-Ups und Designer*innen jährlich präsentieren. Aber müsste ich wirklich eine Innovation wählen, dann wären das wohl die veganen „Currywurst“ Sneaker aus rotem Pfeffer und recycelten PET-Flaschen – beim selben Label gibt es auch Schuhe aus Holz, Stein, Kaffee und Pilzen oder mittlerweile sogar Meteoritenteilchen. Es ist beeindruckend, in jeder Saison aufs Neue erleben zu können, wie kreativ die Textil- und Modebranche ist.
 

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten – und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung der Messe Frankfurt sind Sie im Nachhinein besonders froh, dass sie so getroffen wurde?
 
Olaf Schmidt: Eindeutig die Entscheidung, die Neonyt zu gründen. Ein eigenes Messeformat für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation zu schaffen und die Freiheiten und den Lifestyle, die dieses Thema mit sich bringen in unser Event zu integrieren. Nach mehr als einer Dekade verabschieden wir uns 2021 zwar vom Standort Berlin, aber nicht von unserer Community und unseren Spirit. Gemeinsam blicken wir zurück auf viele modische Saisons und tolle Locations in der Hauptstadt: angefangen im Hotel Adlon Kempinski über das Ewerk, den Postbahnhof, den Kronprinzenpalais, das Funkhaus und das Kraftwerk bis zur letzten physischen Veranstaltung im Tempelhof. Mit dem Jahreswechsel und im Rahmen der Frankfurt Fashion Week steht für die Neonyt der Umzug in die Metropole am Main ins Haus. In Frankfurt prallen Welten aufeinander: Wolkenkratzer und Gründerzeitvillen. Bausünden und architektonische Meisterwerke. Business und Bürgerlichkeit. Rotlichtmilieu und Luxusmeile. In diesem Spannungsfeld setzt die Frankfurt Fashion Week neue Impulse. Und mitten drin die Neonyt. Die Zeichen stehen auf Neuanfang – ein Restart für die gesamte Fashion-Szene, gemeinsam heben wir Nachhaltigkeit auf das nächste Level – die Fokusthemen Applied Sustainability und Applied Digitisation lassen ein vollkommen neues Fashion Week-Ecosytem in Mainmetropole entstehen.
 

Wenn alles klappt, kann die Neonyt im Juli 2021 erstmals wieder als Face-to-Face-Veranstaltung durchgeführt werden. Wie sehen Ihre Planungen aus? Auf was und wen dürfen sich Besucher freuen? Und welches Backup für ein Worst-Case-Szenario gibt es?

Thimo Schwenzfeier: Natürlich ist es aufgrund der derzeit immer noch angespannten Lage rund um Covid-19 schwierig, verbindliche Aussagen zur nächsten physischen Veranstaltung zu treffen. Derzeit gehen wir aber davon aus, dass sich die Situation in den Sommer hinein entspannt und wir die Neonyt wie geplant und in einem sicheren, positiv gestimmten und nach vorne blickendem Umfeld in unserer Homebase Frankfurt veranstalten können. Die anhaltend volatile Lage macht es für uns alle notwendig, weiterhin mit Einschränkungen bei großen Veranstaltungen zu rechnen. Im Mittelpunkt unserer Planungen für die Neonyt im Sommer 2021 steht daher die Gesund aller – der Aussteller*innen, Besucher*innen, Partner*innen und Mitarbeiter*innen der Neonyt. Die Messe Frankfurt hat ein Konzept erarbeitet, das detaillierte hygienische Maßnahmen umfasst: Hygiene, Abstand und Frischluftzufuhr sind wichtige Faktoren, die wir mit den zuständigen Behörden in Frankfurt und den Verantwortlichen der Frankfurt Fashion Week abstimmen. Die Neonyt-Community bekommt zu gegebener Zeit Hinweise und Empfehlungen für den Messeauftritt und -besuch, die den aktuellen Bestimmungen entsprechen. Über ein konkretes Backup für ein Worst-Case-Szenario haben wir uns noch keine Gedanken gemacht, da wir Stand heute von einem physischen B2B-Event ausgehen – die letzten beiden Saisons haben aber bewiesen, sollte es nicht möglich sein, die Neonyt face-to-face zu veranstalten, dass wir mit der digitalen Neonyt on Air durchaus gut aufgestellt sind und das Format sicherlich noch ein weiteres Mal zur Sommerveranstaltung adaptieren könnten. Wir tauschen uns regelmäßig mit allen Marktteilnehmer*innen aus und versuchen auch von unserer Community mittels Umfragen ein Gefühl zu deren Einschätzungen und Wünschen zu bekommen. Abwarten und Tee trinken, würde man auch sagen – am Ende müssen wir uns auch danach richten, was die aktuelle gesundheitliche Lage erlaubt und welche Entscheidungen seitens Politik getroffen werden.

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

(c) Schweizerische Textilfachschule STF
23.02.2021

Sustainability Management in Textiles - Interview mit Sonja Amport, Direktorin der STF

Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Homeoffice: Das Coronavirus hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt und das öffentliche Leben nahezu auf Null reduziert. Durch die Auswirkungen der Pandemie hat sich der bestehende Handlungsdruck zur Erreichung der Sustainable Development Goals noch weiter erhöht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Themenkomplexe Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung im Bewusstsein von Industrie und Konsumenten an Boden gewinnen. Neue Managementqualitäten sind gefordert.

Textination sprach mit Sonja Amport, der Direktorin der Schweizerischen Textilfachschule über den neuen Ausbildungsgang Sustainability Management in Textiles. Nach Stationen in der Industrie und im Verbandswesen bringt die Betriebsökonomin mit Master im International Management ihr Wissen aus Textil, Bildung, Betriebswirtschaft sowie Marketing und Sales mit Elan und Herzblut seit 2015 bei der STF ein.

Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Homeoffice: Das Coronavirus hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt und das öffentliche Leben nahezu auf Null reduziert. Durch die Auswirkungen der Pandemie hat sich der bestehende Handlungsdruck zur Erreichung der Sustainable Development Goals noch weiter erhöht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Themenkomplexe Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung im Bewusstsein von Industrie und Konsumenten an Boden gewinnen. Neue Managementqualitäten sind gefordert.

Textination sprach mit Sonja Amport, der Direktorin der Schweizerischen Textilfachschule über den neuen Ausbildungsgang Sustainability Management in Textiles. Nach Stationen in der Industrie und im Verbandswesen bringt die Betriebsökonomin mit Master im International Management ihr Wissen aus Textil, Bildung, Betriebswirtschaft sowie Marketing und Sales mit Elan und Herzblut seit 2015 bei der STF ein.

Die Geschichte der STF Schweizerische Textilfachschule hat 1881 begonnen. In diesem Jahr wurden Pablo Picasso geboren und Billy the Kid erschossen. Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach erlebten ihre Uraufführung und Thomas Alva Edison baute das erste Elektrizitätswerk der Welt. Am Stuttgarter Marktplatz öffnete das Warenhaus Breuninger und in Wismar das erste Geschäft von Rudolph Karstadt.
Was führte in dieser Zeit parallel zur Gründung der STF und welchen Werten fühlen Sie sich bis heute verpflichtet?

1881 blühte die Textilindustrie in der Schweiz. Unternehmen im Bereich Spinnerei, Weberei, Veredlung und weitere keimten auf. Jedoch fehlten ausgebildete Fachkräfte, welche die Maschinen hätten bedienen oder reparieren können. So kam es, dass die Unternehmen sich zusammentaten und die Schweizerische Textilfachschule gründeten. Ein Ort zur Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für die Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie. Aus diesem Grund ist die STF auch heute noch genossenschaftlich organisiert. Entsprechend fühlen wir uns den Werten Kompetenz, Kundenorientierung, Innovation, Inspiration und Passion bis heute verpflichtet.

Wenn Sie jemandem, der die Schweizerische Textilfachschule nicht kennt, Ihre Bildungseinrichtung in 100 Worten vorstellen müssten: Wie definiert sich die Schule heute und auf welche Betätigungsfelder konzentriert sie sich?
Die STF Schweizerische Textilfachschule steht für eine nachhaltige Bildungskompetenz rund um den gesamten Lebenszyklus eines Textil-, Fashion oder Lifestyleproduktes. Mit dem «STF-LAB» positioniert sich die STF als Bildungsdienstleisterin mit drei Businessfeldern. Das Kernfeld ist die «Education», wo die STF zahlreiche Aus- und Weiterbildungen, von der Grundbildung über Bachelordiplome bis hin zum Master-Abschluss anbietet. Im «Incubator & Makerspace» (STF Studio) liegt der Hauptfokus auf der geteilten Infrastruktur, gegenseitiger Inspiration und damit dem gemeinsamen Vorwärtskommen. Im dritten Businessfeld dem «ThinkTank & Consulting» steht die Schule als Denkfabrik zur Verfügung, Fachexperten können «gemietet» werden und es wird Management auf Zeit angeboten.

Stichwort lebenslanges Lernen: Welche Weiterbildungsangebote hält die STF für die Textil- und Bekleidungsindustrie auch nach einem erfolgreichen Studienabschluss bereit?
Welche Branchenbereiche und welche Länder haben Sie im Fokus?

Einerseits bieten wir der Textil- und Bekleidungsindustrie und dem Handel vielseitige informelle Modulkurse, in welchen man sich innerhalb von 45 Lektionen einen guten Überblick zu einem speziellen Fachthema bilden kann. Beispiele dafür sind: Welding & Bonding, Smart & Functional Textiles, Start-up in Fashion oder das Steiger Stitch Modul, bei welchem man lernt, eigene Strickdesigns zu programmieren und diese anschließend an der STF an einer „Shared Machine“ ausstricken kann. Auch bieten wir jeweils zweiwöchige Intensiv-Sommerkurse an, wie beispielsweise in Sustainable Fashion Design. In der formalen Bildung kann ich unseren Master in Product Management Fashion & Textile in Deutsch oder unsere beiden CAS in Sustainability Management in Textiles empfehlen. Einmal mit Präsenzunterricht in deutscher Sprache und einmal per E-Learning in englischer Sprache. Derzeit fokussieren wir unsere Angebote auf die DACH-Region. Unsere Internationalisierungsstrategie wurde wegen Covid-19 jäh gestoppt. Dabei hatten wir mit englischen Masterangeboten insbesondere die Märkte Indien und China im Fokus. Wir stellen uns nun mit englischsprachigen Angeboten strategisch neu auf und starten ab 2022 wieder mit der Vermarktung. Das Ziel sind flexible, modulare Masterangebote mit einem hohen E-Learning-Anteil, so dass die Kosten moderat bleiben und das Reisen reduziert stattfinden kann.

Nachhaltigkeit – oder Sustainability – hat sich von einem Buzzword zu einer Selbstverständlichkeit gewandelt: Die jüngste OTTO Trendstudie sagt sogar, nachhaltiger Konsum ist im Mainstream der Gesellschaft angekommen. Was bedeutet das für die Textil- und Bekleidungsindustrie? Sind die Unternehmen personalseitig so aufgestellt, dass sie diesen Themenkomplex professionell in ihrem Leistungsportfolio verankert haben?
Die Schweizer Unternehmen haben erkannt, dass sie gegenüber den Mitbewerbern im Ausland nur eine Chance haben, wenn sie innovationsfähig sind, konsequent in einer Nische agieren und sich durch eine nachhaltige Produktion abheben können. Die Nachhaltigkeit ist somit ein absolut zentraler USP. In diesem Sinne beschäftigen sich viele Firmen damit und entsenden ihre Mitarbeitenden natürlich auch zu uns in die Weiterbildung.

Die STF bietet - im deutschsprachigen Raum bisher einzigartig - eine international anerkannte Weiterbildung im Bereich des textilen Sustainability Managements als Certificate of Advanced Studies CAS an.
Welche Teilbereiche von Design, Produktion, Prozessoptimierung bis zur Vermarktung bildet das Zertifikat ab?

Die STF bietet das international anerkannt Fachhoch-schulzertifikat in Zusammenarbeit mit SUPSI, der Scuola Universitaria Professionale della Svizzera Italiana im Tessin, an.

Im Studiengang betrachten wir aus ganzheitlicher Sicht und rund um die gesamte Wertschöpfungskette eines Textils, d.h. vom Design über die Produktion bis hin zur Vermarktung, die globalen Herausforderungen, wo Nachhaltigkeit als multilaterales Lösungskonzept fungiert. Zudem werden das normative und strategische Management der Nachhaltigkeit, Themen rund um die soziale Verantwortung sowie Initiativen und Standards für den Textilbereich beleuchtet. Ein wichtiger Bestandteil des CAS bilden Rohstoffe und Produkte, d.h. nebst nachhaltigen Fasern auch Stoffe oder der Einsatz von chemischen Mitteln. Nicht zuletzt werden auch Aspekte rund um Biodiversität, Animal Welfare, das Marketing, Labeling sowie mögliche Zukunftsszenarien und Best Practice Beispiele beleuchtet.

Für wen könnte das CAS Sustainability Management in Textiles spannend sein und warum? Welchen Push kann das Zertifikat im Berufsleben bewirken?
Das CAS ist einerseits für Führungspersonen interessant, die sich generell Gedanken über die strategische Ausrichtung eines Unternehmens machen, wie auch für Fach-Mitarbeitende in Design, Produktentwicklung, Einkauf, Verkauf oder im Qualitätsmanagement, wenn diese die Operationalisierung der Nachhaltigkeitsstrategie verantworten. Und selbstverständlich begrüßen wir jederzeit gerne junge Designer/innen mit eigenen Labels, die neue, nachhaltige Wege gehen und sich von anderen dadurch abheben möchten. Der Push im Berufsleben hängt stark mit der eigenen Persönlichkeit zusammen. Bisher haben jedoch alle Absolvierenden den Besuch der Weiterbildung als äußerst fruchtbar für den eigenen Karriereweg empfunden.

Wie steht es um die formalen Aspekte des CAS? Gibt es beispielsweise Auswahlkriterien, bis wann muss man sich anmelden, wie sieht der Stundenplan aus, auf welche Kosten müssen sich Interessenten einstellen?
Wir starten jeweils Ende August mit den Bildungsgängen. Eine frühzeitige Anmeldung, möglichst bis Mitte Mai, ist zu empfehlen, um sich einen Platz zu sichern. Im Präsenzlehrgang finden 120 Lektionen in Zürich und im Tessin statt, und es ist mit Kosten von CHF 5‘900.-, inkl. Lehrmittel und Prüfungsgebühren, zu rechnen. Im E-Learning-Kurs, mit einigen wenigen Präsenztagen vor Ort, werden die Inhalte synchron per MS-Teams durch i.d.R. dieselben Dozenten vermittelt. Hier beträgt der Studienpreis CHF 5‘600.-.

In diesen Kosten sind die persönlichen Auslagen sowie die Reise- und Übernachtungskosten noch nicht inkludiert. Interessierte entnehmen die Facts & Figures unserer Homepage:
(www.stf.ch/kurse/cas oder www.stf.ch/kurse/cas-online)

Die COVID19-Pandemie hat uns die Grenzen der Mobilität deutlich aufgezeigt. Wie haben Sie als Bildungseinrichtung darauf reagiert?
Die physischen Grenzen kann man mit E-Learning leicht überwinden. Unter anderem ein Grund, weshalb unser Unterricht während der gesamten Pandemie-Zeit ganz normal weiterlief. Für die Zeit nach Covid-19 planen wir, nebst Präsenz-Studienmodulen, auch weitere reine Online-Seminare, wie unseren CAS-Online. Diese werden vermehrt auch in englischer Sprache angeboten werden. Derzeit testen wir zudem mögliche Formen des hybriden Unterrichts. Dies bedeutet, während die einen vor Ort in Zürich beschult werden, können Personen mit langem Anfahrtsweg, wie z.B. aus der DACH-Region, dem Unterricht virtuell und live aus der Ferne beiwohnen.

Das letzte Jahr hat in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf?
Es war definitiv ein Jahr des Ausnahmezustands! Positiv zu werten ist, dass wir an der STF bereit waren und ab Tag eins des Lockdowns online unterrichten konnten. Die Lernenden, Studierenden und mein Team zeig-ten alle größtes Verständnis und höchste Flexibilität. Doch als Institut im Textil-, Fashion- und Lifestyle-Bereich lebt der Unterricht auch von Anschauungsmaterialien. Die Garne und Stoffe fühlen und riechen zu können sowie über die Erfahrungen und das Erlebte persönlich zu diskutieren, sind wichtige Lernerfahrungen. Es ist definitiv eine Herausforderung, solche zentralen Lernelemente online umzusetzen. Alles in allem hat uns Covid-19 als Institution, rund um das Thema Digitalisierung, um gefühlte zwei Jahre nach vorne katapultiert. Dankbar wäre ich nun allerdings, wenn wir baldmöglichst zu einer Normalität zurückfinden könnten und zu einem Alltag mit „weniger Distanz“.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche Entscheidung, die Sie für das Profil der STF getroffen haben, sind Sie im Nachhinein besonders froh?
Ich bin stolz sagen zu dürfen, dass die meisten in Angriff genommenen Projekte gelingen. Es gibt fast immer einen Weg. Manchmal muss man während dem Voranschreiten einfach etwas die Richtung anpassen, um ans Ziel zu gelangen. Eine wegweisende Neuerung war sicherlich die Modularisierung (fast) aller Studiengänge. Studierende haben so die Möglichkeit, von einer vielseitigen Wahlmöglichkeit zu profitieren und sich ihr eigenes Curriculum zusammenzustellen.

Eine zweite Entscheidung, über die ich dankbar bin, war, dass wir als kleines Institut bereits sehr früh sehr viel in den Ausbau unserer digitalen Fähigkeiten und in die Infrastruktur investiert haben. Das kommt uns nun zu Gute. Mit sehr gut ausgebildeten Dozierenden und einer Lernplattform, einer VM-Plattform und mo-dernster 3D-Software in verschiedenen Themenbereichen, zählen wir uns europaweit zu einem Vorreiter in Sachen E-Learning und Digitalisierung. Fähigkeiten, die zudem auch auf das Thema Nachhaltigkeit einzahlen.

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

 

Weitere Informationen:

Bild Gerd Altmann, Pixabay
02.02.2021

5. Trendstudie der Otto Group: Ethischer Konsum im Mainstream der Deutschen angekommen

Ethischer Konsum scheint in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. 70 Prozent der Befragten der aktuellen Trendstudie geben an, dass ethische Kriterien zum festen Bestandteil ihrer Kaufentscheidung geworden sind. 82 Prozent sprechen sich für eine längere Produktnutzungsdauer und höhere Materialeffizienz aus. Und 63 Prozent sind inzwischen sogar bereit, die Mehrkosten für klimaneutrale Produkte zu tragen. Die fünfte Trendstudie 2020 der Otto Group zum ethischen Konsum formuliert provokante Thesen, die zum Umdenken anregen und einen frischen Blick auf die post-Corona-Welt eröffnen. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Im Jahre 2020 geht die Verantwortung von Unternehmen weit über die ökologische und soziale Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen hinaus. Haltung und Weitsicht sind gefragt.

Ethischer Konsum scheint in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. 70 Prozent der Befragten der aktuellen Trendstudie geben an, dass ethische Kriterien zum festen Bestandteil ihrer Kaufentscheidung geworden sind. 82 Prozent sprechen sich für eine längere Produktnutzungsdauer und höhere Materialeffizienz aus. Und 63 Prozent sind inzwischen sogar bereit, die Mehrkosten für klimaneutrale Produkte zu tragen. Die fünfte Trendstudie 2020 der Otto Group zum ethischen Konsum formuliert provokante Thesen, die zum Umdenken anregen und einen frischen Blick auf die post-Corona-Welt eröffnen. Die Ergebnisse zeigen deutlich: Im Jahre 2020 geht die Verantwortung von Unternehmen weit über die ökologische und soziale Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen hinaus. Haltung und Weitsicht sind gefragt.

Der Trend zum ethischen Konsum ist seit vielen Jahren zu beobachten. Der Fokus der Konsument*innen indessen hat sich stark geändert. Sie wollen nicht mehr nur für sich selbst etwas Gutes tun, sie wollen mit ihrem Konsum immer öfter auch etwas für andere bewegen. Dies hat für Unternehmen inzwischen tatsächlich spürbare Konsequenzen, denn wer durch seine Wirtschaftstätigkeit Umwelt und Natur nachweislich schädigt, hat es im Wettbewerb zunehmend schwer. Wer die Werte seiner Kund*innen, an die diese selbst glauben und an denen sie festhalten, nicht teilt, dem wird das Vertrauen schnell entzogen. Und wer sich seiner Verantwortung für das Gemeinwohl entzieht, der wird mitunter sogar boykottiert.    

„Die Forderungen nach nachhaltigen Veränderungen in unserem Wirtschaftssystem an Politik und Unternehmen und die Bereitschaft, selbst Verantwortung zu übernehmen, haben die Mitte der Gesellschaft erreicht,“ erläutert der Leiter der Studie, Prof. Peter Wippermann vom Trendbüro. „Nachhaltigkeit wird zum Leuchtturm in einer unübersichtlichen Welt“.

Zu den wichtigsten Ergebnissen der aktuellen Trendstudie 2020 gehören:

Ethischer Konsum wird zum Mainstream
Für 70 Prozent der Deutschen sind ethische Kriterien fester Bestandteil der Kaufentscheidung geworden. 20 Prozent der Befragten geben sogar an, seit der Corona-Krise noch bewusster nach ethischen Kriterien einzukaufen. Corona hat bei vielen Menschen zu einem Umdenken geführt, Kaufentscheidungen werden besser durchdacht, auf Notwendigkeit überprüft und sie scheinen eine andere Tragweite im Leben des Einzelnen zu bekommen.  
 
Die Wegwerfgesellschaft wird zum Auslaufmodell
82 Prozent der Befragten sind bereit, den Weg von der Wegwerfgesellschaft zur Kreislaufwirtschaft mitzugehen und sprechen sich für eine längere Produktnutzungsdauer und höhere Materialeffizienz aus. Darüber hinaus würden 63 Prozent die Mehrkosten für klimaneutrale Produkte tragen. Auch hier zeigt sich ein Wandel in der Haltung der Konsument*innen, die zunehmend bereit zu sein scheinen, auch für die Emissionen zu bezahlen, die sie verursachen.
     
Sharing und Second Hand liegen bei den Konsument*innen im Trend
Aus der Studie geht hervor, dass 73 Prozent der Befragten es gut finden, gebrauchte Dinge wie getragene Mode oder alte Möbel zu kaufen bzw. zu verkaufen. 54 Prozent der Befragten planen sogar, in Zukunft mehr zu leihen. Waren 2013 noch 52 Prozent der Befragten bereit, öfter Sachen zu teilen, zu tauschen, zu leihen oder gebraucht zu kaufen, so sind es 2020 bereits 64 Prozent.

Die Konsument*innen erkennen zunehmend die Grenzen ungezügelten Wachstums
70 Prozent der Befragten sehen ernsthafte Schwierigkeiten auf Mensch und Umwelt zukommen, wenn wir weiter ungezügelt konsumieren. 77 Prozent der Deutschen sind dafür, dass Industrieländer mehr Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen und die ärmeren Länder mehr unterstützen sollten. 60 Prozent können sich inzwischen vorstellen, beim Einkauf die wahren Kosten für Umweltbelastung und Klimawandel zu bezahlen. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass die Bedeutung des ethischen Konsums nicht nur in den Köpfen der Menschen angekommen ist, sondern zunehmend auch die Bereitschaft besteht, dafür tiefer in die Tasche zu greifen.

Die Politik soll den Rahmen für einen ethischeren Konsum setzen
Auch in der Frage, wer für mehr ethischen Konsum sorgen soll, gibt es eine Trendwende. 41 Prozent der Deutschen erachten die Politik als Impulsgeber in puncto ethischer Konsum, 23 Prozent die Wirtschaft und 22 Prozent jede*n Einzelne*n. In den Jahren 2011 und 2013 waren lediglich 27 Prozent der Befragten der Meinung, die Politik müsse hier mehr in die Pflicht genommen werden.

Auch interessant ist, dass das Thema Eigenverantwortung der Konsument*innen weiter zunimmt: 70 Prozent aller Befragten sagen, dass ethische Kriterien inzwischen fester Bestandteil ihrer Kaufüberlegungen sind. 2013 waren es noch 63 Prozent. Vor allem die Babyboomer (bis Jahrgang 1964) treiben dabei den Kauf der ethischen Produkte voran. Waren es 2013 noch 65 Prozent, die häufiger ethische Produkte kauften, so kauften 2020 bereits 79 Prozent häufiger nach ethischen Kriterien ein. Auch interessant: 68 Prozent der Befragten würden einen Anbieter boykottieren, der ein unfaires Verhalten gegenüber seinen Mitarbeiter*innen an den Tag legt und schlechte Arbeitsbedingungen schafft.

Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender der Otto Group: „Die Frage, ob unsere Art zu leben und zu wirtschaften korrigiert werden muss, wird immer lauter gestellt. Dies zumindest bestätigen die Ergebnisse der vorliegenden fünften Trendstudie. Wir in der Otto Group wollen etwas bewegen, denn es ist unsere Überzeugung seit Generationen, dass am Ende die Wirtschaft dem Menschen dienen muss, nicht umgekehrt. Dazu müssen wir alle uns aber auch verändern. Weg von der Wegwerfgesellschaft, hin zu nachhaltigen und recyclingfähigen Produkten und einer ressourcenschonenden Produktionsweise, in der Menschenrechte stärker geachtet und in der Respekt und Achtsamkeit gegenüber der Natur einen neuen Stellenwert erlangen.“

Für die Studie wurden die Ergebnisse einer Befragung von 1.149 Deutschen zwischen 14 und 74 Jahren aus dem Oktober 2020 mit Perspektiven aus der Trendforschung kombiniert.
Link zum Download (only available in German)

Weitere Informationen:
Ethischer Konsum Otto
Quelle:

Otto Group

(c) Claudia Bitzer
05.01.2021

Gute Geschichten erzählen - PR-Herausforderungen der mittelständischen Textilindustrie

Interview mit Claudia Bitzer, Inhaberin Bitzer PR, Albstadt

Das vergangene Jahr war nicht nur wirtschaftlich für viele Unternehmen eine große Herausforderung, auch in Sachen Kommunikation – gleich ob in der Werbung oder im PR-Bereich – mussten neue Wege beschritten werden. Kontaktbeschränkungen bis zum strikten Lockdown, der Wegfall vieler Messen, Kongresse oder anderer Veranstaltungsformate machten ein Umdenken erforderlich.

Textination sprach darüber mit Claudia Bitzer, Inhaberin der gleichnamigen PR-Agentur im baden-württembergischen Albstadt. Zu ihren Kunden zählen mittelständische Unternehmen aus der Textil- und Bekleidungsindustrie ebenso wie öffentliche Auftraggeber, Medien und Maschinenbauer.

Interview mit Claudia Bitzer, Inhaberin Bitzer PR, Albstadt

Das vergangene Jahr war nicht nur wirtschaftlich für viele Unternehmen eine große Herausforderung, auch in Sachen Kommunikation – gleich ob in der Werbung oder im PR-Bereich – mussten neue Wege beschritten werden. Kontaktbeschränkungen bis zum strikten Lockdown, der Wegfall vieler Messen, Kongresse oder anderer Veranstaltungsformate machten ein Umdenken erforderlich.

Textination sprach darüber mit Claudia Bitzer, Inhaberin der gleichnamigen PR-Agentur im baden-württembergischen Albstadt. Zu ihren Kunden zählen mittelständische Unternehmen aus der Textil- und Bekleidungsindustrie ebenso wie öffentliche Auftraggeber, Medien und Maschinenbauer.

Sie sind seit gut 5 Jahren mit Ihrer in Albstadt ansässigen PR-Agentur auch in Sachen Textilindustrie unterwegs. Wenn Sie sich jemandem, der Sie nicht kennt, in 100 Worten vorstellen müssten: Warum haben Sie sich nach der Tätigkeit in einer Agentur dazu entschlossen, Ihre eigene Chefin zu werden, und was zeichnet Ihre Arbeit aus?
Eigentlich hat mich die Selbstständigkeit angerufen: Ein Bekannter schlug mir vor, als Freelancerin die Kommunikation für seinen Arbeitgeber zu übernehmen, einen Textilmaschinenbauer auf der Alb. Beim Telefonieren hatte ich unseren zehn Tage alten Sohnemann auf dem Arm. Außerdem war ich PR-Beraterin bei Ketchum in Stuttgart. Weil ich neugierig war, habe ich mich in den nächsten Monaten trotzdem mal an die Sache rangetastet. Mit Erfolg: Die Textilmaschinen haben sich als überraschend greifbares Produkt herausgestellt, schließlich stellen sie die Kleidung her, die wir täglich am Körper tragen. Daraus hat sich mein Zugang zur Textilindustrie entwickelt, die ich heute als meine Home-Base bezeichnen würde.

Weil ich verschiedene Unternehmen entlang der textilen Kette betreue, habe ich eine Gesamtsicht der Industrie und kann übergreifende Geschichten mit verschiedenen Perspektiven anbieten. Außerdem habe ich ein Faible für komplexe, „staubige“ Themen, egal aus welchem Industriebereich. In die kann ich mich mit Hingabe vergraben, um sie anschaulich aufzubereiten. Deshalb würde ich mich als Content-Spezialistin bezeichnen.

Sie sprechen neben Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch fließend Schwäbisch. Warum ist es wichtig, regionale Wurzeln zu haben, wenn man für exportorientierte Unternehmen in der baden-württembergischen Textilindustrie tätig ist?
Das mit dem fließenden Schwäbisch haben Sie von meiner Website, stimmt’s (lacht)? Aber ja, es ist sehr hilfreich, wenn man fühlt, ob „gschwind“ noch einen Aufschub duldet oder sofort erledigt werden muss.

Richtig wichtig finde ich das Schwäbische im Hinblick auf die Mentalität, die dahintersteckt. Ich bin auf der Alb groß geworden, mein Vater hat sein eigenes mittelständisches Unternehmen geleitet. Viele Dinge verstehe ich, ohne dass ein Kunde sie mir extra erklären muss.

Zum Beispiel die Bescheidenheit in Bezug auf die eigene Person. Vor allem bei alteingesessenen Familienunternehmen kommt den Inhabern ja eine wichtige Rolle zu. Sie tragen eine große Verantwortung, in der Firma genauso wie an ihrem Standort. Im Fokus steht trotzdem immer die unternehmerische Leistung, das Produkt, das, hergestellt irgendwo in der schwäbischen Provinz, im deutschen, europäischen oder weltweiten Wettbewerb mithalten kann. Das kommt nicht von selbst, sondern erfordert Mut, Unternehmergeist und ganz viel Offenheit gegenüber Neuem, das fasziniert mich. Oft merke ich auch, dass die Leidenschaft, die diese führenden Familienunternehmen mitbringen, mich selbst mitreißt.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben?
Abgesehen von der Selbstständigkeit an sich? Da war der erste Corona-Lockdown mit Home-Schooling und geschlossenen Kitas eine große Herausforderung. Einerseits war ich erleichtert, dass es zwischen Ende März und Anfang Juni kundenseitig stiller wurde, ansonsten wäre das weder beruflich noch familiär machbar gewesen. Andererseits hat mir diese Stille Angst gemacht und ich habe mich des Öfteren gefragt, ob die Selbstständigkeit der richtige Weg war.

Im Frühsommer, als sich die Lage allseits wieder etwas stabilisiert hatte, habe ich dann eine „Flucht nach vorne“ angetreten: Ich habe mich nach Co-Working-Spaces umgesehen und eine umfangreiche Weiterbildung im Bereich Online-Marketing belegt. In Wahrheit waren das natürlich unternehmerische Entscheidungen. Erfreulicherweise zahlen die sich bereits aus, auch wenn ich vorerst noch alleine im Büro sitzen darf.

Gibt es eine Arbeit, auf die Sie besonders stolz sind? Welche Geschichte hat Sie über das normale Maß hinaus bewegt, und welche thematischen Herausforderungen lieben Sie?
Ein Projekt, an das ich mich gerne erinnere, ist die Kommunikation rund um ein Schnapszahljubiläum, das einer meiner Kunden feierte. Dafür habe ich zuerst in wochen-, nein monatelanger Archivarbeit 111 Jahre Unternehmensgeschichte zu Papier gebracht. Weil ich mich so tief in das Thema eingearbeitet hatte, kamen mir viele Ideen für die Botschaften der Jubiläumsfeier. Erfreulicherweise war der Kunde schnell überzeugt. Irgendwann hatten wir ein Signet, einen Slogan und eine richtige gute Geschichte fürs Jubiläum. Von den zahlreichen Proof Points, die wir zu diesem Anlass ausgearbeitet haben, profitieren wir in der Produkt- und Unternehmenskommunikation übrigens bis heute.

Zudem hat dieses Projekt natürlich die Beziehung zu diesem Kunden vertieft. Auch mit der Werbeagentur, die die Jubiläumskommunikation begleitet hat, pflege ich eine enge Zusammenarbeit. Solche langfristigen Partnerschaften empfinde ich als großen Gewinn.

Haben sich in Corona-Zeiten die Botschaften geändert, die Sie für Ihre Auftraggeber kommunizieren möchten oder müssen? Und wo lagen die Arbeitsschwerpunkte im Jahr 2020?
Der Arbeitsschwerpunkt 2020 lag, wenig überraschend, im Bereich Online-Kommunikation. Bei fast allen meinen Kunden starten wir im kommenden Jahr mit der Planung und Umsetzung neuer Maßnahmen in diesem Bereich.

Was die Botschaften anbelangt, so hat sich wenig verändert. Das liegt sicherlich daran, dass die Metathemen dieselben geblieben sind. Nehmen wir Nachhaltigkeit, definitiv ein Dauerbrenner in der Textilindustrie, und das Unterthema Regionalität. Im Gegensatz zu bisherigen Krisen hat die Corona-Pandemie diese Ansätze nicht ins Abseits geschoben, sondern verstärkt, weil sie uns vor Augen geführt hat, wie abhängig wir von der Produktion im Ausland sind. Dasselbe gilt für die Themen Transparenz und Qualität.

Gerade weil die Themen dieselben geblieben sind, liegt für mich die Kunst darin, innerhalb dieser Dauerthemen die eigene Geschichte zu finden, um nicht im großen Strom zu verschwinden. Das erfordert Empathie, Kreativität – und eine ordentliche Portion Fleiß.

Weg von der einfachen Werbebotschaft zum Storytelling - welche Empfehlung würden Sie generell mittelständischen Unternehmen bezüglich ihrer Kommunikation für das kommende Jahr geben? Gibt es Besonderheiten, die insbesondere die Textilindustrie berücksichtigen sollte?
Ich denke, das wird in die Richtung „Wir sind noch da, und zwar stärker als früher“ gehen. Schließlich hat die Krise allen viel abverlangt. Sie ist aber auch immer eine produktive Phase, denn durch die Zuspitzung zwingt sie uns zu Weiterentwicklungen, die sonst nicht oder zumindest erst später auf den Weg gebracht worden wären. Deshalb kann sie einen Wendepunkt darstellen, durchaus zum Positiven.

Nehmen wir die Digitalisierung, das ist der offensichtlichste Ansatz: In diesem Bereich hat die Krise zu einem Schub geführt; der Online-Shop wurde oder soll ausgebaut werden, der Service soll digitaler werden.

Abgesehen davon gibt es in jedem Unternehmen mit Sicherheit individuelle Veränderungen, die die Krise herbeigeführt hat. Die darf man den Mut haben zu benennen und zu erzählen, denn das sind Geschichten, die alle interessieren.

Auf Wiedersehen Facebook – guten Morgen TikTok. Welche social media-Plattformen empfehlen Sie Ihren Kunden, und unter welchen Voraussetzungen sollten Mittelständler sich hier engagieren?
TikTok ist bisher eher ein Thema, das ich mit meiner knapp 12-jährigen Tochter diskutiere. Aber im Ernst: Erst kürzlich habe ich in einer von Hootsuite veröffentlichten Studie gelesen, dass Anfang 2020 weniger als zehn Prozent der Deutschen TikTok nutzen. Bei Facebook liegt der Nutzeranteil immer noch bei über 60 Prozent. Allein schon deswegen dürfen wir bei Facebook nicht so einfach abwinken.

Wenn ich mit meinen Kunden das Thema Social Media erörtere, ist es mir wichtig, nicht von den Kanälen her zu denken. Klar, das ist verführerisch, aber am Anfang sollten andere Fragen stehen: Was ist das langfristige Ziel der Social Media Aktivitäten? Welche Ressourcen sind vorhanden – und welche Mittel? Mittlerweile ist ja hinlänglich bekannt, dass Social Media ein eigenes, umfangreiches Aufgabengebiet ist, das entsprechende Ressourcen bindet. Im Mittelstand, wo ich selten auf eine mehrköpfige Marketing-Mannschaft zurückgreifen kann, ist eine solide Strategie das A und O. Es muss ganz, ganz klar sein, welche Zielgruppen angesprochen werden sollen. Dann kann ich über Kanäle sprechen und die wichtigsten auswählen. Ziemlich sicher dazu gehören LinkedIn und Xing, genauso wie Instagram und Facebook, letzteres vor allem im internationalen Umfeld. Genauso wichtig ist übrigens die Auswertung, die fällt gerne mal hinten runter. Der Zusammenhang von Messwerten und Unternehmenszielen ist alles andere als trivial.

Messen, Events, Pressekonferenzen und Meetings – das ist 2020 nahezu vollständig auf der Strecke geblieben. Für wie wichtig erachten Sie langfristig face-to-face-Kommunikation, und welche Kanäle und Maßnahmen empfehlen Sie Ihren Kunden, um diese Ausfälle aktuell zu kompensieren?
Der persönliche Kontakt bleibt wichtig! Natürlich haben wir alle im vergangenen Jahr festgestellt, dass nicht jede Veranstaltung eine Präsenzveranstaltung sein muss. Eine Videokonferenz spart Zeit und Geld und kann, mit der entsprechenden Disziplin, genauso zielführend sein wie ein persönliches Treffen. Viele Servicefälle sind auch per Videotelefonie zu lösen, da muss keiner durch die Gegend reisen. Ich bin daher überzeugt, dass wir nicht mehr zu der Präsenzkultur zurückkehren, die wir vor Corona hatten, auch wenn dies irgendwann wieder möglich sein wird.

Deshalb empfehle ich meinen Kunden, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen, die sich allenthalben ergeben. Momentan sind alle noch Anfänger, da kann man nur dazu lernen. Nehmen wir virtuelle Messen: Das ist eine grundlegend andere Herangehensweise als bei der klassischen Präsenzmesse. Es braucht kein großes Messeteam, das von sechs bis 20 Uhr bereit steht. Auch Pressetermine gibt es keine. Viel wichtiger ist es, selbst mit den Besuchern Kontakt aufzunehmen, also Leads einzusammeln, die Besucher zu gruppieren und im Nachgang mit passgenauem Content in Kontakt zu bleiben. Apropos Content: Spätestens bei solchen Online-Events wird klar, wie vielfältig Inhalte aufbereitet werden müssen. Um Kunden im virtuellen Raum abzuholen, braucht es Grafiken, Videos, Ani-mationen und vieles mehr.

Nichts desto trotz wird es nicht ohne direkten, physischen Kontakt gehen. Menschen kaufen von Menschen, davon bin ich auch weiterhin überzeugt. Videokonferenzen funktionieren insbesondere dann gut, wenn sich die Teilnehmer bereits aus dem echten Leben kennen. Und vor allem die Textilindustrie lebt von der Haptik. Ein Garn oder einen Stoff kann ich digital nie erfühlen. Die Produktionsgeschwindigkeit einer Maschine übrigens auch nicht. Bei jeder Umdrehung entsteht ein leichter Windhauch. Den gibt’s nicht digital.

 

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

(c) PERFORMANCE DAYS functional fabric fair
29.12.2020

PERFORMANCE DAYS: Positives Feedback für Online-Messe und sustain&innovate Konferenz

Corona-bedingt konnte die PERFORMANCE DAYS Messe am 9.+10. Dezember und die in die Messe integrierte Nachhaltigkeitskonferenz sustain&innovate am 10. Dezember nur digital stattfinden.
Dennoch: Aussteller, Besucher und Partner blicken auf ein erfolgreiches Event zurück. Auch das Focus Topic „Nothing to Waste – Closing the Loop“ zum Thema textile Kreislaufwirtschaft während der sustain&innovate Konferenz sorgte für Diskussionsstoff und viel positive Resonanz.  

Corona-bedingt konnte die PERFORMANCE DAYS Messe am 9.+10. Dezember und die in die Messe integrierte Nachhaltigkeitskonferenz sustain&innovate am 10. Dezember nur digital stattfinden.
Dennoch: Aussteller, Besucher und Partner blicken auf ein erfolgreiches Event zurück. Auch das Focus Topic „Nothing to Waste – Closing the Loop“ zum Thema textile Kreislaufwirtschaft während der sustain&innovate Konferenz sorgte für Diskussionsstoff und viel positive Resonanz.  

Das Team der PERFORMANCE DAYS zeigt sich zufrieden. Denn trotz eines rein digitalen Events am 9. und 10. Dezember 2020 hatten rund 15.000 Teilnehmer das umfangreiche Online-Angebot der 191 digitalen Aussteller, darunter drirelease/OPTIMER, Merryson, Stotz, HeiQ, Schoeller Textil, Long Advance, Dry-Tex, Utenos, Fidlock, Cifra, dekoGraphics und Jia Meir, in der Messewoche intensiv genutzt. Die beliebte „Contact Supplier“ Funktion wurde durch ein neues Onlinetool ergänzt, mit dem Aussteller direkt per Chat, Anruf oder Video kontaktiert werden konnten. Insgesamt gingen 3.250 Stoff-Sample-Bestellungen bei den Ausstellern ein. Zur Auswahl standen neben den Stoffinnovationen für Herbst/Winter 2022/2023, das hochwertige PERFORMANCE FORUM sowie ein umfangreiches digitales Rahmenprogramm per Live-stream mit informativen Webinaren, Vorträgen und Diskussionsrunden. Die Videos werden zum Abruf auf der Website der PERFORMANCE DAYS kostenfrei zur Verfügung stehen.  
 
Endlich Standard: PERFORMANCE FORUM mit nachhaltigen Materialien
Innovativ, nachhaltig und top-aktuell: Die 240 Stoffe plus Accessoire-Trends im diesjährigen PERFORMANCE FORUM überzeugten durchwegs mit spannenden umweltbewussten Lösungen. Naturfasern wie Hanf, Biobaumwolle, Bambus, Wolle oder Coconutshell bleiben gefragt, zudem verzichten Hersteller vermehrt auf umweltschädliche Chemikalien, vermeiden Mikroplastik, befürworten natürliches Färben und versuchen Stoffe entweder wieder in den Kreislauf zurückzuführen, Plastik und anderen Abfall zu recyceln oder Fasern so herzustellen, dass sie biologisch abbaubar sind. Dieses Umweltbewusstsein spiegelt sich auch im diesjährigen FOCUS TOPIC wider – so punkten hier die 24 besten Stoffe nicht nur in Sachen Nachhaltigkeit, sondern zeigen auch, dass sie funktionell sind und sogar getreu dem Motto „Nothing to Waste – Closing the Loop“ in den textilen Kreislauf zurückgeführt werden können.  

Im Marketplace haben Besucher die Möglichkeit über 9.500 Produkte der Aussteller zu sichten, darunter auch die Stoff-Highlights der einzelnen Kategorien des PERFORMANCE FORUMS. Um dem Besucher die Stoffe in Haptik, Design und Struktur so realitätsgetreu wie möglich digital präsentieren zu können, wurde das Forum mit neuartiger 3D-Technik ausgestattet, darunter innovative Tools wie 3D Bilder, Videoanimationen und U3M Dateien zum Download.   

Von der Faser zur Faser: erfolgreiche sustain&innovate Konferenz sorgt für Diskussionsstoff  
Textile Kreislaufwirtschaft gilt als Teil der Lösung für das globale Müllproblem, bremst den Ressourcenverbrauch und reduziert klimaschädliche Treibhausgase. Doch was genau ist Kreislaufwirtschaft und wie kann sie gelingen? Vor allem, wie weit sind Faserhersteller in der Entwicklung von mono-component Stoffen, die am Ende wieder in den textilen Kreislauf zurückgeführt werden können?     
Das Focus Topic der diesjährigen Nachhaltigkeitskonferenz, die in Kooperation mit der SPORTSFASHION by SAZ an den Start ging, bot Raum für Diskussion und versuchte mit spannenden Vorträgen, Diskussionsrunden und Webinaren aufzuklären. Schon zu Beginn der Expertentalks am zweiten Messetag brachte es Christiane Dolva, Head of Sustainability bei Fjällräven, auf den Punkt. Sie zeigte, wie wichtig emotionale Beständigkeit für die Marke selbst und am Ende auch für den Konsumenten ist – vor allem beim Thema textile Kreislaufwirtschaft. Langlebigkeit, gute Qualität, in Kombination mit zeitlosem Design seien heute und in Zukunft wichtiger denn je, wenn es um nachhaltiges Handeln geht. Dazu kommt die Möglichkeit, Produkte durch einen Reparaturservice wieder in Schwung zu bringen. Ebenso spannend: die Entwicklung neuer Technologien in puncto Recycling. Erik Bang von er H&M Foundation gab einen ersten Einblick in die neue Greenmachine, die es bereits 2021 möglich machen soll, Mischgewebe wie Baumwolle und Polyester voneinander zu trennen. Oder man schafft es alte Kleidung in neue Fasern umzuwandeln, dank Unternehmen wie WornAgain, Re:newcell, Spinnova oder Infinited Fiber schon bald nicht nur reine Vision. Wer Einblick in die Lieferkette seines gekauften Kleidungsstücks erhalten möchte, das Start-up Know your stuff lässt Kunden über den einfachen Scan eines QR Codes am Kleidungsstück im Laden oder online die Reise des jeweiligen Kleidungsstücks nachvollziehen.
 
Kostenfreier und umfassender Rückblick
Die nächste Ausgabe der PERFORMANCE DAYS ist als hybride Messe geplant und wird am 19. und 20. Mai 2021 in München sowie Online stattfinden. Bis dahin steht die PERFORMANCE DAYS Plattform zur Verfügung u.a. mit dem Marketplace und inspirierenden Themen der (Video) Material Stories, um Online Sourcen noch einfacher zu gestalten. Auch die Vorträge des ersten Messetages sowie der Konferenz können kostenlos auf der Messe-Website verfolgt werden.

Die wichtigsten Links:
Highlights der Experten-Talks & Webinare
https://www.performancedays.com/digital-fair/expert-talk-webinar.html

Marketplace:
https://www.performancedays.com/marketplace.html

3D-Forum:
https://www.performancedays.com/digital-fair/forum-highlights/3d-forum.html

PERFORMANCE COLORS by Nora Kühner
https://www.performancedays.com/digital-fair/color-trends.html

Weitere Informationen:
Performance Days
Quelle:

PERFORMANCE DAYS functional fabric fair