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29.09.2022

TapeCheckSim: Aktive Fehlervermeidung durch kontinuierliche, zerstörungsfreie Qualitätsanalyse von UD-Tapes für Tape-Legeprozesse

Fibres Composites Textile machinery

Abstract

(Faserverbundwerkstoffe): Das Projekt adressiert die Fehleranfälligkeit von Tape-Legeprozessen. Produktionsstillstand und Produktausschuss werden aktiv vermieden. Dies fördert die Attraktivität automatisierter und verschnittarmer Herstellungsprozesse von FVK.

Report

Defizite aktueller Qualitätssicherungssysteme für Tape-Legeprozesse
In den letzten Jahren wurden Online-Qualitätssicherungssysteme für Automated Tape Laying (ATL) bzw. Automated Fiber Placement (AFP) Prozesse im Rahmen akademischer und industrieller Forschungsprojekten entwickelt, um die Produktivität dieser Prozesse zu steigern. Diese Systeme erfassen während der automatischen Faserablage entstandene Fehler, wie beispielsweise Gassen, Überlappungen und Falten. Allerdings können Fehler erst erkannt werden, wenn diese bereits abgelegt wurden. Eine aktive Fehlervermeidung ist mit diesen Ansätzen nicht möglich.

Auf Basis der Online-Daten dieser Qualitätsüberwachungsystemen wurden „In-situ“-Simulationsansätze entwickelt, die die "as-built"-Eigenschaften eines abgelegten Bauteils simulieren. Damit wird eine Entscheidung ermöglicht, ob ein entstandener Fehler im abgelegten Laminat verbleiben kann oder entfernt werden sollte. Da die Daten während des Ablegeprozesses erfasst werden, stehen jedoch nur sehr kurze Simulationszeiten zur Verfügung, wodruch eine genaue Vorhersage der Bauteileigenschaften erschwert wird. Ein weitere Nachteil dieser Systeme ist, dass sie zwar Defekte im Laminat bzw. Preform, aber nur in sehr begrenztem Umfang Defekte im Eingangsmaterial (z. B. Abweichung des Faservolumenanteils, geometrische Toleranzen) erkennen können. Dies ist insbesondere für thermoplastische Prepreg-Tapes entscheidend. Diese weisen deutlich häufiger Materialfehler auf als etablierte und ausgereifte Epoxid-basierte Prepreg-Tapes. Im Gegensatz zu Epoxid-Prepreg-Tapes werden materialbedingte Defekte (z. B. Porosität) zudem bei der laser-basierten In-situ-Konsolidierung von thermoplastischen Tapes durch den Entfall einer nachgeschalteten Autoklavkonsolidierung nicht mehr kompensiert. Daher ist die Materialqualität von thermoplastischen Prepreg-Tapes von entscheidender Bedeutung, um eine hohe Prozesstabilität und Laminatqualität zu erreichen.

Aktive Fehlervermeidung durch kontinuierliche, zerstörungsfreie Qualitätsanalyse von UD-Tapes
Ziel des TapeCheckSim-Projektes ist es, das Auftreten von materialbedingten Fehlern bei der automatisierten Faserablage von thermoplastischen Prepreg- und Trockenfaser-Tapes zu vermeiden. Dies wird durch eine vorgelagerte Qualitätsanalyse des Materials realisiert. Zu diesem Zweck entwickeln die SURAGUS GmbH (Dresden, Deutschland) und die Textechno H. Stein GmbH & Co. KG (Mönchengladbach) geeignete Sensorsysteme, die durch eine kontinuierlichen, zerstörungsfreien Prüfung eine 100 % Inspektion des Tape-Materials ermöglichen. Materialfehler werden dabei auf der Tape-Spule erkannt und lokalisiert. Diese Informationen bilden den „digitalen Zwilling“ einer jeden Tape-Spule. Die Zusammenhänge zwischen der Tape-Qualität und den daraus resultierenden mechanischen Verbundeigenschaften werden am Insitut für Texiltechnik Aachen (ITA) untersucht.

Die Bahnplanungssoftware des Tape-Legesystems liefert Informationen über die Ablegeposition eines Materialabschnittes im Bauteil. In der „pre-build“ Bauteilsimulation, die am ITA entwickelt wird, werden die Ablegepositionen und die Materialeigenschaften eines Tape-Abschnittes zu einem digitalen Zwilling des fehler-behafteten Bauteils verknüpft. Das Simulationsmodell ermöglicht damit eine Prognose, ob der induzierte Fehler im Bauteil zu einem kritischen Bauteilverhalten führen würde bevor der Tape-Legeprozess überhaupt gestartet wurde. In einem kritischen Fall wird der entsprechende Tape-Abschnitt durch das Tape-Legesystem ausgeschnitten und somit nicht abgelegt. Die neue Prozesskette wird auf den Anlagen der AFPT GmbH (Dörth, Deutschland) implementiert. Die Implementierung der notwendigen Infrastruktur für den Datenaustausch zwischen den einzelnen Teilsystemen und die Datenverarbeitung wird von der nebumind GmbH (Taufkirchen) durchgeführt.

Durch den Entfall von hohen Nebenzeiten für die Prüfung und Fehlerkorrektur, trägt die aktive Fehlervermeidung zu einer Produktivitätssteigerung von Tape-Legeprozessen bei. Durch die Vermeidung von hohen Sicherheitsaufschlägen kann der Materialeinsatz weiter optimiert werden. Die gewonnenen Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Tape-Qualität und mechanischen Bauteileigenschaften vereinfachen die Materialauswahl und erhöhen die Zugänglichkeit der Tape-Legetechnologie für den Anwender.

Danksagung
Das Forschungsvorhaben wird im Rahmen des Technologietransfer-Programms Leichtbau (TTP LB) durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) (Förderkennzeichen: 03LB5001E) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Authors: Philipp Quenzel, M.Sc.

ITA Institut für Textiltechnik an der RWTH Aachen University, Otto-Blumenthal-Strasse 1, 52074 Aachen, Deutschland

Qualitätsanalyse

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28.09.2022

Reinforcement Learning im Faserverbundsektor

Fibres Composites

Abstract

(Faserverbundwerkstoffe): Das Projekt adressiert die Fehleranfälligkeit in kontinuierlichen Herstellungsverfahren von Hochmodulfaser-Tapes. Durch den Einsatz einer KI-basierten Regelung des Spreizverfahrens werden der hohe Produktausschuss, die niedrige Anlagenproduktivität und die aufwendige Anlageneinrüstung bisheriger Herstellungsverfahren vermieden.

Report

Systeme mit künstlicher Intelligenz (KI) werden in der Robotik mittlerweile vermehrt eingesetzt und dort beispielsweise für Bewegungs- und Handhabungsaufgaben verwendet, die mit reinen regelungstechnischen Systemen nicht mit ausreichender Genauigkeit ausgeführt werden können. Die Vorteile einer Ansteuerung von Industrierobotern durch KI-Systeme liegen beispielsweise in einer höheren Wiederholgenauigkeit und in der automatischen Anpassung an veränderte Umgebungsparameter, die nicht im Regelmodell berücksichtigt sind. Für kontinuierliche Produktionsprozesse hingegen hat der Einzug von KI-Systemen für die Optimierung der Produktionsparameter bislang nicht stattgefunden.

Einen kontinuierlichen Produktionsprozess mit hoher Anzahl an Einflussfaktoren, die zu einer hohen Komplexität des Gesamtsystems führen, stellt z.B. der Prozess zur Spreizung von Hochmodulfasergarnen für die Tape-Herstellung im Faserverbundsektor dar. Aufgrund derzeitiger Limitierungen innerhalb des Spreizprozesses treten bei gespreizten Hochmodulfasergarnen insbesondere Inhomogenitäten (bspw. Breiten- und Dickenverteilung) und Faserfehlorientierungen auf. Die vorhandenen Inhomogenitäten erschweren die Verarbeitbarkeit in den nachfolgenden Verarbeitungsprozessen.

Ziel des IGF-Projektes „intelli.line“ ist es, künstliche Intelligenz (KI) zur Regulierung der Produktionsparameter im Spreizprozess einzusetzen. Hierfür wird ein gängiges für das Faserspreizen angewendetes Verfahren – das Spreizen mittels Spreizstangen – gezielt weiterentwickelt. Durch die Integration zusätzlicher Sensorik für die Erfassung von Einflussfaktoren (bspw. Kameras, Temperatur-, Luftfeuchtigkeit-, Vibration-, Kraft-Sensor) wird innerhalb von umfangreichen Testläufen eine Datenbasis erzeugt, auf deren Grundlage ein selbstlernendes KI-System antrainiert wird (Reinforcement Learning). Dieses intelligente System wird als übergeordnete Kaskade in den bestehenden Regelkreis integriert und versetzt diesen in die Lage, sich auf wechselnde Materialien als auch verschiedener Chargen eines Materials zu adaptieren. Über einen rein adaptiven Regler hinaus kann das selbstlernende System dabei die Produktionsparameter an bisher (für das System) unbekannte Materialien anpassen. Auf diese Weise können die Zeiten für die Anlageninbetriebnahme und für den Materialwechsel reduziert werden. Zudem wird durch eine kontinuierliche Optimierung die Produktionsqualität erhöht und der Produktionsausschuss reduziert, was zu einer Senkung der Produktionskosten führt. Die gewonnenen Erkenntnisse können im Anschluss an das Projekt auf weitere Anwendungsbereiche übertragen werden.

Das Forschungsvorhaben wird im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF-Nr. 22237 N) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) e.V. aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Authors: Jan Patrick Böhler, M.Sc.

ITA Institut für Textiltechnik an der RWTH Aachen University, Otto-Blumenthal-Strasse 1, 52074 Aachen, Deutschland

Faserverbundwerkstoffe KI

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