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4 Ergebnisse
16.12.2025

Entwicklung einer Technologie für einen ressourceneffizienten Straßenbau auf Basis textiler Asphaltbewehrungen und Recyclingasphalt

Gestricke & Gewirke Nachhaltigkeit Technische Textilien

Zusammenfassung

Im Projekt RC-Tex-Asphalt der TU Dresden wurde eine innovative Technologie für einen ressourceneffizienten und langlebigen Straßenbau entwickelt. Durch den Einsatz textiler Asphaltbewehrungen aus profilierten Carbonfaser-Mehrfachgarnen in der Asphalttragschicht können Zugspannungen frühzeitig aufgenommen und Rissbildung wirksam verzögert werden. In Kombination mit verbundoptimierten Recyclingasphalten mit bis zu 80 % Recyclinganteil wird eine deutliche Steigerung der Ermüdungsbeständigkeit erreicht.

Laboruntersuchungen, Simulationen und Demonstratoreinbauten zeigen, dass sich die rechnerische Nutzungsdauer von Asphaltbefestigungen von bisher etwa 30 Jahren auf mindestens 60 Jahre verlängern lässt, ohne Erhöhung der Schichtdicken. Gleichzeitig werden Primärrohstoffe eingespart und die CO₂-Bilanz deutlich verbessert.

Die neue Bauweise ist mit vorhandener Maschinentechnik umsetzbar und wirtschaftlich attraktiv, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. RC-Tex-Asphalt stellt damit eine praxisnahe und nachhaltige Lösung dar und bildet die Grundlage für einen zukunftsfähigen Straßenbaustandard.

Bericht

Einleitung

Straßen sind die Lebensadern moderner Gesellschaften – sie verbinden Menschen, Regionen und Wirtschaftsräume. Gleichzeitig steht der Straßenbau vor großen Herausforderungen: steigende Verkehrslasten, zunehmende Witterungsextreme und die Notwendigkeit, Rohstoffe nachhaltiger einzusetzen. Herkömmliche Asphaltbefestigungen stoßen dabei zunehmend an ihre Grenzen. Ihre Lebensdauer liegt aufgrund der empirischen Dimensionierung und zunehmenden mechanischen sowie klimatischen Belastung meist bei nur 15 bis 20 Jahren, obwohl sie ursprünglich für 30 Jahre ausgelegt sind. Grund für das Komplettversagen des Straßenkörpers und der Notwendigkeit eines Ersatzneubaus sind vor allem Risse und Ermüdungserscheinungen in der tiefliegenden Asphalttragschicht, der tragenden Basis einer Straße, die sukzessive nach oben zur Fahrbahndecke durchschlagen.

Vor diesem Hintergrund erfolge am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) und dem Institut für Stadtbauwesen und Straßenbau (ISS) der Technischen Universität Dresden die Entwicklung einer Technologie für einen ressourceneffizienten Straßenbau auf Basis textiler Asphaltbewehrungen und Recyclingasphalt (RC-Tex-Asphalt).

Das ambitionierte Ziel: eine Verdopplung der Lebensdauer von Asphaltbefestigungen auf mindestens 60 Jahre, bei gleichzeitigem Einsatz von bis zu 80 % Recyclingasphalt (RC-Asphalt) und ohne Erhöhung der Schichtdicken. Damit sollte ein wesentlicher Beitrag zu einem ressourceneffizienten, langlebigen und klimafreundlichen Straßenbau geleistet werden.

Ausgangssituation und Problemstellung

Der klassische Asphaltaufbau besteht aus mehreren Schichten: Deckschicht, Binderschicht, Asphalttragschicht und der darunterliegenden Schotter- oder Frostschutzschicht (s. Abb. 1). Entscheidend für die Lebensdauer ist dabei die Asphalttragschicht (ATS). Sie trägt die Hauptlast und ist besonders empfindlich gegenüber Zugspannungen, die durch Verkehr und Temperaturwechsel entstehen. Wenn in der unteren Zone der ATS erste Risse auftreten, breiten sich diese mit der Zeit nach oben aus – bis der gesamte Straßenkörper saniert werden muss.

Die bisher eingesetzten textilen Asphaltbewehrungen (Gitter oder Vliese) werden meist im Rahmen von Sanierungsarbeiten in den oberen Asphaltdeck- und -binderschichten verwendet, um Reflexionsrisse zu verzögern. Für die tragende Asphalttragschicht sind diese Einlagen jedoch aufgrund der völlig anderen Einbaubedingungen (Größtkorn bis 32 mm, Verdichtung, Einbautemperatur bis 150 °C) ungeeignet. Hier setzt das Projekt RC-Tex-Asphalt an: Es entwickelt hochfeste, robuste, großmaschige Textilgitter, die direkt in der Zugzone der Tragschicht eingebaut werden und die auftretenden Kräfte bereits bei kleinsten Verformungen aufgrund einer formschlüssigen Verbindung zur Asphaltmastics gezielt aufnehmen können. Dies erfolgt in Verbindung mit neu entwickelten, verbundoptimierten Recyclingasphalten (RC-Asphalte) mit bis zu 80 % Anteil an wiederverwendetem Material. Dies spart natürliche Rohstoffe und reduziert CO₂-Emissionen. Die Herausforderung liegt darin, die Verbundwirkung zwischen Bewehrung und Asphalt sicherzustellen und die mechanischen Eigenschaften auch bei hohen RC-Anteilen zu gewährleisten. Dabei werden die in den KMU etablierten Fertigungstechnologien (textiltechnisch und einbauseitig) genutzt, um einen unmittelbaren Transfer in die Praxis zu gewährleisten.

Ergebnisse

Textiltechnologie – Entwicklung der Asphaltbewehrung

Am ITM der TU Dresden wurden mittels der patentierten Tränkumformtechnik völlig neue profilierte Carbonfaser-Mehrfachgarne entwickelt, die aufgrund einer materialgerechten Umformung bei Erhalt des durchgängigen Carbonfilamentverlaufes eine außergewöhnlich hohe Zugsteifigkeit (E-Modul ≥ 180 GPa) und Festigkeit (≥ 2.500 MPa) aufweisen (s. Tab. 1).

Wesentliche Innovation war die Profilierung der Garnoberfläche, die einen Formschluss mit der Asphaltmastics erzeugt und damit die Kraftübertragung deutlich verbessert. Durch gezielte Profilierung und Tränkung wird eine fast schlupffreie Verbindung mit dem Asphalt erreicht. Zusätzlich wurden Fertigungs- und Tränkungsverfahren weiterentwickelt, um die Strukturdehnung auf unter 0,2 ‰ zu begrenzen und eine hohe Resttragfähigkeit nach dem Einbau (≥ 90 %) sicherzustellen.

Im Anschluss wurden die neuartigen Bewehrungsgarne mittels der modular weiterentwickelten Multiaxial-Kettenwirktechnik zu Gitterstrukturen mit großen Maschenweiten (≥ 60 mm) verarbeitet, um sich den Einbaubedingungen und Korngrößen der Asphalttragschicht anzupassen. Besondere Innovation stellt hierbei das nachrüstbare Funktionsmodul zur maschenreihengerechten, kollisionsfreien Stabintegration in den modifizierten Nähwirkprozess dar, das es ermöglicht, durch die positionsgenau Zuführung der profilierten Mehrfachgarne diese aufeinanderliegenden konsolidierten, dicken Bewehrungslagen mittels Maschenfäden und Vermeidung eines Anstechens sowie einer Schädigung der Garne und Wirkwerkzeuge zu Gitterstrukturen zu verarbeiten (s. Abb. 2). Um einen begrenzten Lagenaufbau (≤ 9 mm) für einen Transport durch den Wirkspalt (10 mm) und eine Maschenbildung zu gewährleisten, wird eine mechanisch gekoppelte, positionsgenau Kett- und Schussstabzuführung empfohlen, wobei die Tiefstellen der Profilierung in den Knotenpunkten ineinandergreifen und zusätzlich zur Reduktion des Lagenaufbaus eine mechanische Verzahnung ermöglichen.

Für die Schussstabzuführung wurde eine neue, modular erweiterbare und parametrisierbare Steuerung entwickelt, die eine auf die Nadelstellung abgestimmte Stabzuführung positions- und zeitgenau ermöglicht. Die Herausforderung liegt insbesondere darin, dass der kollisionsfreie Arbeitsbereich bei lediglich 10 % des Maschenbildungsvorganges liegt, 90 % des Vorganges ist die Nadel im Wirkbereich vorhanden. Zur Realisierung der kollisionsfreien Stabzuführung liegt die Innovation in einem intervallbasierten, rampenartigen Bewegungsverlauf mit abschnittsweise beschleunigter und verzögerter Transportgeschwindigkeit (variabel zwischen 1/4 der Produktionsgeschwindigkeit kurz vor und nach der Maschenbildung und bis zu 4-fache Produktionsgeschwindigkeit für die sprunghafte Durchführung im kollisionsfreien Arbeitsbereich der abgetauchten Nadel) der modular nachträglich integrierbaren Transportkette, die den Stab führt, fixiert und kollisions- sowie kippfrei durch die Wirkstelle transportiert. Durch den sprunghaften Geschwindigkeitsanstieg wird der Stabtransport von mind. 5 mm Länge innerhalb des zur Verfügung stehenden Arbeitsfensters (lediglich 10 %) realisiert. Hierbei müssen die kontinuierliche Wirkfadenzuführung und Abzugsgeschwindigkeit auf die intervallweise und quasi-diskontinuierliche Stabtransportgeschwindigkeit aufeinander abgestimmt sein, um eine stabile und gleichmäßige Maschenstruktur zu gewährleisten. Hierzu empfiehlt sich eine Einzelfadenzuführung elastischer Garne für die Maschenbildung mit hohem Arbeitsbereich für stark variierende Fadenzugkräfte aufgrund der quasi-diskontinuierlichen Arbeitsweise und des hohen Lagenaufbaus. Zudem wurden systembedingte Korrekturfaktoren identifiziert und iterativ angepasst, die u. a. die Trägheit und Dehnung des Transportsystems (mechanisch und motorisch) berücksichtigt. Eine optische Positionsüberwachung der Stablage (bspw. Schräglage) kann bei Verwendung von Einzelantrieben der beiden Transportkettenseiten eine inline-Korrektur gewährleisten, wobei auch mechanische Zwangsläufe mit Not-Stopp-Funktion bei Ermittlung einer Falschlage möglich sind. In Hinblick auf eine hohe Produktivität werden inline-Korrekturmöglichkeiten favorisiert.

Durch diesen modularen Modifikationen konnte die multiaxiale Kettenwirktechnik etabliert werden, mit der großflächige Bewehrungsgitter reproduzierbar und schädigungsfrei hergestellt werden können – ein entscheidender Schritt hin zur industriellen Umsetzbarkeit.

Materialentwicklung – Verbundoptimierte RC-Asphalte

Parallel dazu wurde am ISS die Zusammensetzung geeigneter Asphaltmischungen untersucht. Ziel war die maximale Nutzung von Recyclingmaterial bei gleichzeitig optimalem Verbund mit der Bewehrung. Dabei wurden verschiedene Varianten mit RC-Anteilen zwischen 60 % und 80 % getestet. Als Bindemittel kamen sowohl erdölbasierte als auch natürliche Rejuvenatoren zum Einsatz, die das alte (oxidierte) Bitumen im Recyclingasphalt wieder verjüngen sollen.

Die Ergebnisse zeigten, dass natürliche Rejuvenatoren (Rej.) die Tränkung der Carbonfasern angreifen und die mechanische Festigkeit der Garne deutlich reduzieren. Dagegen führte ein erdölbasierter Rejuvenator zu einem stabilen Verbund und einem sehr guten Ermüdungsverhalten. Die besten Ergebnisse erzielten Asphalte mit 80 % RC-Anteil und erdölstämmigem Rejuvenator – sie erreichten eine mehr als doppelte Nutzungsdauer als herkömmliche Asphalttragschichten für die definierten Belastungsszenarien (s. Abb. 3)

Simulation und Dimensionierung

Mit Hilfe von zyklischen Biegezugversuchen, Spaltzugschwellversuchen und FEM-Modellen wurden das Verbundverhalten und die resultierende Steifigkeit innerhalb der bewehrten Asphaltstrukturen auf Basis experimenteller Ergebnisse simuliert. Dabei wurde erstmals ein realitätsnahes Modell des profilierten Mehrfachgarns entwickelt, das die komplexen Wechselwirkungen zwischen Textil und Asphalt abbildet. Die Simulationen zeigten, dass die Textilbewehrung in der Lage ist, die Steifigkeit der Asphalttragschicht zu steigern, die Ermüdungsbeständigkeit zu erhöhen und folglich die Rissbildung in der Asphalttragschicht signifikant zu verzögern. Die simulativen Berechnungen und Regressionen der Prüfergebnisse ergaben, dass die rechnerische Nutzungsdauer der neuen Bauweise mind. 60 Jahre hält und deutliches Steigerungspotential für mehr als 100 Jahre aufweist – abhängig von Belastung und Einbausituation.

Einbau- und Verbundtechnologie

Ein wichtiger Schwerpunkt war die Einbindung der Bewehrung in den Asphaltaufbau. In Laborversuchen und einer Demonstratoranwendung (s. Abb. 4) wurden verschiedene Einbauverfahren getestet. Dabei zeigte sich, dass nur der Heiß-auf-Heiß-Einbau (Einbau der Asphaltbewehrung zwischen zwei heißen Asphalttragschichten) einen dauerhaft guten Schichtenverbund ohne Fehlstellen gewährleistet.

Diese Erkenntnis bildet die Grundlage für die spätere Praxisanwendung: Der Einbau kann mit vorhandener Maschinentechnik erfolgen, sofern die Temperaturführung präzise abgestimmt wird. Damit bleibt die neue Bauweise auch für kleine und mittlere Straßenbauunternehmen technisch und wirtschaftlich umsetzbar.

Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens RC-Tex-Asphalt belegen eindrucksvoll die hohe Praxistauglichkeit und Wirtschaftlichkeit der neu entwickelten textilen Asphaltbewehrung für den industriellen Einsatz im Straßenbau. Eine wirtschaftliche Bewertung unter realitätsnahen Bedingungen ergab ein erhebliches Einsparpotenzial: Durch die deutlich verlängerten Erhaltungsintervalle von konventionell 30 Jahren auf mind. 60 Jahre und den geringeren Materialverbrauch lassen sich die Gesamtkosten des Straßenlebenszyklus mit dem neuartigen RC-Tex-Ansatz im Vergleich zur unbewehrten Fahrbahn um rund 40 % senken (Berechnungsbeispiel 8 m Fahrbahnbreite und 1 km Länge ca. 200.000 €/a konventionell und 115.000 €/a mit RC-Tex-Ansatz). Gleichzeitig ermöglicht der Einsatz von bis zu 80 % Recyclingasphalt eine Reduktion des Primärrohstoffbedarfs um mehr als ein Drittel (von 3,5 t/a auf 2,3 t/a CO2-Aquiv.)und verbessert die CO₂-Bilanz deutlich.

Besonders attraktiv ist die Technologie für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Textil-, Maschinenbau- und Straßenbaubranche. Bestehende Anlagen können aufgrund der modular entwickelten Funktionsmodule adaptiv mit moderatem Aufwand an die neue Fertigung angepasst werden – die erforderlichen Investitionen für die Nachrüstung der Produktionsmaschinen liegen unter 40.000 €. Bei einer jährlichen Fertigungsmenge von etwa 100.000 m² Asphaltbewehrung mit einem kalkulierten Preis von ca. 37 €/m², der den Preis der profilierten Mehrfachgarne berücksichtigt, amortisiert sich die Investition aufgrund des vielversprechenden Einsatzpotentials innerhalb eines Jahres.

Damit bietet RC-Tex-Asphalt eine unmittelbar nutzbare Lösung, die ohne grundlegende Prozessumstellungen in bestehende Produktions- und Bauabläufe integriert werden kann. Die entwickelten Materialien und Verfahren erhöhen die Ressourcen- und Energieeffizienz entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Textilfertigung über die Asphaltproduktion bis hin zum Einbau auf der Baustelle. Durch die enge Verzahnung von Forschung, Industrie und Handwerk wurde ein praxisnahes Konzept geschaffen, das nicht nur ökologische und technische Vorteile bietet, sondern vor allem neue Marktchancen für KMU eröffnet und den Weg zu einem nachhaltigen, zukunftsfähigen Straßenbau ebnet.

Zusammenfassung und Ausblick

Das Forschungsvorhaben RC-Tex-Asphalt hat gezeigt, dass technologische Innovation, Ressourcenschonung und Wirtschaftlichkeit im modernen Straßenbau erfolgreich vereint werden können. Durch die Entwicklung einer textilbewehrten Asphalttragschicht mit profilierten Carbon-Mehrfachgarnen konnte die Lebensdauer von Asphaltbefestigungen deutlich verlängert werden – von bisher rund 30 Jahren auf mindestens 60 Jahre. Simulationen deuten sogar auf eine bis zu neunfache Steigerung hin. Diese enorme Verbesserung ist auf die hohe Verbundfestigkeit zwischen Asphalt und Bewehrung zurückzuführen, die Rissbildung und Ermüdung wirksam verhindert. Auch bei einem Recyclinganteil von bis zu 80 % blieb die Leistungsfähigkeit der Bauweise stabil. Neue Mess- und Simulationsverfahren ermöglichen zudem eine präzise Dimensionierung und Planung zukünftiger Straßenaufbauten.

Neben dem technischen Fortschritt überzeugt das Projekt durch seine ökologische Wirkung. Der hohe Anteil an Recyclingasphalt reduziert den Verbrauch von Primärrohstoffen erheblich und verbessert die CO₂-Bilanz über den gesamten Lebenszyklus einer Straße. Durch die verlängerten Nutzungs- und Sanierungsintervalle sinkt der Material- und Energieeinsatz, und perspektivisch kann die Schichtdicke der Asphalttragschicht reduziert werden – ohne Leistungseinbußen. Damit leistet RC-Tex-Asphalt einen wichtigen Beitrag zu nachhaltigem und klimafreundlichem Straßenbau.

Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) profitieren von den Projektergebnissen. Die neue Bauweise eröffnet vielfältige Geschäftsmöglichkeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Textilhersteller können Hochleistungsfasern, Tränkungen und Gitterstrukturen entwickeln und vermarkten; Maschinenbauer erhalten die Chance, bestehende Anlagen für die Fertigung profilierter Mehrfachgarne anzupassen oder neue Produktionslinien aufzubauen; und Straßenbauunternehmen können langlebigere, wirtschaftlichere Straßen anbieten und sich so neue Marktsegmente erschließen. Da vorhandene Maschinen mit geringem Aufwand nachgerüstet werden können, ist der Einstieg in die neue Technologie besonders attraktiv. Hierbei sind bereits weitere Pilotanwendungen und Kooperationen mit der Bauwirtschaft in Planung, um den Übergang in die Praxis zu beschleunigen und auch die Recyclingfähigkeit der textilbewehrten Asphalttragschicht vertieft zu betrachten. Insgesamt stellt RC-Tex-Asphalt einen bedeutenden Innovationsschritt dar: Erstmals ist eine textile Hochleistungsbewehrung entstanden, die vollständig mit Asphalt kompatibel ist und in der tragenden Schicht eingesetzt werden kann. Damit bietet das Projekt eine zukunftsweisende Grundlage für einen neuen, nachhaltigen Straßenbaustandard, der ökologische Verantwortung mit wirtschaftlicher Effizienz verbindet.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 01IF22609N der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e. V. wurde über das DLR im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Schlussbericht und weiterführende Informationen sind am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik der TU Dresden erhältlich.

 

AutorInnen: Penzel, P. Klug, P. Cherif, C. Weise, C. Gerowski, B. Zeißler, A.

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

https://tu-dresden.de/mw/itm

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27.10.2023

Leichtigkeit durch Hohlkörper-Platten: Entwicklung leichter Carbonbetonfertigteile auf Basis textiler 3D-Netzgitterträger

Gestricke & Gewirke Composites Textilmaschinenbau Nachhaltigkeit Technische Textilien

Zusammenfassung

In branchenübergreifender Kooperation wurde am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) und dem Institut für Massivbau (IMB) der TU Dresden leichte Carbonbetonfertigteile für materialeffiziente Decken- und Wandelemente auf Basis einer neuartigen 3D-Netzgitterträgerstruktur entwickelt.

Im Bauwesen sind Fertigteile eine etablierte Lösung für die Unterstützung eines schnellen Bauforschritts von Decken- und Wandelementen. Jedoch stoßen konventionelle Elemente aus Stahlbeton aufgrund ihres massiven Aufbaus und der Korrosionsanfälligkeit des Bewehrungsstahls immer öfter an ihre Einsatzgrenzen. Daher sollen perspektivisch auch im Filigranfertigteilbau textile Bewehrungen für Gitterträger eingesetzt werden, die zusätzliche Hohlräume, bspw. zur Führung von Medien, etc. ermöglichen.

Bericht

Carbon statt Stahl

Tragendes Element der neuen Fertigteilgeneration sind textile Gitterträger, deren Netzstruktur auf überlagernden, diagonal versetzenden Carbonrovings basiert. Der lastgerechte und korrosionsresistente textile Netzgitterträger ermöglicht eine deutliche Reduzierung der Betondeckung und der damit verbundenen CO2-Emmission und eröffnet innovative Design- und Funktionalisierungsmöglichkeiten durch die Integration von großvolumigen Hohlräumen. (Abbildung 1)

Carbonfaserbasierter 3D-Netzgitterträger

Das ITM der TU Dresden hat die textile Fertigungstechnologie auf Grundlage mehrerer Kettfadenversatzsysteme in Kombination mit einem nachgelagerten Umformprozess für die Herstellung der 3D-Netzgittertäger entwickelt. Hierbei erfolgt die Fertigung der netzartigen 2D-Textilstruktur auf Basis der weiterentwickelten Kettfadenversatztechnologie der Multiaxial-Kettenwirktechnik. Die Umformung und Strukturfixierung erfolgt auf Basis zweier entwickelter technologischer Ansätze als Nass- und Warmumformung durch die modulare Erweiterung konventioneller Beschichtungsanlagen. (Abbildung 2)

Leichtbau-Hohlkörperdecke aus Carbonbeton

Das im Bereich Carbonbeton renommierte IMB der TU Dresden führte eine numerisch gestützte baustatische Auslegung sowie die bautechnische Erprobung der Verstärkungsstruktur mit einer anschließenden simulationsgestützen Topologieoptimierung der 3D-Netzgitterträger aus. Hierzu wurden modifizierte Biegezugversuche nach RILEM RC5 sowie Auszugversuche an umgelenkt einbetonierten Garnen zur Ermittlung der Zug- und Verbundeigenschaften durchgeführt. Die Ergebnisse hierzu sind in Abbildung 3 auszugsweise dargestellt.

Weiterführend wurden neue Designmöglichkeiten, bspw. die Integration von Hohlräumen, Dämmungen und Leitungsschächten in Deckenelementen entwickelt und erprobt. Ergebnis ist eine innovative Produktfamilie für die Anwendung in Sandwichstrukturen, Doppelwänden und im allgemeinen „Filigran“-Fertigteilbau. Hierbei können komplexe geometrische Formen durch neuartige Schalungsmethoden umgesetzt werden.

Um das Potenzial eines leichten, mit 3D-Netzgitterträger bewehrten Hohlkörperplattensystems aufzuzeigen wurde eine umfassende vergleichende Analyse von Plattensystemen mit identischem Querschnitt durchgeführt (siehe Abbildung 5, pdf-Version). Die drei untersuchten Plattensysteme für Decken waren die stahlbewehrte Vollplatte (SVP), die stahlbewehrte Hohlplatte (SHP) und die mit Netzgitterträgern bewehrte Hohlplatte (NHP).

Die vergleichende analytische Untersuchung zeigt, dass aufgrund der höheren Leistungsfähigkeit der mit Netzgitterträgern bewehrten Hohlplatte signifikante Material- und Masseeinsparungen hinsichtlich Beton und Bewehrung in Form von großvolumigen Hohlräumen (36 %) möglich ist. Ein Vergleich der drei unterschiedlichen Plattenarten verdeutlicht eindrucksvoll am Beispiel einer 7,2 m x 1,0 m x 0,155 m großen Deckenplatte (L x B x H), dass bei gleichbleibender Belastung mit einer Nutzlast von 1,5 kN/m² die mit Netzgitterträgern bewehrte Hohlplatte (NHP) 36 % leichter als die stahlbewehrte Vollplatte (SVP) und 27,6 % leichter als die stahlbewehrte Hohlplatte (SHP) ausgeführt werden kann. Dies liegt darin begründet, dass aufgrund der korrosionsresistenten Netzgitterträger-Bewehrung die Betondeckung deutlich reduziert und somit der Hohlraumanteil im Vergleich zur stahlbewehrten Hohlplatte von 11 % auf 36 % gesteigert werden kann. Daraus resultiert eine signifikante Betoneinsparung der mit Netzgitterträgern bewehrten Hohlplatte von 28 % im Vergleich zu Hohlplatten mit korrosionsanfälliger Stahlbewehrung.

Die enorme Material- und Masseeinsparung von Beton und Bewehrung durch Integration von Hohlräumen (ca. 36 %) und Verwendung leichter Carbonbewehrungen der mit Netzgitterträgern bewehrten Hohlplatte im Vergleich zu konventionellen Plattensystemen für Deckenanwendungen bei gleichbleibender Leistungsfähigkeit zeigt das hohe wirtschaftliche und ökologische Potential der textilbewehrten Filigran-Fertigteile für die Bauindustrie auf.

Als Ergebnis des Forschungsprojektes wurde die Carbonbetontechnologie auf das enorm große Marktsegment der Filigranfertigteile übertragen und neue Lösungen für das ressourcenschonende Bauen der Zukunft bereitgestellt.

Das IGF-Vorhaben 21556 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e. V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

AutorInnen: Penzel, P.; Ur Rehman, N.; Hahn, L.; Michler, H.; Cherif, C.; Curbach, M.

Technische Universität Dresden, Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) und Institut für Massivbau (IMB)

Dipl.-Ing. Paul Penzel, M. Sc. Nazaib Ur Rehman, Wiss. Mitarbeiter

+49 351 463-422 45 // +49 351 463-404 73

http://tu-dresden.de/mw/itm // https://tu-dresden.de/bu/bauingenieurwesen/imb

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16.01.2023

Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit steigern durch den Einsatz von verbundgerecht profilierten Textilbetonbewehrungen

Fasern Garne Gestricke & Gewirke Textilmaschinenbau Nachhaltigkeit Technische Textilien

Zusammenfassung

Am ITM der TU Dresden wurden neuartige, verbundoptimierte Bewehrungsgarne auf Basis der Flecht- und Tränkumformtechnik simulationsgestützt entwickelt, die bis zu 500 % höhere Verbundkräfte im Beton als Garne ohne Profilierung übertragen können. Die Profil- und Flechtgarne weisen bereits bei einer Verbundlänge von nur 50 mm eine vollständige Verankerung auf. Mit der am ITM entwickelten Tränkumformtechnik konnten tetraederförmige Profilgarne gefertigt werden, die aufgrund der patentierten Tetraedergeometrie das zugmechanische Leistungpotential der Carbonfasern nahezu vollständig ausnutzen können. Weiterhin wurde im Zuge der Flechtgarnentwicklung eine neue Flechtstruktur entwickelt, welche die nahezu vollständige Eliminierung der Strukturdehnung unter Last ermöglichte. Somit war die Fertigung von profilierten Bewehrungsgarnen mit sehr hohen zugmechanischen Eigenschaften möglich. Darüber hinaus wurde die Multiaxial-Kettenwirktechnik derart weiterentwickelt, dass die neuartigen Bewehrungsgarne (Profil- und Flechtgarne) schädigungsfrei zu gitterförmigen Textilbetonbewehrungen mit verbundoptimierter Profilierung verarbeitet werden können. Daraus ergibt sich eine deutlich höhere Materialeffizienz der Textilbewehrung, sodass bisher notwendige unverhältnismäßige Überdimensionierungen und große Überlappungslängen deutlich reduziert werden können. Dies ist insbesondere in Anbetracht der energieintensiven Herstellung von Carbonfasern und damit für den Nachhaltigkeitsanspruch der zukunftsweisenden Carbonbetontechnologie von enormer Bedeutung, um das Bauen der Zukunft ressourcenschonend und nachhaltig zu gestalten.

Die erzielten Projektergebnisse stellen zudem einen wesentlichen Beitrag zur Herstellung von extrem belastbaren Textilbetonstrukturen mit deutlich besseren Verbundeigenschaften dar, sodass für die Bauindustrie perspektivisch neue Möglichkeiten zur Bauteilfertigung im Bereich der Sanierung und des Neubaus entstehen.

Bericht

Abstract
Ressourcenschonend Bauen und dennoch ein hohes Leistungspotential ausschöpfen, ist das überhaupt möglich? Am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) der TU Dresden wurden im Rahmen des Forschungsprojektes IGF 21375 BR verbundgerecht profilierte Textilbetonbewehrungen sowie die dazugehörigen Fertigungstechnologien entwickelt, die genau dies ermöglichen. Auf Basis der Flecht- und Tränkumformtechnik wurden neuartig profilierte Bewehrungsgarne simulationsgestützt entwickelt, die analog zu gerippten Stahlbewehrungen einen sehr hohen Verbund mit der Betonmatrix aufweisen und das hohe Leistungspotential der Carbonfasern hinsichtlich der zugmechanischen Eigenschaften ausnutzen. Damit kann die notwendige Verbundlänge für eine vollständige Kraftübertragung zwischen Textilbewehrung und Beton auf wenige Zentimeter reduziert, und somit bis zu 80 % der bauteilabhängigen Überdimensionierung der Textilbewehrung eingespart werden. Die Weiterentwicklung der Multiaxial-Kettenwirktechnik zur anforderungsgerechten und faserschonenden Verarbeitung der profilierten, konsolidierten Garne zu gitterförmigen Bewehrungsstrukturen ermöglicht die Fertigung von profilierten Textilbetonbewehrungen mit höchsten Verbundeigenschaften für den Einsatz in Carbonbeton-Bauteilen mit maximaler Material- und Ressourceneffizienz.

Ausgangssituation und Problemstellung
Bekannterweise ist der Klimawandel die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts, welcher nur durch eine konsequente Einsparung von Ressourcen und CO2-Emmision erfolgreich bewältigt werden kann. Da die Baubranche mit einem Anteil von ca. 38 % der weltweiten CO2-Emission, insbesondere aufgrund des enormen Zementverbrauchs, einen erheblichen Beitrag zur bisherigen Klimaerwärmung hat [1], ist ein Wandel zu mehr Energie- und Ressourceneffizienz sowie einem wachsenden Nachhaltigkeitsbewusstsein zwingend erforderlich. Im Zuge dessen etabliert sich insbesondere der ressourceneffiziente Carbonbeton, bestehend aus einer korrosionsbeständigen Textilbewehrung in Kombination mit einer deutlich reduzierten Betondeckung, im Bauwesen als überzeugende Alternative zum konventionellen Stahlbeton zunehmend [2,3].  

Aufgrund der hohen Tragfähigkeiten der textilen Bewehrung bei kleineren notwendigen Betonquerschnitten kommt jedoch dem Verbund zwischen Textil und Beton eine außerordentlich große Bedeutung zu. Bisher lag der Fokus der F&E auf der Entwicklung von Tränkungsmitteln und zugehöriger Tränkungssysteme zur Verbesserung des stoffschlüssigen Haftverbundes mit der Betonmatrix [4]. Damit lassen sich jedoch nur geringe Kräfte mit einem Schubfluss von etwa 5-40 N/mm übertragen, eine effiziente Ausnutzung der textilen Bewehrung ist nicht möglich. Signifikante Verbesserungen zur Übertragung der Verbundkräfte versprechen Lösungen mit einer Profilierung der Garnoberfläche [5]. Daher wurden im Rahmen des IGF-Forschungsprojektes 21375 am ITM der TU Dresden neuartige Technologie zur kontinuierlichen und reproduzierbaren Herstellung profilierter textiler Hochleistungsgarne und deren Weiterverarbeitung zu Bewehrungsstrukturen entwickelt. Diese neuartigen, profilierten Bewehrungen zeichnen sich dadurch aus, dass diese im Betonverbund deutlich höhere Kräfte übertragen können [6,7]. Zur Generierung einer Profilierung auf Garnebene wurden Lösungen auf Basis der Flechttechnik und mittels tränkumformtechnischer Verfahren simulationsgestützt entwickelt und umgesetzt. Die Prämissen waren eine unnachgiebige Profilgebung mit garnaxial symmetrischem Aufbau, damit eine gleichmäßige und hohe Lastübertragung gewährleistet ist. Die Herstellung gitterartiger Bewehrungsstrukturen, bestehend aus den profilierten Bewehrungsgarnen, erfolgte durch die Weiterentwicklung der Multiaxial-Kettenwirktechnik. Diese wurde entsprechend der notwendigen Anpassungsmaßnahmen zur schädigungsarmen und anforderungsgerechten Weiterverarbeitung der profilierten Bewehrungsgarne zu Gitterstrukturen hinsichtlich der bestehenden Teilprozesse (Garnzuführung, Schusslegung, Maschenbildung, Tränkung und Aufwicklung) modular weiterentwickelt.

Entwicklung der neuartig profilierten Bewehrungsgarne
Für die anforderungsgerechte Entwicklung von profilierten Bewehrungsgarnen für Betonanwendungen erfolgte eine simulationsgestützte Garnentwicklung auf Basis der Flecht- und Tränkumformtechnik. Die wesentliche Herausforderung bestand insbesondere darin, profilierte Garne mit minimaler Strukturdehnung zu realisieren, sodass beim Versagen der Betonmatrix bei ca. 0,2 % Dehnung eine initiale Kraftübertragung der Textilbewehrung ermöglicht wird und die Rissbreiten minimiert werden [3]. Hierzu wurde eine neuartige Flechtstruktur mit einem Varioflechter entwickelt. Darüber hinaus wurde der Flechtprozess derart weiterentwickelt, dass eine ondulationsarme Vorstabilisierung der Flechtgarnstruktur während des Flechtprozesses ermöglicht wird und dennoch eine textile Weiterverarbeitbarkeit gewährleistet ist. Im Ergebnis wurden neuartige Varioflechtgarne sowie konventionelle Packungsflechtgarne bestehend aus Carbonfasern mit nahezu eliminierter Strukturdehnung, minimaler Faserschädigung und anforderungsgerechter Vorstabilisierung der Garnstruktur realisiert (siehe Tabelle 1).

...

Leistungspotential der neuartigen profilierten Bewehrungsgarne
Die neuentwickelten profilierten Bewehrungsgarne zeichnen sich durch nahezu unveränderte zugmechanische Eigenschaften, jedoch bis zu 500 % höhere Verbundeigenschaften im Vergleich zu Carbonrovings ohne Profilierung bzw. aus Referenztextilien extrahierten Rovings aus (siehe Abbildung 1). Zudem weisen sie keine erkenntliche Strukturdehnung auf, sodass eine initiale Kraftübertragung ohne zusätzliche Rissöffnung nach dem Versagen der Betonmatrix möglich ist. Jedoch konnte eine Verbundsteigerung um über 500 % von ca. 20 N/mm der Carbonrovings ohne Profil auf über 100 N/mm der profilierten Bewehrungsgarne erzielt werden, womit eine signifikante Steigerung der Materialeffizienz einhergeht (siehe Abbildung 1). Hierbei zeichnen sich insbesondere die Varioflechtgarne durch sehr hohe Verbundsteifigkeiten aus, die für eine initiale Kraftübertragung von besonderem Interesse sind. Die Packungsflechtgarne sowie die Profilgarne mit Tetraeder-Geometrie haben annähernd gleiche Verbundeigenschaften. Die Verbundsteifigkeit ist im Vergleich zu den Varioflechtgarnen etwas geringer, jedoch ist deren Fertigung produktiver.

...

Weiterentwicklung des Flächenbildungsprozesses
Zur Verarbeitung der neuartig profilierten Bewehrungsgarne zu einer gitterförmigen Bewehrungsstruktur wurde eine am ITM vorhandene Biaxial-Kettenwirkmaschine des Typs Malimo 14022 sowie die entsprechenden Teilprozesse (Garnzuführung, Schusslegung, Maschenbildung, Tränkung und Aufwicklung) angepasst und weiterentwickelt, sodass einerseits die vorstabilisierten Flechtgarne sowie die konsolidierten tetraederförmigen Profilgarne weiterverarbeitbar sind. Hierzu wurde insbesondere der Schusslegungsprozess dahingegen modifiziert, dass ein neuartiger Schussfadenführer für die Schusslegung der vorstabilisierten Flechtgarne entwickelt wurde. Die biegesteifen Profilgarne können nicht mit dem konventionellen Schusslegungsverfahren verarbeitet werden, sodass ein neuartiges Stabablagesystem bestehend aus eine Schussstab-Magazin-Speicher und einer Welle mit Profilwalzen entwickelt wurde (siehe Abbildung 2). Die vorkonfektionierten Schussstäbe wurden über das Stabablagesystem vereinzelt in eine mit neuen Halteelemente modifizierte Transportkette eingelegt.

...

Danksagung
Das IGF-Vorhaben 21375 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e. V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Schlussbericht und weiterführende Informationen sind am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik der TU Dresden erhältlich.

Die vollständige Veröffentlichung steht zum Download zur Verfügung.

AutorInnen: Penzel, Paul; Hahn, Lars; Abdkader, Anwar; Cherif, Chokri

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

https://tu-dresden.de/mw/itm

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24.11.2022

Oberflächenprofilierte Carbongitter für Carbonbetonanwendungen

Gestricke & Gewirke Composites Textilmaschinenbau Nachhaltigkeit Technische Textilien

Zusammenfassung

Am ITM der TU Dresden wurden Verfahren entwickelt, die es ermöglichen, auf einer Multiaxial-Kettenwirkmaschine mit integrierter Tränkungs- und Aushärtemodul kontinuierlich oberflächenprofilierte Gitter in reproduzierbarer hoher Qualität für Carbonbetonanwendungen herzustellen. Im Lösungsansatz 1, der Profilierung durch Prägen der Verstärkungsfäden, kann der Schubfluss um mehr als 400 % gegenüber einem Glattgarn gesteigert werden. Die Skalierung und Steigerung der Produktivität dieser Technologie auf Industrieniveau wird Gegenstand zukünftiger Forschungsarbeiten sein. Im Lösungsansatz 2 wurde ein Wirkfaden grober Feinheit (> 150 tex) als profilgebende Komponente (Profilwirkfaden) verwendet und zur maschenbasierten Fixierung der Verstärkungsfäden genutzt. Weitere Forschungsperspektiven zur Steigerung der Verbundhaftung ergeben sich für diese Profilierungsvariante insbesondere in einer Erhöhung der Stoff- und Formschlussverbindung zwischen Profilwirk- und Verstärkungsfaden.

Eine Erhöhung des Schubflusses bzgl. des Verbundes zwischen der durch Prägen profilierten Textilbewehrung und dem Beton führt direkt zu einer Verringerung der Auszugslängen unter Last und damit zur Reduzierung der Überlappungslängen um bis zu 75 % bei der Verarbeitung von profilierten Carbonbetonbewehrungen. Damit wird eine Grundlage für eine kosten- und ressourceneffiziente Herstellung von Carbonbetonbauteilen geschaffen, da hierbei eine Vielzahl, von überlappenden Textilbewehrungsbereichen auftreten. Dieser Aspekt verbessert die Wirtschaftlichkeit von Carbonbetonanwendungen und trägt dazu bei, diese innovative und ressourcenschonende Art des Bauens weiter zu etablieren.

Bericht

Abstract

Die volle Substanzfestigkeit des Hochleistungsmaterials Carbon kann im Betonverbund immer noch nicht ausgenutzt werden kann. Das liegt in der geringen Festigkeit der stoffschlüssigen Verbindung zwischen Carbonfaden und Betonmatrix begründet. Hier setzte das erfolgreich abgeschlossene Forschungsprojekt IGF 21153 BR des ITM an. Der Fokus lag auf der Entwicklung und Umsetzung von Verfahren zur Integration von Formschlusselementen im Herstellungsprozess von textilen Bewehrungen zur Steigerung der Verbundfestigkeit zwischen Bewehrung und Beton. Es wurde nachgewiesen, dass der dadurch erreichte zusätzliche Formschluss auf Basis einer Oberflächenprofilierung, ähnlich dem gerippten Bewehrungsstahl, den Schubfluss vervierfacht, die erforderliche Überlappungslänge folglich viertelt und damit den Materialeinsatz erheblich reduziert. Zwei Vorzugsvarianten wurden herausgearbeitet, für deren erfolgreiche Umsetzung die Entwicklung von Inline-Temperatur- und Feuchtigkeitsmesssystem erforderlich war.

Ausgangssituation und Problemstellung

Beton ist weltweit der wichtigste und am häufigsten eingesetzte Baustoff und wird in nahezu allen Anwendungsbereichen in Kombination mit einer Bewehrung zur Aufnahme der Zugkräfte eingesetzt [1]. Durch die Kombination von Beton mit einem Bewehrungsmaterial wie Stahl, können Bauwerke errichtet werden, die höchsten Beanspruchungen standhalten können. Da Stahl jedoch ein korrosionsanfälliges Material ist, muss eine signifikante Deckschicht stark basischen Betons aufgewendet werden, um einen Verlust der Tragleistung durch Korrosion der Bewehrung zu verlangsamen [2]. Zur Abtragung der im Bauwerk wirkenden Drucklasten ist die Dicke der Deckschicht nicht erforderlich. Daher erfolgte in den letzten beiden Dekaden die Entwicklung und sukzessive Praxiseinführung von Textilbewehrungen, die aus hochleistungsfähigen Multifilamentgarnen aus Carbon oder alkaliresistentem Glas bestehen, die mit textilen Verfahren zu mehraxialen Gitterstrukturen verarbeitet und, um den inneren und äußeren Verbund sicherzustellen, getränkt werden [3–5]. Derartige Textilbewehrungen können bei einer Betonersparnis von bis zu 70 % (durch dünnwandige Bauweise) die gleichen Kräfte übertragen wie konventionelle Stahlbewehrungen. Textilbewehrungen sind korrosionsunempfindlich und ermöglichen eine sehr effiziente, betonsparende und dauerhafte Armierung von Betonbauwerken bzw. ‑bauteilen in den vielfältigsten Anwendungsgebieten [6, 7].

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Technische Entwicklung und Umsetzung

Zur Lösung der beschriebenen Problemstellung wurden Verfahren zur prozessintegrierten Profilierung der Textilbewehrung entwickelt. Hierfür wurden zwei Lösungskonzepte entwickelt, erprobt und evaluiert, die durch unterschiedliche Prinzipien (Prägen und Profilwirkfaden) gezielt Profilierungen ausbilden und die zudem in die textile Fertigung integrierbar sind.

Zur Steigerung der Warenqualität und um den Trocknungs- und Aushärteprozess gezielt hinsichtlich der erreichbaren Zugfestigkeit mit geringer Streuung steuern zu können, wurde eine Inline-Temperaturüberwachung auf Basis taktiler, mitlaufender Temperatursensoren entwickelt. Die Überwachung der Gelegefeuchtigkeit erfolgte mit der NIR-Sensorik (Near Infrared). Die Streuung der Zugfestigkeit der Textilbewehrung in der Warenausgangskontrolle konnte aufgrund der Prozessüberwachung halbiert werden. Es konnte zudem gezeigt werden, dass bestimmte Parameter des Multiaxial-Kettenwirkprozesses einen moderaten Einfluss auf die Eigenschaften der Bewehrung und deren Verbund zum Beton haben, z. B. die Stichlänge und die Bindungsart.

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Materialcharakterisierung und Ergebnisse

Im Anschluss an die konstruktive Entwicklung und Umsetzung der Lösungskonzepte zur prozessintegrierten Herstellung eines profilierten Multiaxialgitters erfolgte sowohl die Fertigung von textilen Musterstrukturen als auch von Betonverbundprüfkörpern. Zur Charakterisierung der Musterstrukturen wurde das Auszugverhalten der profilierten Multiaxialgitter untersucht. Die für die Fertigung der Bewehrungsstrukturen gewählten Material- und Prozessparameter sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Während der Musterfertigung wurde zudem die Oberflächentemperatur mittels eines eigens dafür entwickelten mitlaufenden kontaktbasierten Temperaturmesssystems sowie die Feuchtigkeit der Musterstrukturen mittels Nah-Infrarotsensorik überwacht und die Temperatur in der Trocknungs- und Aushärtestrecke entsprechend angepasst.

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Danksagung

Das IGF-Vorhaben 21153 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e. V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Schlussbericht und weiterführende Informationen sind am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik der TU Dresden erhältlich.

Die vollständige Veröffentlichung steht zum Download zur Verfügung.

AutorInnen: Zierold, Konrad; Hahn, Lars; Cherif, Chokri

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

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