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25.04.2023

IVC und ZVO üben scharfe Kritik an Brüssel und Berlin

Was einst als deutscher Erfindungsgeist und deutsche Ingenieurskunst für Wohlstand und Wirtschaftswachstum sorgte, werde bald Geschichte sein. Grundlegende wirtschaftliche Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort Deutschland seien nicht mehr gegeben: verbieten, abschalten, verlagern heiße die neue Maxime, mit der Brüssel und Berlin nicht nur dem Mittelstand die Luft zum Atmen nehmen.

Was einst als deutscher Erfindungsgeist und deutsche Ingenieurskunst für Wohlstand und Wirtschaftswachstum sorgte, werde bald Geschichte sein. Grundlegende wirtschaftliche Rahmenbedingungen am Wirtschaftsstandort Deutschland seien nicht mehr gegeben: verbieten, abschalten, verlagern heiße die neue Maxime, mit der Brüssel und Berlin nicht nur dem Mittelstand die Luft zum Atmen nehmen.

Der Geschäftsführer der Industrievereinigung Chemiefaser e.V., Dr. Wilhelm Rauch, und der Ressortleiter Umwelt-& Chemikalienpolitik des Zentralverbandes Oberflächentechnik e.V., Dr. Malte M. Zimmer sind sich einig in der Beurteilung der aktuellen Situation und haben mit der Aussage „Deutschland verabschiedet sich aus der 1. Liga“ einen wirtschaftspolitischen Weckruf gestartet. Deutschland sei im Abstiegskampf – allerdings finde sich anscheinend weder auf der Trainerbank noch im Management irgendjemand, der ein Interesse hätte, das aufzuhalten. Wenn das Durchreichen in die „Vierte Welt-Liga“ nicht generell durch eine sofortige politische Richtungsänderung aufgehalten werde, verliere Deutschland nicht nur weiter im Klima- und Umweltschutz oder bei den Fachkräften, sondern die Gesellschaft als Ganzes die Grundlagen ihrer Existenz und damit auch ihren gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Von der – noch – viertgrößten Wirtschaftsnation der Welt werde es künftig ein Hauptexportgut geben: neben dem bereits erfolgten technologischen Aderlass drehten zunehmend Unternehmen, Forschende und Fachkräfte Deutschland den Rücken und wanderten in Länder ab, die die dringend notwendigen Bedingungen für Innovationen und wettbewerbsorientiertes Wirtschaften böten. Während global agierende Konzerne diese Schritte öffentlich meist unbemerkt längst eingeleitet haben, bliebe vor allem inhabergeführten Familienunternehmen nur noch wenig Zeit. In der Chemiefaserindustrie produzieren seit 2021 mehr als ein Drittel der Unternehmen in Deutschland nicht mehr oder haben ihre Produktion für immer geschlossen.

Nach der Energiekrise im vergangenen Jahr und den Erfahrungen aus der Coronazeit, die drastisch die unmittelbare Gefahr von Abhängigkeiten illustriert haben, sollte zu erwarten gewesen sein, dass seitens der Politik entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, um das künftig zu verhindern. Weit gefehlt: eine verbotsorientierte Chemikalienpolitik, die die Substitution chemischer Stoffe zum Dogma der europäischen Politik gemacht hat, erreicht mit dem Green Deal und der Revision von REACH neue und immer größere planwirtschaftliche Höhenflüge.

Großtechnische Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien wie grünem Wasserstoff und Biogas oder Windkraftflügel aus Carbonfasern würden zukünftig sicher irgendwo hergestellt - in Europa nicht. Die dafür benötigten Textilmembranen und Carbonfasergewirke stehen bald auf der REACH-Verbotsliste. Der deutsche Weg zur CO2-Neutralität werde ein steiniger sein, wenn die ältesten Kohlekraftwerke wieder angeschaltet würden und alsbald jede noch verbliebene CO2-freie Technologie, von Windkraft, Solar über Wärmepumpen zu Biogas, in der Herstellung und im Betrieb über das EU-Chemikalien- und Stoffrecht in Deutschland verboten sein wird. Alsbald werde Deutschland nicht mehr im Stande sein, die Veredlungssubstanzen für Fasern bzw. textile Abluftfilter für den Umweltschutz herstellen zu dürfen, geschweige denn ein langzeithaltbares Kugellager für eine Windkraftturbine oberflächenzuveredeln.

Was mit der Photovoltaik (PV)-Technologie bereits hervorragend funktioniert habe, so Rauch und Zimmer, klappe jetzt auch bei anderen Technologien: Abhängigkeiten von Dritten. 2010/11 war Deutschland der Innovationstreiber in der PV-Technologie. Schon in den folgenden drei Jahren sank die Zahl der Arbeitsplätze von 150.000 auf rund 30.000. Im Jahr 2023 werden 80 % der Solarzellen und 98 % der weltweit verwendeten Wafer aus dem Weltmarktführer China kommen. Den von der EU geplanten “European Chips-Act“ zur Reduzierung der Abhängigkeit von Asien werde es allein deshalb nicht geben können, weil die dazu notwendigen Prozesse und Rohstoffe in Summe aller avisierten Verbote in der EU nicht mehr erlaubt sind.

Berücksichtigt man zusätzlich, dass China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, Exportweltmeister vor den USA und Deutschland sowie einer der wichtigsten Akteure auf den globalen Finanzmärkten ist, verwundert es doch, dass Deutschland an das offiziell weiter als Entwicklungsland eingestufte Land 2020 473,4 Millionen Euro an Entwicklungshilfe zahlte.

Die drei Kernforderungen beider Verbände lauten:

  • Wir brauchen umgehend eine Wirtschaftspolitik für und nicht gegen die in Deutschland und Europa produzierenden Unternehmen, für die darin beschäftigten Menschen und für den Umwelt- und Klimaschutz.
  • Wir brauchen wieder eine intensive technologie- und ergebnisoffene Diskussion zwischen Fachleuten, politisch Verantwortlichen und Behörden zum Erreichen wirtschaftlicher, sicherheitspolitischer und klimatischer Ziele - und damit die Abkehr von einem Ideologie-dominierten planwirtschaftlichen Gesellschaftsentwurf.
  • Innovationsprozesse, die den Einklang zwischen Ökonomie und Ökologie mittels technischer Lösungen verbessern können, müssen wieder gangbar gemacht und die Rahmenbedingungen für erfolgreiches internationales Wirtschaften geschaffen werden.

„Es ist Zeit für weniger Ideologie und mehr Wissen in Deutschland und in Europa“, schließen die Verbandsvertreter ihr Statement.

30.12.2022

Composites United erklärt Beitritt in Composites Germany

Gesellschaft und Wirtschaft stehen vor existenziellen Herausforderungen. Dazu gehören neben den Folgen des Klimawandels auch die Erkenntnis, dass Energie und viele Ressourcen nicht mehr im gewohnten Maße zur Verfügung stehen, so dass deren Effizienz kurzfristig deutlich gesteigert werden muss. Leichtbau insbesondere mit Faserverbundmaterialien kann und wird hier einen wichtigen Beitrag leisten, z. B. in Windkraftanlagen oder Wasserstoffspeichern. Als Dachverband vertritt Composites Germany die Fähigkeiten und Interessen der deutschen Faserverbundindustrie. Durch den Wiedereintritt des Composites United bündelt Composites Germany die Kräfte der beiden führenden Composites-Netzwerke in Deutschland und seine Position wird deutlich gestärkt werden. Geänderte Rahmenbedingungen machen den Eintritt wieder möglich und nötig.

Gesellschaft und Wirtschaft stehen vor existenziellen Herausforderungen. Dazu gehören neben den Folgen des Klimawandels auch die Erkenntnis, dass Energie und viele Ressourcen nicht mehr im gewohnten Maße zur Verfügung stehen, so dass deren Effizienz kurzfristig deutlich gesteigert werden muss. Leichtbau insbesondere mit Faserverbundmaterialien kann und wird hier einen wichtigen Beitrag leisten, z. B. in Windkraftanlagen oder Wasserstoffspeichern. Als Dachverband vertritt Composites Germany die Fähigkeiten und Interessen der deutschen Faserverbundindustrie. Durch den Wiedereintritt des Composites United bündelt Composites Germany die Kräfte der beiden führenden Composites-Netzwerke in Deutschland und seine Position wird deutlich gestärkt werden. Geänderte Rahmenbedingungen machen den Eintritt wieder möglich und nötig.

Weiterhin werden der VDMA und Leichtbau BW die Arbeit von Composites Germany als assoziierte Mitglieder unterstützen und das Know-how ihrer Mitglieder einbringen. „Gemeinsam werden die Organisationen den nachhaltigen Leichtbau als Schlüsseltechnologie für Deutschland fördern und stellen dabei die Composites-Werkstoffe in den Mittelpunkt“, so Prof. Klaus Drechsler von Composites United, einer der beiden Vorstände von Composites Germany. „Als Netzwerk und Sprachrohr der Composites-Industrie bündelt Composites Germany die Interessen der Mitglieder. Das Ziel ist, die Aktivitäten kontinuierlich auszubauen, Innovationen und Technologien zu fördern, neue Märkte und neue Wertschöpfungsketten zu entwickeln und die Aus- und Weiterbildung zu verankern“, ergänzt sein Vorstandskollege Dr. Michael Effing von der AVK. Die Vereinbarung wurde am 29. November 2022 während des JEC Forum DACH in Augsburg geschlossen, bei dem beide Verbände Kooperationspartner der Veranstaltung waren.

Quelle:

Composites Germany

10.07.2022

IVC warnt vor von Energiekosten getriebenen Insolvenzen

In einem offenen Brief an den Bundeswirtschaftsminister, Dr. Robert Habeck, hat die Industrievereinigung Chemiefaser e.V. nachdrücklich eine Öffnung des Dialogs zur Überwindung der aktuellen Energiekrise gefordert.

Die Analyse der aktuellen energetischen Rahmenbedingungen führe zu dem Schluss, dass – wenn nicht gegengesteuert werde - bis zum Ende des laufenden Jahres Chemiefaserproduzenten an deutschen Standorten ihre Werkstore endgültig schließen müssten. Der Verband rechnet mit einem großen Verlust der zurzeit mehr als 7 000 Hightech-Arbeitsplätze im Bundesgebiet.

Ohne ausreichende Energielieferungen werde es am Wirtschaftsstandort Deutschland künftig weder neue innovative Produkte noch einen Qualitätswettbewerb geben, in dem sich deutsche Unternehmen behaupten könnten. Vielmehr würden sich die Verarbeiter von Chemiefasern durch den Wegfall deutscher Qualitätsprodukte in Richtung Asien orientieren.

In einem offenen Brief an den Bundeswirtschaftsminister, Dr. Robert Habeck, hat die Industrievereinigung Chemiefaser e.V. nachdrücklich eine Öffnung des Dialogs zur Überwindung der aktuellen Energiekrise gefordert.

Die Analyse der aktuellen energetischen Rahmenbedingungen führe zu dem Schluss, dass – wenn nicht gegengesteuert werde - bis zum Ende des laufenden Jahres Chemiefaserproduzenten an deutschen Standorten ihre Werkstore endgültig schließen müssten. Der Verband rechnet mit einem großen Verlust der zurzeit mehr als 7 000 Hightech-Arbeitsplätze im Bundesgebiet.

Ohne ausreichende Energielieferungen werde es am Wirtschaftsstandort Deutschland künftig weder neue innovative Produkte noch einen Qualitätswettbewerb geben, in dem sich deutsche Unternehmen behaupten könnten. Vielmehr würden sich die Verarbeiter von Chemiefasern durch den Wegfall deutscher Qualitätsprodukte in Richtung Asien orientieren.

Bemühungen und Recherchen der Chemiefaserindustrie, die Energieknappheit kurzfristig durch die Nutzung alternativer Energieformen als Substitut für Erdgas zu überbrücken, hätten sich als nicht durchführbar erwiesen. Als einziger Weg bleibe der Umbau der Anlagen von Erdgas- auf Erdölfeuerung, was nichts anders bedeute, als dass ein zur Herstellung von Chemiefasern benötigter Rohstoff verfeuert werde, um deren Produktion sicher zu stellen – vergleichbar mit einem Bäcker, der Getreide verbrenne, um seinen Ofen betreiben und Brot backen zu können.

Die Chemiefaserbranche sei davon überzeugt, dass es die äußeren Umstände dringend geböten, für einen zu überbrückenden Zeitraum ideologiefrei nach technischen Lösungen zu suchen und diese zu diskutieren. Es müsse in einer kritischen Situation möglich sein, vorurteilsfrei und sachlich alle technisch verfügbaren Optionen von Kernenergie bis alternativer Ostseepipeline, von Fracking bis LNG, von Windkraft bis Solarenergie zu prüfen und deren Eignung unter Abwägung aller Folgen zu bewerten.

Der Brief im kompletten Wortlaut steht hier zum Download zur Verfügung.

Weitere Informationen:
IVC Energiekrise Erdgas
Quelle:

Industrievereinigung Chemiefaser e.V.

28.06.2021

AVK-Arbeitskreise für aktuelle Schwerpunktthemen

Nachhaltigkeit, Recycling sowie E-Mobilität spielen auch bei der Herstellung und Verwendung von Composites eine immer größere Rolle und sind deshalb wichtige Themen in neuen oder bewährten Experten-Arbeitskreisen der AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe.

Die Themen Energiewende, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sind Kernthemen des derzeitigen gesellschaftlichen und kulturellen Wandels. Die Nutzung und Schonung natürlicher Ressourcen und der Umgang mit dem Planeten Erde als Ökosystem generell sind zentrale Elemente des politischen Diskurses und halten Einzug in fast alle gesellschaftlichen und industriellen Themenbereiche. Das ökologische Bewusstsein hat in der Bevölkerung in den letzten Jahren massiv zugenommen und dieser Trend verstärkt sich auch weiterhin.

Nachhaltigkeit, Recycling sowie E-Mobilität spielen auch bei der Herstellung und Verwendung von Composites eine immer größere Rolle und sind deshalb wichtige Themen in neuen oder bewährten Experten-Arbeitskreisen der AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe.

Die Themen Energiewende, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sind Kernthemen des derzeitigen gesellschaftlichen und kulturellen Wandels. Die Nutzung und Schonung natürlicher Ressourcen und der Umgang mit dem Planeten Erde als Ökosystem generell sind zentrale Elemente des politischen Diskurses und halten Einzug in fast alle gesellschaftlichen und industriellen Themenbereiche. Das ökologische Bewusstsein hat in der Bevölkerung in den letzten Jahren massiv zugenommen und dieser Trend verstärkt sich auch weiterhin.

Auch Composites als Konstruktionsmaterialien und werkstoffliche Alternative zu etablierten Materialsystemen müssen sich diesen Themenbereichen stellen. Kunststoffe in all ihrer Vielfalt können, aufgrund ihrer Langlebigkeit, auch zu einem Problem werden. Hier gilt es Konzepte zu entwickeln und im industriellen Maßstab Lösungen umzusetzen. Nicht zuletzt wegen ihrer hohen Relevanz und der Aktualität nehmen entsprechende Themen in neuen, aber auch bewährten Experten-Arbeitskreisen der AVK einen breiten Raum ein.

Composites können durch ihre große Material- und Eigenschaftsvielfalt perfekt an die aktuellen Herausforderungen bei den Themen im Energie-, Automobil- und Bausektor angepasst werden. Ihre besonderen Eigenschaften haben sie vor allem in den Anwendungen bekannt gemacht, bei denen Leichtbau, Langlebigkeit, Korrosionsbeständigkeit und Wartungsarmut gefordert sind. Windkraftanlagen beispielsweise wären ohne Composites nicht denkbar.

Hervorragende Eigenschaften in der Nutzungsphase reichen heute nicht mehr aus: Konstruktionsmaterialien müssen ihre Eignung über den gesamten Lebenszyklus nachweisen. Das Thema Nachhaltigkeit wird in allen Anwendungsbereichen immer wichtiger. Neue AVK-Arbeitskreise zu Themen wie Werkstoffeigenschaften und -anforderungen für die E-Mobilität, Recycling von Composites oder auch zu Thermoplastischen Composites-Rohren zeigen, welch große Dynamik im Composites-Sektor herrscht und was für die Zukunft möglich ist.

Auch die Themen in bewährten Arbeitskreisen werden aktuell ergänzt, wie z. B. SMC-Anwendungen in der Elektro-Mobilität oder die Vorteile von pultrudierten Composites im Infrastrukturbereich. Dabei bietet auch der Leichtbau von Komponenten in den weiter auf Einsparung von Ressourcen bedachten Industriesektoren eine große Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten für Composites. Bereits heute zeigen sich Composites auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit vielfach gut aufgestellt.

Die Teilnahme an den AVK-Expertenarbeitskreisen ist für Mitarbeiter von Mitgliedsunternehmen kostenlos. Mehr zu den Themen rund um die Arbeitskreise auf www.avk-tv.de

Zuse-Gemeinschaft: Dezentrale Energiewende mit digitalen Lösungen erleichtern (c) ISFH
09.04.2021

Zuse-Gemeinschaft: Dezentrale Energiewende mit digitalen Lösungen erleichtern

Das Ende der Kernenergie rückt in Deutschland jetzt auch am Strommarkt näher. Mit der Abschaltung der sechs am Netz verbliebenen Meiler bis Ende nächsten Jahres werden Erneuerbare Energien weitere Funktionen im Energiesystem übernehmen, um eine sichere und klimafreundliche Stromversorgung zu gewährleisten. Teil der Lösung: Die innovative Nutzung von Batteriespeichern und das Ineinanderwirken von Strom- und Wärmemarkt, wie sie in der angewandten Forschung erfolgreich getestet wurden.

Das Ende der Kernenergie rückt in Deutschland jetzt auch am Strommarkt näher. Mit der Abschaltung der sechs am Netz verbliebenen Meiler bis Ende nächsten Jahres werden Erneuerbare Energien weitere Funktionen im Energiesystem übernehmen, um eine sichere und klimafreundliche Stromversorgung zu gewährleisten. Teil der Lösung: Die innovative Nutzung von Batteriespeichern und das Ineinanderwirken von Strom- und Wärmemarkt, wie sie in der angewandten Forschung erfolgreich getestet wurden.

Für den Ausgleich schwankender Stromeinspeisung aus fluktuierenden erneuerbaren Energien kommt Speichern große Bedeutung zu. Wie dezentrale Energieanlagen dabei agieren können, hat das IT-Institut OFFIS im kürzlich abgeschlossenen und vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekt ENERA gezeigt. In einem vom OFFIS koordinierten Teil ging es um die Selbstorganisation von Energiespeichern und deren Stromeinspeisung ins Netz. Von der Bäckerei bis zum Industriebetrieb wurden verschiedene mit Batteriespeichern ausgestattete Unternehmen in einen Feldtest zur Erprobung so genannter Software-Agenten geschickt. „Solche Software-Agenten können eigenständig Entscheidungen treffen und sie lassen sich auch sehr gut steuern“, erklärt Dr. Martin Tröschel, OFFIS-Co-Gruppenleiter für „Distributed Artificial Intelligence“, einem Teilbereich der Künstlichen Intelligenz.

„Es gibt keine zentrale Instanz, die jedem Speicher einen Fahrplan zuweist“
Ausgestattet mit den vom OFFIS-Team in die Software eingezogenen Leitplanken durften die Agenten entscheiden, wann die Batteriespeicher die geladene Energie abgeben. Ein maßgebliches Kriterium war das sogenannte „Peak Shaving“, nämlich das Glätten von Lastspitzen zu Zeiten besonders hoher Stromnachfrage. Zu solchen Zeiten ist das Einspeisen aus dem Speicher wegen der dann sehr hohen Börsenpreise für Elektrizität besonders attraktiv. Der Unterschied gegenüber heute gängigen Systemen, die zentral gesteuert werden und auf Peak Shaving getrimmt sind: „Das System  hat sich im Feldtest erfolgreich vollständig selbst organisiert. Es gibt keine zentrale Instanz, die jedem Speicher einen Fahrplan zuweist, wie das in virtuellen Kraftwerken der Fall ist“, erläutert Tröschel.

Speicher und Wärmepumpen für optimierten Einsatz Erneuerbarer nutzen
Begrenzend auf den Ausbau des Stromnetzes und damit auf Anstiege der Netzentgelte kann eine verstärkte regionale Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien wirken. Zudem dürfte der Stromverbrauch künftig durch den Bedarf von E-Autos, aber auch von Wärmepumpen, die Strom in Heizenergie umwandeln, steigen. Im gerade abgeschlossenen, ebenfalls vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsprojekt „Wind-Solar-Wärmepumpenquartier“ hat das Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) untersucht, wie sich in verschiedenen Szenarien unter Nutzung von thermischen und elektrischen Speichern in Verbindung mit Wärmepumpen der Anteil erneuerbarer Energien in Wohnquartieren erhöhen lässt. Zwei bestehende Wohnquartiere, eines in Niedersachsen, eines in Bayern, wurden dazu komplett in Sachen Strom- und Wärmebedarf und -erzeugung vermessen, ebenso wie die Erträge der Solarstromanlagen in den Siedlungen und die Erträge von Windenergieanlagen aus der Region. „Im Ergebnis zeigte sich, dass man durch eine gut gewählte Betriebsführung einen sehr hohen regionalen Deckungsgrad mit erneuerbaren Energien erreichen kann, der die Marke von 80 Prozent überschreitet“, sagt Dr. Tobias Ohrdes, Leiter der ISFH-Arbeitsgruppe Elektrische Energiesysteme. Mehr als 60 Prozent des Stromes können den Simulationen nach direkt durch Wind- und Photovoltaikstrom gedeckt werden. Durch Batteriespeicher und eine intelligente Steuerung der Wärmepumpen können weitere 20 Prozent des Strombedarfs lokal mit Wind und Sonne gedeckt werden. Wird der Wärmepumpenbetrieb im gesamten Quartier untereinander koordiniert, erhöht sich die erneuerbare Versorgung gegenüber einem unkoordinierten Betrieb um weitere vier Prozentpunkte.

Wärmepumpen-Bedarf stimmt gut mit Windkraft überein
Zu bedenken sind für die Ergebnisse allerdings die Bedingungen bei Windparks, deren Strom je nach Gegebenheiten direkt ins Mittelspannungsnetz eingespeist und damit nicht per se für den regionalen Bedarf genutzt wird.

"Die Kombination aus Feldstudien und Simulationen in den Projekten von OFFIS und ISFH sowie weiteren Projekten zur Energiewende in der Zuse-Gemeinschaft zeigt den Stellenwert digitaler Lösungen für den Strommarkt der Zukunft. Mit zunehmenden Anteilen grünen Stroms in den Netzen gewinnen solche Lösungen weiter an Bedeutung“, erklärt Dr. Klaus Jansen, Geschäftsführer der Zuse-Gemeinschaft. „Die erfolgreichen Verbundprojekte zeigen zudem den Stellenwert effizienter Förderung und Kooperation zwischen Unternehmen und gemeinnütziger Industrieforschung“, betont Jansen.

Quelle:

Zuse-Gemeinschaft