Textile Leadership

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Komponenten der ConText-Infrastruktur im Berlin Open Lab. Komponenten der ConText-Infrastruktur im Berlin Open Lab. © DFKI
15.03.2023

Smart Home: Textilbasierte Lösung zur nahtlosen Integration von IoT-Geräten

Immer mehr Menschen statten ihre Wohnung mit intelligenten, vernetzten Geräten aus. Doch nicht immer befinden sich die benötigten Anschlüsse dort, wo sie gebraucht werden. Die Lösung sind smarte Textiloberflächen, die Wände und Böden im Wohnbereich für kabelbasierte Stromversorgung und Kommunikation nutzbar machen. Entwickelt wurde die innovative Technologie von einem Konsortium unter Koordination des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt ConText.
 

Immer mehr Menschen statten ihre Wohnung mit intelligenten, vernetzten Geräten aus. Doch nicht immer befinden sich die benötigten Anschlüsse dort, wo sie gebraucht werden. Die Lösung sind smarte Textiloberflächen, die Wände und Böden im Wohnbereich für kabelbasierte Stromversorgung und Kommunikation nutzbar machen. Entwickelt wurde die innovative Technologie von einem Konsortium unter Koordination des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt ConText.
 
Die Möglichkeiten, Wohnumgebungen intelligent zu gestalten, sind vielfältig. Dank des sogenannten Internets der Dinge (Internet of Things, IoT) lassen sich Wohngegenstände heute so miteinander vernetzen, dass sie den Alltag in vielerlei Hinsicht erleichtern. Allerdings fehlt es in privaten Haushalten in der Regel an flächendeckenden Niederspannungs- und Kommunikationsanschlüssen, um IoT-Komponenten wie Temperatursensoren, Mikrofone oder Lichtsignale an den gewünschten Orten zu installieren. Daher funktionieren die Geräte meist mit Batterien und Funktechnologien, was sie anfällig für Störungen und Ausfälle macht.

Textilbasierte Stromversorgung, Kommunikation und Interaktion
Doch wie kann dem Wunsch nach Gestaltungsfreiheit und Flexibilität beim Einsatz von Smart-Home-Systemen bei gleichzeitigem Verzicht auf unvorteilhafte Energieversorgung und Datenkommunikation entsprochen werden? Mit dieser Frage beschäftige sich seit Juli 2019 ein Verbund aus Industrie- und Forschungspartnern in dem nun abgeschlossenen Projekt ConText („Connecting Textiles“). Inspiriert von den Möglichkeiten intelligenter textiler Materialien, wie sie bereits heute bei der Herstellung smarter Kleidung zum Einsatz kommen, untersuchten die Partner das Potenzial elektronischer Textilien für die kabelbasierte Niederspannungsversorgung und Kommunikation in Rauminnenflächen. In einem explorativen und nutzungsorientierten Prozess entwickelten sie eine Infrastruktur, die die Vorteile kabelgebundener Verbindungen nutzt und sich zugleich unsichtbar in Textiloberflächen integrieren lässt. Die sogenannten Connecting Textiles ermöglichen nicht nur die flexible Anbringung von Aktoren und Sensoren im Wohnbereich mittels frei positionierbarer Patches, sondern auch die Stromversorgung und die Kommunikation mit Smart-Home-Systemen. Zudem stellt die entwickelte Infrastruktur haptische Interaktionsmodalitäten zur intuitiven Steuerung von IoT-Geräten bereit.
 
Demonstratoren stellen Infrastruktur über textile Tapete bereit
Im Projekt gefertigte Demonstratoren setzen die Connecting Textiles beispielhaft anhand einer Tapete um. Diese besteht aus mehreren Schichten: einer magnetischen Rückschicht, die die Haftung zwischen den Patches und der Tapete erhöht, einer Funktionsschicht mit eingewebten Leiterbahnen, die den Strom vertikal durch die Tapete verteilen, und einer dekorativen Deckschicht. Zur Realisierung der Leiterbahnen untersuchten die Partner verschiedene gewebte und nicht-gewebte Materialien, wie sie heute für Standardtapeten verwendet werden, sowie unterschiedliche Verarbeitungstechniken, darunter Siebdruck und Weben. Dabei erwiesen sich die gewebten Proben aufgrund ihrer vergleichsweisen hohen Leitfähigkeit als für die Funktionsschicht am geeignetsten. Die elektrische Kontaktierung einer Tapetenbahn erfolgt über die Sockelleiste, die auch benachbarte Tapetenbahnen miteinander verbindet, um großflächige Anwendungen zu ermöglichen. Die Leiste enthält zudem die notwendige Elektronik sowie Funktionen, die den Stromfluss überwachen, um mögliche Schäden an der Tapete oder falsch angebrachte Bahnen zu erkennen.

Nutzerorientierte Entwicklung intuitiver Interaktionselemente
Als zentrale Interaktionselemente der Connecting Textiles dienen funktionale Patches, die sich entweder mithilfe von Magneten oder mittels an der Rückseite befestigter Mikronadeln flexibel an der Tapete anbringen lassen. Die Patches können entweder eine IoT-Funktionalität enthalten, z.B. einen Sensor, oder ein oder mehrere IoT-Geräte miteinander verbinden, um sie in das Smart-Home-System zu integrieren. Die Steuerung und Konfiguration der Geräte kann auch direkt auf der Tapete über ein zusätzliches, mittels Siebdruck auf Textil konfektioniertes Interaktionsfeld erfolgen. Eine Mustererkennungssoftware erfasst die Grundmuster von Gesteninteraktionen und ermöglicht es, Steuerungsgesten und Interaktionsfolgen selbst zu definieren. Das Interaktionskonzept wurde im Projekt partizipativ unter direkter Beteiligung von Nutzenden entwickelt und evaluiert.
 
Dr. Serge Autexier, ConText-Projektleiter am DFKI-Forschungsbereich Cyber-Physical Systems: „Dank des Engagements und der sehr guten Zusammenarbeit der Projektpartner ist es uns gelungen, die Umsetzbarkeit von Connecting Textiles als flexibles, adaptierbares und leicht konfigurierbares Interaktionsmedium zu demonstrieren, das sich nahtlos in Smart Homes integrieren lässt. Damit eröffnen sich nicht nur neue Möglichkeiten für die Konfektion funktionaler Textiloberflächen, sondern auch für die Entwicklung neuartiger IoT-Anwendungen und die kreative Gestaltung personalisierter Mensch-Umgebungs-Interaktionen über den Anwendungskontext von Wohnumgebungen hinaus.“

Einer der im Rahmen des Projekts entwickelten Demonstratoren ist als Teil der Smart-Home-Umgebung in die Infrastruktur des Bremen Ambient Assisted Living Lab (BAALL) des DFKI integriert.
ConText wurde vom 1. Juli 2019 bis 31.12.2022 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Zu den Projektpartnern gehörten:

  • DFKI – Forschungsbereich Cyber-Physical Systems, Bremen
  • DFKI – Forschungsbereich Interaktive Textilien, Berlin
  • Robert Bosch GmbH, Renningen
  • Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF), Denkendorf
  • Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM), Bremen
  • Norafin Industries (Germany) GmbH, Mildenau
  • Peppermint Holding GmbH, Berlin
  • Innovative Living Institute GmbH & Co.KG, Mülheim an der Ruhr (im Unterauftrag)
Weitere Informationen:
Smart Home Tapeten Stromversorgung KI
Quelle:

Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz

Mit Biomaterialien gefärbter Seetang. Foto: Department of Seaweed
04.10.2022

Die Zukunft natürlicher Textilfarbstoffe

  • Im Labor gezüchtete Pigmente und Lebensmittelnebenprodukte

Da die Umweltauswirkungen der Mode- und Textilindustrie immer deutlicher werden, wächst die Nachfrage und der Bedarf an nachhaltigen Alternativen. Eine internationale Forschungsgruppe will giftige synthetische Farbstoffe durch natürliche Alternativen ersetzen, diese reichen von Pflanzen über Mikroben bis hin zu Lebensmittelabfällen.
 
Wenn man ein Bekleidungsgeschäft betritt, findet man einen Regenbogen von leuchtenden Hemden, pastellfarbenen Pullovern und blauen Jeans vor, die jede Saison neu aufgelegt werden. Die Farben jedes Kleidungsstücks sind makellos, auffällig und identisch, aber in den Regalen dieser farbenfrohen Kleidungsstücke verbergen sich Konsequenzen.

  • Im Labor gezüchtete Pigmente und Lebensmittelnebenprodukte

Da die Umweltauswirkungen der Mode- und Textilindustrie immer deutlicher werden, wächst die Nachfrage und der Bedarf an nachhaltigen Alternativen. Eine internationale Forschungsgruppe will giftige synthetische Farbstoffe durch natürliche Alternativen ersetzen, diese reichen von Pflanzen über Mikroben bis hin zu Lebensmittelabfällen.
 
Wenn man ein Bekleidungsgeschäft betritt, findet man einen Regenbogen von leuchtenden Hemden, pastellfarbenen Pullovern und blauen Jeans vor, die jede Saison neu aufgelegt werden. Die Farben jedes Kleidungsstücks sind makellos, auffällig und identisch, aber in den Regalen dieser farbenfrohen Kleidungsstücke verbergen sich Konsequenzen.

Unser Planet und die Fabrikarbeiter, die die Kleidung herstellen, zahlen einen hohen Preis: Giftige Chemikalien, die bei der synthetischen Färbung verwendet werden, verschmutzen die Gewässer und den Boden.
Synthetische Farbstoffe und Pigmente, die in den 1860er Jahren eingeführt wurden, sind in der Textilindustrie alltäglich geworden. Diese Farbstoffe sind mit ein Grund dafür, dass Kleidung in allen erdenklichen Farben so leicht erhältlich ist: Sie bieten eine schnelle und einfache Alternative zu den natürlichen Farbquellen, die früher die einzige Option darstellten.

Dieser synthetische Prozess ist zwar die Norm geworden, aber die Verwendung natürlicher Pigmente zum Färben von Textilien ist seit Tausenden von Jahren Teil der menschlichen Geschichte.
BioColour schlägt vor, dass es an der Zeit ist, diese lange Geschichte wieder aufzugreifen und neu zu gestalten.

Kirsi Niinimäki, außerordentliche Professorin für Design an der Aalto-Universität und Mitglied der BioColour-Forschungsgruppe, erklärt: „Wir blicken in der Geschichte zurück, um zu sehen, wie wir die Informationen, die wir hatten, bevor es synthetische Chemikalien gab, in die heutige Zeit übertragen, aber auch, wie wir sie auf modernere Weise anwenden können, indem wir mit der [Textil-]Industrie zusammenarbeiten.

BioColour ist ein internationales Forschungskonsortium aus Designern, Materialwissenschaftlern, Biologen, Mathematikern und Ingenieuren. Diese Forscher von finnischen, amerikanischen und brasilianischen Universitäten und Forschungsinstituten arbeiten zusammen, um ungiftige und biologisch abbaubare natürliche Alternativen zu synthetischen Farbstoffen und Pigmenten zu finden.
 
Natürliche Farbstoffe im industriellen Maßstab
Bei der Forschung von BioColour geht es nicht nur darum, natürliche Farbquellen zu ermitteln und zu testen, sondern auch darum, mit der Textilindustrie und den Verbrauchern zusammenzuarbeiten, um die neue Normalität der synthetischen Farben auf breiter Front zu verändern.

Ein solches Beispiel stammt vom finnischen Designunternehmen Marimekko. Unter Verwendung von Färberwaid, einer in Finnland beheimateten Pflanze, testete das Projekt diese Alternative zu synthetischem Indigo, einem Farbstoff, der mit giftigen Chemikalien wie Formaldehyd hergestellt wird.

Diese Zusammenarbeit brachte einen weiteren Vorteil natürlicher Farbstoffe zutage: Als finnisches Designunternehmen konnte Marimekko durch die Verwendung einer in Finnland angebauten Pflanze mit Färberwaid eine lokale Geschichte erzählen, was mit synthetischem Indigo nicht möglich gewesen wäre.

Solche Kooperationen sind eine Gelegenheit, sich gegenseitig herauszufordern und voneinander zu lernen, sagt Niinimäki. Während BioColour die Industriepartner auffordert, mit verschiedenen Methoden und Rezepten zu arbeiten, die sich auf historische Praktiken stützen, testen die Industriepartner die Färberezepte außerhalb von präzisen Laborbedingungen.

„In einem Labor ist es möglich, die Prozesse anzupassen, aber wenn wir in die Industrie gehen, ist es nicht möglich, die Rezepturen präzise zu modifizieren", sagt Niinimäki, „wir müssen die industriellen Prozesse und das, was dabei herauskommt, akzeptieren.

Die Textilindustrie ist nicht die einzige Quelle der Zusammenarbeit: In der Lebensmittel- und Agrarindustrie fallen große Mengen an Bioabfällen an, die ein ungenutztes Potenzial an natürlichen Farbstoffen bergen. Nebenprodukte wie Zwiebelschalen und Weidenrinde aus diesen Industrien können zum Färben von Kleidung verwendet werden, wodurch neue Nebenströme entstehen und die Abfallmenge verringert wird.

Obwohl die Einzelheiten noch geheim sind, beschrieb Niinimäki auch eine laufende Zusammenarbeit mit einem Lebensmittelunternehmen, die darauf abzielt, zu untersuchen, wie viel Pigment aus Lebensmittelabfällen gewonnen werden kann. Sie werden auch die Haltbarkeit dieser Farben testen.
 
Veränderte Einstellung zu Farbe
Die Bereitschaft der Verbraucher, natürlich gefärbte Textilien zu kaufen, ist von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, synthetische Farbstoffe zu ersetzen. Niinimäki zufolge empfinden die Verbraucher dieses Konzept jedoch immer noch als befremdlich.

Synthetische Farbstoffe sind attraktiv, weil sie lang anhaltende und identische Farben für jedes Kleidungsstück liefern. Niinimäki weist jedoch da-
rauf hin, dass diese „Einförmigkeit" eines der Probleme der Fast Fashion ist.

„Blau ist eine Trendfarbe, aber warum muss es immer das gleiche Blau sein? Warum können wir nicht einmal in der Massenproduktion akzeptieren, dass es verschiedene Arten von Blau geben kann? Warum muss alles gleich sein?”

Natürliche Farbstoffe, die nicht so stabil sind, können von Kleidungsstück zu Kleidungsstück unterschiedlich aussehen und sogar mit der Zeit verblassen.
Diese verblassenden Farben müssen jedoch nicht als negativ betrachtet werden.

Niinimäki glaubt, dass verblassende Farben die Tür zu einer attraktiven neuen Art von Design öffnen: Kleidungsstücke könnten so gestaltet werden, dass neue Muster zum Vorschein kommen, wenn bestimmte Farben mit der Zeit verblassen.

Während die Verbraucherstudien von BioColour darauf abzielen, die derzeitige Einstellung zu Farben und Textilien zu ermitteln und zu ändern, untersuchen andere Forscher der Gruppe die Haltbarkeit und Langlebigkeit von natürlichen Farbstoffen. Verblassende Farben bieten zwar ein interessantes Designpotenzial, sind aber nicht die einzige Option.

Aus der Geschichte schöpfen, um die Zukunft zu erfinden
Natürliche Farbquellen beschränken sich nicht nur auf Pflanzen und Pilze - die Welt der Mikroben bietet ein enormes Potenzial für die Zukunft der Farbstoffe und Pigmente.
Bakterien können eine Quelle für ungiftige, biologisch abbaubare Pigmente sein und dazu beitragen, dass Farbstoffe an Textilfasern haften. Die Verwendung von Bakterien im natürlichen Färbeprozess erinnert an das langsamere Tempo der Mode, da es Wochen dauern kann, die Bakterien zu züchten und zu füttern.

Diese Verwendung von Bakterien im Färbeprozess hat BioColour-Mitarbeiter des Technischen Forschungszentrums VTT dazu inspiriert, im Labor gezüchtete Farbstoffe zu untersuchen. Sie erforschen, wie die DNA von Mikroben verändert werden kann, um eine Vielzahl verschiedener Pigmente zu produzieren, die für eine breitere Textilproduktion genutzt werden könnten.
 
Im Labor gezüchtete Farbstoffe sind eine besonders vielversprechende Zukunft, denn, wie Niinimäki erklärt, gibt es nur begrenzte Anbauflächen für Pflanzen zur Herstellung von Farbstoffen. Der Klimawandel verändert unsere Umwelt und wird auch in Zukunft zu einer Verknappung von Nahrung und Wasser führen. Das bedeutet, dass Ressourcen für den Anbau von Nahrungsmitteln umgewidmet werden müssen.

Diese pigmentproduzierenden Mikroben erweitern die Möglichkeiten für ungiftige, biologisch abbaubare Farbstoffe und schonen dabei Land und Ressourcen.
Die Forschung, die hinter natürlichen Farbstoffen steht, mag zwar aus der Geschichte stammen, ist aber alles andere als altmodisch.

Quelle:

Aalto University, Finnland; Kirsi Niinimäki, Außerordentliche Professorin
Übersetzung: Textination