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Atacama Wüste Foto: Fernando Rodrigues, Unsplash
23.07.2024

Reduktion der Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen des weltweiten Handels mit Second-Hand-Kleidung

Der Aufschwung von Fast-Fashion, der durch einen raschen Kollektionswechsel gekennzeichnet ist, hat in den letzten vier Jahrzehnten zu einer Versiebenfachung des weltweiten Handels mit gebrauchter Kleidung geführt. Mehr als 80 % aller gekauften Kleidungsstücke weltweit (62 % in der EU) werden als Hausmüll entsorgt, der verbrannt oder deponiert wird, was eine massive Verschwendung von Ressourcen darstellt und schwerwiegende Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit hat.

Ein kürzlich von der UNECE und der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC) veröffentlichter Bericht präsentiert eine eingehende Analyse des Handels mit Altkleidern zwischen Europa und Chile und gibt der Industrie sowie den Export- und Importländern politische Empfehlungen, um die Lage zu verbessern.

Der Aufschwung von Fast-Fashion, der durch einen raschen Kollektionswechsel gekennzeichnet ist, hat in den letzten vier Jahrzehnten zu einer Versiebenfachung des weltweiten Handels mit gebrauchter Kleidung geführt. Mehr als 80 % aller gekauften Kleidungsstücke weltweit (62 % in der EU) werden als Hausmüll entsorgt, der verbrannt oder deponiert wird, was eine massive Verschwendung von Ressourcen darstellt und schwerwiegende Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit hat.

Ein kürzlich von der UNECE und der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC) veröffentlichter Bericht präsentiert eine eingehende Analyse des Handels mit Altkleidern zwischen Europa und Chile und gibt der Industrie sowie den Export- und Importländern politische Empfehlungen, um die Lage zu verbessern.

Nach Angaben von UN Comtrade waren im Jahr 2021 die Europäische Union (30 %), China (16 %) und die Vereinigten Staaten (15 %) die führenden Exporteure von Altkleidern, während Asien (28 %, vor allem Pakistan), Afrika (19 %, insbesondere Ghana und Kenia) und Lateinamerika (16 %, vor allem Chile und Guatemala) die führenden Importeure waren.

Erleichtert wurde dies durch das Aufkommen kostengünstiger Kunstfasern und die Liberalisierung des Handels, die die Verlagerung der Produktion in Länder mit niedrigen Löhnen ermöglichte. Ein großer Teil der Kleidung wird aus schwer zu trennenden Mischfasern hergestellt, so dass es vor allem in den Industrieländern kaum Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Wiederverwendung und zum Recycling gibt.

„Wann ist es normal geworden, Kleidung wegzuwerfen?“, fragt Lily Cole, Klimaaktivistin und Beraterin der UNECE. „Während die Welt, vor allem der globale Norden, unaufhörlich Mode produziert und konsumiert, sind eine Handvoll Länder, vor allem im globalen Süden, zu Friedhöfen für die ungeliebte Kleidung der Welt geworden. Bei meinem Besuch in der Atacama-Wüste wurde ich auf die Textilberge und die sich verändernden kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Landschaften aufmerksam, die sie hervorgebracht haben. Das Bewusstsein der Verbraucher ist sehr hilfreich, doch letztlich brauchen wir politische Maßnahmen, um systemische Trends einzudämmen, weshalb dieser Bericht und seine Empfehlungen so wichtig sind.“

Europa: Sortier- und Recyclingkapazitäten hinken hinterher
In Europa werden nur 15-20 % der entsorgten Textilien gesammelt, in der Regel über Container, Haussammlungen und Spenden. Etwa die Hälfte der gesammelten Textilien wird downgecycelt und z. B. als Isoliermaterial, Füllmaterial und industrielle Einwegtücher verwendet. Nur 1 % wird zu höherwertigen Produkten wie neuer Kleidung recycelt, während der Rest in Entwicklungsländer exportiert wird.
 
Von den 55 Prozent der gesammelten Kleidungsstücke, die wiederverwendbar sind, haben nur 5 Prozent einen Wert auf den Secondhand-Märkten in der EU, während 50 Prozent einen Wert auf den Exportmärkten haben.

So hat die Europäische Union ihre Altkleiderexporte in den letzten zwei Jahrzehnten verdreifacht, von 550.000 auf 1,7 Millionen Tonnen. Auf Europa, einschließlich des Vereinigten Königreichs, entfällt inzwischen mehr als ein Drittel der weltweiten Altkleiderexporte, und dieser Anteil könnte weiter steigen, da die Sammelquoten voraussichtlich steigen werden.  

Ein designorientierter Ansatz der Kreislaufwirtschaft für Kleidung steckt noch in den Kinderschuhen. Der EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (CEAP) wurde 2020 verabschiedet, die EU-Strategie für nachhaltige und zirkuläre Textilien 2022 und die EU-Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte 2023. Diese Maßnahmen müssen jedoch noch Früchte in Form von groß angelegten vorgelagerten Lösungen für die Probleme mit Textilabfällen tragen.

„Der Weltmarkt für Altkleider wächst ständig, und mit ihm auch seine negativen Auswirkungen. Die Textilindustrie trägt eine große Verantwortung für die Einführung nachhaltigerer Praktiken, und Exporteure und Importeure müssen entsprechende politische Entscheidungen treffen, um Rückverfolgbarkeit, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit zu fördern.

Die politischen Empfehlungen und Normen von UN/CEFACT werden diesen Übergang unterstützen. Und natürlich müssen wir alle als Verbraucher eine Rolle spielen, um nachhaltige Entscheidungen zu treffen“, betonte UNECE Executive Secretary Tatiana Molcean.
 
Der Fall Chile: Berge von Altkleidern, die man vom Mond aus erkennen kann  
Die meisten lateinamerikanischen Länder (darunter Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Mexiko und Peru) haben Einfuhrverbote für Kleidung erlassen, um ihre nationale Textil- und Modeindustrie zu schützen und die Bedrohung durch Bekleidungsdeponien zu vermeiden.

Im Gegensatz dazu erhebt Chile keine Zölle und wendet keine mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen an, sondern verlangt lediglich, dass die Sendungen desinfiziert werden (durch Begasung). Chile ist damit zu einem der zehn größten Importeure der Welt und zum Spitzenreiter in Lateinamerika aufgestiegen und hat im Jahr 2021 126.000 Tonnen Textilien eingeführt. 40 % davon gelangen über den nördlichen Hafen von Iquique in das Land, wo sie manuell, hauptsächlich von Frauen, sortiert und in erste, zweite und dritte Qualität unterteilt werden.

75 % aller importierten Altkleider wurden als nicht wiederverwendbar eingestuft. 30.000 Tonnen davon bedecken heute 30 Hektar der Atacama-Wüste, verursachen Umweltverschmutzung und gefährden die Gesundheit der dortigen Bevölkerung. Gleichzeitig bietet der Handel mit Altkleidern auch Arbeitsplätze und formelle und informelle Einkommen für die einheimische und die zugewanderte Bevölkerung in den etablierten Geschäften und auf den Freiluftmärkten im ganzen Land, was bei der Neufestlegung der öffentlichen Politik berücksichtigt werden muss.

„Um die ökologischen und sozialen Probleme des Handels mit gebrauchten Textilien anzugehen, müssen die EU und Chile zusammenarbeiten, um solide rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Chile könnte wegweisend sein für innovative Ansätze zur Regulierung und Verringerung der Auswirkungen des Handels mit gebrauchten Textilien, u. a. durch die Festlegung globaler Standards für den Handel mit gebrauchten Textilien, wobei der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung liegt“. betont der Generalsekretär der UNECLAC, José Manuel Salazar-Xirinachs.

Vielfältige Empfehlungen
Der Bericht enthält eine Reihe von Empfehlungen an die Textilindustrie, Exporteure und Importeure.   

An die Ausfuhrländer

  • Die Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt des Bekleidungsdesigns stellen, mit verbindlichen Vorgaben für die Faserzusammensetzung, die Qualität, Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit verbessern  
  • Einführung eines Systems der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR), das die Hersteller für die von ihnen hergestellten Produkte verantwortlich macht  
  • Entwicklung weiterer Sortier- und Recyclinganlagen durch finanzielle Anreize  
  • Entwicklung von EU-Mindestkriterien für die Ausfuhr von Altkleidern durch die Verwendung von digitalen Produktpässen (DPP)  
  • Durchführung von Sensibilisierungskampagnen, um die Verbraucher zu ermutigen, ihre Kleidung bewusster auszuwählen

Für die Einfuhrländer – das Beispiel Chile

  • Verbesserung der Zollverfahren und Verwaltungsmaßnahmen im Hafen von Iquique, um die digitale Rückverfolgbarkeit der Altkleider- und Textilströme auf der Grundlage des UN/CEFACT-Rückverfolgbarkeitsstandards zu gewährleisten   
  • Einführung einer Strategie für die Kreislaufwirtschaft im Textilbereich   
  • Bildung öffentlich-privater Allianzen für Recyclingprojekte durch Steuererweiterungsprogramme und Fonds zur Förderung von Unternehmertum, Innovation und Schaffung von Arbeitsplätzen für benachteiligte Gruppen, insbesondere in der Region Tarapacá  
  • Verbesserung des Rechtsrahmens für die Abfallwirtschaft   
  • Umsetzung eines regionalen Plans zur Kontrolle fester Abfälle, der Inspektionen von Mülldeponien, Clean Points und Deponien vorsieht, um die Durchsetzungskapazität der regionalen Gesundheitsbehörden zu erhöhen  
  • Beschleunigung der Verabschiedung des chilenischen Gesetzentwurfs über die Umweltqualität von Böden.

Der Bericht empfiehlt außerdem, internationale Handelsabkommen wie das Interims-Handelsabkommen zwischen der EU und Chile aus dem Jahr 2023, das ein Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung enthält, zu ändern, um die bilaterale Zusammenarbeit zu intensivieren, und es als Vorlage für weitere bilaterale Handelsabkommen zwischen der EU und anderen Ländern zu nutzen.   

Zum Download der Executive Summary

Weitere Informationen:
Secondhand Textilabfällen Chile Atacama UN
Quelle:

United Nations Economic Commission for Europe
(Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa)
Übersetzung: Textination

Ki KI generiert, Pixabay
09.07.2024

Wie die Modeindustrie KI einsetzt

Nahezu jede Branche steht mit der Einführung von künstlicher Intelligenz (KI) vor einem beispiellosen Wandel. Vereinfacht ausgedrückt bezieht sich KI auf eine Technologie, oft in Form von Computerprogrammen, die die Fähigkeit des menschlichen Gehirns, Aufgaben auszuführen und sich ständig zu verbessern, nachahmen soll.

Eine generative KI, die von Deep-Learning-Algorithmen angetrieben wird, hat einen erheblichen Einfluss auf Modemarken. Diese fortschrittliche Technologie ist in der Lage, Muster in Daten zu erkennen und völlig neue Beispiele für Texte, Bilder und sogar Videos zu generieren (Bain, 2023).

Aufgrund ihrer Fähigkeit, neue Inhalte zu erstellen, integriert die Modeindustrie ihre Technologie auf die eine oder andere Weise in fast alle ihre Prozesse, von Design und Produktbeschreibungen bis hin zu Produktempfehlungen und 3D-Design (Mcdowell, 2023a).

Tabelle 1 enthält einige Beispiele aus der Praxis, wie KI in der Branche bereits eingesetzt wird.

Nahezu jede Branche steht mit der Einführung von künstlicher Intelligenz (KI) vor einem beispiellosen Wandel. Vereinfacht ausgedrückt bezieht sich KI auf eine Technologie, oft in Form von Computerprogrammen, die die Fähigkeit des menschlichen Gehirns, Aufgaben auszuführen und sich ständig zu verbessern, nachahmen soll.

Eine generative KI, die von Deep-Learning-Algorithmen angetrieben wird, hat einen erheblichen Einfluss auf Modemarken. Diese fortschrittliche Technologie ist in der Lage, Muster in Daten zu erkennen und völlig neue Beispiele für Texte, Bilder und sogar Videos zu generieren (Bain, 2023).

Aufgrund ihrer Fähigkeit, neue Inhalte zu erstellen, integriert die Modeindustrie ihre Technologie auf die eine oder andere Weise in fast alle ihre Prozesse, von Design und Produktbeschreibungen bis hin zu Produktempfehlungen und 3D-Design (Mcdowell, 2023a).

Tabelle 1 enthält einige Beispiele aus der Praxis, wie KI in der Branche bereits eingesetzt wird.

Kategorie Wie es funktioniert Beispiel
Modedesign
  • Umwandlung von Textbeschreibungen oder hochgeladenen Bildern in Illustrationen
  • passt diese Entwürfe vor der Produktion an
  • Cala’s tool mit DALL-E Technology
  • Tommy Hilfigers KI-gestützte Design-Zusammenarbeit mit IBM und dem Fashion Institute of Technology
  • Projekt Muze von Google und Zalando
Visuelle Inhalte und Werbebilder
  • Generierung von Werbe- und Marketinginhalten anhand vorgegebener Parameter oder Eingaben
  • Text, Bilder und Videos sind gängige Outputs
  • KI-Visualisierungen von Stitch Fix
  • Casablancas Spring/Summer 2023 Kampagne
  • Revolves KI-gesteuerte Werbekampagne
Werbetexte
  • erzeugt Texte auf der Grundlage von Schlüsselwörtern und Anweisungen des Benutzers
  • optimiert den Prozess der Erstellung von Produktbeschreibungen, Marketing-E-Mails und anderen schriftlichen Inhalten
  • Adore Me KI Optimierung
  • Produktbeschreibungen zur Suchmaschinenoptimierung (SEO)
Einkaufsassistenten
  • nutzt die Verarbeitung natürlicher Sprache zur Interaktion mit Kunden als Chatbots
  • bietet Produktempfehlungen und Informationen an   
  • die experimentelle KNXT Plattform von Kering
  • Luxus-Personal-Shopper unterstützt durch ChatGPT

 

KI im Design
Generative KI hat das Zeug dazu, das Modedesign zu revolutionieren. Designer können sich KI-Bildgeneratoren wie DALL-E, Midjourney oder Stable Diffusion zunutze machen, um ihre kreativen Visionen zum Leben zu erwecken.

Cala, ein Startup-Unternehmen für die Lieferkette, war die erste Gruppe, die KI für den Designprozess von Modemarken nutzbar machte. Im Januar 2023 stellte es ein Tool vor, mit dem Nutzer ihre Designideen in Textform beschreiben oder Bilder hochladen können, die dann von der KI in Illustrationen oder realistische Bilder umgewandelt werden. Die Nutzer können diese Entwürfe dann fein abstimmen, bevor sie in physische Produkte umgesetzt werden. Dieses Tool stellt eine bahnbrechende Anwendung der DALL-E API in der Modebranche dar und ermöglicht die Erstellung von Kleidung, Accessoires, Schuhen und Lifestyle-Produkten auf der Grundlage von Beschreibungen oder Bildern (OpenAI, 2022).

Auch Bekleidungsmarken machen sich diese Technologie zunutze. Tommy Hilfiger hat mit IBM und dem Fashion Institute of Technology an einem Projekt namens Reimagine Retail zusammengearbeitet. Ziel dieser Initiative war es, Einzelhändlern einen Wettbewerbsvorteil bei der schnellen Vorhersage aufkommender Designtrends zu verschaffen, indem eine Vielzahl von Daten - von Bildern über Stoffe bis hin zu Farben - analysiert wurde (Saunders, 2019).

Die generative KI ermöglicht es Designern, neue Konzepte und Ideen schnell zu entdecken, indem sie verschiedene Designvariationen erzeugt, allerdings stößt die Technologie auch an ihre Grenzen. Da KI nicht alle Konzepte in fertige Produkte verwandeln kann, sind häufig manuelle Bearbeitungen und Anpassungen erforderlich. Bedenken hinsichtlich des geistigen Eigentums können ebenfalls aufkommen, da einige KI-generierte Entwürfe auf urheberrechtlich geschützten Arbeiten beruhen könnten. Rechtliche Fragen in diesem Bereich sind noch in der Entwicklung und veranlassen Marken dazu, ihre Rechtsteams einzubeziehen und Richtlinien aufzustellen (Bain, 2023).

KI in der Werbetextgestaltung: Effizienz und Personalisierung
Generative KI-Tools dienen Marketing-Teams als wertvolle Assistenten, die den Schreibprozess für Produkt¬beschreibungen und Marketing-E-Mails optimieren. Werbetexter geben Schlüsselwörter und Anweisungen ein, und die KI generiert Texte, die nach Bedarf bearbeitet werden können, sodass Marken schriftliche Inhalte effizienter erstellen können.

Die Lingeriemarke Adore Me hat KI-Tools eingesetzt, um Produktbeschreibungen für die Suchmaschinenoptimierung (SEO) zu verbessern, damit sie mit höherer Wahrscheinlichkeit in den Suchmaschinenergebnissen ganz oben erscheinen (Mcdowell, 2023a). Adore Me und andere Marken, die KI auf diese Weise einsetzen, berichten von mehreren Dutzend Stunden Zeitersparnis.

Die Nutzung des KI-Potenzials zur Personalisierung von Inhalten auf einer Eins-zu-eins-Ebene erfordert von Unternehmen strukturierte Erstanbieterdaten und robuste Datenschutzmaßnahmen (Bain, 2023). Im Moment ist noch menschliche Aufsicht erforderlich, und Web-Teams werden wahrscheinlich Anpassungen an etablierten Arbeitsabläufen vornehmen müssen, um KI zu integrieren.

KI-gestützte visuelle Inhalte für das Modemarketing
Generative KI wird auch zur Erstellung visueller Marketinginhalte eingesetzt.
Stitch Fix nutzt KI, um personalisierte Bekleidungsempfehlungen für Kunden zu erstellen, und untersucht, wie es DALL-E 2 nutzen könnte, um Kleidungsstücke zu visualisieren, die auf individuelle Vorlieben für Farbe, Stoff und Stil zugeschnitten sind (Davenport & Mittal, 2022).

Auch das französische Modehaus Casablanca Paris setzt KI ein. Für seine Frühjahr/Sommer-Kampagne 2023 arbeitete es mit dem britischen Fotografen und KI-Künstler Luke Nugent zusammen. Die KI-generierten Bilder kombinierten traumhafte Kulissen mit modernster Technologie.

Modemarken können von kürzeren Produktionszeiten, Kosteneinsparungen und größerer kreativer Freiheit profitieren, wenn sie KI-gesteuerte Innovationen nutzen, um visuelle Assets für Marketing- und Werbekampagnen zu entwickeln. Allerdings kann es schwierig sein, sicherzustellen, dass KI-generierte Bilder die Produkte korrekt wiedergeben, da die Ausgabe von den ursprünglichen Produktfotos abweichen kann (Bain, 2023; Mcdowell, 2023a).

KI Chatbots: Das Einkaufserlebnis verändern
Viele Einzelhändler setzen generative KI auch als Online-Einkaufsassistenten ein, die allgemein als Chatbots bekannt sind. Diese Chatbots nutzen die Verarbeitung natürlicher Sprache, um Kundenfragen zu verstehen und zu beantworten oder sogar personalisierte Produktempfehlungen zu geben (Zeng et al., 2023). Auf der experimentellen KNXT-Plattform von Kering beispielsweise bietet ein von ChatGPT betriebener Personal Shopper für Luxusgüter den Nutzern maßgeschneiderte Empfehlungen und Einblicke auf der Grundlage bestimmter Kontexte (Mcdowell, 2023b).

Trotz dieser Vorteile ist die Chatbot-Technologie noch ausbaufähig. So kann es sein, dass sie aufgrund von Bestandsbeschränkungen nicht die richtigen Produkte vorschlägt oder eher generische Stylingvorschläge macht. Diese Chatbots befinden sich jedoch noch in der Entwicklung, und die Unternehmen sind zuversichtlich, dass sich die Sprachfähigkeiten ihrer KI-Tools weiter verbessern werden, wenn sie mehr Daten und Nutzerfeedback sammeln.

Im Zuge der Entwicklung der Modebranche haben generative KI-gesteuerte Chatbots das Potenzial, die Art und Weise, wie Kunden mit Marken interagieren, zu revolutionieren, indem sie zunehmend personalisierte und effiziente Dienstleistungen anbieten.

Ein neuer Industriestandard
Unternehmen in der Mode-, Textil- und Bekleidungsbranche können nicht länger ambivalent oder willentlich ignorant gegenüber KI sein. Sie müssen recherchieren und nachdenken, um eine klare organisatorische Haltung zu KI zu entwickeln, oder sie riskieren, auf der Strecke zu bleiben.

Organisatorische Strategien für KI müssen über die Betrachtung der zukünftigen Entwicklung von KI hinausgehen. Führungskräfte müssen klare Ziele für die Integration der Technologie in ihre Arbeitsabläufe aufstellen.

Der Kundenstamm jeder Marke wird für eine erfolgreiche KI-Strategie von zentraler Bedeutung sein. Das bedeutet, dass man sowohl ihre Einstellung zu KI als auch ihre Vorlieben und Erwartungen verstehen muss.

Quelle:

Wilson College of Textiles, Yoo-Won Olivia Min und B. Ellie Jin

Empa-Forscherin Edith Perret entwickelt spezielle Fasern, die Medikamente gezielt abgeben können. Foto EMPA
01.07.2024

Medizinische Fasern mit "inneren Werten"

Sollen Medikamente lokal – und vor allem über längere Zeit kontrolliert – abgegeben werden, stoßen medizinische Produkte wie Salben oder Spritzen an ihre Grenzen. Empa-Forschende entwickeln daher Polymerfasern, die Wirkstoffe langfristig präzise abgeben können. Diese „Flüssigkernfasern“ enthalten Medikamente in ihrem Inneren und lassen sich zu medizinischen Textilien verarbeiten.

Sollen Medikamente lokal – und vor allem über längere Zeit kontrolliert – abgegeben werden, stoßen medizinische Produkte wie Salben oder Spritzen an ihre Grenzen. Empa-Forschende entwickeln daher Polymerfasern, die Wirkstoffe langfristig präzise abgeben können. Diese „Flüssigkernfasern“ enthalten Medikamente in ihrem Inneren und lassen sich zu medizinischen Textilien verarbeiten.

Wird eine Wunde oder Entzündung direkt am Ort der Entstehung behandelt, hat dies klare Vorteile: Der Wirkstoff ist sofort am Ziel, und negative Nebenwirkungen auf unbeteiligte Körperteile entfallen. Gängige lokale Verabreichungsmethoden kommen jedoch an ihre Grenzen, wenn es darum geht, Wirkstoffe über längere Zeit präzise zu dosieren. Sobald eine Salbe die Tube verlässt oder die Injektionsflüssigkeit aus der Spritze strömt, ist die Steuerung der Wirkstoffmenge kaum mehr möglich. Edith Perret aus dem Empa-Labor „Advanced Fibers“ in St. Gallen entwickelt daher medizinische Fasern mit ganz besonderen „inneren Werten“: Die Polymerfasern umschließen einen flüssigen Kern mit medizinischen Wirkstoffen. Das Ziel: medizinische Produkte mit besonderen Fähigkeiten, z.B. chirurgisches Nahtmaterial, Wundverbände und Textilimplantate, die Schmerzmittel, Antibiotika oder Insulin präzise über einen längeren Zeitraum verabreichen können. Angestrebt ist zudem eine individuelle Dosierbarkeit im Sinne einer personalisierten Medizin.

Bioverträglich und maßgeschneidert
Ein entscheidender Faktor, der eine herkömmliche Textilfaser zu einem Medizinprodukt macht, ist das Material des Fasermantels. Das Team wählte hierfür Polycaprolacton (PCL), ein bioverträgliches und bioabbaubares Polymer, das bereits erfolgreich im medizinischen Bereich eingesetzt wird. Der Fasermantel umschließt das kostbare Gut, etwa ein Schmerzmittel oder ein antibakteriell wirksames Medikament, und gibt es mit der Zeit an die Umgebung ab. Auf einer eigens konstruierten Pilotanlage erzeugten die Forschenden mittels Schmelzspinnen PCL-Fasern mit einem durchgehenden Kern aus Flüssigkeit. In ersten Laborversuchen entstanden so stabile und gleichzeitig flexible Flüssigkernfasern. Dass dieses Verfahren aber nicht nur im Labor, sondern auch im industriellen Maßstab funktioniert, hatte das Team für technische Fasern bereits zuvor gemeinsam mit einem Schweizer Industriepartner erfolgreich zeigen können.

Nach welchen Parametern die medizinischen Fasern ein eingeschlossenes Mittel freisetzen, wurde zunächst mit fluoreszierenden Modellsubstanzen und schließlich mit verschiedenen Medikamenten untersucht. „Kleine Moleküle wie das Schmerzmittel Ibuprofen bewegen sich nach und nach durch die Struktur des Außenmantels“, so Edith Perret. Größere Moleküle werden hingegen an den Enden der Fasern abgegeben.

Präzise steuerbar und langfristig wirksam
„Dank einer Vielzahl verschiedener Parameter lassen sich die Eigenschaften der medizinischen Fasern präzise steuern“, erklärt die Empa-Forscherin. Nach umfassenden Analysen mittels Fluoreszenzspektroskopie, Röntgentechnologie und Elektronenmikroskopie konnten die Forschenden beispielsweise den Einfluss von Manteldicke oder Kristallstruktur des Mantelmaterials auf die Abgaberate von Medikamenten aus den Flüssigkernfasern nachweisen.

Je nach Wirkstoff kann zudem das Herstellungsverfahren angepasst werden: Wirkstoffe, die unempfindlich gegenüber den hohen Temperaturen beim Schmelzspinnen sind, können direkt in einem kontinuierlichen Vorgang in den Kern der Fasern integriert werden. Für Temperatur-empfindliche Medikamente konnte das Team das Verfahren hingegen so optimieren, dass zunächst ein Platzhalter den Flüssigkern ausfüllt, der nach dem Schmelzspinnen durch den sensitiven Wirkstoff ausgetauscht wird.

Zu den Vorteilen der Flüssigkernfasern gehört auch die Möglichkeit, den Wirkstoff aus einem Reservoir über einen längeren Zeitraum freizusetzen. Damit ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Mit Durchmessern von 50 bis 200 Mikrometern sind die Fasern beispielsweise groß genug, um sie zu robusten Textilien zu weben oder zu stricken. Die medizinischen Fasern könnten aber auch ins Körperinnere geführt werden und dort Hormone wie Insulin abgeben, so Perret. Ein weiterer Vorteil: Fasern, die ihr Medikament freigesetzt haben, können erneut befüllt werden. Die Palette der Wirkstoffe, die mittels Flüssigkernfasern einfach, bequem und präzise verabreicht werden könnten, ist groß. Neben Schmerzmitteln sind entzündungshemmende Medikamente, Antibiotika oder sogar Lifestyle-Präparate denkbar.

In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden chirurgisches Nahtmaterial mit antimikrobiellen Eigenschaften ausstatten. Mit dem neuen Verfahren sollen verschiedene Flüssigkernmaterialen mit medizinischen Wirkstoffen befüllt werden, um Gewebe bei einer Operation so zu vernähen, dass Wundkeime keine Chance haben, eine Infektion auszulösen. Empa-Forscherin Perret ist darüber hinaus überzeugt, dass eine künftige Zusammenarbeit mit klinischen Partnern die Basis für weitere innovative klinische Anwendungen ist.

Klinische Partnerschaften angestrebt
Eine neue Technologie vorantreiben? Innovative Anwendungsmöglichkeiten identifizieren? Empa-Forscherin Edith Perret setzt auf interessierte Medizinerinnen und Mediziner aus der Klinik, die das Potenzial von „Drug Delivery“ per Flüssigkernfaser erkennen und in diesem Bereich aktiv werden wollen.

Quelle:

Dr. Andrea Six, EMPA

Biofasern aus Gelatine in einem Regenbogen von Farben. © Utility Research Lab
25.06.2024

Lösliche Textilien aus Gelatine

Das ist die Mode der Zukunft: ein T-Shirt, das man ein paar Mal tragen kann und dann, wenn es einem langweilig wird, auflöst und recycelt, um daraus ein neues Shirt zu machen.

Forscher des ATLAS-Instituts an der CU Boulder sind diesem Ziel nun einen Schritt näher gekommen. In einer neuen Studie hat das Team aus Ingenieuren und Designern eine DIY-Maschine entwickelt, die Textilfasern aus Materialien wie nachhaltig hergestellter Gelatine spinnt. Die „Biofasern“ der Forschergruppe fühlen sich ein wenig wie Flachsfasern an und lösen sich in heißem Wasser innerhalb von Minuten bis zu einer Stunde auf.

Das Team unter der Leitung von Eldy Lázaro Vásquez, einer Doktorandin des ATLAS-Instituts, präsentierte seine Ergebnisse im Mai auf der CHI Conference on Human Factors in Computing Systems in Honolulu.

Das ist die Mode der Zukunft: ein T-Shirt, das man ein paar Mal tragen kann und dann, wenn es einem langweilig wird, auflöst und recycelt, um daraus ein neues Shirt zu machen.

Forscher des ATLAS-Instituts an der CU Boulder sind diesem Ziel nun einen Schritt näher gekommen. In einer neuen Studie hat das Team aus Ingenieuren und Designern eine DIY-Maschine entwickelt, die Textilfasern aus Materialien wie nachhaltig hergestellter Gelatine spinnt. Die „Biofasern“ der Forschergruppe fühlen sich ein wenig wie Flachsfasern an und lösen sich in heißem Wasser innerhalb von Minuten bis zu einer Stunde auf.

Das Team unter der Leitung von Eldy Lázaro Vásquez, einer Doktorandin des ATLAS-Instituts, präsentierte seine Ergebnisse im Mai auf der CHI Conference on Human Factors in Computing Systems in Honolulu.

„Wenn man diese Textilien nicht mehr braucht, kann man sie auflösen und die Gelatine recyceln, um neue Fasern herzustellen“, so Michael Rivera, Mitautor der neuen Forschungsarbeit und Assistenzprofessor am ATLAS-Institut und der Fakultät für Informatik.

Die Studie befasst sich mit einem weltweit wachsenden Problem: Allein 2018 haben die Menschen in den Vereinigten Staaten mehr als 11 Millionen Tonnen Textilien auf Mülldeponien entsorgt, so die Environmental Protection Agency - fast 8 % aller in diesem Jahr produzierten festen Siedlungsabfälle.

Für die Mode haben die Forschenden einen anderen Weg vor Augen.

Ihre Maschine ist klein genug, um auf einen Schreibtisch zu passen, und kostete nur 560 Dollar. Lázaro Vásquez hofft, dass das Gerät Designern auf der ganzen Welt helfen wird, mit der Herstellung ihrer eigenen Biofasern zu experimentieren.

„Man könnte Fasern mit der gewünschten Festigkeit und Elastizität sowie der gewünschten Farbe herstellen“, sagte sie. „Mit dieser Art von Prototyping-Maschine kann jeder Fasern herstellen. Man braucht nicht die großen Maschinen, die es nur in den Chemiefachbereichen der Universitäten gibt.“

Gesponnene Fäden
Die Studie kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Modefans, Robotiker und andere einen Trend namens „intelligente Textilien“ aufgreifen. Das Trucker Jacket von Levi's mit Jacquard von Google zum Beispiel sieht aus wie eine Jeansjacke, enthält aber Sensoren, die mit dem Smartphone verbunden werden können.

Aber solche Kleidung der Zukunft hat auch eine Kehrseite, so Rivera:

„Diese Jacke ist nicht wirklich recycelbar. Es ist schwierig, den Jeansstoff von den Kupferfäden und der Elektronik zu trennen.“

Um sich eine neue Methode zur Herstellung von Kleidung vorzustellen, begann das Team mit Gelatine. Dieses elastische Protein kommt in den Knochen vieler Tiere vor, darunter auch in Schweinen und Kühen. Jedes Jahr werfen die Fleischproduzenten große Mengen an Gelatine weg, die den Anforderungen für Kosmetika oder Lebensmittel wie Götterspeise nicht genügen. (Lázaro Vásquez kaufte ihre eigene Gelatine, die in Pulverform vorliegt, in einer örtlichen Metzgerei).

Sie und ihre Kollegen beschlossen, diese Abfälle in tragbare Schmuckstücke zu verwandeln.

Die Maschine der Gruppe verwendet eine Plastikspritze, um Tröpfchen einer flüssigen Gelatinemischung zu erhitzen und herauszupressen. Zwei Walzensätze in der Maschine ziehen dann an der Gelatine und dehnen sie zu langen, dünnen Fasern aus - nicht unähnlich einer Spinne, die ein Netz aus Seide spinnt. Dabei durchlaufen die Fasern auch Flüssigkeitsbäder, in denen die Forscher biobasierte Farbstoffe oder andere Zusatzstoffe in das Material einbringen können. Die Zugabe von ein wenig Genipin, einem Fruchtextrakt, macht die Fasern beispielsweise stärker.

Zu den weiteren Co-Autoren der Studie gehören Mirela Alistar und Laura Devendorf, beide Assistenzprofessoren bei ATLAS.

Blindgänger auflösen
Lázaro Vásquez sagte, dass Designer mit dieser Art von Textilien alles machen können, was sie sich vorstellen können.

Zur Erprobung des Konzepts stellten die Forscher kleine Texilsensoren aus Gelatinefasern, Baumwolle und leitfähigen Garnen her, die dem Aufbau einer Jacquard-Jacke ähneln. Dann tauchte das Team diese Aufnäher in warmes Wasser. Die Gelatine löste sich auf und gab die Fäden frei, so dass sie leicht recycelt und wiederverwendet werden konnten.

Die Designer könnten die Chemie der Fasern optimieren, um sie etwas widerstandsfähiger zu machen, sagte Lázaro Vásquez - man möchte ja nicht, dass die Jacke im Regen verschwindet. Sie könnten auch damit spielen, ähnliche Fasern aus anderen natürlichen Bestandteilen zu spinnen. Zu diesen Materialien gehören Chitin, ein Bestandteil von Krabbenschalen, oder Agar-Agar, das aus Algen gewonnen wird.

„Wir versuchen, über den gesamten Lebenszyklus unserer Textilien nachzudenken“, so Lázaro Vásquez. „Das beginnt damit, woher das Material kommt. Können wir es aus etwas gewinnen, das normalerweise im Abfall landet?“

Weitere Informationen:
Gelatine Biofasern DIY
Quelle:

University of Colorado Boulder | Daniel Strain
Übersetzung Textination

Der Ekelfaktor verhindert nachhaltige Waschgewohnheiten Foto: Chalmers University of Technology | Mia Halleröd Palmgren
17.06.2024

Der Ekelfaktor verhindert nachhaltige Waschgewohnheiten

Die meisten Menschen neigen heute zu umweltfreundlichen Lebensentscheidungen, aber nicht auf Kosten der Sauberkeit. Wenn es um unsere Waschgewohnheiten geht, überwiegt oft die Angst, als schmutzig wahrgenommen zu werden, gegenüber dem Wunsch, umweltfreundlich zu handeln. Und je mehr wir dazu neigen, uns zu ekeln, desto mehr waschen wir unsere Kleidung. Dies zeigt eine neue Studie der Chalmers University of Technology in Schweden, in der die treibenden Kräfte hinter unserem Waschverhalten untersucht werden und die neue Möglichkeiten aufzeigt, wie die Umweltbelastung durch den Menschen verringert werden kann.

Die meisten Menschen neigen heute zu umweltfreundlichen Lebensentscheidungen, aber nicht auf Kosten der Sauberkeit. Wenn es um unsere Waschgewohnheiten geht, überwiegt oft die Angst, als schmutzig wahrgenommen zu werden, gegenüber dem Wunsch, umweltfreundlich zu handeln. Und je mehr wir dazu neigen, uns zu ekeln, desto mehr waschen wir unsere Kleidung. Dies zeigt eine neue Studie der Chalmers University of Technology in Schweden, in der die treibenden Kräfte hinter unserem Waschverhalten untersucht werden und die neue Möglichkeiten aufzeigt, wie die Umweltbelastung durch den Menschen verringert werden kann.

Wir waschen unsere Kleidung heute häufiger als je zuvor, und die beim Waschen entstehenden Emissionen waren noch nie so hoch. Einige der Gründe dafür sind, dass wir jedes Kleidungsstück weniger oft benutzen, bevor wir es in die Wäschetonne werfen, dass der technische Fortschritt das Waschen einfacher und billiger gemacht hat und der Zugang zu Waschmaschinen verbessert wurde. Von den weltweiten Emissionen von Mikroplastik stammen 16-35 Prozent aus dem Waschen von Kunstfasern. Darüber hinaus tragen Waschmittel zur Nährstoffanreicherung in Ökosystemen bei, und auch der Energie- und Wasserverbrauch beim Waschen wirkt sich auf die Umwelt aus.

„Auch wenn die Maschinen energieeffizienter geworden sind, hat die Häufigkeit des Waschens die größten Auswirkungen auf das Klima - und wir haben noch nie so viel gewaschen wie heute. Gleichzeitig scheinen die meisten von uns kein Interesse daran zu haben, ihr Waschverhalten zu ändern, um die Auswirkungen auf das Klima zu verringern“, sagt Erik Klint, Doktorand in der Abteilung für Umweltsystemanalyse bei Chalmers.

Er hat eine kürzlich veröffentlichte Forschungsstudie geleitet, die einen neuen, unerforschten Ansatz für unsere Waschgewohnheiten wählt: die Untersuchung der zugrundeliegenden Prozesse für übertriebenes Waschen aus einer psychologischen Perspektive. Die Studie konzentriert sich auf zwei treibende Kräfte, die das Waschverhalten beeinflussen: (1) Umweltidentität - wie stark wir uns mit der Gruppe der umweltbewussten Menschen identifizieren, und (2) wie stark wir zu Ekelgefühlen neigen. Zwei eindeutig gegensätzliche Triebkräfte, wie die Studie zeigt.

„Wir Menschen sind ständig mit verschiedenen Zielkonflikten konfrontiert. In diesem Fall gibt es einen Konflikt zwischen dem Wunsch, seine Wäsche zu reduzieren, um die Umwelt zu schonen, und der Angst, als ekliger Mensch mit unreiner Kleidung wahrgenommen zu werden. Ekel ist eine starke psychologische und soziale Triebkraft. Die Studie zeigt, dass wir umso mehr waschen, je höher unser Ekelgefühl ist, unabhängig davon, ob wir unsere Umweltidentität hoch einschätzen. Das Gefühl des Ekels siegt einfach über das Umweltbewusstsein“, sagt er.

Ekel ist eine evolutionär bedingte Emotion
Die Tatsache, dass Ekel unser Verhalten so stark steuert, hat mehrere Gründe. Erik Klint beschreibt Ekel als eine evolutionär bedingte Emotion, die im Wesentlichen als Schutz vor Infektionen oder gefährlichen Substanzen fungiert. Darüber hinaus ist das Ekelgefühl eng mit dem Schamgefühl verwandt und kann daher auch in sozialen Bereichen zum Tragen kommen.

„Wir Menschen wollen nichts tun, was unsere Position in der Gruppe in Frage stellen könnte - zum Beispiel mit einer Person in Verbindung gebracht werden, die sich nicht um ihre Hygiene kümmert“, sagt er.

Das hat Auswirkungen auf unser Waschverhalten.

„Hier wird eine evolutionär verwurzelte Triebkraft einem moralischen Standpunkt gegenübergestellt, und in den meisten Fällen reagiert man wahrscheinlich auf diese evolutionär bedingte Emotion“, so Klint.

„Waschkampagnen setzen an der falschen Stelle an“
Laut Erik Klint macht die Studie deutlich, dass die heutigen Kampagnen und Botschaften, die die Menschen zu umweltfreundlichem Verhalten bewegen sollen, den falschen Ansatzpunkt haben, da sie oft die psychologischen Aspekte hinter dem Verhalten der Menschen nicht berücksichtigen.

„Es spielt keine Rolle, wie vernünftig und forschungsbasiert die Argumente sind, wenn sie den unterschiedlichen Triebkräften der Menschen zuwiderlaufen, wie dem Wunsch, sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen, dann werden sie nicht funktionieren“, sagt er.

Die Fragen „Wie bringen wir die Menschen dazu, weniger zu waschen?“ und „Wie können wir dies auf umweltfreundlichere Weise tun?“ sind völlig unangebracht, meint Erik Klint, der darauf hinweist, dass der Schwerpunkt vielmehr auf dem indirekten Verhalten liegen sollte, das zum eigentlichen Waschen führt. Es mag zwar subtil sein, aber er schlägt vor, dass die bessere Frage lautet: „Wie können wir die Menschen dazu bringen, weniger Wäsche zu erzeugen, insbesondere Wäsche, die in einer Waschmaschine gereinigt werden muss?“

„Man wäscht, weil der Wäschekorb voll, der Lieblingspulli schmutzig oder in der Gemeinschaftswäscherei ein Zeitfenster frei ist. Daher muss der Schwerpunkt auf dem liegen, was passiert, bevor wir die Waschmaschine in Gang setzen, d. h. auf den zugrundeliegenden Verhaltensweisen, die einen Waschdrang auslösen. Zum Beispiel, wie viel Wäsche wir erzeugen, wie wir die Wäsche in der Maschine sortieren oder wann wir denken, dass die Waschmaschine voll ist“, sagt er.

Einer der wichtigsten Vorschläge der Studie besteht darin, Menschen zu ermutigen, Kleidung häufiger zu benutzen, bevor sie im Wäschekorb landet.

„Es kann darum gehen, übermäßiges Waschen zu bekämpfen, mit Botschaften wie 'die meisten Leute benutzen ihr T-Shirt mehr als einmal'. Aber auch die Nutzung der Waschmaschine durch andere Maßnahmen zu ersetzen, wie z. B. das Lüften der Kleidungsstücke, das Abbürsten von Schmutz oder das Entfernen einzelner Flecken per Hand. Eine Möglichkeit wäre es, die wirtschaftlichen Argumente hervorzuheben, denn die Kleidung nutzt sich ab, wenn sie durch die Maschine läuft“, sagt er.

In der Absicht, die Umweltauswirkungen des Waschens zu verringern
Gregory Peters, Professor für quantitative Nachhaltigkeitsbewertung an der Chalmers University und Mitverfasser der Studie, betont, dass diese eine einzigartige Kombination aus Verhaltens- und Naturwissenschaften darstellt.

„Diese Studie ist Teil einer umfassenderen Arbeit, die über den üblichen Forschungsrahmen für Ökobilanzen - Lebenszyklusanalysen - hinausgeht und es ermöglicht, ein ganzheitlicheres Verständnis dafür zu entwickeln, wie wir waschen und was unser Waschverhalten bestimmt. Das unmittelbare Ergebnis, das wir uns erhoffen, ist ein Beitrag zur Verringerung der Umweltbelastung durch das Waschen, aber es ist möglich, dass die Forschung auf andere Bereiche verallgemeinert werden kann, in denen Verhalten und Technologie zusammenspielen", sagt er.

Mehr über Waschgewohnheiten und Klimafolgen

  • Die Menge der von europäischen Verbrauchern gewaschenen Wäsche hat erheblich zugenommen. Im Jahr 2015 wusch der Durchschnittseuropäer vier Maschinenladungen pro Woche. Das sind zwar 0,7 Wäscheladungen weniger als im Jahr 2000, aber immer noch ein starker Anstieg, da die Waschkapazität der Maschinen im gleichen Zeitraum stark zugenommen hat. Im Jahr 2015 verfügten 64 Prozent aller Waschmaschinen über ein Fassungsvermögen von mehr als sechs Kilogramm, verglichen mit 2 Prozent im Jahr 2004. Gleichzeitig geben die meisten Verbraucher an, dass sie das Fassungsvermögen der Maschine voll ausnutzen.
  • Im Jahr 2010 hatten schätzungsweise 30 Prozent der Haushalte weltweit Zugang zu einer Waschmaschine. Im Jahr 2024, so eine Studie über die Hälfte der Weltbevölkerung, die in 18 Ländern in verschiedenen Teilen der Welt lebt, haben 80 Prozent der Haushalte Zugang zu einer Waschmaschine. Quellen: Statista (2024), Pakula und Stamminger (2010)
  • 16-35 Prozent der weltweiten Emissionen von Mikroplastik stammen aus dem Waschen von Kunstfasern. Das Waschen synthetischer Produkte führt dazu, dass sich jedes Jahr mehr als eine halbe Million Tonnen Mikroplastik auf dem Meeresboden ansammeln. Eine einzige Wäsche von Polyesterkleidung kann 700.000 Mikroplastikfasern freisetzen, die dann in die Nahrungskette gelangen können.
Quelle:

Chalmers | Mia Halleröd Palmgren

Foto: Damir Omerovic, Unsplash
12.06.2024

Nutzpflanzen zur Verringerung der Umweltbelastung durch Synthetik

Von Risotto bis zu Soßen sind Pilze seit langem ein Grundnahrungsmittel in der Küche. Jetzt zeigen Pilze das Potenzial, mehr als nur Geschmack zu bieten - als nachhaltiges, biegsames Material für die Modeindustrie.

Forscher nutzen die netzartige Struktur des Wurzelsystems des Pilzes - das Myzel - als Alternative zu synthetischen Fasern für Kleidung und andere Produkte wie Autositze.

„Es ist definitiv ein Umdenken im Herstellungsprozess“, sagt Annalisa Moro, EU-Projektleiterin beim italienischen Unternehmen Mogu, das aus dem Myzel Produkte für die Inneneinrichtung herstellt. „Man arbeitet wirklich mit der Natur zusammen, um etwas zu züchten, anstatt es zu erschaffen, und das ist irgendwie futuristisch.“

Mogu, 50 Kilometer nordwestlich von Mailand gelegen, leitet eine Forschungsinitiative zur Entwicklung von Vliesstoffen aus Mycelfasern für die Textilindustrie.

Von Risotto bis zu Soßen sind Pilze seit langem ein Grundnahrungsmittel in der Küche. Jetzt zeigen Pilze das Potenzial, mehr als nur Geschmack zu bieten - als nachhaltiges, biegsames Material für die Modeindustrie.

Forscher nutzen die netzartige Struktur des Wurzelsystems des Pilzes - das Myzel - als Alternative zu synthetischen Fasern für Kleidung und andere Produkte wie Autositze.

„Es ist definitiv ein Umdenken im Herstellungsprozess“, sagt Annalisa Moro, EU-Projektleiterin beim italienischen Unternehmen Mogu, das aus dem Myzel Produkte für die Inneneinrichtung herstellt. „Man arbeitet wirklich mit der Natur zusammen, um etwas zu züchten, anstatt es zu erschaffen, und das ist irgendwie futuristisch.“

Mogu, 50 Kilometer nordwestlich von Mailand gelegen, leitet eine Forschungsinitiative zur Entwicklung von Vliesstoffen aus Mycelfasern für die Textilindustrie.

Das Projekt mit dem Namen MY-FI hat eine Laufzeit von vier Jahren bis Oktober 2024 und bringt Unternehmen, Forschungsinstitute, Industrieorganisationen und akademische Einrichtungen aus ganz Europa zusammen..

MY-FI zeigt, wie die EU auf eine nachhaltigere Produktion und einen nachhaltigeren Verbrauch in der Textil- und Bekleidungsindustrie drängt, die in Europa rund 1,3 Millionen Menschen beschäftigt und einen Jahresumsatz von 167 Milliarden Euro erzielt.

Die EU bezieht den Großteil ihrer Textilien aus dem Ausland, produziert sie aber in Ländern wie Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien. Auf Italien entfallen mehr als 40 % der EU-Bekleidungsproduktion.

Filigran und langlebig
Das empfindliche Material wird durch die Zugabe von biobasierten Chemikalien, die die Fasern miteinander verbinden, stärker und haltbarer gemacht.

Seine ökologische Herkunft steht im Gegensatz zu den meisten synthetischen Fasern wie Nylon und Polyester, die aus fossilen Brennstoffen wie Kohle und Öl gewonnen werden.

Das bedeutet, dass die Produktion von Kunstfasern zu den Treibhausgasemissionen beiträgt, die den Klimawandel beschleunigen. Darüber hinaus setzen diese Materialien beim Waschen Mikroplastik frei, das häufig in die Umwelt gelangt und Flüsse, Meere und Ozeane verschmutzt.

Das MY-FI-Myzel benötigt nur sehr wenig Erde, Wasser oder Chemikalien und ist damit sogar umweltfreundlicher als Naturfasern wie Baumwolle.

Kleiderprobe
Für die Modeindustrie sind die weichen, wasserabweisenden Eigenschaften des Myzels ebenso attraktiv wie seine Umweltfreundlichkeit.

Fragen Sie einfach Mariagrazia Sanua, Nachhaltigkeits- und Zertifizierungsmanagerin bei Dyloan Bond Factory, einem italienischen Modedesigner und -hersteller, der zu MY-FI gehört.

Das Unternehmen hat das auf Myzel basierende Material in schwarzer und brauner Farbe und mit gewachstem Finish verwendet, um einen Prototyp eines Kleides, eine Kombination aus Oberteil und Midirock, Taschen und kleine Lederaccessoires herzustellen.

Laserschneiden und Siebdruck wurden eingesetzt, um das Materialverhalten zu bewerten. Die Herausforderung bestand darin, sich auf die Stoffbahnen - Quadrate aus dem Myzelmaterial anstelle von herkömmlichen Textilrollen wie Baumwolle, Leinen und Polyester - sowie auf Eigenschaften wie Zugfestigkeit und Nahtdichtigkeit einzustellen.

„Wir mussten das Paradigma komplett ändern und Prozesse und Kleidungsstücke auf der Grundlage des Materials entwerfen“, so Sanua.

Das Unternehmen hofft, den Verbrauchern mit dem Myzelmaterial eine Reihe von Produkten anbieten zu können, die eine Alternative zu Tierleder darstellen.

Leder-ungebunden
Volkswagen, der zweitgrößte Automobilhersteller der Welt, setzt auf Mycel-Technologien, um seinen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern und von Leder für die Innenausstattung von Fahrzeugen wegzukommen.

Die Kunden wünschen sich zunehmend tierfreie Materialien für den Innenraum, von Sitzbezügen und Türverkleidungen bis hin zu Armaturenbrettern und Lenkrädern. Ein nachhaltiger Ersatz für Leder ist daher eine spannende Perspektive, so Dr. Martina Gottschling, Wissenschaftlerin bei Volkswagen Group Innovation.

„Ein schnell wachsendes biologisches Material, das ohne Tierversuche und mit geringem Aufwand hergestellt werden kann und zudem keine erdölbasierten Ressourcen benötigt, ist ein Wendepunkt bei den Innenraummaterialien“, sagte sie.

Das Myzelmaterial ist außerdem leichter als Leder, ein weiterer Pluspunkt für die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks von VW.

Die Beteiligung des Unternehmens an MY-FI treibt die Projektforscher an der Universität Utrecht in den Niederlanden und am I-TECH Lyon in Frankreich dazu an, die Haltbarkeit des Myzelgewebes zu verbessern. Um vom Prototyp zur Produktionslinie zu gelangen, muss das Gewebe die von VW festgelegten Qualitätsanforderungen erfüllen, damit das Material ein Fahrzeugleben lang hält.

Gottschling ist überzeugt, dass diese Herausforderung im kommenden Jahrzehnt bewältigt werden kann. „Wir sehen das Material schon jetzt als eines der hochwertigen Materialien für Innenraumanwendungen, die in Zukunft möglich sein werden“, sagte sie.

Wenn das Leben einem Tomaten schenkt
Pilze sind nicht das einzige Lebensmittel, das das Potenzial hat, eine Revolution in Sachen nachhaltiges Garn auszulösen. Laut Dr. Ozgur Atalay und Dr. Alper Gurarslan von der Technischen Universität Istanbul in der Türkei haben auch Tomatenstängel ein verborgenes Talent.

Als sie sahen, dass Tomatenstängel nach der Ernte auf den Feldern verwelkten, begannen Atalay und Gurarslan zu untersuchen, ob sich die Stängel in nachhaltige Fasern verwandeln ließen.

Tests bewiesen, dass sich die landwirtschaftlichen Abfälle tatsächlich in Garn verwandeln lassen. Doch Atalay und Gurarslan waren entschlossen, noch einen Schritt weiter zu gehen. Sie wollten aus Tomatenstängeln eine Garnart für Kleidungsstücke herstellen, die Herzschlag, Atemfrequenz und Gelenkbewegungen überwachen.

Die beiden Forscher leiten ein Projekt zur Herstellung dieser Art von elektrisch leitfähiger Kleidung aus - erstmals - nachhaltigen Materialien.

Das Projekt mit dem Namen SMARTWASTE hat eine Laufzeit von vier Jahren bis Ende 2026 und umfasst auch Hochschul- und Forschungseinrichtungen aus Deutschland, Italien, den Niederlanden und Polen.

„Das Schöne an diesem Projekt ist, dass wir mit Abfällen beginnen“, so Atalay. „Wir nehmen landwirtschaftliche Abfälle und stellen nicht nur normale Textilien her, sondern etwas viel Wertvolleres“.

Kostenvoranschläge werden zwar erst im weiteren Verlauf des Projekts erstellt, wenn die Designpartner an der Entwicklung konkreter Produkte arbeiten, aber er wies darauf hin, dass intelligente Kleidung um einiges teurer sein wird als herkömmliche.

Ein intelligentes Textilhemd könnte laut Atalay bis zu 1.000 € kosten.

Das spezielle Material, die begrenzten Produktionsmengen und die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, die erforderlich sind, um tragbare Technologien zu entwickeln, die haltbar, waschbar und bequem sind, tragen alle zu diesem Preis bei.

Fortschritte in der Technologie sollten letztendlich zu niedrigeren Produktionskosten und Verbraucherpreisen führen.

Die Saat der Erfolgspappel
Die türkische Landschaft war auch die Inspiration für einen zweiten Teil des Projekts. Die in der Türkei reichlich vorhandenen Pappelbäume und insbesondere ihre weißen, flauschigen, baumwollähnlichen Samen veranlassten Gurarslan zu untersuchen, ob sie eine nachhaltige Textilquelle darstellen könnten.

Ihre Fasern wurden zwar als zu kurz für die Herstellung von Garnen abgetan, aber die Samen haben drei besondere Eigenschaften, die für die Textilindustrie interessant sind: eine hohle, röhrenartige Struktur, die Wärme speichern kann, um thermische Eigenschaften zu erzielen, eine antibakterielle Eigenschaft und Wasserbeständigkeit.

Das Netzwerk von SMARTWASTE-Experten hat die Samen mit recyceltem Polyester gemischt, um einen Vliesstoff herzustellen, den das Team zu Textilprodukten mit verbesserten thermischen Eigenschaften verarbeiten will.

Die Forscher hoffen, dass dies erst der Anfang einer weitreichenden Umgestaltung von Textilien ist.

„Unser Ziel ist es, die nächste Generation von Forschern und Innovatoren im Bereich nachhaltiger Textilien auszubilden“, so Atalay.

(c) Saralon
04.06.2024

InkTech: Gedruckte Elektronik verändert den Automobilinnenraum

Die Automobilindustrie ist ein wichtiger Wachstumsmotor für gedruckte Elektronik. Die Einsatzbereiche decken ein breites Spektrum ab, sei es im Antriebssystem (z. B. Batteriemanagement und thermische Schnittstellen) oder im Innenraum (z. B. HMI -Technologien, Innenraumheizungen, Displays, intelligente 3D-Schnittstellen mit integrierten Licht- und Dekorationselementen) und sogar im Außenbereich von Fahrzeugen (z. B. integrierte Antennen, Photovoltaik, Leuchten und Displays).

Experten gehen davon aus, dass sich die Automobilbranche bei der Weiterentwicklung des Innenraumdesigns und der Ausstattungsmerkmale verstärkt um Differenzierung bemüht. Motive wie Kosteneffizienz, Größen- und Gewichtsreduzierung, geringerer Energiebedarf, Designfreiheit und verbesserte Ästhetik fördern den Fortschritt der gedruckten Elektronik.

Die Automobilindustrie ist ein wichtiger Wachstumsmotor für gedruckte Elektronik. Die Einsatzbereiche decken ein breites Spektrum ab, sei es im Antriebssystem (z. B. Batteriemanagement und thermische Schnittstellen) oder im Innenraum (z. B. HMI -Technologien, Innenraumheizungen, Displays, intelligente 3D-Schnittstellen mit integrierten Licht- und Dekorationselementen) und sogar im Außenbereich von Fahrzeugen (z. B. integrierte Antennen, Photovoltaik, Leuchten und Displays).

Experten gehen davon aus, dass sich die Automobilbranche bei der Weiterentwicklung des Innenraumdesigns und der Ausstattungsmerkmale verstärkt um Differenzierung bemüht. Motive wie Kosteneffizienz, Größen- und Gewichtsreduzierung, geringerer Energiebedarf, Designfreiheit und verbesserte Ästhetik fördern den Fortschritt der gedruckten Elektronik.

HMI- und Innenraumsensorik-Lösungen
Ein Hauptmarkt für gedruckte und hybride Elektronik in der Automobilindustrie ist die Entwicklung von Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMI) mit nahtlosem Design. Dehnbare Elektronik- und Sensorlösungen werden in Kunststoff-, Textil- oder Lederteile integriert und verwandeln diese in intelligente Oberflächen, die das Nutzererlebnis verbessern. Leichte, flexible und dehnbare HMI-Lösungen mit anpassbaren Formfaktoren ersetzen mechanische Tasten und komplexe Verkabelungssysteme.

Flexible gedruckte Sensoren ermöglichen die Entwicklung von funktionellen HMI-Systemen mit beliebigem Sensor-Layout, die dazu dienen, Bewegungen, Klima, Lautstärke, Beleuchtung und ähnliche Funktionen mit den Fingerspitzen des Benutzers zu steuern und einzustellen. Die Kombination von Funktionalität und Ästhetik wird durch die Integration von berührungsempfindlicher Technologie mit Beleuchtung und anderen dekorativen Elementen erreicht.

Das Portfolio von Saral Inks© für diese Anwendungen reicht von dehnbaren, leitfähigen Tinten über gedruckte Sensortinten bis hin zu leitfähigen Klebstofftinten für die Befestigung von LEDs und SMDs und die Verbindung mehrerer gedruckter Elektronikschichten miteinander; alle sind leicht im Siebdruckverfahren bedruckbar.

Eingebettete Sensorlösungen in Lenkrädern, Sitzen und Sicherheitsgurten sind einige Beispiele für etablierte Verfahren zur Verbesserung der Sicherheit und des Komforts im Fahrzeuginnenraum. Fortschrittliche flexible gedruckte druck- und kapazitivempfindliche Elektronik erleichtert die Erkennung und Klassifizierung von Fahrzeuginsassen.

Heizung und Wärmemanagement
Gedruckte Temperatursensoren und Heizelemente für den Innenraumkomfort, EV-Motorantriebe oder das Wärmemanagement von Batterien sind weitere trendige Anwendungsgebiete der gedruckten Elektronik im Automobilkontext.

Gedruckte Batteriesicherheitssensoren sorgen für eine frühzeitige Erkennung kritischer Situationen in den Batteriepaketen auf unkomplizierte und sehr effiziente Weise. Diese flexible und dünne gedruckte Elektronik auf Polymerfolien mit Heiz- oder Sensorfunktion ermöglicht eine einfache Handhabung und Integration zwischen einzelnen Zellen innerhalb des Batteriemoduls. Sie sorgen für eine gleichmäßige Verteilung der Ladung, verhindern eine Überladung und verbessern die Lebensdauer der Batterie.

Zu den Saral Inks©-Lösungen für ein umfassendes Wärmemanagement gehören funktionale Tinten für gedruckte Sensor- und Heizelemente, die sich für die Batterieüberwachung, Sitz- und Bodenheizung sowie Entfroster-Systeme eignen.

Intelligente Oberflächen mit 3D-Geometrie
Film-Insert-Molding und In-Mold Electronics (IME) gelten als bahnbrechende Technologien für die Integration gedruckter Elektronik in Automobilteile, wobei sich IME als vielversprechende Lösung für die Herstellung intelligenter 3D-Oberflächen erweist, bei denen leitfähige Druckfarben die zentrale Rolle spielen.

Das Herzstück von IME ist das Thermoformverfahren für gedruckte Elektronik, das mit hohem Druck und hohen Temperaturen arbeitet.

Die leitfähige Tinte Saral StretchSilver 800 zeigt eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit, wenn sie auf Polycarbonat (PC) gedruckt wird und 3D-Tiefziehverfahren durchläuft, ohne dabei an Funktionalität einzubüßen.

Quelle:

Saralon

Auf die Haut gedruckte Sensoren aus „elektronischer Spinnenseide“ (c) Huang Lab, Cambridge
27.05.2024

Auf die Haut gedruckte Sensoren aus „elektronischer Spinnenseide“

Forscher haben eine Methode entwickelt, um anpassungsfähige und umweltfreundliche Sensoren herzustellen, die direkt und unsichtbar auf eine Vielzahl von biologischen Oberflächen gedruckt werden können, sei es ein Finger oder ein Blütenblatt.

Die von Forschern der Universität Cambridge entwickelte Methode ist von der Spinnenseide inspiriert, die sich an eine Reihe von Oberflächen anpassen und an ihnen haften kann. In diese „Spinnenseide“ ist auch Bioelektronik integriert, so dass das „Netz“ mit verschiedenen sensorischen Fähigkeiten ausgestattet werden kann.

Forscher haben eine Methode entwickelt, um anpassungsfähige und umweltfreundliche Sensoren herzustellen, die direkt und unsichtbar auf eine Vielzahl von biologischen Oberflächen gedruckt werden können, sei es ein Finger oder ein Blütenblatt.

Die von Forschern der Universität Cambridge entwickelte Methode ist von der Spinnenseide inspiriert, die sich an eine Reihe von Oberflächen anpassen und an ihnen haften kann. In diese „Spinnenseide“ ist auch Bioelektronik integriert, so dass das „Netz“ mit verschiedenen sensorischen Fähigkeiten ausgestattet werden kann.

Die Fasern, die mindestens 50-mal kleiner als ein menschliches Haar sind, sind so leicht, dass die Forscher sie direkt auf den flauschigen Samenkopf eines Löwenzahns drucken konnten, ohne dass dessen Struktur zusammenfiel. Auf die menschliche Haut gedruckt, passen sich die Fasersensoren der Haut an und legen die Schweißporen frei, so dass der Träger ihre Anwesenheit nicht bemerkt. Tests der auf einen menschlichen Finger gedruckten Fasern legen nahe, dass sie zur kontinuierlichen Überwachung von Körperfunktionen eingesetzt werden könnten.

Diese abfall- und emissionsarme Methode im Bereich Augmented Living könnte in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden, von der Gesundheitsfürsorge und der virtuellen Realität bis hin zu elektronischen Textilien und der Umweltüberwachung. Die Ergebnisse werden in der Zeitschrift „Nature Electronics“ veröffentlicht.

Obwohl menschliche Haut außerordentlich sensible ist, könnte ihre Erweiterung durch elektronische Sensoren die Art und Weise, wie wir mit der Welt um uns herum interagieren, grundlegend verändern. Direkt auf die Haut gedruckte Sensoren könnten so zur kontinuierlichen Gesundheitsüberwachung oder zum Verständnis von Hautempfindungen eingesetzt werden oder den Realitätssinn bei Spielen oder Virtual-Reality-Anwendungen verbessern.

Zwar sind tragbare Technologien mit eingebetteten Sensoren, wie z. B. Smartwatches, weit verbreitet, doch können diese Geräte unbequem und lästig sein und die Eigenwahrnehmung der Haut beeinträchtigen.

Im letzten Jahr haben einige derselben Wissenschaftler nachgewiesen, dass die in intelligenten Textilien verwendeten Fasern, wenn sie mit dehnbaren Materialien beschichtet werden, mit herkömmlichen Webverfahren kompatibel sein können. Mit dieser Technik stellten sie ein gewebtes 46-Zoll- Demo-Display her.

„Wenn man etwas auf einer biologischen Oberfläche wie der Haut oder einem Blatt genau erfassen will, ist die Schnittstelle zwischen dem Gerät und der Oberfläche von entscheidender Bedeutung“, sagte Professor Yan Yan Shery Huang vom Cambridge Department of Engineering, die die Forschung leitete. „Wir wollen außerdem eine Bioelektronik, die für den Anwender völlig unauffällig ist, so dass sie in keiner Weise seine Interaktion mit der Welt beeinträchtigt, und wir wollen, dass sie nachhaltig ist und wenig Abfall verursacht.“

Es gibt verschiedene Methoden zur Herstellung von tragbaren Sensoren, die jedoch alle ihre Nachteile haben. Flexible Elektronik wird zum Beispiel normalerweise auf Kunststofffolien gedruckt, die weder Gase noch Feuchtigkeit durchlassen - es wäre also so, als würde man seine Haut in Frischhaltefolie einwickeln. Andere Forscher haben vor kurzem flexible Elektronik entwickelt, die gasdurchlässig ist, wie künstliche Haut, aber diese beeinträchtigt immer noch das normale Empfinden und ist auf energie- und abfallintensive Herstellungsverfahren angewiesen.

Der 3D-Druck ist ein weiterer potenzieller Weg für die Bioelektronik, denn er ist weniger abfallintensiv als andere Produktionsmethoden, führt aber zu massiveren Geräten, die das normale Verhalten beeinträchtigen können. Das Spinnen elektronischer Fasern resultiert in Komponenten, die für den Benutzer nicht wahrnehmbar sind, die gleichzeitig nicht sehr empfindlich oder kompliziert sind oder sich nur schwer auf das betreffende Objekt übertragen lassen.

Nun hat das von Cambridge geführte Team eine neue Methode zur Herstellung von Hochleistungs-Bioelektronik entwickelt, die an eine Vielzahl von biologischen Oberflächen angepasst werden kann, von der Fingerspitze bis zum flauschigen Samenkopf einer Pusteblume, indem sie direkt auf die Oberfläche gedruckt wird. Inspiriert wurde die Technik teilweise von Spinnen, die mit minimalem Materialeinsatz ausgeklügelte und starke, an ihre Umgebung angepasste Netzstrukturen schaffen.

Die Forscher sponnen ihre bioelektronische „Spinnenseide“ aus PEDOT:PSS (einem biokompatiblen leitenden Polymer), Hyaluronsäure und Polyethylenoxid. Die Hochleistungsfasern wurden aus einer wässrigen Lösung bei Raumtemperatur hergestellt, was es den Forschern ermöglichte, die „Spinnbarkeit“ der Fasern zu kontrollieren. Die Forscher entwickelten dann ein Orbitalspinnverfahren, mit dem sich die Fasern an lebende Oberflächen anpassen können, sogar bis hin zu Mikrostrukturen wie Fingerabdrücken. Tests der bioelektronischen Fasern auf Oberflächen wie menschlichen Fingern und Löwenzahnsamen zeigten, dass sie hochwertige Sensorleistungen erbringen und für den Träger nicht wahrnehmbar sind.

„Unser Spinnverfahren ermöglicht es den bioelektronischen Fasern, der Anatomie verschiedener Formen zu folgen, sowohl im Mikro- als auch im Makromaßstab, ohne dass eine Bilderkennung erforderlich ist“, so Andy Wang, der Erstautor der Arbeit. „Das eröffnet einen völlig neuen Blickwinkel auf die Herstellung nachhaltiger Elektronik und Sensoren. Es ist ein deutlich einfacherer Weg, großflächige Sensoren herzustellen.“

Die meisten hochauflösenden Sensoren werden in einem industriellen Reinraum hergestellt und erfordern den Einsatz giftiger Chemikalien in einem mehrstufigen und energieaufwändigen Herstellungsprozess. Die in Cambridge entwickelten Sensoren können überall hergestellt werden und verbrauchen nur einen Bruchteil der Energie, die herkömmliche Sensoren benötigen.

Die reparaturfähigen bioelektronischen Fasern, die reparabel sind, können, wenn sie das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, einfach abgewaschen werden und erzeugen weniger als ein einziges Milligramm Abfall: zum Vergleich: Bei einer einzigen Ladung Wäsche fallen zwischen 600 und 1500 Milligramm Faserabfälle an.

„Mit unserer einfachen Fertigungstechnik können wir die Sensoren fast überall anbringen und bei Bedarf reparieren, ohne eine große Druckmaschine oder eine zentrale Fertigungsanlage zu benötigen“, so Huang. „Diese Sensoren können auf Abruf hergestellt werden, genau dort, wo sie gebraucht werden, und erzeugen nur minimale Abfälle und Emissionen.“

Die Forschung wurde zum Teil vom Europäischen Forschungsrat, von Wellcome, der Royal Society und dem Biotechnology and Biological Sciences Research Council (BBSRC), einem Teil des UK Research and Innovation (UKRI), unterstützt.

Quelle:

Sarah Collins, University of Cambridge

Foto: 政徳 吉田, Pixabay
03.05.2024

Fahrzeugunterböden aus Naturfasern und Recycling-Kunststoffen

Gemeinsam mit Industriepartnern haben Forschende des Fraunhofer WKI einen Fahrzeugunterboden aus Naturfasern und recycelten Kunststoffen für den Automobilbau entwickelt. Der Fokus des Fraunhofer Instituts lag auf der Materialentwicklung für den Spritzguss sowie auf der Hydrophobierung von Flachs- und Hanffasern für naturfaserverstärkte Mischfaservliese.

Das Bauteil erfüllt die hohen technischen Anforderungen im Unterbodenbereich und könnte zukünftig herkömmliche Leichtbau-Fahrzeugunterböden ersetzen. Mit dieser Entwicklung wird die Klima- und Umweltbilanz über den gesamten Produktlebenszyklus optimiert.

Gemeinsam mit Industriepartnern haben Forschende des Fraunhofer WKI einen Fahrzeugunterboden aus Naturfasern und recycelten Kunststoffen für den Automobilbau entwickelt. Der Fokus des Fraunhofer Instituts lag auf der Materialentwicklung für den Spritzguss sowie auf der Hydrophobierung von Flachs- und Hanffasern für naturfaserverstärkte Mischfaservliese.

Das Bauteil erfüllt die hohen technischen Anforderungen im Unterbodenbereich und könnte zukünftig herkömmliche Leichtbau-Fahrzeugunterböden ersetzen. Mit dieser Entwicklung wird die Klima- und Umweltbilanz über den gesamten Produktlebenszyklus optimiert.

Den Projektpartnern Fraunhofer WKI, Thüringisches Institut für Textil- und Kunststofftechnik (TITK), Röchling Automotive SE & Co. KG, BBP Kunststoffwerk Marbach Baier GmbH und Audi AG ist es gelungen, ein nachhaltiges Gesamtkonzept für Fahrzeugunterböden zu entwickeln. Damit haben die Forschenden eine anspruchsvolle Bauteilgruppe mit hohem Kunststoffanteil für den Einsatz von Naturmaterialien erschlossen. Bisher wurden naturfaserverstärkte Kunststoffe im Automobil hauptsächlich für Verkleidungsteile ohne nennenswerte mechanische Aufgaben eingesetzt. Strukturelle Bauteile wie Fahrzeugunterböden sind enormen Belastungen ausgesetzt und stellen hohe Anforderungen an das Biege- und Crashverhalten des Materials. In modernen Leichtbau-Fahrzeugkonzepten kommen daher Hochleistungswerkstoffe aus glasfaserverstärkten Kunststoffen zum Einsatz.

Das Projektteam konnte die Glasfasern durch Naturmaterialien wie Flachs-, Hanf- und Cellulosefasern ersetzen und Unterbodenbauteile mit einem Naturfaseranteil von bis zu 45 Prozent realisieren. Im Bereich der Polymere wurde vollständig auf Polypropylen-Neuware verzichtet und ausschließlich Rezyklate eingesetzt. Alle mit dieser Materialumstellung verbundenen Herausforderungen, sowohl die geringeren mechanischen Ausgangseigenschaften der Werkstoffe als auch die zeitlich eingeschränkten Verarbeitungsfenster, konnten durch geschickte Compoundkombinationen gelöst werden.

Am Fraunhofer WKI wurden Materialien für den Spritzguss entwickelt. »Naturfaser-Spritz-guss-Compounds sind bisher vor allem durch Festigkeits- und Steifigkeitssteigerungen gegenüber unverstärkten Polymeren bekannt. Bei der Entwicklung im Fahrzeugunterboden ist es darüber hinaus gelungen, durch eine innovative Kombination von ausgewählten Post-Consumer-Rezyklaten (PCR) als Matrix und Naturfasern unterschiedlicher Reinheitsgrade die hohen Anforderungen an die Kaltschlagzähigkeit zu erfüllen, ohne dabei die geforderte Steifigkeit und Festigkeit einzubüßen«, erklärt Moritz Micke-Camuz, Projektleiter am Fraunhofer WKI.

Im Rahmen der Entwicklung wurden am TITK und bei Röchling erstmals Faserverbundbauteile aus naturfaserverstärktem Mischfaservlies (Lightweight-Reinforced-Thermoplastic, LWRT) realisiert. Das entwickelte Produkt erfüllt nicht nur die mechanischen Anforderungen. Es widersteht auch den Herausforderungen, die durch die feuchte Einsatzumgebung hervorgerufen werden. Zur Hydrophobierung von Flachs- und Hanffasern für LWRT-Bauteile wurde am Fraunhofer WKI ein kontinuierliches Furfurylierungsverfahren entwickelt. Durch die Furfurylierung kann die Feuchtigkeitsaufnahme um bis zu 35 Prozent reduziert werden, ohne die Biegefestigkeit der späteren Bauteile zu beeinträchtigen. Das furfurylierte Fasermaterial lässt sich zudem problemlos auf einer Vliesanlage weiterverarbeiten

Die gefertigten Prototypenbauteile wurden anschließend sowohl auf Komponentenebene als auch im Fahrversuch intensiv getestet. Dazu dienten unter anderem die Fahrzeuge der neuen »Premium Platform Electric« (PPE) des VW-Konzerns. Im Rahmen der Serienerprobung konnten bereits Langzeiterfahrungen gesammelt werden. Das erfreuliche Ergebnis dieser Tests: Die neu entwickelten Bioverbundwerkstoffe erfüllen alle Standardanforderungen an Unterbodenbauteile und erweisen sich als serientauglich. Weder der Einsatz von Naturfasern noch von (Post-Consumer-)Rezyklaten führt zu einer signifikanten Beeinträchtigung der Eigenschaften.

Ein wesentlicher Vorteil der Innovation liegt auch in der deutlich verbesserten CO2-Bilanz: Im Vergleich zur Serie können 10,5 Kilogramm Neuware (PP/Glasfaser) durch 4,2 Kilogramm Naturfasern und 6,3 Kilogramm Post-Consumer-Rezyklat ersetzt werden. Dadurch konnten die CO2-Emissionen während der Produktion, der Nutzung und des Produktlebens um bis zu 40 Prozent reduziert werden.

Im Rahmen des Entwicklungsprojektes wurde ein innovatives, ganzheitliches Gesamtkonzept für Fahrzeugunterböden inklusive Recycling mit kaskadischer Wiederverwendung der Komponenten entwickelt. Aus technischer Sicht können Fahrzeugunterböden zukünftig vollständig aus dem neuen, hochleistungsfähigen Bio-Leichtbau-Material hergestellt werden.

Das Projekt wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) über den Projektträger TÜV Rheinland gefördert.

 

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut WKI

(c) MIT Self Assembly Lab
29.04.2024

Das 4D-Strickkleid - die Zukunft der Mode?

Das vom Self-Assembly Lab entwickelte 4D Strickkleid nutzt mehrere Technologien, um ein individuelles Design und eine maßgeschneiderte Passform zu schaffen und dabei gleichzeitig den Anforderungen an Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen.

Bis vor kurzem war eine Maßanfertigung - also Kleidung, die nach den individuellen Wünschen des Kunden angefertigt wurde - die einzige Möglichkeit, Kleidungsstücke zu tragen, die perfekt auf den eigenen Körperbau abgestimmt waren. Für die meisten Menschen sind die Kosten einer Maßanfertigung nicht zu bezahlen. Doch die Erfindung aktiver Fasern und innovativer Strickverfahren verändert die Textilindustrie.

Das vom Self-Assembly Lab entwickelte 4D Strickkleid nutzt mehrere Technologien, um ein individuelles Design und eine maßgeschneiderte Passform zu schaffen und dabei gleichzeitig den Anforderungen an Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen.

Bis vor kurzem war eine Maßanfertigung - also Kleidung, die nach den individuellen Wünschen des Kunden angefertigt wurde - die einzige Möglichkeit, Kleidungsstücke zu tragen, die perfekt auf den eigenen Körperbau abgestimmt waren. Für die meisten Menschen sind die Kosten einer Maßanfertigung nicht zu bezahlen. Doch die Erfindung aktiver Fasern und innovativer Strickverfahren verändert die Textilindustrie.

„Wir alle tragen Kleidung und Schuhe“, sagt Sasha MicKinlay, M.A., die kürzlich ihren Abschluss am MIT Department of Architecture gemacht hat. „Das ist ein menschliches Bedürfnis. Aber es gibt auch das menschliche Bedürfnis, sich auszudrücken. Mir gefällt die Idee, Kleidung auf nachhaltige Art und Weise zu personalisieren. Dieses Kleid verspricht sowohl für den Verbraucher als auch für den Hersteller nachhaltiger zu sein als herkömmliche Mode.“

McKinlay ist Textildesignerin und Forscherin am Self-Assembly Lab und hat zusammen mit Ministry of Supply, einem auf Hightech-Bekleidung spezialisierten Modeunternehmen, das 4D Strickkleid entworfen. Das Kleid kombiniert mehrere Technologien, um eine individuelle Passform und einen individuellen Stil zu schaffen. Wärmeaktivierte Garne, computergestütztes Stricken und robotergesteuerte Aktivierung um jedes Kleidungsstück herum sorgen für die modellierte Passform. Ein Team bei Ministry of Supply traf die Entscheidungen über die verwendeten stabilen Garne, die Farbe, die Originalgröße und das Gesamtdesign.

„Jeder Körper ist anders“, sagt Skylar Tibbits, außerordentliche Professorin an der Fakultät für Architektur und Gründerin des Self-Assembly Lab. „Selbst wenn man die gleiche Größe wie eine andere Person trägt, ist man nicht wirklich gleich“.

Aktive Textilien
Die Studenten des Self-Assembly Lab arbeiten seit mehreren Jahren mit dynamischen Textilien. Die von ihnen hergestellten Garne können ihre Form, ihre Eigenschaften, ihre Isolierung oder ihre Atmungsaktivität verändern. Zu den bisherigen Anwendungen für maßgeschneiderte Kleidungsstücke gehören die Herstellung von Pullovern und Gesichtsmasken. Laut Tibbits ist das 4D-Strickkleid ein Höhepunkt all dessen, was die Studenten bei der Arbeit mit aktiven Textilien gelernt haben.

McKinlay half bei der Herstellung der aktiven Garne, entwarf das Konzeptdesign, entwickelte die Stricktechnik und programmierte die industrielle Strickmaschine des Labors. Sobald das Design des Kleidungsstücks in der Maschine programmiert ist, kann sie schnell mehrere Kleider herstellen. Durch die Platzierung der aktiven Garne im Design kann das Kleid eine Vielzahl von Stilen annehmen, wie z. B. Biesen, Falten, eine Empire-Taille oder eine eng anliegende Taille.

„Das Styling ist wichtig“, sagt McKinlay. „Die meisten Leute konzentrieren sich auf die Größe, aber ich denke, das Styling ist das, was die Kleidung auszeichnet. Wir alle entwickeln uns als Menschen weiter, und ich glaube, dass sich auch unser Stil weiterentwickelt. Nach der Passform konzentrieren sich die Menschen auf den persönlichen Stil.

Danny Griffin, Magisterabschluss und derzeit Doktorand in Architekturdesign, hat keinen Hintergrund in der Bekleidungs- oder Modeindustrie. Tibbits bat Griffin, dem Team beizutreten, da er Erfahrung mit Robotikprojekten im Bauwesen hat. Griffin übersetzte den Wärmeaktivierungsprozess in ein programmierbares Roboterverfahren, das die Anwendung präzise steuern konnte.

„Wenn wir Hitze anwenden, verkürzen sich die Fasern, so dass sich das Textil in einem bestimmten Bereich zusammenzieht, wodurch die Form gestrafft wird, als würden wir das Kleidungsstück zuschneiden“, sagt Griffin. „Wir haben viel ausprobiert, um herauszufinden, wie wir den Roboter und die Heißluftpistole ausrichten müssen. Die Hitze muss genau an den richtigen Stellen angesetzt werden, um die Fasern auf jedem Kleidungsstück zu aktivieren. Eine weitere Herausforderung war die Einstellung der Temperatur und des Zeitplans für die Wärmezufuhr.“

„Wir konnten keine handelsübliche Heißluftpistole verwenden, die wie ein tragbarer Haartrockner aussieht, sie ist zu groß“, sagt Griffin. „Wir brauchten ein kompakteres Design. Als wir das herausgefunden hatten, hat es viel Spaß gemacht, das Drehbuch zu schreiben, dem der Roboter folgen sollte.“

Ein Kleid kann zunächst ein bestimmtes Design haben - zum Beispiel Biesen über der Brust - und monatelang getragen werden, bevor es durch erneute Wärmeanwendung verändert wird. Durch anschließende Wärmeanwendungen kann das Kleid weiter angepasst werden.

Mehr als Passform und Fashion
Die effiziente Herstellung von Kleidungsstücken ist laut Gihan Amarasiriwardena, dem Mitbegründer und Präsidenten von Ministry of Supply, eine „große Herausforderung“ in der Modeindustrie.

„Oft muss man raten, was in einer Saison angesagt ist“, sagt er. „Manchmal läuft der Stil nicht gut, oder manche Größen werden nicht verkauft. Sie werden dann stark heruntergesetzt oder landen schließlich auf einer Mülldeponie.“

„Fast Fashion“ ist ein Begriff, der Kleidung beschreibt, die preiswert, trendy und für den Verbraucher leicht zu entsorgen ist. Sie wird schnell entworfen und produziert, um mit den aktuellen Trends Schritt zu halten. Das 4D-Strickkleid, so Tibbits, ist das Gegenteil von Fast Fashion. Im Gegensatz zum traditionellen „Cut-and-Sew“-Verfahren in der Modeindustrie wird das 4D Strickkleid komplett in einem Stück hergestellt, wodurch praktisch kein Abfall anfällt.

„Vom globalen Standpunkt aus betrachtet, gibt es keine tonnenweise überschüssigen Lagerbestände, da das Kleid auf Ihre Größe zugeschnitten ist“, sagt Tibbits.

McKinlay hofft, dass durch den Einsatz dieser neuen Technologie die Lagerbestände, die Einzelhändler normalerweise am Ende jeder Saison haben, reduziert werden können.

„Das Kleid könnte maßgeschneidert werden, um sich an diese Veränderungen von Stil und Geschmack anzupassen“, sagt sie. „Es könnte auch einige der Größenvariationen auffangen, die Einzelhändler auf Lager haben müssen. Anstelle von extrakleinen, kleinen, mittleren, großen und extragroßen Größen könnten die Einzelhändler ein Kleid für die kleineren Größen und eines für die größeren Größen anbieten. Das sind natürlich genau die gleichen Nachhaltigkeitspunkte, die auch dem Verbraucher zugute kommen würden.

Das Self-Assembly Lab arbeitet bereits seit mehreren Jahren mit Ministry of Supply an Projekten zu aktiven Textilien zusammen. Ende letzten Jahres stellte das Team das 4D-Strickkleid im Flagship-Store des Unternehmens in Boston vor, wobei ein Roboterarm vor den Augen der Kundinnen ein Kleid umarbeitete. Für Amarasiriwardena war dies eine Gelegenheit, das Interesse an dem Kleid zu testen und Feedback von Kunden zu erhalten, die es anprobieren wollten.

„Wenn die Nachfrage da ist, können wir so etwas schnell herstellen“, sagt Amarasiriwardena, im Gegensatz zum üblichen Design- und Herstellungsprozess, der Jahre dauern kann.

Griffin und McKinlay waren bei der Vorführung anwesend und mit den Ergebnissen zufrieden. Für Griffin gibt es nach der Überwindung „technischer Hindernisse“ viele verschiedene Möglichkeiten für das Projekt.

„Diese Erfahrung macht mir Lust auf mehr“, sagt er.

Auch McKinlay würde gerne an weiteren Modellen arbeiten.

„Ich hoffe, dass dieses Forschungsprojekt den Menschen hilft, ihre Beziehung zu Kleidung zu überdenken oder neu zu bewerten“, sagt McKinlay. „Wenn man heute ein Kleidungsstück kauft, hat es nur einen ‚Look‘. Aber wie aufregend wäre es, ein einziges Kleidungsstück zu kaufen und es neu zu erfinden, um es zu verändern und weiterzuentwickeln, wenn man sich verändert oder wenn sich die Jahreszeiten oder Stile ändern? Ich hoffe, dass die Leute genau das mitnehmen werden.

Quelle:

Maria Iacobo | Olivia Mintz | School of Architecture and Planning, MIT Department of Architecture
Übersetzung: Textination

Wasserabweisende Fasern ohne PFAS Bild: Empa
22.04.2024

Wasserabweisende Fasern ohne PFAS

Regenjacken, Badehosen oder Polsterstoffe: Textilien mit wasserabweisenden Eigenschaften benötigen eine chemische Imprägnierung. Fluor-haltige PFAS-Chemikalien sind zwar wirkungsvoll, schaden aber der Gesundheit und reichern sich in der Umwelt an. Empa-Forschende entwickeln nun ein Verfahren mit alternativen Substanzen, mit dem sich umweltfreundliche wasserabweisende Textilfasern erzeugen lassen. Erste Analysen zeigen: Die „guten“ Fasern weisen Wasser stärker ab und trocknen schneller als die der herkömmlichen Produkte.

Regenjacken, Badehosen oder Polsterstoffe: Textilien mit wasserabweisenden Eigenschaften benötigen eine chemische Imprägnierung. Fluor-haltige PFAS-Chemikalien sind zwar wirkungsvoll, schaden aber der Gesundheit und reichern sich in der Umwelt an. Empa-Forschende entwickeln nun ein Verfahren mit alternativen Substanzen, mit dem sich umweltfreundliche wasserabweisende Textilfasern erzeugen lassen. Erste Analysen zeigen: Die „guten“ Fasern weisen Wasser stärker ab und trocknen schneller als die der herkömmlichen Produkte.

Soll eine Badehose nach dem Schwimmen ihre Form behalten und schnell trocknen, muss sie zwei Eigenschaften kombinieren: Sie muss elastisch sein und darf sich nicht mit Wasser vollsaugen. Eine derartige wasserabweisende Wirkung lässt sich in der Textilindustrie durch das Behandeln der Textilien mit Chemikalien erreichen, die das elastische Kleidungsstück mit sogenannten hydrophoben Eigenschaften ausstatten. In den 1970er-Jahren begann man, hierfür neuartige synthetische Fluorverbindungen zu verwenden – Verbindungen, die bedenkenlos unzählige Anwendungsmöglichkeiten zu bieten schienen, sich später aber als höchst problematisch herausstellten. Denn diese Fluor-Kohlenstoff-Verbindungen, kurz PFAS, reichern sich in der Umwelt an und schaden der Gesundheit. Empa-Forschende entwickeln daher gemeinsam mit Schweizer Textilunternehmen alternative umweltfreundliche Verfahren, mit denen sämtliche Fasern wasserabweisend ausgerüstet werden können. Dirk Hegemann vom „Advanced Fibers“-Labor der Empa in St. Gallen erläutert das von der Innosuisse geförderte Projekt: „Wir setzen sogenannte hochvernetzte Siloxane ein, die Silikon-ähnliche Schichten erzeugen und – anders als Fluor-haltige PFAS – unbedenklich sind.“

Die Plasma-Beschichtungsanlagen der Empa reichen von handlichen Tischmodellen bis hin zu raumfüllenden Geräten. Für die Faserbeschichtung werden die Siloxane in einem reaktiven Gas zerstäubt und aktiviert. Auf diese Weise behalten sie ihre funktionalen Eigenschaften und umschliessen die Textilfasern mit einer nur 30-Nanometer-feinen wasserabweisenden Hülle. Derart beschichtete Fäden lassen sich danach zu wasserabweisenden Textilien jeglicher Art verarbeiten, etwa zu Kleidungsstücken oder technischen Textilien wie Polsterstoffe.

Der Vorteil gegenüber herkömmlichen nasschemischen Verfahren: Selbst bei komplex strukturierten Textilien ist die lückenlose Verteilung der hydrophoben Substanzen bis in alle Windungen der verschlungenen Fasern gewährleistet. Dies ist zentral, denn schon eine winzige benetzbare Stelle würde genügen, damit Wasser in die Tiefe einer Badehose eindringt und so das schnelle Trocknen des Kleidungsstücks verhindert. „Es ist uns sogar gelungen, selbst anspruchsvollere, elastische Fasern mit dem neuen Verfahren dauerhaft zu imprägnieren, was bisher nicht möglich war“, so Empa-Forscher Hegemann.

Großes Interesse der Industrie
In ersten Laboranalysen schneiden Textilien aus den neuen Fasern mit umweltfreundlicher Beschichtung bereits leicht besser ab als herkömmliche PFAS-beschichtete Stoffe: Sie saugen weniger Wasser auf und trocknen schneller. So richtig ins Gewicht fallen die wundersamen Eigenschaften der Fluor-freien Beschichtung aber erst nach mehrmaligem Waschen der Textilien: Während die herkömmliche PFAS-Imprägnierung bei dehnbaren Textilien bereits deutlich leidet, bleibt die Fluor-freie Faser auf hohem Niveau. Damit ist sie trotz Beanspruchung doppelt so wasserabweisend und trocknet deutlich effizienter.

Hegemann und sein Team sind nun daran, das Fluor-freie Laborverfahren zu leistungsfähigen und wirtschaftlich tragfähigen industriellen Prozessen zu skalieren. „Die Industrie ist sehr interessiert, nachhaltige Alternativen zu PFAS zu finden“, sagt Hegemann. Die Schweizer Textilunternehmen Lothos KLG, beag Bäumlin & Ernst AG und AG Cilander sind daher bereits mit an Bord, wenn es darum geht, umweltfreundliche Fluor-freie Textilien zu entwickeln. „Eine gelungene Zusammenarbeit, die Materialien, Fasertechnologie und Plasmabeschichtung kombiniert und zu einer innovativen, nachhaltigen und effektiven Lösung führt“, sagt etwa Dominik Pregger von Lothos. Bernd Schäfer, CEO von beag, fügt an: „Die Technologie ist umweltfreundlich und verfügt gleichzeitig über ein interessantes wirtschaftliches Potenzial.“

Weitere Informationen:
Empa PFAS Plasma Fasern
Quelle:

Dr. Andrea Six, EMPA

Federn und Daunen von Wassergeflügel (c) Daunen- und Federnverbände Mainz
05.03.2024

Klebstoffe: Federn statt Erdöl

Klebstoffe beruhen fast immer auf fossilen Rohstoffen wie Erdöl. Fraunhofer-Forschende haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem der biobasierte Rohstoff Keratin erschlossen wird. Die leistungsfähige Protein-Verbindung ist beispielsweise in Hühnerfedern enthalten. Damit kann man nicht nur eine Vielzahl unterschiedlicher Klebstoffe für verschiedene Anwendungsbereiche herstellen. Die Verfahren und Endprodukte sind vielmehr nachhaltig und orientieren sich am Grundprinzip einer bioinspirierten Kreislaufwirtschaft. Das gemeinsame Projekt mit der Henkel AG & Co. KGaA adressiert einen Milliardenmarkt.

Klebstoffe beruhen fast immer auf fossilen Rohstoffen wie Erdöl. Fraunhofer-Forschende haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem der biobasierte Rohstoff Keratin erschlossen wird. Die leistungsfähige Protein-Verbindung ist beispielsweise in Hühnerfedern enthalten. Damit kann man nicht nur eine Vielzahl unterschiedlicher Klebstoffe für verschiedene Anwendungsbereiche herstellen. Die Verfahren und Endprodukte sind vielmehr nachhaltig und orientieren sich am Grundprinzip einer bioinspirierten Kreislaufwirtschaft. Das gemeinsame Projekt mit der Henkel AG & Co. KGaA adressiert einen Milliardenmarkt.

Klebstoffe sind fast überall: in Sportschuhen, im Smartphone, im Bodenbelag, in Möbeln, in Textilien oder in Verpackungen. Sogar die Frontscheiben von Autos werden eingeklebt. Experten kennen mehr als 1000 unterschiedliche Klebstoff-Varianten. Diese verbinden fast alle denkbaren Materialien miteinander. Klebstoffe wiegen nicht viel und sind deshalb für den Leichtbau geeignet. Zudem verziehen sich geklebte Flächen nicht, da der Druck anders als bei Schraubverbindungen gleichmäßig verteilt wird. Klebstoff rostet nicht und dichtet gegen Feuchtigkeit ab. Zudem sind mit Klebstoff verbundene Flächen weniger empfindlich gegen Schwingungen. Und Klebstoffe sind preiswert und relativ einfach zu verarbeiten.

Federn aus der Geflügelfleischproduktion
Bisher werden Klebstoffe fast immer aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl hergestellt. Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB geht nun einen anderen Weg. Die Forscherinnen und Forscher nutzen Federn als Ausgangsmaterial statt Erdöl. Federn fallen bei der Geflügelfleischherstellung als Abfälle an. Sie werden vernichtet oder in Tierfutter gemischt. Doch für Abfall sind die Federn viel zu schade, denn Federn enthalten das Strukturprotein Keratin. Dieses Biopolymer wird von Tieren für Krallen, Klauen, Hufe oder eben Federn gebildet. Seine Faserstruktur verleiht hohe Festigkeit.

Warum Keratin ideal für die Klebstoff-Herstellung ist
Keratin ist ein umweltfreundlicher, weil biologisch abbaubarer Stoff, der darüber hinaus durch seine Struktur jene Eigenschaften besitzt, die ihn für die Herstellung von Klebstoffen besonders geeignet machen. Die Polymer-Struktur, also die besonders langkettigen Moleküle, in Verbindung mit der Eigenschaft, über seine funktionellen Gruppen Vernetzungsreaktionen einzugehen, prädestiniert Keratin für die Herstellung von Klebstoffen aller Art. »Die für Klebstoffe erforderlichen Merkmale sind im Ausgangsmaterial gewissermaßen schon angelegt und müssen nur freigelegt, modifiziert und formuliert werden«, erklärt Projektleiter Dr. Michael Richter.

Plattform-Chemikalie und Spezialklebstoffe
Beim Projekt KERAbond »Spezialchemikalien aus maßgeschneiderten funktionalen Keratin-Proteinen« – Kera steht für Keratin, das englische Wort bond für Kleben – hat das Fraunhofer IGB in den letzten drei Jahren mit der Henkel AG & Co. KGaA zusammengearbeitet. Das Unternehmen ist Weltmarktführer im Klebstoff-Bereich.

Dabei haben die Projektpartner ein neues Verfahren entwickelt und optimiert. Im ersten Schritt werden die vom Schlachtbetrieb angelieferten Federn sterilisiert, gewaschen und mechanisch zerkleinert. Anschließend erfolgt ein enzymatischer Prozess, bei dem die langkettigen Polymere bzw. Protein-Ketten via Hydrolyse in kurzkettige Polymere gespalten werden.

Im Ergebnis soll eine Plattform-Chemikalie entstehen, die als Ausgangsstoff für die Weiterentwicklung speziell formulierter Klebstoffe dienen kann. „Wir nutzen das Verfahren und die Plattform-Chemikalie wie eine Toolbox, mit der wir die gewünschten Merkmale des Endprodukts herstellen“, sagt Richter. Auf diese Weise könnte man Parameter wie Aushärtezeit, Elastizität, Temperaturverhalten oder Festigkeit des gewünschten Spezialklebers festlegen. Daneben lassen sich nicht nur einfach Klebstoffe, sondern auch verwandte Substanzen wie Härter, Beschichtungen oder Grundierungen produzieren.

Im nächsten Schritt peilte das Fraunhofer-Team die Konversion der Federn im Großmaßstab an. Diese Hochskalierung fand am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna statt. Ziel war es zu beweisen, dass die Herstellung der Plattform-Chemikalien auf Keratin-Basis auch im industriellen Maßstab kostengünstig realisierbar ist. Dabei wurden mehrere Kilogramm Hühnerfedern verarbeitet, und das dabei produzierte Material konnte für erste vielversprechende Materialtests am Fraunhofer IGB und bei Henkel eingesetzt werden.

Baustein für eine bioinspirierte Ökonomie
Für die Fraunhofer-Gesellschaft hat diese bioinspirierte Verfahrenstechnik eine besondere Bedeutung. Biotechnologie zählt zu den zentralen Forschungsfeldern der Fraunhofer-Gesellschaft: „Wir lassen uns von Funktionen oder Eigenschaften inspirieren, die in der Natur oder in natürlichen Rohstoffen bereits vorhanden sind. Und wir versuchen, diese Eigenschaften durch innovative Herstellungsprozesse in die Produkte zu übersetzen. So entsteht ein bioinspirierter Kreislauf der wertvollen Rohstoffe,“ so Richter.

Ökonomisch hat das Projekt Gewicht. Nach Angaben von Statista wurden allein in Deutschland im Jahr 2019 rund eine Million Tonnen Klebstoffe produziert. Deren Gesamtwert beträgt etwa 1,87 Milliarden Euro.

Zum neuen Verfahren wurde eine Patentanmeldung eingereicht sowie eine Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Fachjournal publiziert. Zwei Doktoranden, die bei Henkel und Fraunhofer intensiv an dem Projekt forschten, werden ihre Doktorarbeiten voraussichtlich im ersten Quartal 2024 abschließen können. Mit der neuen Technologie auf Keratin-Basis werden sich viele Plattform-Chemikalien nachhaltig und bioinspiriert produzieren lassen.

Das KERAbond-Projekt wurde über drei Jahre von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Gülzow im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft aus dem Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ gefördert und unterstützt (Förderkennzeichen 22014218).

Quelle:

Fraunhofer IBG

Windenergie Foto: Carlos / Saigon - Vietnam, Pixabay
21.02.2024

Composites: Hoffnungsträger Windenergie und Luftfahrt

Composites Germany legt Ergebnisse der 22. Markterhebung vor    

  • Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
  • Zukunftserwartungen hellen sich auf
  • Investitionsklima bleibt verhalten
  • Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
  • Wachstumstreiber mit leichten Verschiebungen
  • Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen

Zum 22. Mal hat Composites Germany aktuelle Kennzahlen zum Markt für faserverstärkte Kunststoffe erhoben. Befragt wurden alle Mitgliedsunternehmen der Trägerverbände von Composites Germany: AVK und Composites United sowie des assoziierten Partners VDMA.

Um die problemlose Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Erhebungen zu gewährleisten, wurden auch in diesem Halbjahr keine grundlegenden Änderungen bei der Befragung durchgeführt. Erhoben wurden erneut überwiegend qualitative Daten in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Marktentwicklung.

Composites Germany legt Ergebnisse der 22. Markterhebung vor    

  • Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
  • Zukunftserwartungen hellen sich auf
  • Investitionsklima bleibt verhalten
  • Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
  • Wachstumstreiber mit leichten Verschiebungen
  • Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen

Zum 22. Mal hat Composites Germany aktuelle Kennzahlen zum Markt für faserverstärkte Kunststoffe erhoben. Befragt wurden alle Mitgliedsunternehmen der Trägerverbände von Composites Germany: AVK und Composites United sowie des assoziierten Partners VDMA.

Um die problemlose Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Erhebungen zu gewährleisten, wurden auch in diesem Halbjahr keine grundlegenden Änderungen bei der Befragung durchgeführt. Erhoben wurden erneut überwiegend qualitative Daten in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Marktentwicklung.

Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
Nachdem bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage in 2021 durchweg positive Tendenzen zu erkennen waren, rutschte diese seit 2022 ab. Auch in der aktuellen Befragung ist weiterhin keine Trendumkehr festzustellen. Die Gründe für die negative Stimmung sind vielfältig und zeigten sich bereits in der letzten Erhebung.     

Derzeit scheint es der Politik nicht zu gelingen, mit entsprechenden Maßnahmen ein für die Industrie positiveres Umfeld zu schaffen. Insgesamt zeigt vor allem Deutschland, aber auch Europa derzeit ein sehr schwieriges Marktumfeld.

Haupttreiber der derzeitigen, schwierigen Situation dürften aber vor allem die nach wie vor hohen Energie- und Rohstoffpreise sein. Hinzu kommen weiterhin Probleme in einzelnen Bereichen der Logistikketten, beispielsweise auf einzelnen Handels-/Containerruten sowie ein zurückhaltendes Konsumklima. Eine Verlangsamung des Welthandels und Unsicherheiten im politischen Bereich befeuern derzeit die negative Stimmung im Markt. Trotz steigender Zulassungszahlen ist auch die Automobilindustrie als wichtigster Anwendungsbereich für Composites noch nicht auf ihr altes Volumen zurückgekehrt. Die Bauindustrie als zweiter zentraler Anwendungsbereich steckt derzeit in einer Krise. Zwar sind die Auftragsbücher noch gut gefüllt, aber Neuaufträge bleiben vielfach aus. Hohe Zinsen und Materialkosten bei hohen Lebenshaltungskosten belasten vor allem den privaten Bau stark, aber auch der öffentliche Bau kann die selbst gesteckten Ziele momentan nicht erreichen. Laut dem ZDB (Zentralverband Deutsches Baugewerbe) bleiben die Prognosen in diesem wichtigen Bereich düster: „Der Rückgang der Baukonjunktur setzt sich weiter fort. Der Umsatz wird in diesem Jahr real um 5,3 % zurückgehen und im kommenden Jahr gehen wir von weiteren minus 3 % aus. Verantwortlich für das Minus bleibt der Wohnungsbau, der in diesem Jahr real um 11 % einbricht und 2024 mit -13 % seinen Sinkflug fortsetzt.“

Nicht nur die Bewertung der generellen Geschäftslage bleibt pessimistisch. Auch die Situation der eigenen Unternehmen wird weiterhin kritisch bewertet. Vor allem für Deutschland zeigt sich ein negatives Bild. Fast 50 % der Befragten bewerten die aktuelle Geschäftslage in Deutschland kritisch. Etwas positiver fällt die Sichtweise auf das weltweite Geschäft und Europa aus. Hier bewerten „nur“ 40 % bzw. 35 % der Befragten die Situation eher negativ.

Zukunftserwartungen hellen sich auf
Trotz der generell eher verhaltenen Bewertung der Geschäftslage scheinen viele der Befragten, zumindest in Europa, von einer Besserung der Stimmung überzeugt zu sein. Befragt nach ihrer Einschätzung zur zukünftigen generellen Geschäftsentwicklung, zeigen sich die Werte für Europa und auch die Welt optimistischer als bei der letzten Befragung. Für Deutschland erwarten die Teilnehmer der Befragung derzeit keine Verbesserung der Situation.

Auch für das eigene Unternehmen zeigen sich die Befragten hinsichtlich ihrer Zukunftserwartungen für Europa und den Weltmarkt optimistischer:
     
Die Teilnehmenden gehen anscheinend von einer moderaten kurz- bis mittelfristigen Erholung der Weltwirtschaft aus. Die Prognosen sind optimistischer als die Bewertung der aktuellen Situation. Auffällig ist, dass die Sichtweise auf die Region Deutschland im Verhältnis zu Europa und der weltweiten Konjunktur kritischer ist. 28 % der Befragten erwarten eine negative Entwicklung der generellen Marktsituation in Deutschland. Nur 13 % erwarten eine Verbesserung der aktuellen Situation. Für Europa und auch die Welt zeigen sich bessere Kennwerte.
          
Investitionsklima bleibt verhalten
Die aktuell eher zurückhaltende Bewertung der wirtschaftlichen Situation wirkt sich auch weiterhin auf das Investitionsklima aus.

Nachdem in der letzten Befragung noch 22% der Teilnehmenden von einem Anstieg bei der Personalkapazität ausgegangen waren (Befragung 1/2023 = 40 %), liegt dieser Wert aktuell nur noch bei 18 %. Demgegenüber stehen 18 %, die sogar von einem Rückgang im Bereich Personal ausgehen.

Auch der Anteil der Befragten, die Maschineninvestitionen planen, ist rückläufig. Waren bei der letzten Befragung noch 56 % von entsprechenden Investitionen ausgegangen, so sinkt dieser Wert nun auf 46 % ab.


Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
Der Composites Markt ist durch eine starke Heterogenität sowohl material- aber auch anwendungsseitig gekennzeichnet. In der Befragung werden die Teilnehmenden gebeten, ihre Einschätzung hinsichtlich der Marktentwicklung unterschiedlicher Kernbereiche zu geben.

Die Erwartungen zeigen sich äußerst verschieden. Die beiden wichtigsten Anwendungsbereiche sind der Mobilitäts- und der Bau-/Infrastruktursektor. Beide befinden sich derzeit in starken Umbrüchen bzw. sind von Rückgängen betroffen, was sich auch in der Befragung deutlich zeigt. Wachstum wird vor allem im Bereich Windenergie und Luftfahrt erwartet.

Wachstumstreiber mit leichten Verschiebungen
Bei den Werkstoffen zeigt sich ein Wechsel hinsichtlich der Einschätzungen der Wachstumstreiber. Wurde von den Befragten in den letzten 9 Erhebungen stets GFK als Material genannt, aus dessen Umfeld die wesentlichen Wachstumsimpulse für den Composites-Bereich zu erwarten sind, so werden die wesentlichen Impulse mittlerweile erneut von CFK oder materialübergreifend vermutet.

Regional kommt es zu einer leichten Verschiebung. Deutschland wird weniger stark als Wachstumstreiber gesehen. Demgegenüber werden Europa (ohne Deutschland) und Asien deutlich mehr genannt.

Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen
Die zahlreichen negativen Einflüsse der letzten Zeit zeigen sich weiterhin auch im Gesamt-Composites-Index. Dieser gibt vor allem bei der Betrachtung der momentanen Geschäftslage weiterhin nach. Demgegenüber steht eine leichte Aufhellung hinsichtlich der Erwartungen an die zukünftige Marktentwicklung, welche jedoch auf niedrigem Niveau bleibt.
 
Die gesamte verarbeitende Composites-Menge in Europa in 2022 war bereits rückläufig, auch für 2023 muss weiterer Rückgang erwartet werden. Dieser dürfte erneut bei etwa 5% liegen. Es bleibt abzuwarten, ob es gelingen wird, der negativen Entwicklung gegenzusteuern. Hier wäre ein zielgerichtetes Eingreifen, auch der politischen Entscheidungsträger, wünschenswert. Dies kann aber ohne die Industrie/Wirtschaft nicht gelingen. Nur gemeinsam wird es möglich sein, den Wirtschafts-/Industriestandort Deutschland zu erhalten und erneut zu stärken. Für Composites als Materialgruppe generell zeigen sich, aufgrund des speziellen Eigenschaftsportfolios, nach wie vor sehr gute Chancen zum Ausbau der Marktposition in neuen, aber auch bestehenden Märkten. Die Abhängigkeit von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen aber bleibt bestehen. Es gilt nun über Innovationen neue Marktfelder zu erschließen, Chancen konsequent zu nutzen und gemeinsam daran zu arbeiten, Composites weiter in bestehenden Märkten zu implementieren. Dies kann gemeinsam oftmals besser gelingen als alleine. Composites Germany bietet mit seinem hervorragenden Netzwerk vielfältige Möglichkeiten.

Die nächste Composites-Markterhebung erscheint im Juli 2024.

Quelle:

Composites Germany

Tragbare Roboter für Parkinson-Kranke Bild: Tom Claes, unsplash
19.02.2024

Tragbare Roboter für Parkinson-Kranke

Freezing, plötzliche Blockaden bei Bewegungsabläufen, ist eines der häufigsten und belastendsten Symptome der Parkinson-Krankheit, einer neurodegenerativen Erkrankung, von der weltweit mehr als 9 Millionen Menschen betroffen sind. Wenn Menschen mit Parkinson „einfrieren“, verlieren sie plötzlich die Fähigkeit, ihre Füße zu bewegen, oft mitten im Schritt, was zu einer Reihe von stakkatoartigen, stotternden Schritten führt, die immer kürzer werden, bis die Person schließlich ganz stehen bleibt. Diese Episoden sind eine der Hauptursachen für Stürze bei Menschen mit Parkinson.

Heutzutage wird Freezing mit einer Reihe von pharmakologischen, chirurgischen oder Verhaltenstherapien behandelt, von denen keine besonders wirksam ist. Was wäre, wenn es einen Weg gäbe, Freezing gänzlich zu verhindern?

Freezing, plötzliche Blockaden bei Bewegungsabläufen, ist eines der häufigsten und belastendsten Symptome der Parkinson-Krankheit, einer neurodegenerativen Erkrankung, von der weltweit mehr als 9 Millionen Menschen betroffen sind. Wenn Menschen mit Parkinson „einfrieren“, verlieren sie plötzlich die Fähigkeit, ihre Füße zu bewegen, oft mitten im Schritt, was zu einer Reihe von stakkatoartigen, stotternden Schritten führt, die immer kürzer werden, bis die Person schließlich ganz stehen bleibt. Diese Episoden sind eine der Hauptursachen für Stürze bei Menschen mit Parkinson.

Heutzutage wird Freezing mit einer Reihe von pharmakologischen, chirurgischen oder Verhaltenstherapien behandelt, von denen keine besonders wirksam ist. Was wäre, wenn es einen Weg gäbe, Freezing gänzlich zu verhindern?

Forscher der Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences (SEAS) und des Boston University Sargent College of Health & Rehabilitation Sciences haben einen weichen, tragbaren Roboter eingesetzt, der einem Parkinson-Patienten hilft, ohne Freezing zu gehen. Das Roboterkleidungsstück, das um Hüfte und Oberschenkel getragen wird, gibt beim Schwingen des Beins einen sanften Druck auf die Hüfte und hilft dem Patienten, einen längeren Schritt zu machen.

Mit dem Hilfsmittel konnte das Freezing der Teilnehmer beim Gehen in geschlossenen Räumen vollständig beseitigt werden, so dass sie schneller und weiter gehen konnten als ohne die Hilfe des Kleidungsstückes.

„Wir stellten fest, dass schon eine geringe mechanische Unterstützung durch unsere weiche Roboterkleidung eine Sofortwirkung hatte und das Gehen der Versuchspersonen unter verschiedenen Bedingungen nachhaltig verbesserte“, so Conor Walsh, Paul A. Maeder Professor für Ingenieur- und angewandte Wissenschaften am SEAS und Mitautor der Studie.

Die Forschung zeigt das Potenzial der Soft-Robotik zur Behandlung dieses frustrierenden und potenziell gefährlichen Symptoms der Parkinson-Erkrankung auf und könnte es Menschen, die mit dieser Krankheit leben, ermöglichen, nicht nur ihre Mobilität, sondern auch ihre Unabhängigkeit wiederzuerlangen.

Seit über einem Jahrzehnt entwickelt das Biodesign Lab von Walsh am SEAS unterstützende und rehabilitative Robotertechnologien zur Verbesserung der Mobilität von Menschen nach einem Schlaganfall, mit ALS oder anderen Krankheiten, die die Mobilität beeinträchtigen. Ein Teil dieser Technologie, insbesondere ein Exosuit für das Gehtraining nach einem Schlaganfall, wurde vom Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering, and Harvard’s Office of Technology Development unterstützt, und das Harvard’s Office of Technology Development  koordinierte eine Lizenzvereinbarung mit ReWalk Robotics zur Vermarktung der Technologie.

Im Jahr 2022 erhielten SEAS und Sargent College einen Zuschuss von der Massachusetts Technology Collaborative, um die Entwicklung und Umsetzung von Robotik und Wearable Technologies der nächsten Generation zu unterstützen. Die Forschung ist im Move Lab angesiedelt, dessen Aufgabe es ist, Fortschritte bei  der Verbesserung der menschlichen Leistungsfähigkeit zu unterstützen, indem es den Raum für die Zusammenarbeit, die Finanzierung, die F&E-Infrastruktur und die Erfahrung bereitstellt, die notwendig sind, um vielversprechende Forschung in ausgereifte Technologien zu verwandeln, die durch die Zusammenarbeit mit Industriepartnern umgesetzt werden können. Diese Forschung ist aus dieser Partnerschaft hervorgegangen.

„Der Einsatz weicher, tragbarer Roboter zur Verhinderung des Freezing beim Gangbild von Parkinson-Patienten erforderte eine Zusammenarbeit zwischen Ingenieuren, Rehabilitationswissenschaftlern, Physiotherapeuten, Biomechanikern und Bekleidungsdesignern", so Walsh, dessen Team eng mit dem von Terry Ellis, Professor und Lehrstuhlinhaber für Physiotherapie sowie Leiter des Zentrums für Neurorehabilitation an der Universität Boston, zusammenarbeitete.

Das Team arbeitete sechs Monate lang mit einem 73-jährigen Mann, der an Parkinson erkrankt war und trotz chirurgischer und medikamentöser Behandlung mehr als zehnmal am Tag unter erheblichem und behinderndem Freezing litt, was immer wieder zu Stürzen führten. Diese Episoden hinderten ihn daran, sich in seiner Nachbarschaft zu bewegen, und zwangen ihn, sich draußen mit einem Elektromobil fortzubewegen.

In früheren Forschungsarbeiten wiesen Walsh und sein Team mithilfe der Human-in-the-Loop-Optimierung nach, dass ein weiches, am Körper zu tragendes Gerät die Hüftbeugung verstärken und den Schwung des Beins nach vorne unterstützen kann, um den Energieverbrauch beim Gehen bei gesunden Menschen effizient zu senken.

In diesem Fall verwendeten die Forscher den gleichen Ansatz, um das Freezing zu bekämpfen. Das tragbare Gerät verwendet kabelgesteuerte Aktoren und Sensoren, die um Taille und Oberschenkel getragen werden. Anhand der von den Sensoren erfassten Bewegungsdaten schätzen Algorithmen die Phase des Gangs und erzeugen im Zusammenspiel mit der Muskelbewegung Unterstützung.

Die Wirkung trat sofort ein. Ohne spezielles Training war der Patient in der Lage, ohne Freezing in geschlossenen Räumen und mit nur gelegentlichen Episoden im Freien zu gehen. Er war ebenfalls in der Lage, ohne Stocken zu gehen und zu sprechen, was ohne das Gerät kaum möglich war.

„Unser Team war sehr gespannt darauf, wie sich die Technologie auf das Gangbild der Teilnehmer auswirkt“, sagt Jinsoo Kim, ehemaliger Doktorand am SEAS und Mitautor der Studie.

Während der Studienbesuche erzählte der Teilnehmer den Forschern: „Der Anzug hilft mir, längere Schritte zu machen, wenn er nicht aktiv ist, merke ich, dass ich meine Füße viel mehr nachziehe. Er hat mir wirklich geholfen, und ich empfinde ihn als einen positiven Schritt nach vorn. Er könnte mich darin unterstützen, länger zu gehen und meine Lebensqualität zu erhalten."

„Unsere Studienteilnehmer, die freiwillig ihre Zeit opfern, sind echte Partner“, so Walsh. „Da die Mobilität schwierig ist, war es für diese Person eine echte Herausforderung, überhaupt ins Labor zu kommen, aber wir haben so sehr von ihrer Perspektive und ihrem Feedback profitiert.“

Das Gerät könnte auch eingesetzt werden, um die Mechanismen des Freezing besser zu verstehen, die nur unzureichend erforscht sind.

„Da wir das Freezing nicht wirklich verstehen, wissen wir nicht, warum dieser Ansatz so gut funktioniert“, so Ellis. Aber diese Arbeit deutet auf die potenziellen Vorteile einer "Bottom-up"-Lösung statt einer "Top-down"-Lösung zur Behandlung von Gangfehlern hin. Wir sehen, dass die Wiederherstellung einer fast normalen Biomechanik die periphere Dynamik des Gangs verändert und die zentrale Verarbeitung der Gangkontrolle beeinflussen kann.“

Das Team arbeitete sechs Monate lang mit einem 73-jährigen Mann, der an Parkinson erkrankt war und trotz chirurgischer und medikamentöser Behandlung mehr als zehnmal am Tag unter erheblichem und behinderndem Freezing litt, was immer wieder zu Stürzen führten. Diese Episoden hinderten ihn daran, sich in seiner Nachbarschaft zu bewegen, und zwangen ihn, sich draußen mit einem Elektromobil fortzubewegen.

In früheren Forschungsarbeiten wiesen Walsh und sein Team mithilfe der Human-in-the-Loop-Optimierung nach, dass ein weiches, am Körper zu tragendes Gerät die Hüftbeugung verstärken und den Schwung des Beins nach vorne unterstützen kann, um den Energieverbrauch beim Gehen bei gesunden Menschen effizient zu senken.

In diesem Fall verwendeten die Forscher den gleichen Ansatz, um das Freezing zu bekämpfen. Das tragbare Gerät verwendet kabelgesteuerte Aktoren und Sensoren, die um Taille und Oberschenkel getragen werden. Anhand der von den Sensoren erfassten Bewegungsdaten schätzen Algorithmen die Phase des Gangs und erzeugen im Zusammenspiel mit der Muskelbewegung Unterstützung.

Die Wirkung trat sofort ein. Ohne spezielles Training war der Patient in der Lage, ohne Freezing in geschlossenen Räumen und mit nur gelegentlichen Episoden im Freien zu gehen. Er war ebenfalls in der Lage, ohne Stocken zu gehen und zu sprechen, was ohne das Gerät kaum möglich war.

„Unser Team war sehr gespannt darauf, wie sich die Technologie auf das Gangbild der Teilnehmer auswirkt“, sagt Jinsoo Kim, ehemaliger Doktorand am SEAS und Mitautor der Studie.

Während der Studienbesuche erzählte der Teilnehmer den Forschern: „Der Anzug hilft mir, längere Schritte zu machen, wenn er nicht aktiv ist, merke ich, dass ich meine Füße viel mehr nachziehe. Er hat mir wirklich geholfen, und ich empfinde ihn als einen positiven Schritt nach vorn. Er könnte mich darin unterstützen, länger zu gehen und meine Lebensqualität zu erhalten."

„Unsere Studienteilnehmer, die freiwillig ihre Zeit opfern, sind echte Partner“, so Walsh. „Da die Mobilität schwierig ist, war es für diese Person eine echte Herausforderung, überhaupt ins Labor zu kommen, aber wir haben so sehr von ihrer Perspektive und ihrem Feedback profitiert.“

Das Gerät könnte auch eingesetzt werden, um die Mechanismen des Freezing besser zu verstehen, die nur unzureichend erforscht sind.

„Da wir das Freezing nicht wirklich verstehen, wissen wir nicht, warum dieser Ansatz so gut funktioniert“, so Ellis. Aber diese Arbeit deutet auf die potenziellen Vorteile einer "Bottom-up"-Lösung statt einer "Top-down"-Lösung zur Behandlung von Gangfehlern hin. Wir sehen, dass die Wiederherstellung einer fast normalen Biomechanik die periphere Dynamik des Gangs verändert und die zentrale Verarbeitung der Gangkontrolle beeinflussen kann.“

Die Studie wurde von Jinsoo Kim, Franchino Porciuncula, Hee Doo Yang, Nicholas Wendel, Teresa Baker und Andrew Chin mitverfasst. Asa Eckert-Erdheim und Dorothy Orzel trugen ebenfalls zur Entwicklung der Technologie bei, ebenso wie Ada Huang, Sarah Sullivan leitete die klinische Forschung. Das Projekt wurde von der National Science Foundation unter dem Zuschuss CMMI-1925085, von den National Institutes of Health unter dem Zuschuss NIH U01 TR002775 und von der Massachusetts Technology Collaborative, Collaborative Research and Development Matching Grant unterstützt.

Quelle:

Die Forschungsergebnisse erschienen in Nature Medicine.
Quelle: Leah Burrows
Harvard John A. Paulson. School of Engineering and Applied Sciences

  Forschende um Bernd Nowack haben die Freisetzung von Nanopartikeln beim Waschen von Polyestertextilien untersucht. Bild: Empa
14.02.2024

Freisetzung von Oligomeren aus Polyester-Textilien

Wenn Nanoplastik keiner ist ... Textilien aus synthetischen Fasern geben beim Waschen Mikro- und Nanoplastik ab. Empa-Forschende konnten nun zeigen, dass ein Teil des vermeintlichen Nanoplastiks gar nicht aus Plastikpartikeln besteht, sondern aus wasserunlöslichen Oligomeren. Welche Auswirkungen sie auf Mensch und Umwelt haben, ist noch kaum erforscht.

Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff und Kleider aus Kunstfasern setzen Mikroplastik frei: Partikel unter fünf Millimeter Größe, die unbemerkt in die Umwelt gelangen können. Ein kleiner Teil dieser Partikel befindet sich sogar im Nanometerbereich. Solcher Nanoplastik ist Gegenstand intensiver Forschung, denn aufgrund ihrer geringen Größe können Nanoplastik-Teilchen in den menschlichen Körper aufgenommen werden – über ihre potenzielle Toxizität ist jedoch noch wenig bekannt.

Wenn Nanoplastik keiner ist ... Textilien aus synthetischen Fasern geben beim Waschen Mikro- und Nanoplastik ab. Empa-Forschende konnten nun zeigen, dass ein Teil des vermeintlichen Nanoplastiks gar nicht aus Plastikpartikeln besteht, sondern aus wasserunlöslichen Oligomeren. Welche Auswirkungen sie auf Mensch und Umwelt haben, ist noch kaum erforscht.

Gebrauchsgegenstände aus Kunststoff und Kleider aus Kunstfasern setzen Mikroplastik frei: Partikel unter fünf Millimeter Größe, die unbemerkt in die Umwelt gelangen können. Ein kleiner Teil dieser Partikel befindet sich sogar im Nanometerbereich. Solcher Nanoplastik ist Gegenstand intensiver Forschung, denn aufgrund ihrer geringen Größe können Nanoplastik-Teilchen in den menschlichen Körper aufgenommen werden – über ihre potenzielle Toxizität ist jedoch noch wenig bekannt.

Empa-Forschende aus der Gruppe von Bernd Nowack aus dem Labor „Technologie und Gesellschaft" haben nun gemeinsam mit Kollegen aus China Nanopartikel aus Textilien unter die Lupe genommen. Tong Yang, Erstautor der Studie, hat die Untersuchungen während seines Doktorats an der Empa durchgeführt. Bereits in früheren Studien konnten die Empa-Forscher zeigen, dass beim Waschen von Polyester Mikro- und Nanoplastik freigesetzt wird. Eine genaue Untersuchung der freigesetzten Nanopartikel hat nun ergeben, dass nicht alles, was auf den ersten Blich nach Nanoplastik aussieht, auch tatsächlich Nanoplastik ist.

Zu einem beträchtlichen Teil handelte es sich tatsächlich nicht um Nanoplastik, sondern um Klumpen von sogenannten Oligomeren, also kleinen bis mittelgroßen Moleküle, die eine Zwischenstufe zwischen den langen verketteten Polymeren und ihren Einzelbausteinen, den Monomeren, darstellen. Diese Moleküle sind noch kleiner als Nanoplastik-Partikel. Auch über ihre Toxizität ist kaum etwas bekannt. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden in der Zeitschrift „Nature Water“.

Für die Studie haben die Forschenden zwölf unterschiedliche Polyesterstoffe untersucht, darunter etwa Mikrofaser, Satin und Jersey. Die Stoffproben wurden bis zu vier Mal gewaschen und die dabei freigesetzten Nanopartikel analysiert und charakterisiert. Keine einfache Aufgabe, sagt Bernd Nowack. „Plastik, vor allem Nanoplastik, ist überall, auch an unseren Geräten und Utensilien“, so der Wissenschaftler. „Bei Nanoplastik-Messungen müssen wir dieses 'Hintergrundrauschen' berücksichtigen.“

Großer Anteil löslicher Partikel
Um Nanoplastik von Oligomerklumpen zu unterscheiden, nutzten die Forschenden ein Ethanolbad. Plastikstückchen, egal wie klein, lösen sich darin nicht auf, Ansammlungen von Oligomeren dagegen schon. Der Befund: Rund ein Drittel bis knapp 90 Prozent der beim Waschen freigesetzten Nanopartikel ließen sich in Ethanol auflösen. „Dadurch konnten wir zeigen, dass nicht alles, was im ersten Moment nach Nanoplastik aussieht, auch Nanoplastik ist“, sagt Nowack.

Ob die Freisetzung von „nanopartikulären“ Oligomeren beim Waschen von Textilien negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat, ist noch nicht klar. „Bei anderen Kunststoffen haben Studien bereits gezeigt, dass nanopartikuläre Oligomere toxischer sind als Nanoplastik“, sagt Nowack. „Das ist ein Hinweis, dass man das genauer untersuchen sollte.“ Die Forschenden konnten jedoch feststellen, dass die Beschaffenheit des Textils sowie die Schnittmethode – Schere oder Laser – keinen großen Einfluss auf die Menge der freigesetzten Partikel haben.

Auch der Mechanismus der Freisetzung ist noch nicht geklärt – weder für Nanoplastik noch für die Oligomerpartikel. Die erfreuliche Nachricht ist, dass die Menge der freigesetzten Partikel mit wiederholten Waschgängen stark abnimmt. Denkbar wäre, dass die Oligomerpartikel bei der Herstellung des Textils entstehen oder sich durch chemische Prozesse bei der Lagerung von den Fasern abspalten. Auch hierzu sind weitere Studien notwendig.

Nowack und sein Team widmen sich jedoch vorerst wieder größeren Partikeln: In einem nächsten Projekt wollen sie untersuchen, welche Fasern beim Waschen von Textilien aus nachwachsenden Rohstoffen freigesetzt werden und ob diese die Umwelt und die Gesundheit belasten könnten. „Halbsynthetische Textilien wie Viskose oder Lyocell werden als Ersatz für Polyester angepriesen“, sagt Nowack. „Aber wir wissen noch gar nicht, ob sie wirklich besser sind, wenn es um die Freisetzung von Fasern geht.“

 

Quelle:

Empa

Bakterien, die Kunststoff essen und vielseitige Spinnenseide produzieren Foto: Kareni, Pixabay
05.02.2024

Plastikfressende Bakterien, die Spinnenseide produzieren

Wissenschaftler haben zum ersten Mal Bakterien eingesetzt, um Polyethylenabfälle „upzucyceln“: Mach Platz Spider-Man: Wissenschaftler des Rensselaer Polytechnic Institute haben einen Bakterienstamm entwickelt, der Plastikabfälle in biologisch abbaubare Spinnenseide mit vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten verwandeln kann.

In ihrer neuen Studie haben Wissenschaftler zum ersten Mal Bakterien eingesetzt, um Polyethylen-Kunststoff - wie er in vielen Einwegartikeln verwendet wird - in ein hochwertiges Proteinprodukt umzuwandeln.

Dieses Produkt, das die Wissenschaftler aufgrund seiner Ähnlichkeit mit der Seide, mit der Spinnen ihre Netze spinnen, als "bio-inspirierte Spinnenseide" bezeichnen, kann in Textilien, Kosmetika und sogar in der Medizin eingesetzt werden.

Wissenschaftler haben zum ersten Mal Bakterien eingesetzt, um Polyethylenabfälle „upzucyceln“: Mach Platz Spider-Man: Wissenschaftler des Rensselaer Polytechnic Institute haben einen Bakterienstamm entwickelt, der Plastikabfälle in biologisch abbaubare Spinnenseide mit vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten verwandeln kann.

In ihrer neuen Studie haben Wissenschaftler zum ersten Mal Bakterien eingesetzt, um Polyethylen-Kunststoff - wie er in vielen Einwegartikeln verwendet wird - in ein hochwertiges Proteinprodukt umzuwandeln.

Dieses Produkt, das die Wissenschaftler aufgrund seiner Ähnlichkeit mit der Seide, mit der Spinnen ihre Netze spinnen, als "bio-inspirierte Spinnenseide" bezeichnen, kann in Textilien, Kosmetika und sogar in der Medizin eingesetzt werden.

„Spinnenseide ist das Kevlar der Natur", sagte Helen Zha, Ph.D., Assistenzprofessorin für Chemie- und Bioingenieurwesen und eine der RPI-Forschenden, die das Projekt leiteten. „Sie kann unter Spannung fast so stark sein wie Stahl. Es hat jedoch eine sechsmal geringere Dichte als Stahl und ist daher sehr leicht. Als Biokunststoff ist es dehnbar, zäh, ungiftig und biologisch abbaubar.“

All diese Eigenschaften machen es zu einem großartigen Material für eine Zukunft, in der erneuerbare Ressourcen und die Vermeidung von anhaltender Plastikverschmutzung die Norm sind, so Zha.

Polyethylen-Kunststoffe, die in Produkten wie Plastiktüten, Wasserflaschen und Lebensmittelverpackungen enthalten sind, tragen weltweit am stärksten zur Plastikverschmutzung bei und brauchen bis zu 1.000 Jahre, um sich natürlich abzubauen. Nur ein kleiner Teil des Polyethylen-Kunststoffs wird recycelt, so dass die in der Studie verwendeten Bakterien dazu beitragen könnten, einen Teil des verbleibenden Abfalls „upzucyceln“.

Pseudomonas aeruginosa, das in der Studie verwendete Bakterium, kann auf natürliche Weise Polyethylen als Nahrungsquelle aufnehmen. Das RPI-Team stellte sich der Herausforderung, dieses Bakterium so zu steuern, dass es die Kohlenstoffatome des Polyethylens in ein genetisch kodiertes Seidenprotein umwandelt. Überraschenderweise stellten sie fest, dass ihre neu entwickelten Bakterien das Seidenprotein mit einer Effizienz herstellen konnten, die mit der einiger, üblicherweise in der Bioproduktion verwendeten Bakterienstämmen vergleichbar ist. Der biologische Prozess, der dieser Innovation zugrunde liegt, ist etwas, das die Menschen seit Jahrtausenden nutzen.

„Im Grunde genommen fermentieren die Bakterien den Kunststoff. Die Fermentierung wird zur Herstellung und Konservierung aller Arten von Lebensmitteln wie Käse, Brot und Wein verwendet, und in der biochemischen Industrie wird sie zur Herstellung von Antibiotika, Aminosäuren und organischen Säuren genutzt“, sagte Mattheos Koffas, Ph.D., Dorothy and Fred Chau ʼ71 Career Development Constellation Professor in Biocatalysis and Metabolic Engineering und der andere Wissenschaftler, der das Projekt leitet und zusammen mit Zha Mitglied des Center for Biotechnology and Interdisciplinary Studies in Rensselaer ist.

Damit die Bakterien Polyethylen fermentieren können, muss der Kunststoff zunächst „vorverdaut“ werden, so Zha. Genau wie wir Menschen unsere Nahrung in kleinere Stücke schneiden und kauen müssen, bevor unser Körper sie verwerten kann, haben die Bakterien Schwierigkeiten, die langen Molekülketten oder Polymere zu essen, aus denen Polyethylen besteht.

In der Studie arbeiteten Zha und Koffas mit Wissenschaftlern des Argonne National Laboratory zusammen, die den Kunststoff durch Erhitzen unter Druck depolymerisierten, wodurch eine weiche, wachsartige Substanz entstand. Anschließend trug das Team eine Schicht des aus dem Kunststoff gewonnenen Wachses auf die Böden der Kolben auf, die als Nährstoffquelle für die Bakterienkultur dienten. Dies unterscheidet sich von der üblichen Fermentation, bei der Zucker als Nährstoffquelle dient.

„Es ist, als würden wir die Bakterien nicht mit Kuchen füttern, sondern mit den Kerzen auf dem Kuchen“, so Zha.

Als dann der Inhalt der Kolben auf einer Wärmeplatte sanft umgewälzt wurde, gingen die Bakterien an die Arbeit. Nach 72 Stunden ließen die Wissenschaftler die Bakterien aus der flüssigen Kultur abtropfen, reinigten das Seidenprotein und gefriergetrockneten es. In diesem Stadium könnte das Protein, das zerrissenen Wattebällchen ähnelte, potenziell zu Garn gesponnen oder in andere nützliche Formen weiterverarbeitet werden.

„Das wirklich Spannende an diesem Prozess ist, dass er im Gegensatz zur heutigen Kunststoffproduktion wenig Energie verbraucht und keine giftigen Chemikalien benötigt“, so Zha. „Die besten Chemiker der Welt könnten Polyethylen nicht in Spinnenseide umwandeln, aber diese Bakterien können es. Wir machen uns wirklich zunutze, was die Natur entwickelt hat, um die Herstellung für uns zu übernehmen.“

Bevor jedoch Produkte aus recycelter Spinnenseide zur Realität werden, müssen die Wissenschaftler zunächst Wege finden, um das Seidenprotein effizienter herzustellen.
 
„Diese Studie zeigt, dass wir diese Bakterien verwenden können, um Plastik in Spinnenseide umzuwandeln. In unserer künftigen Arbeit werden wir untersuchen, ob wir die Bakterien oder andere Aspekte des Prozesses optimieren können, um die Produktion zu steigern“, sagte Koffas.

„Die Professoren Zha und Koffas repräsentieren die neue Generation von Chemie- und Bioingenieuren, die biologisches Engineering mit Materialwissenschaften zur Herstellung umweltfreundlicher Produkte verbinden. Ihre Arbeit ist ein neuartiger Ansatz zum Schutz der Umwelt und zur Verringerung unserer Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Ressourcen“, sagte Shekhar Garde, Ph.D., Dekan der RPI School of Engineering.

Die Studie, die vom Erstautor Alexander Connor, der 2023 am RPI promoviert, und den Co-Autoren Jessica Lamb und Massimiliano Delferro vom Argonne National Laboratory durchgeführt wurde, wurde in der Zeitschrift „Microbial Cell Factories“ veröffentlicht.

Quelle:

Samantha Murray, Rensselaer

Foto: TheDigitalArtist, Pixabay
31.01.2024

Vliesstoff-Nanokomposit-Folien für tragbare Elektronik, Fahrzeuge und Gebäude

  • Kleine, leichte, dehnbare und kosteneffiziente thermoelektrische Komponenten bedeuten einen Durchbruch in der nachhaltigen Energieentwicklung und Abwärme-Rückgewinnung.
  • Flexible Energiegewinnungssysteme der nächsten Generation werden ihre Effizienz der Integration von Graphen-Nanoröhren verdanken. Sie bieten einfache Verarbeitbarkeit, stabile thermoelektrische Leistung, Flexibilität und robuste mechanische Eigenschaften.
  • Nanokomposite haben ein hohes Marktpotenzial bei der Herstellung von Generatoren für medizinische und intelligente Wearables, Fahrzeugsensoren und effizientes Gebäudemanagement.

Etwa die Hälfte der weltweit nutzbaren Energie wird aufgrund der begrenzten Effizienz von Energieumwandlungsgeräten als Wärme verschwendet. So geht zum Beispiel ein Drittel der Energie eines Fahrzeugs als Abwärme in den Abgasen verloren. Gleichzeitig enthalten die Fahrzeuge immer mehr elektronische Geräte, die elektrische Energie benötigen.

  • Kleine, leichte, dehnbare und kosteneffiziente thermoelektrische Komponenten bedeuten einen Durchbruch in der nachhaltigen Energieentwicklung und Abwärme-Rückgewinnung.
  • Flexible Energiegewinnungssysteme der nächsten Generation werden ihre Effizienz der Integration von Graphen-Nanoröhren verdanken. Sie bieten einfache Verarbeitbarkeit, stabile thermoelektrische Leistung, Flexibilität und robuste mechanische Eigenschaften.
  • Nanokomposite haben ein hohes Marktpotenzial bei der Herstellung von Generatoren für medizinische und intelligente Wearables, Fahrzeugsensoren und effizientes Gebäudemanagement.

Etwa die Hälfte der weltweit nutzbaren Energie wird aufgrund der begrenzten Effizienz von Energieumwandlungsgeräten als Wärme verschwendet. So geht zum Beispiel ein Drittel der Energie eines Fahrzeugs als Abwärme in den Abgasen verloren. Gleichzeitig enthalten die Fahrzeuge immer mehr elektronische Geräte, die elektrische Energie benötigen. Ein weiteres Beispiel sind leichte, am Körper zu tragende Sensoren für die Gesundheits- und Umweltüberwachung, die ebenfalls zunehmend gefragt sind. Die Möglichkeit, Abwärme oder Sonnenenergie in nutzbare elektrische Energie umzuwandeln, hat sich als Chance für ein nachhaltigeres Energiemanagement erwiesen. Praktische thermoelektrische Generatoren (TEGs) haben derzeit nur einen geringen Wirkungsgrad und sind relativ groß und schwer. Sie bestehen aus teuren oder korrosionsanfälligen Materialien, sind starr und enthalten oft giftige Elemente.
 
Kürzlich entwickelte, leicht zu verarbeitende, selbsttragende und flexible Vliesstoff-Nanokomposit-Folien zeigen hervorragende thermoelektrische Eigenschaften in Kombination mit guter mechanischer Robustheit. In einem aktuellen Artikel in ACS Applied Nano Materials wird erläutert, wie die Forscher ein thermoplastisches Polyurethan (TPU) mit TUBALLTM Graphen-Nanoröhrchen kombinieren, um ein Nanokompositmaterial herzustellen, das elektrische Energie aus Abwärmequellen gewinnen kann.
 
Dank ihres hohen Aspektverhältnisses und ihrer spezifischen Oberfläche verleihen Graphen-Nanoröhrchen dem TPU elektrische Leitfähigkeit, wodurch eine hohe thermoelektrische Leistung bei gleichbleibenden oder verbesserten mechanischen Eigenschaften erreicht werden kann. "Steifigkeit, Festigkeit und Zugzähigkeit wurden im Vergleich zu Bucky Papers um das 7-, 25- bzw. 250-fache verbessert. Die Nanokompositfolie zeigt einen niedrigen elektrischen Widerstand von 7,5*10-3 Ohm×cm, einen hohen E-Modul von 1,8 GPa, eine Bruchfestigkeit von 80 MPa und eine Bruchdehnung von 41%", sagt Dr. Beate Krause, Gruppenleiterin am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V.

Da es sich bei Graphen-Nanoröhren um ein grundlegend neues Material handelt, bietet sich die Möglichkeit, die derzeitigen TEG-Materialien durch umweltfreundlichere zu ersetzen. Die von solch thermoelektrischen Generatoren betriebenen Sensoren könnten als "intelligente Haut" für Fahrzeuge und Gebäude fungieren, indem sie Sensorfunktionen zur Leistungsüberwachung und Vermeidung potenzieller Probleme bereitstellen, bevor diese zu Ausfällen führen, und so eine optimale Betriebseffizienz gewährleisten. In Flugzeugen könnten drahtlose Nanokomposite als eigenständige Sensoren zur Überwachung von Enteisungssystemen dienen, wodurch ein umfangreiches Netz von elektrischen Kabeln überflüssig würde. Die hohe Flexibilität, Festigkeit und Zuverlässigkeit der mit Graphen-Nanoröhrchen ausgestatteten thermoelektrischen Materialien ermöglichen auch Anwendungen im Bereich der intelligenten tragbaren und medizinischen Geräte.

Quelle:

Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. / OCSiAl

Foto: rottonara, Pixabay
29.01.2024

Naturalistische Seide aus künstlicher Spinndrüse gesponnen

Unter der Leitung von Keiji Numata ist es Wissenschaftlern des RIKEN Center for Sustainable Resource Science in Japan zusammen mit Kollegen des RIKEN Pioneering Research Cluster gelungen, ein Gerät zu entwickeln, das künstliche Spinnenseide spinnt, die der natürlichen Spinnenseide sehr ähnlich ist. Die künstliche Seidendrüse war in der Lage, die komplexe molekulare Struktur der Seide nachzubilden, indem sie die verschiedenen chemischen und physikalischen Veränderungen nachahmte, die in der Seidendrüse einer Spinne natürlich auftreten. Diese umweltfreundliche Innovation ist ein großer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und könnte für verschiedene Branchen relevant sein. Diese Studie wurde am 15. Januar in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Unter der Leitung von Keiji Numata ist es Wissenschaftlern des RIKEN Center for Sustainable Resource Science in Japan zusammen mit Kollegen des RIKEN Pioneering Research Cluster gelungen, ein Gerät zu entwickeln, das künstliche Spinnenseide spinnt, die der natürlichen Spinnenseide sehr ähnlich ist. Die künstliche Seidendrüse war in der Lage, die komplexe molekulare Struktur der Seide nachzubilden, indem sie die verschiedenen chemischen und physikalischen Veränderungen nachahmte, die in der Seidendrüse einer Spinne natürlich auftreten. Diese umweltfreundliche Innovation ist ein großer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und könnte für verschiedene Branchen relevant sein. Diese Studie wurde am 15. Januar in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Spinnenseide ist bekannt für ihre außergewöhnliche Stärke, Flexibilität und Leichtigkeit, vergleichbar mit Stahl desselben Durchmessers, aber mit einem unvergleichlichen Verhältnis von Stärke zu Gewicht. Darüber hinaus ist sie biokompatibel, d. h. sie kann in der Medizin eingesetzt werden, und biologisch abbaubar. Warum wird dann nicht alles aus Spinnenseide hergestellt? Die Gewinnung von Spinnenseide in großem Maßstab hat sich aus verschiedenen Gründen als unpraktisch erwiesen, so dass Wissenschaftler ein Verfahren entwickeln mussten, um sie im Labor herzustellen.

Spinnenseide ist eine Biopolymerfaser, die aus großen Proteinen mit sich stark wiederholenden Sequenzen, den sogenannten Spidroinen, besteht. In den Seidenfasern befinden sich molekulare Unterstrukturen, die so genannten β-Faltblätter, die richtig ausgerichtet sein müssen, damit die Seidenfasern ihre einzigartigen mechanischen Eigenschaften erhalten. Die Wiederherstellung dieser komplexen molekularen Struktur hat die Wissenschaftler jahrelang vor ein Rätsel gestellt. Anstatt zu versuchen, den Prozess von Grund auf neu zu entwickeln, wählten die RIKEN-Wissenschaftler den Ansatz der Biomimikry. Numata erklärt: „In dieser Studie haben wir versucht, die natürliche Spinnenseidenproduktion mit Hilfe der Mikrofluidik zu imitieren, bei der kleine Mengen von Flüssigkeiten durch enge Kanäle fließen und manipuliert werden. Man könnte sogar sagen, dass die Seidendrüse der Spinne als eine Art natürliches mikrofluidisches Gerät funktioniert.“

Das von den Wissenschaftlern entwickelte Gerät sieht aus wie ein kleiner rechteckiger Kasten, in den winzige Kanäle eingearbeitet sind. Die Spidroin-Vorläuferlösung wird an einem Ende platziert und dann mit Hilfe von Unterdruck zum anderen Ende gezogen. Während die Spidroine durch die mikrofluidischen Kanäle fließen, sind sie präzisen Veränderungen der chemischen und physikalischen Umgebung ausgesetzt, die durch das Design des mikrofluidischen Systems ermöglicht werden. Unter den richtigen Bedingungen bauten sich die Proteine selbst zu Seidenfasern mit ihrer charakteristischen komplexen Struktur auf.

Um die richtigen Bedingungen zu finden, experimentierten die Wissenschaftler und konnten schließlich die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Bereichen des mikrofluidischen Systems optimieren. Unter anderem entdeckten sie, dass es nicht funktionierte, die Proteine mit Kraft durchzudrücken. Nur wenn sie Unterdruck einsetzten, um das Spidroin so zu ziehen, dass es sich auflöst, konnten kontinuierliche Seidenfasern mit der korrekten Ausrichtung der β-Faltblätter entstehen.

„Es war überraschend, wie robust das mikrofluidische System war, sobald die verschiedenen Bedingungen festgelegt und optimiert waren“, sagt der leitende Wissenschaftler Ali Malay, einer der Koautoren der Studie. „Der Aufbau der Fasern erfolgte spontan, extrem schnell und in hohem Maße reproduzierbar. Wichtig ist, dass die Fasern die ausgeprägte hierarchische Struktur aufwiesen, die in natürlichen Seidenfasern zu finden ist.“

Die künstliche Herstellung von Seidenfasern mit dieser Methode könnte zahlreiche Vorteile mit sich bringen. Sie könnte nicht nur dazu beitragen, die negativen Auswirkungen der derzeitigen Textilherstellung auf die Umwelt zu verringern, sondern die biologisch abbaubare und biokompatible Beschaffenheit der Spinnenseide macht sie ideal für biomedizinische Anwendungen wie Nahtmaterial und künstliche Bänder.

„Im Idealfall wollen wir eine Wirkung in der realen Welt erzielen“, sagt Numata. „Um dies zu erreichen, müssen wir unsere Faserproduktionsmethode skalieren und zu einem kontinuierlichen Prozess machen. Außerdem werden wir die Qualität unserer künstlichen Spinnenseide anhand verschiedener Metriken bewerten und auf dieser Grundlage weitere Verbesserungen vornehmen.“

Quelle:

RIKEN Center for Sustainable Resource Science, Japan

Foto: Walmart Inc.
15.01.2024

Was ist eine virtuelle Umkleide? Vorzüge und Pioniere

Eines der Hauptprobleme beim Online-Shopping ist, dass Verbraucher Produkte nicht anfassen, fühlen und erleben kann. Dieses Problem ist bei Modeprodukten noch schwieriger, da die richtige Passform für die Kaufentscheidung auschlaggebend ist. Die virtuelle Umkleide (Virtual Fitting Room, VFR), eine Technologie, die es den Verbrauchern ermöglicht, Größe und Passform zu testen, ohne die Kleidung anprobieren zu müssen, räumt mit dieser Sorge auf.

Was ist eine virtuelle Umkleide (VFR)?
Eine virtuelle Umkleide (VFR) ist eine Funktion, die das Outfit eines Kunden anzeigt und visualisiert, ohne dass er die Artikel physisch anprobieren und anfassen muss. VFR nutzt erweiterte Realität (Augmented Reality, AR) und künstliche Intelligenz (KI). Bei der Verwendung von AR für virtuelle Umkleiden scannt eine Webcam die Körperform der Kunden und erstellt ein 360-Grad-3D-Modell auf der Grundlage ihrer Körperform.

Eines der Hauptprobleme beim Online-Shopping ist, dass Verbraucher Produkte nicht anfassen, fühlen und erleben kann. Dieses Problem ist bei Modeprodukten noch schwieriger, da die richtige Passform für die Kaufentscheidung auschlaggebend ist. Die virtuelle Umkleide (Virtual Fitting Room, VFR), eine Technologie, die es den Verbrauchern ermöglicht, Größe und Passform zu testen, ohne die Kleidung anprobieren zu müssen, räumt mit dieser Sorge auf.

Was ist eine virtuelle Umkleide (VFR)?
Eine virtuelle Umkleide (VFR) ist eine Funktion, die das Outfit eines Kunden anzeigt und visualisiert, ohne dass er die Artikel physisch anprobieren und anfassen muss. VFR nutzt erweiterte Realität (Augmented Reality, AR) und künstliche Intelligenz (KI). Bei der Verwendung von AR für virtuelle Umkleiden scannt eine Webcam die Körperform der Kunden und erstellt ein 360-Grad-3D-Modell auf der Grundlage ihrer Körperform.

KI unterstützt VFR außerdem durch die Verwendung von Algorithmen und maschinellem Lernen, um ein 3D-Ganzkörpermodell eines vor der Kamera stehenden Käufers zu erstellen. Eine Kombination aus AR- und KI-Technologie ermöglicht es, Artikel auf Echtzeitbildern als Live-Video zu platzieren, sodass Kunden die Größe, den Stil und die Passform der Produkte, die sie kaufen möchten, überprüfen können.

Die Kunden können Kleidung und Schuhe zu Hause anprobieren, ohne ein Geschäft zu besuchen. Dazu müssen sie zunächst sicherstellen, dass sich die richtigen Einstellungen auf ihrem Telefon finden. Dann laden sie die mobilen Anwendungen einer Marke mit der Funktion VFR herunter oder besuchen die Websites von Bekleidungsmarken, die diese Funktion unterstützen, und laden dann ein Foto ihrer Körperform hoch. Bei einigen Marken können die Kunden einen Avatar mit ihrer Körperform erstellen, um die Modeartikel virtuell zu testen, anstatt ein Foto von sich selbst hochzuladen.

Welchen Nutzen hat der Einsatz einer virtuellen Umkleide für Modehändler?

  • Bietet ein bequemes Einkaufserlebnis
    Eine Studie der National Retail Federation aus dem Jahr 2020 hat ergeben, dass 97 % der Verbraucher einen Einkauf abgebrochen oder die Suche nach dem gewünschten Artikel unterbrochen haben, weil der Vorgang zu umständlich war.
    Die befragten Käufer gaben nicht nur an, dass das persönliche Einkaufen unbequem ist, sondern dass sie das Online-Shopping als noch unbequemer empfinden.
    Mit der VFR entfallen all diese Vorgänge. Die Kunden können in eine virtuelle Umkleide gehen und schnell sehen, wie die Kleidung aussieht, ohne sich umziehen zu müssen.
     
  • Überwindet die Grenzen des Online-Shoppings
    Im Jahr 2017 bevorzugten 62 % der Kunden den Einkauf in physischen Bekleidungsgeschäften, weil sie dort die Produkte sehen, anfassen, fühlen und erleben konnten. Dies war ein großes Problem, das das Online-Shopping nicht lösen konnte.
    VFR löst dieses Problem effektiv. Laut einem Retail Perceptions Report gaben etwa 40 % der Käufer an, dass sie bereit wären, mehr zu bezahlen, wenn sie das Produkt durch AR-Technologie erleben könnten. Durch die Integration neuer Technologien macht VFR das Einkaufen zum Vergnügen und bietet den Kunden ein personalisiertes Einkaufserlebnis, das mehr Menschen in die Online-Kanäle locken kann.
     
  • Reduziert die Rücksendequote
    Hohe Rücksendequoten bereiten den Modemarken große administrative Probleme. Außerdem drohen sie die Gewinne der Modemarken zu schmälern, wenn sie kostenlose Rücksendungen anbieten. 30 % der Rücksendungen beim Einkauf von Mode im elektronischen Handel sind auf den Kauf von Produkten in zu kleinen Größen zurückzuführen, weitere 22 % auf den Kauf von Produkten in zu großen Größen.
    Mit der VFR wird dieses Problem jedoch verringert. Ob im Geschäft oder online, Menschen können Passform und Größe von Artikeln überprüfen, ohne sie selbst tragen zu müssen.

Welche Marken nutzen bereits die VFR-Technologie?
Gucci

Gucci ist die erste Luxusmarke, die VFR einsetzt. Sie hat sich mit Snapchat zusammengetan, um eine AR-Kampagne zur Schuhanprobe zu starten. Dabei wurde eine virtuelle Linse erstellt, die eine digitale Version des Schuhs auf dem Fuß des Käufers überlagert, wenn dieser mit einer Handykamera fotografiert wird.

Zusammen mit dem "Shop Now"-Button, der die Kunden zum Online-Shop führt, erreichte Gucci 18,9 Millionen Snapchat-Nutzer und meldete einen positiven Return on Ad Spend (ROAS), eine Marketing-Kennzahl, die den Umsatz aller für die Kampagne ausgegebenen Werbegelder misst.

Otero Menswear
Otero Menswear ist eine Marke, die sich auf Bekleidung für Männer unter 1,78 m (5'10") konzentriert. Otero hat seinen Online-Shop um die VFR-Software erweitert, um seinen Kunden perfekt passende Größen anbieten zu können. Zunächst werden den Kunden vier kurze Fragen zu ihrer Größe, Beinlänge, Taillenumfang und ihrem Körpertyp gestellt. Dann wird ein virtueller Avatar angeboten, der den Antworten entspricht. Anhand dieses Avatars können die Kunden dann sehen, wie die Otero-Kleidung in verschiedenen Größen an ihnen aussehen würde.

Walmart
Im Mai 2021 kündigte Walmart die Übernahme von Zeekit, einer Plattform für virtuelle Umkleiden, an, um den Kunden während der Pandemie ein verbessertes und soziales Einkaufserlebnis bieten zu können.

Wenn Kunden Bilder von sich selbst hochladen und ihre Körpermaße eingeben, erstellt Zeekit einen virtuellen Körper, den die Kunden dann entsprechend anziehen können. Kunden stellen einfach ihre Fotos ein oder wählen virtuelle Modelle auf der Plattform aus, die am besten zu ihrer Größe, ihrem Körper und ihrem Hautton passen. Sie können ihre virtuelle Kleidung sogar mit anderen teilen, um verschiedene Meinungen einzuholen. Durch die Übernahme von VFR bietet Walmart seinen Kunden ein umfassendes und soziales Erlebnis beim digitalen Einkaufen.

Laut einer Studie von Valuates Reports wird erwartet, dass der Umsatz des globalen Marktes für virtuelle Umkleiden bis 2025 auf 6,5 Millionen Dollar ansteigen wird. Durch die Einführung der VFR werden die Verbraucher in der Lage sein, die Bequemlichkeit einer modernen Einkaufsumgebung zu erleben. Gleichzeitig können Modehändler ihren Online-Umsatz steigern und die Rücksendequote senken, indem sie ihren Kunden mithilfe der VFR-Technologie ein personalisiertes Online-Einkaufserlebnis bieten.

Quelle:

Heekyeong Jo und B. Ellie Jin
Dieser Artikel wurde ursprünglich von Mitgliedern des Wilson College of Textiles' Fashion Textile and Business Excellence Cooperative veröffentlicht

Bäckerei Pexels auf Pixabay
08.01.2024

BakeTex: Textile Backunterlage hilft Bäckereien beim Energiesparen

Die anhaltende Energiekrise bringt das Bäckerhandwerk mehr und mehr an seine Grenzen. Allerorts müssen Bäckereien schließen, weil sie die stark gestiegenen Kosten für Strom und Gas nicht mehr aufbringen können. Der Einsatz energieeffizienter Backöfen und die Optimierung der Produktionsprozesse sind wichtige Bausteine, die helfen, Energie einzusparen. Forscher des Fraunhofer-Anwendungszentrums für Textile Faserkeramiken TFK in Münchberg haben jetzt einen weiteren Baustein entwickelt: eine textile Backunterlage.
 
In Bäckereien werden standardmäßig Bleche als Unterlage für die Backware in Kombination mit Backpapier oder Mehl eingesetzt, was nicht nur zu hohen Mengen an Abfall, sondern auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Bäckerasthma) führt. Die Backbleche sind zudem schwer und erhöhen durch ihre Masse den Energieverbrauch im Ofen, da sie bei jedem Backvorgang mit aufgeheizt werden müssen.

Die anhaltende Energiekrise bringt das Bäckerhandwerk mehr und mehr an seine Grenzen. Allerorts müssen Bäckereien schließen, weil sie die stark gestiegenen Kosten für Strom und Gas nicht mehr aufbringen können. Der Einsatz energieeffizienter Backöfen und die Optimierung der Produktionsprozesse sind wichtige Bausteine, die helfen, Energie einzusparen. Forscher des Fraunhofer-Anwendungszentrums für Textile Faserkeramiken TFK in Münchberg haben jetzt einen weiteren Baustein entwickelt: eine textile Backunterlage.
 
In Bäckereien werden standardmäßig Bleche als Unterlage für die Backware in Kombination mit Backpapier oder Mehl eingesetzt, was nicht nur zu hohen Mengen an Abfall, sondern auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Bäckerasthma) führt. Die Backbleche sind zudem schwer und erhöhen durch ihre Masse den Energieverbrauch im Ofen, da sie bei jedem Backvorgang mit aufgeheizt werden müssen.

Vor diesem Hintergrund hatte die Bayerische Forschungsstiftung im Jahr 2021 ein Forschungsprojekt bewilligt, in dem eine Alternative zu herkömmlichen Backblechen entwickelt werden sollte und das 2023 erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Projektpartner waren das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Textile Faserkeramiken TFK aus Münchberg, die Fickenschers Backhaus GmbH aus Münchberg und die Weberei Wilhelm Zuleeg GmbH aus Helmbrechts.

Ziel des Projekts war es, eine energiesparende, schadstofffreie und wiederverwendbare textile Backunterlage mit integrierter Antihaftwirkung für den Einsatz in industriellen Bäckereien zu entwickeln. Leichtgewichtige und hitzebeständige Textilien bieten das Potenzial, die Vorheiztemperatur im Backofen zu senken und somit den Energieverbrauch zu reduzieren.
 
In einem ersten Schritt wurde daher ein dünnes para-Aramidgewebe aus Langstapelfasergarn mit 120 g/m² gefertigt und auf einen metallischen Rahmen gespannt. „Für die Webbindung hat sich die Dreherbindung als besonders geeignet erwiesen. Ihre charakteristische Gitterstruktur gewährleistet, dass das Textil nicht nur leicht, sondern auch luftdurchlässig ist“, so Silke Grosch vom Fraunhofer-Anwendungszentrum TFK.

„Außerdem kann sich das Gewebe durch das Fixieren der Fäden beim Waschen nicht verziehen und bleibt für lange Zeit formstabil“. Eine vollflächige Silikonbeschichtung sorgt schließlich dafür, dass die Backware an der Backunterlage nicht anhaftet. Dadurch kann auf das bislang notwendige Backpapier und die Mehlschicht verzichtet werden. Damit am Ende die Brötchen genauso rösch und braun aus dem Ofen kommen wie bei einem Standardblech, muss lediglich das Backprogramm angepasst werden. Ein wesentlicher Vorteil der textilen Backunterlage besteht weiterhin darin, dass sie faltbar ist und damit platzsparend gelagert werden kann.  
Im Zuge der vierten industriellen Revolution (Industrie 4.0) wird die Backunterlage mit intelligenten Zusatzfunktionen ausgestattet sein. Zum einen können die Produktionsdaten im Backbetrieb mittels RFID-Chips oder QR-Codes ermittelt werden, zum anderen können Backwaren über ein individuelles Branding gezielt beworben werden.

Prof. Dr. Frank Ficker, Leiter des Fraunhofer-Anwendungszentrums TFK resümiert: „Mit der textilen Backunterlage haben wir gemeinsam mit unseren Projektpartnern ein zeitgemäßes und ressourcenschonendes Produkt entwickelt, das sich durch geringes Gewicht und hohe Flexibilität auszeichnet. Zusammen mit den möglichen Energieeinsparungen wird es dadurch für viele Bäckereibetriebe interessant.“

Das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Textile Faserkeramiken TFK in Münchberg ist spezialisiert auf die Entwicklung, Herstellung und Prüfung textiler keramischer Komponenten. Es gehört zum Fraunhofer-Zentrum für Hochtemperatur-Leichtbau HTL in Bayreuth, eine Einrichtung des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung ISC mit Hauptsitz in Würzburg.

Quelle:

Fraunhofer-Anwendungszentrum für Textile Faserkeramiken TFK