EuroShop 2026: Ladenbaubranche treibt Nachhaltigkeit weiter voran
Donald Trump unterschrieb den Austritt aus dem Pariser Klimaschutzabkommen noch am Tag seines Amtsantritts. Das Wort Klimawandel kommt bei ihm nicht mehr vor und ist, wie es heißt, von den Regierungsservern getilgt. Innerhalb der EU ist die Umsetzung des Green Deals ins Stocken geraten. Aktuell gibt es auf EU-Ebene sowie auch in Deutschland Diskussionen und Pläne, regulatorische Vorgaben abzuschwächen, mit Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit. Es entsteht der Eindruck, dass der Aspekt Nachhaltigkeit derzeit in den Hintergrund rückt.
Nachhaltigkeit mitentscheidend bei der Auftragsvergabe
Bei den Ausstellern der EuroShop, explizit Unternehmen der Dimension Shopfitting & Store Design, bestätigt sich dieser Trend indes nicht, ebenso wenig wie beim Gros des Handels. „Das Thema hat weiterhin eine hohe, wenn nicht sogar gewachsene Bedeutung“, berichtet Claudia Horbert, Leiterin des Forschungsbereichs Ladenplanung + Einrichtung beim EHI Retail Institute. Sie hat inzwischen zahlreiche Gespräche mit Branchenprotagonisten im Rahmen der Studie „EHI-Laden-Monitor 2026“ geführt, die pünktlich zur EuroShop erscheinen soll. Auch Silke Lederhaas, Head of Quality & Sustainability bei umdasch The Store Makers, stellt fest: „Wir sehen, dass Nachhaltigkeit nach wie vor einen hohen Stellenwert aufseiten unserer Kunden hat und teils sogar Bestandteil ihrer Strategie ist. Immer öfter sind Themen wie CO2-Reduktion, Einsatz nachhaltiger Materialien und transparente Lieferketten gefragt, mitunter sogar ausschlaggebend bei der Auftragsvergabe.“ Wobei Mischa-Ron Ferenschild-Bätzel, General Manager von Fotoboden, nicht verhehlt, „dass der Anspruch, Projekte nachhaltig zu gestalten, kundenseitig in wirtschaftlich stabilen Zeiten höher ist als in unsicheren“.
Refresh und Re-Use statt komplett neuer Konzepte
Die Fragen „Wo kommen die Einrichtungselemente her?“ und „Wie werden sie hergestellt?“ werden der Ladenbaubranche auf jeden Fall immer öfter gestellt, weiß Claudia Horbert, und sieht die Entwicklung einerseits in gesetzgeberischen Vorgaben begründet, andererseits in intrinsischer Motivation. Vieles habe sich in den letzten Jahren verändert, was teils zwar auch kostengetrieben gewesen sei, aber doch positiv auf das Nachhaltigkeitskonto eingezahlt habe. So werden die Zyklen zwischen vollumfänglichen Store-Sanierungen immer länger. „Es wird viel ressourcenschonender agiert und zeitloser geplant“, beobachtet Claudia Horbert. Regelmäßige Wandlungen im Sinne des Zeitgeists beziehungsweise, um die Endkunden zu überraschen, werden über kleinere Anpassungen und flexible Einrichtungskonzepte sichergestellt.
Zudem gewinnt Re-Use an Bedeutung. umdasch The Store Makers bietet dies etwa durch die Weiterverwendung bestehender Ladenbauelemente aktiv an, die an die neuen Gegebenheiten oder Anforderungen angepasst werden. Ähnlich agiert man bei ppm Planung + Projekt Management. Geschäftsführer Frank Bittel betont: „Es ist wichtig, bei der Neueinrichtungs- und Umbauplanung schon so früh wie möglich die richtigen Fragen zu stellen und vom Ende her zu denken. Wir beraten unsere Kunden beim Einsatz klimaschonender Materialien, setzen auf Konstruktionen, die später die sortenreine Materialtrennung ermöglichen, und können den Ressourcenverbrauch der gelieferten Einrichtung messen.“ Auch umdasch bietet ein „Sustainable Design Consulting“ an und greift dabei auf die eigene digitale Materialdatenbank „ECOlib“ zurück, die mehrere Hundert nachhaltige Materialien umfasst. Darunter etwa Genkork. Dabei handelt es sich um dreidimensionale Platten aus natürlichem Korkagglomerat, die durch digitale Herstellungsprozesse eine ganz neue formale Ästhetik ermöglichen.
Produktinnovationen zur EuroShop
Noch geben die Aussteller nur ausschnittweise preis, welche Innovationen sie zur EuroShop in Düsseldorf präsentieren werden. Bei Pfleiderer beispielsweise, Hersteller von Holzwerkstoffen, wird das „OrganicBoard Pure P2“ ein zentrales Thema sein. Die Spanplatte basiert zu 100 Prozent auf Recyclingholz, das zudem mit einem rein biogenen statt fossilem Kleber verleimt wird. Fotoboden wird nicht nur auf die Vorteile von individuell gestaltbaren Bodenflächen aufmerksam machen, sondern auch darauf, dass ab 2026 die gesamte Produktpalette in der Qualität „Biorenyl“ angeboten wird. Anders als herkömmliche Vinylbeläge, die aus fossilen Ölen hergestellt werden, enthält das PVC im Biorenyl pflanzliche Öle aus zirkulärem Ursprung, darunter Neben- und Abfallprodukte der Gastronomie oder Holzverarbeitung. „Im Vergleich zu bisherigen Fotoböden spart das in der Herstellung der bedruckbaren Rohware 40 Prozent CO2 ein“, freut sich Mischa-Ron Ferenschild-Bätzel. Das Südtiroler Unternehmen Schweitzer kündigt unter anderem „neueste Entwicklungen im Bereich Kühlung“ an, so Bernhard Schweitzer, Inhaber und CEO. Schon zur letzten EuroShop wurden mit den steckerfertigen „Waterloop“-Lösungen nachhaltige und bezüglich Storelayout flexible Alternativen zu herkömmlichen Kältesystemen vorgestellt. Mit R290 kommt bei Waterloop ein natürliches Gas zum Einsatz, das einen extrem niedrigem GWP-Wert (Global Warming Potential) aufweist.
Vielfältiges Engagement, angefangen an den eigenen Standorten
Fest steht darüber hinaus, dass die Unternehmen in Düsseldorf von einem vielfältigen Nachhaltigkeits-Engagement berichten können. Pfleiderer reist mit dem „Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024“ in der Kategorie Grundstoffe/Holzverarbeitung an. „Wir verwerten mehr Altholz als jedes andere Unternehmen in Deutschland“, unterstreicht Michael Schiebe, Vertriebsleiter Handel und Objekt. 53,5 Prozent beträgt der Anteil an Post-Consumer-Recyclingholz im Holzmix – über alle Produkte hinweg. Den zweitgrößten Anteil machen mit 25 Prozent Sägeholzreste aus. Die übrigen 21 Prozent entfallen auf Durchforstungs- und Schadholz aus überwiegend heimischen Wäldern. Holz, das das Ende seiner stofflichen Nutzungszeit erreicht hat, wird für die Energieerzeugung an den Standorten genutzt. Apropos: Pfleiderer deckt gut 87 Prozent des Energieverbrauchs für Wärme und Strom aus eigener Kraft-Wärme-Kopplung (100 Prozent Biomasse) und hat die Scope-1-Emissionen seit 2020 um 41 Prozent reduziert.
Auch Schweitzer setzt auf den pfleglichen Umgang mit Holz. Hölzer und Holzwerkstoffe werden von lokalen Familienunternehmen bezogen. FSC- und PEFC-Zertifizierung sind Pflicht. Die eigene Manufaktur in Südtirol und auch das Logistikzentrum in Ungarn sind ebenfalls entsprechend zertifiziert. Materialseitig spielen außerdem recyceltes Acryl und Metall, das zu 60 Prozent recycelte Anteile hat, eine zunehmend starke Rolle. „Wir arbeiten daran, mittelfristig die gesamte Lieferkette nachvollziehen zu können“, betont Bernhard Schweitzer zum Thema Transparenz und verweist in puncto CO2-Reduktion auf eigene Photovoltaikanlagen am Hauptsitz, die 65 Prozent des Strombedarfs decken. Abwärme der Kompressoren wird für die interne Wasserversorgung genutzt.
Net Zero lautet hier wie dort das Ziel
Fotoboden produziert in Köln mit 100 Prozent Solarstrom. Die eigene PV-Anlage generiert dabei rund 80.000 kWh Strom jährlich mehr, als selbst verbraucht wird – dieser wird eingespeist. Verschnitte der Produktion werden in den PVC-Kreislauf rückgeführt. Und ausgediente Böden aus Kundenprojekten an Trash Galore zur Wiederverwendung in gemeinnützigen Einrichtungen weitergeleitet. ppm agiert seit 2019 klimaneutral und konnte seinen CO2-Footprint in dieser Zeit von 150 auf 55 Tonnen senken. Dazu trägt auch hier selbsterzeugter Strom bei (neben der Nutzung von Ökostrom und -gas). Die eigene Fahrzeugflotte ist zu 95 Prozent elektrisch unterwegs. Ganzheitlich – so ist auch die Nachhaltigkeitsstrategie bei umdasch ausgerichtet. Das klare Ziel, so Silke Lederhaas: Net Zero bis 2040.