Forschungspublikationen

10 Ergebnisse
29.04.2024

Thermoplastische Schale/Rippen-Bauteile mit durchgängiger Faserverstärkung

Fasern Garne Gestricke & Gewirke Composites Technische Textilien

Zusammenfassung

Im Bereich des Automobil- und Maschinenbaus wird kontinuierlich nach Innovationen gesucht, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Ein Bereich, der zunehmend an Bedeutung gewinnt, sind Schale/Rippen-Bauteile aus endlosfaserverstärktem Thermoplast. Bisherige Herstellungsverfahren sind jedoch komplex und führen zu unzureichender Faserverstärkung in den Rippen, was deren potenzielle Einsatz in hochbelastbaren Bauteil verhindert. Der Übergangsbereich zwischen der Schale und den Rippen ist besonders anfällig für strukturelle Defizite, die eine Überdimensionierung der Bauteile erfordern, um das Versagensrisiko, einschließlich Delamination, zu minimieren. Im abgeschlossenen Forschungsprojekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung wurden daher Verstärkungstextilien entwickelt, die diese Problematik lösen, indem Fasern während der Verbundbildung in anspruchsvolle 3D-Bauteilgeometrie bedarfsgerecht fließen können. Das Ergebnis ist eine gleichmäßige Endlosfaserverstärkung der Schale sowie eine durchgängige stapelfaserbasierte Verstärkung von der Schale in die Rippe sowie der Rippe selbst. Diese Technologie ermöglicht anordnungsabhängig eine Steigerung der Steifigkeit und Festigkeit thermoplastischer Bauteile um mindestens 50 % und kann unerwünschte Delaminationen verhindern.

Bericht

Einleitung und Problemstellung

Leichtbaugerechte schalenförmige Bauteile werden aus mechanischen Gründen mit Funktionsstrukturen in Form von Rippen versehen. Die Natur zeigt Vorbildlösungen z.B. die Erdnuss, die durch Schale/Rippen-Anordnungen eine anforderungsgerechte Versteifung bei gleichzeitig extrem geringer Masse ermöglicht. In allen Bereichen des Automobil- und Maschinenbaus besteht ein hoher Bedarf an lasttragenden Bauteilen aus Faser-Kunststoff-Verbunden (FKV). Die Halbschalenbauweise des Flugzeug- und Schiffbaus zeigen rippenverstärkte Strukturen nach bionischem Vorbild mit überaus lasttragenden Eigenschaften, deren Herstellung unter Verwendung arbeitsintensiver Preforming-, Komplettierungs- und Verbundbildungsprozesse unter Verwendung duroplastischer Matrix allerding kostenintensiv ist. Besonders der Einsatz von kurzfaserverstärkten Thermoplasten für mittlere und große Serien ist sehr wirtschaftlich [1 – 3], die mechanische Eigenschaften insbesondere Steifigkeit und Festigkeit sind aber stark begrenzt. Derzeit verbraucht der Bereich Fahrzeuge 7 % der gesamten Kunststoffmenge in Deutschland [4]. Zur Überwindung der werkstoffbedingten Schwachstellen werden im Schalenbereich endlosfaserbasierte Faser-Matrix-Halbzeuge wie Organobleche und UD-Tapes verarbeitet. Die damit erreichbare gerichtete Faserverstärkung in der Schale führt zu deutlich besseren mechanischen Eigenschaften, erfordert allerdings weiterhin das Anspritzen von verstärkenden Rippen [1, 2]. Weiterhin werden langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT) industriell eingesetzt, bei denen unidirektional Faserbündel in die thermoplastische Schmelze eingebracht werden, um Schalenbereich und Rippen in Rippenrichtung zu verstärken [5]. Die Bauteilumsetzung erfordert i.d.R. kostenintensive, mehrstufige Anlagen- und Werkzeugtechnik [6]. Um die Prozesskette zu verkürzen bzw. die Komplexität der Technik zu reduzieren, werden auch glasmattenverstärkte Thermoplaste (GMT) in Direktverfahren wie das einstufige Thermoformpressen zu Schale/Rippen-Bauteile verarbeitet, was insbesondere für klein- und mittelständische Unternehmen wichtig ist.

Eine gerichtete Faserverstärkung zwischen Schale und Rippe sowie im Übergangsbereich ist verfahrensbedingt mit keinem der bisherigen Ansätze realisierbar, sodass die resultierenden Bauteile für lasttragende Anwendungen nur eingeschränkt geeignet sind. Bei Biegebeanspruchung können u.a. die Rippen von der Schale delaminieren oder die Rippen weisen einen geringen Faseranteil und eine ungerichtetete Faserorientierung auf und sind damit weniger steif.

Zielsetzung

Ziel war es, anforderungsgerecht ausgelegte Hybridgarne, die sowohl aus Endlosfilamenten für den Schalenbereich als auch aus Stapelfasern für den Rippenbereich bestehen, mit definierten Fließeigenschaften zu entwickeln und zu textilen Flächengebilden mit neuen Eigenschaften zu verarbeiten. Während einem einstufigen Thermopressprozess sollen die Fasern nach dem Aufschmelzen der matrixbildenden Hybridgarnkomponente gezielt in die Kavität der Rippe fließen. Die gewünschte Faserverstärkung soll somit während der Verbundbildung von selbst entstehen.

Ergebnisse

Zu Beginn des Projektes wurden zunächst die industriellen Anwendungsfelder für rippenverstärkte thermoplastische Schalenbauteile recherchiert. Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich u.a. bei der Realisierung von lasttragenden Bauteilen und Modulsystemen in der Automobilindustrie, z.B. Batteriegehäuse bzw. -wannen, Abdeckungen, Interieur- und Exterieurbauteile (z.B. Querträger), Front- und Heckbauteile (z.B. Stoßfänger). Hauptanwendungsgebiete sind alle Bauteile, die im Spritzgieß- oder Pressverfahren hergestellt werden und gegenüber dem Stand der Technik erhöhte Anforderungen an Steifigkeit, Festigkeit oder Zähigkeit bei gleichzeitiger Minimierung der Bauteilmasse erfüllen sollen. Darauf basierend wurden repräsentative Funktionsmuster und ein Demonstrator mit komplexer werdender Rippenstruktur definiert vgl. Abbildung 1.

Die Auswahl der zu verwendenden Ausgangsmaterialien, deren Anteile, Feinheit und Geometrie erfolgte nach physikalischen und verfahrenstechnischen Eigenschaften wie Schmelzverhalten und Viskosität, Transluzenz, Festigkeit und Steifigkeit. Die in Frage kommenden Kohlenstofffasern (CF) finden aufgrund ihrer hervorragenden mechanischen und chemischen Eigenschaften zunehmend Anwendung als Verstärkungsmaterialien im Bereich der FVK. Aufgrund der z.B. nicht realisierbaren energetischen Verwertung und des hohen Energiebedarfs bei der Herstellung von CF besteht derzeit ein großes Engagement für das Recycling dieser Fasern [7]. Letztendlich wurden mehrere Materialsysteme auf Basis von Glasfasern (GF) und recycelten Kohlefasern (rCF) ausgewählt, um die Fließbewegung bzw. die Fließwege anhand der optischen Eigenschaften (rCF-schwarz, GF-weiß transparent) im konsolidierten Bauteil überdurchschnittlich gut charakterisieren zu können. Als Verstärkungsfaserwerkstoff wurde für den Schalenbereich GF 50 Vol.% und für den Rippenbereich rCF 30 bis 50 Vol.% Typ I (Trockenfasern aus Spulenresten, Produktionsresten bzw. Verschnitt) eingesetzt. Als matrixbildende Hybridgarnkomponente wurde beispielhaft und aufgrund der etablierten Verwendung Polypropylen (PP) eingesetzt.

Unter Nutzung vorhandener Friktionsspinn- und Umwindespinntechnologien wurden im Folgenden fließfähige stapelfaserbasierte Hybridgarne aus rCF mit dem Ziel einer weitgehend parallelen Kernfaserstruktur entwickelt, umgesetzt und charakterisiert sowie Vorzugslösungen für weiterführende Arbeiten bereitgestellt. Die Hybridgarne wurden anschließend in UD-Wickelstrukturen vgl. Abbildung 2 (li.) überführt und unter zielführenden Prozessbedingungen experimentell zu ersten Schale/Rippen-Funktionsmustern mit unterschiedlichen Rippenhöhen H verarbeitet bzw. konsolidiert. Hierzu und zur Untersuchung der Fließeigenschaften der Hybridgarne war es im Vorfeld notwendig, ein modular aufgebautes Werkzeug für die Verbundbildung im Thermopressverfahren zu realisieren und alle dafür notwendigen Prozesseinstellungen zu ermitteln.

Die Hybridgarne füllen während des Pressvorgangs bei vergleichsweise geringem Druck von ca. 2 MPa die gesamte Werkzeugkavität der Rippe vollständig bis zu einem Faservolumengehalt rCF/PP von derzeit 70/30 Vol.%. Die Abbildung 2 (re.) zeigt ein Ergebnis anhand Funktionsmuster FM1, bei dem die Rippe durch die anvisierten Fließeigenschaften während des Pressvorgangs mit Fasern gefüllt wurden. Die Fasern liegen überwiegend entlang der Rippe. Bestandteil der Arbeiten war auch die Untersuchung des Fließverhaltens der rCF u.a. mittels bildanalytischer Charakterisierung von Schnitt- und Schliffproben [8].

Generell ist die Belastbarkeit von UD-Faserlagen richtungsabhängig begrenzt, so dass biaxiale Faseranordnungen unter Verwendung der Mehrlagen-Flachstricktechnologie in den Fokus gerückt sind. Gestricke, bei denen Verstärkungsfäden in die Maschen integriert sind, werden als Mehrlagengestricke (MLG) bezeichnet. MLG können monoaxial, biaxial oder multiaxial angeordnete Verstärkungsfäden aufweisen. Zur Steuerung der Fließbewegung wurden partielle Variationen von – in der Matrix nicht thermisch auflösbaren (GF/PP) sowie thermisch auflösbaren (PP) Maschenfadenmaterialien untersucht. Systematisch wurden dazu Bindungen von endlosfilament- und stapelfaserbasierten Hybridgarnen in der 2D-Textilstruktur zur Einstellung einer orientierten, verzugsfreien Verstärkungsfaseranordnung entwickelt. Basierend auf dem Funktionsmuster FM1 und den Voruntersuchungen wurden Varianten abgeleitet, die sich u.a. hinsichtlich der Hybridgarnanordnung, deren lokaler Menge und hinsichtlich des lokal eingesetzten Maschenfadenmaterials unterscheiden. Die Varianten wurden mittels modularer Werkzeugeinsätze zu Schale/Rippe-Funktionsmustern mit unterschiedlichen Rippenhöhen H verarbeitet. Eine Stapelung von bis zu 10 gleichzeitig zu verarbeitenden biaxialen MLG vgl. Abbildung 3 (li.) wurde detailliert untersucht. Abbildung 3 (re.) zeigt ein Ergebnis der Entwicklungen.

Während des Verarbeitungsprozesses im Thermopressverfahren wird die ursprünglich leere Rippengeometrie mit einem hohen rCF-Faseranteil von bis zu 70 % gefüllt und damit die beabsichtigte Faserverstärkung von der Schale in die Rippe sowie in der Rippe realisiert. Die Länge der Stapelfasern im Hybridgarn beträgt derzeit bis zu 80 mm.

Nach der Verbundbildung erfolgten umfassende Versuchsreihen zur Ermittlung der Festigkeits- und Steifigkeitskennwerte mittels 3-Punkt-Biegeversuch. Insgesamt lässt sich aus den Ergebnissen ableiten, dass die Endlosfaserverstärkung in der Schale die ermittelten Werte und Verläufe deutlich dominiert und somit das Verhältnis von Schalendicke zu Rippenhöhe minimiert werden kann, so dass die versteifende Wirkung der Rippe deutlicher hervortritt. Dadurch erhöht sich der Leichtbaugrad, da die i.d.R. großflächigen Schalenbereiche dünner dimensioniert werden können und somit eine annähernd gleiche mechanische Leistungsfähigkeit bei geringerer Bauteilmasse erreicht werden kann.

Die ermittelten Materialkennwerte wurden kontinuierlich zur Verbesserung und Validierung eines im Rahmen der Projektdurchführung entwickelten Simulationsmodells herangezogen, um zukünftig das Verbundmaterialverhalten durch die Kombination von Endlosfilamenten und Stapelfasern im Übergangsbereich zwischen Schale und Rippe realitätsnah vorhersagen zu können. Zur Verifizierung wurden Referenzbauteile hergestellt und mit den entwickelten Varianten verglichen. Die Ergebnisse zeigen eine 4-fach höhere Festigkeit und eine 2-fach höhere Steifigkeit gegenüber der Referenz. Damit konnte der Nachweis der Tragfähigkeitssteigerung von min. 50% erbracht werden. Delamination trat nicht auf.

Das hohe Potenzial der partiell fließfähiger 2D-Textilhalbzeugen wurde abschließend durch die praxisnahe Herstellung eines generischen Demonstrators (vgl. Abbildung 4) unter Anwendung der Vorzugslösungen für Hybridgarne und 2D-Textilstrukturen aufgezeigt.

Die Prozesskette, beginnend mit der Definition der Bauteilanforderungen, simulationsgestützten Dimensionierung, anforderungsgerechten Hybridgarnherstellung, Entwicklung der partiell fließfähigen 2D-Textilstrukturen mit biaxialer Verstärkungsfaseranordnung, Umsetzung der textilen Strukturen und abschließenden Verbundbildung durch das Thermo-Fließpressverfahren wurde mit Projektabschluss validiert. Der damit realisierte Demonstrator wurde anhand von Biegeversuchen geprüft und weist im Ergebnis die vordimensionierte, hohe Biegesteifigkeit auf. Aktuell erfolgen Gespräche zum industriellen Einsatz des neuen Verfahrens.

Zusammenfassung

Im Ergebnis konnten unter Verwendung der entwickelten partiell fließfähigen 2D-Textilstrukturen exemplarisch thermoplastische Schale/Rippen-Bauteile mit hohem Faservolumenanteil im Übergangsbereich zwischen Schale und Rippe und mit einer Festigkeits- und Steifigkeitssteigerung von mindestens 50 % gegenüber dem Stand der Technik hergestellt werden. Während der Verarbeitung fließen die Stapelfasern gezielt aus einer textilen Flächenstruktur in nahezu beliebige dreidimensionale Rippengeometrien. Die endlosfaserbasierte Verstärkung im Rippenbereich bleibt weitgehend unverzerrt und wie gewünscht in gestreckter Anordnung. Die resultierenden Bauteile können kostengünstig in einem einzigen Verbundbildungsschritt hergestellt werden, was zu einer erheblichen Effizienzsteigerung und potenziell zur Erhöhung der einsetzbaren Kunststoff- und Fasermenge u.a. im Bereich Fahrzeuge führen kann.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 21372 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e. V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Die Autoren danken den genannten Institutionen für die Bereitstellung der finanziellen Mittel. Weiterhin danken wir den Firmen des projektbegleitenden Ausschusses für die fachliche Unterstützung sowie allen weiteren Partnern, die in der Forschungsarbeit zu diesem Themenkreis unterstützten. Der Schlussbericht ist über den Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V., Berlin beziehbar. Weiterführende Informationen sind am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) erhältlich.

AutorInnen: Sven Hellman

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

https://tu-dresden.de/mw/itm

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26.03.2024

Entwicklung endkonturgerechter Multiaxialgelege mit lokal einstellbarer, bauteilgerechter Verstärkungskettfadendichte

Gestricke & Gewirke Textilmaschinenbau Technische Textilien

Zusammenfassung

Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurde ein neuartiges Nachrüstmodul für Multiaxial-Kettenwirkmaschinen entwickelt, das die Herstellung von Multiaxialgelegen mit lokal angepassten Verstärkungskettfadendichten ermöglicht. Diese Innovation erlaubt eine materialsparende und kosteneffiziente Produktion von Bauteilen aus Faserkunststoffverbunden (FKV) mit Hochleistungsfasern wie Carbon. Hierbei können Kettfäden gezielt in den Bereichen, bspw. in denen sie nicht benötigt werden, aus dem Wirkprozess entfernt und bei Bedarf wieder eingefügt werden. Zudem wird es ermöglicht, eine definiert gradierte Kettfadendichte durch den gezielten Versatz von Kettfäden zu erreichen.

Das entwickelte modulare System wurde an einer Multiaxial-Kettenwirkmaschine vom Typ Malimo 14024 der Karl Mayer Textilmaschinenfabrik GmbH (Chemnitz, Deutschland) experimentell erprobt. Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Verschnittreduktion auf bis zu 0 % in Kettrichtung sowie eine hohe Anpassungsfähigkeit an bauteilspezifische Anforderungen. Durch die Implementierung von Steuerungsalgorithmen für eine achsvariable Legung der Kettfäden konnte zudem eine simulationsgestützte Prozesskette zur Herstellung textiler Halbzeuge für FKV-Bauteile mit lokal variierenden Spannungsverteilungen erreicht werden.

Die erzielten Forschungsergebnisse unterstreichen das hohe Potential der Technologie zur wirtschaftlichen und gleichzeitig umweltfreundlichen Herstellung von FKV-Bauteilen. Besonderer Wert wurde auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die in den KMU vorhandenen Maschinen gelegt, um eine breite Anwendbarkeit der Forschungsergebnisse zu gewährleisten

Bericht

Ausgangssituation und Problemstellung

Der zunehmende Trend zum Leichtbau ist ein globales Phänomen in technischen Sektoren, verstärkt durch das Bewusstsein für einen materialeffizienten Umgang mit begrenzt verfügbaren natürlichen Ressourcen. Diese Entwicklung wird durch die Notwendigkeit ökologischer Nachhaltigkeit und die Reduktion von CO2-Emissionen vorangetrieben, wobei Faserkunststoffverbunde (FKV) aufgrund ihrer anisotropen strukturmechanischen Eigenschaften und ihres geringen spezifischen Gewichts eine Schlüsselrolle spielen. Sie bieten optimale Voraussetzungen für die ressourceneffiziente Auslegung von Leichtbaulösungen und treiben Innovationen in Branchen wie dem Maschinen-, Anlagen- und Automobilbau, insbesondere in der Elektromobilität, sowie in der Windkraftenergie und Luftfahrt voran. [1–11]

Die Herstellung von FKV-Bauteilen erfolgt derzeit hauptsächlich mit zweidimensionalen textilen Strukturen, die als Rollenware mit konstanter Breite und Fadendichte geliefert werden [12, 13]. Insbesondere mehraxiale Gelegestrukturen, gefertigt mittels der hochproduktiven Multiaxial-Kettenwirktechnik, sind für Großserienanwendungen und großflächige Bauteile relevant [14]. Eine wesentliche Herausforderung dieser Fertigungsprozesse ist der hohe Materialverschnitt in der bauteilspezifischen Halbzeugkonfektion, der wirtschaftlich und ökologisch nachteilig ist. Der Verschnitt kann je nach Bauteilgeometrie und -herstellungsverfahren bis zu 50 % betragen [15, 16].

In der Entwicklung endkonturgerechter textiler Halbzeuge mit lokal einstellbarer, d. h. achsvariabler, Verstärkungsfadendichte, um Verschnitt zu vermeiden und die textilen Halbzeuge an komplexe FKV-Geometrien anzupassen, liegt die entscheidende Aufgabe zur Steigerung der ökologischen und wirtschaftlichen Effizienz. Dies erfordert neue Lösungsansätze, da konventionelle Multiaxialgelege nicht die Anforderungen an eine bauteilgerechte gradierte Verstärkungsfadendichte erfüllen können. Sie sind in ihrer Verstärkungsfadendichte, sowie der Lagenanordnung im Preforming bisher für den maximalen lokalen Belastungsfall ausgelegt, was zu Überdimensionierung in weniger belasteten Bereichen oder zu hohem Verschnitt führt.

Die Entwicklung endkonturgerechter Multiaxialgelege mit lokal einstellbaren Verstärkungskettfadendichten adressiert diese Problematik. Vor Projektbeginn gab es keine Lösungen, die eine konturgerechte Fertigung von Multiaxialgelegen und eine Verringerung der Kettfadenanzahl in den nicht benötigten Bereichen oder eine Erhöhung in besonders beanspruchten Zonen ermöglichten. Die Motivation des Projekts leitet sich aus der Notwendigkeit ab, die Materialeffizienz in der textilen Fertigungskette zu steigern, indem Verschnitt und Überdimensionierung vermieden werden.

Technische Entwicklung und Umsetzung

Im Fokus der Forschungsarbeiten stand die Entwicklung einer innovativen Technologie zur effizienten Nutzung von kostenintensiven Hochleistungsfasern, speziell Carbonfasern, im Fokus. Ziel war es, die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit von Faserkunststoffverbunden (FKV) durch eine signifikante Reduktion des Materialverschnitts und die Vermeidung von Überdimensionierung zu steigern. Die technische Herausforderung bestand darin, eine Methode zu entwickeln, die eine gezielte Anpassung der Verstärkungskettfadendichte an die bauteilspezifischen Anforderungen ermöglicht, sodass die Verstärkungskettfäden nur dort angeordnet werden, wo sie mechanisch erforderlich sind. Zur Realisierung dieser Zielsetzung war die Entwicklung eines Verfahrens essenziell, das es erlaubt, Kettfäden gezielt aus dem Wirkprozess zu entfernen und bei Bedarf wieder hinzuzufügen, um so eine konstante Kettfadendichte im endkonturgerechten Gelege zu gewährleisten. Zudem sollte eine Möglichkeit, die Kettfadendichte seitlich achsvariabel zu versetzen und somit lokal zu verstärken, was in einer gradierten Kettfadendichte resultiert, geschaffen werden. Die praktische Umsetzung dieser Technologie erforderte die Integration einer Zusatzvorrichtung in den Multiaxial-Kettenwirkprozess. Das entwickelte kombinierte Kettfadenmanipulationsmodul ermöglicht es, die Kettfäden mit lokal unterschiedlichen Dichten und Ausrichtungen prozesssicher zuzuführen.

Im Rahmen der technischen Entwicklung und Umsetzung zur Herstellung endkonturgerechter Gelege mit angepasster Kettfadendichte wurden drei wesentliche Teilfunktionen identifiziert und entwickelt: das selektive Trennen, das gezielte Führen sowie das individuelle oder gruppenweise Anfügen der Kettfäden an das Gelege. Diese Funktionen sind essenziell für die Realisierung einer global konstanten Kettfadendichte, die präzise an die Bauteilkontur und die mechanischen Anforderungen angepasst ist.

Selektives Trennen

Für das Trennen der Kettfäden wurde ein mechanisches Verfahren auf Basis eines Schermesserpaars mit einer festen und einer beweglichen Klinge, die pneumatisch angetrieben und gesteuert wird, entwickelt. Der Messerblock (siehe Abbildung 1 links) wurde an einer Lineareinheit (quer zur Arbeitsrichtung) befestigt und kann über einen Schlitten bedarfsgerecht pneumatisch auf die Höhe der zu schneidenden Kettfäden abgesenkt werden (siehe Abbildung 1 rechts). Dies ermöglicht es, die Kettfäden entsprechend der Bauteilkontur temporär aus dem Fertigungsprozess zu entfernen.

Vorbringen der Kettfäden

Zur präzisen Führung werden die Kettfäden pneumatisch vorgebracht. Dafür werden die Führungsröhrchen (siehe Abbildung 2 links) der Versatzeinheit mit Druckluft angeblasen, wodurch der Kettfaden in die Wirkstelle transportiert wird. Dabei muss die Schnittstelle, die sonst offen und zugänglich für das Schermesser gehalten wird, temporär durch eine Verschlusskappe überbrückt werden, um einen Druckluftverlust während des Vorbringens zu vermeiden (siehe Abbildung 2 rechts). Dieses System sorgt dafür, dass die abgetrennten Kettfäden exakt an die vorgesehene Stelle im Gelege, synchronisiert mit dem Wirkprozess, geführt werden. Ein Druck von 4 bar wurde für ein reproduzierbares, schnelles und präzises Vorbringen der vorher abgetrennten Kettfäden in die Nadelgasse der Wirkstelle erörtert, als Grundlage für das anschließende Anfügen des Kettfadenendes an das endkonturgerechte Gelege.

Anfügen der Kettfadenenden

Für das Anfügen der Kettfäden an das Gelege wurden verschiedene Lösungsansätze untersucht, darunter stoffschlüssige Verbindungen mittels Klebstoffen und form- bzw. kraftschlüssige Verbindungen durch nähwirktechnische Integration. Als geeignete Lösung hinsichtlich des Erhalts des textilen Charakters des endkonturgerechten Geleges sowie der Dauer des Anfügevorgangs erwies sich die nähwirktechnische Fixierung, die eine zuverlässige und schädigungsarme, kraftschlussbasierte Integration der Kettfäden in die Gelegestruktur ermöglicht.

Auf Basis der abgeleiteten Vorzugslösungen für die Teilfunktionen erfolgte anschließend die Entwicklung des kombinierten Kettfadenmanipulationsmoduls, mit dem eine Kettfadenschar sowohl seitlich versetzt, als auch einzelne Kettfäden aus der Kettfadenschar selektiv abgetrennt und nach Bedarf wieder angefügt werden können. Das kombinierte Kettfadenmanipulationsmodul besteht aus zwei synchronisierten Lineareinheiten. Eine Lineareinheit setzt die Messerblockbewegung um, eine zweite Lineareinheit den seitlichen Versatz der Kettfäden (siehe Abbildung 3 und Abbildung 4). Das vollständige, entwickelten Nachrüstmodul, inklusive der pneumatischen und elektrotechnischen Steuerungstechnik wurden in eine Malimo 14024 (Karl Mayer Textilmaschinenfabrik GmbH, Deutschland) integriert und auf Basis iterativer Funktionsmusterfertigungen erprobt. Dieses Modul ermöglicht die Herstellung endkonturgerechter Gelege mit variabel einstellbaren Verstärkungskettfadendichten und achsvariablen Fadenanordnungen und erhöht somit signifikant die Materialeffizienz in der FKV-Produktion.

Materialcharakterisierung und Ergebnisse

Auf die erfolgreiche Umsetzung der Funktionsmuster folgte die textil- und verbundphysikalische Charakterisierung der Funktionsmuster. Die Charakterisierung der Funktionsmuster erfolgte in mehreren Stufen. Zunächst wurde eine computergestützte photogrammetrische Messung zur Überprüfung der Konturradien und der Konturtreue durchgeführt. Anschließend fokussierte sich die Untersuchung auf die Ermittlung der strukturmechanischen Eigenschaften der FKV-Prüfkörper auf Basis der textilen Funktionsmuster. Hierbei kamen modifizierte Stempeldurchdrückversuche zum Einsatz, die einen multiaxialen Belastungszustand in die Textil- bzw. FKV-Prüfkörper einleiteten (siehe Abbildung 5). Die Kraftübertragung während der Versuche wurde aufgezeichnet und ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Einsatzmöglichkeiten des Kettfadenmanipulationsmoduls zur Herstellung endkonturgerechter Gelege mit bauteilgerechten Verstärkungskettfadendichten eine gleichbleibende mechanische Belastbarkeit wie vollverstärkte Bauteile ermöglichen, während gleichzeitig der Materialeinsatz signifikant reduziert wird. Anhand der Umsetzung eines PKW-Kotflügeldemonstrators (siehe Abbildung 6) konnte experimentell belegt werden, dass eine Materialreduktion von bis zu 50 % möglich ist, ohne die strukturelle Integrität und mechanische Belastbarkeit der FKV-Bauteile zu reduzieren. Die umfassenden Untersuchungen und die daraus resultierenden Erkenntnisse legen die Basis für die Fertigung und Handhabung praxisnaher endkonturgerechter Gelege. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Förderung nachhaltiger Produktionsverfahren in der Industrie geleistet.

Zusammenfassung

Im Rahmen der Forschungsarbeiten wurde ein innovatives Nachrüstmodul für die hochproduktive Multiaxial-Kettenwirktechnologie entwickelt, dass es ermöglicht, die Dichte der Verstärkungskettfäden in Multiaxialgelegen lokal und gezielt an die Anforderungen spezifischer Bauteile anzupassen. Diese technologische Neuerung repräsentiert einen signifikanten Fortschritt in der Fertigung von Faserkunststoffverbunden (FKV), indem nunmehr eine effiziente und materialsparende Produktion, insbesondere unter Verwendung hochpreisiger Hochleistungsfasern wie Carbon, ermöglicht wird. Die entwickelte Lösung gestattet es, die Integration der Kettfäden ausschließlich in jenen Bereichen vorzunehmen, die für die mechanische und geometrische Verstärkung des späteren Bauteils erforderlich sind. Dies führt zur Reduzierung des Verschnitts auf nahezu 0 % (in Kettfadenrichtung) sowie zur weitestgehenden Vermeidung der Überdimensionierung.

Für die Umsetzung des entwickelten Verfahrens wurde eine passende Fertigungstechnologie erarbeitet und als Zusatzvorrichtung in eine Multiaxial-Kettenwirkmaschine (Malimo 14024) integriert. Diese Vorrichtung ermöglichte die prozesssichere Ablage der Kettfäden mit individuell unterschiedlichen Dichten und Ausrichtungen, wodurch erstmals endkonturgerechte Gelege mit variabel einstellbaren, bauteilgerechten Kettfadendichten hergestellt werden konnten.

Der Ausblick auf zukünftige Entwicklungen fokussiert sich auf die Weiterführung der Technologieübertragung in die industrielle Praxis, insbesondere in KMU. Die durchgeführten Forschungsarbeiten bieten eine solide Basis für die Implementierung der neuen Technologie in bestehende Produktionsprozesse. Dabei stehen die Steigerung der Materialeffizienz und die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks von FKV-Bauteilen im Vordergrund, um den steigenden industriellen und gesetzlichen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit gerecht zu werden.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 21968 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e. V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Schlussbericht und weiterführende Informationen sind am Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik der TU Dresden erhältlich.

AutorInnen: Konrad Zierold André Seidel Lars Hahn Chokri Cherif

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

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08.09.2023

Mit einem Sustainability-Assessment zur nachhaltigen Unternehmensstrategie

Nachhaltigkeit Technische Textilien

Zusammenfassung

Die Textilindustrie gilt im Sinne der Nachhaltigkeit auf europäischer Ebene als Risikobranche. Warum das eine besondere Herausforderung ist und wie ein systematischer Ansatz zur nachhaltigen Transformation von Unternehmen aussehen kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

Die Textilindustrie ist bekannt für ihre Innovationen und Ideen, die weit über die traditionellen Anwendungen von Bekleidung und einfachen Stoffen hinausgehen. Einige Beispiele sind der Einsatz von Glas- oder Carbonfasern zum Ersatz von Stahlbewehrungen in Betonbauteilen, künstliche Herzklappen aus Textilien oder Wasserstofftanks aus Carbonfasern. Allerdings steht die Textilindustrie vor großen Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit. Sie ist weltweit eine der Branchen mit den höchsten Umweltbelastungen und hat auch erhebliche soziale Auswirkungen auf die Arbeitskräfte in der Lieferkette, die häufig auf Baumwollfeldern in Ländern wie China, Indien oder Pakistan beginnt. Hier ist ein systematischer Ansatz zur Nachhaltigkeitsbewertung erforderlich. Das Ergebnis der Nachhaltigkeitsbewertung bildet den Status Quo ab, kann als Benchmark im Vergleich mit anderen Unternehmen der Branche verwendet werden und bietet einen optimalen Ausgangspunkt für die Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie.

Bericht

Einleitung

Aachen/München: Die Textilindustrie ist bekannt für ihre Innovationen und Ideen, die weit über die traditionellen Anwendungen von Bekleidung und einfachen Stoffen hinausgehen. Einige Beispiele sind der Einsatz von Glas- oder Carbonfasern zum Ersatz von Stahlbewehrungen in Betonbauteilen, künstliche Herzklappen aus Textilien oder Wasserstofftanks aus Carbonfasern.

Allerdings steht die Textilindustrie vor großen Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit. Sie ist weltweit eine der Branchen mit den höchsten Umweltbelastungen und hat auch erhebliche soziale Auswirkungen auf die Arbeitskräfte in der Lieferkette, die häufig auf Baumwollfeldern in Ländern wie China, Indien oder Pakistan beginnt. Auch die weiterverarbeitenden Prozesse innerhalb der Wertschöpfungskette bergen die Gefahr unzureichender Umweltschutzmaßnahmen und der Missachtung international geltender Menschenrechte. Eine nachhaltige Textilindustrie hingegen setzt sich gezielt und insbesondere für den Einsatz von umweltfreundlichen Materialien, faire Arbeitsbedingungen und die Reduzierung des Energie- und Wasserverbrauchs ein. „Die EU verweist in ihrer neuen Sustainable Product Initiative nicht umsonst verstärkt auf ein hohes Maß an Umweltschutz und notwendige Verbesserungen der Umweltqualität. Wir müssen an den wichtigen gesellschaftlichen Herausforderungen forschen und neue Technologien schnell in die Umsetzung bringen“, so Prof. Thomas Gries vom Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen University.
 

Systematischer Ansatz zur Nachhaltigkeitsbewertung

Auf Unternehmensebene fängt die Transformation mit der Erfassung der notwenigen Daten (Indikatoren) und der der daraus resultierenden Messbarkeit der eigenen Nachhaltigkeitsleistung an. Die TÜV SÜD Industrie Service GmbH hat dazu eine Methodik entwickelt, die in Zusammenarbeit mit dem ITA für die Textilindustrie adaptiert und optimiert wurde: die Nachhaltigkeitsbewertung orientiert sich an den 17 Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen. Auf der Grundlage verschiedener Indikatoren, die durch Branchen- und Ländervergleiche gewichtet werden, wird die Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens objektiv, unabhängig und transparent beurteilt. „Mit unserer Nachhaltigkeitsbewertung ermöglichen wir allen relevanten Akteuren der Wertschöpfungskette Klarheit über den Ist-Zustand der unternehmensspezifischen Nachhaltigkeit zu erlangen, die wesentlichen Nachhaltigkeitsrisiken zu identifizieren und mit den daraus abgeleiteten Verbesserungsmaßnahmen einen wesentlichen Schritt in Richtung eines Nachhaltigkeitsmanagementsystems zu gehen“, so Lucas Wagner von der TÜV SÜD Industrie Service GmbH. Dieser Ansatz umfasst die gesamte Unternehmensstrategie und ist auch für andere Branchen einsetzbar.
 

Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie

Das Ergebnis der Nachhaltigkeitsbewertung bildet den Status Quo ab, kann als Benchmark im Vergleich mit anderen Unternehmen der Branche verwendet werden und bietet einen optimalen Ausgangspunkt für die Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie. Die objektive Bewertung bietet zunächst die Möglichkeit, notwendige Schwerpunkte für die Transformation hin zu einem nachhaltigen Unternehmen zu identifizieren. Zusammen mit externen Experten, z. B. aus der Forschung, werden Potentiale identifiziert und konkrete Umsetzungsmaßnahmen abgeleitet. „Das Vorgehen bietet einen holistischen Ansatz, um die nachhaltige Transformation zu einem Kern der Unternehmensstrategie zu machen. Die Wirtschaftlichkeit bildet dabei eine wichtige Säule“, so Prof. Gries. Darüber hinaus bietet die Nachhaltigkeitsbewertung durch die TÜV SÜD Industrie Service GmbH eine ausgezeichnete Ausgangslage, um die Anforderungen der CSRD, also der „Corporate Sustainability Reporting Directive“ zu erfüllen. So wird Nachhaltigkeit zu einem planbaren Erfolgsfaktor für Unternehmen.

Bildunterschriften:

Abbildung 1: 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) der Vereinten Nationen (Quelle: Vereinte Nationen)

Abbildung 2: Methodischer Ansatz für die Nachhaltigkeitsbewertung eines Unternehmens (Quelle: TÜV SÜD Industrie Service GmbH)

Abbildung 3: Wesentlichkeitsanalyse und Strategieentwicklung (Quelle: TÜV SÜD Industrie Service GmbH)

AutorInnen: Pohlmeyer, Florian1 Wagner, Lucas2 Möbitz, Christian1 Gries, Thomas1

1: Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University, Otto-Blumenthal-Str. 1, 52074 Aachen

2: TÜV SÜD Industrie Service GmbH, Westendstraße 199, 80686 München

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07.07.2023

Innovation durch Zusammenarbeit: wie die Digitalisierung die Vliesstoffindustrie verändern wird

Vliesstoffe Textilmaschinenbau Sensorik

Zusammenfassung

Die Vliesstoffindustrie steht vor zahlreichen Herausforderungen, darunter komplexe Produktionsprozesse, hohe Qualitätsanforderungen, regulatorischer Druck und Fachkräftemangel. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, ist eine zunehmende Automatisierung auf der Grundlage der Digitalisierung der Industrie erforderlich. Obwohl die vierte industrielle Revolution große Versprechen mit sich bringt, hinken viele Unternehmen, einschließlich der Textilindustrie, bei der Umsetzung von Industrie 4.0 noch hinterher. Dies liegt teilweise am hohen Implementierungsaufwand, fehlenden Standards, hohen Kosten, mangelndem Know-how und fehlender Datengrundlage. Um die Vorteile der Digitalisierung nutzen zu können, sollten Unternehmen eine kosteneffiziente Datengrundlage aufbauen und digitale Kooperationen in Ökosystemen eingehen. Die Digitalisierung und die nachhaltige Transformation sollten Hand in Hand gehen, um ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Eine Plattformlösung kann eine skalierbare und interoperable Lösung bieten. Eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren, die gemeinsame Fragen beantworten, ist erforderlich, um ein einheitliches digitales System für die Vliesstoffindustrie aufzubauen. Wenn diese Herausforderungen erfolgreich bewältigt werden, können Unternehmen von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Dies gilt nicht nur für einzelne Unternehmen, sondern für die gesamte Branche. Eine gemeinsame Zusammenarbeit und das Auftreten gegenüber Förderträgern und der Politik sind erforderlich, um diese Ziele zu erreichen. Eine Zusammenarbeit mit anderen Branchen wie der Papierindustrie kann ebenfalls vorteilhaft sein, um Lösungen effizienter und kostengünstiger umzusetzen.

Bericht

Abstract: Die deutsche Industrie befindet sich an einem kritischen Punkt. Während die Nachhaltigkeitsanforderungen durch die zunehmende Regulierung steigen, bietet die Digitalisierung die Chance, Produktionsprozesse zur optimieren und Ressourcen zu sparen. Damit einher gehen zusätzliche bürokratische Hürden, wie auch zuletzt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zum Jahreswechsel gezeigt hat. Um im Wettbewerb bestehen zu können und langfristig erfolgreich zu sein, ist es wichtig, digitale Ökosysteme zur effizienten Verarbeitung der entsprechenden Daten zu entwickeln, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch tragfähig sind. Dies erfordert jedoch ein Umdenken innerhalb der Branche und die Verknüpfung von technologischen Fortschritten mit nachhaltigem Handeln. Dieser Artikel zeigt die bereits erzielten Fortschritte und ein mögliches weiteres Vorgehen auf.

Die Vliesstoffindustrie im Wandel

Der Blick auf den Status Quo zeigt zunächst zahlreiche Problemherde: Der hohe Komplexitätsgrad der Produktionsprozesse, die hohen Qualitätsanforderungen in vielen technischen, systemrelevanten Anwendungen, der zunehmende regulatorische Druck und der allgegenwärtige Fachkräftemangel treffen auf die ohnehin preis- bzw. kostensensible Vliesstoffbranche. Zur Komplexität tragen die große Vielfalt an Rohstoffen, Einflussparametern, Produktionsanlagen und Anwendungen bei. Die zunehmende Regulierung erhöht zusätzlich den Druck, wie z. B. das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz durch die zunehmende Verantwortung für die gesamte Lieferkette zeigt. Die Textilindustrie wird in der europäischen Variante als Risikobranche eingestuft und daher besonders beachtet. In den kommenden Jahren wird durch die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung für viele Unternehmen ebenfalls ein erheblicher zusätzlicher Aufwand entstehen. Diese zusätzlichen Regularien müssen durch immer weniger Fachkräfte erfüllt werden: bis 2060 werden in Deutschland 10-16 Millionen Arbeitskräfte fehlen [FSW21], die europäische Textilindustrie wird schon in der nächsten Dekade 500.000 Arbeitskräfte aufgrund des demografischen Wandels verlieren [Wal22]. Die zunehmenden Herausforderungen sind nur durch eine steigende Automatisierung zu beherrschen, die Grundlage dafür bildet die Digitalisierung der Industrie.

Die vierte industrielle Revolution geht mit großen Versprechen einher, z. B.: Einsparung von Kosten, Steigerung von Umsätzen und Steigerung des Automatisierungsgrades [LBO18]. Jedoch verharren viele Unternehmen noch in den ersten Stufen der Industrie 4.0 und sind weit von den Versprechen entfernt. Das gilt auch für die Textilindustrie, die allerding als ein Vorreiter für Innovationen in diesem Bereich gilt. Die Hauptprobleme liegen im hohen Implementierungsaufwand, der zu Teilen durch fehlende Standards, hohe Kosten, fehlendes Know-how (insbesondere in KMU), einer mangelnden Infrastruktur und einer fehlenden Datengrundlage begründet ist [BDG+22]. Da die hohen Kosten häufig mit einem nur schwer zu quantifizierendem Nutzen einhergehen, werden Projekte im Bereich Industrie 4.0 häufig ausgebremst [VSH+22]. Bei einer fehlenden oder mangelhaften Datengrundlage können selbst die besten Algorithmen im Bereich der Künstlichen Intelligenz keine guten Ergebnisse liefern [RMB+21]. Der Hauptfokus sollte also im Aufbau dieser Datengrundlage mit kosteneffizienten Mitteln liegen. Wichtig zu beachten ist: Digitalisierung, KI oder Machine Learning sollten nicht dem Selbstzweck dienen, sondern stets nur Werkzeuge zum Erreichen von konkreten Zielen sein. Häufig sind einfache und pragmatische Lösungen ausreichend.

Neben den rein ökonomischen Zielen haben Digitalisierungslösungen und darauf aufbauende Anwendungen ein großes Potenzial, auch soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, z. B. durch Effizienzgewinne [BDF+22]. Eine Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens oder der Produktion ist ohne Daten schlicht nicht möglich, sodass die digitale und die nachhaltige Transformation Hand in Hand gehen müssen [Bun20]. Neben dem digitalen Zwilling der Produktion kann zukünftig auch der nachhaltige Zwilling der Produktion aufgebaut werden. Die automatisierte Verfügbarkeit der Daten wird bei einer Anpassung an bestehende Regularien erheblich zum Bürokratieabbau beitragen können, z. B. bei der Nachhaltigkeitsberichtserstattung.

Plattformmodelle als skalierbare Lösung

Eine skalierbare und interoperable Lösungsmöglichkeit bieten Kooperationen in digitalen Ökosystemen [KW22]. Der nahtlose Austausch von Informationen (sowohl unternehmensintern als auch -extern) ist die Voraussetzung für die informationsbasierte Entscheidungsfindung in einem Unternehmen [VSW+18]. Wenn Daten in einheitlicher Form vorliegen, muss die Kompatibilität nicht erst aufwändig im Anschluss herbeigeführt werden. Diese Vereinheitlichung kann durch digitale Plattformen sichergestellt werden werden, denen z. B. standardisierte Datenmodelle zugrunde liegen. In Community-basierten Ökosystemen können zunächst gemeinsame Grundlagen der Zusammenarbeit in Form von Standards erarbeitet werden. Als simples Beispiel ist hier die einheitliche Namensgebung von Variablen in Vliesstoffanlagen zu nennen. In plattformbasierten Ökosystemen werden unternehmensübergreifende technische Entwicklungen und digitale Services entwickelt. Wie das Zusammenspiel in der Vliesstoffindustrie aussehen könnte, ist in Abbildung 1 dargestellt. [Bun21]

Die Plattform bündelt die jeweils notwendigen Aktivitäten für die Lösungsmöglichkeiten in digitalen Ökosystemen. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Teilnehmer des Ökosystems auch jeweils mehrere Rollen einnehmen können. Beispielhaft können die Vliesstoffmaschinenbauer gleichzeitig zum Betreiber der Plattform werden. Außerdem ist es nicht erforderlich, dass die Daten der Vliesstoffproduzenten in eine externe Softwarelösung geladen werden müssen: eine interne Datenspeicherung on-premise ist jederzeit möglich. Ein beispielhafter Aufbau einer Plattform für die Vliesstoffindustrie ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Vliesstoffhersteller profitieren als Geräte-Nutzer von digitalen Services, wie z. B. Predictive Maintenance, die vom Maschinenbau als Geräte-Hersteller zur Verfügung gestellt werden. Service-Anbieter, wie z. B. Entwicklung von Applikationen mit Künstlicher Intelligenz, können ebenfalls externe Services auf der Plattform anbieten. Die drei Ebenen werden zentral durch einen Orchestrator zusammengeführt. Ein Akteur kann jeweils mehrere Rollen einnehmen. So kann ein Vliesstoffmaschinenbauer oder ein Zusammenschluss von Maschinenbauern ebenfalls zum Orchestrator der Plattform werden. Dem Maschinenbau wird es möglich zusätzliche Services anzubieten und damit insgesamt die Qualität seiner Produkte zu erhöhen. Der Einsatz und Service seiner Maschinen wird optimiert, Kunden gebunden und das Angebotsportfolio erweitert. Dem Vliesstoffproduzenten wird es möglich, Daten effizient und herstellerübergreifend auszuwerten und auf zahlreiche Service-Dienstleistungen gleichzeitig zuzugreifen. [Bun21]

Abbildung 1: Beispielhafter Aufbau einer Plattformlösung für die Vliesstoffindustrie [nach Bun21] (s. Anlage)

Die Anwendungsfälle in der Vliesstoffindustrie reichen von der einfachen Visualisierung von Daten bis zur automatisierten Auswertung und Steuerung von Produktionsanlagen. Die Plattformlösung vereinheitlicht die Anwendungsfälle und verhindert die Schaffung von teuren Insellösungen. Der hohe Aufwand der Integration von Daten wird deutlich reduziert und die Skalierbarkeit von Lösungen wird möglich.

Fundamente für die Zusammenarbeit

Die Ausführungen zeigen auch: für den Aufbau eines einheitlichen digitalen Systems für die Vliesstoffindustrie ist eine Zusammenarbeit verschiedener Akteure erforderlich. Fragen die gemeinschaftlich beantwortet werden müssen sind z. B. folgende:

  • Welche Daten müssen für eine datenbasierte Modellierung von Vliesstoffverfahren erhoben werden?
  • Welche Datenquellen sind erforderlich?
  • Wie muss eine einheitliche Datenerhebung (z. B. einheitliche Bezeichnung von Variablen oder Qualitätsgrößen) aussehen?

Nur durch die gemeinschaftliche Beantwortung solcher Fragen sind die technischen Herausforderungen einer solchen Plattform zu beherrschen, die durch das breite Spektrum unterschiedlicher Maschinen und Strukturen bestehen. Auch rechtliche Fragen und Fragen des Datenschutzes sind in der Anfangsphase zu klären. Beim Aufbau der Strukturen können neutrale Forschungsinstitutionen wie das Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen oder das in Düren geplante Digital Nonwoven Innovation Center (D-NIC) in öffentlich geförderten Forschungsprojekten unterstützen.

Vorteile für die gesamte Branche

Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Vliesstoffbranche vor zahlreichen Herausforderungen steht. Der hohe Komplexitätsgrad der Produktionsprozesse, die hohen Qualitätsanforderungen, der regulatorische Druck und der Fachkräftemangel erfordern eine steigende Automatisierung von Entscheidungen, die auf der Digitalisierung der Industrie basiert. Viele Unternehmen sind jedoch noch weit von den Versprechen der vierten industriellen Revolution entfernt. Um diese Herausforderungen zu bewältigen und Potenziale zu heben, sollten Unternehmen eine kosteneffiziente Datengrundlage aufbauen, die die Basis für die Implementierung von Industrie 4.0 darstellt. Digitale Kooperationen in Ökosystemen können eine skalierbare und interoperable Lösungsmöglichkeit bieten. Die Digitalisierung und die nachhaltige Transformation müssen Hand in Hand gehen, um ökonomische, soziale und ökologische Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Wenn Unternehmen diese Herausforderungen erfolgreich meistern, können sie von den Vorteilen der Digitalisierung profitieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Diese Vorteile beziehen sich nicht nur auf einzelne Akteure, sondern gelten für die gesamte Branche. Dafür ist ein gemeinsames Handeln und Auftreten (z. B. gegenüber Förderträgern oder der Politik) erforderlich. Auch die Zusammenarbeit mit weiteren Branchen wie der Papierindustrie ist denkbar, um entwickelte Lösungen besser skalieren zu können und damit kosteneffizienter zu gestalten.

Literatur:

[BDF+22]                      Boll, Susanne; Dowling, Michael; Faisst, Wolfgang; Mordvinova, Olga; Pflaum, Alexander; Rabe, Martin; Veith, Eric; Nieße, Astrid; Gülpen, Christian; Schnell, Markus; Terzidis, Orestis; Riss, Uwe; Eckerle, Christin; Manthey, Sarah; Pehlken, Alexandra; Zielinski, Oliver:
Mit Künstlicher Intelligenz zu nachhaltigen Geschäftsmodellen: 2022

[BDG+22]                      Bauer, W.; Dirzus, D.; Gülpen, C.; Kiupel, N.; Kubach, U.; Mantwill, F.; Matysczok, C.; Otten, W.; Pickel, P.; Teschner, W.; Wenzel, S.; Westerkamp, D.; Weyrich, M.:
Künstliche Intelligenz im Ingenieuralltag
Berlin: Juli 2022

[Bun20]                         Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi):
Nachhaltige Produktion: Mit Industrie 4.0 die Ökologische Transformation aktiv gestalten
Berlin: November 2020,
https://www.plattform-i40.de/IP/Redaktion/DE/Downloads/Publikation/Nachhaltige-Produktion.pdf?__blob=publicationFile&v=5

[Bun21]                         Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi):
Digitale Ökosysteme in der Industrie - Typologie, Beispiele und zukünftige Entwicklung: April 2021

[FSW21]                        Fuchs, Johann; Söhnlein, Doris; Weber, Brigitte:
IAB-Kurzbericht - Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Nürnberg: 23.11.2021

[KW22]                          Kagermann, H.; Wahlster, W.:
Ten Years of Industrie 4.0
Sci Band:4 (2022)    H. 3, S. 26

[LBO18]                         Leyh, C.; Bley, K.; Ott, M.:
Chancen und Risiken der Digitalisierung
In Hofmann, Josephine:
Arbeit 4.0 - Digitalisierung, IT und Arbeit. - Wiesbaden: Springer Vieweg, 2018, S. 29–51

[RMB+21]                      Rueden, L. von; Mayer, S.; Beckh, K.; Georgiev, B.; Giesselbach, S.; Heese, R.; Kirsch, B.; Walczak, M.; Pfrommer, J.; Pick, A.; Ramamurthy, R.; Garcke, J.; Bauckhage, C.; Schuecker, J.:
Informed Machine Learning - A Taxonomy and Survey of Integrating Prior Knowledge into Learning Systems
IEEE Transactions on Knowledge and Data Engineering (2021), S. 1

[VSH+22]                      Volkwein, Malte; Schmitt, Jan; Heidelbach, Joachim; Schöllhammer, Oliver; Evcenko, Dimitri; Kett, Holger:
Blinde Flecken in der Umsetzung von Industrie 4.0 – identifizieren und verstehen
München: 14.03.2022

[VSW+18]                     Vialkowitsch, Jens; Schell, Otto; Willner, Alexander; Vollmar, Friedrich; Schulz, Thomas; Pethig, Florian; Neidig, Jörg; Usländer, Thomas; Reich, Johannes; Nehls, Daniel; Lieske, Matthias; Diedrich, Christian; Belyaev, Alexander; Bock, Jürgen; Deppe, Torben:
I4.0-Sprache - Vokabular, Nachrichtenstruktur und semantische Interaktionsprotokolle der I4.0-Sprache
Berlin: April 2018

[Wal22]                          Walter, Lutz:
Ready to Transform - A Strategic Research and Innovation Agenda to underpin the EU Strategy for Sustainable and Circular Textiles
Brüssel: April 202
2

 

*Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen University, Otto-Blumenthal-Str. 1, 52074 Aachen

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20.06.2023

Development of heavy tows from recycled carbon fibers for low-cost and high performance thermoset composites (rCF heavy tows)

Rohstoffe Fasern Garne Composites Textilmaschinenbau Recycling Nachhaltigkeit Kreislaufwirtschaft Technische Textilien

Zusammenfassung

Within the framework of the IGF research project (21612 BR), the entire process chain for the industrial production of novel twist-free rCF heavy tows was developed at ITM. In particular, a novel technology for the production of rCF heavy tows based on recycled carbon (rCF ≥ 90 vol.%) and hot melt adhesive fibers (< 10 vol.%) was designed, constructed and successfully implemented. This includes fiber preparation, the carding process for card sliver formation, the stretching process for drawn sliver formation, and the final fabrication of the rCF heavy tows from rCF and hot melt adhesive fibers in a newly developed test set-up. The suitability of the developed technology is demonstrated by the implementation of rCF heavy tows with different rCF types, fiber lengths and fiber volume contents and a demonstrator. The developed rCF heavy tows with finenesses between 3000-7000 tex and their further processability into textile semi-finished products were successfully demonstrated. The developed rCF Heavy Tows and composites based on them exhibit a maximum composite tensile strength and a maximum Young’s modulus of 1158±72 MPa and 80±5.7 GPa, respectively. The rCF Heavy Tows are thus applicable for low-cost thermoset composites with high performance and complex geometry. Thus, the developed rCF Heavy Tows offer a very high innovation and market potential in the fields of materials and materials, lightweight construction, environmental and sustainability research, and resource efficiency. This opens up the opportunity for SMEs in the textile industry to develop new products and technologies for the fiber composite market and to establish themselves as suppliers for the automotive, mechanical engineering and aerospace, medical and sports equipment industries.

Bericht

Introduction, problem definition and aim of the project

Carbon fiber-reinforced plastics (CFRP) are increasingly used in lightweight applications due to their high stiffness and strength as well as low density, especially in aerospace, transportation, wind energy, sports equipment or construction. Global demand of CFRP is predicted to increase to 197,000 t/a by 2024, almost tripling compared to 2011. This shows an urgent need for solutions to recycle the high quality carbon fiber (rCF) in terms of the circular economy. This is necessary not only due to strict legal regulations, but also for ecological and economic reasons. In recent years, numerous research institutes and companies developed solutions for the reuse of rCF in the fields of nonwovens, injection molding or as hybrid yarns. However, the majority of these works involve the use of rCF in combination with thermoplastic fibers for thermoplastic composites. In the field of rCF-based thermoset CFRP, mainly rCF nonwovens made of 100% rCF have been so far developed. Since the fibers in the nonwovens mostly have a limited length and a low orientation and process-related additional high fiber damage occurs, with these materials only maximum 30% of the composite characteristic values of CFRP components made of carbon filament yarns can be so far achieved.

Currently, the matrix systems used in the field of high mechanical loaded CFRPs are predominantly thermoset. Such components exhibit high dimensional stability, high stiffness and strength as well as are suitable for the implementation of complex component geometries due to low-viscosity matrix systems. However, primary carbon filament yarns are particularly used for these components due to the insufficient properties of rCF. In addition to low sustainability, the utilization of these filament yarns result in at least 200 % higher cost. The production of primary carbon filament yarn requires a high-energy demand of about 230 MJ/kg with a CO2 emission equivalent to 20 kg CO2/kg CF. Here, a significant improvement of the CO2 balance is required to make a substantial contribution to the envisaged climate protection goals of the Federal Republic of Germany and the EU. For this reason, the focus of the project work is the development of novel, sustainable rCF heavy tows made of recycled carbon fibers (rCF) and associated manufacturing technologies for the implementation of cost-effective thermoset composites with high mechanical performance.

Acknowledgments

The IGF project 21612 BR of the Research Association Forschungskuratorium Textil e.V. was funded by the Federal Ministry of Economics and Climate Protection (BMWK) via the AiF within the framework of the program for the promotion of joint industrial research and development (IGF) on the basis of a resolution of the German Bundestag. We would like to thank the above-mentioned institutions for providing the financial resources.

AutorInnen: Mahmud Hossain, Anwar Abdkader und Chokri Cherif

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

https://tu-dresden.de/mw/itm

rCF fiber yarn Composite textile machine

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20.06.2023

Entwicklung von Heavy Tows aus recycelten Carbonfasern für kostengünstige duroplastische Composites mit hohem Leistungsvermögen (rCF-Heavy Tows)

Rohstoffe Fasern Garne Composites Textilmaschinenbau Recycling Nachhaltigkeit Kreislaufwirtschaft Technische Textilien

Zusammenfassung

Im Rahmen des IGF-Forschungsvorhabens (21612 BR) wurde am ITM die gesamte Prozesskette zur industriellen Herstellung neuartiger drehungsfreier rCF-Heavy Tows entwickelt. Insbesondere wurde eine neuartige Technologie zur Herstellung von rCF-Heavy Tows auf Basis recycelter Carbon- (rCF, ≥ 90 Vol.-%) und Schmelzklebefasern (< 10 Vol.-%) konzipiert, konstruiert und erfolgreich umgesetzt. Diese umfasst die Faseraufbereitung, den Krempelprozess zur Krempelbandbildung, den Streckprozess zur Streckenbandbildung sowie die abschließende Fertigung der rCF-Heavy Tows aus rCF und Schmelzklebefasern in einem neuen entwickelten Versuchsstand. Der Nachweis der Eignung der entwickelten Technologie erfolgt mit der Umsetzung von rCF-Heavy Tows mit unterschiedlichen rCF Typen, Faserlängen und Faservolumengehalten und eines Demonstrators. Die entwickelten rCF-Heavy Tows mit Feinheiten zwischen 3000-7000 tex und deren Weiterverarbeitbarkeit zu textilen Halbzeugen wurden erfolgreich nachgewiesen. Die entwickelten rCF-Heavy Tows und darauf basierende Verbunde weisen eine maximale Verbundzugfestigkeit bzw ein maximales Zug-Modul von 1158±72 MPa bzw. 80±5,7 GPa auf. Die rCF Heavy Tows sind somit für kostengünstige duroplastische Composites mit hohem Leistungsvermögen und komplexer Geometrie einsetzbar. Damit bieten die entwickelten rCF-Heavy Tows ein sehr hohes Innovations- und Marktpotential in den Bereichen Werkstoffe und Materialien, Leichtbau, Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung sowie Ressourceneffizienz. Damit eröffnet sich die Gelegenheit für KMU der Textilindustrie neue Produkte und Technologien für den Faserverbundwerkstoffmarkt und sich als Lieferant für die Automobil-, Maschinenbau- sowie Luftfahrt-, Medizin- und Sportgeräteindustrie zu etablieren.

Bericht

Einleitung, Problemstellung und Zielsetzung

Carbonfaserverstärkte Verbundwerkstoffe (CFK) werden aufgrund ihrer hohen Steifigkeit und Festigkeit sowie der geringen Dichte zunehmend in Leichtbauanwendungen eingesetzt, insbesondere in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Transport, Windenergie, Sport oder Bau. Der globale CFK Bedarf wird sich Prognosen zufolge bis 2024 auf 197.000 t/a erhöhen und damit im Vergleich zu 2011 fast verdreifachen. Das zeigt den dringenden Bedarf an Lösungen zur Wiederverwertung der hochwertigen CF (rCF) im Sinne der Circular Economy. Das ist nicht nur aufgrund strenger rechtlicher Bestimmungen, sondern auch aus ökologischen sowie ökonomischen Gründen eine Notwendigkeit. Zahlreiche Forschungsinstitute und Unternehmen entwickelten in den letzten Jahren Lösungen zur Wiederverwendung von rCF in den Bereichen Vliesstoffe, Spritzgießen oder als Hybridgarne. Diese Arbeiten umfassen allerdings mehrheitlich den Einsatz von rCF in Kombination mit thermoplastischen Fasern für thermoplastische Composites. Für den Bereich rCF basierter duroplastischer CFK wurden bisher vorwiegend rCF-Vliesstoffe aus 100% rCF entwickelt. Da die Fasern in den Vliesstoffen prinzipbedingt nur eine begrenzte Länge und eine geringe Orientierung aufweisen und zusätzlich prozessbedingt hohen Faserschädigung auftreten, sind damit bisher nur max. 30% der Verbundkennwerte von CFK-Bauteilen aus Carbonfilamentgarnen erreichbar.

Aktuell sind die im Bereich hochbelastbarer CFK verwendeten Matrixsysteme überwiegend duroplastisch. Derartige Bauteile weisen eine hohe Formstabilität und hohe Steifigkeiten sowie Festigkeiten auf und eignen sich aufgrund niedrigviskoser Matrixsysteme zur Umsetzung komplexer Bauteilgeometrien. Jedoch werden aufgrund der bisher für diese Bauteile nur ungenügend in rCF abbildbaren, notwendigen Eigenschaften vorrangig Primärcarbonfilamentgarne eingesetzt. Neben einer geringen Nachhaltigkeit verursacht das auch um mind. 200 % höhere Kosten. Die Herstellung primäres Carbonfilamentgarnes erfordert einen hohen Energiebedarf von ca. 230 MJ/kg mit einem CO2-Emissionsäquivalent von 20 kg CO2/kg CF. Hier ist eine deutliche Verbesserung der CO2-Bilanz notwendig, um einen wesentlichen Beitrag zu den anvisierten Klimaschutzzielen der BRD bzw. der EU leisten zu können. Aus diesem Grund ist der Fokus der Projektarbeit die Entwicklung neuartiger, nachhaltiger rCF-Heavy Tows aus recycelten Carbonfasern (rCF) und dazugehöriger Fertigungstechnologien zur Umsetzung kostengünstiger duroplastischer Composites mit hohem Leistungsvermögen.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 21612 BR der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir danken den genannten Institutionen für die Bereitstellung der finanziellen Mittel.

AutorInnen: Mahmud Hossain, Anwar Abdkader und Chokri Cherif

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

https://tu-dresden.de/mw/itm

rCF Faser Garn Composite Textilmaschinenbau

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05.04.2023

High-efficiency electrodes with ultralight fabric-based current collectors for lithium-ion batteries

Gewebe Nachhaltigkeit Technische Textilien

Zusammenfassung

Lithium-ion batteries (LIB) are indispensable key components for electro mobility and the success of the energy transition. They offer high energy density and high cycle stability. Eight partners from industry and science are developing technologies and components in the funded project "revoLect" (funding code: 03ETE041) in order to be able to produce resource-saving and more efficient LIBs. The project is pursuing two key innovations: the replacement of the usual metal foils with a metallized fabric structure and the use of silicon as anode material.

Bericht

Batteries are one of the key components for the success of the global energy transition. They are indispensable as stationary energy storage devices in combination with electricity from renewable energies and are a basic prerequisite for electro mobility. The demand for batteries is currently increasing enormously. Already, about 16% of newly registered passenger cars in Germany have an electric drive [1]. In addition to this increasing demand for electro mobility, there is also an increasing demand for batteries for smartphones, laptops, electric bicycles and stationary energy storage

The most important current battery type is lithium-ion batteries (LIB). Their high energy density and high cycle stability offer a long range for electric vehicles at marketable costs. The task now is to exploit the potential of the batteries by further developing all their components and their production technologies. This is the goal pursued by the eight project partners of the revoLect project funded by the German Federal Ministry of Economics and Climate Protection BMWK. The project partners are pooling their expertise along the entire process chain of battery production. In the project, novel electrodes with lightweight fabric-based current collectors are being developed for lithium-ion batteries using a resource-saving technology. This technology requires less use of primary raw materials such as copper and aluminum compared to previous lithium-ion batteries. At the same time, this technology enables higher energy densities and thus further material savings from the cell to the system level. Another development focus is the use of pure silicon as anode material in combination with the lightweight fabric structure of the electrodes.

Project partner PORCHER INDUSTRIES GERMANY GmbH is a specialist in the production of glass fabrics from glass filament yarns. In the revoLect project, PORCHER INDUSTRIES is developing ultralight glass fabrics as the basis for electricity collectors. The aim here is to produce ultralight fabrics from the finest glass filament yarns. In parallel, the Dresden University of Technology, Institute of Textile Machinery and High Performance Material Technology (ITM), is developing ultralight carbon fabrics based on a carbon spreading technology for the highly efficient electrodes.

The developed carbon and glass fabrics are metallized by elfolion GmbH by vacuum processes for use as current collectors. The current collector strip material is provided for the production of composite electrodes. elfolion itself is aiming at the realization of a cell cathode, consisting of fractal porous solid structures, which are the active component of the electrode. Compared to the state of the art, the open-mesh and lightweight structure of the fabrics and the porous coating lead to significantly reduced material usage and larger active surfaces. This increases the energy density of battery cells significantly in terms of both mass and volume.

The RWTH Aachen University, Chair of Production Engineering of E-Mobility Components (PEM), is developing processes for coating the fabric-based current collectors with slurry-based electrode materials. Among other things, the pilot plant for cell production is being adapted to process the novel materials. In addition, it is investigating the design and production of the battery cells based on the components provided by the project partners.

Fraunhofer FEP's goal in the revoLect project is to develop a process for depositing silicon on the fabric structures. Claus Luber explains: "We have to match the silicon layer and the fabric structures in such a way that an optimum is achieved with regard to the gravimetric energy density of the anode. Fraunhofer FEP has decades of experience in the development of roll-to-roll technologies. Based on this, we will develop a suitable and economically attractive roll-to-roll vapor deposition process."

The partner CUSTOMCELLS ® coats the novel substrates with electrode paste under industry-standard conditions. Subsequently, the performance of the batteries is tested by electrochemical measurements.

The Institute for Experimental Physics at the Technical University of Freiberg is involved in the characterization of the processed individual components and button and pouch cells. From this, microstructure-property correlations as well as design proposals and processing parameters will be derived for the cooperation partners.

ROMONTA GmbH interconnects the manufactured cells to battery systems and carries out final practice-related application tests. In the evaluation, cell parameters such as aging and current/voltage resistance are to be analyzed and transferred to the mobile application. This will ensure the powerful performance of the LIB.

Lithium-ion batteries with significantly increased energy density and lower material consumption compared to the state of the art: this is the ambition of the project consortium. All partners in the revoLect project will be working at full speed over the next 3 years on application-oriented development along the entire process chain for the production of highly efficient lithium-ion batteries.

[1] source: ADAC- new car registrations in November 2022, www.adac.de/news/neuzulassungen-kba/

About the project

revoLect - High-efficiency electrodes with ultralight fabric-based current collectors for lithium-ion batteries. Subproject: Development of vacuum technologies for the productive deposition of columnar silicon layers on fabric.

Funding reference: 03ETE041                   

Duration: 01.09.2022 – 31.08.2025

Project partner:

  • Fraunhofer Institute for Organic Electronics, Electron Beam and Plasma Technology FEP
  • Technische University of Technology – Faculty of Chemistry and Physics - Institute for Experimental Physics
  • Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen - Faculty 4 – Mechanical Engineering – Chair of Production Engineering of E-Mobility Components (PEM)
  • Dresden University of Technology – Faculty of Mechanical Engineering – Institute for Textile Machinery and Textile High Performance Materials
  • Porcher Industries Germany GmbH
  • elfolion GmbH
  • ROMONTA GmbH
  • CUSTOMCELLS®

 

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

https://tu-dresden.de/mw/itm

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05.04.2023

Hocheffiziente Elektroden mit ultraleichten Stromsammlern auf Gewebebasis für Lithium-Ionen-Batterien

Gewebe Nachhaltigkeit Technische Textilien

Zusammenfassung

Lithium-Ionen-Batterien (LIB) sind unverzichtbare Schlüsselkomponenten für die Elektromobilität und das Gelingen der Energiewende. Sie bieten eine hohe Energiedichte und hohe Zyklenfestigkeit. Acht Partner aus Industrie und Wissenschaft entwickeln im Förderprojekt „revoLect“ (Förderkennzeichen: 03ETE041) Technologien und Komponenten, um ressourcenschonende und effizientere LIBs produzieren zu können. Das Projekt verfolgt zwei wesentliche Innovationen: der Ersatz der üblichen Metallfolien durch eine metallisierte Gewebestruktur als Stromsammler und der Einsatz von Silizium als Anodenmaterial.

Bericht

Batterien sind eine der Schlüsselkomponenten für den Erfolg der globalen Energiewende. Sie sind unverzichtbar als stationäre Energiespeicher im Zusammenspiel mit Strom aus erneuerbaren Energien und stellen eine Grundvoraussetzung der Elektromobilität dar. Der Bedarf an Batterien steigt gegenwärtig enorm. Bereits jetzt haben etwa 16% der neuzugelassenen PKW in Deutschland einen Elektroantrieb [1]. Zu diesem steigenden Bedarf bei der Elektromobilität kommt der steigende Bedarf an Batterien für Smartphones, Laptops, Elektrofahrrädern und die stationäre Energiespeicherung.

Der wichtigste gegenwärtige Batterietyp sind Lithium-Ionen-Batterien (LIB). Ihre hohe Energiedichte und hohe Zyklenfestigkeit bieten eine hohe Reichweite für Elektrofahrzeuge zu marktfähigen Kosten. Nun gilt es, das Potenzial der Batterien durch eine Weiterentwicklung all ihrer Komponenten und deren Produktionstechnologien auszuschöpfen. Dieses Ziel verfolgen die acht Projektpartner des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK geförderten Projektes revoLect. Die Projektpartner bündeln ihre Kompetenzen entlang der gesamten Prozesskette der Batterieproduktion. Im Projekt werden neuartige Elektroden mit leichtgewichtigen Stromsammlern auf Gewebebasis für LIB mit einer ressourcenschonenden Technologie entwickelt. Diese Technologie erfordert einen geringeren Einsatz von Primärrohstoffen wie zum Beispiel Kupfer und Aluminium, verglichen mit etablierten Verfahren. Gleichzeitig ermöglicht diese Technologie höhere Energiedichten und dadurch weitere Materialeinsparungen von der Zell- bis zur Systemebene. Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt ist der Einsatz von reinem Silizium als Anodenmaterial in Kombination mit der leichten Gewebestruktur der Elektroden.

Der Projektpartner PORCHER INDUSTRIES GERMANY GmbH ist ein Spezialist für die Fertigung von Glasgeweben aus Glasfilamentgarnen. Im Projekt revoLect entwickelt PORCHER INDUSTRIES ultraleichte Glas-Gewebe als Basis für die Stromkollektoren. Ziel ist hier ultraleichte Gewebe aus feinsten Glasfilamentgarnen herzustellen. Parallel dazu erarbeitet die Technische Universität Dresden, Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM), ultraleichte Carbongewebe auf Basis einer Carbonspreiztechnologie für die hocheffizienten Elektroden.

Die entwickelten Carbon- und Glasgewebe werden von der elfolion GmbH durch vakuumtechnische Verfahren für den Einsatz als Stromkollektoren metallisiert. Das Stromkollektor-Bandmaterial wird zur Herstellung von Elektroden im Verbund bereitgestellt. Die elfolion selbst strebt die Realisierung einer Zell-Kathode, bestehend aus fraktalen porösen Festkörperstrukturen, die die Aktivkomponente der Elektrode darstellen, an. Die offenmaschige und leichte Struktur der Gewebe und die poröse Beschichtung führt gegenüber dem Stand der Technik zu deutlich reduziertem Materialeinsatz und größeren aktiven Oberflächen. Damit wird sowohl masse- als auch volumenbezogen die Energiedichte von Batteriezellen deutlich gesteigert.

Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components (PEM), erarbeitet Prozesse zur Beschichtung der gewebebasierten Stromkollektoren mit Elektrodenmaterialien auf Slurrybasis. Dazu wird u.a. die Pilotanlage zur Zellproduktion auf die Verarbeitung der neuartigen Materialien adaptiert. Darüber hinaus untersucht sie die Auslegung und Produktion der Batteriezellen beruhend auf den, durch die Projektpartner, zur Verfügung gestellten Komponenten.

Das Ziel des Fraunhofer FEP im Projekt revoLect besteht in der Entwicklung eines Verfahrens zur Abscheidung von Silizium auf den Gewebestrukturen. Claus Luber erläutert: „Die Siliziumschicht und die Gewebestrukturen müssen wir so aufeinander abstimmen, dass hinsichtlich der gravimetrischen Energiedichte der Anode ein Optimum erzielt wird. Das Fraunhofer FEP hat jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung von Rolle-zu-Rolle-Technologien. Darauf aufbauend werden wir einen passenden und ökonomisch attraktiven Rolle-zu-Rolle Bedampfungsprozess entwickeln.“

Der Partner CUSTOMCELLS® beschichtet die neuartigen Substrate mit Elektrodenpaste unter industrieüblichen Bedingungen. Anschließend wird durch elektrochemische Messungen die Leistungsfähigkeit der Batterien geprüft.

Das Institut für Experimentelle Physik der Technischen Universität Bergakademie Freiberg beschäftigt sich projektbegleitend mit der Charakterisierung der prozessierten Einzelkomponenten sowie Knopf- und Pouch-Zellen. Daraus werden Mikrostruktur-Eigenschaft-Korrelationen sowie Designvorschläge und Prozessierungsparameter für die Kooperationspartner abgeleitet.

Die ROMONTA GmbH schaltet die hergestellten Zellen zu Batteriesystemen zusammen und führt abschließende praxisbezogene Anwendungstests durch. In der Auswertung sollen Zellparameter wie z.B. Alterung und Strom-/Spannungsfestigkeit analysiert und auf die Anwendung im mobilen Bereich übertragen werden. Dadurch wird die leistungsstarke Performance der LIB sichergestellt.

LIB mit einer deutlich erhöhten Energiedichte und einem geringeren Materialverbrauch gegenüber dem Stand der Technik: das ist die Ambition des Projektkonsortiums. Alle Partner des Projektes revoLect arbeiten in den nächsten 3 Jahren mit Hochdruck an der anwendungsnahen Entwicklung entlang der gesamten Prozesskette zur Herstellung hocheffizienter LIB.

[1] Quelle: ADAC- Neuzulassungen im November 2022, www.adac.de/news/neuzulassungen-kba/

Über das Projekt

revoLect - Hocheffiziente Elektroden mit ultraleichten Stromsammlern auf Gewebebasis für Lithium-Ionen-Batterien

Förderkennzeichen: 03ETE041                  

Förderzeitraum: 01.09.2022 – 31.08.2025

Projektpartner:

  • Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP
  • Technische Universität Freiberg – Fakultät für Chemie und Physik – Institut für Experimentelle Physik
  • Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen - Fakultät 4 - Maschinenwesen - Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM)
  • Technische Universität Dresden - Fakultät Maschinenwesen - Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik
  • Porcher Industries Germany GmbH
  • elfolion GmbH
  • ROMONTA GmbH
  • CUSTOMCELLS®

Technische Universität Dresden
Fakultät Maschinenwesen
Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

https://tu-dresden.de/mw/itm

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18.10.2022

Development of Textile Structures with Material-Intrinsic Shape Changing Capabilities for Regenerative Medicine (TexMedActor)

Garne Gewebe Nachhaltigkeit Technische Textilien Medizin

Zusammenfassung

In the IGF project 21022 BR/1 "TexMedActor", fabrics based on shape memory or electroactive yarns were developed which are capable of enclosing defects in hollow organs on the one hand and stimulating cells by micro-movements on the other. For this purpose, influences of spinning process and material composition on the shape memory behavior of TPU-based yarns were characterized and, in particular, the activation temperature was adjusted to values of the body core and body surface temperature. Furthermore, piezoelectric PVDF yarns were developed whose proportion of polar crystal phases was significantly increased by the spinning parameters and post-treatment, which also increased the piezoelectric behavior of the material. This allowed dynamic changes in pore size to be demonstrated in situ, which can have a stimulating effect on cells. With a new process and a new product group (textiles with intrinsic, active shape-changing capability), the results offer high innovation potential not only for medical devices, but also for a wide range of lucrative applications in a variety of niches, such as sports textiles and filter textiles. Furthermore, these can be used as a basis for the development of extracorporeal medical products such as compression textiles, bandages and orthoses.

Bericht

Introduction and Objective

In Germany, both demographic changes in society and injuries resulting from trauma are leading to a high proportion of people with cardiovascular diseases or injuries to vessels and internal organs requiring treatment. Treatment of injuries to internal organs, vessels, or nerves usually requires complex procedures (anastomoses) that involve elaborate fixation and suturing. These complicated and elaborate procedures are often associated with long procedure times, which in turn directly correlate with increased complication rates [1-3]. Tubular plastic implants are increasingly being developed to bridge such defects. These single material structures do not allow tissue/ cell ingrowth. Therefore, they run counter to the concept of regenerative medicine, which aims to restore body tissues and cells. In addition, when the defects are filled, regeneration is often disturbed due to the structural-mechanical properties that are not adapted to biomechanics. Furthermore, the lack of interconnectivity of the pore spaces of the replacement structures prevents the cell ingrowth, cell growth, nutrient supply and the removal of metabolic products.

In the context of in vitro tissue engineering, in addition to static cell culture systems, dynamic systems are also being developed. These are based, for example, on continuous or pulsating fluid flows or on a cyclic stretching of a clamped cell support system or substrate [4]. However, a replication of natural mechanical growth stimuli is not possible with such bioreactor systems because, especially in larger structures, there is a locally increased flow velocity along the largest pores or only an overflow of the entire cell support system. Additionally, undesirable stress peaks and undefined distortions occur in the region of the clamps and supports in mechanically stimulated systems.

Since the native structure of the four most important tissue types (connective and supporting tissue, nervous, muscular and epithelial tissue) from which organs, such as bones, blood vessels, muscles, tendons and ligaments, are formed, consists of fiber-like constructs, these can be particularly well biomimicked with textile structures. With the help of pre-designed fiber arrangements, three-dimensional, complex geometries with interconnecting pore spaces can be built up. The cells can use these structures to orient themselves in their growth direction [5]. Therefore, fiber-based high-tech structures are particularly predestined to overcome the limitations of currently available implants.

Therefore, within the framework of the IGF research project TexMedActor (21022 BR/1) novel textile structures with material-intrinsic shape changing capabilities were developed for regenerative medicine with a variety of different application fields, especially anastomosis. The concept pursued envisages the textile-technological realization of structures with a shape memory effect. The textiles should be able to assume predetermined geometries in order to adapt interactively to defects and to simplify complex interventions to bridge or support defects in internal organs like vessel and nerves. Furthermore, these textiles are intended to enable electromechanical stimulation for the actively targeted stimulating of cell growth. In this way, regeneration is accelerated or even made possible in the first place, since the necessary stimuli for tissue- and cell-adapted growth stimulation are lacking, especially in the case of body tissues with weak or no blood supply, such as cartilage, tendons, ligaments, or in the case of wound healing disorders or chronic wounds. Furthermore, novel bioreactors based on the intrinsic properties of the textile structures will be developed, which use the mechanism of action for electromechanical stimulation to uniformly stimulate the cells at each site even in highly complex and large-scale cell carrier structures. Here, the mechanical stimuli originate from the material itself. This material-intrinsic stimulation represent a new method for optimal cell cultivation, by stimulating cell on the textile cell carrier structures without externally applied fluid flows or mechanical deformation. This is intended to overcome two recognized medical technology problems: 1) complicated, costly operations on internal organs, vessels or nerves that are difficult or impossible to perform with minimally invasive procedures, and 2) lack of tissue- and cell-adapted stimuli for promotion of growth in previously used replacement structures and materials as well as currently available dynamic cell culture systems.

Acknowledgement

The IGF project 21022 BR/1 of the Research Association Forschungskuratorium Textil e.V. was funded by the Federal Ministry of Economics and Climate Protection via the AiF within the framework of the program for the promotion of joint industrial research (IGF) on the basis of a resolution of the German Bundestag. We would like to thank the above-mentioned institutions for providing the financial resources. Furthermore, we want to thank the member of the “Projektbegleitender Ausschuss” (project accompanying committee) for their support during the project.

AutorInnen: Benecke, Lukas; Aibibu, Dilbar; Cherif, Chokri

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18.10.2022

Entwicklung von Textilstrukturen mit materialintrinsischem Formänderungsvermögen für die regenerative Medizin (TexMedActor)

Garne Gewebe Nachhaltigkeit Technische Textilien Medizin

Zusammenfassung

Im IGF-Projekt 21022 BR/1 „TexMedActor“ wurden Gewebe auf Basis von Formgedächtnis- bzw. Elektroaktiven-Garnen entwickelt, die in der Lage sind, einerseits Defekte an Hohlorganen zu umschließen und andererseits durch Mikrobewegungen Zellen stimulieren zu können. Dafür wurden Einflüsse von Spinnverfahren und Materialzusammensetzung auf das Formgedächtnisverhalten TPU-basierter Garne charakterisiert und insbesondere die Aktivierungstemperatur auf Werte der Körperkern- und Körperoberflächentemperatur eingestellt. Weiterhin wurde piezoelektrische PVDF-Garne entwickelt, deren Anteil polarer Kristallphasen durch die Spinnparameter und Nachbehandlung deutlich erhöht war, wodurch auch das piezoelektrische Verhalten des Materials gesteigert werden konnte. Damit konnten dynamische Veränderungen der Porengröße in situ nachgewiesen werden, die eine stimulierende Wirkung auf Zellen entfalten können. Die Ergebnisse bieten mit einem neuen Verfahren und einer neuen Produktgruppe (Textilien mit intrinsischem, aktivem Formänderungsvermögen) nicht nur bei Medizinprodukten ein hohes Innovationspotenzial, sondern auch bei einer Vielzahl von lukrativen Anwendungen in einer Vielzahl von Nischen, z. B. Sporttextilien und Filtertextilien. Diese können weiterhin als Basis zur Entwicklung von extrakorporalen Medizinprodukten wie Kompressionstextilien, Bandagen und Orthesen genutzt werden.

Bericht

Einleitung, Problemstellung und Zielsetzung

In Deutschland führt sowohl der demografische Wandel der Gesellschaft als auch Verletzungen infolge von Traumata zu einem hohen Anteil von Personen mit behandlungsbedürftigen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Verletzungen an Gefäßen und inneren Organen. Zur Behandlung von Verletzungen an inneren Organen, Gefäßen oder Nerven sind meist komplexe Eingriffe (Anastomosen) erforderlich, bei denen aufwändige Fixierungen und Nahtführungen erforderlich sind. Diese komplizierten und aufwändigen Prozeduren sind häufig mit langen Eingriffszeiten verbunden, die wiederum direkt mit erhöhten Komplikationsraten korrelieren [1‑3]. Zur Überbrückung solcher Defekte werden zunehmend tubuläre Kunststoffimplantate entwickelt, die jedoch kein Einwachsen von Gewebezellen ermöglichen und damit dem Konzept der regenerativen Medizin entgegenstehen, das die Wiederherstellung von Körpergeweben und ‑zellen anstrebt. Darüber hinaus kommt es bei der Auffüllung der Defekte häufig zu Störungen der Regeneration durch die nicht an die Biomechanik angepassten strukturmechanischen Eigenschaften. Ferner verhindern die fehlende Interkonnektivität der Porenräume der Ersatzstrukturen das Einwachsen von Zellen, das Zellwachstum, die Nährstoffversorgung und den Abtransport der Stoffwechselprodukte.

Im Rahmen des in vitro Tissue Engineerings werden neben statischen Zellkultursystemen auch dynami­sche Systeme entwickelt. Diese basieren beispielsweise auf kontinuierlichen oder pulsierenden Flüssigkeitsströmungen oder auf einer zyklischen Dehnung des eingespannten Zellträgersystems bzw. der Unterlage [4]. Eine Nachbildung der natürlichen mechanischen Wachstumsstimuli ist mit solchen Bio­reaktorsystemen jedoch nicht möglich, da sich insbesondere in größeren Strukturen eine lokal erhöhte Strömungsgeschwindigkeit entlang der größten Durchgangsporen bzw. lediglich eine Überströmung des gesamten Zellträgersystems einstellt und in mechanisch stimulierten Systemen unerwünschte Spannungsspitzen und undefinierte Verzerrungen im Bereich der Klemmen und Auflagen auftreten.

Da der native Aufbau der vier wichtigsten Gewebetypen (Binde- und Stützgewebe, Nerven-, Muskel- und Epithelgewebe) aus denen Organe, wie Knochen, Blutgefäße, Muskeln, Sehnen und Bänder, gebildet sind, aus faserartigen Konstrukten besteht, lassen sich diese mit textilen Strukturen besonders gut biomimetisch nachbilden. Mithilfe vorbedachter Faseranordnungen können dreidimensionale, kom­plexe Geometrien mit interkonnektierenden Porenräumen aufgebaut werden, an der sich Zellen in ihrer Wachstumsrichtung orientieren können [5]. Deshalb sind faserbasierte High‑Tech Strukturen zur Überwindung der Limitationen aktuell verfügbarer Implantate besonders prädestiniert.

Daher wurden im Rahmen des IGF-Forschungsvorhabens TexMedActor (21022 BR/1) neuartige Textilstrukturen mit materialintrinsischem Formänderungsvermögen für die regenerative Medizin mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Anwendungsfeldern, insbesondere der Anastomose, entwickelt. Das verfolgte Konzept sieht hierbei die textiltechnologische Realisierung von Strukturen mit einem Formgedächtniseffekt vor. Die Textilien sollen gezielt vorbestimmte Geometrien annehmen können, um sich an Defekte interaktiv anzupassen und um komplexe Eingriffe zum Überbrücken bzw. zum Stützen von Defekten an inneren Organen wie Gefäßen und Nerven zu vereinfachen. Ein weiterer Wirkmechanismus soll darüber hinaus die elektromechanische Stimulation mit dem Ziel der aktiven, gezielten Anregung des Zellwachstums ermöglichen. Somit soll die Regeneration beschleunigt bzw. überhaupt erst ermöglicht werden, da die erforderlichen Stimuli zur gewebe- und zellangepassten Wachstumsanregung insbesondere bei schwach bzw. nicht durchbluteten Körpergeweben, wie Knorpeln, Sehnen, Bändern, oder bei Wundheilungsstörungen oder chronischen Wunden fehlen. Es sollen weiterhin neuartige Bioreaktoren mittels intrinsischen Eigenschaften der textilen Strukturen entwickelt werden, die den Wirkmechanismus zur elektromechanischen Stimulation nutzen, um selbst in hochkomplexen und großskaligen Zellträgerstrukturen die Zellen an jeder Stelle gleichmäßig zu stimulieren. Die mechanischen Reize gehen hierbei vom Material selbst aus. Diese materialintrinsische Stimulation stellt eine neue Methode für die optimale Zellkultivierung dar, sodass die Zellen auf den textilen Zellträgerstrukturen unter Verzicht auf extern angelegte Flüssigkeitsströmungen oder mechanische Verformungen stimuliert werden können. Damit sollen zwei anerkannte medizintechnische Probleme behoben werden: 1) Komplizierte, aufwändige und mit minimalinvasiven Verfahren schwer oder nicht zu realisierende Operationen an innenliegenden Organen, Gefäßen oder Nerven sowie 2) fehlende gewebe- und zellangepassten Stimuli zur Anregung des Wachstums seitens der bisher verwendeten Ersatzstrukturen und ‑materialien sowie derzeit verfügbarer dynamischer Zellkultursysteme.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben 21022 BR/1 der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Wir danken den genannten Institutionen für die Bereitstellung der finanziellen Mittel. Darüber hinaus möchten wir den Mitgliedern des Projektbegleitenden Ausschusses für ihre Unterstützung während der Projektbearbeitung danken.

AutorInnen: Benecke, Lukas; Aibibu, Dilbar; Cherif, Chokri

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Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM)
01062 Dresden

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