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12.04.2022

Gestörte Lieferketten: Langfristig helfen nur Nearshoring und digitale Technologien

  • McKinsey-Umfrage: Weltweit investieren zwar über 90 Prozent aller Supply Chain Manager während der Corona-Krise in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten.
  • Doch öfter als geplant erhöhen sie nur die Lagerbestände, statt auf langfristig effektive Maßnahmen wie die Regionalisierung von Zulieferern zu setzen.
  • Nur Gesundheitsbranche setzt bislang konsequent auf Nearshoring und Regionalisierung der Zulieferer

Lieferketten-Manager stehen weltweit unter Druck: Über 90 Prozent investierten zwar während der Corona-Krise, um ihre Lieferketten widerstandsfähiger gegen externe Störungen zu machen. Öfter als geplant jedoch griffen Supply Chain Manager zur Adhoc-Maßnahme, nur die Lagerbestände zu erhöhen. Und auch weniger häufig als geplant setzten sie auf Langfrist-Effekte, indem sie ihre Zuliefererbasis regionalisierten.

  • McKinsey-Umfrage: Weltweit investieren zwar über 90 Prozent aller Supply Chain Manager während der Corona-Krise in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten.
  • Doch öfter als geplant erhöhen sie nur die Lagerbestände, statt auf langfristig effektive Maßnahmen wie die Regionalisierung von Zulieferern zu setzen.
  • Nur Gesundheitsbranche setzt bislang konsequent auf Nearshoring und Regionalisierung der Zulieferer

Lieferketten-Manager stehen weltweit unter Druck: Über 90 Prozent investierten zwar während der Corona-Krise, um ihre Lieferketten widerstandsfähiger gegen externe Störungen zu machen. Öfter als geplant jedoch griffen Supply Chain Manager zur Adhoc-Maßnahme, nur die Lagerbestände zu erhöhen. Und auch weniger häufig als geplant setzten sie auf Langfrist-Effekte, indem sie ihre Zuliefererbasis regionalisierten. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Vergleichsstudie, für welche die Unternehmensberatung McKinsey & Company weltweit über 70 Supply Chain Manager führender Unternehmen befragt hat – 2020 zum ersten Mal und in diesem Jahr erneut. Weitere Ergebnisse: Digitale Technologien kommen heute deutlich häufiger zum Einsatz als zu Beginn der Pandemie, zum Beispiel Echtzeit-Monitoring oder auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Analytik.

Die Umfrage beziffert auch den eklatanten Mangel an IT-Fachkräften im Bereich Supply Management: 2021 verfügten nur ein Prozent der befragten Unternehmen über genügend IT-Fachkräfte. „Im Zuge des Digitalisierungsschubs wird der Bedarf an IT-Qualifikationen noch mehr zum Flaschenhals, als er es ohnehin schon gewesen ist“, berichtet Vera Trautwein, McKinsey-Expertin für Supply Chain Management und Mitautorin der Studie. „Damit nehmen auch die Handlungsspielräume dramatisch ab.“ 2020 hatten immerhin noch zehn Prozent der befragten Supply Chain Manager auf ausreichend Expert:innen mit entsprechendem IT-Know-how in ihren Abteilungen zurückgreifen können. Wie haben die Supply Chain Manager in der Krise konkret agiert? Fast alle Befragten (92 Prozent) haben in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten investiert, 80 Prozent zudem in digitale Supply-Chain-Technologien. Aber während 40 Prozent der Befragten 2020 im ersten „Supply Chain Pulse“ von McKinsey noch ein Nearshoring und den Ausbau ihrer Lieferantenbasis geplant hatten, haben dies schließlich doch nur 15 Prozent auch in die Tat umgesetzt. Stattdessen bauten deutlich mehr Manager als erwartet, 42 gegenüber 27 Prozent, ihre Lagerbestände aus.

Die Vergleichsstudie 2020/21 zeigt auch: Supply Chain Manager haben je nach Branche sehr unterschiedlich in der Krise agiert. Healthcare darf als Vorreiter bei der Regionalisierung der Lieferkette gelten: 60 Prozent der Befragten in der Branche haben, wie von ihnen auch angekündigt, tatsächlich Beschaffung, Produktion und Vertrieb auf eine Region wie Europa oder Nordamerika konzentriert. Dies hatten 2020 auch 33 Prozent der Unternehmen aus der Automobil-, Luft- und Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie angekündigt. Umgesetzt haben dies letztlich nach eigenen Angaben aber nur 22 Prozent. Und das, obwohl mehr als drei Viertel der Supply Chain Manager dieser Maßnahme Priorität eingeräumt hatten. Die Branchen Chemie und Rohstoffe nahmen die wenigsten Veränderungen an ihren Lieferketten vor.

Nach der Krise ist vor der Krise
Über Jahre haben sich die Lieferketten zu einem hochfrequenten sensiblen Organismus entwickelt. Konsequent globalisiert, auf die Schwankungen der Verbraucherwünsche optimiert und mit möglichst geringer Lagerhaltung, um Kosten zu sparen. „Diese Strategie hat die Unternehmen verwundbar gemacht“, stellt McKinsey-Partner Knut Alicke fest. „Und in der Krise wurden eher kurzfristig wirksame Maßnahmen ergriffen.“ Die Folge: Die Lieferketten sind noch nicht widerstandsfähig genug sind, um künftige Störungen zu verhindern. „Für Unternehmen bleibt das Nearshoring der Lieferanten mittel- bis langfristig ein Schlüsselfaktor, um ihre Krisenfestigkeit zu erhöhen.“. Daneben seien Ausbau und Nutzung digitaler Technologien aber die zentralen Faktoren für resiliente Lieferketten.

Der Handlungsdruck ist groß: Massive Störungen der Lieferkette treten durchschnittlich alle 3,7 Jahre und bringen Lieferketten mindestens einen Monat lang aus dem Tritt. Zu diesem Ergebnis kam bereits 2020 eine andere McKinsey-Studie zum Thema Supply Chains mit dem Titel „Risk, resilience, and rebalancing in global value chains“.

Quelle:

McKinsey & Company [Düsseldorf, Deutschland]

Foto: Lalit Kumar, Unsplash
29.03.2022

Die Chemiefaserindustrie in der Zeitenwende

„Man reißt kein Haus ab, bevor das neue bezugsfertig ist.“

Textination sprach mit dem Geschäftsführer der Industrievereinigung Chemiefaser e.V., Dr. Wilhelm Rauch über seine Einschätzung zur Zeitenwende, der sich die Chemiefaserindustrie aktuell stellen muss. Wo liegen die Risiken und Bedrohungen, was muss sich ändern, um weiterhin ein wettbewerbsfähiger Player auf dem globalen Markt zu bleiben.

„Man reißt kein Haus ab, bevor das neue bezugsfertig ist.“

Textination sprach mit dem Geschäftsführer der Industrievereinigung Chemiefaser e.V., Dr. Wilhelm Rauch über seine Einschätzung zur Zeitenwende, der sich die Chemiefaserindustrie aktuell stellen muss. Wo liegen die Risiken und Bedrohungen, was muss sich ändern, um weiterhin ein wettbewerbsfähiger Player auf dem globalen Markt zu bleiben.

US-Präsident Joe Biden hat seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin im Zusammenhang mit dem Einmarsch in die Ukraine als Kriegsverbrecher bezeichnet. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen, der Internationale Gerichtshof in Den Haag, hat angeordnet, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine sofort beenden muss. Wie bewerten Sie persönlich das Verhalten Russlands?
Dr. Rauch:
Mit familiären Wurzeln im Rheinland, Mittel- und Ostdeutschland bin ich in einer Zeit aufgewachsen, wo als Folge der Teilung Europas Familien getrennt und mitten in Deutschland Menschen skrupellos erschossen wurden, die die innerdeutsche Demarkationslinie in Richtung Westen übertreten wollten. Der Fall des Eisernen Vorhangs führte uns seit 1989 in einen Zeitraum, der mehr als 30 Jahre andauerte und uns zumindest in Europa eine Ära des friedlichen Miteinanders der großen Machtblöcke, intensiver Handelsbeziehungen und prosperierender Staaten erleben ließ.

Heute mit ansehen zu müssen, wie seitens Russlands versucht wird, in Europa das Rad der Geschichte mit einer Brutalität zurückzudrehen, welche die jüngste in Europa aufgewachsene Generation bislang glücklicherweise nicht erleben musste, ist mehr als schockierend und ruft schlimmste Erinnerungen an die Zeit des kalten Krieges wach, von der jeder hoffte, sie kehrt niemals wieder. Wenn heute in der Ukraine sogar Anlagen zur friedlichen Nutzung der Kernenergie beschossen werden, ist eine Dimension erreicht, die man nicht weiter extrapolieren möchte. Neben dem verursachten unsäglichen menschlichen Leid, das wir durch die Aufnahme von ukrainischen Flüchtlingen nur ansatzweise mildern können, wird langfristig jegliches Vertrauen in politische Zusagen verspielt, das aber sowohl für eine friedliche Koexistenz als auch für eine wirtschaftliche Zusammenarbeit essentiell ist. Wir stehen vor einer Neuordnung der Welt, in der man Lieferbeziehungen und Abhängigkeiten mit bzw. von autokratischen Staaten sehr viel sensibler für jeden Einzelfall bewerten muss.

Die wirtschaftlichen Folgen des Russland-Ukraine-Konflikts werden immer deutlicher. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) korrigiert seine Prognose für 2022, sieht aber noch keine Rezession. Mit welchen Erwartungen sehen Sie für die Branche auf das aktuelle Wirtschaftsjahr?
Dr. Rauch:
Die zurückliegenden zwei Jahre der SARS-CoV-2-Pandemie durchlief die Chemiefaserindustrie mit großen Blessuren. Geplante Investitionen wurden zunächst zurückgestellt und dann endgültig aufgegeben. Bis zum Ende des Jahres 2022 werden im Vergleich zum Jahr 2019 drei Chemiefaserproduzenten ihre Tore in Deutschland schließen. In das laufende Jahr startete die Branche sehr hoffnungsvoll, wenngleich die bisherigen Themen wie REACH und vor allem Energiekosten bereits vor dem Russland-Ukraine-Krieg in Schärfe zunahmen. Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges werden sich sowohl direkt in Form gestiegener Energiepreise als auch indirekt durch Veränderungen der internationalen Wettbewerbsbedingungen negativ auswirken.

Was bedeuten der Krieg in der Ukraine und die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland für die vorgelagerten Lieferketten der Chemiefaserindustrie?
Dr. Rauch:
Die unmittelbaren vorgelagerten Lieferketten werden von diesem Krieg zunächst kaum beeinträchtigt. Wir müssen aber damit rechnen, dass Lieferketten in anderen Industrien gestört werden. Wenn z. B. bestimmte Rohstoffe oder Erzeugnisse nicht mehr zur Verfügung stehen, kann das angefangen von der Logistik (Mobilität) bis hin zu Komponenten in produktionstechnischen Anlagen spürbar werden. Als Beispiel sei hier die Verfügbarkeit von Kabelbäumen erwähnt werden, die bislang in der Ukraine hergestellt wurden und in vielen elektronischen Bauteilen für die Chemiefaserproduktion unabdingbar sind.

Welche Relevanz haben die Ukraine und Russland als Absatzmärkte für die IVC-Mitgliedsunternehmen?
Dr. Rauch:
Nimmt man das letzte Jahr vor Ausbruch der SARS-CoV-2-Pandemie als Bezugsjahr, so machen die Exporte in die Ukraine und in die Russische Föderation ca. 1,6 % des Gesamtexportes an Chemiefasern aus Deutschland aus. Ein Ausfall dieser Abnahmeländer ist im Mittel verkraftbar, wobei man nicht vergessen darf, dass im Einzelfall - je nach Produktportfolio einer Firma - durchaus spürbare Belastungen auftreten können. Blickt man über den Tellerrand hinaus, so sind nicht nur die direkten Exporte an Chemiefasern in die Kriegsregion von Bedeutung, sondern auch Lieferungen von Erzeugnissen, in denen Chemiefasern verarbeitet werden. Hier gibt es nun unterbrochene Lieferbeziehungen, die Auftragsverluste für die Chemiefaser-branche nach sich ziehen.

Bestimmte Industriezweige sind von den Folgen besonders betroffen - was bedeutet das für die Chemiefaserbranche als Zulieferindustrie?
Dr. Rauch:
Überall dort, wo entlang der nachgeschalteten Wertschöpfungskette Produktionen zurückgefahren werden, in denen Chemiefasern Einsatz fanden, wird man die Auswirkungen mit zeitlichem Versatz spüren. Das betrifft z.B. Lieferungen in den Automobilbereich, wenn dort wegen fehlender aus der Ukraine stammender Komponenten die Neuwagenproduktion stockt.

Wie wirken sich die explodierenden Energiepreise und das Gasembargo bei den Chemiefaserproduzenten im DACH-Gebiet aus?
Dr. Rauch:
Die europäischen Energiekosten lagen bereits vor dem Russland-Ukraine-Krieg auf einem Niveau, das unseren Mitgliedern schwer zusetzte. So stiegen z. B. die europäischen Gaskosten aufgrund der Kriegshandlungen aktuell um das Zehnfache von ca. 12 EUR/MWh auf ca. 120 EUR/MWh, in den USA „nur“ um das Zweieinhalbfache von ca. 8 EUR/MWh auf ca. 18 EUR/MWh. Ähnlich verhält es sich mit den Strompreisen speziell in Deutschland, die ausgehend von einem ohnehin schon hohen Niveau ebenfalls um den Faktor 10 angestiegen sind. Weitere Preissteigerungen in Europa sind nicht ausgeschlossen, sondern eher wahrscheinlich. Vorgenommene moderate Anpassungen der Chemiefaserpreise stellen vor diesem Hintergrund nur den Tropfen auf den heißen Stein dar. Eine Marktentwicklung mit quasi explodierenden Energiekosten kann keine Firma seriös abbilden oder kostendeckend einpreisen.

Was halten Sie als Industrieverband der Chemiefaserindustrie von "Freeze for Peace" bzw. einem Stopp aller russischen Gas- und Rohstoff-Importe?
Dr. Rauch:
Wir haben uns speziell in Deutschland entgegen aller internationalen Warnungen bewusst in eine Abhängigkeit von russischem Gas begeben, indem wir dieses als notwendig für die Brückentechnologie der Stromerzeugung definierten, die wir nach dem Abschalten der kohle– und nuklearbasierten Kraftwerke benötigen, bevor die Verfügbarkeit einer ausreichenden Menge an sog. „grüner“ Energie gesichert ist. Auch wird Gas zu Heizzwecken und als Rohstoff benötigt, nimmt also die Funktion eines Allrounders ein.

Ein boykottbedingter Importstopp hätte nicht nur gravierende negative Folgen für die Chemiefaserbranche, sondern für die gesamte deutsche Industrie und die meisten privaten Haushalten. Wie ich eingangs erwähnte, ist es ein Gebot der Stunde, durch die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge dazu beizutragen, menschliches Leid zu lindern. Damit ist die Krise aber nicht ausgestanden. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Kriegssituation nicht kurzfristig gelöst wird. Zur Bewältigung einer langanhaltenden Krisensituation muss aber unsere Wirtschaftskraft erhalten bleiben, um die anstehenden Herausforderungen stemmen zu können. Ein Importstopp wäre in dieser Hinsicht kontraproduktiv. Nachdem aufgrund der jüngsten Entwicklungen die Gaslieferungen nunmehr mit Rubel bezahlt werden sollen, besteht vielmehr die Gefahr, dass Russland seinerseits die Gaslieferungen stoppt. In ihrer Wirkung unterscheiden sich beide Szenarien nicht. Das Einzige was sicher ist, ist die Tatsache, dass die Verfügbarkeit von russischem Gas für Europa nicht mehr sicher ist. Letztendlich wird durch die russische Forderung der Umstellung des Zahlungsverkehrs auf Rubel, die nicht nur die Aufwertung des Rubels zum Ziel hat, deutlich, dass Russland nicht auf Europa als Abnehmer seines Gases angewiesen ist. Damit liefe ein „Freeze for Peace“ ins Leere. Im fernen Osten sitzt bereits ein potentieller Abnehmer russischen Gases, um es günstig und sicher zu beziehen und der zudem ein großer Wettbewerber der europäischen Chemiefaserindustrie ist: China.

Sind Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar eine gute Ersatzlösung für Gas- und Öl-Lieferungen aus Russland?
Dr. Rauch:
Es geht nicht um die Wertung einer Maßnahme im Sinn von gut oder schlecht, sondern darum, ob sie in dieser speziellen Situation geeignet erscheint, einseitige Abhängigkeiten von einem Aggressor zu vermindern, bevor nachhaltige Lösungen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Insofern sollte es bei den auf Realisierbarkeit zu prüfenden Maßnahmen zunächst keine ideologischen Barrieren geben. Die nach sicherlich sorgfältiger politischer Prüfung mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar abgeschlossenen Verträge sind Einzelfallentscheidungen und stellen nur einen Mosaikstein unter vielen dar.

Passt der Ausspruch „zuerst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu" - auf die gegenwärtige ökonomische Performance der Branche - oder: wie beurteilen Sie in dieser Beziehung den Einfluss der Corona-Pandemie und den der Kriegssituation?
Dr. Rauch:
Sowohl die SARS-CoV-2-Pandemie als auch der Russland-Ukraine-Krieg sind Ereignisse mit globalem Charakter. Während erstere alle Staaten früher oder später gleichermaßen erfasste, muss die Bewertung der Auswirkungen des Russland- Ukraine-Krieges differenzierter erfolgen. Die Kriegsfolgen treffen vor allem Firmen in Europa, und dort insbesondere die Staaten, die sich - wie vorgehend erwähnt – wie Deutschland in einseitige Abhängigkeiten begeben haben. Das ist keine Besonderheit für die Chemiefaserindustrie. Auch wenn man mit anderen Industriezweigen viele Leidensgenossen hat, verbessert dass die Lage natürlich nicht.

Was wünscht sich die Industrie künftig von den politisch Verantwortlichen in Berlin und Brüssel?
Dr. Rauch: Die Wunschliste lässt sich an wenigen Kernelementen verankern:
Wir benötigen langfristig eine Energie- und Rohstoffversorgung, die nicht auf Abhängigkeiten von wenigen und zudem autokratischen Staaten basiert. Auf dem Weg dorthin sind vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine-Krieges bisherige Ausstiegsszenarien aus Kohle- und Kernenergie hinsichtlich ihrer Zeitachse vorurteilsfrei zu überdenken. Oder etwas prägnanter ausgedrückt: Man reißt kein Haus ab, bevor das neue bezugsfertig ist.

Aber auch Energien aus nachwachsenden Rohstoffen müssen zu Preisen angeboten werden, welche die globale Wettbewerbsfähigkeit erlauben. Die chemische Industrie hat hierfür gemäß einer Studie der DECHEMA und FutureCamp einen Preis von 4 ct/kWh ermittelt (inkl. aller Abgaben und Gebühren). Davon sind wir heute meilenweit entfernt.

Die Revision von REACH darf nicht zu weiterer Bürokratie und zu Auflagen führen, die Kapazitäten in den Firmen bindet. Wir benötigen in Europa nicht die Ausgestaltung des i-Tüpfelchens auf der Maslowschen Bedürfnispyramide, sondern müssen Sorge dafür tragen, dass wir die Pyramidenstufen nicht schrittweise nach unten rutschen und das i-Tüpfelchen ohne „i“ in der Luft schwebt.

Die europäische Kommission muss die europäische Industrie und mit ihr die Chemiefaserbranche verstärkt als Problemlöser erkennen. Chemiefasern sind als Erzeugnisse für die Energiewende (Rotorblätter von Wundkraftanlagen), Leichtbau in der Mobilität (Leichtbaukarosserien im Verbundsystem), nachhaltigem Straßenbau (Geotextilien zur Verstärkung der Fahrbahn und Erhöhung deren Lebensdauer), Reduzierung von stahlbewehrtem Beton und damit Zement, Sand sowie Kies (Bewehrung mit hochzugfesten Chemiefasern) und Medizinprodukten (medizinische Masken, Verbandmaterialien, Stents) unerlässlich.

Wir brauchen in Europa wieder mehr Marktwirtschaft und keine kleinteiligen Vorschriften, die immer wieder angepasst werden und zu einem undurchdringbaren Dickicht wuchern.

Bei allen vorgenannten Wünschen an die Politik lassen Sie mich abschließend mit Blick auf die aktuelle Lage noch folgendes erwähnen: 1961 standen sich nach dem Berliner Mauerbau russische und amerikanische Panzer am Checkpoint Charlie in einer Entfernung von weniger als 50 m schussbereit gegenüber.

Ein Jahr später, im Oktober 1962, trafen in der Kubakrise nuklear ausgerüstete amerikanische und russische Marineeinheiten direkt aufeinander. Sowohl John F. Kennedy als auch Nikita S. Chruschtschow – erbitterte Rivalen im Wettstreit der politischen Systeme – waren seinerzeit besonnen genug, die Situation nicht eskalieren zu lassen.

Aktuell wünsche ich von unseren Politikern national, europäisch und transatlantisch unbedingte Entschlossenheit im Auftritt zur Verteidigung unserer freiheitlich demokratischen Werte, aber ich appelliere auch an alle Politiker weltweit, unbedingt einen der grundlegenden Erkenntnisse Albert Einsteins zu beherzigen: “I don’t know what weapons will be used in the Third World War. But I can tell you what they’ll use in the Fourth – rocks!”

Quelle:

Textination

Das Interview führte Ines Chucholowius, CEO Textination GmbH

Foto: Rostyslav Savchyn, Unsplash
22.03.2022

Wieder mehr chinesische Firmenübernahmen in Europa

  • Anstieg von 132 auf 155 Transaktionen – Transaktionswert auf 12,4 Milliarden US-Dollar verachtfacht
  • Zahl der chinesischen Übernahmen in Deutschland steigt von 28 auf 35
  • Großbritannien vor Deutschland beliebtestes Investitionsziel chinesischer Unternehmen

Nach dem pandemiebedingten Einbruch bei den chinesischen Firmenübernahmen in Europa im Jahr 2020 hat sich die Zahl der Transaktionen im Jahr 2021 wieder erhöht: von 132 auf 155. Auch das Transaktionsvolumen stieg: der Wert der Beteiligungen und Übernahmen hat sich von 1,5 auf 12,4 Milliarden US-Dollar mehr als verachtfacht.

  • Anstieg von 132 auf 155 Transaktionen – Transaktionswert auf 12,4 Milliarden US-Dollar verachtfacht
  • Zahl der chinesischen Übernahmen in Deutschland steigt von 28 auf 35
  • Großbritannien vor Deutschland beliebtestes Investitionsziel chinesischer Unternehmen

Nach dem pandemiebedingten Einbruch bei den chinesischen Firmenübernahmen in Europa im Jahr 2020 hat sich die Zahl der Transaktionen im Jahr 2021 wieder erhöht: von 132 auf 155. Auch das Transaktionsvolumen stieg: der Wert der Beteiligungen und Übernahmen hat sich von 1,5 auf 12,4 Milliarden US-Dollar mehr als verachtfacht.

Auch in Deutschland traten chinesische Investoren wieder häufiger in Erscheinung: Nachdem 2020 nur 28 Transaktionen chinesischer Unternehmen gezählt worden waren, gab es 2021 immerhin 35 derartige Beteiligungen oder Übernahmen. Das Investitionsvolumen stieg von 0,4 auf 2,0 Milliarden US-Dollar. Nicht enthalten sind in dieser Summe Risikokapitalinvestitionen in deutsche Startups in Höhe von 1,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021, bei denen chinesische Unternehmen als Teil internationaler Investorengruppen aktiv waren.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die Investitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland und Europa untersucht.

„Chinesische Unternehmen bleiben bei ihren Investitionen in Europa insgesamt noch zurückhaltend“, beobachtet Yi Sun, Partnerin und Leiterin der China Business Services in der Region Europe West bei EY. „Dazu trägt zum einen nach wie vor die Pandemie bei, die auch 2021 noch zu Beeinträchtigungen führte – auch wegen Eindämmungsmaßnahmen wie Reisebeschränkungen, strengen Quarantäne Regeln für Personen, die aus dem Ausland nach China reisen und Lockdowns sowohl in Europa als auch in China selbst. Die meisten chinesischen Unternehmen, die schon im Ausland Firmen übernommen haben, haben sich in den letzten Jahren eher damit beschäftigt, die Restrukturierung in Europa voranzutreiben als weiter zu expandieren – besonders in den Sektoren Automobilzulieferer und Maschinenbau.“

Ebenfalls dämpfend wirkten sich nach Suns Einschätzung die inzwischen hohen Hürden für ausländische Beteiligungen gerade in bestimmten kritischen Branchen sowie die zunehmende Konkurrenz durch kapitalstarke Finanzinvestoren aus. „Die Kaufpreise auf dem M&A-Markt sind zuletzt stark gestiegen – in einigen Fällen wollten die chinesischen Interessenten da nicht mehr mitgehen. Besonders die börsennotierten chinesischen Unternehmen fürchten, mit teuren Zukäufen den eigenen Aktienkurs unter Druck zu setzen“, so Sun. „Zudem besitzen einige der potentiellen Übernahmekandidaten Produktionsstätten oder R&D-Zentren in den USA. In solchen Fällen kann es vorkommen, dass eine Ablehnung durch das Committee on Foreign Investment in the U.S. (CFIUS) befürchtet wird – und potenzielle chinesische Bieter gar nicht erst eingeladen werden.“

Nachlassendes Interesse an Industrieunternehmen
Nach wie vor entfallen auf klassische Industrieunternehmen die meisten Deals – gerade in Deutschland: 12 der 35 Transaktionen in Deutschland und 30 der 155 Transaktionen in Europa fanden im Industrie-Sektor statt.

Allerdings ist deren Zahl rückläufig: 2020 waren europaweit noch 36 Industrietransaktionen gezählt worden. „Nach wie vor besteht bei chinesischen Investoren Interesse an europäischen Automobilzulieferern oder Maschinenbauern – allerdings inzwischen eher in den Subsektoren Elektromobilität, Autonomes Fahren und High Tech-Materialien“, sagt Sun.

Ein deutlich gestiegenes Interesse macht Yi Sun aber an anderer Stelle aus: „Chinesische Private Equity Fonds und Risikokapitalgeber werden immer aktiver. Gerade in Deutschland gab es im vergangenen Jahr einige sehr große Investitionen in Startups, an denen chinesische Investoren maßgeblich beteiligt waren. Neben deutscher Ingenieurskunst ist zunehmend ECommerce-Kompetenz gefragt.“

Auf High Tech/Softwareunternehmen entfielen im vergangenen Jahr europaweit 27 Transaktionen (Vorjahr: 20). „Wir sehen ein gestiegenes Interesse etwa an Spieleentwicklern und Softwareprogrammierern. Gerade der aktivste chinesischer Investor vergangenen Jahr, Tencent, hat sich zuletzt in diesem Segment stark engagiert“, beobachtet Sun.

Gestiegen ist auch die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen im Bereich Gesundheit: von 16 auf 26 Transaktionen. „Der Gesundheitssektor – ob Pharma, Biotech oder Medizintechnik – wird zunehmend zu einem der wichtigsten Zielsektoren chinesischer Unternehmen, weil es in diesem Sektor einen großen Nachholbedarf in China gibt, insbesondere bei der Forschung und Entwicklung.“

Großbritannien löst Deutschland als Top-Ziel in Europa ab
Die meisten Transaktionen wurden im vergangenen Jahr in Großbritannien verzeichnet. Mit 36 Übernahmen und Beteiligungen liegt Großbritannien knapp vor Deutschland (35 Transaktionen) und deutlich vor den drittplatzierten Niederlanden (13).

Im Vorjahr war die Reihenfolge an der Spitze noch umgekehrt: 2020 lag Deutschland mit 28 Transaktionen vor Großbritannien mit 21 Deals.

„In dem Maß, wie sich das Interesse chinesischer Investoren weg von klassischen Industrieunternehmen hin zu Technologie-, Software- und Medienunternehmen entwickelt, gewinnt der Zielmarkt Großbritannien an Bedeutung“, sagt Sun. Sie ist allerdings überzeugt, dass Deutschland für chinesische Investoren ein attraktiver Markt bleibt: „Viele chinesische Unternehmen haben gute Erfahrungen mit ihren Investitionen gerade in Deutschland gemacht. Zudem gibt es inzwischen auf vielen Ebenen enge und belastbare Verbindungen zwischen China und Deutschland. Wir werden in den kommenden Monaten weitere chinesische Transaktionen in Deutschland sehen – vor allem, wenn die Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft nachlassen“, erwartet Sun.

Die europaweit größte Investition war im vergangenen Jahr der Verkauf der Haushaltsgeräte-Sparte von Philips an die Investmentfirma Hillhouse Capital mit Sitz in Hong Kong für 4,4 Milliarden US-Dollar.

Die zweitgrößte Transaktion war die Übernahme des britischen Entwicklerstudios Sumo Digital durch Tencent für 1,1 Milliarden US-Dollar, gefolgt von der Übernahme des dänischen Kühlcontainer-Herstellers Maersk Container Industry durch China International Marine Containers für ebenfalls 1,1 Milliarden US-Dollar.

Studiendesign:

  • Quellen: EY-Recherche, Thomson ONE, Merger Market, Mitteilungen der Unternehmen bzw. beteiligter Beratungsunternehmen und Anwaltskanzleien.
  • Untersucht wurden Akquisitionen und Beteiligungen, die von Unternehmen mit Hauptsitz in China und Hongkong oder deren Tochterunternehmen ausgingen.
  • Die Zielunternehmen haben ihren Sitz in Europa und sind operativ tätig.
  • Nicht berücksichtigt wurden reine Immobilientransaktionen.
  • In die Analyse wurden auch Transaktionen einbezogen, die zum Stichtag 17.02.2022 noch nicht abgeschlossen waren

Zunehmend beteiligen sich chinesische Investoren auch an Risikokapital-Finanzierungsrunden, zumeist als Teil von Investorengruppen. In diesen Fällen lässt sich häufig nicht feststellen, wie hoch der vom chinesischen Investor bereitgestellte Betrag ist. Daher werden diese Transaktionen zwar bei der Zahl der Transaktionen, nicht aber bei den Gesamtwerten berücksichtigt.

Weitere Informationen:
Ernst & Young Unternehmen China Automotive
Quelle:

Ernst & Young Global Limited (EYG)

Foto: Unsplash
15.03.2022

Heimtextil Conference „Sleep & More“ an drei Messetagen im Juni

Schlafmythen, Corona-Müdigkeit und nachhaltige Hotelzimmerkonzepte von morgen: Zeitgleich zum Tag des Schlafes am 21. Juni 2022 beginnt die Heimtextil Conference „Sleep & More" und gibt Bettenfachhändler*innen, Einzelhändler*innen und Hospitality-Entscheider*innen an drei Messetagen in der Halle 3.0 Antworten auf den Megatrend „Gesunder Schlaf“. In zahlreichen Keynotes werden neben neuesten Erkenntnissen der Schlafforschung auch wichtige Fragestellungen der grünen Zukunft des Hotelbetts beleuchtet.

Schlafmythen, Corona-Müdigkeit und nachhaltige Hotelzimmerkonzepte von morgen: Zeitgleich zum Tag des Schlafes am 21. Juni 2022 beginnt die Heimtextil Conference „Sleep & More" und gibt Bettenfachhändler*innen, Einzelhändler*innen und Hospitality-Entscheider*innen an drei Messetagen in der Halle 3.0 Antworten auf den Megatrend „Gesunder Schlaf“. In zahlreichen Keynotes werden neben neuesten Erkenntnissen der Schlafforschung auch wichtige Fragestellungen der grünen Zukunft des Hotelbetts beleuchtet.

Der Tag des Schlafes am 21. Juni markiert den Auftakt der Konferenz, die an den ersten drei Messetagen des diesjährigen Heimtextil Summer Special stattfindet. Als nationaler Aktionstag in Deutschland wurde der Tag des Schlafes im Jahre 2000 auf Initiative des Vereins „Tag des Schlafes e.V“ ins Leben gerufen und schärft jährlich das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Schlaf und deren Auswirkung auf die Lebensqualität.
               
Keynotes auf der Heimtextil Conference „Sleep & More“
Markus Kamps, Schlafberater und Gründer von „Schlafkampagne“, eröffnet die Konferenz am Dienstag um 13 Uhr mit einem Vortrag zu Schlafmythen und gibt am Folgetag wichtige Hilfestellung, wie während und nach der Pandemie der Weg zurück zu einem ausgeruhten Schlaf gelingt. Dr. Hans-Günther Wees von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin teilt die neuesten Erkenntnisse aus der Forschung – unter Berücksichtigung der Einflüsse von Corona auf globale Schlafgewohnheiten. Zu den Sleep & More-Speaker*innen gehört auch Carsten Schmid von Brainlit mit Einblicken in die Bedeutung biozentrischer Beleuchtung am Tag und am Abend. Jens Speil von MyCircul stellt zudem neueste Ansätze beim Einsatz von Tracking-Gadgets vor und zeigt auf, wie wichtig die Regelmäßigkeit von Schlaf- und Apnoescreenings ist.

Am Mittwoch erwartet die Besucher*innen ein Panel-Highlight: Schlafberaterin Eva Bovet von Betten Raab, Geschäftsführerin Thaela Schlosser von Feder & Bettenfachgeschäft und Markus Kamps diskutieren, wie sich sowohl Bettenfach- als auch Einzelhändler*innen durch den erfolgreichen Einsatz von Podcasts neue Zielgruppen erschließen und über nahbare auditive Content-Formate Kunden gewinnen können. Diese und weitere Keynotes machen die Heimtextil Conference „Sleep & More“ zur Anlaufstelle für Vertreter*innen des Bettenfachhandels, die ein hochkarätiges Programm mit Vorträgen, Diskussionsrunden und Produktvorstellungen erwartet.
 
Sleep & More: Neues Format schlägt Brücke zu Hospitality und Nachhaltigkeit
Neben Beratungs- und Produktangeboten für den Bettenfachhandel gibt das neue Konzeptformat „Sleep & More“ auch wertvolle Orientierung für Hotellerie-Entscheider*innen und beleuchtet Hospitality-Trends insbesondere unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit: Wie können Matratzen Teil der Kreislaufwirtschaft sein? Und wie sieht das nachhaltige Hotelzimmer der Zukunft aus? Hospitality- und Nachhaltigkeitsexpert*innen bündeln das kollektive Wissen der Branche und geben Besucher*innen Inspirationen und Impulse für ihr zukünftiges Handeln.

Bettenexperte Jens Rosenbaum von Swissfeel Deutschland schlägt beispielsweise in zwei Keynotes die Brücke zur Hotellerie und zeigt auf, wie sich beim Hotelbett das Nachhaltigkeitspotenzial nutzen lässt und wie Verbände und Industrie an Lösungen für eine grüne Zukunft des Hotelzimmers arbeiten. Hotellerie-Expertin Julia von Klitzing vom Hotel-Kompetenz-Zentrum betrachtet die Hospitality-Branche aus Perspektive der Generation Z und gibt wichtige Einblicke, wie sich die Zielgruppe von morgen ihren Aufenthalt in Hotels vorstellt.
    
Eine Gesamtübersicht über die Speaker*innen ist ab April 2022 auf der Website der Heimtextil unter „Themen & Events“ zu finden.
Das Heimtextil Summer Special findet vom 21. bis 24. Juni 2022 statt.

Weitere Informationen:
Heimtextil Sleep & More
Quelle:

Heimtextil, Messe Frankfurt

Nicolas Meletiou, Pixabay
01.03.2022

Textilien und die Umwelt: die Rolle des Designs in Europas Kreislaufwirtschaft

Aus der Sicht des europäischen Verbrauchs haben Textilien im Durchschnitt die viertgrößten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel, nach Lebensmitteln, Wohnraum und Mobilität. Eine Umstellung auf ein zirkuläres Produktions- und Verbrauchssystem für Textilien mit längerer Nutzungsdauer und mehr Wiederverwendung und Recycling könnte diese Auswirkungen zusammen mit einer Reduzierung des Gesamtverbrauchs verringern. Eine wichtige Maßnahme ist ein kreislauffähiges Design (Circular Design) von Textilien, um die Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwertbarkeit von Produkten zu verbessern und die Verwendung von Sekundärrohstoffen in neuen Produkten zu gewährleisten.

Aus der Sicht des europäischen Verbrauchs haben Textilien im Durchschnitt die viertgrößten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel, nach Lebensmitteln, Wohnraum und Mobilität. Eine Umstellung auf ein zirkuläres Produktions- und Verbrauchssystem für Textilien mit längerer Nutzungsdauer und mehr Wiederverwendung und Recycling könnte diese Auswirkungen zusammen mit einer Reduzierung des Gesamtverbrauchs verringern. Eine wichtige Maßnahme ist ein kreislauffähiges Design (Circular Design) von Textilien, um die Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwertbarkeit von Produkten zu verbessern und die Verwendung von Sekundärrohstoffen in neuen Produkten zu gewährleisten.

Kernaussagen
Im Jahr 2019 erzielte der Textil- und Bekleidungssektor der EU einen Umsatz von 162 Mrd. EUR und beschäftigte über 1,5 Millionen Menschen in 160 000 Unternehmen. Wie in vielen anderen Branchen hat die COVID-19-Krise zwischen 2019 und 2020 zu einem Umsatzrückgang von 9 % für Textilien insgesamt und von 17 % für Bekleidung geführt.

  • Im Jahr 2020 hatte der Textilkonsum in Europa im Durchschnitt die vierthöchsten Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel aus einer globalen Lebenszyklusperspektive. Er war der Verbrauchsbereich mit den dritthöchsten Auswirkungen auf Wasser- und Landnutzung und den fünfthöchsten in Bezug auf den Rohstoffverbrauch und die Treibhausgasemissionen.
  • Um die Umweltauswirkungen von Textilien zu verringern, ist eine Umstellung auf zirkuläre Geschäftsmodellen, einschließlich kreislauffähigen Designs (Circular Design), entscheidend. Dazu sind technische, soziale und geschäftsmodellbezogene Innovationen erforderlich, aber auch Verhaltensänderungen und politische Unterstützung.
  • Kreislauffähiges Design (Circular Design) ist ein wichtiger Wegbereiter für den Übergang zu einer nachhaltigen Produktion und einem nachhaltigen Verbrauch von Textilien durch Kreislaufgeschäftsmodellen. Die Entwurfsphase spielt bei jedem der vier Wege zur Verwirklichung einer kreislauffähigen Textilbranche eine entscheidende Rolle: Langlebigkeit und Haltbarkeit, optimierte Ressourcennutzung, Sammlung und Wiederverwendung sowie Recycling und Materialnutzung.

Textilien werden im EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft als eine der wichtigsten Wertschöpfungsketten bezeichnet und in der bevorstehenden EU-Strategie 2022 der Europäischen Kommission für nachhaltige und kreislauffähige Textilien und der EU-Initiative für nachhaltige Produkte behandelt. Dieses Briefing zielt darauf ab, das Verständnis der Umwelt- und Klimaauswirkungen von Textilien aus einer europäischen Perspektive zu verbessern und Gestaltungsprinzipien und Maßnahmen zur Erhöhung der Kreislauffähigkeit von Textilien zu identifizieren. Es stützt sich auf einen Bericht des „European Topic Centre on Circular Economy and Resource Use“ der EUA, der hier (auf Englisch) verfügbar ist.

1. Produktion, Handel und Verbrauch von Textilien
Textilien sind ein wichtiger Wirtschaftszweig in der EU. Im Jahr 2019 erwirtschaftete der Textil- und Bekleidungssektor der EU einen Umsatz von 162 Mrd. EUR und beschäftigte über 1,5 Millionen Menschen in 160.000 Unternehmen. Wie in vielen anderen Branchen ging der Umsatz zwischen 2019 und 2020 aufgrund der Gesundheits- und Wirtschaftskrise COVID-19 bei Textilien insgesamt um 9 % und bei Bekleidung um 17 % zurück (Euratex, 2021).

Verbrauch
Die europäischen Haushalte verbrauchen große Mengen an Textilwaren. Im Jahr 2019 gaben die Europäerinnen und Europäer wie schon 2018 im Durchschnitt 600 EUR für Bekleidung, 150 EUR für Schuhe und 70 EUR für Heimtextilien aus (Köhler et al., 2021; Eurostat, 2021b).

Die Reaktion auf die COVID-19-Pandemie, die mit Maßnahmen zum zu Hause bleiben und der Schließung von Unternehmen sowie Geschäften einherging, führte insgesamt zu einem Rückgang der Textilproduktion und der Nachfrage (Euratex, 2021). Infolgedessen ging der Pro-Kopf-Verbrauch von Bekleidung und Schuhen im Jahr 2020 gegenüber 2019 zurück, während der Verbrauch von Heimtextilien leicht anstieg. Der durchschnittliche Textilverbrauch pro Person belief sich im Jahr 2020 auf 6,0 kg Bekleidung, 6,1 kg Heimtextilien und 2,7 kg Schuhe (siehe Abbildung 1).

Abgesehen von diesem COVID-bedingten Rückgang des Verbrauchs im Jahr 2020 blieb der geschätzte Verbrauch von Bekleidung und Schuhen in den letzten zehn Jahren relativ konstant, mit leichten Schwankungen zwischen den Jahren (siehe Abbildung 2). Gleiches gilt für den Verbrauch von Heimtextilien, mit einem leichten Anstieg im Laufe des Jahrzehnts.

Bei der Berechnung des "geschätzten Verbrauchs" auf der Grundlage von Produktions- und Handelsdaten aus dem Jahr 2020, ausgenommen sind industrielle/technische Textilien und Teppiche, liegt der Gesamttextilverbrauch bei 15 kg pro Person und Jahr, die sich im Durchschnitt wie folgt zusammensetzen:

  • 6,0 kg Bekleidung
  • 6,1 kg Heimtextilien
  • 2,7 kg Schuhe.

2. Umwelt- und Klimaauswirkungen von Textilien
Die Produktion und der Konsum von Textilien haben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel. Umweltauswirkungen in der Produktionsphase ergeben sich aus dem Anbau und der Produktion von Naturfasern wie Baumwolle, Hanf und Leinen (z. B. Nutzung von Land und Wasser, Düngemittel und Pestizide) und aus der Produktion von Kunstfasern wie Polyester und Elastan (z. B. Energieverbrauch, chemische Ausgangsstoffe) (ETC/WMGE, 2021b). Die Herstellung von Textilien erfordert große Mengen an Energie und Wasser und verwendet eine Vielzahl von Chemikalien in verschiedenen Produktionsprozessen. Vertrieb und Einzelhandel sind für Transportemissionen und Verpackungsabfälle verantwortlich.

Bei der Nutzung und Pflege - Waschen, Trocknen und Bügeln - werden Strom, Wasser und Waschmittel benötigt. Auch Chemikalien und Mikrofasern werden in das Abwasser abgegeben. Gleichzeitig tragen Textilien mit erheblichen Mengen zu Textilabfällen bei. Am Ende ihrer Lebensdauer landen Textilien oft im allgemeinen Abfall und werden verbrannt oder deponiert. Bei der getrennten Sammlung von Textilabfällen werden die Textilien je nach ihrer Qualität und Materialzusammensetzung sortiert und wiederverwendet, recycelt oder entsorgt. Im Jahr 2017 wurde geschätzt, dass weniger als 1 % aller Textilien weltweit zu neuen Produkten recycelt werden (Ellen MacArthur Foundation, 2017).

Um das Ausmaß der Auswirkungen des Textilverbrauchs auf den Rohstoffverbrauch, die Wasser- und Flächennutzung und die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu anderen Verbrauchskategorien zu veranschaulichen, hat die Europäische Umweltagentur ihre Berechnungen der Umwelt- und Klimaauswirkungen des Lebenszyklus in der EU aktualisiert. Verwendet wurden Input-Output-Modelle auf der Grundlage von Daten aus der Exiobase-Datenbank und von Eurostat. Im Einklang mit dem geringeren Textilverbrauchsniveau im Jahr 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie sind die Umweltauswirkungen von 2019 auf 2020 zurückgegangen.

Verwendung von Rohstoffen
Für die Textilproduktion werden große Mengen an Rohstoffen eingesetzt. Für die Herstellung aller von den EU-Haushalten im Jahr 2020 gekauften Bekleidung, Schuhe und Heimtextilien wurden schätzungsweise 175 Millionen Tonnen Primärrohstoffe verwendet, was rund 391 kg pro Person entspricht. Etwa 40 % davon entfallen auf Kleidung, 30 % auf Heimtextilien und 30 % auf Schuhe. Damit sind Textilien die fünftgrößte Verbrauchskategorie in Europa in Bezug auf den Primärrohstoffverbrauch (siehe Abbildung 3).

Zu den Rohstoffen gehören alle Arten von Materialien, die bei der Herstellung von Natur- und Kunstfasern verwendet werden, wie fossile Brennstoffe, Chemikalien und Düngemittel. Dazu gehören auch alle Baumaterialien, Mineralien und Metalle, die für den Bau von Produktionsanlagen verwendet werden. Auch der Transport und der Handel mit den Textilwaren sind eingeschlossen. Nur 20 % dieser Primärrohstoffe werden in Europa hergestellt oder gewonnen, der Rest wird außerhalb Europas gewonnen.

Dies zeigt den globalen Charakter der textilen Wertschöpfungskette und die hohe Ab-hängigkeit des europäischen Verbrauchs von Importen. Dies bedeutet, dass 80 % der durch den europäischen Textilkonsum verursachten Umweltauswirkungen außerhalb Europas stattfinden. So finden beispielsweise der Baumwollanbau, die Faserproduktion und die Bekleidungsherstellung hauptsächlich in Asien statt (ETC/WMGE, 2019).

Wasserverbrauch
Für die Herstellung und Verarbeitung von Textilien werden große Mengen an Wasser benötigt. Bei der Wassernutzung wird zwischen "blauem" Wasser (Oberflächenwasser oder Grundwasser, das bei der Bewässerung, bei industriellen Prozessen oder im Haushalt verbraucht wird oder verdunstet) und "grünem" Wasser (im Boden gespeichertes Regenwasser, das in der Regel zum Anbau von Pflanzen verwendet wird) unterschieden (Hoekstra et al., 2012).
 
Für die Herstellung aller von den EU-Haushalten im Jahr 2020 gekauften Bekleidung, Schuhe und Heimtextilien wurden etwa 4.000 Millionen m³ blaues Wasser benötigt, das sind 9 m³ pro Person, womit der Wasserverbrauch für Textilien an dritter Stelle nach Lebensmitteln sowie Freizeit und Kultur steht (siehe Ab-bildung 4).

Zusätzlich wurden etwa 20.000 Millionen m³ grünes Wasser verwendet, hauptsächlich für die Baumwollproduktion, was 44 m³ pro Person entspricht. Blaues Wasser wird zu etwa gleichem Anteil für die Herstellung von Kleidung (40 %), Schuhen (30 %) sowie Heim- und anderen Textilien (30 %) verwendet. Grünes Wasser wird hauptsächlich für die Herstellung von Kleidung (fast 50 %) und Heimtextilien (30 %) ver-braucht, wobei die Baumwollproduktion den größten Anteil hat.

Der Wasserverbrauch für in Europa verbrauchte Textilien findet größtenteils außerhalb Europas statt. Es wird geschätzt, dass für die Herstellung von 1 kg Baumwolle etwa 10 m³ Wasser benötigt werden, in der Regel außerhalb Europas (Chapagain et al., 2006).

Landnutzung
Die Herstellung von Textilien, insbesondere von Naturtextilien, erfordert große Mengen an Land. Der Flächenverbrauch in der Lieferkette für Textilien, die von europäischen Haushalten im Jahr 2020 gekauft werden, wird auf 180.000 km² geschätzt, das sind 400 m² pro Person. Nur 8 % der verbrauchten Flächen befinden sich in Europa. Über 90 % der Auswirkungen auf die Flächennutzung finden außerhalb Europas statt, hauptsächlich im Zusammenhang mit der (Baumwoll-)Faserproduktion in China und Indien (ETC/WMGE, 2019). Fasern auf Tierbasis, wie Wolle, haben ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die Landnutzung (Lehmann et al., 2018). Damit ist der Textilsektor der Sektor mit den dritthöchsten Auswirkungen auf die Flächennutzung, nach Nahrungsmitteln und Wohnraum (siehe Abbildung 5). Davon fallen 43 % auf Kleidung, 35 % auf Schuhe (einschließlich Lederschuhen, die aufgrund des Bedarfs an Viehweiden eine hohe Auswirkung auf die Landnutzung haben) und 23 % auf Heim- und andere Textilien.

Treibhausgasemissionen
Die Herstellung und der Verbrauch von Textilien verursachen Treibhausgasemissionen, insbesondere durch die Gewinnung von Ressourcen, die Produktion, das Waschen und Trocknen sowie die Abfallverbrennung. Im Jahr 2020 verursachte die Herstellung von Textilwaren, die in der EU konsumiert wurden, Treibhausgasemissionen von insgesamt 121 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent (CO2e), was 270 kg CO2e pro Person entspricht. Damit sind Textilien der Verbrauchsbereich der Haushalte, der für die fünftgrößten Auswirkungen auf den Klimawandel verantwortlich ist, nach Wohnen, Ernährung, Verkehr und Mobilität sowie Freizeit und Kultur (siehe Abbildung 6). Davon entfallen 50 % auf Kleidung, 30 % auf Haushalts- und andere Textilien und 20 % auf Schuhe. Die Treibhausgasemissionen wirken sich zwar weltweit aus, aber fast 75 % werden außerhalb Europas freigesetzt, vor allem in den wichtigen textilproduzierenden Regionen in Asien (ETC/WMGE, 2019).

Etwa 80 % der gesamten Klimaauswirkungen von Textilien entstehen in der Produktionsphase. Weitere 3 % entstehen im Vertrieb und Einzelhandel, 14 % in der Nutzungsphase (Waschen, Trocknen und Bügeln) und 3 % am Ende des Lebenszyklus (Sammlung, Sortierung, Recycling, Verbrennung und Entsorgung) (ECOS, 2021; Östlund et al., 2020).

Textilien aus Naturfasern, wie z. B. Baumwolle, haben im Allgemeinen die geringsten Klimaauswirkungen. Textilien aus synthetischen Fasern (insbesondere Nylon und Acryl) haben im Allgemeinen eine höhere Klimabelastung, da sie aus fossilen Brennstoffen hergestellt werden und bei der Produktion Energie verbraucht wird (ETC/WMGE, 2021b; Beton et al., 2014).

3. Design als Wegbereiter für zirkuläre Geschäftsmodelle für Textilien
Um die Auswirkungen von Textilien auf die Umwelt und den Klimawandel zu verringern, ist die Umstellung auf zirkuläre Geschäftsmodelle von entscheidender Bedeutung, um Rohstoffe, Energie, Wasser und Landnutzung, Emissionen und Abfall einzusparen (ETC/WMGE, 2019). Die Umsetzung und Skalierung von Kreislaufwirtschaftsmodellen erfordert technische, soziale und geschäftsmodellbezogene Innovationen sowie die Förderung von Politik, Konsum und Bildung (EUA, 2021).

Kreislauffähiges Design ist ein wichtiger Bestandteil von zirkulären Geschäftsmodellen für Textilien. Es kann eine höhere Qualität, eine längere Lebensdauer, eine bessere Nutzung von Materialien und bessere Optionen für Wiederverwendung und Recycling gewährleisten. Während es wichtig ist, das Recycling und die Wiederverwendung von Materialien zu ermöglichen, sollten lebensverlängernde Strategien, wie z. B. Design für Langlebigkeit, einfache Wiederverwendung, Reparatur und Wiederaufbereitung, Vorrang haben. Die Vermeidung der Verwendung gefährlicher Chemikalien und die Begrenzung der Schadstoffemissionen und der Freisetzung von Mikroplastik in allen Phasen des Lebenszyklus sollten in die Produktgestaltung einbezogen werden.

Das Design für Kreislaufwirtschaft ist die jüngste Entwicklung im Design für Nachhaltigkeit. Die Ausweitung eines technischen und produktorientierten Fokus auf Veränderungen auf Systemebene (unter Berück-sichtigung von Produktions- und Verbrauchssystemen) zeigt, dass diese jüngste Entwicklung viel mehr Disziplinen erfordert als das traditionelle technische Design. Das Produktdesign als Bestandteil eines kreislauforientierten Geschäftsmodells hängt vom Verbraucherverhalten und den Richtlinien ab, um sein Potenzial auszuschöpfen und seine Umsetzung zu ermöglichen. Abbildung 7 zeigt die Zusammenhänge zwischen dem Kreislaufwirtschaftsmodell, dem Produktdesign, dem Verbraucherverhalten und den Richtlinien. Sie alle sind notwendig, um den Zyklus zu verlangsamen und zu schließen, damit er kreislauffähig wird.

Quelle:

Europäische Umweltagentur
Übersetzung durch Textination

Foto: pixabay
25.01.2022

momox fashion legt Second Hand Fashion Report 2022 vor

  • Repräsentative Studie mit fast 8.000 Teilnehmer:innen zum Second Hand Fashion Markt in Deutschland
  • Second Hand ersetzt neu: 84 Prozent haben aufgrund von Second Hand Shopping weniger Neuware gekauft
  • 71 Prozent haben weniger Geld für Neuware ausgegeben, weil sie Second Hand Kleidung gekauft haben
  • Für knapp jede:n Zweite:n (45 Prozent) ist Second Hand Kleidungskauf selbstverständlich geworden
  • Nachhaltige Produktion ist beim Kauf von Second Hand Mode wichtiger (60 Prozent) als der Markenname (48 Prozent)

Second Hand ersetzt neu – das sagen 84 Prozent der Second Hand Shoppenden in Deutschland und geben an, dass der Kauf von Second Hand Artikeln für sie den Neukauf eines Kleidungsstücks ersetzt hat.

  • Repräsentative Studie mit fast 8.000 Teilnehmer:innen zum Second Hand Fashion Markt in Deutschland
  • Second Hand ersetzt neu: 84 Prozent haben aufgrund von Second Hand Shopping weniger Neuware gekauft
  • 71 Prozent haben weniger Geld für Neuware ausgegeben, weil sie Second Hand Kleidung gekauft haben
  • Für knapp jede:n Zweite:n (45 Prozent) ist Second Hand Kleidungskauf selbstverständlich geworden
  • Nachhaltige Produktion ist beim Kauf von Second Hand Mode wichtiger (60 Prozent) als der Markenname (48 Prozent)

Second Hand ersetzt neu – das sagen 84 Prozent der Second Hand Shoppenden in Deutschland und geben an, dass der Kauf von Second Hand Artikeln für sie den Neukauf eines Kleidungsstücks ersetzt hat. Weitere 71 Prozent geben an, dass sie weniger Geld für Kleidung ausgegeben haben, weil sie gebrauchte Artikel gekauft haben.** Dies sind Ergebnisse des aktuellen Second Hand Fashion Reports 2022, für den der Second Hand Onlineshop momox fashion das dritte Mal in Folge jeweils zwei Studien durchgeführt hat: Eine repräsentative Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Kantar sowie eine Kundenumfrage unter momox fashion Kund:innen, um detaillierte Einblicke in den Gebrauchtwarenmarkt für Kleidung zu bekommen. Insgesamt nahmen 7.826 Personen an den Umfragen teil.

Second Hand Kleidungskauf ist für jede:n Zweite:n selbstverständlich geworden
Die repräsentative Kantar-Umfrage zeigt, dass der Kauf von Second Hand Kleidung zur Routine geworden ist: 67 Prozent der Deutschen haben bereits schon einmal Second Hand Kleidung gekauft – ein Zuwachs von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mehr als jede:r Zweite (56 Prozent) tut dies regelmäßig – mindestens ein Mal jährlich. Dabei ist für 45 Prozent der Kauf von Second Hand Kleidung selbstverständlich oder sehr selbstverständlich geworden. Zudem schätzt über die Hälfte der Deutschen (53 Prozent), dass ihr Kleiderschrank aus bis zu 20 Prozent Second Hand Kleidung besteht.*

Second Hand Kleidung wird nicht nur online geshoppt, sondern auch verkauft
Die beliebteste Art, gebrauchte Kleidung zu kaufen, ist das Onlineshopping: 44 Prozent der Befragten kaufen ihre Second Hand Fashion-Pieces im Netz. Rund jede:r Dritte (28 Prozent) begibt sich in Second Hand-Läden auf die Suche nach dem nächsten Lieblingsteil aus zweiter Hand, gefolgt von Flohmärkten mit 14 Prozent. Dabei überrascht, dass besonders die Generation 50+ gerne online kauft (44 Prozent). Die Generation Z (unter 25-Jährige) bevorzugt jedoch Second Hand Läden (30 Prozent).*

Aber nicht nur Second Hand Onlineshopping ist beliebt. Fast jede:r Zweite (45 Prozent) verkauft gebrauchte Kleidung weiter und dies bevorzugt online (76 Prozent). Lediglich 11 Prozent verkaufen auf Flohmärkten und 8 Prozent an Second Hand Läden.*

Nachhaltigkeit bleibt Hauptmotivation für den Kauf von gebrauchter Kleidung
Um mehr über die Gründe für den Kauf von Second Hand Kleidung zu erfahren, hat momox fashion eine Kundenumfrage unter knapp 7.000 Teilnehmer:innen durchgeführt. Klare Motivation für den Kauf von gebrauchter Kleidung bleibt weiterhin mit 87 Prozent der Nachhaltigkeitsaspekt. 83 Prozent shoppen Kleidung second hand aufgrund der Preisersparnis im Vergleich zur Neuware. Rund jede:r Zweite (49 Prozent) geht auf Kleidungssuche im Second Hand Handel, da die gewünschte Ware nicht mehr im regulären verfügbar ist.**

Fast allen Befragten (91 Prozent) ist allgemein beim Kleidungskauf Nachhaltigkeit und Umweltschutz wichtig oder sehr wichtig. Dies spiegelt sich auch im Konsumverhalten wider: Rund drei Viertel (85 Prozent) versuchen, wenn möglich, aus zweiter Hand zu kaufen. 58 Prozent achten darauf, nachhaltige Kleidung zu shoppen. Und 31 Prozent verwenden umweltschonende Produkte für die Pflege und Reinigung der Kleidung.**

Nachhaltige Produktion oder Markenname – Was ist wichtiger?
Für mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Befragten, ist der Markenname beim Kauf von gebrauchter Kleidung weniger wichtig oder unwichtig. Ob die Kleidung nachhaltig produziert wurden, erachten 60 Prozent hingegen als sehr wichtig oder wichtig. Vor allem für die Generation 60+ (75 Prozent) ist eine nachhaltige Produktion der Second Hand Kleidung sehr wichtig oder wichtig.**

Second Hand Kleidung ist vor allem bei Eltern beliebt
Gebrauchte Kleidung wird aber nicht nur für sich selbst gekauft, fast jede:r Fünfte (18 Prozent) tut es auch für seine/ihre Kinder.* Bei den Eltern unter den Second Hand Shopper:innen kaufen 85 Prozent Kleidung aus zweiter Hand für ihre Kinder. Am beliebtesten sind hier Onlineshops (58 Prozent) und Online-Marktplätze und Second Hand Onlineshops (51 Prozent). 43 Prozent kaufen gebrauchte Kinderkleidung von Freunden. 33 Prozent gehen gerne in Second Hand Läden und weitere 23 Prozent in stationären Kinderbekleidungsgeschäften shoppen. Dabei geben 63 Prozent der Befragten an, dass sie mehr Second Hand Kleidung kaufen, seitdem sie Eltern geworden sind.**

Jacken und Mäntel sind Second Hand Topseller
Am liebsten werden Jacken und Mäntel (70 Prozent) aus zweiter Hand geshoppt, gefolgt von Pullovern (60 Prozent), Kleider und Röcken (56 Prozent) und Hosen (49 Prozent). Dabei scheinen Hosen und Pullover bei den Second Hand Käufer:innen im Vergleich zum Vorjahr beliebter geworden zu sein (Vorjahr: 46 Prozent und 51 Prozent). Jüngere Shoppende (18-29-Jährige) kaufen noch lieber als Jacken und Mäntel ihre Pullover second hand (80 Prozent).**

Quellen:
* Kantar-Umfrage
** momox fashion Umfrage
 
Methodik:
Kantar-Umfrage: Fallzahl (n=1.037), Zielgruppe: 16-64 Jahre; Methode: Online-Umfrage im Befragungszeitraum (13.-16.11.2021), durchgeführt von der Kantar Deutschland GmbH im Auftrag der momox AG
 
momox fashion Umfrage: Fallzahl (n=6.789), Befragungszeitraum (21.-26.10.2021), Zielgruppe: momox fashion Kund:innen im Alter von unter 18 bis über 60 Jahren; Methode: Online-Umfrage, durchgeführt von der momox AG

Download der Studie

(c) Schoeller Textil AG
18.01.2022

Eine Jacke aus einer Jacke aus einer Jacke …

Herstellen, tragen, waschen, verbrennen: Dieser typische Lebenslauf von Kleidungsstücken, der die Umwelt belastet, soll in Zukunft verändert werden – hin zu kreislauf-wirtschaftlichen Prinzipien mit Recycling. An einer Outdoor-Jacke aus PET-Flaschen und Recyclingmaterial haben Empa-Forschende untersucht, ob das Produkt tatsächlich hält, was die Idee verspricht.

Auf den ersten Blick eine normale Regenjacke. Drei Schichten Polyester, innen ein Futter, darüber eine wasserdampf-durchlässige Membran und aussen wasserabweisendes Gewebe, mit einer Kapuze. Doch der Reissverschluss lässt stutzen. Statt in Kragenhöhe zu enden, zieht er sich hoch bis über die Stirn … – wer würde ihn soweit zuziehen?

Herstellen, tragen, waschen, verbrennen: Dieser typische Lebenslauf von Kleidungsstücken, der die Umwelt belastet, soll in Zukunft verändert werden – hin zu kreislauf-wirtschaftlichen Prinzipien mit Recycling. An einer Outdoor-Jacke aus PET-Flaschen und Recyclingmaterial haben Empa-Forschende untersucht, ob das Produkt tatsächlich hält, was die Idee verspricht.

Auf den ersten Blick eine normale Regenjacke. Drei Schichten Polyester, innen ein Futter, darüber eine wasserdampf-durchlässige Membran und aussen wasserabweisendes Gewebe, mit einer Kapuze. Doch der Reissverschluss lässt stutzen. Statt in Kragenhöhe zu enden, zieht er sich hoch bis über die Stirn … – wer würde ihn soweit zuziehen?

Die Erklärung liefert Annette Mark vom Textilhersteller BTK Europe, die an diesem Produkt mitgewirkt hat. Der Reissverschluss soll optisch auffallen – und dient vor allem dem Recycling: Festgenäht mit einem Garn, das sich in kochendem Wasser auflöst, lässt er sich leichter entfernen als zwei Verschlüsse. «Einmal ziehen, fertig», sagt die Expertin für Textilien und Recycling. Auch die hellgrüne Farbe entsteht durch Recycling: das Rohmaterial, ein Granulat aus einem Gemisch unterschiedlicher, aber sortenreiner Textilien, ist dunkelgrün – und das Aufschmelzen und Ausspinnen des Materials für neue Garne hellt es auf.

Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie
Magnetknöpfe, Nähte, Säume: Jedes Detail der Jacke folgt dem «Design2Recycle»-Ansatz, wie es auf der Webseite von «Wear2wear» heisst. Zu diesem Konsortium haben sich sechs Firmen aus Europas Textilbranche vereint, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Schliesslich enden mehr als 70 Prozent aller weltweit produzierten Textilien auf einer Deponie oder in der Müllverbrennung, ohne rezykliert zu werden.

Was kann Kreislaufwirtschaft in dieser Branche ausrichten? Ein Team der Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft» hat die Jacke und ihre Umweltwirkungen genauer angeschaut – mit Hilfe einer Lebenszyklus-Analyse über eine Gebrauchsdauer von vier Jahren; dreimaliges Waschen eingerechnet. Die Kandidaten: eine ohne kreislaufwirtschaftliche Methoden produzierte Variante, die «Startversion» der seit 2019 erhältlichen Jacke in blauer Farbe – mit einer Aussenschicht aus Polyester, das aus dem Material gebrauchter PET-Flaschen stammt – und die grüne Version aus dem nachfolgenden Recycling-Prozess, in der unvermeidliche Materialverluste durch neues Polyester ersetzt sind.

Die Analysen der Empa-Forschenden zeigen, dass die Recyclingprodukte besser abschneiden – in elf untersuchten Umweltrisiko-Kategorien, darunter Erderwärmung, Toxizität für Ökosysteme und Wasserknappheit. Auffällig grosse Vorteile zeigen sich etwa bei der Luftverschmutzung, weil ohne Verbrennung weniger Schadstoffe freigesetzt werden. Und bei der Wasserknappheit, vor allem bei der grünen Jacke nach der ersten Recycling-«Schleife», für die keine PET-Flaschen mehr verwendet werden.

Weitere Einsichten aus den Analysen: Beim Treibhauseffekt liegt der maximale Umweltnutzen bei gut 30 Prozent. Und die Verwendung von PET-Flaschen bringt für die Bilanz keine grossen Vorteile. Entscheidend ist dagegen die Zahl der Rezyklierdurchgänge zu immer neuen Jacken: Die Bilanz verbessert sich von Jacke zu Jacke – vorausgesetzt, die Qualität des Polyesters bleibt hoch genug.

In der Praxis ist das anspruchsvoll, wie Mark erklärt: Je nach Herkunft unterscheidet sich das Rohmaterial teils deutlich. Wurden die Fasern mit bestimmten Hilfsstoffen beschichtet, können die Düsen der Spinnmaschinen verstopfen. Und allgemein sinkt die Qualität mit der Anzahl der Rezyklierungen: unregelmässigere Strukturen des Garns und geringere Festigkeit.

Annette Marks Fazit zu den Empa-Analysen: «sehr realistisch» und nützlich für Verbesserungen. «Die Zusammenarbeit war sehr angenehm», sagt sie, «volle Transparenz und keine Kompromisse.» Auch die Forschenden fanden die Kooperation fruchtbar. «Eine offene Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist enorm wichtig», sagt das ehemalige Teammitglied Gregor Braun, der die Empa mittlerweile verlassen hat und nun als Berater für Nachhaltigkeit arbeitet. «Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft können gut miteinander harmonieren.»

Ob die Jacke ein Markterfolg wird? «Die Textilbranche ist im Umbruch. Es findet ein Umdenken statt, das wir nicht verpassen sollten», sagt Annette Mark. Doch Grosskonzerne, die bereits ähnliche Produkte entwickeln, «haben ganz andere Möglichkeiten». Immerhin sind Gespräche mit einem Hersteller von Sportbekleidung im Gange – für eine Fleece-Jacke, bei der auch die Erkenntnisse der Empa helfen könnten.

Mikroplastikfasern aus Textilien
Textilien aus Polyester sind wegen der Freisetzung von Mikroplastikfasern – etwa beim Waschen – in den Schlagzeilen, was zuweilen als Gefahr für Mensch und Umwelt dargestellt wird. Empa-Fachleute haben Entstehung und Freisetzung von Mikroplastikfasern untersucht. Die Ergebnisse: Fasern werden vor allem an Stoffrändern freigesetzt. Ihre Entstehung und Freisetzung hängt unter anderem von der Art der Faser ab, von Oberflächenbehandlung und der Art des Schneidens. Aus lasergeschnittenen Textilien werden gegenüber anderen beim Waschen deutlich weniger Fasern freigesetzt. Die Empa forscht mit Industriepartnern daran, die Entstehung dieser Fasern bei der Herstellung weiter zu reduzieren. In Schweizer Kläranlagen werden Mikrofasern allerdings grösstenteils aus dem Abwasser entfernt und mit dem Klärschlamm verbrannt.

Weitere Informationen:
Empa PET Recycling polyester
Quelle:

EMPA, Norbert Raabe

Grafik: Pixabay
11.01.2022

Innovationsnetzwerk FIMATEC startet in die zweite Förderphase

Das Netzwerk für die Entwicklung von faserbasierten Werkstofftechnologien für Anwendungen in der Medizin und im Sport wird für weitere zwei Jahre aus Mitteln des Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) gefördert.

Einen entsprechenden Antrag hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Dezember 2021 bewilligt. Damit werden bis Juni 2023 weiterhin Fördermittel für die Entwicklung von innovativen Funktionsfasern, smarten Textilien und anwendungsoptimierten Faserverbundmaterialien zur Verfügung gestellt und die technologische Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gestärkt.

Das Netzwerk für die Entwicklung von faserbasierten Werkstofftechnologien für Anwendungen in der Medizin und im Sport wird für weitere zwei Jahre aus Mitteln des Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) gefördert.

Einen entsprechenden Antrag hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Dezember 2021 bewilligt. Damit werden bis Juni 2023 weiterhin Fördermittel für die Entwicklung von innovativen Funktionsfasern, smarten Textilien und anwendungsoptimierten Faserverbundmaterialien zur Verfügung gestellt und die technologische Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gestärkt.

Hierfür bündelt das Innovationsnetzwerk FIMATEC Kompetenzen aus unterschiedlichen ingenieurs- und naturwissenschaftlichen Fachrichtungen mit kleinen und mittelständischen Herstellern und Dienstleistern aus den Zielbranchen in Medizin und Sport (z. B. Orthopädie, Prothetik, Chirurgie, Smarte Textilien) sowie Akteuren der Textil- und Kunststoffbranche zusammen. 

Diese interdisziplinäre Zusammensetzung aus industriellen Partnern sowie anwendungsnahen Forschungseinrichtungen erhöht die Wettbewerbsfähigkeit und ermöglicht den Akteuren, ihre technischen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben schnell und zielgerichtet zu realisieren. Im Mittelpunkt für die gemeinsamen F&E-Vorhaben der Unternehmen und Forschungseinrichtungen stehen die Entwicklung innovativer Materialien und effizienter Fertigungstechnologien.        
          
Faserbasierte Materialien sind aus vielen Anwendungen in der Medizin und im Sport nicht mehr wegzudenken. Als reine Faser, verarbeitet zum Textil oder als Faserverbundkunststoff bieten sie eine nahezu beliebige Vielfalt zur Einstellung von Eigenschafts- und Funktionsprofilen. Dabei steigen die Anforderungen an Funktionsumfang, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit stetig, sodass ein großes Potential für Innovationen vorhanden ist. Die Entwicklungen werden dabei zum einen durch neue Materialien und Fertigungsverfahren, zum anderen durch innovative Anwendungen getrieben. Produkte mit neuen und überlegenen Funktionen schaffen einen technologischen Vorsprung gegenüber der internationalen Konkurrenz und ermöglichen höhere Verkaufserlöse. Darüber hinaus führen effiziente Verfahren, anwendungsoptimierte Materialien oder auch die Funktionsintegration in die Grundstruktur textiler Werkstoffe perspektivisch zu geringeren Produktionskosten und verbesserten Vermarktungsmöglichkeiten.
Für Entwicklungen in diesem Kontext haben sich die Partner im Innovationsnetzwerk fimatec zusammengeschlossen und bündeln so ihre Kompetenzen. Innerhalb des Netzwerkes werden auf diese Weise zu den nachfolgenden Themenbereichen gemeinsam innovative Materialien und Verfahren entwickelt und in zukunftsweisenden Produkten und Dienstleistungen erprobt:

  • Funktionsfasern
    Innovative Fasermaterialien mit integrierten Funktionalitäten.    
  • Preforming
    Hochgradig lastpfadoptimierte Faserorientierungen für komplexe Faserverbundbauteile.    
  • Smarte Textilien
    Textilbasierte Sensorik und Aktorik.
  • Hybride Werkstoff- und Fertigungstechnologien
    Anwendungsoptimierte Bauteile durch technologieübergreifende Lösungsansätze.    
  • Faserverbundwerkstoffe
    Intelligente Matrixsysteme und funktionsoptimierte Fasermaterialien.    
  • Faserverstärkter 3D-Druck
    Hochqualitative additive Fertigungsverfahren für die effiziente Herstellung individualisierter Produkte.

 
17 Netzwerkpartner forschen an faserbasierten Werkstoffen für Medizin- und Sporttechnik
Aktuell sind zehn Unternehmen und sieben Forschungseinrichtungen an FIMATEC beteiligt. Interessierte Unternehmen und Forschungseinrichtungen sowie potenzielle Anwender können weiterhin an dem Kooperationsnetzwerk oder F&E-Projekten partizipieren. Im Zuge der Mitgliedschaft werden die Partner aktiv bei der Identifizierung und Initiierung von Innovationsprojekten sowie der Sicherstellung von Finanzierungen durch Fördermittelakquise unterstützt.

Ziel des bereits bewilligten Projektes „CFKadapt“ ist die Entwicklung eines thermoformbaren Faser-Kunststoff-Verbundmaterials für optimal adaptierbare orthopädische Hilfsmittel wie Prothesen und Orthesen. Im Projekt „Modul3Rad“ wollen die Projektpartner ein modulares Leichtbau-Rahmensystem für den Aufbau von nutzerfreundlichen, alltagstauglichen Therapiedreirädern für schwer- und schwerstbehinderte Kinder entwickeln. Drei weitere Kooperationsvorhaben sind bereits in der Planung.

Der Technologie- und Wissenstransfer ermöglicht insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) den Zugang zu technologischer Spitzenforschung, besonders diesen bleibt der Zugang zu Innovationen oftmals aufgrund des Fehlens eigener Forschungsabteilungen versagt. Die IWS GmbH hat das Netzwerkmanagement für FIMATEC übernommen und unterstützt die Partner von der ersten Idee über die Suche nach passenden Projektpartnern bis zur Ausarbeitung und Koordination von Förderanträgen. Angestrebt wird eine Förderung durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), das Unternehmen in Kooperation mit Forschungseinrichtungen Fördermöglichkeiten für eine breite Palette an technischen Innovationsvorhaben bietet.

FIMATEC-Netzwerkpartner
all ahead composites GmbH | Veitshöchheim | www.bike-ahead-composites.de
Altropol Kunststoff GmbH | Stockelsdorf | www.altropol.de
Diondo GmbH | Hattingen | www.diondo.com
Mailinger innovative fiber solutions GmbH | Sontra | www.mailinger.de
Sanitätshaus Manfred Klein GmbH & Co. KG | Stade | www.klein-sanitaetshaus.de
STREHL GmbH & Co KG | Bremervörde | www.rehastrehl.de
WESOM Textil GmbH | Olbersdorf | www.wesom-textil.de
Faserinstitut Bremen e.V. (FIBRE) | www.faserinstitut.de
E.F.M. GmbH | Olbersdorf | www.efm-gmbh.de
REHA-OT Lüneburg Melchior und Fittkau GmbH | Olbersdorf | www.rehaot.de
Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM | Bremen | www.ifam.fraunhofer.de
Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e.V. (IPF) | www.ipfdd.de
Institut für Polymertechnologien Wismar e.V. (IPT) | www.ipt-wismar.de
Institut für Verbundwerkstoffe GmbH | Kaiserslautern | www.ivw.uni-kl.de
Assoziierte Netzwerkpartner
9T Labs AG | Zürich, Schweiz | www.9tlabs.com
Fachhochschule Nordwestschweiz, Institut für Kunststofftechnik (FHNW) | www.fhnw.ch
KATZ - Kunststoff Ausbildungs- und Technologie-Zentrum | Aarau, Schweiz | www.katz.ch

Quelle:

Textination / IWS Innovations- und Wissensstrategien GmbH

Foto: pixabay
04.01.2022

EU Projekt: Kreislaufwirtschaft und innovatives Recycling von Textilien

Das dreijährige im Rahmen des Programms Horizon 2020 EU-finanzierte Projekt SCIRT steht für "System Circularity & Innovative Recycling of Textiles" und wird von VITO, einer unabhängigen flämischen Forschungsorganisation im Bereich Cleantech und nachhaltige Entwicklung, koordiniert.

Ziel des Projekts ist die Darstellung eines vollständigen Textil-zu-Textil-Recyclingsystems für ausrangierte Kleidung - oder Post-Consumer-Textilien - unter Einbeziehung aller Akteure der Wertschöpfungskette und mit Schwerpunkt auf dem Recycling von Naturfasern, Kunstfasern und Fasermischungen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich das Projekt vier Hauptziele gesetzt.

Das dreijährige im Rahmen des Programms Horizon 2020 EU-finanzierte Projekt SCIRT steht für "System Circularity & Innovative Recycling of Textiles" und wird von VITO, einer unabhängigen flämischen Forschungsorganisation im Bereich Cleantech und nachhaltige Entwicklung, koordiniert.

Ziel des Projekts ist die Darstellung eines vollständigen Textil-zu-Textil-Recyclingsystems für ausrangierte Kleidung - oder Post-Consumer-Textilien - unter Einbeziehung aller Akteure der Wertschöpfungskette und mit Schwerpunkt auf dem Recycling von Naturfasern, Kunstfasern und Fasermischungen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich das Projekt vier Hauptziele gesetzt.

  • Bereitstellung einer geschlossenen Recyclinglösung für Alttextilien.
  • Anregung und Förderung eines bewussten Designs und einer bewussten Produktionspraxis.
  • Schaffung neuer Geschäftsmöglichkeiten durch Förderung der textilen Wertschöpfungskette.
  • Bewusstsein für die ökologischen und sozialen Auswirkungen des Kleidungskaufs schaffen.

Das Projekt SCIRT, an dem 18 Partner aus fünf Ländern beteiligt sind, wurde Mitte 2021 virtuell gestartet, um das Problem des Abfalls und der Wiederverwertbarkeit von Kleidungsstücken anzugehen, eine der größten Herausforderungen für die Modeindustrie von heute.

Während sich Bekleidungsmarken ehrgeizige Ziele setzen und versprechen, recycelte Fasern in ihre Produkte einzubauen, stapeln sich die ausrangierten Textilien rund um den Globus in Hülle und Fülle. Obwohl es so den Anschein hat, dass Angebot und Nachfrage für diesen Teil der Kreislaufwirtschaft im Einklang stehen, werden laut einem 2017 veröffentlichten Bericht der Ellen MacArthur Foundation weniger als 1 % des Textilabfalls zu neuen Textilfasern recycelt. Dieser winzige Prozentsatz deutet auf ein größeres Problem hin: Die Verwirklichung der Kreislaufwirtschaft in der Modeindustrie ist nicht nur eine Frage von Angebot und Nachfrage, sondern der Verbindung zwischen beiden. Es mangelt an Wissen über die technologische, wirtschaftliche und ökologische Machbarkeit des Recyclings von Fasermischungen, und es besteht die Notwendigkeit, die Qualität und die Kosten von Recyclingprozessen mit den Anforderungen von Textilunternehmen und Modemarken in Einklang zu bringen.

SCIRT wird Lösungen entwickeln, um systemische Innovationen für ein stärker kreislauforientiertes Bekleidungssystem zu unterstützen und diese Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen. Um die Nachfrageseite der Gleichung anzugehen, wird SCIRT ein umfassendes Textil-zu-Textil-Recycling-System für aus-rangierte Kleidung, auch bekannt als Post-Consumer-Textilien, demonstrieren, das die Akteure der gesamten Wertschöpfungskette einbezieht und sich auf das Recycling von Natur- und Kunstfasern sowie Fasermischungen konzentriert. Mit Unterstützung von technischen Partnern und Forschungsinstituten werden die Bekleidungsmarken Decathlon, Petit Bateau, Bel & Bo, HNST und Xandres sechs verschiedene repräsentative Kleidungsstücke aus recycelten Post-Consumer-Fasern entwickeln, prototypisieren und produzieren. Dazu gehören formelle und legere Kleidung, Sportbekleidung, Unterwäsche und Uniformen. Dabei wird SCIRT den Schwerpunkt auf Qualität und Kosteneffizienz legen, um das Vertrauen des Marktes zu gewinnen und die breite Verwendung von Post-Consumer-Recyclingfasern zu fördern.

Aus einer nichttechnologischen Perspektive wird SCIRT unterstützende strategische Maßnahmen und Instrumente entwickeln, um den Übergang zu einem Kreislaufsystem für Bekleidung zu erleichtern. Dazu gehören ein Konzept für ein ökologisch moduliertes System der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) und ein True-Cost-Modell zur Quantifizierung der Kreislaufwirtschaft und zur Erhöhung der Transparenz der Wertschöpfungskette. Besondere Aufmerksamkeit wird auch der Verbraucherperspektive gewidmet. Zu diesem Zweck werden Citizen Labs, die Verbraucher an verschiedenen europäischen Standorten einbeziehen, sowie eine breitere Online-Engagement-Plattform entwickelt, um die Bevölkerung während des gesamten Projekts einzubeziehen, um so die Wahrnehmungen, Motivationen und Emotionen zu verstehen, die ihr Verhalten in Bezug auf den Kauf, die Nutzung und die Entsorgung von Textilien bestimmen.

In den nächsten drei Jahren werden die SCIRT-Projektpartner daran arbeiten, die derzeitigen technologischen, wirtschaftlichen, sozioökonomischen und regulatorischen Hindernisse für das Textilrecycling zu überwinden, um eine echte, dauerhafte Kreislaufwirtschaft für die Bekleidungsindustrie zu schaffen.

2021:
Das SCIRT-Projekt läuft an, und die Partner ermitteln den aktuellen Stand in den Bereichen Bekleidungsdesign, -produktion und -recycling, Herausforderungen und Markttrends sowie die Bedürfnisse der Interessengruppen.

2022:
Entwicklung und Erprobung eines Faser-zu-Faser-Systems zur Herstellung recycelter Garne und Fasern, die frei von schädlichen Substanzen sind.

2023:
Formelle Kleidung, Freizeitkleidung, Sportbekleidung, Unterwäsche und Uniformen werden unter Einsatz der entwickelten optimierten Garne entworfen und hergestellt.

Partners

  • Modeunternehmen: Bel&Bo, HNST, Decathlon, Xandres, Petit Bateau
  • Forschungseinrichtungen: VITO, CETI, Prospex Institute
  • Universitäten: BOKU, TU Wien, ESTIA
  • Akteure der Branche: Altex, AVS Spinning - A European Spinning Group (ESG) Company, Valvan
  • KMUs: Circular.fashion, FFact
  • Non-profit Organisationen: Flanders DC, IID-SII

 

ALTEX
ALTEX ist ein in Deutschland ansässiges Textilrecyclingunternehmen, das mit Hilfe modernster Maschinen Textilabfälle zu neuen, hochwertigen Produkten recycelt. Zu den Produkten gehören unter anderem Reißfasern, Naturfasern, Kunstfasern und Fasermischungen.

Bel & Bo
Bel&Bo ist ein belgisches Familienunternehmen mit rund 95 Einzelhandelsgeschäften in ganz Belgien. Sein Ziel ist es, farbenfrohe, modische und nachhaltig produzierte Kleidung für Männer, Frauen und Kinder zu einem erschwinglichen Preis anzubieten.

CETI
Das Europäische Zentrum für innovative Textilien (CETI) ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der Entwicklung, Erprobung und Prototypisierung innovativer textiler Materialien und Produkte durch private und gemeinschaftliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte widmet.

circular.fashion
circular.fashion bietet Software für Kreislauf-Design, intelligente Textilsortierung und Kreislauf-Recycling, einschließlich der Circular Design Software und der circularity.ID®, sowie Schulungen und praktische Unterstützung für Modemarken an.

Decathlon
Mit mehr als 315 Geschäften in Frankreich und 1.511 auf der ganzen Welt ist Decathlon seit 1976 ein innovatives Unternehmen, das sich zum Hauptakteur für sportliche Menschen entwickelt hat. Das Unternehmen setzt sich für die Reduzierung der Umweltauswirkungen durch eine Reihe von Maßnahmen ein.

ESG
Die European Spinning Group (ESG) ist ein Textilkonzern mit Sitz in Belgien, der eine Reihe von Garnen anbietet, die mit einer hochtechnologischen Open-End-Spinnerei für verschiedene Anwendungen hergestellt werden, z. B. für Heimtextilien, Mode und technische Textilien.

ESTIA
ESTIA ist ein französi-sches Institut, das seit 20 Jahren Aus- und Weiterbildungen im Bereich der industriellen Technologien anbietet. Seit 2017 hat ESTIA ein Programm, das sich auf neue Materialien und disruptive Prozesse in der Mode- und Textilindustrie konzentriert.

FFACT
FFact ist eine Gruppe von Unternehmensberatern, die die Umsetzung von Nachhaltigkeit aus unternehmerischer Sicht erleichtert und Fakten in nützliche Managementinformationen umsetzt. FFact hat seinen Sitz in den Niederlanden und Belgien.

Flanders DC
Die Flanders District of Creativity, eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Belgien, informiert, coacht, fördert und inspiriert kreative Unternehmer in verschiedenen Branchen, einschließlich der Modeindustrie, die ihr Unternehmen aufbauen oder erweitern möchten.

HNST
HNST ist eine belgische Circular-Denim-Marke, die gebrauchte Jeans zurückgewinnt und in der EU zu neuen Stoffen recycelt. So entstehen haltbare und zu 100 % recycelbare Jeans, die 82 % weniger Wasser verbrauchen und 76 % weniger Kohlendioxid ausstoßen als herkömmliche Jeans.

Petit Bateau
Petit Bateau ist eine französische Bekleidungsmarke, die sich auf Strickwaren spezialisiert hat. Als vertikales Unternehmen führt Petit Bateau sein eigenes Stricken, Färben, Konfektionieren und Ladenmanagement mit der Unterstützung von 3.000 Mitarbeitern durch.

Prospex Institute
Das Prospex-Institut hat sich zum Ziel gesetzt, die Beteiligung von Bürgern und Interessenvertretern an einem gesellschaftlich relevanten Entscheidungsdialog und an der Entwicklung zu fördern, indem es mit Theoretikern und Praktikern in Belgien und im Ausland zusammenarbeitet.

IID-SII
Das Institut für nachhaltige Innovation ist ein französischer gemeinnütziger Verband mit Sitz in Paris. Das IID-SII wurde von LGI, einem französischen KMU, initiiert und hat die Aufgabe, als Denkfabrik für nachhaltige Innovationen zu fungieren, um die Einführung neuer Lösungen zu unterstützen.

TU Wien
Die TU Wien ist eine offene wissenschaftliche Einrichtung, an der seit 200 Jahren unter dem Motto "Technik für Menschen" geforscht, gelehrt und gelernt wird. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte liegt in den Bereichen Recyclingtechnologie und Faserinnovation

BOKU
Die Forschung am Institut für Umweltbiotechnologie der BOKU in Wien konzentriert sich auf die Nutzung von Enzymen als leistungsstarke Biokatalysatoren für die Verarbeitung von Biomaterialien im Rahmen von Recyclinganwendungen.

Valvan
Valvan Baling Systems verfügt über 30 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und dem Bau von maßgeschneiderten Maschinen und ist spezialisiert auf Ballenpressen und Sortieranlagen für Faserhersteller, Sammler, Sortierer und Recycler von Textilien.

VITO
VITO, eine führende unabhängige europäische Forschungs- und Technologieorganisation in den Bereichen Cleantech und nachhaltige Entwicklung, zielt darauf ab, den Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschaft durch die Entwicklung nachhaltiger Technologien zu beschleunigen.

Xandres
Xandres ist eine Marke, die von und für Frauen inspiriert ist. Sie ist in einer hoch angesehenen Modetradition verwurzelt, von Qualität getrieben und für das Leben, das Frauen heute führen, geschaffen. Xandres bietet innovative Designs mit Rücksicht auf Luxus und Umwelt.

Es ist unendlich… © Jutta Jung
29.12.2021

Textil-Designerin Jutta Jung „FRAUENGESCHICHTEN UND TRAUMLANDSCHAFTEN“

  • Malerei und Zeichnung von Jutta Jung
  • Ausstellung in der Galerie ART ROOM in Düsseldorf-Gerresheim vom 05.02.2022 – 04.03.2022
  • Von der Neo-Pop-Art bis zum Magischen Realismus

Die kreative Handschrift der Textil-Designerin Jutta Jung lässt sich nicht in eine Schublade stecken – sie bewegt sich in ihrem künstlerischen Ausdruck zwischen Neo-Pop-Art, Figurativem Expressionismus und Magischem Realismus.

Die Neusser Künstlerin zeigt in ihrer kommenden Ausstellung in der Galerie ART ROOM-Düsseldorf neue realistischexpressive Gemälde mit Frauenmotiven, in denen sie textil anmutende Strukturen mit lasierend leuchtenden Farbschüttungen verbindet.

Jutta Jung: „Wir alle leben in einer Welt, und doch wieder nicht. Wir sehen alle das Gleiche, nehmen es aber unterschiedlich wahr. Die Vielgestaltigkeit von äußeren und inneren Ansichten hat mich schon immer fasziniert.“

  • Malerei und Zeichnung von Jutta Jung
  • Ausstellung in der Galerie ART ROOM in Düsseldorf-Gerresheim vom 05.02.2022 – 04.03.2022
  • Von der Neo-Pop-Art bis zum Magischen Realismus

Die kreative Handschrift der Textil-Designerin Jutta Jung lässt sich nicht in eine Schublade stecken – sie bewegt sich in ihrem künstlerischen Ausdruck zwischen Neo-Pop-Art, Figurativem Expressionismus und Magischem Realismus.

Die Neusser Künstlerin zeigt in ihrer kommenden Ausstellung in der Galerie ART ROOM-Düsseldorf neue realistischexpressive Gemälde mit Frauenmotiven, in denen sie textil anmutende Strukturen mit lasierend leuchtenden Farbschüttungen verbindet.

Jutta Jung: „Wir alle leben in einer Welt, und doch wieder nicht. Wir sehen alle das Gleiche, nehmen es aber unterschiedlich wahr. Die Vielgestaltigkeit von äußeren und inneren Ansichten hat mich schon immer fasziniert.“

Als Gegenpol zu ihren Frauenbildern, die teilweise autobiografischen Ursprungs sind oder auch die Fantasie des Betrachters für eigene Geschichten anregen können, stellt sie in der Galerie eine aktuelle Serie von Flächengemälden vor. Diese sind in ihrer typischen Farbigkeit und in sich überschneidenden Formen und Strukturen gehalten.

Ergänzend kommt ein Auszug aus ihrer Kollektion von „Frauengeschichten und Traumlandschaften“ mit expressiven Porträtzeichnungen und abstrakten Gemälden hinzu. Auf großen Leinwandformaten erarbeitet Jutta Jung sich malerisch-gestisch das was sie sichtbar machen will. Dabei trifft Kraft auf Farbe. Feiner Strich und Zeichnung gehen auf Papieren und kleineren Bildformaten Verbindung mit Malerei ein – von kontemplativ bis impulsiv.

Farbwelten, abstrahierte Landschaften, Symbole und Zeichen aufgreifende Kompositionen, figurative Elemente oder Darstellungen von Menschen: Jutta Jung verbindet in ihren Bildern eine Vielfalt von Materialien und künstlerischen Techniken, um ihre Perspektiven und Sehweisen darzustellen. „Es gibt immer wieder neue Welten zu entdecken“, sagt sie.

Anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums zeigt das Kreismuseum Zons vom 13. Mai bis zum 26. Juni 2022 die Sonderaktion „Kunst bis in die letzte Ecke“. Jutta Jung ist eine von sieben ausgewählten Künstlerinnen und Künstler und wird dort Werke zu ihrem Thema „Global Ethno“ präsentieren. Das Museum als Teil einer ehemaligen Burg mit Gebäuden vom 17. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts gibt Ausstellungen einen besonderen Präsentationsrahmen. Es enthält auch die 900 Arbeiten des ihm übereigneten Lebenswerks aus vierzig Jahren Tätigkeit von Prof. Helmut Hahn.

Kurzvita
Jutta Jung lebt und arbeitet im Rheinland. Sie schloss ihr Design-Studium (Schwerpunkt Textil-Design) an der Hochschule Niederrhein in Krefeld mit dem Diplom bei Professor Helmut Hahn mit der Note „sehr gut“ ab. Studienschwerpunkte waren freies Zeichnen, freie Malerei, Illustration, Farbkomposition, Konzeption & Entwurf, Kunstwissenschaft, Gestaltungslehre.
Neben ihrer langjährigen Tätigkeit als Textildesignerin und Kollektionsgestalterin in der rheinischen Textilindustrie ist sie seit 2003 freischaffend als Designerin und Künstlerin im eigenen Atelier tätig:
▪ Textilentwurf und Kollektionsgestaltung für Unternehmen in Europa und Asien (u.a. Stoffdesigns, Porzellandekore und Design für handgefertigte Teppiche).
▪ freie Malerei und Verkauf von Arbeiten an private Sammler.
Seit 2010 konzentriert sich Jutta Jung ausschließlich auf die frei künstlerische Arbeit in Malerei und Zeichnung. Sie ist Mitglied im Kunst.Neuss e.V. und im Künstlernetzwerk crossart international.

Kontakt:
E-Mail: jutta-jung-artwork@gmx.de
Web: https://juttajungartwork.com/

Foto: Pixabay
21.12.2021

Konsum nach Corona: Verbraucher setzen auf Qualität und Nachhaltigkeit

Studie von Roland Berger und Potloc    

Studie von Roland Berger und Potloc    

  • Verbraucher erwarten von Marken und Produkten verstärkt Qualität (67%) und Nachhaltigkeit (51%)
  • Kleine Ladengeschäfte liegen im Trend und punkten mit exklusivem Sortiment
  • Möbel, Haushalts- und Gartenartikel weiter im Fokus

Die Covid-Pandemie hat das Kaufverhalten verändert. Verbraucher setzen vor allem auf Marken mit einem hohen Qualitätsanspruch (67%) und nachhaltigen Produkten (51%). Auch wenn der Trend zum Online-Shopping ungebrochen bleibt, können insbesondere kleine Läden mit exklusivem Sortiment punkten. Knapp ein Drittel (32%) der Verbraucher besuchen solche Geschäfte häufiger als vor der Krise. Das sind Kernergebnisse der im Herbst 2021 veröffentlichten Studie "Decoding Consumer Behavior " von Roland Berger und Potloc, für die 2.100 Verbraucher aus zwölf Ländern im Sommer befragt wurden.
 
"Insgesamt blicken die Konsumenten deutlich positiver in die Zukunft und wollen sich größtenteils in 2022 nicht weiter einschränken. Das sind gute Nachrichten für Einzelhandel, der mit der Pandemie einen nie da gewesenen Einschnitt überwinden musste", sagt Thorsten de Boer, Partner bei Roland Berger. "Marken und Händler sollten aber berücksichtigen, dass Konsumenten bei ihren Entscheidungen heute andere Prioritäten setzen. Zudem erwarten sie mehr denn je einen konsistenten Online-Auftritt über Plattformen und Endgeräte hinweg. Und wenn sie ein Geschäft betreten, dann suchen sie ein exklusives Erlebnis."
     
Kunden konzentrieren sich auf Waren für die eigenen vier Wände und den täglichen Bedarf
Bei der unmittelbaren Kaufentscheidung sind Preis-Leistungs-Verhältnis (68%) und Qualität (56%) die wichtigsten Kriterien für Verbraucher. Auch hier wird Nachhaltigkeit immer wichtiger. Ein Drittel will dieses Kriterium in Zukunft noch stärker berücksichtigen. "Nachhaltigkeit ist endgültig beim Verbraucher angekommen", sagt Richard Federowski, Partner bei Roland Berger.
 
Mit Blick auf die Warenkörbe zeigt sich, dass weiter Produkte für den täglichen Bedarf und das Zuhause (Möbel, Haushalts- und Gartenartikel) im Fokus stehen. 37% haben dieses Jahr beispielsweise mehr Geld für Essen ausgegeben und 29% wollen auch in 2022 hier zusätzlich investieren. "Der Trend zum Cocooning, also sich ins häusliche Privatleben zurückzuziehen, wirkt weiter nach. Die Nachfrage nach Business-Outfits, wird in naher Zukunft eher auf niedrigem Niveau bleiben", sagt Federowski. "Mode aus dem Sport- und Freizeitbereich steht auch weiter hoch im Kurs und Nachhaltigkeitsaspekte werden bei den Kollektionen immer stärker zu berücksichtigen sein. Gekauft wird hier allerdings vor allem online, weil es für die meisten Menschen schlicht komfortabler ist."

Innenstadthändler können mit Beratung und Sortimenten punkten
Global ist der Online-Handel weiter auf dem Vormarsch. Ein Drittel der Befragten gab an, 2021 mehr im Internet zu bestellen, als im Vorjahr. Wichtig sind den Kunden vor allem eine kostenlose Lieferung sowie die Möglichkeit, Artikel möglichst einfach und gratis zurückschicken zu können. "Die Verbraucher haben gelernt, wie praktisch und schnell der Einkauf im Netz sein kann, das gilt über alle Produktkategorien hinweg – zunehmend auch bei Lebensmitteln", so de Boer. Angebote wie eine (virtuelle) Beratung, Click-and-Collect- oder Live-Shopping spielen momentan noch beim Einkauf im Netz nur eine untergeordnete Rolle, werden aber in der Zukunft essenziell.

Das sieht beim Einkauf im Ladengeschäft deutlich anders aus. Gerade deutsche Verbraucher strömen in die Innenstädte, um die Vorteile einer persönlichen Beratung (51%) zu genießen. Die Frequenzen sind zwar noch nicht auf Vor-Corona-Niveau, aber die Conversion-Rates sind sehr gut. Außerdem wollen sie auf exklusive Sortimente zurückgreifen (37%) und den Einkauf zelebrieren. "Darin liegt eine Chance für Handel und Innenstädte", sagt de Boer. "Um im Wettbewerb zu bestehen, können aber auch kleine Händler nicht mehr auf eine digitale Komponente verzichten. Dafür müssen sie ihre exklusiven Erlebnisse in soziale Plattformen tragen. Zudem kennen sie ihre Kundschaft gut und sitzen oft auf wertvollen Daten – dieses Potenzial von 'Small Data' und 'Communities' gilt es zu erschließen."

Die Studie in englischer Sprache steht unter dem folgenden Link zum Download bereit.

Quelle:

Roland Berger und Potloc

14.12.2021

Förderprojekt Rohstoffklassifizierung recycelter Fasern

Schon seit Jahrhunderten werden aus Alttextilien Reißfasern hergestellt und zu neuen textilen Produkten verarbeitet. Dieses effektive Recycling ist einer der ältesten Materialkreisläufe der Welt. Heute geht es nicht nur um Bekleidung, sondern auch um hochwertige technische Textilien. So wie sich die Produkte der Textilindustrie weiterentwickeln, steigen auch die Anforderungen an das Textilrecycling. Grundlage dafür sind eine klare Beurteilung und Klassifizierung der Rohstoffe.

Schon seit Jahrhunderten werden aus Alttextilien Reißfasern hergestellt und zu neuen textilen Produkten verarbeitet. Dieses effektive Recycling ist einer der ältesten Materialkreisläufe der Welt. Heute geht es nicht nur um Bekleidung, sondern auch um hochwertige technische Textilien. So wie sich die Produkte der Textilindustrie weiterentwickeln, steigen auch die Anforderungen an das Textilrecycling. Grundlage dafür sind eine klare Beurteilung und Klassifizierung der Rohstoffe.

Im Forschungsprojekt der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) und dem Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) wird eine Methodik entwickelt, die es ermöglicht, den Reiß als auch die nachfolgenden Prozesse in Bezug auf die Faserqualität zu analysieren. Durch die systematische Analyse soll es gelingen, die nachfolgenden Spinnprozesse so zu optimieren, dass der Recyclinganteil im Garn erhöht werden kann, ohne, dass sich die Garneigenschaften gegenüber einem aus 100% Gutfasern bestehenden Garn wesentlich unterscheiden. Diese Garne können anschließend zu nachhaltigen textilen Produkten wie zum Beispiel Kleidung oder Verbundbauteile verarbeitet werden.

Das vom BMWi/IGF geförderte Projekt hat eine Laufzeit von zwei Jahren und endet am 31.12.2022. Der Nutzen für die teilnehmenden Unternehmen liegt insbesondere darin, ihnen den verstärkten Einsatz von Sekundärrohstoffen zu ermöglichen, neue Märkte durch im Projekt entwickelte Technologien oder Produkte zu erschließen, Synergien und langfristige Kooperationen anzubahnen sowie einen gemeinsamen Marktauftritt vorzubereiten.

Das Projekt umfasst verschiedene Arbeitsschritte:

  • Materialauswahl und Beschaffung
    Zu verarbeitende Baumwollfasern werden aus Alttextilien (T-Shirts) und Abfällen aus der Baumwollspinnerei gewonnen. Die Aramidfasern werden aus gebrauchter Schutzbekleidung und technischen Textilien aufbereitet.
  • Optimierung der Aufbereitung / Auflösung der Textilien
    Damit die Fasern aus den entsprechenden Textilien möglichst schonend und mit einer nicht zu hohen Einkürzung herausgelöst werden, sind exakte Einstellungen beim Reißprozess zu finden, welche technologisch sehr anspruchsvoll sind und viel Erfahrung voraussetzen.
  • Ermittlung der Qualitätskriterien zur Beurteilung der Faserauflösung
    Um die Qualitätskriterien zu definieren werden die aus der Reißerei kommenden Fasern mittels MDTA-4 Messgerät der Textechno GmbH & Co. KG ermittelt. Mit den ermittelten Kriterien soll die (möglichst geringe) Fasereinkürzung durch den Reißprozess charakterisiert werden.
  • Ermittlung optimierter Einstellungen beim Spinnprozess
    Um die optimalen Einstellungen zur Erzeugung eines Garnes aus den Recyclingfasern zu ermitteln, werden diese nach dem Rotorspinnprozess ersponnen. Durch Anpassung des Spinnprozesses soll ein Garn hergestellt werden, das eine gute Gleichmäßigkeit und auch eine entsprechende Festigkeit aufweist.
  • Herstellung und Vergleich von Garnen aus recycelten Rohstoffen
    Damit aus den Recyclingfasern - bestehend aus Aramid und Baumwolle - jeweils ein Flächengebilde hergestellt werden kann, soll das Material im industriellen Maßstab verarbeitet werden. Dazu werden die Fasern über eine komplette Putzereilinie mit anschließender Bandherstellung über angepasste Karden verarbeitet. Nach dem Verstrecken und der anschließenden Vorgarnherstellung werden Garne nach dem Rotor- bzw. nach dem Ringspinnverfahren hergestellt. Mit den fertiggestellten Garnen werden Gestricke produziert.
  • Koordination, Analyse der Ergebnisse und Erstellung der Berichte
    Die Erstellung des Abschlussberichtes erfolgt durch die DITF und das STFI. Ein Ergebnistransfer erfolgt durch Veröffentlichungen, Fachinformationen an Verbände und Messeauftritte. Begleitend sind regelmäßige Sitzungen mit den beteiligten Firmen geplant.

Textination sprach mit Stephan Baz, dem Stv. Leiter Kompetenzzentrum Stapelfaser, Weberei & Simulation Leitung Stapelfasertechnologie und Markus Baumann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum Stapelfaser, Weberei & Simulation (beide DITF) sowie Bernd Gulich, Abteilungsleiter Vliesstoffe/Recycling und Johannes Leis, wissenschaftlicher Mitarbeiter Schwerpunkt Vliesstoffe/Recycling (beide STFI) über den aktuellen Stand des Förderprojektes.

Wie ist der aktuelle Stand des Projekts?
Aktuell befinden wir uns in der Phase der Versuchsdurchführungen und der iterativen Optimierung gleich mehrerer Projektbausteine. Erwartungsgemäß sind für die mechanische Aufbereitung selbst und auch die Einstellung des Spinnprozesses mit den verschiedenen Varianten mehrere Schleifen notwendig. Letztendlich zielt das Projekt ja darauf ab, die Prozesse der mechanischen Aufbereitung und der Spinnerei als Verarbeitung aufeinander abzustimmen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Gleichzeitig ist die Ermittlung der Qualitätskriterien der erzeugten Fasern nicht trivial. Hierfür braucht es zudem die Weiterentwicklung von Prozessen und Prüfmethoden, welche in der Industrie produktiv umsetzbar sind und welche eine Beurteilung der Qualität der erzeugten Fasern tatsächlich und unbeeinflusst von z.B. Restgarnen ermöglichen. Wirklich bemerkenswert ist das Interesse und die Bereitschaft der Industrie die Projektarbeit voranzutreiben. Die in beträchtlichem Umfang benötigten Mengen an Materialien für unsere Versuche haben wir von der ReSales Textilhandel und -recycling GmbH, von der Altex Textil-Recycling GmbH & Co. KG und der Gebrüder Otto GmbH & Co. KG erhalten. Des Weiteren sind mit der Temafa Maschinenfabrik GmbH, Nomaco GmbH & Co. KG, Schill + Seilacher GmbH, Spinnerei Neuhof GmbH & Co. KG und Maschinenfabrik Rieter AG viele Mitglieder des projektbegleitenden Ausschusses von der Beratung bis hin zu der Bereitstellung von Technologien aktiv in das Projekt involviert. Die Firma Textechno Herbert Stein GmbH & Co. KG hat für die Dauer des Projektes ein Prüfgerät des Typ MDTA4 zur Verfügung gestellt und unterstützt unserer Arbeit in Bezug auf die Beurteilung der mechanisch aufbereiteten Fasern. Hierüber sind wir natürlich besonders froh, denn so konnten wir sowohl in der mechanischen Aufbereitung, der Prüfung als auch der Spinnerei mehrere Technologien betrachten und analysieren. Wir erwarten, zu Beginn des kommenden Jahres detailliertere Aussagen treffen zu können.

Welche Ansätze halten Sie für besonders vielversprechend?
Bezogen auf Technologien müssen wir auf die Auswertung und Analyse der Versuchsdurchführungen verweisen, welche derzeit noch andauern. Im ersten Quartal des nächsten Jahres werden wir hierzu mehr ins Detail gehen können.

Es zeichnen sich natürlich schon Dinge ab. Bei den meta-Aramid-Abfällen ließen sich sehr schnell vielversprechende Ansätze finden, bei der Post-Consumer-Baumwolle ist dies deutlich komplexer. Offensichtlich ist die Verbindung zwischen Qualität des Ausgangsmaterials und der Qualität der Erzeugnisse. Wir haben in den beschafften Waren teilweise bereits sehr niedrige mittlere Faserlängen feststellen können, diese spiegeln sich zu einem gewissen Grad natürlich direkt im Output unserer Prozesse wider. Daraus leitet sich, das ist keine neue Erkenntnis, erneut eine große Bedeutung des Designs der Textilien ab.

Worin liegen die Herausforderungen?
Neben dem zu erwartenden hohen Kurzfaseranteil sind die Restgarne nach dem Reißprozess ein Thema mit besonderem Fokus. Zwischen den Materialien und Aufbereitungstechnologien kann der Anteil dieser Restgarne variieren, aber die weitere Auflösung der Produkte des Reißprozesses ist essenziell.
Werden die Prozesse in einer Nutzungsphase weitergedacht, stellt sich die Frage des Designs natürlich auch für die bestmögliche Verwendung von recycelten Fasern. Viele Probleme, aber auch die Lösungsansätze für die Verwendung von vergleichsweise kurzen Fasern sind auch auf die (mehrfache) Verwendung von mechanisch recycelten Fasern zu erwarten.

Kann man beim Endprodukt von einem Upcycling sprechen?
Wir sehen das Garn-zu-Garn-Recycling weder als Up- noch als Downcycling, sondern als Kreislaufführung. Hintergrund ist, dass die Erzeugnisse in dieselbe Anwendung gehen sollen aus der sie gekommen sind und dabei mit Primärmaterial konkurrieren müssen. Dies bedeutet, dass gewisse spezifische Anforderungen zu erfüllen sind und gleichzeitig erheblicher Preisdruck herrscht. Beim Downcycling wird eine deutliche Verringerung der Eigenschaften in Kauf genommen, beim Upcycling kann aufgrund der höherpreisigen Anwendung der Aufbereitungsaufwand aufgefangen werden. Bei dem Bestreben, aus Garnmaterial wieder Garnmaterial zu fertigen, ist beides nur in geringem Maß zulässig. Dies stellt die besondere Herausforderung dar.

Was bedeutet ein aus Alttextilien aufbereitetes Rezyklat für den Spinnprozess?
Ein Teil dieser Fragestellung soll im Projekt durch die detaillierte Klassifizierung der aufbereiteten Fasern beantwortet werden und ist somit Gegenstand der aktuell laufenden Untersuchungen. Es zeigt sich, dass es neben den eher offensichtlichen Punkten wie deutlich reduzierte Faserlänge, Prozessstörungen durch unaufgelöste Gewebe und Garnstücke auch weniger offensichtliche Aspekte wie z.B. eine deutlich erhöhte Abgangsmenge für die Verarbeitung im Spinnprozess zu beachten sind. Die Abgangsmenge ist dabei von besonderem Interesse, denn am Ende soll im neu hergestellten Garn auch ein erheblicher Anteil an aufbereiteten Fasern enthalten sein.

Welche Konsequenzen hat das für den Textilmaschinenbau?
Die Konsequenzen, die zum aktuellen Zeitpunkt bereits abgeschätzt werden können, sind, dass insbesondere bei der Verarbeitung von Baumwolle der Maschinenpark im Spinnereivorwerk auf die Verarbeitung von (Neu-)Naturfasern mit einem gewissen Schmutzanteil spezialisiert ist. Bei aufbereiteten Fasern handelt es sich im Gegensatz zu den Neufasern um saubere Fasern mit deutlich höherem Kurzfaseranteil. Elemente, die gut Schmutz entfernen können, scheiden auch vermehrt kurze Fasern aus, das kann unter Umständen zu ungewollt hohen Abgangsmengen führen. Es ist somit notwendig die etablierte Maschinentechnologie an das neue Anforderungsprofil des Rohstoffes „aufbereitete Fasern“ anzupassen. Analoge Anpassungen sind vermutlich über die komplette Verarbeitungskette bis ins Garn notwendig. Im Streckwerk der Spinnmaschine natürlich eher bedingt durch den hohen Kurzfaseranteil als durch Elemente, die auf das Ausreinigen von Schmutz und Fremdbestandteilen hin optimiert wurden.

Weitere Informationen:
DITF STFI Fasern Recycling Spinnerei
Quelle:

Textination GmbH

(c) nova-Institut GmbH
07.12.2021

Finalisten für „Cellulose Fibre Innovation of the Year 2022” stehen fest

Zellulosefaser-Innovation des Jahres 2022: Zellulosefaser-Lösungen erweitern sich von Hygieneartikeln und Textilien sowie Vliesstoffen bis hin zu Alternativen für Carbonfasern für Leichtbauanwendungen.

Die Auswahl der Finalisten für den Innovationspreis war aufgrund der hochklassigen Einreichungen eine Herausforderung: Alle bieten vielversprechende nachhaltige Lösungen für die Wertschöpfungskette von Zellulosefasern. Sechs von ihnen erhalten die Chance, ihr Potenzial einem breiten Publikum vor Ort in Köln und Online zu demonstrieren.

Zellulosefaser-Innovation des Jahres 2022: Zellulosefaser-Lösungen erweitern sich von Hygieneartikeln und Textilien sowie Vliesstoffen bis hin zu Alternativen für Carbonfasern für Leichtbauanwendungen.

Die Auswahl der Finalisten für den Innovationspreis war aufgrund der hochklassigen Einreichungen eine Herausforderung: Alle bieten vielversprechende nachhaltige Lösungen für die Wertschöpfungskette von Zellulosefasern. Sechs von ihnen erhalten die Chance, ihr Potenzial einem breiten Publikum vor Ort in Köln und Online zu demonstrieren.

Das nova-Institut kürt zum zweiten Mal die „Cellulose Fibre Innovation of the Year“ im Rahmen der „International Conference on Cellulose Fibres 2022“ (2.-3. Februar 2022). Der Konferenzbeirat hat sechs Produkte nominiert, von Zellulose aus Orangen- und Holzzellstoff bis hin zu einer neuartigen Technologie zur Zellulosefaserherstellung. Die Präsentationen der Kandidaten, die Wahl des Gewinners durch das Konferenzpublikum und die Preisverleihung finden am ersten Tag der Konferenz statt.

Zellulosefasern weisen ein immer breiteres Anwendungsspektrum auf, während die Märkte gleichzeitig durch technologische Entwicklungen und politische Rahmenbedingungen, insbesondere Verbote und Beschränkungen für Kunststoffe und steigende Nachhaltigkeitsanforderungen, bewegt werden. Die Konferenz bietet einen ausführlichen Überblick über die Perspektiven für Zellulosefasern durch eine Einschätzung der politischen Rahmenbedingungen, eine Session zu Nachhaltigkeit, Recycling und alternativen Rohstoffen sowie Informationen zu den neuesten Entwicklungen in Zellstoff, Zellulosefasern und Garne. Dazu gehören Anwendungen wie Vliesstoffe, Verpackungen und Verbundwerkstoffe.

Das sind die Nominierten:
Kohlenstofffasern aus Holz - Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (Deutschland)
Die HighPerCellCarbon®-Technologie ist ein nachhaltiges und alternatives Verfahren zur Herstellung von Kohlenstofffasern aus Holz. Die Technologie beginnt mit dem Nassspinnen von Zellulosefasern unter Verwendung ionischer Flüssigkeiten (IL) als direktes Lösungsmittel in einem umweltfreundlichen, geschlossenen Filamentspinnverfahren (HighPerCell®-Technologie). Diese Filamente werden durch einen Niederdruck-Stabilisierungsprozess direkt in Kohlenstofffasern umgewandelt, gefolgt von einem geeigneten Karbonisierungsprozess. Während des gesamten Prozesses entstehen keine Abgase oder giftige Nebenprodukte. Darüber hinaus ermöglicht das Verfahren ein vollständiges Recycling von Lösungsmittel und Vorläuferfasern, wodurch ein einzigartiger und umweltfreundlicher Prozess entsteht. Kohlenstofffasern werden in vielen Leichtbauanwendungen eingesetzt und sind eine nachhaltige Alternative zu Fasern auf fossiler Basis.

Fibers365, Wirklich kohlenstoffnegative Frischfasern aus Stroh – Fibers365 (Deutschland)
Fibers365 sind die ersten kohlenstoffnegativen Fasern aus frischem Stroh auf dem Markt. Das Fibers365-Konzept basiert auf einem einzigartigen, hochmodernen Verfahren zur Herstellung funktioneller, kohlenstoffnegativer und wettbewerbsfähiger Nichtholz-Biomasseprodukte wie Frischfasern für Papier- Verpackungs- und Textilzwecke sowie hochwertige Prozessenergie-, Biopolymer- und Düngemittel-Nebenströme. Die Produkte werden aus den Stängeln einjähriger Nahrungspflanzen wie Stroh durch eine chemikalienfreie, regionale, bäuerliche Dampfexplosionsauflösungstechnologie gewonnen, die eine einfache Trennung der Fasern von Zucker, Lignin, organischer Säure und Mineralien ermöglicht. Bei einjährigen Pflanzen werden die CO2-Emissionen innerhalb von 12 Monaten nach dem Produktionsdatum zurückgewonnen, so dass ein sofortiger jährlicher Ausgleich der entsprechenden Emissionen möglich ist.

Iroony® Hanf- und Flachszellulose – RBX Créations (Frankreich)
Iroony® ist eine Marken-Zellulose, die von RBX Créations aus Hanf hergestellt wird. Die widerstandsfähige Hanfpflanze wächst schnell innerhalb weniger Monate, bindet massiv Kohlenstoff und weist einen hohen Zellulosegehalt auf. Die Biomasse wird direkt von französischen Landwirten geerntet, die sie ohne Chemikalien und Bewässerung in ausgedehnten Rotationszyklen anbauen und so zur Regeneration des Bodens und zur Artenvielfalt beitragen. Für ein diversifiziertes Angebot kann der Hanf mit biologisch angebautem Flachs kombiniert werden. Durch sein patentiertes Verfahren gewinnt RBX Créations hochreine Zellulose, die sich perfekt für Spinntechnologien wie HighPerCell® des DITF-Forschungszentrums eignet. Die daraus gewonnenen Fasern weisen vielseitige Eigenschaften wie Feinheit, Festigkeit und Dehnbarkeit auf und eignen sich für Anwendungen wie Bekleidung oder technische Textilien. Iroony® vereint geringe Umweltauswirkungen, Nachverfolgbarkeit und Leistung.

SPINNOVA, Nachhaltige Textilfasern ohne schädliche Chemikalien – Spinnova (Finnland)
Die innovative Technologie von Spinnova ermöglicht die Herstellung nachhaltiger Textilfasern in einem mechanischen Verfahren, ohne Auflösen oder schädliche Chemikalien. Das Verfahren umfasst die Verwendung von Zellstoff in Papierqualität und die mechanische Raffination zur Herstellung mikrofibrillierter Zellulose (MFC). Die aus MFC bestehende Fasersuspension wird ohne Regenerationsverfahren zu Textilfasern extrudiert. Beim Spinnova-Verfahren fallen keine Nebenabfälle an, und der ökologische Fußabdruck von SPINNOVA® umfasst 65 % weniger CO2-Emissionen und 99 % weniger Wasser im Vergleich zur Baumwollproduktion. Die Lösung von Spinnova ist außerdem skalierbar: Spinnova strebt an, in den nächsten 10 bis 12 Jahren eine jährliche Produktionskapazität von 1 Million Tonnen zu erreichen.

Nachhaltige Menstruationsunterwäsche: Anwendungsorientierte Funktionalisierung von Fasern – Kelheim Fibres (Deutschland)
Die pflanzlichen und biologisch abbaubaren Fasern von Kelheim leisten einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft im Bereich der wiederverwendbaren Hygienetextilien. Durch innovative Funktionalisierung werden sie gezielt auf die Anforderungen der einzelnen Lagen abgestimmt und erreichen dadurch eine vergleichbare Leistungsfähigkeit wie synthetische Fasern. Es entsteht eine einzigartige Dualität in der Fasertechnologie: nachhaltig hergestellte Zellulosefasern, die einen hohen Tragekomfort und Wiederverwendbarkeit bei außergewöhnlicher, langlebiger Leistung ermöglichen. Die Faserkonzepte umfassen Celliant® Viscose, eine faserinterne Infrarotlösung und Danufil®-Fasern in der Oberschicht, Galaxy, eine trilobale Faser für die ADL, Bramante, eine Viskosehohlfaser, im absorbierenden Kern und ein wasserabweisendes Gewebe, eine biologisch abbaubare PLA-Folie oder eine nachhaltige Beschichtung als Unterschicht.

Lyocellfaser der Marke TENCEL™ aus Orangen- und Holzzellstoff – Orange Fiber (Italien)
Orange Fiber ist das weltweit erste Unternehmen, das eine nachhaltige Textilfaser aus einem patentierten Verfahren zur Gewinnung von Zellulose herstellt, die aus den Resten von Zitrusfrüchten gesponnen wird, von denen allein in Italien mehr als 1 Million Tonnen pro Jahr anfallen. Das Ergebnis der Partnerschaft mit der Lenzing Gruppe, dem weltweit führenden Hersteller von Spezialfasern auf Holzbasis, ist die erste Lyocellfaser der Marke TENCEL™, die aus Orangen- und Holzzellstoff hergestellt wird. Eine neuartige Zellulosefaser, die die Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette weiter vorantreibt und die Grenzen der Innovation verschiebt. Diese Faser, die Teil der TENCEL™ Limited Edition Initiative ist, zeichnet sich durch eine weiche Anmutung und eine hohe Feuchtigkeitsaufnahme aus. Sie hat bereits das OEKO-TEX Standard 100 Zertifikat erhalten und wird derzeit einer Reihe weiterer Nachhaltigkeitsbewertungen unterzogen.

30.11.2021

Initiative für mehr Resilienz: Fraunhofer präsentiert White Paper »RESYST«

Vor dem Hintergrund aktueller Krisen wie der Corona-Pandemie oder der Hochwasserkatastrophe des Sommers 2021 wird deutlich: Krisen, die auf unzureichend resiliente Wertschöpfungsketten treffen, können dramatische Auswirkungen auf Unternehmen und sogar ganze Volkswirtschaften haben. Mit dem White Paper »RESYST« stellen 17 Fraunhofer-Institute eine Analyse aller Faktoren und Bedingungen für Resilienz vor und geben praktische Handlungsempfehlungen. Das Fazit der Forschenden: Wer nachhaltige Maßnahmen zur Steigerung der Resilienz einführt, bleibt selbst in Krisen innovativ und erfolgreich.

Die Folgen der Corona-Pandemie haben auch die deutsche Wirtschaft stark getroffen. Viele Branchen melden Lieferschwierigkeiten, allen voran die Autoindustrie, aber auch die Baubranche, Möbelhersteller, die Papierindustrie und Fahrradhersteller – sogar Spielwaren sind knapp.

Vor dem Hintergrund aktueller Krisen wie der Corona-Pandemie oder der Hochwasserkatastrophe des Sommers 2021 wird deutlich: Krisen, die auf unzureichend resiliente Wertschöpfungsketten treffen, können dramatische Auswirkungen auf Unternehmen und sogar ganze Volkswirtschaften haben. Mit dem White Paper »RESYST« stellen 17 Fraunhofer-Institute eine Analyse aller Faktoren und Bedingungen für Resilienz vor und geben praktische Handlungsempfehlungen. Das Fazit der Forschenden: Wer nachhaltige Maßnahmen zur Steigerung der Resilienz einführt, bleibt selbst in Krisen innovativ und erfolgreich.

Die Folgen der Corona-Pandemie haben auch die deutsche Wirtschaft stark getroffen. Viele Branchen melden Lieferschwierigkeiten, allen voran die Autoindustrie, aber auch die Baubranche, Möbelhersteller, die Papierindustrie und Fahrradhersteller – sogar Spielwaren sind knapp.

Die Industrie sollte die dramatischen Lieferengpässe zum Anlass nehmen, ihre Fähigkeit zur Resilienz zu überprüfen und zukunftsorientierte Maßnahmen zu planen. Hier setzt das White Paper »RESYST Resiliente Wertschöpfung in der produzierenden Industrie – innovativ, erfolgreich, krisenfest« an. 17 Fraunhofer-Institute des Fraunhofer-Verbunds Produktion bringen ihre langjährigen, umfassenden Erfahrungen und aktuellen Forschungsergebnisse ein. Die Autorinnen und Autoren wenden sich dabei nicht nur an ein Fachpublikum, sie wollen ihre Erkenntnisse auch einer breiten Öffentlichkeit aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik nahebringen.    

Reaktion auf Krisen und unerwartete Störfälle
Das White Paper untersucht die Auswirkungen unerwarteter Störfälle und plötzlich hereinbrechender Krisen auf Unternehmen und diskutiert Maßnahmen und Weichenstellungen, die auf den Ebenen der Unternehmen, des Wertschöpfungssystems oder der Politik getroffen werden können, um die Resilienz deutlich zu erhöhen. Wesentliche Faktoren sind dabei unter anderem Qualifikation und Motivation der Mitarbeitenden, der Aufbau alternativer Prozessketten oder eine schnellere Zertifizierung von Produkten und Prozessen durch die zuständigen Institutionen. Darüber hinaus sollten sich staatliche Unterstützungsleistungen nicht punktuell auf einzelne Branchen oder Unternehmen fokussieren, sondern ganze Wertschöpfungssysteme in den Blick nehmen.

»Von internationalen Handelskonflikten über die Auswirkungen des Klimawandels bis hin zur Corona-Pandemie – die vergangenen Jahre haben gezeigt: Resilienz ist eine tragende Säule für eine funktionierenden Wirtschaft, insbesondere der produzierenden Industrie,« sagt Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft. »Die deutsche Wirtschaft steht heute vor enormen Herausforderungen. Sie muss innovative Technologien im Kampf gegen den Klimawandel auf den Markt bringen und ihre technologische Souveränität im globalen Wettbewerb ausbauen. Das White Paper »RESYST« vertieft das Verständnis für eine resiliente Wertschöpfung und bietet produzierenden Unternehmen praxisnahes Know-how zur Steigerung ihrer Resilienz und damit langfristiger Erfolgssicherung.«

Prof. Holger Kohl, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK und Koordinator des White Papers zum Forschungsprojekt RESYST, ergänzt: »Das Thema Resilienz wird immer noch unterschätzt. Unser White Paper will das Bewusstsein für dieses komplexe Thema schärfen, damit die Verantwortlichen der produzierenden Industrie frühzeitig Maßnahmen zur dringend notwendigen Verbesserung der Resilienz ergreifen. Eine zentrale Erkenntnis von RE-SYST ist dabei, dass eine sorgfältige Analyse der internen Geschäftsprozesse, Strukturen und oftmals versteckten Abhängigkeiten grundlegend für den erfolgreichen Aufbau resilienter Wertschöpfungssysteme ist.«
 
Rahmenmodell für resiliente Wertschöpfung

Das White Paper stellt erstmals das »Rahmenmodell für Resiliente Wertschöpfung« vor, das die Fraunhofer-Forschenden institutsübergreifend gemeinsam entwickelt haben. »Das Rahmenmodell bildet ein durchgängiges Gerüst, das alle relevanten Aspekte der Resilienz adressiert, sie miteinander vernetzt und mit handlungsorientierten Lösungsbausteinen verknüpft«, erläutert Kohl. Das gibt Unternehmen die Möglichkeit, die strategisch angelegten Resilienz-Ziele nahtlos mit den Erfordernissen des Tagesgeschäfts zu verbinden. Die »RESYST«-Autoren begnügen sich nicht mit theoretischen Erörterungen. Das Rahmenmodell und die Analysen werden mit praktischen Handlungsempfehlungen, konkreten Beispielen und einer Reihe von Case Studies anschaulich gemacht.
 
Die Forschenden der Fraunhofer-Gesellschaft senden mit ihrem White Paper »RESYST« aber auch eine optimistische Botschaft aus. »Resilienz ist mehr als nur Krisenvorsorge, vielmehr hilft sie auch jenseits von Krisen innovativ und agil zu bleiben. Denn intakte und resiliente Wertschöpfungssysteme sind essenziell für den Wirtschaftsstandort Deutschland«, sagt Holger Kohl.

Das White Paper »RESYST« steht in einer Printversion und als kostenloser Download im PDF-Format zur Verfügung.

(c) Toray
23.11.2021

Toray Industries: Ein Konzept, um Leben zu verändern

Das im Januar 1926 gegründete japanische Chemieunternehmen Toray Industries, Inc. mit Firmensitz in Tokio ist bekannt als der weltweit größte Hersteller von Kohlenstofffasern auf PAN (Polyacrylnitril)-Basis. Doch das Gesamtportfolio umfasst weit mehr. Textination sprach mit Koji Sasaki, dem General Manager der Textile Division von Toray Industries, Inc., über innovative Produktlösungen, neue Verantwortungen und die besondere Rolle von Chemieunternehmen in der heutigen Zeit.

Toray Industries ist ein japanisches Unternehmen, das sich – 1926 als Produzent von Viskosegarnen entstanden – auf der Zielgerade zu seinem 100. Geburtstag befindet. Aktuell gehören zur Toray Gruppe 102 japanische Firmen und 180 in Übersee. Sie sind in 29 Ländern tätig. Welche Bedeutung hat der Geschäftsbereich Fasern und Textilien aktuell für Ihren Unternehmenserfolg?

Das im Januar 1926 gegründete japanische Chemieunternehmen Toray Industries, Inc. mit Firmensitz in Tokio ist bekannt als der weltweit größte Hersteller von Kohlenstofffasern auf PAN (Polyacrylnitril)-Basis. Doch das Gesamtportfolio umfasst weit mehr. Textination sprach mit Koji Sasaki, dem General Manager der Textile Division von Toray Industries, Inc., über innovative Produktlösungen, neue Verantwortungen und die besondere Rolle von Chemieunternehmen in der heutigen Zeit.

Toray Industries ist ein japanisches Unternehmen, das sich – 1926 als Produzent von Viskosegarnen entstanden – auf der Zielgerade zu seinem 100. Geburtstag befindet. Aktuell gehören zur Toray Gruppe 102 japanische Firmen und 180 in Übersee. Sie sind in 29 Ländern tätig. Welche Bedeutung hat der Geschäftsbereich Fasern und Textilien aktuell für Ihren Unternehmenserfolg?

Das Geschäft mit Fasern und Textilien ist zugleich Ausgangspunkt und Grundlage der heutigen Geschäftsentwicklung von Toray. Wir begannen 1926 mit der Produktion von Viskosegarnen und führten bereits 1940 eigene Forschung und Entwicklung im Bereich Nylonfasern durch. Und da neue Materialien meist auch neue Verarbeitungsmethoden erfordern, begann Toray früh damit, auch in eigene Verfahrenstechnologie zu investieren. So möchten wir einerseits unsere Umsätze steigern und andererseits die Anwendungsmöglichkeiten für unsere Materialien erweitern. Aus diesem Grund begann Toray auch, das Geschäft vom reinen Fasergeschäft auf Textilien und sogar Bekleidung auszuweiten. So sind wir in der Lage, besser auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen und gleichzeitig stets an der Spitze der Innovation zu bleiben.

Laufe der Jahrzehnte hat Toray viel Wissen in der Polymerchemie und der organischen Synthesechemie angesammelt – und dieses Know-how ist die Grundlage für fast alle unsere anderen Geschäftsvorhaben. Heute produzieren wir eine breite Palette fortschrittlicher Materialien und Produkte mit hoher Wertschöpfung in den Bereichen Kunststoffe, Chemikalien, Folien, Kohlefaserverbundwerkstoffe, Elektronik und Informationsmaterialien, Pharmazeutika, Medizin und Wasseraufbereitung. Fasern und Textilien sind jedoch nach wie vor unser wichtigstes Geschäftsfeld, auf das rund 40 % des Umsatzes des Unternehmens entfallen.

Welches Verständnis, welches Erbe ist Ihnen bis heute wichtig? Und wie leben Sie konkret im Textilbereich eine Unternehmensphilosophie, die Sie so formulieren "einen gesellschaftlichen Beitrag leisten durch die Schaffung neuer Werte mit innovativen Ideen, Technologien und Produkten (Contributing to society through the creation of new value with innovative ideas, technologies and products)"?

Toray hat immer wieder neue Materialien entwickelt, die es so in der Welt noch nie gegeben hat. Wir tun dies, indem wir uns auf unsere vier Kerntechnologien konzentrieren: Polymerchemie, organische synthetische Chemie, Biotechnologie und Nanotechnologie. Für den Textilbereich bedeutet dies, dass wir neue Polymerstrukturen, Spinntechnologien und Verarbeitungsmethoden einsetzen, um Garne mit noch nie dagewesenen Eigenschaften zu entwickeln. Dabei orientieren wir uns stets an den Bedürfnissen und Problemstellungen des Marktes und unserer Kunden.

Dieser Ansatz ermöglicht es uns, Textilien mit neuen Funktionen in unseren Alltag zu integrieren, die natürliche Fasern und Materialien nicht erreichen können. So bieten wir beispielsweise Sport- und Unterwäsche, die hervorragend Wasser absorbieren und sehr schnell trocknen, oder Regen- und Outdoor-Bekleidung mit ausgezeichneten wasserabweisenden Eigenschaften, die mit einem weniger voluminösen Innenfutter aufwarten kann. Weitere Beispiele sind antibakterielle Unterwäsche, Uniformen oder Innenausstattungen, die für ein hygienisches Umfeld sorgen und das Wachstum von geruchsverursachenden Bakterien beeinträchtigen. Die Menschen genießen jeden Tag die Annehmlichkeiten dieser innovativen Textilien, und wir hoffen, damit zu ihrem täglichen Komfort beitragen und ihr Leben in gewisser Weise verbessern zu können.

Im Jahr 2015 verabschiedeten die Vereinten Nationen 17 nachhaltige Entwicklungsziele – kurz Agenda 2030 genannt, die zum 01. Januar 2016 in Kraft trat. Den Ländern blieben 15 Jahre, um sie bis 2030 zu erreichen. In Ihrem Unternehmen gibt es eine TORAY VISION 2030 und eine TORAY SUSTAINABILITY VISION. Wie wenden Sie diese Grundsätze und Ziele auf das Textilgeschäft an? Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit für dieses Geschäftsfeld?

Nachhaltigkeit ist eines der wichtigsten Themen, denen sich die Welt heute gegenübersieht – nicht nur in der Textilbranche, sondern in allen Industriezweigen. Wir in der Toray-Gruppe sind davon überzeugt, mit unseren fortschrittlichen Materialien zur Lösung verschiedener Probleme in diesem Kontext beitragen zu können. Gleichzeitig bietet der Trend in Richtung Nachhaltigkeit interessante neue Geschäftsansätze. In unserer Nachhaltigkeitsvision haben wir vier Ziele festgelegt, die die Welt bis 2050 erreichen sollte. Und wir haben definiert, welche Probleme dafür angegangen werden müssen.

Wir müssen:

  1. Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels beschleunigen,
  2. bei der Nutzung von Ressourcen und in der Produktion nachhaltige, recyclingorientierte Lösungen realisieren,
  3. sauberes Wasser und saubere Luft bereitstellen und
  4. einen Beitrag leisten zu einer besseren medizinischen Versorgung und Hygiene für Menschen auf der ganzen Welt.

Wir werden diese Agenda vorantreiben, indem wir den Einsatz von Materialien, die auf Umweltprobleme reagieren, fördern und ausweiten. Im Textilbereich bieten wir zum Beispiel wärmende und kühlende Textilien an – indem sie in bestimmten Situationen Klimaanlagen oder Heizungen überflüssig machen, können sie dazu beitragen, Energiekosten zu senken. Wir stellen außerdem umweltfreundliche Textilien her, die auf bestimmte schädliche Stoffe wie Fluor verzichten, sowie Textilien aus Biomasse, bei denen anstelle von konventionellen petrochemischen Materialien pflanzliche Fasern zum Einsatz kommen. Auch recycelte Materialien, die Abfall reduzieren und eine effektive Nutzung von Ressourcen fördern, haben wir im Sortiment.

Die TORAY VISION 2030 wiederum ist unser mittelfristiger Strategieplan und betrachtet das Thema Nachhaltigkeit aus einem anderen Blickwinkel: Toray hat darin den Weg zu einem nachhaltigen und gesunden Unternehmenswachstum festgelegt. Dabei konzentrieren wir uns auf zwei große Wachstumsbereiche: Unser Green Innovation Business, das auf die Lösung von Umwelt-, Ressourcen- und Energieproblemen abzielt, und das Life Innovation Business, das sich auf die Verbesserung der medizinischen Versorgung, der öffentlichen Gesundheit, der persönlichen Sicherheit und letztlich einer längeren Lebenserwartung konzentriert.

Innovation by Chemistry lautet der Claim der Toray-Gruppe. In einer Welt, in der REACH und Fridays for Future die Spielräume der Chemieindustrie stark einengen, stellt sich die Frage, welchen Platz die Chemie in der Textilindustrie haben kann. Wie passen hier Chemie, Innovation und Nachhaltigkeit zusammen?

Die chemische Industrie befindet sich heute an einem Wendepunkt. Die Vorteile, die diese Industrie für die Zivilisation bringen kann, sind zwar nach wie vor enorm, aber zugleich treten Nachteile wie Ressourcenverschwendung und die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Ökosysteme, immer deutlicher zu Tage. In Zukunft wird die chemische Industrie viel stärker im Sinne der Nachhaltigkeit arbeiten müssen – daran führt kein Weg vorbei.

Was Textilien betrifft, so gibt es unserer Meinung nach mehrere Möglichkeiten, synthetische Materialien in Zukunft nachhaltiger zu gestalten. Eine davon sind wie gesagt Materialien, die aus Pflanzen statt aus petrochemischen Rohstoffen hergestellt werden. Eine andere besteht darin, die Menge an Rohstoffen, die bei der Produktion verwendet werden, von vornherein zu reduzieren – dies kann zum Beispiel gelingen, indem Abfallstoffe aus Produktion oder Verkauf gesammelt und recycelt werden. Biologisch abbaubare Materialien, die die Auswirkungen von Abfallprodukten auf die Umwelt verringern, sind eine weitere Möglichkeit, die zu verfolgen es lohnt, ebenso wie die Reduzierung von umweltschädlichen Substanzen, die im Produktionsprozess verwendet werden. All diese Möglichkeiten prüfen wir bereits im synthetischen Textilien-Geschäft von Toray. Zugleich achten wir übrigens darauf, in unserer eigenen Produktion Energie zu sparen und den Einfluss auf die Umwelt möglichst gering zu halten.

Toray konzentriert sich im Segment Fasern & Textilien auf synthetische Fasern wie Nylon, Polyester und Acryl sowie andere Funktionsfasern. Auf dem Markt ist in den vergangenen Jahren ein deutlicher Trend zu cellulosischen Fasern zu beobachten, die auch als Alternativen zu synthetischen Produkten gehandelt werden. Wie sehen Sie diese Entwicklung – zum einen für das Unternehmen Toray, zum anderen unter dem Aspekt Nachhaltigkeit, den die cellulosischen Wettbewerber mit der nachwachsenden Rohstoffbasis für sich reklamieren?

Naturfasern, einschließlich Cellulosefasern und Wolle, sind insofern umweltfreundlich, als sie leicht recycelt werden können und nach der Entsorgung schnell biologisch abbaubar sind. Um ihre Umweltauswirkungen wirklich beurteilen zu können, müssen jedoch auch eine Reihe anderer Faktoren berücksichtigt werden: In erster Linie ist da die Frage der Beständigkeit: gerade weil Naturfasern natürlich sind, ist es schwierig, auf einen schnellen Anstieg der Nachfrage zu reagieren, und die Qualität ist aufgrund von Wetter- und anderen Faktoren nicht immer stabil.

Klimatische Veränderungen wie extreme Hitze, Dürre, Wind, Überschwemmungen und Kälteschäden können die Quantität und Qualität der Produktion von Naturfasern beeinträchtigen, so dass die Versorgung nicht immer gesichert ist. Um die Produktion hochzufahren, müssen nicht nur Flächen gerodet, sondern auch große Mengen an Wasser und Pestiziden eingesetzt werden, um diese zu bewirtschaften - all das ist schädlich für die Umwelt.

Synthetische Fasern hingegen sind Industrieprodukte, die in kontrollierten Fabrikumgebungen hergestellt werden. Das macht es einfacher, Schwankungen im Produktionsvolumen zu bewältigen und eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Darüber hinaus können bestimmte funktionelle Eigenschaften wie Widerstandsfähigkeit, Wasseraufnahme, schnelles Trocknen und anti-bakterielle Eigenschaften in das Material eingearbeitet werden, was dazu führen kann, dass Textilien länger im Gebrauch sind.

Synthetische Fasern und Naturfasern, einschließlich Cellulosefasern, haben also ihre eigenen Vor- und Nachteile – es gibt hier kein Allheilmittel, zumindest nicht im Moment. Wir glauben: Es ist wichtig, sicherzustellen, dass es Optionen gibt, die dem Bewusstsein und dem Lebensstil des Verbrauchers entsprechen. Dazu gehören Komfort im Alltag und Nachhaltigkeit gleichermaßen.

Inwiefern ist die Nachfrage nach recycelten Produkten gestiegen? Unter dem Markennamen &+™ bietet Toray eine Faser an, die aus recycelten PET-Flaschen hergestellt wird. Gerade bei der „Rohstoffbasis: PET-Flaschen“ können sich Probleme beim Weißgrad der Faser ergeben. Was unterscheidet Ihr Verfahren von dem anderer Unternehmen und inwiefern können Sie qualitativ mit neuen Fasern konkurrieren?

Bei der Herstellung der "&+"-Faser werden die gesammelten PET-Flaschen mit speziellen Wasch- und Filterverfahren von sämtlichen Fremdstoffen befreit. Durch diese Verfahren konnten wir nicht nur das Problem des Weißgrades der Fasern lösen – indem wir gefilterte, hoch reine recycelte Polyester späne verwenden, können wir auch sehr feine Fasern und Fasern mit einzigartigen Querschnitten herstellen. Mit unseren bewährten Verfahrenstechnologien können zudem bestimmte Texturen und Funktionen von Toray in die Faser eingebaut werden. Darüber hinaus enthält "&+" eine spezielle Substanz im Polyester, die eine Rückverfolgung des Materials auf die darin verwendeten recycelten PET-Flaschenfasern ermöglicht.

Wir glauben, dass diese Kombination aus Ästhetik, Nachhaltigkeit und Funktionalität die recycelte Polyester-faser "&+" wettbewerbsfähiger macht als die anderer Unternehmen. Und in der Tat haben wir festgestellt, dass die Zahl der Anfragen stetig zunimmt, da Unternehmen bereits in der Produktplanungsphase ein stärkeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit entwickeln.

Wie wird Innovationsmanagement in der Textilabteilung von Toray gelebt, und auf welche Entwicklungen, an denen Toray in der letzten Zeit gearbeitet hat, sind Sie besonders stolz?

Die Textilabteilung besteht aus drei Unterabteilungen, die sich auf die Entwicklung und den Verkauf von Modetextilien (WOMEN'S & MEN'S WEAR FABRICS DEPT.), Sport- und Outdoor-Textilien (SPORTS WEAR & CLOTHING MATERIALS FABRICS DEPT.) und, speziell für Japan, Textilien für Uniformen in Schulen, Unternehmen und dem öffentlichen Sektor (UNIFORM & ADVANCED TEXTILES DEPT.) konzentrieren.

In der Vergangenheit entwickelte jede Abteilung ihre eigenen Materialien für ihre jeweiligen Märkte und Kunden. Im Jahr 2021 haben wir jedoch einen kollaborativen Raum für die Zusammenarbeit eingerichtet, um die Synergie zu erhöhen und Informationen über die in verschiedenen Bereichen entwickelten Textilien mit der gesamten Abteilung zu teilen. So können die Verkäufer ihren Kunden auch in anderen Abteilungen entwickelte Materialien anbieten und selbst Ideen für die Entwicklung neuer Textilien bekommen.

Ich glaube, dass die neue Struktur uns auch helfen wird, besser auf Veränderungen im Markt zu reagieren. Wir sehen zum Beispiel, dass die Grenzen zwischen Arbeitsbekleidung und Outdoor verschwimmen – Marken wie Engelbert Strauss sind ein gutes Beispiel für diesen Trend. Eine weitere Entwicklung, die sich unserer Meinung nach der Corona-Pandemie noch beschleunigen wird, ist die Betonung grüner Technologien und Materialien. Dies gilt für alle Textilbereiche, und wir müssen enger zusammenarbeiten, um hier ganz vorne mitzuspielen.

Welche Bedeutung haben in Ihren Forschungsvorhaben biobasierte Polyester? Wie schätzen Sie die künftige Bedeutung solcher Alternativen ein?

Ich glaube, dass diese Materialien in den kommenden Jahren eine große Rolle spielen werden. Polyester wird aus gereinigter Terephthalsäure (PTA) hergestellt, die wiederum aus Paraxylen (PX) und Ethylenglykol (EG) besteht. In einem ersten Schritt bieten wir bereits ein Material namens ECODEAR™ an, das Zuckerrohrmelasse-Abfällen als Rohmaterial für die EG-Herstellung verwendet.

Etwa 30 % dieser zumindest ansatzweise Bio-Polyesterfaser sind somit biologisch hergestellt, und das Material wird in großem Umfang für Sportbekleidung und Uniformen verwendet. Im nächsten Schritt arbeiten wir an der Entwicklung einer vollständig biobasierten Polyesterfaser, bei der auch der PTA-Bestandteil aus Biomasse-Rohstoffen, wie den nicht genießbaren Teilen von Zuckerrohr und Holzabfällen, gewonnen wird.

Bereits 2011 ist es uns gelungen, einen Prototyp einer solchen vollständig aus Biomasse hergestellten Polyesterfaser zu produzieren. Die Ausweitung der Produktion bei dem PX-Hersteller, mit dem wir zusammenarbeiten, hat sich jedoch als schwierig erwiesen. Derzeit stellen wir nur kleine Muster-Mengen her, aber wir hoffen, in den 2020er Jahren mit der Massenproduktion starten zu können.

Ursprünglich vom Garn kommend, inzwischen seit Jahrzehnten ein weltweit führender Produzent synthetischer Fasern, arbeiten Sie auch bis zum fertig konfektionierten Produkt. Die Palette reicht von Schutzkleidung gegen Staub und Infektionen bis zu smart textiles und Funktionstextilien, die biometrische Daten erfassen. Was planen Sie in diesen Segmenten?

Im Bereich der Schutzkleidung ist unsere Marke LIVMOA™ unser Vorzeige-Material. Es vereint hohe Atmungsaktivität, um Feuchtigkeit im Inneren der Kleidung zu reduzieren, mit blockierenden Eigenschaften, die Staub und andere Partikel von außen fernhalten. Das Textil eignet sich für eine Vielzahl von Arbeitsumgebungen, darunter auch Anwendungen mit hohem Staub- oder Fettaufkommen und sogar Reinräume. LIVMOA™ 5000, eine hochwertige Qualität, zeigt auch antivirale Eigenschaften und hilft, medizinisches Personal zu entlasten. Das Material bildet eine wirksame Barriere gegen Bakterien und Viren und ist beständig gegenüber hygroskopischem Druck. Durch die hohe Atmungsaktivität bietet es außerdem hohen Tragekomfort.

Unser smart textile heißt hitoe™. Bei diesem hochleit-fähigen Gewebe wird ein leitfähiges Polymer – also eine Polymerverbindung, die Elektrizität hindurchlässt – in das Nanofasergewebe eingearbeitet. hitoe™ ist ein leistungsfähiges Material zur Erfassung von Biosignalen, schwachen elektrischen Signalen, die wir unbewusst von unserem Körper aussenden. In Japan hat Toray Produkte für elektrokardiografische Messungen (EKGs) entwickelt, die den Sicherheits- und Wirksamkeitsstandards medizinischer Geräte entsprechen. Und 2016 haben wir bei den japanischen medizinischen Verwaltungsbehörden eine Anmeldung für die Registrierung eines Geräts mit hitoe™ als allgemeines Medizinprodukt eingereicht – dieser Registrierungsprozess ist nun abgeschlossen. Insgesamt erwarten wir, dass der Gesundheitssektor, insbesondere medizinische und pflegerische Anwendungen, wachsen wird – nicht zuletzt wegen zunehmender Infektionskrankheiten und ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein unter der älteren Bevölkerung. Wir werden daher weiterhin neue Produkte für diesen Markt entwickeln und verkaufen.

Joseph Wilson Swan hat 1885 die Bezeichnung „artifical silk“ für die von ihm künstlich erzeugten Nitratcellulosefilamente einführt. Später wurden auch die auf Basis von Cellulose ersponnenen Kupfer-, Viskose- und Acetatfilamentgarne als Kunstseide bezeichnet. Toray hat eine neue innovative Spinntechnologie unter dem Namen NANODESIGN™ entwickelt, die die Kontrolle der Feinheit und Form der synthetischen Fasern auf Nanoebene ermöglicht. Damit sollen Funktionen, Ästhetik und Texturen entstehen, die es bisher nicht gab. Für welche Anwendungen wollen Sie diese Produkte einsetzen?

Bei der NANODESIGN™-Technologie wird das Polymer in eine Reihe mikroskopisch kleiner Ströme aufgespalten, die dann in einem bestimmten Muster zu einer neuen Faser rekombiniert werden. Durch eine äußerst präzise Steuerung des Polymerstroms können Feinheit und Querschnittsform der Faser viel genauer bestimmt werden, als es mit herkömmlichen Mikrofaser- und Nanofaser-Spinntechnologien bisher möglich war. Darüber hinaus ermöglicht diese Technologie die Kombination von drei oder mehr Polymertypen mit unterschiedlichen Eigenschaften in einer Faser – herkömmliche Technologien schaffen nur zwei Polymertypen. Diese Technologie ermöglicht es Toray daher, bei der Herstellung von Kunstfasern eine Vielzahl von Texturen und Funktionen festzulegen, die mit herkömmlichen Kunstfasern nicht möglich waren – und sogar die Textur und die Haptik von Naturfasern zu übertreffen. Kinari, unsere mit der NANODESIGN-Technologie entwickelte Kunstseide, ist hier ein Paradebeispiel, aber die Technologie birgt noch viele weitere Möglichkeiten – nicht zuletzt im Hinblick auf unsere Nachhaltigkeitsziele.

Was hat die zurückliegende Zeit der Pandemie für das das Textilgeschäft von Toray bisher bedeutet? Inwiefern war sie eine Belastung, in welchen Bereichen aber auch ein Innovationstreiber? Was erwarten Sie von den kommenden 12 Monaten?

Die Corona-Katastrophe hat sich dramatisch auf die Ergebnisse des Unternehmens ausgewirkt: Im Geschäftsjahr 2020 sanken der Gesamtumsatz von Toray um rund 10% auf 188,36 Milliarden Yen (ca. 1,44 Milliarden Euro) und der Betriebsgewinn um rund 28% auf 90,3 Milliarden Yen (ca. 690 Millionen Euro). Die Auswirkungen auf den Faser- und Textilbereich waren ebenfalls beträchtlich: Die Umsätze gingen um rund 13 % auf 719,2 Mrd. Yen (ca. 5,49 Mrd. Euro) zurück und das Betriebsergebnis um rund 39 % auf 36,6 Mrd. Yen (ca. 280 Mio. Euro).

Im Geschäftsjahr 2021 sieht es im Bereich Fasern und Textilien jedoch deutlich besser aus: Bislang hat das Segment die Ziele insgesamt übertroffen, auch wenn es in den einzelnen Bereichen und Anwendungen Schwankungen gibt. Im Zeitraum April bis Juni haben wir sogar wieder das Niveau von 2019 erreicht. Dies ist zum Teil auf den sich erholenden Sport- und Outdoor-Sektor zurückzuführen. Der Markt für Modebekleidung hingegen bleibt aufgrund der veränderten Lebensgewohnheiten, die Schließungen und Homeoffice mit sich gebracht haben, weiterhin schwierig. Wir sind der Meinung, dass eine vollständige Erholung des Geschäfts erst dann eintreten wird, wenn die Reise- und Freizeitbranche wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht hat.

Eine andere Nebenwirkung der Pandemie, die wir sehr stark spüren, ist die wachsende Sorge über Umweltfragen und den Klimawandel. Infolgedessen hat die Nachfrage nach nachhaltigen Materialien auch im Bekleidungssegment zugenommen. Nachhaltigkeit wird in Zukunft für die Entwicklung und Vermarktung neuer Textilien in allen Marktsegmenten ein Muss sein. Andererseits wird sich immer die Frage stellen, wie nachhaltig ein Produkt wirklich ist, und Daten und Rückverfolgbarkeit werden immer wichtiger werden. In den kommenden Jahren wird die Textilabteilung diese Entwicklungen genau im Auge behalten und Materialien entwickeln, die den Bedürfnissen der Kunden entsprechen.

Zur Person:
Koji Sasaki stieß 1987 zu Toray. In seinen mehr als 30 Jahren im Unternehmen hatte er verschiedene Positionen inne, darunter eine vierjährige Amtszeit als Managing Director der Toray International Europe GmbH in Frankfurt von 2016 bis 2020. Seit 2020 ist Koji Sasaki für die Textilsparte von Toray verantwortlich und fungiert als amtierender Vorsitzender von Toray Textiles Europe Ltd. In diesen Funktionen beaufsichtigt er die Entwicklungs-, Verkaufs- und Marketingaktivitäten des Unternehmens im Bekleidungssegment, darunter die Bereiche Mode, Sport und Arbeits- oder Schuluniformen.

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

(c) PERFORMANCE DAYS
16.11.2021

PERFORMANCE DAYS 2021: Hybride Veranstaltung im Dezember

Vom 1. bis 2. Dezember 2021 trifft sich die Branche wieder live auf dem Messegelände in München. Fachbesucher, Brancheninsider und Experten dürfen sich auf einen persönlichen Austausch, intensives Networking, spannende Stoffinnnovationen und andere Programm-Highlights freuen. Die Messe wird unter strenger Einhaltung der aktuellen offiziellen Hygienevorschriften in enger Kooperation mit der Messe München stattfinden. Die als Hybridveranstaltung geplante PERFORMANCE DAYS bietet zusätzlich die Möglichkeit, das Angebot digital zu verfolgen.

Vom 1. bis 2. Dezember 2021 trifft sich die Branche wieder live auf dem Messegelände in München. Fachbesucher, Brancheninsider und Experten dürfen sich auf einen persönlichen Austausch, intensives Networking, spannende Stoffinnnovationen und andere Programm-Highlights freuen. Die Messe wird unter strenger Einhaltung der aktuellen offiziellen Hygienevorschriften in enger Kooperation mit der Messe München stattfinden. Die als Hybridveranstaltung geplante PERFORMANCE DAYS bietet zusätzlich die Möglichkeit, das Angebot digital zu verfolgen.

Live in München: PERFORMANCE DAYS in Halle A6
In der Halle A6 auf dem Gelände der Neuen Messe München erwartet Fachbesucher ein Portfolio aus Ausstellern, die in München ihre neuen Funktionstextilien und Stoffinnovationen für die kommende Wintersaison Winter 2023/24 zeigen. Aussteller, die nicht vor Ort ihre Highlights präsentieren können, sind zudem über die digitale Plattform PERFORMANCE DAYS LOOP während der Messe erreichbar. Im Rahmen des neuerarbeiteten Konzepts „Remote Booths“ finden Fachbesucher erstmals auch Kollektionen von Ausstellern, die nicht in München sein können. Interaktiver Austausch per Chat, Anruf oder Video-Call ist vorgesehen.

Als Liveveranstaltung sind zwei weitere PERFORMANCE DAYS-Messen geplant: Die Functional Fabric Fair by PERFORMANCE DAYS in Portland, Oregon, USA vom 17. bis 18. November 2021 und die Functional Textiles Shanghai by PERFORMANCE DAYS vom 6. bis 7. Dezember 2021. Registrierungen sind möglich unter www.functionalfabricfair.com und www.functionaltextilesshanghai.com.

PERFORMANCE FORUM gemeinsam mit USA-Messe
Eine ausgewählte Experten-Jury hat sich im Vorfeld der PERFORMANCE FORUMS wieder zwei Tage über die Stoffinnovationen der Saison Winter 23/24 ausgetauscht. Um eine Rundum-Marktübersicht zu gewährleisten, wird das PERFORMANCE FORUM erstmals zusammen mit der USA-Messe in Portland die Highlights kuratieren. So werden bei der nächsten Messe nicht nur die Neuheiten der Münchner Aussteller zu sehen sein, sondern auch die Highlights der Portland-Messe. Das diesjährige Focus Topic in Kooperation mit der Vaude Academy wird sich mit dem Thema „The Sustainable Future of Nylon“ und einer eigens dafür ausgewählten Material-Auswahl an Stoffen beschäftigen. Zudem wird im Rahmen der Wintermesse die „sustain & innovate“ Nachhaltigkeitkonferenz, die in enger Kooperation mit der SAZsport organisiert wird, das Thema mit Rednern, Webinaren und Diskussionsrunden intensiv durchleuchten. Das Programm wird live von der Messe übertragen und ist damit für alle auch digital verfolgbar sein.

Eco Award und Performance Award für innovative Winterstoffe 23/24
In diesem Jahr vergab die Jury neben einem PERFORMANCE AWARD auch einen ECO PERFORMANCE AWARD. Im Rahmen der Winterausgabe der PERFORMANCE DAYS werden in den einzelnen Kategorien die Stoff-Highlights plus Accessoire-Trends für Wintersaison 2023/24 im PERFORMANCE FORUM gezeigt. Zu den bekannten Segmenten gesellt sich im Winter erstmals die Rubrik Schuhe & Taschen, ebenso wird die renommierte Lifestyle-Kategorie unter dem neuen Titel „Function Meets Fashion“ fortgeführt. Besonders auffällig war in diesem Jahr der hohe Innovations- und Qualitätsgrad vieler eingereichter Stoffe.

„Der Zusammenschluss der beiden PERFORMANCE FOREN unserer Messen in München und Portland hat zu einem deutlichen Plus an Qualität und Innovation geführt. Aufgrund der neuen Partnerschaft konnten nicht nur neue, spannende Hersteller dazugewonnen werden, auch ergab sich generell bei der Beteiligung ein deutlicher Zuwachs“, so Marco Weichert, CEO der PERFORMANCE DAYS.

Naturstoffe wie Bio-Baumwolle, Wolle oder Leinen bleiben gefragt. Dazu kom-men deutlich mehr Pflanzenfasern wie Hanf, Coconutshell, Bambus oder Fasern, die aus Ananas- bzw. Bananenblättern gewonnen werden. Der zusätzliche Einsatz von Rizinusöl, Zink oder Ingwer unterstützt die antibakterielle Wirkung, sorgt für bessere Atmungsaktivität, optimales Temperaturmanagement und macht den Stoff weich, leicht und hautverträglich. Das Thema Recycling zeigt vie-le neue Facetten und weist spannende Strömungen auf. Das Portfolio reicht vom Recycling von marinem Abfall, wie u.a. alte Bojen, Plastikmüll oder Fischernetzen, bis hin zum Wiederverwerten von Abfällen aus der Automobil- und Computerbranche, wie u.a. alte Autoreifen oder Computerchips. Natürliche Färbemethoden gewinnen zudem immer mehr an Bedeutung, ebenso wie das Zurückführen von Stoffen in den textilen Kreislauf.

Im Marketplace haben Besucher die Möglichkeit über 13.000+ Produkte der Aussteller zu sichten, darunter auch die Stoff-Highlights der einzelnen Kategorien des PERFORMANCE FORUMS. Um dem Besucher die Stoffe in Haptik, Design und Struktur so realitätsgetreu wie möglich digital präsentieren zu können, wurde das PERFORMANCE FORUM mit neuartiger 3D-Technik ausgestattet, darunter innovative Tools wie 3D Bilder, Videoanimationen und U3M Dateien zum Download.

Neben dem PERFORMANCE AWARD WINNER, der an drielease/Optimer geht, präsentiert sich ein ECO PERFORMANCE AWARD WINNER, verliehen an Long Advance.

Komplett neuer Look: drirelease setzt mit der Innovation Dricomfort Geo auf eine Mischung aus 6 % Lycra, 44 % Polyester und 50 % recyceltem Polyester. Die Verarbeitung der unterschiedlichen Fasern im Strickprozess in Kombination mit dem Dricomfort GEO-Finishing machen das wendefähige Interlock-Gewebe einzigartig.

Aufgrund eines speziellen Jacquard-Strickverfahrens, das für die Verarbeitung des recycelten Polyester-Garns verwendet wird, sind einzigartige, neue Muster- und Strickdesigns möglich. Das Material überzeugt durch Leichtigkeit und Vielseitigkeit. Die GEO-Technologie sorgt für ein optimales Management der Körpertemperatur. Die anpassungsfähige Technologie sorgt für eine ausgezeichnete Wärmeregulierung durch effizientes Wärmemanagement und verbesserten Feuchtigkeitstransport, um Komfort und Leistung zu optimieren. Darüber liefert GEO einen UV-Schutz bis zu 50+.

Neue Recyclingvariante: Long Advance zeigt mit LNT-21191-Z4C ein Post Consumer Nylon, der sich einer neuen Form des Recyclings öffnet. Der Stoff, der aus 7 % Elastan und 93 % recyceltem Polyamid via Mass Balance besteht, bringt neue Facetten beim Thema Recycling ins Spiel. BASF nutzt ab sofort recycelte Reifenabfälle und verarbeitet sie zu einer neuen Faser. Durch die Wiederverwertung wird der Bedarf an synthetischen Stoffen reduziert, um so den Ersatz erdölbasierter Kunststoffe durch Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zu fördern.

Foto: Pixabay
09.11.2021

NGST - Next Generation Schutztextilien

  • Effiziente Produktion neuartiger, qualitativ hochwertiger Infektions-Schutztextilien

 
Bei Schutztextilien, insbesondere bei Atemschutzmasken, traten während der SARS-CoV-2-Pandemie beträchtliche Engpässe auf, die dadurch verschärft wurden, dass es zu dieser Zeit keine ausreichenden Produktionskapazitäten in Deutschland und der EU gab. Kurzfristig erfolgte Umrüstungen bei EU-Unternehmen sowie der Import von Ware führten oftmals nicht zum Erfolg, da diese Schutztextilien von stark schwankender Qualität waren, die sich negativ auf die Sicherheit auswirkte.

Die Initiative »Next Generation Schutztextilien« möchte hier Abhilfe schaffen, indem sie an neuen Ansätzen für die Produktion qualitativ hochwertiger Schutztextilien forscht.

Das Projekt »NGST« gliedert sich in mehrere Teilaufgaben
Das Projekt umfasst:

  • Effiziente Produktion neuartiger, qualitativ hochwertiger Infektions-Schutztextilien

 
Bei Schutztextilien, insbesondere bei Atemschutzmasken, traten während der SARS-CoV-2-Pandemie beträchtliche Engpässe auf, die dadurch verschärft wurden, dass es zu dieser Zeit keine ausreichenden Produktionskapazitäten in Deutschland und der EU gab. Kurzfristig erfolgte Umrüstungen bei EU-Unternehmen sowie der Import von Ware führten oftmals nicht zum Erfolg, da diese Schutztextilien von stark schwankender Qualität waren, die sich negativ auf die Sicherheit auswirkte.

Die Initiative »Next Generation Schutztextilien« möchte hier Abhilfe schaffen, indem sie an neuen Ansätzen für die Produktion qualitativ hochwertiger Schutztextilien forscht.

Das Projekt »NGST« gliedert sich in mehrere Teilaufgaben
Das Projekt umfasst:

  • qualifizierte Auswahl der Grundmaterialien
  • Untersuchungen zur Hochskalierung, um die Voraussetzungen für eine rasche Ausweitung von Produktionskapazitäten zu schaffen
  • Entwicklung neuartiger antiviraler Beschichtungen
  • umfassende biologische und materialwissenschaftliche Analytik, die zur Verifizierung der verbesserten Eigenschaften dient und zudem neue Methoden der Qualitätskontrolle erschließt.

Die im Projekt zu entwickelnden Schutztextilien haben über den Einsatz im medizinischen Bereich und beim Bevölkerungsschutz hinaus vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Prinzipiell überall dort, wo eine unmittelbare Reinigung und Desinfektion schwierig oder spezielle Filtrationsaufgaben notwendig sind, wie beispielsweise bei mobilen oder stationären Filteranlagen zur Luftreinigung oder für den individuellen Personenschutz.

Im Projekt forscht das Fraunhofer IGCV an der Entwicklung eines Herstellungsprozesses für Vliesstoffe als Basis von Infektionsschutz- und Filtrationsmedien auf Basis der Nassvliestechnologie. Gegenüber dem Stand der Technik (Meltblown-Technologie) zeichnet sich diese potentiell durch deutlich erhöhte Produktionskapazitäten sowie eine erhöhte Flexibilität bzgl. Materialvielfalt aus. Die wichtigsten Herausforderungen bestehen hierbei insbesondere in den sehr hohen Qualitätsanforderungen auf Basis niedriger Flächengewichte für die Verarbeitung möglichst feiner Mikro-Stapelfasern.
          
Verfolgung neuartiger Ansätze zur Steigerung der Qualität und Produktivität in der Produktion von Schutztextilien
Ziel ist die Bereitstellung optimierter Vlieswerkstoffe als Ausgangsstoff für die nachfolgenden antiviralen Beschichtungen sowie die Abschätzung und Demonstration des hohen Technologiepotentials der Nassvliestechnologie in diesem Anwendungsfeld.

Dazu wurde eine bestehende Pilot-Nassvliesanlage im Technikums-Maßstab gezielt modifiziert. Somit ist es möglich Vlieswerkstoffe aus Mikro-Stapelfasern in der geforderten sehr hohen Qualität in Bezug auf Gleichmäßigkeit, Flächengewicht, Durchmischung und Dickenprofil mit hoher Reproduzierbarkeit herzustellen. Als Vergleichssystem wurde ein Standard-PP-Vlies herangezogen, welches gemäß aktuellem Stand der Technik mittels Meltblown-Technologie produziert wurde. Neben den PP-Vergleichsvarianten wurde jedoch auch die Verarbeitung von u.a. PLA-, Viskose- und PET-Stapelfasern untersucht. Der Fokus liegt hier jeweils auf einer maximalen Faserfeinheit (Mikrofasern), um eine möglichst große spezifische Faseroberfläche bzw. Wirkfläche im Vliesstoff zu erzielen. Um die deutlich erhöhte Flexibilität der Nassvliestechnologie hervorzuheben werden auch besonders innovative Varianten auf Basis von modifizierten Bi-Komponenten-Fasern mit maximierter Faser-Oberfläche sowie Split-Fasern konzeptionell geprüft.

Neben Aspekten der direkten Material- und Prozessentwicklung ergeben sich auf Basis des Maßstabs der Pilotanlage umfangreiche Datengrundlagen zur Abschätzung einer späteren Skalierung in eine industrielle Serie. Damit soll eine technologische Ausgangsbasis für den Ramp-up einer effizienten, nationalen Produktion von vliesbasierten Infektionsschutzmaterialien auf Basis der Wet-Laying-Technologie geschaffen werden.

Weitere Informationen:
Coronakrise Schutzkleidung Fraunhofer
Quelle:

Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV

(c) FESPA
02.11.2021

FESPA zurück mit ersten Live-Events in Europa

Die FESPA hat mit der erfolgreichen Rückkehr der FESPA Global Print Expo und der European Sign Expo 2021 (12. – 15. Oktober 2021) nach zweijähriger Pause die Phase der Erholung für die Spezialdruck- und Beschilderungsbranche eingeläutet.

Die ersten Live-Events der FESPA in Europa seit Frühjahr 2019 zogen ein starkes Publikum an, das von Wirtschaftsführern dominiert wurde, die mit dem Wunsch kamen, ihr Branchenwissen im Hinblick auf kurz- und mittelfristige Investitionen zu aktualisieren.

Die FESPA hat mit der erfolgreichen Rückkehr der FESPA Global Print Expo und der European Sign Expo 2021 (12. – 15. Oktober 2021) nach zweijähriger Pause die Phase der Erholung für die Spezialdruck- und Beschilderungsbranche eingeläutet.

Die ersten Live-Events der FESPA in Europa seit Frühjahr 2019 zogen ein starkes Publikum an, das von Wirtschaftsführern dominiert wurde, die mit dem Wunsch kamen, ihr Branchenwissen im Hinblick auf kurz- und mittelfristige Investitionen zu aktualisieren.

Internationales Publikum hochrangiger Entscheidungsträger
Die Besucher kamen aus mehr als 100 Ländern, mit einem starken Schwerpunkt auf die Benelux-Region und Deutschland, die 49% des Publikums ausmachten, was den Erwartungen des Standorts in Amsterdam entspricht. Weitere stark vertretene Länder waren Italien, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Polen. Wie erwartet führten die Herausforderungen für Langstreckenreisende aufgrund von COVID-bedingten Einschränkungen zu weniger Besuchern von außerhalb Europas als üblich für eine Global Print Expo-Veranstaltung. Insgesamt zogen die Veranstaltungen 7.850 Einzelbesucher an, von denen 42 % mehr als einen Tag teilnahmen, was einer Gesamtbesucherzahl von 11.130 entspricht.

Fast die Hälfte aller Besucher (44%) waren Inhaber oder Geschäftsführer, was die Bedeutung der Veranstaltung als Sprungbrett für die Geschäftserholung und Zukunftsplanung unterstreicht. Zwei von drei Besuchern beeinflussen oder treffen endgültige Kaufentscheidungen in ihrem Geschäft.

54 % der Besucher gaben an, die FESPA zum ersten Mal zu besuchen, was auf einen Durst nach Marktkenntnis, Einsicht und Inspiration nach den kommerziellen Herausforderungen der Pandemie hindeutet.

Inspirationsquellen
Printeriors war wieder ein beliebter Anziehungspunkt für Besucher. Inspiriert von der Natur und kuratiert von der Textilbotschafterin der FESPA, Debbie McKeegan, hob die Funktion digital gedruckte Anwendungen hervor, die sich an Drucker richten, die in Inneneinrichtungen tätig sind oder in diese expandieren möchten. In Zusammenarbeit mit Branchenanbietern wie Imageco, Kornit Digital, PONGS, swissQprint und TTS wurden die ausgestellten Produkte mit einer Reihe von High-End-Technologien, Druckverfahren und Materialien hergestellt.

Auch der Wettbewerb World Wrap Masters Europe 2021 war ein Schwerpunkt des Interesses. Neben einer Reihe von Vorführungen und Workshops von Wrap-Experten sahen die Besucher, wie die Teilnehmer um den Titel „World Wrap Master of Europe 2021“ kämpften. Am vierten Tag wurde Norman Brübach aus Deutschland zum Sieger gekürt und wird im Anschluss an die World Wrap Masters Final 2022 auf der FESPA Global Print Expo 2022 in Berlin gegen regionale Meister antreten.

Für Mitglieder der Community, die nicht persönlich an der Veranstaltung teilnehmen konnten, stellten die FESPA und ihre Aussteller eine Reihe von Live-Streaming- und virtuellen Inhalten zur Verfügung. Die FESPA Live-Sitzungen beinhalteten Gespräche mit wichtigen Ausstellern, Druckereien und Druckexperten über die neuesten Trends und Innovationen, die während der viertägigen Veranstaltung 5.125 Besucher anzogen. Die Aufzeichnungen der Sessions stehen auch weiterhin auf Abruf zur Verfügung.

Neil Felton, CEO der FESPA, kommentiert: „Das Feedback der Aussteller war überschwänglich. Viele äußerten sich zur positiven Stimmung unter den Besuchern, zum unübertroffenen Wert persönlicher Gespräche mit hochrangigen Entscheidungsträgern, zur Begeisterung für die neuen Technologien und ausgestellten Verbrauchsmaterialien, und der überwiegende Optimismus für die Zukunft. Das Summen in den Hallen war anregend und der Eindruck war, dass die Delegierten sehr zuversichtlich und glücklich waren, nach so langer Zeit wieder in einer Live-Event-Umgebung zu sein.“

Neil Felton schließt: „Die letzten zwei Jahre waren zweifellos eine Herausforderung für alle in unserer Gemeinde. Um voranzukommen, müssen Druckereien und Werbetechniker neue Möglichkeiten entdecken, die neuesten Technologien erkunden und sich mit Kollegen treffen, um Ideen auszutauschen. Die diesjährigen Veranstaltungen waren ein wichtiger Meilenstein in unserer kollektiven Erholung und wir hoffen, dass unsere nächste Global Print Expo und European Sign Expo , die vom 31. Mai bis 3. in Bewegung."

Quelle:

FESPA

(c) Messe Düsseldorf / ctillmann
26.10.2021

A+A 2021: Restart für Fachmessen in Düsseldorf

  • Weltleitmesse für sicheres und gesundes Arbeiten bietet die zentrale Plattform für den persönlichen Austausch der Branche

Der verantwortungsvolle Umgang mit den Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist durch die Pandemie noch einmal mehr in den Fokus von Gesellschaft und Politik gerückt. Auf der A+A 2021, die am 26.10.2021 beginnt, stehen diese Themen schon seit ihrer Premiere im Zentrum. Unter dem Motto „Der Mensch zählt“ präsentiert die A+A 2021 vom 26. bis 29. Oktober alles rund um Persönlichen Schutz, Betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Mehr als 1.200 Aussteller aus 56 Nationen präsentieren sich den Fachbesuchern in 10 Hallen auf dem Düsseldorfer Messegelände.

  • Weltleitmesse für sicheres und gesundes Arbeiten bietet die zentrale Plattform für den persönlichen Austausch der Branche

Der verantwortungsvolle Umgang mit den Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist durch die Pandemie noch einmal mehr in den Fokus von Gesellschaft und Politik gerückt. Auf der A+A 2021, die am 26.10.2021 beginnt, stehen diese Themen schon seit ihrer Premiere im Zentrum. Unter dem Motto „Der Mensch zählt“ präsentiert die A+A 2021 vom 26. bis 29. Oktober alles rund um Persönlichen Schutz, Betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Mehr als 1.200 Aussteller aus 56 Nationen präsentieren sich den Fachbesuchern in 10 Hallen auf dem Düsseldorfer Messegelände.

„Die Vorfreude auf die Messe war groß. In diesem Jahr haben wir den persönlichen Austausch mit der Branche ganz besonders herbeigesehnt. Das gute Ausstellerfeedback bestätigt, dass die Akteure des beruflichen Gesundheitsschutzes sich eine Live-Plattform wünschen. Und wir liefern mit der A+A, was nur eine Messe bieten kann. Taktil erfahrbare Produktpräsentationen und Innovationen sowie geplante und zufällige Begegnungen mit der ganzen Branche,“ so Birgit Horn, Project Director A+A.

Spannende Themen und Best Practices auf dem A+A Kongress
Parallel zur A+A Fachmesse behandelt der 37. Internationale Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zahlreiche aktuelle Themen und Herausforderungen der Arbeitsschutz-Fachszene. Er wird organisiert von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi). In mehr als 25 Veranstaltungsreihen werden fundiertes Fachwissen und aktuelle politische Themen für alle Akteure in Sachen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit vermittelt und intensiv diskutiert, vor Ort und teils zusätzlich digital. „Schon die Eröffnungsveranstaltung wird interessant. Sozialpartner und andere Stakeholder diskutieren über die Auswirkungen der Pandemie für den Arbeitsschutz und die jetzt beginnende Rückkehr ins ‚Neue Normal‘“, sagt Basi Geschäftsführer Dr. Christian Felten.

Renommierte Expertinnen und Experten aus dem Arbeitsschutz geben beim A+A Kongress Antworten auf zentrale Fragen wie etwa: Wie wirkt sich die Digitalisierung der Arbeit auf Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten aus? Wie berate ich als Fachkraft für Arbeitssicherheit Unternehmen und Beschäftigte dazu? Wie soll man dezentrale Arbeitsorte sicher und gesund managen? Wie bestimmt man das gesunde Gleichgewicht zwischen mobiler und stationärer Arbeit? Welcher betriebliche Präventionsbedarf ergibt sich bei Muskel-Skelettbelastungen und was ist der aktuelle Präventionsbedarf bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen und bei Biostoffen? Dazu und zu zahlreichen weiteren Themen gibt es viele interessante Veranstaltungen, weitere Informationen dazu finden sich unter www.basi.de/kongress.

Trendthemen der A+A 2021
Digitale Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit bestimmen die aktuelle Diskussion und werden die Zukunft der Arbeit weiterhin stark beeinflussen. Neben diesen beiden Megatrends der A+A 2021 liegt der Fokus im Rahmenprogramm auf den Lösungen für die Zukunft (Future Solutions), neuen Arbeitswelten (New Work) und dem Thema Hygiene und Pandemie.

A+A Live: Sicheres und gesundes Arbeiten mit allen Sinnen erleben
Best Practices unter Anwendung modernster Produkte und Verfahren werden unter dem Label „A+A live“ im Trendforum, dem Themenpark Betrieblicher Brandschutz und Notfallmanagement, dem Robotics Park und der Start UP Zone vermittelt.

In Halle 10 finden die Fachbesucher mit dem Treffpunkt Sicherheit und Gesundheit das Kompetenzzentrum für alle Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Hier präsentieren sich die Mitglieds- und Partnerorganisationen der Basi.

Ebenfalls in Halle 10 verortet liegt der Robotics Park. Dieser ist unterteilt in den Self Experience Space und den Exoworkathlon. Partner des Robotics Park ist das Fraunhofer IPA aus Stuttgart.
Im Self Experience Space präsentieren sich folgende Hersteller von Exoskelett-Lösungen, die von den Besuchern selbst ausprobiert werden können: Ottobock SE & Co. KGaA, Japet Medical Devices SAS, Iturri, German Bionic Systems GmbH, Ergoschutz GmbH, suitX Inc., hTRIUS GmbH, Levitate Technologies Inc. und Laevo B.V.

Der Exoworkathlon ist eine Live-Studie des Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und des Institute for Industrial Manufacturing and Management der Universität Stuttgart (IFF), bei der junge Probanden (Auszubildende und Technikerschüler) einmal mit und einmal ohne Exoskelett einen Parcours durchlaufen. Die Daten, die beim Exoworkathlon erhoben werden, dienen dazu, wissenschaftlich zu evaluieren, inwieweit diese Exoskelette die Muskel- und Skelettbelastungen verringern und die Leistungsfähigkeit erhöhen.

In Halle 4 werden im Trend Forum Fachvorträge zu den Themen Digitalisierung + Sicherheit, Digitalisierung + Gesundheit, Nachhaltigkeit, Schutz und Hygiene sowie sicherer Umgang mit Gefahrstoffen einen Einblick in aktuelle Entwicklungen geben.

In Halle 5 liegt die Corporate Fashion Lounge. Hier können sich die Fachbesucher über die neuesten Trends im Bereich der modischen Berufsbekleidung informieren und erleben, wie vielfältig moderne Arbeitskleidung heute ist. Gleichzeitig gibt die Lounge einen Ausblick auf die zukünftige Rolle, die das Thema Corporate Fashion ab der A+A 2023 in der Fachmesse einnehmen wird.

In Halle 6 finden die Fachbesucher die Aktionsfläche Betrieblicher Brandschutz und Notfallmanagement, organisiert vom Bundesverband Betrieblicher Brandschutz / Werkfeuerwehrverband Deutschland (WFVD). In mehreren Live-Vorführungen wird der Einsatz von Chemikalienschutzanzügen (CSA) beim Austritt von giftigen Substanzen bei einem Unfall simuliert und die richtige Prävention demonstriert.

Weitere Informationen:
A+A
Quelle:

Messe Düsseldorf

Foto: Pixabay
12.10.2021

Unternehmen krisensicher aufstellen: Resilienz als erweitertes Sicherheitskonzept

Unternehmen sind heutzutage mit zahlreichen Risiken konfrontiert. Nicht zuletzt die Pandemie hat gezeigt, wie Krisen Firmen existenziell bedrohen können. Mit dem Tool FReE des Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI, erhalten Unternehmen ein Werkzeug, mit dem sie ihre Resilienz berechnen können, um für kommende Krisenszenarien gewappnet zu sein.
 

Unternehmen sind heutzutage mit zahlreichen Risiken konfrontiert. Nicht zuletzt die Pandemie hat gezeigt, wie Krisen Firmen existenziell bedrohen können. Mit dem Tool FReE des Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI, erhalten Unternehmen ein Werkzeug, mit dem sie ihre Resilienz berechnen können, um für kommende Krisenszenarien gewappnet zu sein.
 
Unsere Welt ist hoch komplex und störanfällig: Naturkatastrophen, Cyberattacken, Stromausfälle, Terrorangriffe, Pandemien und andere Krisenszenarien können die Existenz von Unternehmen gefährden. Wie anfällig die deutsche Wirtschaft hierzulande ist, hat die Coronapandemie gezeigt: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ist sie 2020 nach zehn Jahren des Wachstums in eine tiefe Rezession geraten, insbesondere im zweiten Quartal 2020 hatte die Wirtschaftsleistung einen historischen Einbruch erlitten. Auf die Pandemie werden weitere Krisen folgen. Die klassischen Methoden der Risikoanalyse und des Risikomanagements, die nur erwartbare Risiken ins Kalkül ziehen, reichen nicht aus, um Unternehmen ausreichend vor großen Schäden zu schützen.

»Oftmals berücksichtigen Firmen nur, was am wahrscheinlichsten passieren könnte, anstatt den Blick für mögliche Krisenszenarien zu schärfen«, sagt Daniel Hiller, Geschäftsfeldleiter Sicherheit und Resilienz am Fraunhofer EMI in Freiburg. Um Organisationen und Unternehmen sicher auf Krisen vorzubereiten, etabliert er mit seinem Team Resilienz als neues Sicherheitskonzept. Ein Ergebnis der Forschungsarbeiten sind das Online-Tool Fraunhofer Resilience Evaluator FReE und die Software KMU-Lagebild, die Firmen befähigen, die eigene Resilienz zu bemessen, zu bewerten und eine Resilienzanalyse vor, während und nach einem disruptiven Ereignis vorzunehmen.
 
Fünf-Phasen-Konzept »Prepare, Prevent, Protect, Respond und Recover«
Das Online-Tool FReE bietet die Möglichkeit, Resilienz strategisch zu planen, das abstrakte Konzept in das eigene Unternehmen zu implementieren und auf Managementebene anwendbar zu machen. FReE orientiert sich an dem Fünf-Phasen-Konzept »Prepare, Prevent, Protect, Respond und Recover«.

Die Software umfasst einen Katalog mit 68 Fragen, die sich an die fünf Resilienzphasen anlehnen. Durch Beantworten der Fragen erhält man erste Informationen, die für die Bewertung von Resilienz erforderlich sind. Die fünf Phasen folgen einem chronologischen Ablauf, der mit einem Was-Wäre-Wenn-Szenario beginnt. In dieser Prepare-Phase bereiten sich Unternehmen auf disruptive Situationen vor, um in der Prevent-Phase mit vorbeugenden Maßnahmen Schaden abzuwenden.

»Ein Aluminiumverarbeitender Betrieb etwa könnte sein Gelände mit Sicherheitszäunen und -kameras schützen, da bekannt ist, dass nachts häufig eingebrochen und Aluminium gestohlen wird«, veranschaulicht Hiller die ersten beiden Phasen mit einem klassischen Beispiel. Ziel der Protect-Phase ist es, sich zu schützen, beispielsweise wichtige Infrastrukturen oder Gebäude durch zusätzliche Betonschichten oder Mauern intakt zu halten. Konnte die Katastrophe nicht vermieden werden, greift die Respond-Phase. Nun gilt es, Ursache und Ausmaß des Schadens schnell zu ermitteln und hoch kritische Versorgungsfunktionen aufrechtzuerhalten. Nach dem Störfall sollte man durch systematisches Lernen die Lehren aus der Krise ziehen, um künftige Risiken besser abwehren zu können und in einem zyklischen iterativen Prozess seine Resilienz zu verbessern – Learn & Adapt bezeichnen die Forscher diese Phase.
 
FReE führt den Nutzer durch den Fragebogen, der chronologisch vor, während und nach einer Disruption gegliedert ist und die Belange aller Unternehmensbereiche abdeckt. Dazu gehören etwa Personal, Finanzen, Infrastruktur und Technik. Das Tool bietet die Möglichkeit, bei der Auswertung nach Bereichen zu filtern. »Ein Controller beispielsweise kann sich ausschließlich die Ergebnisse anzeigen lassen, die die Finanzen betreffen«, so Hiller. Die Fragen können wie folgt lauten: »Gibt es im Fall einer Disruption einen Katastrophenmanager? Über welche Kompetenzen und Befugnisse verfügt diese Person?« oder »Welche finanziellen Reserven sind für Notfälle eingeplant?« Die Auswertung wird im Spinnennetzdiagramm dargestellt, wobei das schlechteste Ergebnis bei null Prozent im Fadenkreuz liegt.

FReE liegt in drei Versionen vor: die kostenlose webbasierte Quick-Version umfasst 15 Fragen. Die Vollversion mit dem kompletten Katalog von 68 Fragen erhalten Interessierte auf Projektbasis. Das begleitende Beratungsprojekt baut auf der kostenpflichtigen Version auf. Hier entwickeln Hiller und sein Team gemeinsam mit den Unternehmen geeignete Maßnahmen, um die Resilienz zu stärken und Schwachstellen zu beseitigen. Darüber hinaus lässt sich FReE durch erweiterte Fragestellungen an die Bedarfe von Branchen anpassen. Die Quick-Version ist bereits bei zahlreichen KMU im Einsatz, Updates auf die Vollversion sind geplant.

Projekt KMU Lagebild
Während FReE Firmen in die Lage versetzt, die eigene Resilienz selbst einzuschätzen, werden sie im Projekt KMU Lagebild dabei begleitet, eine umfassende Resilienzbewertung vorzunehmen. Die Forscherinnen und Forscher modellieren alle Abläufe und Prozesse anhand der vorliegenden Daten am Computer. Mithilfe der Einspielung fiktiver Störszenarien wird sichtbar, wie das System darauf reagiert und welche Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen. »Indem man sich nicht nur die Frage nach den wahrscheinlichsten Disruptionen stellt, sondern nach den möglichen Störfällen, weitet man seinen Blick auf Risiken. Darüber hinaus zeichnen sich resiliente Unternehmen durch eine hohe Anpassungsfähigkeit und Flexibilität aus«, resümiert Hiller.