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Gebr. Otto auf der Techtextil Foto Gebr. Otto
Robin Baumann, Geschäftsführer Andreas Merkel und Verkaufsleiter Werner Jochum (von links)
02.05.2024

Gebr. Otto: Kreislaufwirtschaft zentrales Thema auf der Techtextil

„Kreislaufwirtschaft war Gegenstand der meisten Gespräche“, sagt Andreas Merkel, Geschäftsführer von Gebr. Otto. „Wir widmen uns diesem Thema speziell in Zusammenarbeit mit dem Recycling-Atelier ITA Augsburg. In einem Projekt arbeiten wir an der Entwicklung eines Baumwollgarns, das zu 50 Prozent aus Post-Consumer-Recycling-Baumwolle, kurz PCR-Baumwolle besteht.“ Überzeugend ist der ökologische Nutzen: Im Vergleich zu einem Kilo neuer Baumwolle erfordert ein Ringgarn mit 50 Prozent PCR-Anteil einen Bruchteil des Wassers und der Energie, die für neue Rohware nötig wäre.
Einfach ist das Verarbeiten von recycelten Fasern nicht, denn diese weisen ganz andere Eigenschaften auf als Virgin-Baumwolle: Die recycelten Fasern sind deutlich kürzer, sie haben eine andere Oberflächenstruktur und dadurch andere Haft- und Gleiteigenschaften. Eine Herausforderung ist, dem Vorgarn die richtige Drehung mitzugeben, so dass in der Ringspinnerei keine Fehlverzüge entstehen.
„An der technischen Umsetzung für die Spinnerei und die Spinnereivorbereitung arbeiten wir derzeit“, erklärt Andreas Merkel. „Für zwei Garnstärken haben wir schon erfreulich gute Ergebnisse erzielt.“
 

„Kreislaufwirtschaft war Gegenstand der meisten Gespräche“, sagt Andreas Merkel, Geschäftsführer von Gebr. Otto. „Wir widmen uns diesem Thema speziell in Zusammenarbeit mit dem Recycling-Atelier ITA Augsburg. In einem Projekt arbeiten wir an der Entwicklung eines Baumwollgarns, das zu 50 Prozent aus Post-Consumer-Recycling-Baumwolle, kurz PCR-Baumwolle besteht.“ Überzeugend ist der ökologische Nutzen: Im Vergleich zu einem Kilo neuer Baumwolle erfordert ein Ringgarn mit 50 Prozent PCR-Anteil einen Bruchteil des Wassers und der Energie, die für neue Rohware nötig wäre.
Einfach ist das Verarbeiten von recycelten Fasern nicht, denn diese weisen ganz andere Eigenschaften auf als Virgin-Baumwolle: Die recycelten Fasern sind deutlich kürzer, sie haben eine andere Oberflächenstruktur und dadurch andere Haft- und Gleiteigenschaften. Eine Herausforderung ist, dem Vorgarn die richtige Drehung mitzugeben, so dass in der Ringspinnerei keine Fehlverzüge entstehen.
„An der technischen Umsetzung für die Spinnerei und die Spinnereivorbereitung arbeiten wir derzeit“, erklärt Andreas Merkel. „Für zwei Garnstärken haben wir schon erfreulich gute Ergebnisse erzielt.“
 
Von Haus aus nachhaltig
Dem Thema Recycling widmet sich Gebr. Otto bereits seit langem – bisher im Bereich pre-consumer waste. Die Otto-Garninnovation recot2 besteht zu 25 Prozent recycelter und zu 75 Prozent aus GOTS-zertifizierter Virgin-Bio-Baumwolle. Das spart auf ein Kilogramm recot2-Textilien rechnerisch rund 5.000 Liter Wasser. Beim wiederverwerteten Material handelt es sich bei recot2 um Webkanten und Spulenreste.  Auf den Markt gebracht hat Gebr. Otto dieses Garn schon vor 15 Jahren. „Im Markt aktiv nachgefragt wird das Recycling-Garn allerdings erst seit einigen Jahren“, sagt Andreas Merkel. Mittlerweile kommt es bei Wäsche- und Bekleidungsherstellern zum Einsatz und verhält sich, so die Kunden, nicht anders als ein Baumwollgarn aus neuen Fasern.

Innovationspartnerschaft mit Kelheim
Gemeinsam mit dem bayrischen Faserspezialisten Kelheim Fibres hat Gebr. Otto ein Konzept für nachhaltige wie leistungsfähige Periodenunterwäsche entwickelt. Dabei kommen biobasierte Materialien zum Einsatz, die sich durch überzeugende Performancewerte auszeichnen. Die eingesetzten verschiedenen Viskosespezialfasern stammen von Kelheim. In der jeweils passenden Zusammensetzung verspinnt sie Gebr. Otto. „Aufgrund der Anforderungen und der Testergebnisse, die Kelheim für die verschiedenen Schichten der Panty ermittelt hat, entwickeln wir unsere Garnmischungen“, erklärt Andreas Merkel, Geschäftsführer von Gebr. Otto. „Auf kurzfristige Anforderungen, auch für Spezialanfragen von Wäsche-Brands, also den Verwendern, können wir binnen kurzer Zeit die gewünschten Garne liefern.“   

Baumwolle-Hanf Mischung
Neu ist eine Mischung aus Bio-Baumwolle und nativem Hanf aus Deutschland. „An sich gibt es Fasern aus Hanf schon lange“, erklärt Andreas Merkel. „Die Faser ist etwas gröber und ‚störrischer‘ als Baumwolle.“ Mit einem neuen Aufschlussverfahren – vorgenommen durch einen regionalen Partner – kann Otto den Hanf nun mit langstapeliger Bio-Baumwolle verspinnen. „Wir konnten gute Garnwerte erreichen und haben auf der Techtextil verschiedene Anfragen zur Bemusterung bekommen.“ Eingesetzt wird die neue Hanf-Baumwoll-Mischung für Gestricke genauso wie Gewebe oder im Sockenbereich.  

„Wir hatten über alle Messetage eine sehr hohe Frequenz an Besuchern auf unserem Stand“, sagt Andreas Merkel. „Wir konnten direkt vor Ort einige Abschlüsse erzielen. Außerdem haben wir Aufträge für Bemusterungen und Anfragen für Projekte mit nach Hause genommen“, fasst Merkel zusammen. „Das darf allerdings über die schwierige Marktlage nicht hinwegtäuschen: Wir erleben eine Zeit hoher Kaufzurückhaltung, sehen Insolvenzen von Marktbegleitern und Partnern. Auch wir von Gebr. Otto verzeichnen im Vergleich zum Vorjahr einen Umsatz- und Mengenrückgang. Wir sind allerdings auf einem sehr hohen Niveau gestartet, was bedeutet, dass wir auch heute profitabel arbeiten können.“

02.05.2024

Curt Bauer GmbH insolvent: Ursachen sind Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg

Der Spezialist für Heim- und technische Textilien Curt Bauer GmbH mit Sitz in Aue-Bad Schlema im Erzgebirge strebt eine Neuaufstellung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens an. Das Familienunternehmen, das auf eine 1867 gegründete Weberei zurückgeht, entwirft, produziert und vertreibt luxuriöse Tisch- und Bettwäschesortimente, Bekleidungsdamaste für den afrikanischen Markt sowie anspruchsvolle Textilien für den Einsatz im Automobilbereich, im Kälteschutz. Rüdiger Bauch vom Chemnitzer Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun prüft als vorläufiger Insolvenzverwalter die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Sanierung. Ziel ist, eine Fortführungs-Perspektiven für den Standort in Aue-Bad Schlema, die Bereiche Heimtextilien, Bekleidungsdamast für den afrikanischen Markt und technische Textilien und die insgesamt gut 100 hochqualifizierten Mitarbeitenden zu erreichen.

Der Geschäftsbetrieb von Curt Bauer läuft in vollem Umfang weiter. Bestellungen und Aufträge werden wie geplant bearbeitet, hergestellt, verpackt und ausgeliefert. Neubestellungen sind weiterhin möglich. Die Kunden wurden über die Entwicklung im Unternehmen informiert.

Der Spezialist für Heim- und technische Textilien Curt Bauer GmbH mit Sitz in Aue-Bad Schlema im Erzgebirge strebt eine Neuaufstellung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens an. Das Familienunternehmen, das auf eine 1867 gegründete Weberei zurückgeht, entwirft, produziert und vertreibt luxuriöse Tisch- und Bettwäschesortimente, Bekleidungsdamaste für den afrikanischen Markt sowie anspruchsvolle Textilien für den Einsatz im Automobilbereich, im Kälteschutz. Rüdiger Bauch vom Chemnitzer Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun prüft als vorläufiger Insolvenzverwalter die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Sanierung. Ziel ist, eine Fortführungs-Perspektiven für den Standort in Aue-Bad Schlema, die Bereiche Heimtextilien, Bekleidungsdamast für den afrikanischen Markt und technische Textilien und die insgesamt gut 100 hochqualifizierten Mitarbeitenden zu erreichen.

Der Geschäftsbetrieb von Curt Bauer läuft in vollem Umfang weiter. Bestellungen und Aufträge werden wie geplant bearbeitet, hergestellt, verpackt und ausgeliefert. Neubestellungen sind weiterhin möglich. Die Kunden wurden über die Entwicklung im Unternehmen informiert.

„Curt Bauer steht seit vielen Jahrzehnten für hochwertige Damaststoffe für die Bekleidungsbranche in Afrika, individuelle Heim- und technische Textilien sowie für Handwerk Made in Germany“, sagen Rüdiger Bauch sowie Claudia Bauer und Gert Bauer, die das Familienunternehmen in der fünften Generation führen. „Das Unternehmen hat seit seiner Gründung bereits zahlreiche Krisen bewältigt. Zusammen werden wir alles dafür tun, dass die Unternehmensgeschichte von Curt Bauer fortgeschrieben werden kann, und wir sind zuversichtlich, dass uns das gelingt.“ Bereits vor dem Insolvenzantrag hat die Unternehmensleitung an der Neuaufstellung von Curt Bauer gearbeitet und Gespräche mit Interessenten für einen Einstieg begonnen, die nun im Rahmen des Insolvenzverfahrens weitergeführt werden sollen.

„Das Ziel ist, dass die Curt Bauer GmbH in den Bereichen Heimtextilien, Bekleidungsdamast und technische Textilien auch in Zukunft von Aue-Bad Schlema aus am globalen Markt aktiv sein kann“, sagt der vorläufige Insolvenzverwalter. Dies wäre beispielsweise durch den Einstieg eines Investors in das Unternehmen und die damit verbundene Fortführung des Geschäftsbetriebs möglich, so Bauch. Die Löhne und Gehälter der gut 100 Beschäftigten sind bis mindestens Ende Juni gesichert. Ab Juli soll Curt Bauer wieder so aufgestellt sein, dass die Löhne und Gehälter aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erwirtschaftet werden können.

Der Grund für die notwendige Neuaufstellung sind die Folgewirkungen der Corona-Pandemie sowie der Preissteigerungen in Folge des Krieges in der Ukraine. „Bis 2019 ist die Nachfrage nach unseren Produkten sowohl im Heimtextilien als auch im Bereich der technischen Textilien stetig angestiegen. Im Vertrauen darauf, dass sich dieser Trend fortsetzt, haben wir unsere Unternehmensstrukturen und Produktionskapazitäten angepasst, um den avisierten Kundenbestellungen auch in Zukunft gerecht werden zu können. Durch die Produktionseinschränkungen und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und die Konsumzurückhaltung vieler Verbraucher im Textilbereich mussten unsere Kunden ihre angekündigten Bestellungszahlen jedoch deutlich reduzieren. Wir haben unsere Produktionskapazitäten und -prozesse zwar schnell an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen können, die entstandene Lücke in der Auslastung der Produktion und unseren Planungen konnten wir mit anderen Aufträgen allerdings nicht im erforderlichen Umfang schließen“, sagen Claudia Bauer und Gert Bauer. „Nach dem Ende der Corona-Pandemie deutete sich an, dass sich die Produktnachfrage wieder auf das übliche Niveau bewegen würde. Die positiven Geschäftsaussichten wurde aber durch die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukrainekriegs jäh beendet. Zudem sind die Kosten für Rohstoffe, Vormaterialien und Energie erheblich angestiegen“, sagen die Bauers. „Diese Kombination aus Preissteigerungen und Umsatzrückgängen, von denen nicht nur, aber eben gerade auch die Textilbranche stark betroffen ist, war und ist auch für uns als vorsichtig planendes und agierendes Familienunternehmen über einen Zeitraum von inzwischen mehr als vier Jahren nicht durchzuhalten.“ Claudia Bauer und Gert Bauer sind zuversichtlich, dass sie das Unternehmen mit dem nun begonnen Insolvenzverfahren neu und zukunftsfähig aufstellen können. Dabei gelte aber weiterhin, bei der Produktqualität keine Abstriche zu machen.

Weitere Informationen:
Curt Bauer Insolvenz
Quelle:

Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH

09.01.2023

Autoneum übernimmt Automotive-Geschäft der Borgers Gruppe

Am 06. Januar hat Autoneum eine Vereinbarung zur Übernahme des Automotive-Geschäfts von Borgers unterzeichnet. Der Abschluss der Transaktion wird nach kartellrechtlicher Freigabe im April 2023 erwartet. Der bezahlte Unternehmenswert beläuft sich auf 117 Mio. EUR.

Borgers ist Spezialist für textile Schallisolierungen, Dämmungen und Verkleidungen für Automobile. Das Produkt- und Kundenspektrum von Borgers ist weitgehend komplementär zum Produkt- und Kundenportfolio von Autoneum. Die Produktlinien Radlaufschalen, Kofferraumauskleidungen sowie das LKW-Geschäft von Borgers ergänzen das Produktangebot von Autoneum optimal. Vor allem im Bereich der textilen Radlaufschalen ist Borgers Marktführer in Europa. Darüber hinaus zeichnet sich die Produktpalette von Borgers insbesondere durch nachhaltige und vollständig rezyklierbare Produkte aus. Im Geschäftsjahr 2021 hat die Borgers Automotive Gruppe einen Umsatz von 610 Mio. EUR mit rund 4 700 Mitarbeitenden erwirtschaftet. Dank der globalen Präsenz von Autoneum ergeben sich mit dem Produktportfolio von Borgers mittelfristig weitere Umsatzpotentiale für profitables Wachstum auch außerhalb von Europa.

Am 06. Januar hat Autoneum eine Vereinbarung zur Übernahme des Automotive-Geschäfts von Borgers unterzeichnet. Der Abschluss der Transaktion wird nach kartellrechtlicher Freigabe im April 2023 erwartet. Der bezahlte Unternehmenswert beläuft sich auf 117 Mio. EUR.

Borgers ist Spezialist für textile Schallisolierungen, Dämmungen und Verkleidungen für Automobile. Das Produkt- und Kundenspektrum von Borgers ist weitgehend komplementär zum Produkt- und Kundenportfolio von Autoneum. Die Produktlinien Radlaufschalen, Kofferraumauskleidungen sowie das LKW-Geschäft von Borgers ergänzen das Produktangebot von Autoneum optimal. Vor allem im Bereich der textilen Radlaufschalen ist Borgers Marktführer in Europa. Darüber hinaus zeichnet sich die Produktpalette von Borgers insbesondere durch nachhaltige und vollständig rezyklierbare Produkte aus. Im Geschäftsjahr 2021 hat die Borgers Automotive Gruppe einen Umsatz von 610 Mio. EUR mit rund 4 700 Mitarbeitenden erwirtschaftet. Dank der globalen Präsenz von Autoneum ergeben sich mit dem Produktportfolio von Borgers mittelfristig weitere Umsatzpotentiale für profitables Wachstum auch außerhalb von Europa.

Autoneum übernimmt Borgers Automotive aus Insolvenz und hat mit dessen Kunden neue Preis-stellungen und Lieferbedingungen vereinbart. Diese stellen sowohl kurz- als auch langfristig eine nachhaltige Profitabilität und die Weiterentwicklung von Produkt- und Prozesstechnologien sicher.

Die Finanzierung der Transaktion erfolgt zunächst über eine neue Kreditfazilität, welche zusätzlich zu dem im Oktober 2022 erneuerten Syndikatskredit von 350 Mio. CHF zur Verfügung steht. Zur langfristigen Refinanzierung der Übernahme ist eine Kapitalerhöhung im Umfang von rund 100 Mio. CHF vorgesehen. Artemis Beteiligungen I AG und PCS Holding AG, die beiden größten Aktionäre von Autoneum, haben zugesagt, an der Kapitalerhöhung entsprechend ihrer aktuellen Beteiligungen teilzunehmen. Selbst unter Berücksichtigung der genannten Kapitalerhöhung generiert die Transaktion von Beginn an einen positiven Ergebnisbeitrag pro Aktie.

Weitere Informationen:
Borgers Autoneum automotive textiles
Quelle:

Autoneum Management AG

23.10.2018

Jahrespressekonferenz Südwesttextil: Textil kann viel

  • Innovative Stoffe und Fasern wachsen um über 60 Prozent
  • Baden-Württemberg hat alle Chancen, seine Marktführerschaft bei technischen Textilien auszubauen – doch die Branche sorgt sich um die Standortbedingungen

„Heiß und kalt zugleich“ bewertet die baden-württembergische Textil- und Bekleidungsindustrie die aktuelle Geschäftslage. Der Geschäftsklimaindex des Wirtschafts- und Arbeitgeberverbands Südwesttextil, erhoben zum Halbjahr 2018, zeigt sich mit 13 Punkten gut im Plus und hält somit die gesunde Lage seit drei Jahren stabil. Dieses Ergebnis stellte Verbandspräsident Bodo Th. Bölzle anlässlich der Jahrespressekonferenz in Bönnigheim vor. Zu den rund 200 befragten Mitgliedsunternehmen gehört die gesamte textile Kette: Spinnereien, Webereien, Veredlungsbetriebe ebenso wie Hersteller von Vorprodukten für die Automobil- oder Bauindustrie, von Medizini-schen Textilien, Bekleidung, Heimtextilien oder auch Bettwaren.

  • Innovative Stoffe und Fasern wachsen um über 60 Prozent
  • Baden-Württemberg hat alle Chancen, seine Marktführerschaft bei technischen Textilien auszubauen – doch die Branche sorgt sich um die Standortbedingungen

„Heiß und kalt zugleich“ bewertet die baden-württembergische Textil- und Bekleidungsindustrie die aktuelle Geschäftslage. Der Geschäftsklimaindex des Wirtschafts- und Arbeitgeberverbands Südwesttextil, erhoben zum Halbjahr 2018, zeigt sich mit 13 Punkten gut im Plus und hält somit die gesunde Lage seit drei Jahren stabil. Dieses Ergebnis stellte Verbandspräsident Bodo Th. Bölzle anlässlich der Jahrespressekonferenz in Bönnigheim vor. Zu den rund 200 befragten Mitgliedsunternehmen gehört die gesamte textile Kette: Spinnereien, Webereien, Veredlungsbetriebe ebenso wie Hersteller von Vorprodukten für die Automobil- oder Bauindustrie, von Medizini-schen Textilien, Bekleidung, Heimtextilien oder auch Bettwaren.

Zu beobachten ist zwar, dass die Erwartungen der Unternehmen seit vier Quartalen stetig sinken, vor allem beeindruckt durch die weltwirtschaftlichen Verwerfungen, jedoch liegen die Erwartungen nach wie vor im positiven Bereich. Die Branche blickt also optimistisch in die Zukunft. Das ist auch in der Einschätzung der aktuellen Lage zu erkennen: 88 Prozent der befragten Betriebe beurteilen ihren Auftragsbestand als gut oder befriedigend. Die Kapazitätsauslastung bezeichnen 59 Prozent als gut, ein Drittel hält sie für befriedigend und nur 10 Prozent bezeichnen die Auslastung als schlecht. Mit Blick ins zweite Halbjahr rechnen 28 Prozent mit zunehmenden Aufträgen, und 58 Prozent gehen von mit einem eher gleichbleibenden Geschäft aus. Sorgen bereitet der Branche der Preisanstieg bei Rohstoffen, wie z. B. bei Synthetik-fasern und bei Farbstoffen, herbeigeführt durch die Monopolisierung in Asien und die damit verbundene Verknappung.

Heiße Wachstumstreiber sind die technischen Textilien, also Fasern und Stoffe, die in andere Industrien zugeliefert werden. In den letzten acht Jahren stieg der Umsatz in diesem Bereich um 63,5 Prozent. Mit smarten Garnen und innovativen Stoffen entwickeln Unternehmen schon heute Produkte, die in Zukunft noch mehr Energieeffizienz, Nachhaltigkeit oder Komfort im Alltag bringen.
Deutlich abgekühlt hat sich die Stimmung in der Bekleidungsindustrie, nicht nur wegen des langen Sommers. Insolvenzen im Einzelhandel sowie die anstehende Fusion der beiden Kaufhausgrößen Karstadt und Kaufhof drücken neben dem wachsendem e-Commerce aufs Geschäft.

„Textil kann viel, aber nicht ohne Menschen, und das ist die gute Nachricht: Die Firmen stehen treu zu ihren Belegschaften bzw. möchten diese mit guten Fachkräften noch weiter aufstocken,“ fasste Bölzle die Beschäftigungssituation zusammen.

85% der befragten Unternehmen wollen ihren Personalbestand halten oder vergrößern. Die Fachkräftesuche zähle nach wie vor zu den größten Herausforderungen. „Die Karrierechancen in unserer Branche waren noch nie so gut.“ Letzte Woche hatte McKinsey eine Studie veröffentlicht, die prognostiziere, dass die Textilproduktion dank Digitalisierung und Kostenverschiebungen auf den Weltmärkten schrittweise nach Europa zurückkehren könnte.

Bölzle plädierte für eine aktivere Industriepolitik des Landes: „Textil muss ein Mosaikstein in einer engagierten Standortförderung der Landesregierung sein, die nicht mehr nur aufs wenige Großindustrien setzt, sondern diversifizierter mehrere, auch kleinere Pflänzchen gießt,“ so Bölzle. Auch andere Bundesländer hätten das Potenzial von Textil erkannt. „Bayern und NRW rüsten in der Textilforschung auf. Hier muss etwas passieren, damit Baden-Württemberg sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt,“ lautet der Appell des Verbandspräsidenten. Ebenso müsse das Land die Lotsentätigkeit der Verbände bei der Mittelstandsförderung stärker unterstützen sowie die textilen Berufe mit konkreten Maßnahmen in der dualen Ausbildung.

Welche Innovationskraft in der Textil- und Bekleidungsindustrie Baden-Württembergs steckt, zeigt eine neue Veröffentlichung des Verbands Südwesttextil unter dem Titel „Textil kann viel“ mit 50 Produktbeispielen aus dem ganzen Land.  Dazu zählt auch  der Nähgarnspezialist Amann in Bönnigheim, den Verbandspräsident Bölzle als CEO führt: Die „Smart Yarns“ – intelligente Garne, die in den unterschiedlichsten Produkten als textile Sensoren oder als Leiter von Daten und Strom fungieren – werden mittlerweile in zahlreichen anderen Industrien wie Mobilität, Logistik, Architektur, Bauen oder Medizin und Pflege eingesetzt.