Textile Leadership

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Illustration: Chalmers University of Technology | David Ljungberg
28.03.2023

Neue Technologie auf Holzbasis entfernt 80 % der Farbstoffschadstoffe im Abwasser

Forscher der Chalmers University of Technology, Schweden, haben eine neue Methode entwickelt, mit der sich verunreinigtes Wasser mithilfe eines Materials auf Zellulosebasis leicht reinigen lässt. Diese Entdeckung könnte sich auf Länder mit unzureichenden Wasseraufbereitungstechnologien positiv auswirken und das weit verbreitete Problem der Einleitung giftiger Farbstoffe durch die Textilindustrie bekämpfen.

Sauberes Wasser ist eine Voraussetzung für unsere Gesundheit und unser Lebensumfeld, aber bei weitem nicht für jeden selbstverständlich. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO leben derzeit mehr als zwei Milliarden Menschen mit begrenztem oder gar keinem Zugang zu sauberem Wasser.

Forscher der Chalmers University of Technology, Schweden, haben eine neue Methode entwickelt, mit der sich verunreinigtes Wasser mithilfe eines Materials auf Zellulosebasis leicht reinigen lässt. Diese Entdeckung könnte sich auf Länder mit unzureichenden Wasseraufbereitungstechnologien positiv auswirken und das weit verbreitete Problem der Einleitung giftiger Farbstoffe durch die Textilindustrie bekämpfen.

Sauberes Wasser ist eine Voraussetzung für unsere Gesundheit und unser Lebensumfeld, aber bei weitem nicht für jeden selbstverständlich. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO leben derzeit mehr als zwei Milliarden Menschen mit begrenztem oder gar keinem Zugang zu sauberem Wasser.

Diese globale Herausforderung steht im Mittelpunkt einer Forschungsgruppe der Chalmers University of Technology, die eine Methode zur einfachen Entfernung von Schadstoffen aus Wasser entwickelt hat. Die Gruppe unter der Leitung von Gunnar Westman, außerordentlicher Professor für organische Chemie, konzentriert sich auf neue Verwendungsmöglichkeiten für Zellulose und holzbasierte Produkte und ist Teil des Wallenberg Wood Science Center.

Die Forscher haben ein profundes Wissen über Cellulose-Nanokristalle1 aufgebaut - und genau hier liegt der Schlüssel zur Wasserreinigung. Diese winzigen Nanopartikel verfügen über eine hervorragende Adsorptionskapazität, die die Forscher nun zu nutzen wussten.

"Wir haben einen besonderen, integrativen Ansatz für diese Zellulose-Nanokristalle gewählt und ihre Eigenschaften und potenziellen Anwendungsmöglich¬keiten untersucht. Es wurde ein biobasiertes Material geschaffen, eine Form von Zellulosepulver mit hervorragenden Reinigungseigenschaften, die wir je nach Art der zu entfernenden Schadstoffe anpassen und modifizieren können", so Gunnar Westman.

Absorption und Abbau von Giftstoffe
In einer Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Industrial & Engineering Chemistry Research veröffentlicht wurde, zeigen die Forscher, wie giftige Farbstoffe mithilfe der von der Gruppe entwickelten Methode und des Materials aus dem Abwasser gefiltert werden können. Die Forschungsarbeiten wurden in Zusammenarbeit mit dem Malaviya National Institute of Technology Jaipur in Indien durchgeführt, wo Farbstoffverunreinigungen in Abwässern der Textilindustrie ein weit verbreitetes Problem darstellen.
Die Behandlung erfordert weder Druck noch Hitze und nutzt Sonnenlicht als Katalysator für den Prozess. Gunnar Westman vergleicht die Methode mit dem Gießen von Himbeersaft in ein Glas mit Reiskörnern, die den Saft aufsaugen und das Wasser wieder transparent machen.

"Stellen Sie sich ein einfaches Klärsystem vor, wie eine tragbare Box, die an die Abwasserleitung angeschlossen ist. Während das verunreinigte Wasser den Zellulosepulverfilter passiert, werden die Schadstoffe absorbiert, und das in das Klärsystem eindringende Sonnenlicht bewirkt, dass sie schnell und effizient abgebaut werden. Es handelt sich um ein kostengünstiges und einfach einzurichtendes System, das unserer Meinung nach in Ländern, in denen es derzeit keine oder nur eine unzureichende Wasseraufbereitung gibt, von großem Nutzen sein könnte", betont Westman.

Die Methode wird in Indien getestet
Indien ist eines der asiatischen Entwicklungsländer mit einer umfangreichen Textilproduktion, in dem jedes Jahr große Mengen an Farbstoffen in Seen, Flüsse und Bäche gelangen. Die Folgen für Mensch und Umwelt sind gravierend. Wasserverunreinigungen enthalten Farbstoffe und Schwermetalle und können bei direktem Kontakt Hautschäden verursachen und das Risiko von Krebs und Organschäden erhöhen, wenn sie in die Nahrungskette gelangen. Darüber hinaus wird die Natur in mehrfacher Hinsicht belastet, unter anderem durch die Beeinträchtigung der Photosynthese und des Pflanzenwachstums.

Die Durchführung von Feldstudien in Indien ist ein wichtiger nächster Schritt, und die Chalmers-Forscher unterstützen nun ihre indischen Kollegen bei ihren Bemühungen, einige der Kleinindustrien des Landes dazu zu bringen, die Methode in der Praxis zu testen. Bisher haben Labortests mit Industriewasser gezeigt, dass mit der neuen Methode mehr als 80 Prozent der Farbstoffverunreinigungen entfernt werden, und Gunnar Westman sieht gute Möglichkeiten, den Reinigungsgrad weiter zu erhöhen.

“Von der Einleitung von völlig unbehandeltem Wasser zur Entfernung von 80 Prozent der Schadstoffe ist eine enorme Verbesserung und bedeutet deutlich weniger Zerstörung der Natur und Schäden für den Menschen. Darüber hinaus sehen wir durch die Optimierung des pH-Werts und der Behandlungszeit die Möglichkeit, den Prozess weiter zu verbessern, so dass wir sowohl Bewässerungs- als auch Trinkwasser produzieren können. Es wäre fantastisch, wenn wir diesen Industrien helfen könnten, ein funktionierendes Wasseraufbereitungssystem zu bekommen, so dass die Menschen in der Umgebung das Wasser nutzen können, ohne ihre Gesundheit zu gefährden", sagt er.

Einsetzbar gegen andere Arten von Verunreinigungen
Gunnar Westman sieht auch große Möglichkeiten, Zellulose-Nanokristalle für die Behandlung anderer Wasserschadstoffe als Farbstoffe zu verwenden. In einer früheren Studie hat die Forschungsgruppe gezeigt, dass Verunreinigungen durch giftiges sechswertiges Chrom, das häufig in Abwässern aus dem Bergbau, der Leder- und Metallindustrie vorkommt, mit einer ähnlichen Art von Material auf Zellulosebasis erfolgreich entfernt werden können. Die Gruppe untersucht außerdem, wie der Forschungsbereich zur Reinigung von Antibiotikarückständen beitragen kann.

"Es gibt ein großes Potenzial, mit diesem Material gute Möglichkeiten zur Wasserreinigung zu finden, und neben dem grundlegenden Wissen, das wir bei Chalmers aufgebaut haben, ist das kollektive Fachwissen, das im Wallenberg Wood Science Center zur Verfügung steht, ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg", sagt er.

Den vollständigen Artikel finden Sie in Industrial & Engineering Chemistry Research: Cellulose nanocrystals derived from microcrystalline cellulose for selective removal of Janus Green Azo Dye. Die Autoren des Artikels sind Gunnar Westman und Amit Kumar Sonker von der Chalmers University of Technology sowie Ruchi Aggarwal, Anjali Kumari Garg, Deepika Saini und Sumit Kumar Sonkar vom Malaviya National Institute of Technology Jaipur in Indien. Die Forschungsarbeiten werden vom Wallenberg Wood Science Center (WWSC) finanziert, und die indische Forschungsgruppe wird vom Science and Engineering Research Board des indischen Ministeriums für Wissenschaft und Technologie (DST-SERB) gefördert.

1 Nanokristalle sind Nanopartikel in Kristallform, die extrem klein sind: Ein Nanopartikel ist in mindestens einer Dimension, d. h. entlang einer Achse, zwischen 1 und 100 Nanometern groß. (ein Nanometer = ein Milliardstel eines Meters).

Quelle:

Chalmers University of Technology in Gothenburg, Sweden

Foto: pixabay
30.08.2022

Mit Hightech-Membran wird aus salzig süß

  • Mikroporöse Polymer-Membranen als Hoffnungsträger

Wasser ist alltäglich. Und doch sind viele seiner verblüffenden Eigenschaften, die entscheidend für die Entstehung und den Erhalt des Lebens sind, bis heute nicht richtig verstanden. Das interdisziplinäre Centre for Molecular Water Science (CMWS) bei DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron) in Hamburg soll dies ändern.

Bäche plätschern, Wellen tosen, Regen prasselt, der Hahn im Badezimmer tropft. Wasser ist ein treuer Begleiter – als grandioses Naturschauspiel, als Basis allen Lebens oder auch als feuchtes Ärgernis. In den Augen der Wissenschaft aber bleibt H2O ein Mysterium. Es besteht zwar aus nur drei Atomen – zweimal Wasserstoff, einmal Sauerstoff, doch aus dieser simplen Konstellation resultieren ungewöhnliche Eigenschaften:

  • Mikroporöse Polymer-Membranen als Hoffnungsträger

Wasser ist alltäglich. Und doch sind viele seiner verblüffenden Eigenschaften, die entscheidend für die Entstehung und den Erhalt des Lebens sind, bis heute nicht richtig verstanden. Das interdisziplinäre Centre for Molecular Water Science (CMWS) bei DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron) in Hamburg soll dies ändern.

Bäche plätschern, Wellen tosen, Regen prasselt, der Hahn im Badezimmer tropft. Wasser ist ein treuer Begleiter – als grandioses Naturschauspiel, als Basis allen Lebens oder auch als feuchtes Ärgernis. In den Augen der Wissenschaft aber bleibt H2O ein Mysterium. Es besteht zwar aus nur drei Atomen – zweimal Wasserstoff, einmal Sauerstoff, doch aus dieser simplen Konstellation resultieren ungewöhnliche Eigenschaften:

Statt wie andere, vergleichbare Stoffe bei Raumtemperatur gasförmig durchs Zimmer zu schwirren, verharrt Wasser flüssig in Trinkbechern und Blumenvasen. Statt unter Hochdruck zäher zu werden, wird Wasser dünnflüssig. Statt in die Tiefe zu sinken, schwimmen Eisberge majestätisch über die Polarmeere. Und ohne die wassereigenen Kapillarkräfte könnten sich Pflanzen nicht mit Nährstoffen versorgen.

Mittlerweile zählt die Wissenschaft mehr als 50 dieser Wasseranomalien, die für unser Dasein essenziell sind. „Wäre Wasser nicht so seltsam, würden wir nicht existieren“, sagt Anders Nilsson von der Universität Stockholm, einer der renommiertesten Wasserforscher der Welt. Dennoch sind bislang die wenigsten dieser Anomalien fundiert verstanden – es ist noch viel Grundlagenforschung nötig, um die Eigenschaften und Interaktionen von Wassermolekülen zu enträtseln.

So hat Wasser beispielsweise bei einer Temperatur von 4° Celsius seine größte Dichte. Darum sinkt Wasser mit dieser Temperatur nach unten. Bei Wasser mit Temperaturen über oder unter 4 Grad verringert sich die Dichte wieder – es dehnt sich aus und steigt nach oben. Auch im gefrorenen Zustand dehnt sich Wasser aus: So ist das 4 Grad warme Wasser am Boden eines Sees zu finden, während der See von oben zufriert. Das ist auch der Grund, aus dem Eisberge im Ozean auf der Wasseroberfläche schwimmen – bezeichnet wird diese Eigenschaft des Wassers als Dichtenanomalie.

Diese Forschung soll in einem neuen, weltweit einzigartigen Zentrum gebündelt werden: Gemeinsam mit Partnern aus ganz Europa plant DESY den Bau des Centre for Molecular Water Science, kurz CMWS. Interdisziplinär angelegt soll es das Thema aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen beleuchten: Physik, Biophysik, Medizin, Klimaforschung, Astrochemie, Umwelttechnik.

Am CMWS sollen künftig auch Technologien weiterentwickelt werden, die unserem grundlegendsten Bedürfnis beim Thema Wasser entgegenkommen: es zu trinken. 2,2 Milliarden Menschen weltweit haben laut UNICEF keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser. Darum wird weltweit an Technologien geforscht, die die Situation verbessern könnten. Ein Hoffnungsträger sind mikroporöse Polymer-Membranen. Mit ihnen lässt sich Wasser selbst von feinst verteilten und gelösten Schadstoffen befreien. Und sie können Meerwasser entsalzen, ohne es dafür auf 100 Grad erhitzen zu müssen.
 
Solche Membranen untersucht die Abteilung von Volkan Filiz am Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht. Sie funktionieren im Prinzip wie ein Sieb und ein Magnet gleichzeitig: „Wenn wir damit schadstoffbelastetes Wasser filtern, werden Bakterien und Viren aufgrund ihrer Größe zurückgehalten, während das Wasser hindurchschlüpft“, erklärt Filiz. „Zusätzlich können wir die Membran mit quartären Ammoniumverbindungen funktionalisieren, die Schadstoffe wie zum Beispiel Schwermetalle binden. Einige Schwermetalle wie Arsen und Chrom sind in Wasser immer negativ geladen. Darum sorgen wir dafür, dass die Membran positiv geladen ist und diese Schadstoffe durch Wechselwirkungen festhält.“ Für viele Schadstoffe im Wasser sind die richtigen Materialien und Porengrößen bekannt, um sie herauszufiltern. Auch von Öl lässt sich Wasser mit Polymermembranen effektiv befreien, indem man ölabweisende Stoffe verwendet.

Membranen zur Aufbereitung von Salz- zu Trinkwasser sind nicht porös. Sie sind dicht wie Frischhaltefolie, enthalten aber dennoch nanometerkleine Lücken, durch die die kleinen Wassermoleküle hindurchpassen, Salze hingegen nicht. „Dazu muss man das Wasser allerdings mit viel Druck durch die Membran pressen“, räumt Filz ein. Dennoch sei der Energieaufwand geringer als bei der herkömmlichen Meerwasserentsalzung, für die das Wasser mit Hitze destilliert und der Wasserdampf aufgefangen wird. „Aktuell suchen wir die energieeffizienteste Kombination aus Membran- und Destillierverfahren.“ Diese sogenannte Membran-Destillation funktioniert dann im Prinzip wie eine Gore Tex-Jacke: Sie lässt kein Wasser hindurch, aber den durch Wärme produzierten Wasserdampf.

Ein Hauptgrund, warum sich solche Membranen nicht längst weltweit durchgesetzt haben, ist ihre kurze Haltbarkeit. Wo immer man sie als Wasserfilter einsetzt, bildet sich mit der Zeit ein Biofilm, der sie zersetzt. „Dieses sogenannte Fouling zu reduzieren ist eines unserer wichtigsten Forschungsfelder“, sagt Filiz. Es gelte, die Lebensdauer der Membran zu erhöhen und so die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Große Hoffnungen liegen hier auf Polydopamin. Das ist das natürliche Klebemittel, mit dem Miesmuscheln unter Wasser bombenfest an Felsen haften. Auf eine Membran aufgetragen wirkt es hydrophil – es wechselwirkt also gern mit Wasser, aber weist Fremdstoffe ab.

Um optimale Filter für verschiedenste Zwecke zu entwickeln, müssen Forschende die Grenzflächeneffekte zwischen den Polymeren und dem Wasser genau verstehen. Dazu braucht es nicht zuletzt Untersuchungen auf atomarer Ebene, wie sie die Großforschungsanlagen der Helmholtz-Gemeinschaft bieten können. Das Wasserzentrum CMWS wird diese Forschung bündeln, Wasserexpertinnen und -experten aus aller Welt anlocken und miteinander vernetzen. „Wasser ist eines der Schlüsselthemen für die Zukunft“, sagt Anders Nilsson. „Das Zentrum wird uns in die Lage versetzen, unser Wissen darüber entscheidend zu vertiefen.“

Quelle:

Frank Grotelüschen / Jan Berndorff – Helmholtz-Gemeinschaft