Textile Leadership

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27.09.2022

Studie: Investitionen in Infrastruktur des Faser-zu-Faser-Recyclings erforderlich

Rechtsvorschriften und Strategien für das Recycling von Textilien zu Faser-zu-Faser nehmen ständig zu und sind eine der wichtigsten strategischen Komponenten, um den Übergang zur Kreislaufwirtschaft in der Modebranche zu unterstützen.

Im Gegenzug dürfte sich die Nachfrage nach einer Infrastruktur für das Sammeln, Sortieren und Recyceln von Alttextilien in der gesamten EU erhöhen. Die Anpassung dieser Infrastruktur wird erhebliche Investitionen erfordern. Um diese künftig ganzheitlich zu planen, müssen sowohl die Eigenschaften der auf dem europäischen Markt erhältlichen Alttextilien als auch der Business Case für die Monetarisierung durch Recycling verstanden werden.

Rechtsvorschriften und Strategien für das Recycling von Textilien zu Faser-zu-Faser nehmen ständig zu und sind eine der wichtigsten strategischen Komponenten, um den Übergang zur Kreislaufwirtschaft in der Modebranche zu unterstützen.

Im Gegenzug dürfte sich die Nachfrage nach einer Infrastruktur für das Sammeln, Sortieren und Recyceln von Alttextilien in der gesamten EU erhöhen. Die Anpassung dieser Infrastruktur wird erhebliche Investitionen erfordern. Um diese künftig ganzheitlich zu planen, müssen sowohl die Eigenschaften der auf dem europäischen Markt erhältlichen Alttextilien als auch der Business Case für die Monetarisierung durch Recycling verstanden werden.

Fashion for Good, die globale Initiative für nachhaltige Mode, präsentierte am 27. September 2022 den Abschlussbericht zum Projekt „Sorting for Circularity Europe“, das im Mai vergangenen Jahres mit dem Ziel gestartet war, Wissenslücke zu schließen und Materialien eingehend zu untersuchen. Das Projekt zielt darauf ab, die Arten der anfallenden Abfälle, die als Ausgangsmaterial für das Recycling verfügbaren Mengen sowie die Möglichkeiten der Kanalisierung von Textilabfällen als Ausgangsmaterial für innovative Lösungen zu analysieren. Der Bericht liefert erste aussagekräftige Informationen, auf deren Grundlage fundierte Entscheidungen für weitere Investitionen, politische Entwicklungen und die nächsten Schritte in Richtung Kreislaufwirtschaft getroffen werden können.

Insgesamt kommt die Studie Sorting for Circularity Europe zu dem Ergebnis, dass in sechs europäischen Ländern - Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Polen, Spanien und dem Vereinigten Königreich - jährlich 494.000 Tonnen bzw. 74 % der geringwertigen Post-Consumer-Textilien leicht verfügbar und für die Schließung des Kreislaufs im Bekleidungs- und Textilsektor geeignet sind.

Daraus ergeben sich vielversprechende Möglichkeiten für die Rückgewinnung von Werten durch mechanisches und chemisches Recycling, wodurch Textilien von weniger kreislauffähigen Verwendungszwecken wie dem Downcycling zu Vliesstoffen, Dämm- oder Füllmaterial, der Wischtuchindustrie und der Verbrennung abgezogen werden. Dies entspricht einem potenziellen Wertzuwachs von 74 Mio. EUR pro Jahr, wenn sortierte Textilien wieder in die textile Wertschöpfungskette eingebracht werden.

Mithilfe innovativer Nahinfrarot-Techno-logie (NIR) zur Bestimmung der Zusammensetzung von Kleidungsstücken - eine Aufgabe, die traditionell manuell durchgeführt wird - wurden im Rahmen des Projekts 21 Tonnen Altkleider analysiert. Die Vor-Ort-Untersuchungen fanden in zwei Zeiträumen statt, im Herbst/Winter 2021 und im Frühjahr/Sommer 2022, um den saisonalen Veränderungen bei den Kleidungsstücken, die in die Sortieranlagen gelangen, Rechnung zu tragen. Das Projekt konzentriert sich auf Textilien, die nicht in ihrer ursprünglichen Form wiederverwendet werden können und somit als "nicht wiederverwendbar" gelten sowie auf Textilien, die nur zu niedrigen Preisen weiterverkauft werden können = "geringwertige wiederverwendbare Textilien".

Baumwolle ist mit 42% die vorherrschende Faser, auch wenn ein relevanter Anteil dieser Kategorie aus Elastan bestehen könnte. Auf Baumwolle folgt ein hoher Anteil an Materialmischungen (32 %), von denen fast die Hälfte aus Polycottons (12 %) besteht. Auf der Grundlage von drei Merkmalen: der Materialzusammensetzung, dem Vorhandensein von Störfaktoren wie Reißverschlüssen und Knöpfen sowie der Farbe, wurden 21 % der untersuchten Materialien als geeignet für das werkstoffliche Recycling angesehen, während 53 % für das chemische Recycling geeignet erschienen. Allerdings muss die Entfernung von Störstoffen für das chemische Recycling technisch und finanziell machbar sein, da sonst nur etwa ein Fünftel des gesamten potenziellen Ausgangsmaterials für das chemische Faser-zu-Faser-Recycling zur Verfügung stünde.

Die Menge der gesammelten geringwertigen Textilien wird voraussichtlich zunehmen, was einerseits auf den steigenden Verbrauch und die zunehmende Entsorgung zurückzuführen ist, andererseits aber auch an den neuen Rechtsvorschriften liegt, wie z. B. die Abfallrahmenrichtlinie, die bis 2025 die getrennte Sammlung von Textilien in ganz Europa vorschreibt. Das aktuelle und zukünftige Potenzial dieser Textilien für die Kreislaufwirtschaft lässt sich jedoch nur schwer ausschöpfen; die Rohstoffpreise für die derzeitigen Verwendungszwecke (z. B. Wischtücher) sind mitunter wirtschaftlicher als die Preise für das Faser-zu-Faser-Recycling. Dies könnte sich ändern, wenn die derzeitigen Recyclingtechnologien skaliert und weitere Investitionen getätigt werden, um Vorgänge wie automatische Sortierung und das Beseitigung von Störstoffen in den Sortierprozess zu integrieren.
 
Insgesamt ist ein solider Business Case für die Sortierung von geringwertigen Textilien erforderlich, um die Sortierkapazität in Europa zu erhalten und zu erhöhen. Dies unterstreicht auch die Notwendigkeit, verstärkt in die Infrastruktur zu investieren, die Textilien für die Wiederverwendung und das Recycling sortieren und aufbereiten kann. Um die Aufrechterhaltung und den weiteren Ausbau dieser Sortierkapazitäten in Europa zu unterstützen, werden die Politik und künftige Rechtsvorschriften eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung der ökologischen, sozialen und finanziellen Nachhaltigkeit dieser Stufen der Bekleidungs- und Textilwertschöpfungskette spielen.

Aufgrund der Projektergebnisse geben die Autoren folgende Empfehlungen:

Für Sammler, Sortierer und Recycler

  1. Verwendung des Handbuchs für Sortierer und des Berichts "Sorting for Circularity Europe" als Leitfaden für die Durchführung weiterer Versuche und den weiteren Aufbau von Kenntnissen über Faserzusammensetzung, Sortier- und Recyclingprozesse. Dies könnte von lokalen Behörden, der Industrie und der Zivilgesellschaft, die sich mit Textil- oder Haushaltsabfallströmen beschäftigen, weiter unterstützt werden.
  2. Offener Zugang zu Versuchen und Daten, die Investitionen in die notwendige Infrastruktur unterstützen und lenken können.
  3. Aktualisierung und Nutzung der Recycler-Datenbank, um das Wissen über die Bestimmungsorte des mechanischen und chemischen Recyclings zu erweitern.
  4. Beitritt zu digitalen Plattformen wie Reverse Resources und Refashion Recycle, um das Angebot an und die Nachfrage nach Post-Consumer-Textilien zu erschließen und zu verbinden.

Für Marken und Produzenten
74 % der geringwertigen Alttextilien könnten als Ausgangsmaterial für das Recycling verwendet werden. Dies ist zwar ein beträchtlicher Anteil, doch verbleiben immer noch 26 %, die aufgrund ihrer Zusammensetzung, des Vorhandenseins mehrerer Schichten und/oder nicht entfernbarer Störstoffe keinem Kreislauf zugeführt werden können.

  1. Vorrang für die Gestaltung eines angemessenen Lebenszyklus.
    Bei Produkten, die auf Langlebigkeit ausgelegt sind, sollte ein starker Fokus auf Haltbarkeit und Langlebigkeit gelegt werden. Letztendlich sollte das Recycling von Textilien im Einklang mit der Abfallhierarchie der letzte Ausweg und nicht das Ziel an sich sein.
  2. Weitere Verpflichtung zur Übernahme von Kreislaufdesignpraktiken, die Monomaterialien Vorrang einräumen, Störfaktoren soweit wie möglich reduzieren und Recyclingfasern in das Produktportfolio aufnehmen, wie in der Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte in der Europäischen Union vorgeschrieben.

Für politische Entscheidungsträger
Die Sortierbetriebe in den europäischen Ländern laufen Gefahr, ihr Geschäft nicht wie gewohnt weiterführen zu können, wenn der Anteil dieser minderwertigen Textilien an den gesammelten Mengen weiter steigt. Darüber hinaus können die derzeitigen Sortier- und Logistikkosten eine finanzielle Herausforderung für chemische Recycler darstellen, diese Textilien in großem Umfang zu erwerben.

  1. Erwägung der Einführung von EPR-Systemen (EPR = Extended Producer Responsibility, Erweiterte Herstellerverantwortung) mit ausreichender finanzieller Unterstützung, um den Druck auf die Geschäftsgrundlage der Sortierbetriebe für die Bewältigung künftiger Mengen an gesammelten Textilien zu mindern.
  2. Einführung einer Umweltprämie, um den Preis für recycelte Fasern zu senken, wenn die Industrie expandiert. Diese Subvention könnte den Kostendruck auf die Recycler abmildern und so möglicherweise den Kauf von nicht erneuerbaren Rohstoffen zu Preisen erleichtern, die mit anderen kommerziellen Bestimmungsorten wie z. B. Wischtüchern konkurrieren.
  3. Einführung von Rechtsvorschriften in den verschiedenen Phasen des Lebenszyklus von Kleidung und Textilien, um das Potenzial für das Recycling des nicht abnutzbaren Anteils von PCT (Post-consumer textiles) zu beeinflussen, wie z. B. die Einführung von verbindlichen Ökodesign-Anforderungen, die eine Perspektive für die Faser-zu-Faser-Recyclingfähigkeit von Produkten beinhalten.
  4. Bewertung etwaiger unbeabsichtigter Folgen, die sich aus der Festlegung verbindlicher Zielvorgaben für die Vorbereitung zur Wiederverwendung und zum Recycling ergeben könnten (wird bis 2024 von der Europäischen Kommission geprüft).
  5. Angleichung der Regeln für Sortierkriterien für Wiederverwendung und Recycling in der gesamten EU, um zur Harmonisierung der Standards und Anforderungen der Sortierindustrie für die Vorbereitung von Textilien für Wiederverwendung und Recycling beizutragen.
  6. Prüfung der Frage, wie digitale Kennzeichnung und Produktpässe die Rückverfolgbarkeit von Materialien in der textilen Wertschöpfungskette am Ende der Nutzungsdauer langfristig verbessern können.

Für Verbraucher
Kauf- und Entsorgungsentscheidungen haben ebenfalls einen Einfluss auf das Ende der Nutzung von Textilien. Es sollten vorrangig Produkte aus einem einzigen Material oder Mischungen gekauft werden, die sich auf zwei Komponenten beschränken, sowie ästhetische Verzierungen und Accessoires. Kleidung und Heimtextilien müssen vorschriftsgemäß entsorgt werden. Um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, sind Reparieren, Weiterverkaufen und Tauschen Optionen.

Quelle:

Fashion for Good; Circle Economy

Foto: Pixabay
20.06.2022

Techtextil 2022: Innovation Awards für Auto, Medizin & Bekleidung

Nach dreijähriger Corona-Pause verleihen die Leitmessen Techtextil und Texprocess wieder die renommierten Innovation Awards. Die prämierten Neuentwicklungen aus Bereichen wie Neue Produkte, Nachhaltigkeit und Automatisierung zeigen: Textile Innovationen und Technologien sind Impulsgeber für viele Industriezweige und versprechen Markt- und Umsatzerfolge weit über die eigene Branche hinaus. 13 Gewinner aus sieben Kategorien werden am 21. Juni 2022 im Rahmen einer öffentlichen Preisverleihung auf der Techtextil und Texprocess ausgezeichnet.
 

Nach dreijähriger Corona-Pause verleihen die Leitmessen Techtextil und Texprocess wieder die renommierten Innovation Awards. Die prämierten Neuentwicklungen aus Bereichen wie Neue Produkte, Nachhaltigkeit und Automatisierung zeigen: Textile Innovationen und Technologien sind Impulsgeber für viele Industriezweige und versprechen Markt- und Umsatzerfolge weit über die eigene Branche hinaus. 13 Gewinner aus sieben Kategorien werden am 21. Juni 2022 im Rahmen einer öffentlichen Preisverleihung auf der Techtextil und Texprocess ausgezeichnet.
 
Wie für viele andere Branchen, sind die Zeiten auch für die Textilindustrie fordernd: Coronafolgen, Ukraine-Krieg, angespannte Lieferketten, Nachhaltigkeitsfragen, steigende Energiepreise und Nachwuchssorgen – die Branche steht von vielen Seiten unter Druck. Doch wie kaum eine andere steht sie auch dafür, Transformationszwängen mit neuen Ideen, Entwicklungen und Geschäftsmodellen zu begegnen. Exemplarisch zeigen das in diesem Jahr erneut die Innovation Awards der Leitmessen Techtextil und Texprocess. Die insgesamt 13 Preisträger beweisen mit neuen Produkten, Materialen, Lösungen und Verfahren beispielhaft: Textile Innovationen sind der Königsweg, um aus den Herausforderungen der Gegenwart die Marktchancen und Umsatzerfolge der Zukunft zu machen.

Techtextil Innovation Award und Texprocess Innovation Award
Ein besonderes Highlight ist die öffentliche Verleihung der Techtextil bzw. Texprocess Innovation Awards am 21. Juni 2022 in Halle 9.0. Progressive Ansätze sowie Neu- und Weiterentwicklungen im Bereich der technischen Textilien und Textilverarbeitung stehen im Mittelpunkt. Von einer internationalen Fachjury ausgewählte textile Innovationen werden prämiert und an allen vier Messetagen in Halle 9.1 (Techtextil) bzw. 9.0 (Texprocess) vorgestellt. Hier bündelt sich die Zukunft der Textilindustrie mit zukunftsträchtigen und wegweisenden Innovationen.

Weltneuheit: Erste gewebte Herzklappe ohne Nachkonfektionierung
In der Kategorie „New Product“ geht der Techtextil Innovation Award an das Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) der TU Dresden. Gemeinsam mit Medizinprodukteherstellern und Herzchirurgen aus dem Herzzentrum Dresden und der Uniklinik Würzburg ist es Textilforscher*innen vom ITM gelungen, die weltweit erste gewebte Herzklappe zu entwickeln, die ohne eine einzige Naht oder sonstige Fügetechnik auskommt. „Unsere Neuentwicklung soll künftig auch Kindern mit Herzklappenfehlern helfen, indem sie – wiederholte chirurgische Eingriffe vermeidend – mit dem Herz der kleinen Patienten mitwächst“, sagt Dr.-Ing. Dilbar Aibibu, Forschungsgruppenleiterin Bio- und Medizintextilien am ITM. Weltweit gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den häufigsten Todesursachen; mehrere Millionen Menschen sterben daran jährlich. Erhalten Patienten Herzklappen-Ersatz, kommen in der Regel künstlich-mechanische oder biobasierte Lösungen zum Einsatz. Geht es nach dem ITM, soll die mit dem Techtextil Innovation Award ausgezeichnete gewebte Klappe künftig eine vorteilhafte Alternative werden.

Nachnutzung von Abfällen aus natürlicher Quelle
In der Kategorie „New Material“ erhält die RBX Créations (Frankreich) den Innovationspreis für eine neuartige Zellulosefaser aus Hanfabfällen. Das Material mit dem Namen Iroony® wurde vor dem Hintergrund folgender Frage entwickelt: Hanf wird heute entweder zur Herstellung von Fasern oder zur Produktion von Hanföl angebaut – aber ließe sich nicht beides kombinieren? RBX Créations ist es nun gelungen, einen Prozess zur Gewinnung von Zellulose aus den Abfällen des Ölsaat-Hanfes zu entwickeln. Versponnen zu Textilfasern, lassen sich so nachhaltige Textilien, Verpackungen und andere „grüne“ Produkte herstellen. Den Preis erhält RBX Créations für die kontinuierlichen wie erfolgreichen Bemühungen, Abfälle aus einer regenerativen Quelle in eine werthaltige Zellulosefaser umzuwandeln, die höchsten Nachhaltigkeitsstandards entspricht.

Abschirmtechnik aus Fasern für Krankenhäuser, Elektroautos und Serverfarmen
Der Techtextil Innovation Award in der Kategorie „New Technology“ geht an die Aachener FibreCoat GmbH und die Deutsche Basalt Faser GmbH aus Sangerhausen (Sachsen-Anhalt) für die gemeinsame Entwicklung einer aluminiumbeschichteten Basaltfaser. Sie vereint die Festigkeit von Basalt mit der elektrischen Leitfähigkeit von Aluminium. Nach Angaben von FibreCoat sollen elektromagnetische Abschirmungen als Tapeten in Gebäuden unter anderem in Krankenhäusern oder Serverfarmen dank der Neuentwicklung bis zu 20-mal günstiger sein als mit herkömmlicher Alufolie. Ein weiterer attraktiver und besonders schnell wachsender Markt: Abschirmlösungen für Elektroautos. Robert Brüll, CEO von FibreCoat: „Für ein junges Unternehmen wie unseres ist der Gewinn des Techtextil Innovation Award ein wichtiger Meilenstein. Wir fühlen uns geehrt, diesen renommierten Preis durch die unabhängige Fachjury verliehen zu bekommen. Insbesondere das dadurch gewonnene Vertrauen unserer Kunden und die Sichtbarkeit sind für ein Start-up wie FibreCoat entscheidend auf dem Weg zum Markterfolg.“
 
Nachhaltigere Hygieneprodukte wie Windeln
Die Kelheim Fibres GmbH aus dem bayerischen Kelheim und das Sächsische Textilforschungsinstitut (STFI) aus Chemnitz erhalten den Techtextil Innovation Award in der Kategorie „New Concept“ für die Entwicklung neuartiger, thermisch verfestigter Vliesstoffe auf Zellulosebasis zur Herstellung wiederverwendbarer Produkte mit hoher Saugfähigkeit. Verbraucher*innen sollen nicht mehr zwischen leistungsstarken oder umweltfreundlichen Produkten entscheiden müssen. Natur und Performance von Hygiene-Produkten gehen dank der Innovation von Kelheim, dem STFI und dem Berliner Start-up SUMO Hand in Hand. Dr. Marina Crnoja-Cosic, Director New Business Development bei Kelheim Fibres: „Es ist uns eine große Ehre und Freude, den Techtextil Innovation Award gemeinsam mit unseren Partnern entgegenzunehmen. Den Preis sehen wir nicht nur als Auszeichnung für das vorgestellte Projekt, sondern auch als Anerkennung unserer Innovationsstrategie. Denn im Dialog mit Partnern können wir schneller auf aktuelle Trends reagieren, gezielter entwickeln und die Kommerzialisierung innovativer Lösungen beschleunigen.“

Abfälle aus Automobilindustrie als Ressource
Ein weiterer Techtextil Innovation Award in der Kategorie „New Approaches on Sustainability & Circular Economy“ würdigt ein Verfahren, das Naturlederabfälle aus der Automobilindustrie zur Herstellung innovativer Textilbeschichtungen nutzt. Entwickelt wurde es vom CITEVE, dem Technologiezentrum für Textil- und Bekleidungsindustrie in Portugal, und den Partnern ERT Têxtil Portugal, CeNTI und CTIC (alle Portugal). Nachdem CITEVE –Forscher festgestellt hatten, dass bei Schneidearbeiten in der Automobilindustrie eine große Menge als Abfall eingestuftes Naturleder anfällt, suchten sie nach einer Lösung zu dessen Wiederverwendung. Die Fachjury würdigt die Entwicklung als gelungene industrielle Symbiose: „Abfälle aus einem Industriezweig werden hier in einem anderen als Ressource genutzt. Die Arbeit der CITEVE -Forscher unterstützt damit einen wichtigen Trend hin zu einer ressourceneffizienten, umweltfreundlichen und nachhaltigen Textilindustrie.“

Kompostierbare Textilbeschichtung
Der Techtextil Innovation Award in der Kategorie „New Approaches on Sustainability & Circular Economy“ geht an das Textilforschungsinstitut Centexbel (Belgien) für eine biobasierte und kompostierbare Dispersion für Textilbeschichtungen und Druckfarben. Die Neuentwicklung kommt ohne Lösungsmittel aus und bringt eine völlig neue Art von Polymer für Beschichtungen und Druckfarben auf den Markt. Die Innovation, so die Fachjury, sei ein wichtiger Schritt für die Textilbeschichtungsindustrie hin zu mehr Produkten auf Grundlage erneuerbarer Ressourcen.    

Mode aus Ananasschale
Das italienische Unternehmen Vérabuccia wird in der Kategorie „Performance Fashion Award“ für ein innovatives Produktionsverfahren für den Mode- und Designbereich ausgezeichnet. Mit dem patentierten Verfahren sollen Fruchtabfälle in Fashion-Highlights verwandelt werden. Ein erstes Material ist das sogenannte „Ananasse“. Die Besonderheit daran laut Vérabuccia: Im Gegensatz zu anderen Pflanzenledern, die zur Imitation von echtem Tierleder tendieren, behält es das ursprüngliche Aussehen einer Ananasschale bei; dadurch werde der Ursprung des Rohstoffs hervorgehoben. Die Jury würdigt mit dem Techtextil Innovation Award das unkonventionelle Denken des jungen italienischen Labels, das mit seiner Originalität beweise, dass sich aus überraschenden Materialien innovative und ansprechende Mode entwickeln lasse.
 
100 Prozent kompostierbares Bindemittel für Vliesstoffe
In der Kategorie „New Technology“ erhält die Firma OrganoClick (Schweden) den Techtextil Innovation Award für die Entwicklung eines zu 100 Prozent biobasierten Bindemittels für Vliesstoffanwendungen, das aus Abfallkomponenten hergestellt wird und deshalb vollständig kompostierbar sein soll. Die Innovation soll kunststoffbasierte Bindemittel ersetzen. Weil Vliesstoffe oft aus nicht-abbaubaren Kunststoffen hergestellt werden, hat sich das schwedische Unternehmen darauf spezialisiert, kompostierbare Material-Alternativen unter anderem aus Weizenkleie, Frucht- oder Krabbenschalen zu entwickeln. Die Jury des Techtextil Innovation Awards hat das überzeugt: „OrganoClick erhält den Preis für seine Bemühungen, biobasierte Rohstoff-Alternativen zu finden, um erdölbasierte Materialien zu ersetzen.”

Formaldehydfreies & biobasiertes Beschichtungssystem
Der dritte Award in der Kategorie „New Approaches on Sustainability & Circular Economy“ geht an die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) aus Baden-Württemberg und das Unternehmen TotalEnergies - Cray Valley (Frankreich). Gemeinsam haben sie ein neuartiges, formaldehydfreies Beschichtungssystem entwickelt. Es basiert auf ungiftigem Hydroxymethylfurfural (HMF), das aus Biomasseabfällen gewonnen wird. Diese HMF-basierten Tauchformulierungen sind in der Lage, Haftvermittler auf Formaldehydbasis im Verhältnis eins zu eins zu ersetzen. Zum Hintergrund: In Reifen, Fördergurten oder Keilriemen werden Gummimaterialien durch Cord verstärkt. Die Qualität solcher Cord-Verbundsysteme mit hochfesten Fasern wie Polyester, Aramid oder Polyamid und Kautschuk wird durch die Haftungseigenschaften der Fasern an der Matrix bestimmt. Im etablierten Herstellungsverfahren werden Haftvermittler aus Resorcin-Formaldehyd-Latex (RFL) eingesetzt. Formaldehyd ist jedoch seit 2014 von der EU als nachweislich krebserregend und erbgutverändernd eingestuft. Die Jury begrüßt deshalb die gesundheits- und umweltfreundliche Neuentwicklung. Diese trage zu einer nachhaltigeren Textilindustrie und der Reduktion schädlicher Chemikalien bei.

Quelle:

Messe Frankfurt Exhibition GmbH