Textile Leadership

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20.09.2023

Intelligente Textilien als Schutz vor PAK-Giftstoffen

Fraunhofer IWS unterstützt Industriepartner bei der Entwicklung neuer Feuerwehrschutzanzüge.
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gelten als gesundheitsschädlich, insbesondere auch als potenzielle Krebserreger. Entstehen können die molekularen Verbindungen aus Kohlen- und Wasserstoffatomen beispielsweise bei Hausbränden, wenn etwa Matratzen, Vorhänge, Holzbalken, Kunststoff oder andere Gegenstände aus organischen Materialien brennen.

Fraunhofer IWS unterstützt Industriepartner bei der Entwicklung neuer Feuerwehrschutzanzüge.
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gelten als gesundheitsschädlich, insbesondere auch als potenzielle Krebserreger. Entstehen können die molekularen Verbindungen aus Kohlen- und Wasserstoffatomen beispielsweise bei Hausbränden, wenn etwa Matratzen, Vorhänge, Holzbalken, Kunststoff oder andere Gegenstände aus organischen Materialien brennen.

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAK gelangen über die Haut in den Körper und lagern sich im Fettgewebe ab. Weil die menschlichen Abwehrsysteme die ringförmigen Kohlenstoffverbindungen nicht kennen, baut der Körper diese Schadstoffe nicht ab – sie akkumulieren und konzentrieren sich. Dadurch steigt über die Jahre hinweg die Karzinom-Gefahr. Bei korrekt angelegter Schutzkleidung ist dieses Risiko laut Untersuchungen der »Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung« (DGUV) zwar begrenzt. Wenn Feuerwehrkräfte jedoch über Jahrzehnte im Einsatz sind, können kleine Unachtsamkeiten zu problematischen Belastungen führen.

Um die Feuerwehr vor diesen Risiken besser zu schützen, hat das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft die Basis für die Entwicklung neuartiger Anti-PAK-Schutzanzüge gelegt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben im Rahmen des Programms »Forschung für die zivile Sicherheit« bis Dezember 2023 mit 1,24 Millionen Euro.
 
Das innovative Schutzkonzept der neuen Anzüge umfasst High-Materialien und intelligente Überwachung: Moderne Vliese als zentraler Bestandteil der Schutzanzüge verhindern wirkungsvoll den Kontakt der Haut mit den Schadstoffen. In die Gewebe werden außerdem Ultraviolett-Sensoren integriert, die feststellen, wann der textile Schutzschild mit PAK gesättigt ist und ausgetauscht werden muss. Das bedeutet eine doppelte Sicherheit für das Rettungspersonal. Die ersten Feuerproben in Brandcontainern hat die neue Schutzkleidung bereits bestanden.

PAK-Anreicherung über ein ganzes Berufsleben hinweg erhöht Krebsrisiko
»Bei einem einzelnen Einsatz mögen es womöglich nur wenige Mikrogramm PAK sein, die durch Öffnungen im Schutzanzug auf die Haut gelangen«, erklärt Felix Spranger, Gruppenleiter Gas- und Partikelfiltration am Fraunhofer IWS. »Das Gefährliche an den PAK besteht darin, dass sie sich bei Feuerwehrleuten über ein ganzes Berufsleben hinweg immer weiter im Körper anreichern können. Studien aus Deutschland und den USA belegen verstärkt auftretende Krebserkrankungen in dieser Berufsgruppe. Daher war es so wichtig, Lösungen zu finden, die neue technologische Ansätze wie intelligente Textilien einbeziehen.« Dafür hat sich das Fraunhofer IWS im Jahr 2020 mit vier weiteren Partnern zum Projekt »3D-Funktionsvliesstoffe mit integrierter Gassensorik für die Schutzbekleidung von Einsatzkräften« (3D-PAKtex) zusammengetan. Um Feuerwehrleute künftig vor den schädlichen PAK in Rauchgasen und Rußwirbeln in brennenden Häusern zu schützen, verfolgten die Verbundpartner ein zweigleisiges Konzept: Einerseits stand die Entwicklung von vliesbasierten neuen Filtern im Fokus, andererseits ein Sensorkonzept, um deren Funktionsfähigkeit zu überwachen.
 
Aktivkohle-Vliese filtern Ringmoleküle aus dem Rauchgas
Das Fraunhofer IWS identifizierte zunächst passende poröse Aktivkohlen, die PAK besonders gut binden. Diese Adsorbentien fixierte der Projektpartner Norafin mit speziellen Bindern in für Brandeinsätze optimierte Vliesstoffe. Die neuen Zusatzvliese integrierte der Partner S-GARD in einen Demonstrationsanzug: An Ärmelöffnungen, Bünden und anderen Stellen ergänzte der Hersteller kleine Verschlusstaschen, die per Druckknopf die neuen Zusatzfilter an jenen Punkten aufnehmen können, an denen die Rauchgase im ungünstigsten Falle trotz aller Isolierungen dennoch in den Schutzanzug gelangen könnten. Strömt dort Rauchgas vorbei, bindet das Vlies die Giftstoffe.

Zudem versah Projektpartner JLM Innovation die neuen Filtervliese mit eigens entwickelten Überwachungssensoren, die auf dem Prinzip der Fluoreszenz-Spektroskopie basieren. Diese Mini-Spektrometer senden Ultraviolettlicht einer genau definierten Wellenlänge aus. Treffen diese UV-Strahlen auf PAK, absorbieren die Ringmoleküle zunächst deren Energie und senden dann auf einer leicht veränderten Wellenlänge andere UV-Strahlen zurück. Die Sensoren messen das zurückgesandte Licht aus: Je intensiver es ist, umso höher ist die PAK-Konzentration im Vlies. Eine elektronische Kontrolleinheit in der Brusttasche der Feuerwehrkraft wertet diese Daten aus und sendet sie per Bluetooth-Funk an ein Smartphone. Die Entwicklung und Implementierung einer maßgeschneiderten Software übernahm ATS Elektronik. Damit können die Retter in Uniform in Echtzeit sehen, wie sich ihre PAK-Filter füllen und wann sie ausgetauscht werden müssen.

In Labortests haben die neuen Vlies-Aktivkohle-Filter die PAK-Last im Rauchgas bereits erheblich gesenkt. Daran schlossen sich praxisnahe Simulationen in Brandcontainern an: Erfahrene Tester streiften die Anzug-Prototypen über, zündeten in einem abgeschirmten Container zunächst Matratzen, dann Gummireifen und weitere Testobjekte an, um die neue Schutzkleidung in unterschiedlichen Brandszenarien auszuprobieren.

»Wir werden diese Befunde gründlich auswerten und weiter den Markt beobachten, um fundiert über eine mögliche Serienproduktion entscheiden zu können«, kündigte Jonas Kuschnir von S-GARD an. Freilich sei der neue Schutzansatz gegen PAK auch mit gewissen Mehrkosten verbunden, doch die Projektergebnisse seien vielversprechend.
 
Hohes Marktpotenzial für intelligente Textilien erwartet
Wie auch immer diese Entscheidung ausgehen wird, »3D-PAKtex« hat in jedem Fall zu einem erheblichen Expertise-Zugewinn der Verbundpartner geführt. Das Thema wird auch das Fraunhofer IWS weiter beschäftigen. Felix Spranger: »Wir sehen noch einige Ansätze, um beispielsweise die Sensoren und die Schnittstellen der neuen Schutztechnik weiter zu verbessern. Aus Rückmeldungen wissen wir, dass die Industriepartner noch großes Potenzial in derartigen smarten Textilien sehen, auch jenseits von Feuerwehrschutzkleidung.«

Das deckt sich auch mit den Befunden internationaler Beobachter. So gehen die Analysten des britischen Marktforschungs-Unternehmens »IDTechEx« davon aus, dass der Markt für elektronisch aufgewertete beziehungsweise »intelligente« Textilien bis 2033 auf umgerechnet rund 713 Millionen Euro wachsen wird. Zu erwarten seien jährliche Zuwachsraten von durchschnittlich 3,8 Prozent.

Projektpartner »3D-PAKtex«

  • Das Fraunhofer IWS bringt seine Expertise bei der Auswahl von Filtermaterialien und in der Analytik ein
  • Norafin Industries aus Mildenau im Erzgebirge stellt technische Textilien her
  • Die Hubert Schmitz GmbH (»S-GARD«) aus Heinsberg produziert Feuerwehr-Schutzkleidung
  • Der Sensorik in den intelligenten Textilien widmete sich die JLM Innovation GmbH aus Tübingen
  • Die benötigte Software entwickelt die ATS Elektronik aus Wunstorf
Quelle:

Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS

Foto Pixabay
13.09.2022

Auflösbare Nähte, die das Recycling von Bekleidung verbessern

Resortecs hat eine innovative Lösung entwickelt, die dazu beiträgt, eine weit verbreitete Herausforderung der Modeindustrie zu lösen: Wie kann man Kleidungsstücke effektiver recyceln?
 
Die Herausforderung betrifft genähte Kleidungsstücke wie Jeans oder Jacken, die zerlegt werden müssen, bevor ihre Bestandteile recycelt werden können. Das bestehende Demontageverfahren ist zeit- und kostenaufwändig, da das Kleidungsstück und seine Bestandteile durch einen synthetischen, hochfesten Faden zusammengehalten werden, der in den meisten Fällen aus Polyester besteht. Vor dem Recycling muss das Kleidungsstück aufgetrennt und der Faden entfernt werden, da sonst die Qualität des recycelten Produkts beeinträchtigt wird.

Resortecs hat eine innovative Lösung entwickelt, die dazu beiträgt, eine weit verbreitete Herausforderung der Modeindustrie zu lösen: Wie kann man Kleidungsstücke effektiver recyceln?
 
Die Herausforderung betrifft genähte Kleidungsstücke wie Jeans oder Jacken, die zerlegt werden müssen, bevor ihre Bestandteile recycelt werden können. Das bestehende Demontageverfahren ist zeit- und kostenaufwändig, da das Kleidungsstück und seine Bestandteile durch einen synthetischen, hochfesten Faden zusammengehalten werden, der in den meisten Fällen aus Polyester besteht. Vor dem Recycling muss das Kleidungsstück aufgetrennt und der Faden entfernt werden, da sonst die Qualität des recycelten Produkts beeinträchtigt wird.

Resortecs hat einen neuen Garntyp entwickelt, der den Demontageprozess erleichtert. Die Fäden sind für verschiedene Schmelzpunkte (150° C, 170° C und 200° C) erhältlich und werden in einem handelsüblichen Ofen aufgelöst. Die Wahl des Fadens hängt von der Art des Kleidungsstücks ab, das zerlegt werden soll. Mit der Resortecs®-Lösung können bis zu 500 kg Kleidungsstücke (=>1000 Paar Jeans) gleichzeitig zerlegt werden.

Warum es ein Beispiel für die Kreislaufwirtschaft ist
Derzeit werden weniger als 1 % aller Kleidungsstücke in hoher Qualität recycelt. Der Rest wird downgecycelt, verbrannt oder deponiert, was einen jährlichen Materialverlust von 100 Mrd. USD bedeutet.

Die Produktion neuer Materialien, die die auf Deponien gelagerten oder verbrannten Materialien ersetzen sollen, hat erhebliche ökologische und soziale Auswirkungen, u. a. einen massiven Verbrauch von Süßwasser, Bodendegradation und Treibhausgasemissionen. So wird beispielsweise auf 2,4 % der weltweiten Ackerfläche Baumwolle angebaut, aber der Baumwollanbau ist für 24 % des weltweiten Jahresbedarfs an Insektiziden verantwortlich.
Es gibt viele Faktoren, die dazu beitragen, dass die Recyclingquote bei Kleidungsstücken so niedrig ist. Einer der Hauptgründe sind die hohen Kosten, die mit der Zerlegung verbunden sind, da das aufgrund der komplizierten und langlebigen Designs ein überwiegend manueller Prozess ist. Darüber hinaus gehen nach Branchenuntersuchungen, die auch Daten von Bekleidungsrecyclingunternehmen in Pakistan umfassen, zwischen 30 und 52 % des Denims bei der Demontage verloren.

Beim Resortecs®-Verfahren gehen nur maximal 10 % des Textilmaterials verloren, die Beschaffenheit des Textils wird nicht beschädigt, so dass für neue Kleidungsstücke ein höherer Prozentsatz an recyceltem Material verwendet werden kann. Außerdem macht das Verfahren die Demontage von Kleidungsstücken deutlich einfacher und fünfmal schneller. Dies verbessert die Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Recyclings, insbesondere in Ländern mit hohen Arbeitskosten.    
 
Vorteile für Unternehmen und Umwelt
Die Technologien von Resortec reduzieren den Einsatz neuer Materialien, was zu Kosteneinsparungen führen kann und die Abhängigkeit von unvorhersehbaren Rohstoffpreisen und sich ändernden Vorschriften verringert. In den letzten Jahren haben sich die Verbrauchertrends in Richtung umweltbewussterer Entscheidungen verschoben, einschließlich der Verwendung von recycelten Materialien. Und da 50 % der Kohlen-stoffemissionen und 75 % des Wasserverbrauchs in der Produktions- und Materialverarbeitungsphase anfallen, reduziert dieses Modell auch die negativen Auswirkungen auf die Umwelt enorm.

Die Reise geht weiter
In der Kreislaufwirtschaft gibt es keine Patentrezepte, und oft wird ein Produkt als "kreislauffähig" bezeichnet, um den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu verdeutlichen.

Damit die Technologie von Resortec ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen auch andere Akteure im Modesystem ihren Teil dazu beitragen. So müssen beispielsweise die umgekehrten Lieferketten (Sortierer und Recycler) ihre Abläufe an diese neuen Lösungen anpassen und optimieren. Auch Designer und Marken müssen die Grenzen des Kreislaufdesigns erkennen und ausreizen, indem sie zum Beispiel wiederverwendbare Knöpfe und Reißverschlüsse entwerfen bzw. vorschreiben. Die Politik muss das richtige Signal an den Markt senden, wie z. B. Frankreichs bevorstehendes Anti-Abfall-Gesetz, das die Entsorgung von unverkaufter Kleidung auf Mülldeponien verbietet.          

Neben systemischen Änderungen gibt es auch Verbesserungsmöglichkeiten bei der Technologie. Derzeit verwendet Resortecs einen Faden auf Kunststoffbasis, der, wenn er geschmolzen ist, idealerweise wiedergewonnen und neu gesponnen werden sollte, anstatt weggeworfen zu werden. Der Faden könnte auch aus recycelten oder regenerativen Produktionsverfahren stammen.

Das Interesse an der Resortec-Technologie, die bereits von 25 internationalen Modemarken erprobt wird und von denen mindestens ein Resortec-fähiges Produkt bereits auf dem Markt ist, ist bereits sehr groß. Während sich die Modeindustrie weiter entwickelt, können einfache, aber wirkungsvolle Innovationen wie diese dazu beitragen, das Potenzial einer Kreislaufwirtschaft für die Modebranche zu erschließen.

Quelle:

Ellen MacArthur Foundation

(c) Photographer & visual artist Patrick Klein Meuleman
09.08.2022

Zweite Haut: e-Textiles neu definiert

Im Rahmen des Europäischen STARTS Projektes Re-FREAM forschten Designer, Technologen und Wissenschaftler gemeinsam an zukünftigen sowie nachhaltigen Technologien für die Textilindustrie. Im Forschungsschwerpunkt e-Textiles arbeitete die Fashion Tech Expertin Malou Beemer aus den Niederlanden mit einem internationalen Team bestehend aus Profactor, EMPA, Wear It Berlin und dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM an adaptiven Kleidungsstücken, die sich praktischen und sozialen Bedürfnissen der Nutzer anpassen können.

Im Rahmen des Europäischen STARTS Projektes Re-FREAM forschten Designer, Technologen und Wissenschaftler gemeinsam an zukünftigen sowie nachhaltigen Technologien für die Textilindustrie. Im Forschungsschwerpunkt e-Textiles arbeitete die Fashion Tech Expertin Malou Beemer aus den Niederlanden mit einem internationalen Team bestehend aus Profactor, EMPA, Wear It Berlin und dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM an adaptiven Kleidungsstücken, die sich praktischen und sozialen Bedürfnissen der Nutzer anpassen können.

Malou Beemer nähert sich der Nachhaltigkeit von Kleidungsstücken durch ihr Verständnis für die soziale Funktionalität von Kleidungsstücken. Ihre Forschungen gehen der Frage nach, wie Design die Art und Weise verändern kann, wie wir Mode wollen, tragen und entsorgen. Könnten intelligente Kleidungsstücke so ausgestattet werden, dass sie ihre Begehrlichkeit verbessern und erhalten? Ihr modulares Bekleidungssystem Second Skins kombiniert anpassungsfähige Teile, die eine persönliche Lichtsinfonie erzeugen. Seine Zusammensetzung entspricht dem ästhetischen Bedürfnis nach Neuheit, nach Interaktion und nach Auffallen.

Beemer begann damit, die Idee des Kleidungsstücks selbst zu dekonstruieren. Zunächst, so erklärt sie, „haben wir uns von der Vorstellung verabschiedet, dass ein Kleidungsstück immer zwei Beine oder zwei Ärmel hat“. Stattdessen beschloss das Team, es als Komponenten zu visualisieren. Der nächste Schritt war die Erforschung der Aktivierung von reaktionsfähigen und reaktiven Textilelementen, die moduliert werden können, um Neues zu schaffen.

Mit dem Hauptaugenmerk auf Abend- und Partykleidung, einer Kategorie mit hohem Einmalgebrauchsverhalten, fiel die Wahl auf Farbwechsel auf der Grundlage von LED-Mustern. Gemeinsam mit ihren Re-FREAM-Partnern entwickelte sie ein Kleidungsstück, das aus einer Basisschicht mit integrierten LED-Leuchten (IZM Fraunhofer), einer diffusen Schicht, die das Licht mit Profactor verändert, und einer oberen Schicht besteht, die dem Kleidungsstück eine endgültige Form verleiht und weitere Aktualisierungen ermöglicht. Der Träger kann LED-Farbmuster hochladen und diese dann mit einem Tap-Sensor modulieren. Durch die Konstruktion und die modulare Verbindungstechnik kann das Kleidungsstück bei Bedarf repariert oder am Ende seiner Lebensdauer sogar komplett zerlegt werden.

Beemer nutzt die individuelle Anpassung von Farben, Mustern und Strukturen, um die Lebensdauer von Kleidungsstücken zu verlängern. Sie definiert Nachhaltigkeit durch Langlebigkeit: Das Ziel sind Kleidungsstücke, die sich aktualisieren lassen, vielleicht sogar für Jahrzehnte. Ihre Wearable-Tech-Designs sollen auch die soziale Interaktion mit anderen verbessern. Ein besonders innovativer Aspekt ihres Konzepts ist das Streben nach einer neuen Ebene der Handlungsfähigkeit von Kleidungsstücken. Sie stellt sich Kleidung vor, die sich um uns kümmert, je nach unseren sozialen und ästhetischen Bedürfnissen. Statt passiver und verschmutzender Kleidungsstücke wird Mode zur zweiten Haut mit verschiedenen Schichten, die ihre Eigenschaften verändern können. Durch diese eingebaute Vielseitigkeit erhalten Kleidungsstücke eine aktive Rolle für ihr Überleben und das unsere.

Zusammen mit dem Fraunhofer-Team entwickelte Beemer zwei Unterkleider, in die PCBs (printed circuit boards = gedruckte Schaltungen) und LEDs integriert sind: eines, das sich mehr um den Hals und eines, das sich mehr um den Brustkorb, unterhalb der Büste, schmiegt. In dem Projekt Second Skins kommen die vom IZM entwickelten Hardware Module zum Einsatz. Das IZM entwickelte eine auf Arduino-basierende modulare Hardware Plattform, mit denen sich e-Textile Prototypen und Kleinserien einfacher, flexibler und zuverlässiger in Textilien integrieren lassen. Zu den bereits verfügbaren Modulen gehören diverse Sensoren (Temperatur, Nähe, Pulse, IMU) sowie Aktoren, RGB LEDs, ADC, µC, Bluetooth und mehr. Neben dem konventionellen Annähen der Module mittels elektrisch leitfähigen Garns bieten alle Module auch die Möglichkeit, diese durch die am IZM entwickelte, proprietäre e-Textile Bond Technologie mechanisch und elektrisch in einem Arbeitsschritt zu integrieren.

Hier erfassen z.B. Smart IMU Module die Körpersprache und Bewegungsdaten der Trägerin, darüber hinaus sind Näherungssensoren integriert. Mit den gewonnenen Sensordaten sind individuelle Lichteffekte des RGB-LED Displays steuerbar, durch die die Trägerin mit ihrer Umgebung nonverbal kommuniziert. Alle Module können dabei im Gestaltungsprozess frei auf dem Kleidungsstück platziert werden. Zur Energieversorgung und Kommunikation mit der Prozesseinheit wird ein textiler 4-adriger IIC Busleiter aus einem thermoplastisch isolierten Hybridleiter aus Litzenmaterial und verstärkenden Textilfasern auf das Unterkleid gestickt und so die Module miteinander verbunden. Die elektrische Verbindung zwischen Modul und textilem Bus erfolgt dann über die beschriebene e-Textile Bonding Technologie, die eine zuverlässige aber auch reparierfähige Kontaktierung ohne zusätzliche Additive wie Pasten, Flussmittel o.Ä. bietet. Aufgrund der Wiederaufschmelzbarkeit des thermoplastischen Klebstoffes kann das Modul auch wieder thermisch vom Träger entfernt werden. In der Innenlage zwischen Ober- und Unterkleid befinden sich dünne Textillagen, die mittels 3-D Druck oder Lamination eine Maskierung der Leuchteffekte ermöglichen und so der Nutzerin eine individuell anpassbare Lichtgestaltung gestattet.

Weiterführende Links:
https://www.maloubeemer.com/project/second-skins-re-fream/
https://re-fream.eu/pioneers/second-skins/
https://www.izm.fraunhofer.de/

(c) Messe Frankfurt Exhibition GmbH
07.06.2022

Techtextil & Texprocess 2022: Highlights für internationale Besucher

Techtextil und Texprocess 2022 planen mit zukunftsorientierten Messe-Formaten einen starken Re-Start mit mehr als 1.300 Ausstellern aus 51 Ländern. Highlights, wie das Denim Future Lab, die Sonderschau Performance Textiles in Fashion und das Techtextil bzw. Texprocess Forum präsentieren den hohen Innovationsgrad der Branche und bieten eine Plattform für Austausch und Weiterentwicklung.

Techtextil und Texprocess 2022 planen mit zukunftsorientierten Messe-Formaten einen starken Re-Start mit mehr als 1.300 Ausstellern aus 51 Ländern. Highlights, wie das Denim Future Lab, die Sonderschau Performance Textiles in Fashion und das Techtextil bzw. Texprocess Forum präsentieren den hohen Innovationsgrad der Branche und bieten eine Plattform für Austausch und Weiterentwicklung.

Die erste Ausgabe der internationalen Leitmessen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie verzeichnet einen Buchungsstand von über 1.300 ausstellenden Unternehmen aus 51 Ländern, zwölf internationale Länderpavillons und zahlreiche Gemeinschaftsstandteilnehmende. Neben deutschen Ausstellern sind Unternehmen aus Italien, Frankreich, Türkei und Spanien am häufigsten vertreten. In den Messehallen 8, 9, 11 und 12 werden dem globalen Fachpublikum im Juni vielfältige und innovative Produkte und Verfahren vorgestellt. Mit unterschiedlichen Formaten und Sonderschauen bieten Techtextil und Texprocess den Rahmen für die persönliche Begegnung, regen zu Diskussionen an und fördern die Weiterentwicklung der Industrie.

„Wir freuen uns, mit der Techtextil und Texprocess endlich wieder den Austausch zwischen internationalen Entscheidungsträgern zu ermöglichen. Die aktuelle Situation ist geprägt von wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, von pandemie-bedingten Einflüssen bis hin zu Lieferengpässen und Rohstoffmangel. Umso wichtiger ist es für die Industrie, an einem Ort zusammenzukommen und gemeinsam Lösungen zu finden. Wir freuen uns, Neu- und Weiterentwicklungen dafür eine Plattform bieten zu können, zum Beispiel mit den Techtextil bzw. Texprocess Innovation Awards.“, berichtet Michael Jänecke, Director Brand Management Technical Textiles & Textile Processing.

Denim Future Lab: die Denim-Produktion der Zukunft
In Halle 8.0 wird die Zukunft der Denim-Industrie beleuchtet. Das Denim Future Lab hebt die innovativen Ansätze der Branche hervor und präsentiert Fortschritte entlang vieler Stufen der Denim-Verarbeitungskette. Wie wird Denim nachhaltig produziert und verarbeitet? Wie kann Luxus-Denim zukünftig individuell gestaltet werden? Innovative Unternehmen wie Jeanologia, Ugolini, Wiser Tech, Brongo und IEN Industrie S.p.A. präsentieren Trends wie Eco-Bleaching, Eco-Dyeing, Upcycling-Lösungen oder individuelle Gestaltung und Veredelung von Luxus-Denim. Die Speakers Corner des Denim Future Lab bietet die Möglichkeit, Erfahrungen mit Expert*innen auszutauschen und lädt zu Diskussionen ein. Mit Unterstützung der Transformer Foundation und den Ausstellern werden in der kostenfreien Speakers Corner Themen wie Greenwashing, Chemie im Produktionsprozess sowie Baumwolle und andere Fasern diskutiert.

Performance Textiles in Fashion: textile Endprodukte erleben
Auf der Techtextil werden unzählige innovative Textilien für die unterschiedlichsten Industrien präsentiert. Zur Verdeutlichung der Eigenschaften bzw. Einsatzmöglichkeiten zeigen die meisten Aussteller auch Endprodukte aus den vielen Anwendungsbereichen, darunter auch Bekleidung. Die Sonderschau „Performance Textiles in Fashion“ in Halle 9.1 macht funktionale Textilien und Fashion für Besucher*innen erlebbar. Im Rahmen der Sonderschau werden außergewöhnliche und innovative Kleidungsstücke vorgestellt.

Techtextil Forum und Texprocess Forum: Was die Branche bewegt
Das Techtextil Forum in der Messehalle 9.1 bietet an allen vier Messetagen Expertenvorträge und Diskussionen zu den vielfältigen Themen der technischen Textilien und Vliesstoffe. Dazu gehören unter anderem Vorträge wie „Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie. Eine Positionsbestimmung“, „Entwicklung von 3D-gedruckten Verbundelementen für persönliche Stichschutzbekleidung“ oder „Mit Textilien Zeichen setzen. Recycling-Lösungen für Membranen zum Einsatz in der Architektur.“ Schirmherr des Techtextil Forums ist erneut EURATEX - The European Apparel and Textile Confederation.
 
Im Texprocess Forum in Halle 9.0 dreht sich alles um aktuelle Branchenthemen der Verarbeitung von textilen und flexiblen Materialien. Expertenvorträge zu Themen wie Impact 4.0 / Zukunft der Industrie 4.0, Qualitätsmanagement der Zukunft, Supply Chain Management, Digitale Produktentwicklung und Nachhaltigkeitsmanagement sind unter anderem geplant. Das Programm des Texprocess Forums wird wie schon in 2019 von DTB – Dialog Textil-Bekleidung e.V. und VDMA TFL gestaltet.

Beide Foren sind kostenfrei. Die Vorträge werden simultan DE/EN bzw. EN/DE übersetzt. Im Nachgang zum Techtextil Forum bzw. Texprocess Forum werden die Vorträge auch auf der Plattform Techtextil bzw. Texprocess Digital Extension „on demand“ zur Verfügung gestellt.

Techtextil Innovation Award und Texprocess Innovation Award
Ein besonderes Highlight ist die öffentliche Verleihung der Techtextil bzw. Texprocess Innovation Awards am 21. Juni 2022 in Halle 9.0. Progressive Ansätze sowie Neu- und Weiterentwicklungen im Bereich der technischen Textilien und Textilverarbeitung stehen im Mittelpunkt. Von einer internationalen Fachjury ausgewählte textile Innovationen werden prämiert und an allen vier Messetagen in Halle 9.1 (Techtextil) bzw. 9.0 (Texprocess) vorgestellt. Hier bündelt sich die Zukunft der Textilindustrie mit zukunftsträchtigen und wegweisenden Innovationen.

Nachhaltigkeit im Fokus
Mit Sustainability@Techtextil und Sustainability@Texprocess können Besucher*innen Unternehmen mit nachhaltigen Produkten und Ansätzen auf den ersten Blick erkennen. Aussteller, die eine erfolgreiche Prüfung durch eine internationale unabhängige Jury durchlaufen haben, werden so auf den Messen kenntlich gemacht. Techtextil und Texprocess unterstützen damit die nachhaltige Entwicklung der Textilindustrie. Innovative und nachhaltige Fasern, Garne und Gewebe sowie progressive Verfahren, neue Schnitttechnologien, wasserschonende Färbeverfahren und weitere zukunftsorientierte Verarbeitungstechnologien werden so hervorgehoben.

Digital Extension: Techtextil und Texprocess vor Ort und digital erleben
Erstmals können Besucher*innen Techtextil und Texprocess virtuell entdecken und von neuen Formaten und Austauschmöglichkeiten profitieren. Digitale Ausstellerprofile, Matchmaking-Angebote, 1-zu-1 Videogespräche oder Websessions ergänzen den Besuch vor Ort. Auch die Formate der Messe Frankfurt, wie Konferenzen oder Panel-Diskussionen werden digital verlängert und sind im Nachhinein on demand abrufbar. Die Digital Extension der Techtextil und Texprocess steht Besucher*innen vom 13. Juni bis 8. Juli kostenlos zur Verfügung.

Die Veranstaltungen Techtextil und Texprocess finden vom 21. bis 24. Juni 2022 statt.

Quelle:

Messe Frankfurt Exhibition GmbH