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Konzeptualisierung eines Laufschuhs aus einem Metamaterial. KI-generiert mit DALL-E (Visualisierung: ETH Zürich) Konzeptualisierung eines Laufschuhs aus einem Metamaterial. KI-generiert mit DALL-E (Visualisierung: ETH Zürich)
18.12.2023

KI für sicherere Fahrradhelme und bessere Schuhsohlen

Forschende haben eine künstliche Intelligenz so trainiert, dass sie die Struktur sogenannter Metamaterialien mit den gewünschten mechanischen Eigenschaften für verschiedene Anwendungsfälle entwerfen kann.

Forschende haben eine künstliche Intelligenz so trainiert, dass sie die Struktur sogenannter Metamaterialien mit den gewünschten mechanischen Eigenschaften für verschiedene Anwendungsfälle entwerfen kann.

  • ETH-Forschende haben mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Metamaterialien entworfen, die ungewöhnliche oder außerordentliche Reaktionen auf komplexe Belastungen zeigen.
  • Ihr neues KI-Tool entschlüsselt die wesentlichen Merkmale der Mikrostruktur eines Metamaterials und sagt sein Verformungsverhalten präzise voraus.
  • Das Tool findet nicht nur optimale Mikrostrukturen, sondern umgeht auch zeitaufwändige technische Simulationen.

Fahrradhelme, die die Energie eines Aufpralls absorbieren, Laufschuhe, die jedem Schritt einen zusätzlichen Schub geben, oder Implantate, die die Eigenschaften von Knochen imitieren. Metamaterialien machen solche Anwendungen möglich. Ihre innere Struktur ist das Ergebnis eines sorgfältigen Designprozesses, wonach 3D-Drucker die generierten Strukturen mit optimierten Eigenschaften herstellen können. Forschende unter der Leitung von Dennis Kochmann, Professor für Mechanik und Materialforschung am Departement für Maschinenbau und Verfahrungstechnik der ETH Zürich, haben neuartige KI-Tools entwickelt. Diese umgehen den zeitaufwändigen und auf Intuition basierenden Designprozess von Metamaterialien und sagen stattdessen Strukturen mit außergewöhnlichen Eigenschaften schnell und automatisiert vorher. Ein Novum ist, dass diese Tools auch für große (sogenannte nichtlineare) Belastungen anwendbar sind, zum Beispiel wenn ein Helm bei einem Aufprall große Kräfte absorbiert.

Kochmanns Team gehört zu den Pionieren bei der Entwicklung kleiner zellulärer Strukturen (vergleichbar mit dem Gebälk in Fachwerkhäusern), um Metamaterialien mit besonderen Eigenschaften zu erschaffen. «Wir entwerfen zum Beispiel Metamaterialien, die sich wie Flüssigkeiten verhalten: schwer zu komprimieren, aber leicht zu verformen. Oder Metamaterialien, die in alle Richtungen schrumpfen, wenn sie in einer Richtung komprimiert werden», erklärt Kochmann.

Effiziente, optimale Materialgestaltung
Die Gestaltungsmöglichkeiten scheinen endlos. Das volle Potenzial von Metamaterialien hat die Wissenschaft allerdings noch lange nicht ausgeschöpft, da der Designprozess oft auf Erfahrung und Trial- and-Error beruht. Zudem können kleine Anpassungen in der Struktur zu großen Veränderungen der Eigenschaften führen.

In ihrer jüngsten Arbeit erkundeten die ETH-Forschenden mithilfe von KI systematisch die zahlreichen Designs und mechanischen Eigenschaften von zwei Metamaterialarten. Ihre Berechnungstools können auf Knopfdruck optimale Strukturen für gewünschte Verformungen vorhersagen. Hierzu verwendeten die Forschenden große Datensätze des Verformungsverhaltens realer Strukturen. Mit diesen trainierten sie ein KI-Modell, das die Daten nicht nur reproduziert, sondern auch neue Strukturen generieren und optimieren kann. Durch den Einsatz einer Methode, die als «Variational Autoencoder» bekannt ist, lernt die KI die wesentlichen Merkmale einer Struktur aus der großen Menge an Designparametern und wie sie zu bestimmten Eigenschaften führen. Sie nutzt anschließend dieses Wissen, um einen Metamaterial-Entwurf zu erstellen, sobald die Forschenden die gewünschten Eigenschaften und Anforderungen angeben.

Bausteine zusammensetzen
Li Zheng, eine Doktorandin in Kochmanns Gruppe, trainierte ein KI-Modell auf Basis eines Datensatzes von einer Million Strukturen und ihrer simulierten Verformung. «Stellen Sie sich eine riesige Kiste mit Legosteinen vor – man kann sie auf unzählige Arten anordnen und lernt mit der Zeit Designprinzipien. Ähnlich geht unsere KI vor, allerdings wesentlich effizienter. Sie setzt die Bausteine von Metamaterialien zusammen, um ihnen eine bestimmte Weichheit oder Härte zu verleihen», sagt Zheng. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen, bei denen Forschende einen Katalog von Bausteinen als Grundlage für das Design verwendeten, können sie mit der neuen KI-Methode Bausteine fast beliebig hinzufügen, entfernen oder verschieben. Zusammen mit Sid Kumar, Assistenzprofessor an der TU Delft und ehemaliges Mitglied von Kochmanns Team, zeigten sie in einer kürzlich veröffentlichten Studie, dass das KI-Modell über das hinausgehen kann, wofür es trainiert wurde, und Strukturen vorhersagen kann, die leistungsfähiger sind als alles bisher Generierte.

Von Videos lernen
Jan-Hendrik Bastek, der ebenfalls Doktorand in Kochmanns Gruppe ist, verfolgte einen anderen Ansatz, um ähnliches zu erreichen. Er verwendete eine Methode, die Videodiffusion heißt und auch bei der KI-basierten Videogenerierung benutzt wird: Tippt man «ein Elefant fliegt über Zürich» ein, generiert die KI ein realistisches Video des Tieres, das über der Fraumünsterkirche kreist. Bastek trainierte sein KI-System mit 50’000 Videosequenzen von sich verformenden 3D-druckbaren Metamaterial-Strukturen. «Ich kann der KI die gewünschte Verformung vorgeben und sie produziert ein Video der optimalen Materialstruktur sowie deren vollständige Verformungsreaktion», erklärt Bastek. Bisherige Ansätze haben sich meist darauf beschränkt, ein einziges Bild der optimalen Struktur vorherzusagen. Durch die Nutzung von Videos des gesamten Verformungsprozesses, erhöht sich die Genauigkeit deutlich in solch komplexen Szenarien.

Große Vorteile für Fahrradhelme und Schuhsohlen
Die ETH-Wissenschaftler:innen haben ihre KI-Tools Forschenden auf dem Gebiet der Metamaterialien frei zur Verfügung gestellt. Somit werden sie hoffentlich zum Entwurf vieler neuer und ungewöhnlicher Materialien führen. Die Tools eröffnen neue Wege für die Entwicklung von Schutzausrüstungen wie Fahrradhelmen und für weitere Anwendungen von Metamaterialien von der Medizintechnik bis hin zu weichen Robotern. Sogar Schuhsohlen können so gestaltet werden, dass sie beim Laufen Stöße besser absorbieren oder beim Auftreten einen Schub nach vorne geben. Wird die KI die manuelle Entwicklung von Materialien vollständig ersetzen? «Nein», lacht Kochmann. «Gut eingesetzt kann KI ein hocheffizienter und fleißiger Helfer sein, aber man muss ihr die richtigen Anweisungen geben und sie richtig trainieren – und das erfordert wissenschaftliche Grundlagen und ingenieurwissenschaftliches Knowhow.»

Quelle:

ETH Zürich

LED-Kleid verbindet 3D-Druck und futuristische Mode Fotos von Natalie Cartz , Model Perpetua Sermsup Smith, Make-Up Artist Yaying Zheng
20.11.2023

LED-Kleid verbindet 3D-Druck und futuristische Mode

  • Die Designerin Anouk Wipprecht kooperiert mit Chromatic 3D Materials und entwickelt ein leuchtendes, bewegungsaktiviertes Display.

Chromatic 3D Materials, ein Unternehmen für 3D-Drucktechnologie, und die niederländische Hightech-Modedesignerin Anouk Wipprecht haben ein neues futuristisches 3D-gedrucktes Kleid vorgestellt, das über LEDs auf seine Umgebung reagiert. Das bewegungsaktivierte Design ist eines der ersten Kleidungsstücke der Welt, bei dem Elektronik direkt in 3D-gedruckte Elastomere eingebettet ist. Es veranschaulicht, wie die Zukunft des kreativen Schaffens und der sozialen Interaktion aussehen könnten, wenn der Mensch weiter mit der Technologie verschmilzt. Wipprechts Entwurf wurde auf der Formnext, der Veranstaltung zum 3D-Druck in Deutschland, präsentiert.

  • Die Designerin Anouk Wipprecht kooperiert mit Chromatic 3D Materials und entwickelt ein leuchtendes, bewegungsaktiviertes Display.

Chromatic 3D Materials, ein Unternehmen für 3D-Drucktechnologie, und die niederländische Hightech-Modedesignerin Anouk Wipprecht haben ein neues futuristisches 3D-gedrucktes Kleid vorgestellt, das über LEDs auf seine Umgebung reagiert. Das bewegungsaktivierte Design ist eines der ersten Kleidungsstücke der Welt, bei dem Elektronik direkt in 3D-gedruckte Elastomere eingebettet ist. Es veranschaulicht, wie die Zukunft des kreativen Schaffens und der sozialen Interaktion aussehen könnten, wenn der Mensch weiter mit der Technologie verschmilzt. Wipprechts Entwurf wurde auf der Formnext, der Veranstaltung zum 3D-Druck in Deutschland, präsentiert.

Wipprechts avantgardistisches Design verdeutlicht das Potenzial der 3D-Drucktechnologie und des Chroma-Flow 70™-Materials von Chromatic für die kommerzielle Nutzung. Die Designerin verwendete 3D-Druck, um fast 75 flexible LED-Kuppeln ohne Klebstoff oder Nähte auf dem Stoff des Kleides zu befestigen. Diese Fähigkeit könnte zur Herstellung von innovativer Laufbekleidung, Taschen, Schuhen und anderen Produkten genutzt werden, z. B. für die Innenausstattung von Fahrzeugen und in der Luft- und Raumfahrt, für Outdoor-Freizeitausrüstung und persönliche Schutzausrüstung.

Das besondere Kleidungsstück demonstriert auch die Flexibilität der Materialien von Chromatic. Im Gegensatz zu anderen 3D-gedruckten Materialien, die in der Regel spröde und hart sind, besteht das Kleid aus ChromaFlow 70™, einem biegsamen, hitzebeständigen Material, das sich um mehr als das Vierfache seiner Länge dehnen kann, ohne zu reißen. Durch diese Flexibilität eignet es sich zum Hinzufügen weicher und nahtloser struktureller, funktionaler und ästhetischer Elemente, die für Intim- und Freizeitkleidung, Sport- und Badebekleidung und andere Kleidungsstücke geeignet sind, bei denen Komfort, Silhouette und Haltbarkeit von entscheidender Bedeutung sind.

„Die Verwendung der 3D-Materialien von Chromatic für den Druck bietet zahlreiche Optionen für die Modeindustrie. Für Designer wie mich, die Elektronik in ihre Kreationen einbauen, bietet es eine einzigartige Möglichkeit, elektronische Teile in den Druckprozess einzubetten und zu sichern", sagt Anouk Wipprecht. "Dies ist mein bisher tragbarstes - und waschbarstes - 3D-gedrucktes Kleid! Da die Elektronik eingeschlossen ist, erlaubt mir das Material, meine LED-Lichter zu streuen, und das Elastomer ist sowohl flexibel als auch stark - und lässt sich daher hervorragend mit Stoffen verbinden.“

„Diese Zusammenarbeit ist mehr als eine Partnerschaft - sie ist eine Vision, die zum Leben erwacht. Indem wir die Genialität von Anouk Wipprecht mit unserem innovativen 3D-Druck verbinden, setzen wir einen Präzedenzfall für die Zukunft der Mode. Wir begeben uns auf eine Reise, die die grenzenlose Integration von Technologie und Kunst verstärkt und Türen für unendliche Möglichkeiten und Anwendungen in der Textil- und Modeindustrie öffnet", sagt Cora Leibig, Gründerin und CEO von Chromatic 3D Materials.

Quelle:

Chromatic 3D Materials

Vadim Zharkov: https://youtu.be/x9gCrhIPaPM
28.02.2023

Intelligente Beschichtung könnte Textilien zu Schutzkleidung machen

Präzise angewandte metall-organische Technologie erkennt und bindet giftige Gase aus der Luft

Eine dauerhafte Beschichtung auf Kupferbasis, die von Forschenden in Dartmouth entwickelt wurde, kann präzise in Gewebe integriert werden, um reaktionsfähige und wiederverwendbare Materialien wie Schutzausrüstungen, Umweltsensoren und intelligente Filter herzustellen, so eine aktuelle Studie.
 
Die Beschichtung reagiert auf das Vorhandensein giftiger Gase in der Luft, indem sie diese in weniger giftige Substanzen umwandelt, die im Gewebe eingeschlossen werden, berichtet das Team im Journal of the American Chemical Society.

Präzise angewandte metall-organische Technologie erkennt und bindet giftige Gase aus der Luft

Eine dauerhafte Beschichtung auf Kupferbasis, die von Forschenden in Dartmouth entwickelt wurde, kann präzise in Gewebe integriert werden, um reaktionsfähige und wiederverwendbare Materialien wie Schutzausrüstungen, Umweltsensoren und intelligente Filter herzustellen, so eine aktuelle Studie.
 
Die Beschichtung reagiert auf das Vorhandensein giftiger Gase in der Luft, indem sie diese in weniger giftige Substanzen umwandelt, die im Gewebe eingeschlossen werden, berichtet das Team im Journal of the American Chemical Society.

Die Ergebnisse beruhen auf einer leitfähigen metallorganischen Technologie bzw. einem Modell, das im Labor der korrespondierenden Autorin Katherine Mirica, außerordentliche Professorin für Chemie, entwickelt wurde. Dabei handelte es sich um eine einfache Beschichtung, die auf Baumwolle und Polyester aufgetragen werden konnte, um intelligente Textilien zu schaffen, die die Forscher SOFT = Self-Organized Framework on Textiles nannten (JACS 2017). In ihrer Arbeit zeigten sie, dass die SOFT-Smart-Stoffe giftige Substanzen in der Umgebung erkennen und binden können.

In der neuesten Studie fanden die Forscher heraus, dass sie - anstelle der einfachen Beschichtung, über die 2017 berichtet wurde - die Struktur mithilfe eines Kupfervorläufers präzise in Gewebe einbetten können, wodurch sie spezifische Muster erstellen und die winzigen Lücken und Löcher zwischen den Fäden effektiver ausfüllen können.

Die Forschenden stellten fest, dass die Modelltechnologie das Toxin Stickoxid effektiv in Nitrit und Nitrat sowie das giftige, brennbare Gas Schwefelwasserstoff in Kupfersulfid umwandelt. Wie sie weiter berichten, hält die Fähigkeit, giftige Stoffe abzufangen und umzuwandeln sowohl der Abnutzung oder dem normalen Abrieb wie auch Wasch- und Bügelvorgängen stand.
Die Vielseitigkeit und Haltbarkeit, die das neue Verfahren bietet, würde es ermöglichen, das Verfahren für spezifische Zwecke und an präziseren Stellen einzusetzen, beispielsweise als Sensor auf Schutzkleidung oder als Filter in einer bestimmten Umgebung, so Mirica.
 
„Die neue Abscheidungsmethode bedeutet, dass die elektronischen Textilien aufgrund ihrer Robustheit potenziell mit einer breiteren Palette von Systemen verbunden werden könnten“, sagte sie. „Dieser technologische Fortschritt ebnet den Weg für weitere Anwendungen der kombinierten Filtrations- und Sensorfähigkeiten des Gerüsts, die in biomedizinischen Bereichen und bei der Umweltsanierung von Nutzen sein könnten.“

Die Technik könnte auch eine kostengünstige Alternative zu Technologien sein, die teuer und nur begrenzt einsetzbar sind, da sie eine Energiequelle oder - wie etwa Katalysatoren in Autos - seltene Metalle benötigen, so Mirica.
 
„Hier verlassen wir uns auf eine in der Erde reichlich vorhandene Materie, um giftige Chemikalien zu ‚ent‘-giften, und zwar ohne Energiezufuhr von außen, so dass wir keine hohen Temperaturen oder elektrischen Strom benötigen, um diese Funktion zu erreichen“, sagte Mirica.

Co-Erstautor Michael Ko, beobachtete den neuen Prozess zunächst im Jahr 2018, als er versuchte, das metallorganische Gerüst auf kupferbasierten Dünnfilmelektroden abzuscheiden. Aber die Kupferelektroden wurden durch das Gerüst ersetzt.

„Er wollte es oben auf den Elektroden haben und nicht als deren Ersatz“, sagte Mirica. „Wir haben vier Jahre gebraucht, um herauszufinden, was passiert und welchen Nutzen es hat. Es ist ein sehr einfacher Prozess, aber die Chemie dahinter ist es nicht, und wir benötigten einige Zeit und zusätzliche Studierende und Mitarbeitende, um das zu verstehen.“

Das Team entdeckte, dass das metallorganische Gerüst über Kupfer „wächst“ und dieses durch ein Material ersetzt, das in der Lage ist, giftige Gase zu filtern und umzuwandeln. Ko und Co-Autor Lukasz Mendecki, ein Postdoktorand in der Mirica-Gruppe von 2017-18, untersuchten Methoden, um das Gerüstmaterial in bestimmten Designs und Mustern auf Gewebe aufzubringen.

Co-Erstautorin Aileen Eagleton, die ebenfalls der Mirica-Gruppe angehört, hat die Technik durch die Optimierung des Verfahrens zum Aufdrucken des metallorganischen Gerüsts auf Stoff fertiggestellt und untersucht, wie seine Struktur und Eigenschaften durch chemische Exposition und Reaktionsbedingungen beeinflusst werden.

Zukünftige Arbeiten werden sich auf die Entwicklung neuer multifunktionaler Gerüstmaterialien und die Skalierung des Verfahrens zur Einbettung der metallorganischen Beschichtungen in Gewebe konzentrieren, so Mirica.

Quelle:

Dartmouth / Textination

Foto: pixabay, Hilary Clark
01.02.2022

Baumwollfasern 2.0: Feuerfest und anschmiegsam

Ein an der Empa entwickeltes chemisches Verfahren macht aus Baumwolle ein schwer entflammbares Gewebe, das trotzdem die hautfreundlichen Eigenschaften von Baumwolle behält.

Herkömmliche flammhemmende Baumwolltextilien enthalten oft Rückstände von Formaldehyd und sind zudem unangenehm auf der Haut. Empa-Wissenschaftlern ist es gelungen, dieses Problem zu umgehen, indem sie ein physikalisch und chemisch unabhängiges Netzwerk im Inneren der Fasern schufen. So bleiben die positiven Eigenschaften der Baumwollfaser erhalten, die drei Viertel des weltweiten Bedarfs an Naturfasern in Kleidung und Heimtextilien ausmachen: Baumwolle ist hautfreundlich, weil sie erhebliche Mengen an Wasser aufnehmen kann und ein günstiges Mikroklima auf der Haut gewährleistet.

Ein an der Empa entwickeltes chemisches Verfahren macht aus Baumwolle ein schwer entflammbares Gewebe, das trotzdem die hautfreundlichen Eigenschaften von Baumwolle behält.

Herkömmliche flammhemmende Baumwolltextilien enthalten oft Rückstände von Formaldehyd und sind zudem unangenehm auf der Haut. Empa-Wissenschaftlern ist es gelungen, dieses Problem zu umgehen, indem sie ein physikalisch und chemisch unabhängiges Netzwerk im Inneren der Fasern schufen. So bleiben die positiven Eigenschaften der Baumwollfaser erhalten, die drei Viertel des weltweiten Bedarfs an Naturfasern in Kleidung und Heimtextilien ausmachen: Baumwolle ist hautfreundlich, weil sie erhebliche Mengen an Wasser aufnehmen kann und ein günstiges Mikroklima auf der Haut gewährleistet.

Für Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte ist die Schutzkleidung die wichtigste Barriere. Für solche Zwecke wird hauptsächlich Baumwolle als innere Textilschicht verwendet, die jedoch zusätzliche Eigenschaften benötigt: Sie muss etwa feuerfest sein oder vor biologischen Schadstoffen schützen. Dennoch sollte sie nicht wasserabweisend sein, weil dies ein unangenehmes Mikroklima schaffen würde. Diese zusätzlichen Eigenschaften können durch geeignete chemische Modifikationen in die Baumwollfasern «eingebaut» werden.

Dauerhaft aber toxisch
«Bislang war es immer ein Kompromiss, Baumwolle feuerfest zu machen», sagt der Chemiker und Polymerexperte Sabyasachi Gaan aus der Empa-Abteilung «Advanced Fibers». Waschbeständige, flammhemmende Baumwolle wird in der Industrie durch die Behandlung des Gewebes mit Flammschutzmitteln hergestellt, die sich chemisch mit der Zellulose in der Baumwolle verbinden. Derzeit hat die Textilindustrie keine andere Wahl, als auf Formaldehyd basierende Chemikalien zu verwenden – und Formaldehyd gilt als krebserregend. Ein jahrzehntealtes Problem. Formaldehyd-basierte Flammschutzmittel sind zwar langlebig, haben aber weitere Nachteile: Die OH-Gruppen der Zellulose werden chemisch blockiert, was die Fähigkeit der Baumwolle, Wasser aufzunehmen, erheblich mindert, und zu einem unangenehmen Tragegefühl der Textilien führt.

Gaan hat an der Empa viele Jahre lang Flammschutzmittel auf Basis der Phosphorchemie entwickelt, die bereits in vielen industriellen Anwendungen eingesetzt werden. 2021 ist es ihm gelungen, einen eleganten und einfachen Weg zu finden, Phosphor in Form eines unabhängigen Netzwerks in der Baumwolle zu verankern.

Chemisches Netzwerk zwischen den Baumwollfasern
Gaan und seine Forscherkollegen Rashid Nazir, Dambarudhar Parida und Joel Borgstädt, nutzten eine tri-funktionale Phosphorverbindung (Trivinylphosphinoxid), die die Fähigkeit besitzt, nur mit bestimmten zugesetzten Molekülen (Stickstoffverbindungen wie Piperazin) zu reagieren und ein eigenes Netzwerk im Inneren der Baumwolle zu bilden. Dadurch wird die Baumwolle dauerhaft feuerbeständig, ohne die günstigen OH-Gruppen zu blockieren. Darüber hinaus ist das physikalische Phosphinoxid-Netzwerk auch noch hydrophil und nimmt zusätzlich Feuchtigkeit auf. Diese flammhemmende Ausrüstung enthält kein krebserregendes Formaldehyd, das vor allem die Textilarbeiter bei der Herstellung gefährden würde, und die Phosphinoxid-Netzwerke waschen sich auch nicht aus: Nach 50 Wäschen sind noch 95 Prozent des Flammschutznetzwerks im Gewebe vorhanden.

Um der an der Empa entwickelten flammhemmenden Baumwolle zusätzliche Schutzfunktionen zu verleihen, brachten die Forscher Silber-Nanopartikel in das Gewebe ein. Dies funktioniert in einem einstufigen Prozess zusammen mit der Erzeugung der Phosphinoxid-Netzwerke. Die Silber-Nanopartikel verleihen der Faser antimikrobielle Eigenschaften und überleben selbst 50 Waschgänge.

Eine Hightech-Lösung aus dem Schnellkochtopf
«Wir haben einen einfachen Ansatz verwendet, um die Phosphinoxid-Netzwerke im Inneren der Zellulose zu fixieren», sagt Gaan. «Für unsere Laborexperimente haben wir die Baumwolle zunächst mit einer wässrigen Lösung von Phosphor- und Stickstoffverbindungen behandelt und anschliessend in einem handelsüblichen Schnellkochtopf gedämpft, um die Vernetzungsreaktion der Phosphor- und Stickstoffmoleküle zu erleichtern.» Der Anwendungsprozess ist mit den in der Textilindustrie bereits eingesetzten Behandlungsmaschinen kompatibel. «Das Dämpfen von Textilien nach dem Färben, Bedrucken und Veredeln ist ein normaler Schritt in der Textilindustrie. Es ist also keine zusätzliche Investition nötig, um unser Verfahren anzuwenden», so der Empa-Chemiker.

Inzwischen sind diese neu entwickelte Phosphorchemie und ihre Anwendung durch eine Patentanmeldung geschützt. «Es bleiben noch zwei wichtige Hürden», so Gaan. «Für die zukünftige Kommerzialisierung müssen wir einen geeigneten Chemikalienhersteller finden, der Trivinylphosphinoxid herstellen und liefern kann. Außerdem muss Trivinylphosphinoxid noch in der EU-Chemikaliendatenbank REACH registriert werden, damit sie problemlos gehandelt und transportiert werden kann.»

Kontakt:
Dr. Sabyasachi Gaan
Advanced Fibers
Tel. +41 58 765 7611
sabyasachi.gaan@empa.ch

Kontakt:
Prof. Dr. Manfred Heuberger
Advanced Fibers
Tel: +41 58 765 7878
manfred.heuberger@empa.ch

Ein Gel, das Medikamente freisetzt
Die neuartige Phosphorchemie kann auch für die Entwicklung anderer Materialien genutzt werden, etwa für die Herstellung von Hydrogelen, die bei wechselndem pH-Wert gezielt Medikamente freisetzen können. Solche Gele könnten Anwendung bei der Behandlung von Wunden finden, die nur langsam heilen. Bei solchen Wunden steigt der pH-Wert der Hautoberfläche an, und die neuen phosphorbasierten Gele können so getriggert werden, dass sie gezielt Medikamente auf die Wunde dosieren oder einen Farbstoff freisetzen, der Ärzte und Pflegepersonal auf das Problem aufmerksam macht. Die Empa hat auch die Herstellung solcher Hydrogele patentiert.

Quelle:

EMPA, Rainer Klose

(c) JUMBO-Textil GmbH & Co. KG. CEO Andreas Kielholz (r.) und Business Development Manager Patrick Kielholz in der hochmodernen Produktionsstätte der JUMBO-Textil GmbH & Co. KG.
23.03.2021

JUMBO-Textil – Innovative Schmaltextilien neu definiert

Ein dynamisches Familienunternehmen als zukunftsorientierter Lösungspartner für Hightech-Elastics
 
Zusammen rund 32 Mrd. € Umsatz erzielen die verschiedenen Sparten der deutschen Textil- und Modeindustrie jährlich. Von den ca. 1.400 Unternehmen ist die weit überwiegende Zahl mittelständisch geprägt.
Speziallösungen Made in Germany sind gefragt. Die Bedeutung technischer Textilien wächst seit Jahren – ebenso wie deren Anteil am Umsatz. Textination sprach mit Andreas und Patrick Kielholz über innovative Produktlösungen, die Bedeutung von Familienunternehmen in der heutigen Zeit, Traditionen und Innovationen, Herausforderungen und den Mut zum Scheitern, Flugzeugbau, die Automobilwirtschaft, Medizintechnik und Taucheranzüge.

Ein dynamisches Familienunternehmen als zukunftsorientierter Lösungspartner für Hightech-Elastics
 
Zusammen rund 32 Mrd. € Umsatz erzielen die verschiedenen Sparten der deutschen Textil- und Modeindustrie jährlich. Von den ca. 1.400 Unternehmen ist die weit überwiegende Zahl mittelständisch geprägt.
Speziallösungen Made in Germany sind gefragt. Die Bedeutung technischer Textilien wächst seit Jahren – ebenso wie deren Anteil am Umsatz. Textination sprach mit Andreas und Patrick Kielholz über innovative Produktlösungen, die Bedeutung von Familienunternehmen in der heutigen Zeit, Traditionen und Innovationen, Herausforderungen und den Mut zum Scheitern, Flugzeugbau, die Automobilwirtschaft, Medizintechnik und Taucheranzüge.


Die Geschichte des heutigen Unternehmens „JUMBO-Textil GmbH & Co. KG“ reicht zurück ins letzte Jahrtausend. 1909 in Wuppertal gegründet, haben Sie die Produktion reiner Meterware für die Wäscheindustrie hinter sich gelassen und sind inzwischen ein gefragter Kompetenzpartner für Hightech-Lösungen bei Schmaltextilien. Auf welche Industrien konzentrieren Sie sich bei der Entwicklung Ihrer technischen Textilien?

Andreas Kielholz: JUMBO-Textil konzentriert sich auf besondere Kompetenzen im Bereich der Schmaltextilien und nicht auf besondere Branchen. Wir produzieren Schmalgewebe, Schmalgeflechte und Gewirke. In diesen drei Feldern spielen wir unsere besonderen Kompetenzen aus: Elastics, Individuallösungen und individuell konfektionierte Bauteile in Verbindung mit nichttextilen Komponenten. Es gibt natürlich eine langjährige intensive Zusammenarbeit beispielsweise mit Kunden aus der Automotive-Branche, so gesehen ist JUMBO-Textil auch ein „Innenraum-Experte“. Das bedeutet aber keine Konzentration auf eine bestimmte Branche. Im Gegenteil: Mit Blick auf Branchen sind wir sehr breit aufgestellt. Es öffnen sich immer wieder neue Felder; zuletzt haben wir mit speziell für Babys und Kleinkinder entwickelten Textilien die Spielzeug-Industrie und mit hautfreundlichen Elastics die Medizintechnik mit schmaltextilen Lösungen versorgt.

 
Stichwort Elastics – wie kam es zu der Spezialisierung?

Patrick Kielholz: Bereits in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts begann die Spezialisierung auf elastische Schmaltextilien. In unserem Eingangsbereich steht eine der ersten Spezial-Flechtmaschinen, die dafür angeschafft wurde. Sie ist etwa 100 Jahre alt. Eine richtungsweisende Entscheidung: Sie hat den Schritt von den Bekleidungstextilien zu den technischen Textilien, der – viele Jahre später – überlebenswichtig wurde, wenn nicht möglich gemacht, dann doch zumindest erheblich vereinfacht.

 
Was zeichnet Elastics aus? Warum ist die Eigenschaft für technische Textilien so wichtig?

Andreas Kielholz: Technische Textilien sind bekanntlich Textilien, die für eine bestimmte technische Funktion entwickelt werden. Sie müssen, wenn man so will, etwas können: eine Last sichern, eine Öffnung abdichten, vor Hitze schützen ... Viele dieser industriellen Funktionen können nur mit elastischen Textilien erfüllt werden – von Einsätzen im Flugzeugbau über Schutzanzüge für Taucher bis zu Textilien in der Medizin. Oft ist es gerade das spezifische, hochpräzise definierte Kraft-Dehn-Verhältnis, das den Einsatz in solch extremen, höchst anspruchsvollen Anwendungen möglich macht. Innovative Fasern werden bei uns an hochmodernen, digital gesteuerten Anlagen gefertigt und veredelt. So erreichen wir bei den Dehneigenschaften höchste Präzision und Sicherheit und produzieren mit Hochleistungsfasern ein textiles Hightech-Produkt für extreme, oft individuell angefragte technische Anforderungen.


Und wie sieht Ihr Produktportfolio für Ihre Kunden insgesamt aus?
          
Patrick Kielholz: Das Spektrum reicht von Webbändern und Gurten über Flechtlitzen, Flechtschläuche und Flechtkordeln bis zu Netzen – in allen Breiten, aus zahlreichen Rohstoffen und mit spezifischen, auch anspruchsvollen Eigenschaften, Besonderheiten, Konfektionierungen. Als Lösungspartner begleiten wir Kunden oft von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt.
Die Bedeutung von Schmaltextilien als Bauteil wächst zusehends. Da sie sehr leicht, sehr leistungsfähig und dabei sehr leise sind, kommen sie immer häufiger als Alternative zu Bauteilen aus anderen Materialien zum Einsatz. Die Anforderungen an die Textilien wachsen mit ihren Aufgaben: Ihre Spezifikationen werden immer präziser, die Toleranzen immer enger. Im Automotive-Bereich und bei Schutzausrüstungen etwa spielen Brandschutzanforderungen eine wichtige Rolle. Wir haben erste Erfolge mit Schmaltextilien, die permanent flammhemmend sind. Aktuell bedienen wir viele Anfragen für Fitnessbänder mit höchst präzise definiertem Kraft-Dehn-Verhältnis. Auch auf die Nachhaltigkeitsfrage antworten wir mit unserem Portfolio: Wir arbeiten immer häufiger an Projekten mit recycelten Materialien oder recycelbaren Produkten. Diese Entwicklung ist eingebettet in eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie, mit der wir uns – auch im Zusammenhang mit der Neubauplanung unseres Schwesterunternehmens vombaur GmbH & Co KG – übergreifend für die gesamte Gruppe beschäftigen.

 
Was hat den Entwicklungsprozess des Unternehmens von rund 110 Jahren besonders beeinflusst? Gab es einschneidende Richtungswechsel oder Entscheidungen?

Andreas Kielholz: In den 70er-Jahren haben wir unser Angebot enorm verbreitert, indem wir technische Schmaltextilien nicht mehr nur für die Bekleidungsindustrie produziert haben, sondern für alle Branchen. Gleichzeitig haben wir uns weiter spezialisiert – auf Elastics. Das ist kein Widerspruch: Wir setzten das um, was wir besonders gut können, das aber für alle Industrien.
In der jüngeren Unternehmensgeschichte haben wir mit unserem Neubau 2016 einen starken Schub gemacht. Es wurden optimale Produktionsbedingungen geschaffen. Mit einer Vielzahl neuer Produktionsanlagen sind wir auf dem neuesten Stand der Technik und hoher Produktionskapazität. Das Umfeld wirkt sich auch auf unser Team aus. Man spürt, hier wird gerne gearbeitet. Anfang 2019 haben wir wieder eine wichtige strategische Weiche gestellt, als wir unsere Kompetenzen mit der vombaur GmbH & Co KG unter dem Dach der Textation Group GmbH & Co. KG gebündelt haben.
 

Die zwei Traditionsunternehmen für anspruchsvolle Hightech-Schmaltextilien bleiben als Unternehmen und Marken eigenständig. Warum haben Sie sich für diesen Schritt entschieden, wie ist die Resonanz des Marktes und was können Sie anderen Produzenten in Sachen Partnerschaften empfehlen?

Andreas Kielholz: Wir haben als Schwesterunternehmen sehr gute Erfahrungen gemacht: Wissenstransfer, Messe-Auftritte, Digitalisierungsworkshops – die Partnerschaft ist in vielfacher Hinsicht fruchtbar. Aber – anders als im echten Leben – konnten wir uns unsere Schwester ja auch aussuchen. Die Partnerunternehmen müssen zusammenpassen. Klar, darauf muss man achten. Sie sollten Gemeinsamkeiten haben, ohne exakt dasselbe zu tun. Denn wenn sie einander zu ähnlich sind, besteht die Gefahr der Konkurrenz, bis hin zur Kannibalisierung einer der Marken.
Unser Konstrukt wird von unseren Marktbegleitern als gute und elegante Lösung wahrgenommen. Wir könnten für den ein oder anderen als Vorbild dienen. Vielleicht erweitern wir unseren Kreis in den nächsten Jahren auch noch. Offen dafür sind wir. Und auch bei den Kunden kommt unser Schritt positiv an. Neben all den anderen positiven Effekten lassen sich auch Nachfolge-Fragen in der Gruppe leichter lösen. Wir zeigen damit Zukunftsperspektive und Sicherheit.
 

In der mittelständischen Textilindustrie wurden und werden Unternehmen von Menschen geprägt – Gründerpersönlichkeiten, Inhaber/innen, Familien, die die textile Tradition und Innovation leben. Welche Eigenschaften sind es Ihrer Meinung nach, die Menschen mitbringen müssen, um in unserer nischenorientierten deutschen Industrie erfolgreich zu sein?

Andreas Kielholz: Erfolgreich und prägend sind Menschen mit Neugier und Zugkraft. Menschen, die gerne Neuland erkunden, zunächst im Denken und dann konsequent in der Umsetzung. Man sollte andere bei diesen Erkundungen begeistern können. Außerdem den Markt genau beobachten und entsprechend agieren, also den Status quo immer wieder hinterfragen. Selbstkritik ist deshalb auch wichtig: Ist unser Weg noch richtig? Erfüllen wir unseren Anspruch? Um als Unternehmen voranzukommen, muss man unermüdlich nicht nur im, sondern auch am Unternehmen arbeiten.     

Patrick Kielholz: Es kommt darauf an, Veränderungen zu erkennen und als Chance zu begreifen, nicht als Bedrohung. Da stimme ich voll zu. Die Idee jedoch, dass es die eine Gründerpersönlichkeit, der eine Inhaber und somit einzelne Personen sind, die ein Unternehmen erfolgreich machen, möchte ich stark in Frage stellen. Wir leben in einer sehr komplexen und schnelllebigen Welt, die von einer einzelnen Person nicht überblickt und begriffen werden kann. Verstehen Sie mich nicht falsch, großartige Ideen können von Einzelpersonen kommen und einem Unternehmen zum Erfolg verhelfen. Aber darauf dürfen wir uns nicht verlassen. Ein Unternehmen muss heute so geführt werden, dass Ideen von divergenten Teams entwickelt werden. Es ist ein Umfeld zu schaffen, das jeder Person die Möglichkeit gibt, etwas zu bewegen. Eine Führungsperson muss es also verstehen, funktionierende Teams zu entwickeln.
 

Herr Kielholz sen., Sie sind geschäftsführender Gesellschafter der JUMBO-Textil GmbH & Co. KG und einer der Geschäftsführer der vombaur GmbH & Co KG. Seit gut zwei Jahren haben Sie Ihren Sohn Patrick als  Business Development Manager von JUMBO-Textil an Ihrer Seite. Wie kam es dazu? Haben Sie Ihren Sohn ermutigt, in Ihre Fußstapfen zu treten?

Andreas Kielholz: Nicht ausdrücklich. Meine Söhne – es gibt noch Kevin, den Bruder von Patrick – hatten in ihrer Kindheit und Jugend viel Freiraum. Es war beiden immer freigestellt, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Bei ihrer schulischen Ausbildung und im Studium habe ich versucht, alles vertrauensvoll zu unterstützen. Erziehung hat viel mit vorleben zu tun. Ich hatte immer viel Freude an meinem Tun, auch wenn es nicht immer einfach war. Diese Freude haben die beiden jeden Tag erlebt – und so mag ich sie implizit ermutigt haben.  
Dass Patrick jetzt dabei ist, sehr gute Arbeit leistet und schon viel Verantwortung trägt – darüber freue ich mich natürlich sehr. Er ist für mich ein gutes, vertrauensvolles Korrektiv, denn manches kann er besser als ich. Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch Kevin nach Abschluss seines technischen Studiums zu uns stößt.
 

Sie, Herr Kielholz jun., haben Ihr Studium mit einer Masterarbeit zu Familienunternehmen abgeschlossen. Wie beurteilen Sie die Zukunft von Familienunternehmen in einer globalen Textilindustrie allgemein? Und wo sehen Sie hier JUMBO-Textil?

Patrick Kielholz: Familienunternehmen sind in der Regel Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lange an ihr Unternehmen binden – durch eine familiäre Arbeitsumgebung und eine Unternehmenskultur, die Vertrauen schafft. Dazu gehören unter anderem Werte, die den jüngeren Generationen wichtig sind. Statussymbole verlieren an Bedeutung. So kann ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, in dem hoch innovativ und flexibel gearbeitet werden kann – wenn es nicht durch eine zu patriarchalische Struktur verhindert wird. Daran können Familienunternehmen meist noch arbeiten. Wir versuchen, in der Textation Group mit JUMBO-Textil und vombaur ein solches innovationsfreudiges Umfeld zu schaffen und so in Zukunft der beste Lösungspartner für Schmaltextilien zu sein.
 

Sie fertigen ausschließlich am Standort Deutschland. Warum? Sind Sie nie in Versuchung geraten, von einem niedrigeren Lohnniveau in anderen Ländern zu profitieren?

Andreas Kielholz: Wir positionieren uns als hoch qualifizierter Lösungspartner und wollen unseren Kunden exzellente Expertise auf dem Gebiet der Schmaltextilien liefern. Das können wir am besten in einem Land mit sehr guten Aus- und Weiterbildungschancen. Das ist für uns der Standort Deutschland. Natürlich arbeiten wir auch arbeitsteilig mit eng angebundenen Partnern in Osteuropa.
 

Maßgeschneidert statt Lösungen für Großkunden: Das Thema Individualisierung bis zur Losgröße 1 nimmt heute einen breiten Raum ein. Am neuen Standort in Sprockhövel haben Sie erheblich in innovative Produktionstechnik investiert. Wie stehen Sie zu individuellen Produktlösungen, und in welchen Anwendungsbereichen haben Sie diese bereits erfolgreich umgesetzt?
     
Andreas Kielholz: Wir produzieren keine Maßanzüge, sondern Meterware. Losgröße 1 – das hat bei uns eine spezielle Bedeutung: Wir entwickeln im Austausch mit unseren Kunden für ein Projekt – einen Autositz in einem Geländewagen, eine Laufkatze an einem Kran, ein Exoskelett, einen Baby-Greifring, ganz gleich – wir entwickeln also für dieses eine Projekt ein textiles Bauteil. Individuell spezifiziert für die jeweilige konkrete Anwendung und ihre Anforderung – also etwa mit Blick auf Dehnfähigkeit, Temperaturbeständigkeit, Hautfreundlichkeit usw. Alle Eigenschaften des Textils wer-
den individuell konfiguriert. Und dann wird es in der erforderlichen Menge produziert. Das ist durchaus eine maßgeschneiderte Lösung. Wenn also das Kundenprojekt der Maßanzug ist, dann ist „Individualisierung bis zur Losgröße 1“ bei uns Tagesgeschäft. Denn das ist es, was wir tun.
 

Was braucht es für solche Lösungen?

Patrick Kielholz: Ein enger Austausch ist für solche Individuallösungen wichtig, aber auch genaues Branchenwissen und Kenntnis der jeweils geltenden Normen. Manche Kunden unterstützen wir bis zur Produktanmeldung und Beratung in Sachen Technische Lieferbedingungen und Dokumentation. Know-how und Erfahrung gehen für Individuallösungen über textiltechnisches Fachwissen weit hinaus. Entscheidende Basis ist dabei, das Produkt des Kunden, den Herstellungsprozess und seinen Anwendungszweck zu verstehen. Wir wollen eine vollständige Lösung bieten, die dem jeweiligen Kundenunternehmen den größten Nutzen liefert. Das beginnt mit der Auswahl des Rohmaterials und endet mit der Nutzung durch die Endverbraucher.


Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten – und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben?

Andreas Kielholz: Die mutigen Entscheidungen zum Neubau von JUMBO-Textil, der unternehmerische Zusammenschluss mit vombaur und der auch hier geplante Neubau zählen dazu – und: meinen Sohn mit ins Executive Board eingebunden zu haben. Er bringt eine neue, andere Perspektive mit ins Unternehmen, die uns enorm bereichert. Außerdem macht es mir einfach Freude. Wer sieht schon täglich seine erwachsenen Kinder?

Patrick Kielholz: Ja, das brauchte Mut zum Scheitern. (lacht) Im Ernst: Nicht jedes Ergebnis einer Entscheidung lässt sich so fix datieren wie die Inbetriebnahme unseres Neubaus. In manchen Prozessen stecken wir gerade mittendrin. Die Digitalisierung etwa haben wir früh begonnen, abgeschlossen wird sie ganz sicher nie sein. Sie hat unendlich viele Facetten – von der Materialwirtschaft über die Produktentwicklung, die Qualitätssicherung bis zu den internen und externen Prozessen. Ein unglaublich dynamisches Thema, das sich ständig weiterentwickelt und neue Verbesserungspotenziale eröffnet. Da braucht es kluge Menschen, die im Team die Themen voranbringen wollen, sonst hinkt man hinterher, statt voranzuschreiten. Das Gleiche gilt in Sachen Nachhaltigkeit – auch ein Thema, das nicht wie so oft als ungewolltes Übel, sondern als Chance betrachtet werden muss.

Andreas Kielholz: Das ist der springende Punkt: Es kommt darauf an, als Unternehmen durch solche Mega-Themen nicht getrieben zu werden, sondern die Entwicklung selbst aktiv voranzutreiben.
 

Welche Bedeutung spielt der Nachhaltigkeitsgedanke bei unternehmerischen Entscheidungen? Welche Zertifizierungen nutzen Sie und wo gehen Sie über gesetzliche Vorgaben hinaus?

Andreas Kielholz: Unser Qualitätsmanagementsystem ist nach der IATF 16949:2016 zertifiziert, eine von der Automotive-Industrie entwickelte Erweiterung der ISO 9001. Außerdem wurden wir mit der Formel Q Fähigkeit nach der kundenspezifischen Zertifizierung der VW Group mit einem Ergebnis von 95 % ausgezeichnet. Im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit sind wir zertifiziert nach der Umweltschutzmanagement-Norm ISO 14001:2015. Zahlreiche unserer Produkte erfüllen das OEKO-TEX® Zertifikat Produktklasse I. Darüber hinaus stehen wir ausdrücklich zu dem Anspruch, Menschenrechte, Arbeits-, Sozial- und Ökologiestandards in den wirtschaftlichen Wertschöpfungsprozessen durchzusetzen, wie sie im Code of Conduct der deutschen Textil- und Modeindustrie formuliert sind.

Patrick Kielholz: Auch hier übrigens zeigt sich ein Spezifikum von Familienunternehmen. Die Ansprüche an das Unternehmen und die Werte, für die es steht, sind sehr viel stärker persönliche Ansprüche. Die Menschen müssen und möchten sich auch als Person an diesen Ansprüchen messen lassen. Sie können und wollen sich nicht in der Anonymität von Aktiengesellschaften wegducken. Ein Familienunternehmer ist mit den Stakeholdern seines Unternehmens auch persönlich verbunden und hat deshalb ein stärkeres Interesse, soziale, ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu verfolgen.


Wie sehen Sie die Bestrebungen anderer Staaten, beispielweise Chinas, sich dem Thema Nachhaltigkeit zunehmend zu widmen? Wird damit künftig ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal im Vergleich Europa – Asien entfallen?

Andreas Kielholz: Das Thema Nachhaltigkeit ist noch nicht an seinem Peak angekommen, sprich: Die Nachfrage wird auch hier weiter steigen. China wird stärker, aber auch Europa arbeitet daran, seine Vorreiterrolle nicht zu verlieren. Die verstärkte Nachfrage und der Wettbewerb werden uns allen nutzen, insbesondere den agilen Unternehmen.
 

Die COVID19-Pandemie hat auch in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein knappes Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf, für welche Unterstützung sind Sie dankbar und wo haben Sie sich allein gelassen gefühlt?

Andreas Kielholz: Dadurch, dass wir uns den Anforderungen früh gestellt haben und – dank unseres zeitnahen, vielschichtigen Controllings – immer wissen, wo wir stehen, konnten wir schnell anpassen. So sind wir weitgehend gut durch die Krise gekommen. Die neu entwickelten Arbeitsformen – mobiles Arbeiten und Video-Konferenzen, teilweise auch inhouse – werden ergänzend Bestand haben. Auch in der Digitalisierung und in den neuen Medien sind wir deutlich weitergekommen.

     
Wenn Sie jemandem, der JUMBO-Textil nicht kennt, abschließend Ihr Unternehmen in 100 Wörtern vorstellen müssten: Was würden Sie sagen? Was macht Sie unverwechselbar?

Patrick Kielholz: JUMBO-Textil ist Lösungspartner – im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns stehen immer unsere Kunden. Für sie und ihre Projekte entwickeln und fertigen wir anspruchsvolle technische Schmaltextilien: präzise, passgenau und Made in Germany.

Andreas Kielholz: So viele Wörter brauche ich gar nicht: Höchste Qualitätsstandards, intensive Kundenbeziehung, Zuverlässigkeit und einzigartige Elastics-Expertise.

Patrick Kielholz: Das waren acht. (lacht)

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

 

Grafik: Pixabay
12.01.2021

Ostdeutsche Textil- und Bekleidungsbranche verzeichnet 2020 deutliches Umsatzminus

  • vti fordert Beschaffer von Gesundheitstextilien zu verstärkter Order bei heimischen Herstellern auf
  • Ostdeutsche Textil- und Bekleidungsbranche begegnet Corona-Krise mit neuen Ideen und Produkten
  • Bekleidungssektor stärker betroffen als Textilsparte

Der Verband der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e. V. (vti) fordert Entscheider in Politik und Behörden sowie in Klinik und Pflege auf, künftig weit mehr Gesundheitsschutz-Textilien bei heimischen Herstellern zu ordern als bisher. „Das wäre ein folgerichtiger Schritt zu zukunftsorientiertem, nachhaltigem Wirtschaften – und dies zudem in einer außergewöhnlich harten Krisensituation. Wir vermitteln gern entsprechende Kontakte zu unseren Firmen“, betonte Dr.-Ing. Jenz Otto, Hauptgeschäftsführer des in Chemnitz ansässigen Branchenverbandes, während einer Online-Pressekonferenz am 8.

  • vti fordert Beschaffer von Gesundheitstextilien zu verstärkter Order bei heimischen Herstellern auf
  • Ostdeutsche Textil- und Bekleidungsbranche begegnet Corona-Krise mit neuen Ideen und Produkten
  • Bekleidungssektor stärker betroffen als Textilsparte

Der Verband der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e. V. (vti) fordert Entscheider in Politik und Behörden sowie in Klinik und Pflege auf, künftig weit mehr Gesundheitsschutz-Textilien bei heimischen Herstellern zu ordern als bisher. „Das wäre ein folgerichtiger Schritt zu zukunftsorientiertem, nachhaltigem Wirtschaften – und dies zudem in einer außergewöhnlich harten Krisensituation. Wir vermitteln gern entsprechende Kontakte zu unseren Firmen“, betonte Dr.-Ing. Jenz Otto, Hauptgeschäftsführer des in Chemnitz ansässigen Branchenverbandes, während einer Online-Pressekonferenz am 8. Januar 2021.  „Wir verstehen die Kaufzurückhaltung bei Gesundheitstextilien nicht, obwohl der Bedarf riesig ist. Ebenso unverständlich ist, weshalb noch immer keine nennenswerten Aufträge aus Behörden eingehen. Die Bundesregierung hatte bereits mit ihrem Konjunkturpaket im Frühjahr angekündigt, 1 Milliarde Euro für eine nationale Epidemie-Reserve für persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen. Auch die Länder sollten diesbezüglich aktiv werden und sich bevorraten. Wir erwarten dringend die seit langem angekündigten Ausschreibungen für die Ausstattung der Pandemie-Reservelager. Wichtig ist, dass nicht allein der Einkaufspreis zum Maß der Dinge erhoben wird. Entscheidend für die Sicherheit der Bevölkerung sind vielmehr Kriterien wie normgerechte Qualität, nachvollziehbare Lieferketten, die Möglichkeit bedarfsgerechter Nachorder und die Mehrfachnutzung von Textilien.“

Als zu Jahresbeginn 2020 weltweit Lieferketten zusammenbrachen, hatten sich sowohl Behörden als auch viele Pflege- und Gesundheitseinrichtungen mit der Bitte um Hilfe an Textilfirmen gewandt. Viele Hersteller brachten kurzfristig sowohl Alltagsmasken als auch im Gesundheitswesen verwendbare Schutztextilien auf den Markt. „Dazu gehören hoch wirksame bakterien- und virenabweisende Mehrweg-Erzeugnisse, die ein effektives Textilmanagement im Gesundheitswesen ermöglichen und zugleich dem Anwachsen der dortigen Einweg-Müllberge vorbeugen“, erläuterte vti-Vorstandsvorsitzender Thomas Lindner, Geschäftsführer der Strumpfwerk Lindner GmbH, Hohenstein-Ernstthal: „Als später die Billigimporte aus Asien wieder einsetzten, ließ das Interesse jedoch deutlich nach. Dennoch haben zahlreiche Unternehmen weiter in neue Technik investiert und ihre Produktion entsprechend ausgerichtet. Beispielsweise sind an mehreren Standorten vollkommen neue Linien für die Produktion von sterilem Mund-Nasen-Schutz entstanden. Nicht zu vergessen: Die sehr teuren Prüfprozeduren für Medizin- und Gesundheitstextilien stellen für uns Mittelständler eine große Herausforderung dar; außerdem gibt es in Deutschland nach wie vor zu wenige akkreditierte Test- und Zertifizierungsstellen.“ Dass sich die Unternehmen in diesem rasanten Tempo auf die neuen Anforderungen einstellen konnten, sei vor allem möglich gewesen, da rund 30 heimische Firmen und Forschungsinstitute bereits seit mehreren Jahren in dem vom vti gesteuerten und vom Freistaat Sachsen unterstützten Gesundheitstextilien-Netzwerk „health.textil“ zusammenwirken. Dieser Verbund kooperiere eng mit Praxispartnern wie dem Universitätsklinikum Dresden und den Elblandkliniken Meißen. Mittlerweile habe er seine vielfältigen Aktivitäten auf Industrie-, Forschungs- und Anwendungspartner im benachbarten Tschechien ausgedehnt. www.healthtextil.de

CO2-Besteuerung bringt mittelständischen Firmen Wettbewerbsnachteile
Zum permanent aktuellen Thema Energiewende in Deutschland verwies vti-Hauptgeschäftsführer Dr.-Ing. Jenz Otto darauf, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für mittelständische Produzenten mit Einführung der CO2-Besteuerung inmitten der gegenwärtigen Krise weiter massiv verschlechtern: „Die dafür aufzuwendenden finanziellen Mittel fehlen dann für Investitionen in innovative Produkte und umweltfreundliche Herstellungsverfahren. Außerdem erleiden unsere Firmen erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz.“ Björn-Olaf Dröge, Geschäftsführer des rund 100 Mitarbeiter zählenden Textilveredlungsunternehmens pro4tex GmbH, Niederfrohna, berichtete, dass sich die von seiner Firma zu entrichtende Abgabe für Erneuerbare Energien auf jährlich rund eine Viertelmillion EUR summiert: „Nun kommt die CO2-Abgabe für unseren Erdgasverbrauch noch obendrauf. Für 2021 rechnen wir mit nahezu 70.000 Euro Mehrbelastung.“

vti zur aktuellen Situation in der ostdeutschen Branche
Die ostdeutsche Textil- und Bekleidungsindustrie verzeichnete bereits 2019 einen deutlich rückläufigen Umsatz. Dieser Trend setzte sich 2020 fort und wurde durch die beginnende Corona-Krise verstärkt. Der vti geht auf Basis vorläufiger Schätzungen davon aus, dass der Gesamtumsatz der Branche per Jahresende 2020 um über 11 Prozent unter dem des Vorjahres liegt, wobei der Bekleidungssektor mit einem Rückgang um 35 Prozent weit stärker betroffen ist als die Textilsparte. In ähnlicher Größenordnung schrumpften die für die Branche außerordentlich wichtigen Exporte. Der Beschäftigungsabbau fiel bislang relativ moderat aus, da viele Firmen die Kurzarbeiterregelungen nutzen und versuchen, ihre Stammbelegschaften zu erhalten. Lichtblicke für 2021 sieht der vti bei den Technischen Textilien, die in den vergangenen Wochen - insbesondere aus der Fahrzeugindustrie - wieder stärker nachgefragt wurden.

Von den rund 16.000 Beschäftigten sind 12.000 in Sachsen und 2.500 in Thüringen tätig. Damit gehört diese Region neben NRW, Baden-Württemberg und Bayern zu den vier großen deutschen Textilstandorten. Sie verfügt über moderne Spinnereien, Webereien, Strickereien, Wirkereien, Vliesstoffhersteller, Stickereien, Veredelungsbetriebe und Konfektionäre sowie über leistungsfähige Forschungs- und Bildungseinrichtungen.  

Weit mehr als die Hälfte des Umsatzes der ostdeutschen Textil- und Bekleidungsbranche entfiel bislang auf die Technischen Textilien, gefolgt von den Heimtextilien mit rund 30 Prozent und dem Bekleidungssektor mit zirka 10 Prozent.  Der vti wirkt als Interessenvertreter auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene, als Tarif- und Sozialpartner sowie als Dienstleister für seine rund 160 Mitgliedsunternehmen.

Carl Meiser GmbH & Co. KG (c) Carl Meiser GmbH & Co. KG
06.10.2020

Experten im Bereich Antimikrobielle Ausrüstung mittels Beschichtungen: Nopma - Technische Textilien von der Schwäbischen Alb

Die Carl Meiser GmbH & Co. KG - Anfang der 50er Jahre als Wäschehersteller gestartet, hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem Spezialisten im Bereich der technischen Textilien weiterentwickelt.
Mit seiner Marke nopma Technische Textilien ist das Unternehmen Entwickler und Produzent textiler Problemlösungen durch Beschichtungen. Schwerpunkte sind nopma antirutsch - Textilien mit antirutsch-Wirkung, nopma adhesion - klebstoffvorbeschichtete Folien, Abstandsgewirke und Substrate zur Kaschierung im Automotive Interieur, nopma ceramics - abrasive resistentere textile Oberflächen und nopma silicones - Silikonbeschichtungen auf textilen Oberflächen.

Textination sprach mit dem Geschäftsführer, Jens Meiser, der 2005 ins Unternehmen eintrat, den Geschäftsbereich neu ausrichtete und zum Service-Dienstleister ausbaute, über seine Pläne und Ziele.

Die Carl Meiser GmbH & Co. KG - Anfang der 50er Jahre als Wäschehersteller gestartet, hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem Spezialisten im Bereich der technischen Textilien weiterentwickelt.
Mit seiner Marke nopma Technische Textilien ist das Unternehmen Entwickler und Produzent textiler Problemlösungen durch Beschichtungen. Schwerpunkte sind nopma antirutsch - Textilien mit antirutsch-Wirkung, nopma adhesion - klebstoffvorbeschichtete Folien, Abstandsgewirke und Substrate zur Kaschierung im Automotive Interieur, nopma ceramics - abrasive resistentere textile Oberflächen und nopma silicones - Silikonbeschichtungen auf textilen Oberflächen.

Textination sprach mit dem Geschäftsführer, Jens Meiser, der 2005 ins Unternehmen eintrat, den Geschäftsbereich neu ausrichtete und zum Service-Dienstleister ausbaute, über seine Pläne und Ziele.

1952 gegründet, hat sich die Carl Meiser GmbH & Co.KG von einem Tag- und Nachtwäschehersteller zu einem Innovationstreiber im Bereich technischer Textilen gewandelt, der sich als Spezialist für kunststoffbasierende Beschichtungsverfahren präsentiert. Wenn Sie sich jemandem, der das Unternehmen nicht kennt, in 100 Worten vorstellen müssten: Was hat Sie in diesem Entwicklungsprozess besonders beeinflusst, und was macht Sie unverwechselbar?
Innovation is the new normal – Dies gilt für die Textilindustrie nicht erst seit Sars CoV-2. Unsere Industrie wurde Anfang der 90er Jahre als eine der ersten disruptiert und unterliegt seit jeher ständigem Wandel. Dieser überlebensnotwenige Drang nach Weiterentwicklung prägt uns intensiv und hat es uns ermöglicht, in den letzten Jahren große Innovationssprünge zu machen.

Heute verstehen wir uns als innovativer Entwicklungs- und Produktionsdienstleister mit dem Schwerpunkt der Textilbeschichtung. Wir entwickeln und produzieren fast ausschließlich kundenspezifische Speziallösungen.

Durch die Kombination von Beschichtungen auf Textilien erhalten diese hybriden Wertstoffe ganz neue Eigenschaften.

Sie fertigen ausschließlich am Standort Deutschland. Warum? Sind Sie nie in Versuchung geraten, Niederlassungen in anderen Ländern zu gründen, um beispielsweise von einem niedrigeren Lohnniveau zu profitieren?
Wir beliefern heute von unserem Stammsitz in Süddeutschland globale Lieferketten. Zwar produzieren wir damit in einem Hochlohnland, viel wichtiger für uns sind jedoch Know-How und der Drang unseres Teams, Neues zu schaffen. Globalisierung wird auch zukünftig der Schlüssel zum Erfolg sein. Aus diesem Grund wird es für uns mittel- bis langfristig interessant, auch mit Niederlassungen in Nordamerika und Asien vor Ort zu sein. Noch ist dies jedoch zu früh für uns.

Sie nutzen in Ihrem Unternehmen intensiv KVP- und Kaizen-Techniken. Wie kam es zu einem japanischen Konzept auf der Schwäbischen Alb?
KAIZEN, der Wandel zum Besseren, sind eigentlich deutsche Tugenden. Der Drang, Dinge zu verbessern und zu optimieren, steckt in uns allen. Durch den kontinuierlichen Verbesserungsprozess bleiben wir nicht stehen und entwickeln uns ständig weiter. Und dann ist da noch die persönliche Affinität zu Japan. Ein Blick auf eine andere Kultur öffnet einfach den Horizont. Und wenn man dann noch Parallelitäten in der Arbeitsmethodik erkennt, ist dies umso besser.

Vor nunmehr 10 Jahren haben Sie sich neuen Märkten zugewandt: Aviation, Automotive, Protection, Caravan und Möbelbau, um nur einige zu nennen. Einige dieser Segmente sind unter der Covid-19-Pandemie signifikant eingebrochen. Welche Marktentwicklung erwarten Sie mittelfristig und welche Konsequenzen wird das für Ihr Unternehmen haben
Natürlich haben zum Beispiel die Aviation oder Automotive Industrie substanzielle Probleme in oder durch die Covid-19-Pandemie. Ganz ehrlich sind viele dieser Probleme aber auch schon vorher vorhanden gewesen, wurden nur wie durch einen Brandbeschleuniger weiter verschärft. Natürlich treffen uns diese Einbrüche auch ökonomisch hart. Jedoch verfolgen wir langfristige Ziele. Als Mittelständler muss man die Resilienz haben, seinen Weg weiter zu beschreiten. Durch unsere Spezialisierung und durch unseren Branchensplit, den wir jeden Tag vorantreiben, schaffen wir es, uns immer weiter von konjunkturellen Entwicklungen in einzelnen Branchen abzukoppeln. Dies bietet für unsere Kunden den großen Vorteil, einen sehr stabilen Partner mit langfristiger Ausrichtung zu haben.

Für die Zukunft sind wir optimistisch. Die Megatrends Nachhaltigkeit, Digitalisierung und weiterhin Globalisierung werden dazu führen, dass es auch in den oben genannten Brachen, wie in vielen anderen auch, wieder neue Geschäftsmodelle gibt und es zu erneutem Wachstum kommen wird. Unsere Beschichtungen auf Textilien und flexiblen Bahnwaren können dazu eine Vielzahl von Lösungen beisteuern. Wenn Materialien zum Beispiel leichter werden bei identischen Gebrauchseigenschaften oder durch den Einsatz von Biodegradable-Kunststoffen plötzlich biologisch abbaubar sind, ergeben sich viele neue Chancen.

Maßgeschneidert statt Lösungen für Großkunden: Das Thema Individualisierung bis zur Losgröße 1 nimmt heute einen breiten Raum ein. 2015 haben Sie ein großes Entwicklungslabor in Betrieb genommen, in dem Sie verschiedenste Prüftechnologien für Textilien und Kunststoffe vorhalten. Wie stehen Sie zu individuellen Produktlösungen, und in welchen Anwendungsbereichen haben Sie diese erfolgreich umgesetzt?
Prinzipiell kennen wir keine Standards. Wir leben Individualisierung bei geringstmöglichen Losgrößen. In unserem Bereich schaffen wir nicht die Losgröße 1, beginnen aber bereits ab MOQs von 300 lfm bei prozesssicherer Serienfertigung. Wir haben nur sehr wenige fertige Produkte, und vor allem haben wir keine Kollektionen. Unser Entwicklungslabor ist hierzu der Schlüssel. Wir haben die Möglichkeiten, zusammen mit unseren Kunden sehr schlanke Entwicklungsprozesse zu realisieren. Bereits im Labormaßstab können wir innerhalb weniger Stunden neue Produkte entwickeln und prüfen. Die Skalierung in die Fertigung streben wir dann bereits sehr früh an, um Serienergebnisse zu erhalten. Damit bieten wir unseren Kunden eine Geschwindigkeit und Schlagkraft, die ein besonderes Potential für unsere Partner darstellen.

Sie erfassen wichtige Einsatzfaktoren im Produktionsprozess und werten sie in monatlichen Umweltanalysen aus. Welche Faktoren sind dies konkret und inwiefern haben deren Analysen den Produktionsbetrieb bereits verändert? Wie definieren Sie Umweltmanagement für Ihr Unternehmen
Umweltmanagement bedeutet für uns einen ganzheitlichen Ansatz. Prinzipiell betreiben wir Produktionsaggregate und stellen Produkte her, die viele Ressourcen verbrauchen. Durch die hohen Produktionsmengen kumuliert sich dies weiter. Aus diesem Grund ist es für uns selbstverständlich, dass wir unsere Input- und Output-Ströme erfassen, auswerten und davon Maßnahmen ableiten. Dies ist ökonomisch sinnvoll, ist aber auch durch unsere Verantwortung für unser Umfeld geboten. Konkret sind dies energetische Verbrauchswerte, Verbrauchsdaten von Primärchemie, Stromlastspitzen, unser Co2-Fußabdruck, um nur einige wenige zu nennen. Diese Betrachtung hat uns in vielen Bereichen verändert. Heute betreiben wir ein Kraftwerk mit Gas-Brennwerttechnologie, unsere freien Dachflächen sind begrünt oder tragen Photovoltaikmodule, wir bieten unseren Mitarbeitern und Besuchern Elektrotankstellen an, und zuletzt haben wir die gesamte Stromversorgung unserer Fabrik auf umweltfreundliche Wasserkraft umgestellt.

Mit nopma bauen Sie seit mehreren Jahren eine Marke für den Bereich Technische Textilien auf und kommunizieren diese über eine eigene Website parallel zur Carl Meiser GmbH & Co. KG. Wie kam es zu diesem Markennamen und welches Produktportfolio steckt dahinter
Dies ist der Name eines ersten technischen Textilprodukt aus den 1990er Jahren. Es handelte sich um ein mit Punkten beschichtetes Textil. Noppen auf Maschenware. NOPMA. Mein Vater hat diese Marke kreiert.

2016 haben Sie in eine zusätzliche Produktionslinie für nopma-Produkte investiert und direkt eine Serienbelieferung im NAFTA-Raum starten können. Wie bewerten Sie die Marktchancen aktuell für Nordamerika und Mexiko?
Wir sehen weiterhin Chancen in der Globalisierung und damit auch im nordamerikanischen Markt. Durch die Pandemie sind diese Märkte jedoch immer noch schwer getroffen, und es gibt größere Verwerfungen. Wenn sich diese wieder normalisieren, werden auch wir wieder mehr Erfolg vor Ort sehen.

Meiser bietet als Innovationsführer lösungsmittelfreie PU-Klebstoffsysteme als Vorbeschichtungen zur Kaschierung an. Wie beurteilen Sie die Bedeutung solcher Innovationen im Rahmen von REACH?
Diese Innovationen bieten unseren Kunden die Möglichkeit, sich abzukoppeln vom Druck den REACH in manchen Branchen auslöst. Jedoch haben auch wir vereinzelt Produkte, die wir in den letzten Monaten neu entwickeln. Dies beschäftigt uns immer wieder, schafft aber auch Chancen, neue Marktsegmente zu erschließen.

Wie haben Sie die Coronazeit bisher empfunden - als Unternehmen und persönlich? Was möchten Sie auf keinen Fall wieder erleben, was aber vielleicht sogar in den Alltag mitnehmen?
Ich denke, auch diese Zeit hat uns als Gesellschaft, Menschen und selbst als Unternehmer gestärkt. Jede Krise, die man durchlebt, macht einen etwas gelassener für Unvorhergesehenes, aber auch motivierter, seine Ziele zu erreichen. Es gab also aus meiner Sicht durchaus viel Positives an den letzten Monaten. Plötzlich sind zum Beispiel Werkzeuge der Digitalisierung in unserem Alltag akzeptiert, und ich empfinde es schon so, dass man auf den Anderen wieder mehr achtet. Hoffentlich bleibt dies so.

Die futuristische Rolltreppe „Tube“ der Elbphilharmonie ist ebenso imposant, wie das Gebäude selbst und die längste Rolltreppe Westeuropas. Im August hat ein Kölner Startup UV-Technik eingebaut, die die Handläufe ständig reinhält. Zeitgleich haben Sie eine antivirale Funktionsbeschichtung vorgestellt, die auf alle Textilien in Form von Meterware appliziert werden kann. Wie funktioniert das, und für welche Einsatzzwecke ist die Technik geeignet?
Bereits seit vielen Jahren haben wir uns mit antimikrobiellen Ausrüstungstechniken befasst. Begonnen hat dies bereits mit der Schweinegrippe im Jahr 2009/2010. Damals haben wir mit einem jungen Startup erste Kontakte geknüpft und eine Entwicklung gestartet. Mangels Marktinteresse musste dies jedoch nach einigen Monaten wieder eingestellt werden. Heute sind wir Experten im Bereich „Antimikrobielle Ausrüstungen mittels Beschichtungen“. Auch konnten wir enormes Wissen um das Themenfeld Zulassung und Biozidverordnung aufbauen. Wir können unsere Kunden heute ganzheitlich in diesen Themenfeldern unterstützen. Die Funktion durch hautverträgliche Wirkstoffe aus dem Kosmetikbereich mit einem Vesikelbooster kann Viren und Bakterien innerhalb weniger Minuten abtöten.
Da uns die Pandemie die enorme Wichtigkeit eines neuen Hygieneniveaus aufgezeigt hat, sind die Einsatzzwecke sehr vielfältig und differenziert. Den Einsatz in Persönlicher Schutzausrüstung, Arbeitsmöbeln, Fahrzeugen und zum Beispiel Handschuhen haben wir heute bereits realisiert. Prinzipiell ist jede Anwendung prädestiniert, bei der textile Träger vielen Berührungen durch verschiedene Personen in hoher Frequenz ausgesetzt sind. Hier bieten unsere nopma Produkte ein neues Schutz- und Hygieneniveau.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben
Wir scheitern immer wieder. Dies gehört dazu. Jedoch ist es noch nie vorgekommen, dass wir nichts gelernt haben. Ein schönes Beispiel ist auch hier die Pandemiesituation. Wir haben im Frühjahr unsere Unternehmerische Verantwortung für unsere Gesellschaft angenommen und als eines von zwei Unternehmen in Baden-Württemberg geschafft, die Zertifizierung für FFP-Schutzmasken zu erlangen. Da wir nicht am damaligen Revolvermarkt teilnehmen wollen, haben wir diese Produkte nur der öffentlichen Hand zu günstigen Vor-Krisenpreisen angeboten. Die Entscheider konnten sich jedoch über Wochen nicht entschließen und haben nicht bestellt. Dies hat unser ganzes Team damals sehr enttäuscht. Heute haben wir dies überwunden und viel Wissen aus dieser Entwicklung mitgenommen.

 

Die Fragen stellte Ines Chucholowius, CEO Textination GmbH

TÜV Rheinland testet Corona-Schutzmaterialien und Arbeitsschutzprojekte (c) TÜV Rheinland
26.05.2020

TÜV Rheinland testet Corona-Schutzmaterialien und Arbeitsschutzprojekte

Seit dem Ausbruch der weltweiten Corona- Pandemie sind die Herstellung und der Handel mit geeigneten Schutzmaterialien wie Atemschutzmasken zu einem Hochrisikobereich für alle Beteiligten geworden.

„Die Qualität und Sicherheit der angebotenen Schutzmaterialien ist aktuell nicht nur erheblichen Schwankungen ausgesetzt, sondern immer häufiger stammen Waren aus zweifelhaften Quellen, sind hygienisch hoch bedenklich, teilweise völlig unbrauchbar“, erklärt Dipl.-Ing. Ralf Scheller, Mit-glied des Vorstands der TÜV Rheinland AG. „Wir stehen weltweit im direkten Kontakt zu Regierungen, Ministerien, kommunalen Behörden oder Unternehmen aus dem Gesundheitssektor und er-fahren immer häufiger von Fällen und Vorkommnissen, in denen Lieferketten schlicht kollabieren und überteuerte Waren nicht ankommen.“

Seit dem Ausbruch der weltweiten Corona- Pandemie sind die Herstellung und der Handel mit geeigneten Schutzmaterialien wie Atemschutzmasken zu einem Hochrisikobereich für alle Beteiligten geworden.

„Die Qualität und Sicherheit der angebotenen Schutzmaterialien ist aktuell nicht nur erheblichen Schwankungen ausgesetzt, sondern immer häufiger stammen Waren aus zweifelhaften Quellen, sind hygienisch hoch bedenklich, teilweise völlig unbrauchbar“, erklärt Dipl.-Ing. Ralf Scheller, Mit-glied des Vorstands der TÜV Rheinland AG. „Wir stehen weltweit im direkten Kontakt zu Regierungen, Ministerien, kommunalen Behörden oder Unternehmen aus dem Gesundheitssektor und er-fahren immer häufiger von Fällen und Vorkommnissen, in denen Lieferketten schlicht kollabieren und überteuerte Waren nicht ankommen.“

Teilweise steckt dahinter kriminelles Treiben, wenn bespielweise Zertifikate gefälscht oder Waren mehrfach verkauft werden. Die Experten von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) bei TÜV Rheinland werden daher immer häufiger zu Einsätzen vor Ort in den Herstellungsländern gerufen. Sie testen die Schutzmaterialien in ihrem weltweiten Labor-Netzwerk direkt vor Ort, überprüfen Dokumente oder überwachen den Transport der Waren vom Hersteller bis zum Kunden.

Unterstützung und Begleitung von multinationalen Hilfsprojekten
„Seit Beginn der Pandemie unterstützen wir viele multinationale Hilfsprojekte und engagieren uns selbst wie im Kreis Heinsberg, wo wir 9.000 FFP3-Schutzmasken für den intensiv-medizinischen Bereich gespendet haben“, erklärt Scheller. „Auch unsere Kolleginnen und Kollegen in China haben kürzlich durch qualitätssichernde Maßnahmen in der Lieferkette eine Hilfssendung von mehreren Millionen Schutzmasken, Schutzbekleidung und Hand-schuhen sowie vieler Beatmungsgeräte unterstützt, die von einem privaten Spender nach Großbritannien verschickt wurde.“

Bei persönlicher Schutzausrüstung stehen für TÜV Rheinland die Sicherheit und Qualität im Vordergrund. Umso wichtiger ist es, dass Sicherheitskleidung die entsprechenden Anforderungen er-füllen, sodass ihre Schutzfunktion sichergestellt werden kann.

„Unsere Experten führen alle relevanten Prüfungen und Zertifizierungen an persönlichen Schutz-ausrüstungen gemäß PSA Verordnung 2016/425 durch. Durch die langjährige und aktive Gremienarbeit im Bereich PSA sind wir nah am Marktgeschehen und besitzen ein umfangreiches Know-how“, weiß Dr.-Ing. Kristina Fuhrmann, Abteilungsleiterin Textil und PSA bei TÜV Rheinland. „Die so gewonnene Fachexpertise fließt in unsere tägliche Arbeit mit ein und spiegelt sich in umfangreichen Dienstleistungen wider.“ So werden beispielsweise sogenannte „Community Masken“ zahlreichen chemischen und physikalischen Prüfungen nach einer eigenen Prüfgrundlage (2PFG S 0193/04.20) unterzogen und können zusätzlich mit einem TÜV Rheinland-Prüfzeichen (Schad-stoffgeprüft) versehen werden. Community Masken werden überwiegend aus textilen Stoffen gefertigt und dienen als Barriere. Medizinische Masken sowie OP-Masken können hingegen über TÜV Rheinland Greater China getestet beziehungsweise kontrolliert werden. „Unsere Dienstleistungen erstrecken sich auf viele Arten von Schutzkleidung“, so Fuhrmann. Hinzu kommt der große Bereich an Medizinprodukten, wie beispielsweise Beatmungsgeräte.

TÜV Rheinland begleitet auch Arbeitsschutzprojekte in Corona-Zeiten
Geschäfte, Möbelhäuser und Elektromärkte dürfen wieder öffnen, Betriebe nehmen die Produktion wie-der auf – für sie alle gilt: Der Infektionsschutz für die Beschäftigten muss erhöhten Ansprüchen genügen und der normale Arbeits- und Gesundheitsschutz weiterhin erfüllt werden. Den Rahmen für die erweiterten Schutzmaßnahmen steckt der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des Bundesarbeitsministeriums ab. Arbeitgeber sind verpflichtet, für ihr Unternehmen geeignete Maßnahmen festzulegen, umzusetzen und die Kontrolle zu überwachen. Dabei sind die Lösungen so individuell wie die Unternehmen: Gilt es in einem Produktionsbetrieb die Schichtpläne zu entzerren und den Kontakt der Mitarbeitenden zu minimieren, stellen sich in einem Verkaufshaus andere Herausforderungen: Wie können beispielsweise die Kundenströme geleitet werden, um den Mindestabstand zu wahren? Wie werden Kundenberaterinnen und -berater, Kassiererinnen oder Kassierer und Lieferanten geschützt?

„Unsere Experten haben für den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales einen detaillierten Leitfaden entwickelt, um Unter-nehmen bei der aufwändigen Implementierung der strengen Auflagen zu beraten und zu unterstützen“, erklärt Dipl.-Ing. Norbert Wieneke, Geschäftsfeldleiter Betriebliches Gesundheitsmanagement, Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit bei TÜV Rheinland. Die Vorgaben des SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandards umfassen persönliche, organisatorische und bauliche Hygienemaßnahmen sowie die dazugehörigen Unterweisungen. Sie gehen mit Angeboten für die betriebsärztliche und psychologische Beratung der Mitarbeitenden sowie von Risikogruppen einher und noch deutlich dar-über hinaus. Es liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers, Corona-Verdachtsfälle unter Mitarbeitenden zu identifizieren und im Falle einer erkannten Infektion eine Routine zur Pandemievorsorge im Unternehmen zu etablieren. Um dieser umfassenden Aufgabenstellung gerecht zu werden, sind Fachkenntnisse von Arbeitsmedizinerinnen und -medizinern, Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebspsychologinnen und -psychologen sowie Gesundheitsexperten notwendig. In den interdisziplinären Teams von TÜV Rheinland arbeiten diese Fachleute bereits erfolgreich zusammen und setzen branchenübergreifende Projekte für ihre Kunden um.

Quelle:

TÜV Rheinland

Schutzmasken für das Universi-tätsklinikum Augsburg (c) Fraunhofer IGCV
14.04.2020

Schutzausrüstung aus dem 3D-Drucker

  • Fraunhofer IGCV liefert Schutzausrüstung aus dem 3D-Drucker an das Universitätsklinikum Augsburg

Seit mehr als einer Woche versorgt das Institut für Materials Resource Management der Universität Augsburg das Universitätsklinikum Augsburg mit Schutzmasken aus dem 3D-Drucker. Um den enormen Bedarf an unbedingt notwendiger Schutzausrüstung für das Klinikpersonal decken zu können, wurde ein Aufruf zur Unterstützung an Kooperationspartner gesendet – Hochschule Augsburg und Fraunhofer IGCV springen ein.

  • Fraunhofer IGCV liefert Schutzausrüstung aus dem 3D-Drucker an das Universitätsklinikum Augsburg

Seit mehr als einer Woche versorgt das Institut für Materials Resource Management der Universität Augsburg das Universitätsklinikum Augsburg mit Schutzmasken aus dem 3D-Drucker. Um den enormen Bedarf an unbedingt notwendiger Schutzausrüstung für das Klinikpersonal decken zu können, wurde ein Aufruf zur Unterstützung an Kooperationspartner gesendet – Hochschule Augsburg und Fraunhofer IGCV springen ein.

Eine bestmögliche medizinische Versorgung aufrechterhalten: Im Rahmen der Corona-Pandemie ist dies nur möglich, wenn Ärzte und Klinikpersonal vor Infektionen geschützt werden. Atemmasken können verhindern, sich über Mund und Nase mit dem Virus zu infizieren. Doch auch Schutzbrillen und Gesichtsmasken sind unabdingbare Bestandteile der persönlichen Schutzausrüstung: mit ihnen lässt sich eine Infektion über die Augen abwehren. Was aber, wenn letztere aufgrund aktuell enormer Nachfragen nicht mehr lieferbar sind? Eine massive Herausforderung, der sich Ende März auch das Universitätsklinikum Augsburg stellen musste. Die Idee: Schutzmasken aus dem 3D-Drucker.

Schnelle Kommunikation im Forschungsnetzwerk: Produktion von 3D-gedruckten Teilen fährt in kürzester Zeit hoch
Kurzerhand wurde universitätsintern nach Möglichkeiten der Fertigung via 3D-Druck gesucht. Prof. Dr. Markus Sause und Prof. Dr. Kay Weidenmann des Instituts für Materials Resource Management der Universität Augsburg sagten augenblicklich zu und setzten alle Hebel in Bewegung, um die Produktion schnellstmöglich zu starten. Zur Bereitstellung möglichst vieler Schutzmasken in kürzester Zeit ging außerdem ein Aufruf an bestehende Kooperationspartner. Bei ihrem direkten Kollegen Prof. Dr. Johannes Schilp, Professor für Produktionsinformatik an der Universität Augsburg und Hauptabteilungsleiter Verarbeitungstechnik am Augsburger Fraunhofer IGCV wurden sie fündig: Max Horn, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut, und auch Paul Dolezal vom FabLab (Fabrikationslabor) der Hochschule Augsburg sagten sofort ihre Hilfe zu. »Dank der großartigen Zusammenarbeit unseres Teams wurden wenige Stunden nach dem ersten Telefonat bereits die ersten Teile in unserem Labor für additive Fertigung hergestellt«, erinnert sich Max Horn. »Mit Unterstützung von der Hochschule Augsburg und dem Fraunhofer IGCV konnte die Produktionskapazität von 50 Masken pro Tag deutlich gesteigert werden«, freut sich Markus Sause.

Masken drucken mit Fused Deposition Modeling (FDM)
Als Herstellungsverfahren für den Gesichtsschutz wurde das Fused Deposition Modeling (FDM) ausgewählt. Dies bedeutet, dass die Maske entsteht, indem schmelzfähiger Kunststoff durch eine Düse gedrückt und schichtweise in einzelnen Bahnen aufgetragen wird. Neben einem umfangreichen Labor für metallbasierte additive Fertigung betreibt das Fraunhofer IGCV eine neue Laboreinheit mit verschiedenen FDM-Druckern. Aufgrund der Einfachheit des Verfahrens und seiner großen Flexibilität eignet es sich insbesondere für Prototypen und Musterbauteile. »Die gefertigten Masken sind aber keinesfalls nur Anschauungsobjekte«, ergänzt Georg Schlick, Abteilungsleiter Komponenten und Prozesse am Fraunhofer IGCV. Für die Teile verarbeitete das Team langlebige Polymere, die eine gute Beständigkeit gegen die im Klinikum verwendeten Desinfektionsmittel haben. Dadurch entstehen hochwertige Komponenten, welche sich bestens für die Mehrfachverwendung eignen.

Additive Fertigung für flexible Produktion
Inzwischen wurden einige Engpässe überwunden: Im Institut für Materials Resource Management der Universität Augsburg sattelt man für die Herstellung der Gesichtsmasken wieder auf Produktionsverfahren um, welche besser für die Herstellung großer Stückzahlen geeignet sind. »Die große Stärke der Additiven Fertigung liegt eher in der Herstellung sehr komplexer Komponenten mit geringeren Stückzahlen«, erläutert Matthias Schmitt, Gruppenleiter für Additive Fertigung am Fraunhofer IGCV. »Der 3D-Druck ermöglicht es uns aber eben auch, sehr kurzfristig zu handeln und fehlende Kapazitäten für beinahe beliebige Komponenten ganz nach Bedarf auszugleichen«, so Schmitt weiter. Durch die Flexibilität, Leistungsbereitschaft und die Kompetenzen aller Kooperationspartner konnte binnen weniger Tage eine vollständige Produktions- und Lieferkette für die Gesichtsmasken umgesetzt werden. Georg Schlick betont daher die Notwendigkeit einer guten Vernetzung und eines schnellen Austauschs zwischen den Forschungseinrichtungen. »Die enge Vernetzung innerhalb der 3D-Druck Community ermöglicht kurze Kommunikationswege und schnelles Handeln. Das kann in diesem Fall Leben retten.«

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV

Foto: Pixabay
01.04.2020

COVID-19 | Ambulante Homecare-Versorgung stärken

... zur Entlastung der Kliniken

Um die Kliniken in den nächsten Wochen und Monaten im Kampf gegen COVID-19 zu entlasten, darf die ambulante Versorgung beispielsweise von heimbeatmeten Patienten durch Homecare-Unternehmen nicht vernachlässigt werden.

... zur Entlastung der Kliniken

Um die Kliniken in den nächsten Wochen und Monaten im Kampf gegen COVID-19 zu entlasten, darf die ambulante Versorgung beispielsweise von heimbeatmeten Patienten durch Homecare-Unternehmen nicht vernachlässigt werden.

"Homecare-Unternehmen, die Patienten im häuslichen Umfeld mit Beatmungstherapien, künstlicher Ernährung und weiteren lebensnotwendigen medizinischen Hilfsmitteln versorgen, gehören zur kritischen Infrastruktur und müssen jetzt ebenfalls gestärkt werden. Wir brauchen auch einen Schutzschirm für diese ambulante Versorgung von schwer chronisch kranken Patienten!", forderte BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. Gemeinsam mit 15 anderen Verbänden hat der BVMed in der "Interessengemeinschaft Hilfsmittelversorgung" (IGHV) ein entsprechendes Positionspapier zum Thema "Kliniken entlasten durch sichere ambulante Versorgung mit Hilfsmitteln" vorgelegt. Das Papier kann unter www.bvmed.de/positionen abgerufen werden.

Das IGHV-Papier enthält unter anderem folgende Forderungen:

  • Hilfsmittelleistungserbringer müssen als zentraler Stabilisator der ambulanten Versorgung bei der Distribution der Schutzausrüstung berücksichtigt werden.
  • Kompensationszahlungen müssen sich – analog der Regelungen für Kliniken und Ärzte – auch auf die Leistungserbringer und Hersteller von Hilfsmitteln erstrecken.
  • Die Hilfsmittelleistungserbringer und -hersteller sind systemrelevante Partner der ambulanten Versorgung und als solche Teil der kritischen Infrastruktur. Sie müssen in die entsprechenden Ausnahmeregelungen und Fördermaßnahmen eingebunden werden.

"Die Homecare-Fachkräfte benötigen medizinische Schutzausrüstung, weil sie die Versorgung direkt am Patienten durchführen. Es ist wichtig, diese lebensnotwendige Patientenversorgung in häuslicher Umgebung oder Pflegeeinrichtungen als Teil der kritischen Infrastruktur anzuerkennen und zu fördern", so BVMed-Geschäftsführer Möll.

Die im BVMed organisierten Homecare-Unternehmen schildern aus der Praxis vermehrt massive Probleme bei der Beschaffung der erforderlichen Schutzausrüstungen wie Schutzmasken und Brillen. Wenn die notwendigen Medizinprodukte nicht mehr beschafft werden können, sind die Pflegefachkräfte der Homecare-Unternehmen somit außerstande, die ambulante Versorgung dieser oftmals geriatrischen Patientengruppe durchzuführen. "Die Patienten müssten dann in Krankenhäuser eingewiesen werden, was in der aktuellen Situation absolut kontraproduktiv ist", bemängelt der BVMed bereits Mitte März in einem Schreiben an den Pflegebeauftragten der Bundesregierung.

Der Mehraufwand für die Coronavirus-bedingten Zusatzaufwendungen der Hilfsmittel-Leistungserbringer sollte diesen auch erstattet werden. Analog zu den Regelungen für Kliniken bedarf es auch für die Homecare-Unternehmen eines entsprechenden Aufschlags für die medizinische Schutzausrüstung für die Fälle, in denen Schutzkleidung aufgrund einer Infizierung bzw. eines Verdachtsfalls genutzt werden muss.

Weitere Informationen:
Coronavirus BVMed
Quelle:

BVMed

A+A 2017 (c) Messe Duesseldorf
24.10.2017

A+A 2017 setzt neue Maßstäbe für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

Der Mensch zählt – mehr denn je. Das unterstreicht das enorme Interesse an der A+A 2017, welches der globalen Leitmesse für Persönlichen Schutz, Betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit vom 17. bis 20. Oktober erneut Bestmarken bescherte. Insgesamt 1.930 Aussteller aus 63 Nationen und mehr als 67.000 Fachbesucher kamen zur größten Branchenmesse der Welt nach Düsseldorf. Damit setzte die A+A – gemeinsam mit dem parallel stattfindenden Internationalen Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – in diesem Jahr ein Ausrufezeichen für die enorme Bedeutung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.

Der Mensch zählt – mehr denn je. Das unterstreicht das enorme Interesse an der A+A 2017, welches der globalen Leitmesse für Persönlichen Schutz, Betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit vom 17. bis 20. Oktober erneut Bestmarken bescherte. Insgesamt 1.930 Aussteller aus 63 Nationen und mehr als 67.000 Fachbesucher kamen zur größten Branchenmesse der Welt nach Düsseldorf. Damit setzte die A+A – gemeinsam mit dem parallel stattfindenden Internationalen Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – in diesem Jahr ein Ausrufezeichen für die enorme Bedeutung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.

Investitionen in die Gesundheit der Mitarbeiter lohnen sich. Sie helfen die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu sichern und ihre Produktivität zu steigern. Umso wichtiger, dass Unternehmen eine ganzheitliche Präventionskultur pflegen, die alle Aspekte von betrieblichem Gesundheitsmanagement zu persönlichem Schutz und Workplace Design berücksichtigt. „Hier setzt die A+A als Weltleitmesse für sicheres und gesundes Arbeiten gemeinsam mit ihren Partnern an“, resümiert Joachim Schäfer, Geschäftsführer der Messe Düsseldorf GmbH. „Ein viel diskutiertes Thema war die Digitalisierung, die längst keine Zukunftsmusik mehr ist. Sie hat nahezu alle Lebens- und Arbeitsbereiche durchdrungen – ebenso wie das Internet of Things, das inzwischen Millionen Dinge weltweit miteinander vernetzt. Es ist bemerkenswert, dass die A+A nicht nur als Bühne für neue Technologien, sondern auch als Brückenschlag zwischen Gegenwart und Zukunft unserer Arbeitswelt global angenommen wird.“

Groß und international wie nie: Bestmarken in allen Disziplinen
Veranstalter und Aussteller waren gleichermaßen zufrieden mit dem Verlauf der A+A 2017. Zur 31. A+A kamen vom 17. bis 20. Oktober mehr als 67.000 Fachbesucher (2015: 65.000) nach Düsseldorf, um sich in neun Messehallen auf erstmals 70.733 Quadratmetern bei den 1.931 Ausstellernaus 63 Nationen über die neuesten Trends in den Bereichen des Arbeitsschutzes, der betrieblichen Gesundheitsförderung und des Sicherheitsmanagements im Betrieb zu informieren. Dabei übertraf auch die Quote der internationalen Besucher, die aus über 100 Nationen kamen, mit rund 40 Prozent die der Vorveranstaltung. „Die A+A wächst kontinuierlich und unterstreicht auf allen Ebenen ihre Relevanz für die Branche als global führende Messe- und Kongressveranstaltung“, freut sich Joachim Schäfer über die exzellente Stimmung an den vergangenen vier Lauftagen und resümiert nach Gesprächen mit Ausstellern und internationalen Delegationen: „Wir sind stolz, auf der ganzen Welt starke Signale für den Markt und wichtige Impulse für die politische Diskussion setzen zu können“. Entsprechend bewährt hat sich das neue Erscheinungsbild der A+A und die Fokussierung auf das, was nicht nur in der Arbeitswelt zählt: der Mensch.

Plattform für Innovationen und Investitionen
"Der Mensch steht im Mittelpunkt – welch treffendes Statement“, resümiert Klaus Bornack, Präsident des Messebeirates und Geschäftsführer der Bornack GmbH & Co. KG. „Eine großartige A+A hat die Branche einmal mehr bewegt mit vielen innovativen Produkten, noch mehr Ausstellern aus allen Fachbereichen und wiederum einer steigenden Anzahl sehr interessierter Messebesucher aus dem In- und Ausland mit konkreten Fachfragen und großem Interesse. Eine Bestätigung, dass der Markt für PSA ein Wachstumsmarkt ist und die A+A der führende internationale Marktplatz für sicheres Arbeiten.“

Internationale Nr. 1-Veranstaltung für Berufsbekleidung
Das gute Investitionsklima sowie das Interesse der Fachbesucher an qualitativ hochwertigen Schutzausrüstungen und Schutzbekleidung wurde bestätigt durch eine aktuelle Studie zum deutschen Markt für Persönliche Schutzausrüstungen, die zur A+A 2017 vom Marktforschungsunternehmen macrom veröffentlicht wurde. Demnach wuchs das Volumen des deutschen PSA-Gesamtmarkts zwischen 2014 und 2016 um 9,2 Prozent auf insgesamt 1,97 Milliarden Euro. Mit größtem Marktanteil bedeutendstes Segment ist Schutzbekleidung, die vermehrt auch im Privaten getragen wird. Birgit Horn, Director A+A 2017: „War Schutzbekleidung früher meist unbequem und nicht besonders modisch, so zeigen sich Mitarbeiter heute vergleichsweise gerne darin in der Öffentlichkeit. Durch die Entwicklung von Hightech-Bekleidung in der Sport- und Outdoorbranche muss der Mensch auch bei der Arbeit nicht mehr auf Top-Design bei optimaler Performance verzichten.“ Dies bestätigte auch das Angebot der über 200 Corporate Fashion Aussteller, welches von neu konzipierten Fashion Shows abgerundet wurde.

Die Zukunft der Arbeit ist jetzt
Von smarter Skinsensorik zur Messung von Vitalparametern über rückenschonende Exoskelette bis hin zu einem intelligenten Flottenmanagement, Datenbrillen und sensorgesteuerter Absturzsicherung: Die Zukunft der Arbeit ist jetzt. Das machte nicht nur die neue A+A Highlight Route deutlich. Quer durch die Hallen zeigten namhafte Aussteller wie 3M, BORNACK, Honeywell, Uvex oder das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) Highlights zu „Smart PSA“, „Digitalisierung der Arbeit“ und „Digitale Anwendungen und Lösungen" – vom Prototyp zum Serienprodukt. Dabei thematisiert wurden auch Aspekte wie die Umgestaltung von Arbeitsprozessen für die alternde Bevölkerung oder die Berücksichtigung der veränderten Ansprüche der jüngeren Generation an die Berufswelt.
 
Fachlich auf höchstem Niveau: Der A+A Kongress
Große Beachtung fand auch der Internationale Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, der traditionell von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit e.V. (Basi) ausgerichtet wurde. „Wir haben einen sehr spannenden A+A-Kongress erlebt“, lautet das Fazit von Basi-Geschäftsführer Bruno Zwingmann. „Wir konnten erstmals neue Personengruppen, die sich für den Arbeitsschutz interessieren, beim Kongress begrüßen – zum Beispiel die Schwerbehindertenvertretungen, die auf dem Kongress auch die Gründung eines Dachverbandes diskutiert haben.“ Rund 5.000 Kongressbesucher strömten insgesamt während der vier Messetage in das CCD Congress Center Düsseldorf Süd, um sich über das vielfältige Themenspektrum zu informieren. In den 60 Veranstaltungsreihen ging es u.a. um Produktionsarbeit am Standort Deutschland mit älter werdenden Belegschaften, um positive Aspekte der Digitalisierung und um psychische Belastungen mit Fokus auf kleine Unternehmen und deren Arbeitsbedingungen. Zu den Top-Veranstaltungen zählte diejenige zum Thema „Kampf dem Krebs am Arbeitsplatz“. Begleitet wurde der A+A Kongress von der hochrangig besetzten Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherung (ISSA).

Im Brennpunkt: Präventiver Brandschutz
Als wichtigste Branchenplattform weltweit für persönliche Schutzausrüstungen und Schutzbekleidung zeigte die A+A auch in diesem Jahr wieder alles rund um moderne Feuerwehrschutzbekleidung sowie das gesamte Spektrum an Persönlicher Schutzausrüstung für Einsatzkräfte: Egal ob Kopf-, Augen-, Körper-, Hand-, Fuß-, Gehör-, Atem- oder Anseilschutz. Darüber hinaus wurde gezeigt, welche präventiven Maßnahmen und Konzepte helfen können, Unfälle, Großschadensereignisse und Rettungsaktionen zu verhindern, und wie Feuerwehreinsatzkräfte realitätsnah am echten Feuer ausgebildet werden.

Die nächste A+A findet vom 5. bis 8. November 2019 in Düsseldorf statt.