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Foto: Udo Jandrey
22.03.2024

Neues Modell für nachhaltige Strukturen aus textilbewehrtem Beton

Durch die Verstärkung von Beton mit Textilgeweben anstelle von Stahl ist es möglich, weniger Material zu verwenden und schlanke, leichte Strukturen mit deutlich geringeren Umweltbelastungen zu schaffen. Die Technologie zur Verwendung von Carbonfasertextilien existiert bereits, aber es war jedoch eine Herausforderung, eine Grundlage für zuverlässige Berechnungen für komplexe und gewölbte Strukturen zu schaffen. Forscher der Chalmers University of Technology in Schweden stellen nun eine Methode vor, die es erleichtert, Berechnungen zu skalieren und so den Bau von umweltfreundlicheren Brücken, Tunneln und Gebäuden zu ermöglichen.

Durch die Verstärkung von Beton mit Textilgeweben anstelle von Stahl ist es möglich, weniger Material zu verwenden und schlanke, leichte Strukturen mit deutlich geringeren Umweltbelastungen zu schaffen. Die Technologie zur Verwendung von Carbonfasertextilien existiert bereits, aber es war jedoch eine Herausforderung, eine Grundlage für zuverlässige Berechnungen für komplexe und gewölbte Strukturen zu schaffen. Forscher der Chalmers University of Technology in Schweden stellen nun eine Methode vor, die es erleichtert, Berechnungen zu skalieren und so den Bau von umweltfreundlicheren Brücken, Tunneln und Gebäuden zu ermöglichen.

„Ein Großteil des Betons, den wir heute verwenden, hat die Funktion einer Schutzschicht, die verhindert, dass die Stahlbewehrung korrodiert. Wenn wir stattdessen Textilbewehrung einsetzen, können wir den Zementverbrauch senken und so weniger Beton verbauen - und damit die Auswirkungen auf das Klima verringern“, sagt Karin Lundgren, Professorin für Betonkonstruktionen an der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen in Chalmers.

Zement ist ein Bindemittel für Beton und seine Herstellung aus Kalkstein hat große Auswirkungen auf das Klima. Eines der Probleme besteht darin, dass bei der Herstellung große Mengen an Kohlendioxid freigesetzt werden, die im Kalkstein gebunden sind. Jedes Jahr werden weltweit etwa 4,5 Milliarden Tonnen Zement hergestellt, und die Zementindustrie ist für rund 8 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen verantwortlich. Es wird daher intensiv an alternativen Methoden und Materialien für Betonkonstruktionen geforscht.

Geringerer Kohlenstoff-Fußabdruck durch dünnere Konstruktionen und alternative Bindemittel
Durch die Verwendung alternativer Bindemittel anstelle von Zement, z. B. Ton oder Vulkanasche, lassen sich die Kohlendioxidemissionen weiter verringern. Bislang ist jedoch unklar, wie gut solche neuen Bindemittel die Stahlbewehrung langfristig schützen können.

„Man könnte das Problem des Korrosionsschutzes umgehen, indem man anstelle von Stahl Kohlenstofffasern als Verstärkungsmaterial verwendet, da diese nicht auf dieselbe Weise geschützt werden müssen. Außerdem kann man noch mehr erreichen, indem man dünne Schalenstrukturen mit geringerer Klimabelastung optimiert“, so Karin Lundgren.

In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Construction and Building Materials veröffentlichten Studie beschreiben Karin Lundgren und ihre Kollegen eine neue Modellmethode, die sich bei Analysen zur Beschreibung der Wechselwirkung zwischen Textilbewehrung und Beton als zuverlässig erwiesen hat.

„Wir haben eine Methode entwickelt, die die Berechnung komplexer Strukturen erleichtert und die Notwendigkeit von Tragfähigkeitsprüfungen verringert“, erläutert Karin Lundgren.

Ein Bereich, in dem die textile Bewehrungstechnologie die Umweltauswirkungen erheblich reduzieren könnte, ist die Konstruktion von Geschossdecken. Da der größte Teil der Klimabelastung eines Gebäudes während der Produktion von den Deckenkonstruktionen ausgeht, ist dies eine effektive Möglichkeit, nachhaltiger zu bauen. Eine frühere Forschungsstudie der Universität Cambridge zeigt, dass Textilverstärkungen die Kohlendioxidemissionen im Vergleich zu herkömmlichen Massivdecken um bis zu 65 Prozent reduzieren können.

Ein Methode zur Vereinfachung der Kalkulation
Ein textiles Bewehrungsnetz besteht aus Garnen, wobei jedes Garn aus Tausenden von dünnen Filamenten (langen Endlosfasern) besteht. Die Bewehrungsmatte wird in Beton gegossen, und wenn der textilbewehrte Beton belastet wird, gleiten die Filamente sowohl gegen den Beton als auch gegeneinander im Inneren des Garns. Ein Textilgarn in Beton verhält sich nicht wie eine Einheit, was für das Verständnis der Tragfähigkeit des Verbundmaterials wichtig ist. Die von den Chalmers-Forschern entwickelte Modellierungstechnik beschreibt diese Effekte.

„Man könnte es so beschreiben, dass das Garn aus einem inneren und einem äußeren Kern besteht, die bei Belastung des Betons in unterschiedlichem Maße beeinflusst werden. Wir haben eine Test- und Berechnungsmethode entwickelt, die diese Wechselwirkung beschreibt. In Experimenten konnten wir zeigen, dass unsere Berechnungsmethode auch für komplexe Strukturen zuverlässig genug ist“, sagt Karin Lundgren.

Gemeinsam mit Kollegen wird die Arbeit nun fortgesetzt, um Optimierungsmethoden für größere Strukturen zu entwickeln.

„Angesichts der Tatsache, dass das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) davon ausgeht, dass sich die Gesamtbodenfläche in der Welt in den nächsten 40 Jahren aufgrund des zunehmenden Wohlstands und des Bevölkerungswachstums verdoppeln wird, müssen wir alles tun, um so ressourceneffizient wie möglich zu bauen, um der Herausforderung des Klimawandels zu begegnen“, sagt Karin Lundgren.

Quelle:

Chalmers | Mia Halleröd Palmgren

Smart glove teaches new physical skills Bild: Alex Shipps/MIT CSAIL
18.03.2024

Intelligenter Handschuh trainiert neue körperliche Fähigkeiten

Der anpassungsfähige intelligente Handschuh der Forscher am MIT CSAIL (Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory) kann dem Benutzer taktile Rückmeldungen geben, um ihm neue Techniken beizubringen, Roboter mit präziserer Handhabung zu steuern und Chirurgen und Piloten zu schulen.

Wahrscheinlich kennen Sie jemanden, der eher visuell oder auditiv lernt, andere nehmen Wissen über eine andere Art und Weise auf: durch Berührung. Die Fähigkeit, taktile Interaktionen zu verstehen, ist besonders wichtig für Aufgaben wie das Erlernen filigraner Operationen und das Spielen von Musikinstrumenten, aber im Gegensatz zu Video und Audio ist es schwierig, Berührungen aufzuzeichnen und zu übertragen.

Der anpassungsfähige intelligente Handschuh der Forscher am MIT CSAIL (Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory) kann dem Benutzer taktile Rückmeldungen geben, um ihm neue Techniken beizubringen, Roboter mit präziserer Handhabung zu steuern und Chirurgen und Piloten zu schulen.

Wahrscheinlich kennen Sie jemanden, der eher visuell oder auditiv lernt, andere nehmen Wissen über eine andere Art und Weise auf: durch Berührung. Die Fähigkeit, taktile Interaktionen zu verstehen, ist besonders wichtig für Aufgaben wie das Erlernen filigraner Operationen und das Spielen von Musikinstrumenten, aber im Gegensatz zu Video und Audio ist es schwierig, Berührungen aufzuzeichnen und zu übertragen.

Um diese Herausforderung zu meistern, haben Forscher des Computer Science and Artificial Intelligence Laboratory (CSAIL) des MIT und anderer Institute einen bestickten intelligenten Handschuh entwickelt, der berührungsbasierte Anweisungen erfassen, reproduzieren und weitergeben kann. Ergänzend entwickelte das Team einen einfachen maschinellen Lernassistenten, der sich daran anpasst, wie verschiedene Benutzer auf taktile Rückmeldungen reagieren, und so ihre Erfahrungen optimiert. Das neue System könnte möglicherweise dazu beitragen, Menschen körperliche Fähigkeiten beizubringen, die Teleoperation von Robotern zu verbessern und das Training in der virtuellen Realität zu unterstützen.

Werde ich Klavier spielen können?
Zur Herstellung ihres intelligenten Handschuhs verwendeten die Forscher eine digitale Stickmaschine, um taktile Sensoren und haptische Aktoren (ein Gerät, das berührungsbasiertes Feedback liefert) nahtlos in Textilien einzubetten. Diese Technologie ist bereits in Smartphones vorhanden, wo haptische Reaktionen durch Antippen des Touchscreens ausgelöst werden. Wenn Sie beispielsweise auf eine iPhone-App tippen, spüren Sie eine leichte Vibration, die von diesem bestimmten Teil des Bildschirms ausgeht. Auf die gleiche Weise sendet das neue adaptive Wearable Feedback an verschiedene Teile Ihrer Hand, um die optimalen Bewegungen für die Ausführung verschiedener Fähigkeiten anzuzeigen.

Mit dem intelligenten Handschuh könnten Nutzer beispielsweise das Klavierspielen erlernen. In einer Demonstration wurde ein Experte damit beauftragt, eine einfache Melodie über eine Reihe von Tasten aufzunehmen und dabei den intelligenten Handschuh zu verwenden, um die Sequenz zu erfassen, mit der er seine Finger auf die Tastatur drückt. Anschließend wandelte ein maschinell lernender Mechanismus diese Sequenz in ein haptisches Feedback um, das dann in die Handschuhe der Studenten eingespeist wurde, damit diese den Anweisungen folgen konnten. Wenn die Hände über demselben Abschnitt schwebten, vibrierten die Aktuatoren an den Fingern entsprechend den darunter liegenden Tasten. Die Software optimiert diese Anweisungen für jeden Benutzer und berücksichtigt dabei die subjektive Ausprägung von Berührungsinteraktionen.

"Menschen führen eine Vielzahl von Aufgaben aus, indem sie ständig mit der Welt um sie herum interagieren", sagt Yiyue Luo MS '20, Hauptautorin der Studie, Doktorandin am MIT Department of Electrical Engineering and Computer Science (EECS) und CSAIL-Mitglied. "Normalerweise teilen wir diese physischen Interaktionen nicht mit anderen. Stattdessen lernen wir oft, indem wir ihre Bewegungen beobachten, wie beim Klavierspielen oder Tanzen.

"Menschen führen eine Vielzahl von Aufgaben aus, indem sie ständig mit der Welt um sie herum interagieren", sagt Yiyue Luo MS '20, Hauptautorin der Studie, Doktorandin am MIT Department of Electrical Engineering and Computer Science (EECS) und CSAIL-Mitglied. "Normalerweise teilen wir diese physischen Interaktionen nicht mit anderen. Stattdessen lernen wir oft, indem wir ihre Bewegungen beobachten, wie beim Klavierspielen oder Tanzen.

"Die größte Herausforderung bei der Vermittlung von taktilen Interaktionen besteht darin, dass jeder Mensch haptisches Feedback anders wahrnimmt", fügt Luo hinzu. "Dieses Hindernis hat uns dazu inspiriert, einen intelligenten Agenten zu entwickeln, der lernt, eine adaptive Haptik für die Handschuhe des Einzelnen zu erzeugen, und ihnen so einen praxisnahen Ansatz zum Erlernen der optimalen Bewegung vermittelt."^

Das tragbare System wird mit Hilfe eines digitalen Herstellungsverfahrens an die Spezifikationen der Hand des Benutzers angepasst. Ein Computer erstellt einen Ausschnitt auf der Grundlage der individuellen Handmaße, dann näht eine Stickmaschine die Sensoren und Haptik ein. Innerhalb von 10 Minuten ist das weiche, stoffbasierte Wearable fertig zum Tragen. Das adaptive maschinelle Lernmodell, das zunächst anhand der haptischen Reaktionen von 12 Benutzern trainiert wurde, benötigt nur 15 Sekunden an neuen Benutzerdaten, um das Feedback zu personalisieren.

In zwei weiteren Experimenten wurden Nutzern, die die Handschuhe trugen, beim Spielen von Laptop-Spielen taktile Anweisungen mit zeitabhängigem Feedback gegeben. In einem Rhythmusspiel mussten die Spieler lernen, einem schmalen, gewundenen Pfad zu folgen, um in einen Zielbereich zu gelangen, und in einem Rennspiel mussten die Fahrer Münzen sammeln und das Gleichgewicht ihres Fahrzeugs auf dem Weg zur Ziellinie halten. Das Team von Luo fand heraus, dass die Teilnehmer mit optimierter Haptik die höchste Punktzahl erreichten, im Gegensatz zu Spielern ohne und mit nicht optimierter Haptik.

"Diese Arbeit ist der erste Schritt zum Aufbau personalisierter KI-Assistenten, die kontinuierlich Daten über den Benutzer und die Umgebung erfassen", sagt der Hauptautor Wojciech Matusik, MIT-Professor für Elektrotechnik und Informatik sowie Leiter der Computational Design and Fabrication Group im CSAIL. "Diese Assistenten unterstützen sie dann bei der Ausführung komplexer Aufgaben, beim Erlernen neuer Fähigkeiten und bei der Förderung verbesserten Nutzerverhaltens."

Lebensechte Erfahrung in elektronischen Umgebungen
Bei der Fernsteuerung von Robotern fanden die Forscher heraus, dass ihre Handschuhe Kraftempfindungen auf Roboterarme übertragen können, was ihnen hilft, feinere Greifaufgaben zu erledigen. "Es ist so, als würde man versuchen, einem Roboter beizubringen, sich wie ein Mensch zu verhalten", sagt Luo. In einem Fall setzte das MIT-Team menschliche Teleoperatoren ein, um einem Roboter beizubringen, wie er verschiedene Brotsorten festhalten kann, ohne sie zu deformieren. Indem sie dem Menschen optimales Greifen beibringen, kann er die Robotersysteme in Umgebungen wie der Fertigung präzise steuern, wo diese Maschinen sicherer und effektiver mit ihren Bedienern zusammenarbeiten können."

"Die Technologie des bestickten intelligenten Handschuhs ist eine wichtige Innovation für Roboter", so Daniela Rus, Andrew (1956) und Erna Viterbi Professor für Elektrotechnik und Informatik am MIT, Direktorin des CSAIL und Autorin der Studie. "Mit seiner Fähigkeit, taktile Interaktionen mit hoher Auflösung zu erfassen, ähnlich wie die menschliche Haut, ermöglicht dieser Sensor Robotern, die Welt durch Berührung wahrzunehmen. Die nahtlose Integration von taktilen Sensoren in Textilien überbrückt die Kluft zwischen physischen Handlungen und digitalem Feedback und bietet ein enormes Potenzial für die reaktionsschnelle Steuerung von Robotern und immersives Virtual-Reality-Training."

Auch in der virtuellen Realität könnte die Schnittstelle für ein intensiveres Erlebnis sorgen. Das Tragen von intelligenten Handschuhen würde digitale Umgebungen in Videospielen mit taktilen Eindrücken versehen, so dass die Spieler ihre Umgebung ertasten könnten, um Hindernissen auszuweichen. Darüber hinaus würde die Schnittstelle in virtuellen Trainingskursen für Chirurgen, Feuerwehrleute und Piloten, bei denen es auf Präzision ankommt, eine persönlichere und berührungsbasierte Erfahrung ermöglichen.

Während diese Wearables den Nutzern eine praktischere Erfahrung bieten könnten, glauben Luo und ihre Gruppe, dass sie ihre Wearable-Technologie über die Finger hinaus erweitern könnten. Mit einer stärkeren haptischen Rückmeldung könnten die Schnittstellen Füße, Hüften und andere Körperteile führen, die weniger empfindlich sind als Hände.

Luo betonte auch, dass die Technologie ihres Teams mit einem komplexeren Agenten mit künstlicher Intelligenz auch bei komplexeren Aufgaben wie der Verarbeitung von Ton oder dem Steuern eines Flugzeugs helfen könnte. Derzeit kann die Schnittstelle nur bei einfachen Bewegungen wie dem Drücken einer Taste oder dem Ergreifen eines Objekts helfen. In Zukunft könnte das MIT-System mehr Nutzerdaten einbeziehen und besser angepasste und eng anliegende Wearables herstellen, um die Auswirkungen der Handbewegungen auf die haptischen Wahrnehmungen noch besser zu berücksichtigen.

Luo, Matusik und Rus erstellten die Studie zusammen mit dem Direktor der EECS Microsystems Technology Laboratories und Professor Tomás Palacios, den CSAIL-Mitgliedern Chao Liu, Young Joong Lee, Joseph DelPreto, Michael Foshey und Professor und Studienleiter Antonio Torralba, Kiu Wu von LightSpeed Studios und Yunzhu Li von der University of Illinois in Urbana-Champaign.

Die Arbeit wurde teilweise durch ein MIT Schwarzman College of Computing Fellowship über Google und ein GIST-MIT Research Collaboration Grant unterstützt, mit zusätzlicher Hilfe von Wistron, Toyota Research Institute und Ericsson.

Quelle:

Alex Shipps, MIT CSAIL

Empa-Forscher Simon Annaheim arbeitet an einer Matratze für Neugeborene. Bild: Empa
11.03.2024

Medizin-Textilien und Sensoren: Smarter Schutz für zarte Haut

Hautverletzungen durch anhaltenden Druck entstehen häufig bei Menschen, die ihre Position nicht selbstständig verändern können – etwa erkrankte Neugeborene im Spital oder ältere Menschen. Empa-Forschende bringen jetzt dank erfolgreicher Partnerschaften mit Industrie und Forschung zwei smarte Lösungen für das Wundliegen auf den Weg.

Lastet längere Zeit zu viel Druck auf unserer Haut, nimmt sie Schaden. Zu den Bevölkerungsgruppen, die einem hohen Risiko für derartige Druckverletzungen ausgesetzt sind, gehören beispielsweise Menschen im Rollstuhl, Neugeborene auf der Intensivstation oder Betagte. Die Folgen sind Wunden, Infektionen und Schmerzen.

Hautverletzungen durch anhaltenden Druck entstehen häufig bei Menschen, die ihre Position nicht selbstständig verändern können – etwa erkrankte Neugeborene im Spital oder ältere Menschen. Empa-Forschende bringen jetzt dank erfolgreicher Partnerschaften mit Industrie und Forschung zwei smarte Lösungen für das Wundliegen auf den Weg.

Lastet längere Zeit zu viel Druck auf unserer Haut, nimmt sie Schaden. Zu den Bevölkerungsgruppen, die einem hohen Risiko für derartige Druckverletzungen ausgesetzt sind, gehören beispielsweise Menschen im Rollstuhl, Neugeborene auf der Intensivstation oder Betagte. Die Folgen sind Wunden, Infektionen und Schmerzen.

Die Behandlung ist aufwändig und teuer: Jährlich entstehen Gesundheitskosten von rund 300 Millionen Schweizer Franken. "Darüber hinaus können bestehende Erkrankungen durch derartige Druckverletzungen verschlimmert werden", sagt Empa-Forscher Simon Annaheim vom "Biomimetic Membranes and Textiles"-Labor in St. Gallen. Nachhaltiger wäre es, so Annaheim, den Gewebeschäden vorzubeugen, um sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Zwei aktuelle Forschungsprojekte unter Beteiligung der Empa bringen nun entsprechende Lösungen voran: Entwickelt wird hierbei eine Druck-ausgleichende Matratze für Neugeborene auf der Intensivstation und ein textiles Sensorsystem für querschnittsgelähmte Personen und bettlägerige Menschen.

Optimal gebettet am Start des Lebens
Dabei sind die Ansprüche der Haut je nach Alter völlig unterschiedlich: Bei Erwachsenen stehen die Reibung der Haut auf der Liegefläche, physikalische Scherkräfte im Gewebe und eine fehlende Atmungsaktivität von Textilien als Risikofaktoren im Vordergrund. Die Haut von Neugeborenen, die intensivmedizinisch behandelt werden, ist dagegen per se äusserst empfindlich, jeder Flüssigkeits- und Wärmeverlust über die Haut kann zum Problem werden. "Während diese besonders verletzlichen Babys gesundgepflegt werden, sollte die Liegesituation keine zusätzlichen Komplikationen hervorrufen", so Empa-Forscher Annaheim. Dass herkömmliche Matratzen die Lösung für Neugeborene mit ganz unterschiedlichem Gewicht und verschiedenen Erkrankungen sein können, glaubt er nicht. Das Team um Annaheim sucht daher mit Forschenden der ETH Zürich, der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und des Universitäts-Kinderspital Zürich nach einer optimalen Liegefläche für die zarte Kinderhaut. Diese Matratze müsste sich individuell an den Körper anpassen können, um Kindern bei einem schwierigen Start ins Leben helfen zu können.

Hierzu ermittelten die Forschenden zunächst die Druckverhältnisse an den verschiedenen Körperregionen von Neugeborenen. "Unsere Drucksensoren haben gezeigt, dass Kopf, Schultern und untere Wirbelsäule die Zonen mit dem grössten Risiko für Druckstellen sind", sagt Annaheim. Diese Ergebnisse flossen in die Entwicklung einer luftgefüllten Matratze der besonderen Art ein: Ihre drei Kammern können mit Hilfe von Drucksensoren und einem Mikroprozessor über eine elektronische Pumpe präzise so befüllt werden, dass der Druck an den jeweiligen Stellen minimiert wird. Eine an der Empa entwickeltes Infrarot-Laser-Verfahren erlaubte es dabei die Matratze aus einer flexiblen, mehrschichtigen und hautschonenden Polymermembran ohne störende Kanten zu erzeugen.

Nach einem mehrstufigen Entwicklungsprozess im Labor durften erste kleine Patientinnen und Patienten auf dem Prototyp der Matratze liegen. Der Effekt machte sich sofort bemerkbar, als die Forschenden die Matratze je nach den individuellen Bedürfnissen der Babys unterschiedlich stark mit Luft füllten: Gegenüber einer herkömmlichen Schaumstoffmatratze reduzierte der Prototyp den Druck auf die gefährdeten Körperstellen um bis zu 40 Prozent.

Nach dieser erfolgreichen Pilotstudie wird der Prototyp in den Empa-Labors nun weiter optimiert. Demnächst starten Simon Annaheim und Doktorand Tino Jucker eine grösser angelegte Studie mit der neuen Matratze mit der Abteilung für Intensivmedizin & Neonatologie am Kinderspital Zürich.

Intelligente Sensoren beugen vor
In einem weiteren Projekt arbeiten Empa-Forschende daran, den sogenannten Dekubitus-Gewebeschäden bei Erwachsenen vorzubeugen. Hierbei werden die Risikofaktoren Druckbelastung und Durchblutungsstörung in hilfreiche Warnsignale umgewandelt.

Liegt man längere Zeit in der gleichen Position, führen Druck und Durchblutungsstörungen zu einer Unterversorgung des Gewebes mit Sauerstoff. Während der Sauerstoffmangel bei gesunden Menschen einen Reflex ausgelöst, sich zu bewegen, kann dieser neurologische Feedback-Loop etwa bei Menschen mit Querschnittslähmung oder bei Koma-Patienten gestört sein. Hier können smarte Sensoren helfen, frühzeitig vor dem Risiko eines Gewebeschadens zu warnen.

Im Projekt "ProTex" hat ein Team aus Forschenden der Empa, der Universität Bern, der Fachhochschule OST und der Bischoff Textil AG in St. Gallen ein Sensorsystem aus smarten Textilien mit zugehöriger Datenanalyse in Echtzeit entwickelt. "Die hautverträglichen textilen Sensoren enthalten zwei verschiedene funktionelle Polymerfasern», sagt Empa-Forscher Luciano Boesel vom "Biomimetic Membranes and Textiles"-Labor in St. Gallen. Neben Druck-sensitiven Fasern integrierten die Forschenden lichtleitende Polymerfasern (POFs), die der Sauerstoffmessung dienen. "Sobald der Sauerstoffgehalt in der Haut abfällt, signalisiert das hochempfindliche Sensorsystem ein steigendes Risiko für Gewebeschäden", erklärt Boesel. Die Daten werden dann direkt an den Patienten oder das Pflegepersonal übermittelt. So könne etwa eine liegende Person rechtzeitig umgelagert werden, bevor das Gewebe Schaden nimmt.

Patentierte Technologie
Die Technologie dahinter beinhaltet auch ein an der Empa entwickeltes neuartiges Mikrofluidik-Nassspinnverfahren für die Herstellung von POFs. Es erlaubt eine präzise Steuerung der Polymerkomponenten im Mikrometerbereich und eine sanftere, umweltfreundlichere Verarbeitung der Fasern. Das Mikrofluidik-Verfahren ist eines von drei Patenten, die bisher aus dem "ProTex"-Projekt hervorgegangen sind.

Ein weiteres Produkt ist ein atmungsaktiver Textilsensor, der direkt auf der Haut getragen wird. Das 2023 aus dem Projekt entstandene Spin-off "Sensawear" in Bern treibt derzeit die Markteinführung voran. Darüber hinaus ist Empa-Forscher Boesel überzeugt: "Die Erkenntnisse und Technologien aus "ProTex" werden künftig weitere Anwendungen im Bereich der tragbaren Sensorik und der smarten Kleidung ermöglichen."

Quelle:

Dr. Andrea Six, Empa

Federn und Daunen von Wassergeflügel (c) Daunen- und Federnverbände Mainz
05.03.2024

Klebstoffe: Federn statt Erdöl

Klebstoffe beruhen fast immer auf fossilen Rohstoffen wie Erdöl. Fraunhofer-Forschende haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem der biobasierte Rohstoff Keratin erschlossen wird. Die leistungsfähige Protein-Verbindung ist beispielsweise in Hühnerfedern enthalten. Damit kann man nicht nur eine Vielzahl unterschiedlicher Klebstoffe für verschiedene Anwendungsbereiche herstellen. Die Verfahren und Endprodukte sind vielmehr nachhaltig und orientieren sich am Grundprinzip einer bioinspirierten Kreislaufwirtschaft. Das gemeinsame Projekt mit der Henkel AG & Co. KGaA adressiert einen Milliardenmarkt.

Klebstoffe beruhen fast immer auf fossilen Rohstoffen wie Erdöl. Fraunhofer-Forschende haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem der biobasierte Rohstoff Keratin erschlossen wird. Die leistungsfähige Protein-Verbindung ist beispielsweise in Hühnerfedern enthalten. Damit kann man nicht nur eine Vielzahl unterschiedlicher Klebstoffe für verschiedene Anwendungsbereiche herstellen. Die Verfahren und Endprodukte sind vielmehr nachhaltig und orientieren sich am Grundprinzip einer bioinspirierten Kreislaufwirtschaft. Das gemeinsame Projekt mit der Henkel AG & Co. KGaA adressiert einen Milliardenmarkt.

Klebstoffe sind fast überall: in Sportschuhen, im Smartphone, im Bodenbelag, in Möbeln, in Textilien oder in Verpackungen. Sogar die Frontscheiben von Autos werden eingeklebt. Experten kennen mehr als 1000 unterschiedliche Klebstoff-Varianten. Diese verbinden fast alle denkbaren Materialien miteinander. Klebstoffe wiegen nicht viel und sind deshalb für den Leichtbau geeignet. Zudem verziehen sich geklebte Flächen nicht, da der Druck anders als bei Schraubverbindungen gleichmäßig verteilt wird. Klebstoff rostet nicht und dichtet gegen Feuchtigkeit ab. Zudem sind mit Klebstoff verbundene Flächen weniger empfindlich gegen Schwingungen. Und Klebstoffe sind preiswert und relativ einfach zu verarbeiten.

Federn aus der Geflügelfleischproduktion
Bisher werden Klebstoffe fast immer aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl hergestellt. Das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB geht nun einen anderen Weg. Die Forscherinnen und Forscher nutzen Federn als Ausgangsmaterial statt Erdöl. Federn fallen bei der Geflügelfleischherstellung als Abfälle an. Sie werden vernichtet oder in Tierfutter gemischt. Doch für Abfall sind die Federn viel zu schade, denn Federn enthalten das Strukturprotein Keratin. Dieses Biopolymer wird von Tieren für Krallen, Klauen, Hufe oder eben Federn gebildet. Seine Faserstruktur verleiht hohe Festigkeit.

Warum Keratin ideal für die Klebstoff-Herstellung ist
Keratin ist ein umweltfreundlicher, weil biologisch abbaubarer Stoff, der darüber hinaus durch seine Struktur jene Eigenschaften besitzt, die ihn für die Herstellung von Klebstoffen besonders geeignet machen. Die Polymer-Struktur, also die besonders langkettigen Moleküle, in Verbindung mit der Eigenschaft, über seine funktionellen Gruppen Vernetzungsreaktionen einzugehen, prädestiniert Keratin für die Herstellung von Klebstoffen aller Art. »Die für Klebstoffe erforderlichen Merkmale sind im Ausgangsmaterial gewissermaßen schon angelegt und müssen nur freigelegt, modifiziert und formuliert werden«, erklärt Projektleiter Dr. Michael Richter.

Plattform-Chemikalie und Spezialklebstoffe
Beim Projekt KERAbond »Spezialchemikalien aus maßgeschneiderten funktionalen Keratin-Proteinen« – Kera steht für Keratin, das englische Wort bond für Kleben – hat das Fraunhofer IGB in den letzten drei Jahren mit der Henkel AG & Co. KGaA zusammengearbeitet. Das Unternehmen ist Weltmarktführer im Klebstoff-Bereich.

Dabei haben die Projektpartner ein neues Verfahren entwickelt und optimiert. Im ersten Schritt werden die vom Schlachtbetrieb angelieferten Federn sterilisiert, gewaschen und mechanisch zerkleinert. Anschließend erfolgt ein enzymatischer Prozess, bei dem die langkettigen Polymere bzw. Protein-Ketten via Hydrolyse in kurzkettige Polymere gespalten werden.

Im Ergebnis soll eine Plattform-Chemikalie entstehen, die als Ausgangsstoff für die Weiterentwicklung speziell formulierter Klebstoffe dienen kann. „Wir nutzen das Verfahren und die Plattform-Chemikalie wie eine Toolbox, mit der wir die gewünschten Merkmale des Endprodukts herstellen“, sagt Richter. Auf diese Weise könnte man Parameter wie Aushärtezeit, Elastizität, Temperaturverhalten oder Festigkeit des gewünschten Spezialklebers festlegen. Daneben lassen sich nicht nur einfach Klebstoffe, sondern auch verwandte Substanzen wie Härter, Beschichtungen oder Grundierungen produzieren.

Im nächsten Schritt peilte das Fraunhofer-Team die Konversion der Federn im Großmaßstab an. Diese Hochskalierung fand am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna statt. Ziel war es zu beweisen, dass die Herstellung der Plattform-Chemikalien auf Keratin-Basis auch im industriellen Maßstab kostengünstig realisierbar ist. Dabei wurden mehrere Kilogramm Hühnerfedern verarbeitet, und das dabei produzierte Material konnte für erste vielversprechende Materialtests am Fraunhofer IGB und bei Henkel eingesetzt werden.

Baustein für eine bioinspirierte Ökonomie
Für die Fraunhofer-Gesellschaft hat diese bioinspirierte Verfahrenstechnik eine besondere Bedeutung. Biotechnologie zählt zu den zentralen Forschungsfeldern der Fraunhofer-Gesellschaft: „Wir lassen uns von Funktionen oder Eigenschaften inspirieren, die in der Natur oder in natürlichen Rohstoffen bereits vorhanden sind. Und wir versuchen, diese Eigenschaften durch innovative Herstellungsprozesse in die Produkte zu übersetzen. So entsteht ein bioinspirierter Kreislauf der wertvollen Rohstoffe,“ so Richter.

Ökonomisch hat das Projekt Gewicht. Nach Angaben von Statista wurden allein in Deutschland im Jahr 2019 rund eine Million Tonnen Klebstoffe produziert. Deren Gesamtwert beträgt etwa 1,87 Milliarden Euro.

Zum neuen Verfahren wurde eine Patentanmeldung eingereicht sowie eine Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen Fachjournal publiziert. Zwei Doktoranden, die bei Henkel und Fraunhofer intensiv an dem Projekt forschten, werden ihre Doktorarbeiten voraussichtlich im ersten Quartal 2024 abschließen können. Mit der neuen Technologie auf Keratin-Basis werden sich viele Plattform-Chemikalien nachhaltig und bioinspiriert produzieren lassen.

Das KERAbond-Projekt wurde über drei Jahre von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Gülzow im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft aus dem Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ gefördert und unterstützt (Förderkennzeichen 22014218).

Quelle:

Fraunhofer IBG

blueberries Foto: guentherlig, Pixabay
01.03.2024

Die geschmackvollste Art einer Beschichtung

Wissenschaftler finden heraus, warum Blaubeeren blau sind

Winzige äußere Strukturen in der Wachsbeschichtung von Heidelbeeren verleihen ihnen ihre blaue Farbe, wie Forscher der Universität Bristol herausgefunden haben. Dies gilt für viele Früchte mit der gleichen Farbe, darun-ter Zwetschgen, Schlehen und Wacholderbeeren.

Wissenschaftler finden heraus, warum Blaubeeren blau sind

Winzige äußere Strukturen in der Wachsbeschichtung von Heidelbeeren verleihen ihnen ihre blaue Farbe, wie Forscher der Universität Bristol herausgefunden haben. Dies gilt für viele Früchte mit der gleichen Farbe, darun-ter Zwetschgen, Schlehen und Wacholderbeeren.

In der Studie, die in Science Advances veröffentlicht wurde, zeigen die Forscher, warum Blaubeeren trotz der dunkelroten Farbe der Pigmente in der Fruchtschale blau sind. Ihre blaue Farbe wird vielmehr von einer Wachsschicht erzeugt, die die Frucht umgibt und aus Miniaturstrukturen besteht, die blaues und UV-Licht streuen. Dadurch wirken Heidelbeeren für den Menschen blau und für Vögel blau-UV. Die chromatische Blau-UV-Reflexion ergibt sich aus der Wechselwirkung der zufällig angeordneten Kristallstrukturen des epikutikularen Wachses mit dem Licht.
 
Rox Middleton, Forschungsstipendiat an der School of Biological Sciences in Bristol, erklärte: „Das Blau der Blaubeeren kann nicht durch Zerdrücken 'extrahiert' werden - denn es befindet sich nicht in dem pigmentierten Saft, der aus der Frucht gepresst werden kann. Deshalb wussten wir, dass etwas an der Farbe besonders sein musste.“

„Also haben wir das Wachs entfernt, auf Karton neu kristallisiert, und so konnten wir eine ganz neue Blaulichtfilter-Beschichtung herstellen.“
 
Der ultradünne Farbstoff ist etwa zwei Mikrometer dick, und obwohl er weniger stark reflektiert, ist er sichtbar blau und wirft UV-Strahlen gut zurück, was möglicherweise den Weg für neue Farbstoffmethoden ebnet.

"Es zeigt, dass die Natur einen wirklich raffinierten Trick entwickelt hat, eine ultradünne Schicht für einen wichtigen Farbstoff zu verwenden", fügte Rox hinzu.

Die meisten Pflanzen sind mit einer dünnen Wachsschicht überzogen, die mehrere Funktionen hat, von denen die Wissenschaftler viele noch nicht verstanden haben. Sie wissen, dass sie als hydrophobe, selbst-reinigende Beschichtung sehr wirksam sein kann.

Bis jetzt wussten die Forscher jedoch nicht, wie wichtig die Struktur für die sichtbare Färbung ist.

Jetzt will das Team nach einfacheren Möglichkeiten suchen, die Beschichtung nachzubilden und aufzutragen. Dies könnte zu einer nachhaltigeren, biokompatibleren und sogar essbaren UV- und blau-reflektierenden Farbe führen.

Außerdem könnten diese Beschichtungen die gleichen vielfältigen Funktionen haben wie die natürlichen biologischen Beschichtungen, die Pflanzen schützen.

Rox fügte hinzu: „Es war wirklich spannend herauszufinden, dass es einen unbekannten Färbemechanismus direkt vor unserer Nase gibt, und zwar bei beliebten Früchten, die wir ständig anbauen und essen.

„Noch spannender war es, diese Farbe zu reproduzieren, indem man das Wachs erntete, um eine neue blaue Beschichtung herzustellen, die noch niemand zuvor gesehen hat.

Die ganze Funktionalität dieses natürlichen Wachses in künstlich hergestellte Materialien einzubauen, ist ein Traum!“

Quelle:

Bristol University

Paper: ‘Self-assembled, Disordered Structural Colour from Fruit Wax Bloom’ by Rox Middleton et al in Science Advances.

CO2 in stabile Kohlenstoff-Nanofasern umwandeln (c) Zhenhua Xie/Brookhaven National Laboratory und Columbia University; Erwei Huang/Brookhaven National Laboratory
22.01.2024

CO2 in stabile Kohlenstoff-Nanofasern umwandeln

Die elektrokatalytisch-thermokatalytische Mehrfachumwandlung könnte dazu beitragen, die Emissionen eines starken Treibhausgases auszugleichen, indem Kohlenstoff in einem nützlichen Material eingeschlossen wird.

Die elektrokatalytisch-thermokatalytische Mehrfachumwandlung könnte dazu beitragen, die Emissionen eines starken Treibhausgases auszugleichen, indem Kohlenstoff in einem nützlichen Material eingeschlossen wird.

Wissenschaftler des Brookhaven National Laboratory des US-Energieministeriums (DOE) und der Columbia University haben eine Methode entwickelt, um Kohlendioxid (CO2), ein starkes Treibhausgas, in Kohlenstoff-Nanofasern umzuwandeln, Materialien mit einer breiten Palette einzigartiger Eigenschaften und vielen potenziellen langfristigen Einsatzmöglichkeiten. Ihre Strategie beruht auf einem Zusammenspiel von elektrochemischen und thermochemischen Reaktionen, die bei relativ niedrigen Temperaturen und Umgebungsdruck ablaufen. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Nature Catalysis beschreiben, könnte es mit diesem Ansatz gelingen, Kohlenstoff in einer nützlichen festen Form zu binden, um Kohlenstoffemissionen auszugleichen oder sogar negativ zu gestalten.

„Man kann die Kohlenstoff-Nanofasern in Zement einarbeiten, um ihn zu verstärken“, so Jingguang Chen, Professor für Chemieingenieurwesen an der Columbia University mit einer gleichzeitigen Anstellung am Brookhaven Lab, der die Forschungsarbeiten leitete. "Damit wäre der Kohlenstoff für mindestens 50 Jahre, möglicherweise sogar länger, im Beton eingeschlossen. Bis dahin sollte die Welt hauptsächlich auf erneuerbare Energiequellen umgestellt sein, die keinen Kohlenstoff freisetzen.

Als Bonus produziert das Verfahren auch Wasserstoffgas (H2), einen vielversprechenden alternativen Kraftstoff, der bei seiner Verwendung keine Emissionen verursacht.

Bindung oder Umwandlung von Kohlenstoff?
Die Idee, CO2 zu binden oder es in andere Stoffe umzuwandeln, um den Klimawandel zu bekämpfen, ist nicht neu. Aber die einfache Lagerung von CO2-Gas kann zu Lecks führen. Und bei vielen CO2-Umwandlungen werden Chemikalien oder Kraftstoffe auf Kohlenstoffbasis hergestellt, die sofort verwendet werden, wodurch das CO2 wieder in die Atmosphäre gelangt.

„Das Neue an dieser Arbeit ist, dass wir versuchen, CO2 in etwas umzuwandeln, das einen Mehrwert bietet, und zwar in einer festen, sinnvollen Form“, so Chen.

Solch feste Kohlenstoffmaterialien - einschließlich Kohlenstoff-Nanoröhren und Nanofasern mit Abmessungen im Milliardstel-Meter-Bereich - haben viele ansprechende Eigenschaften, darunter Festigkeit sowie thermische und elektrische Leitfähigkeit. Es ist jedoch keine einfache Angelegenheit, Kohlenstoff aus Kohlendioxid zu extrahieren und ihn zu diesen feinen Strukturen zusammenzufügen. Ein direkter, hitzegetriebener Prozess erfordert Temperaturen von über 1.000 Grad Celsius.

„Das ist für die CO2-Reduzierung in großem Maßstab sehr unrealistisch“, sagte Chen. „Im Gegensatz dazu haben wir einen Prozess gefunden, der bei etwa 400 Grad Celsius abläuft, was eine viel praktikablere, industriell erreichbare Temperatur ist.“

Der zweistufige Tandemprozess
Der Trick bestand darin, die Reaktion in mehrere Schritte aufzuteilen und zwei verschiedene Arten von Katalysatoren zu verwenden - Materialien, die es den Molekülen leichter machen, zusammenzukommen und zu reagieren.

„Wenn man die Reaktion in mehrere Teilschritte aufteilt, kann man verschiedene Arten von Energiezufuhr und Katalysatoren in Betracht ziehen, um jeden Teil der Reaktion zum Laufen zu bringen“, so Zhenhua Xie, Forscher am Brookhaven Lab und an der Columbia University, Hauptautor der Studie.

Die Wissenschaftler stellten zunächst fest, dass Kohlenmonoxid (CO) ein viel besseres Ausgangsmaterial als CO2 für die Herstellung von Kohlenstoff-Nanofasern (CNF) ist. Dann machten sie sich auf die Suche nach dem effizientesten Weg, um CO aus CO2 zu erzeugen.

Frühere Arbeiten ihrer Gruppe veranlassten sie, einen handelsüblichen Elektrokatalysator aus Palladium auf Kohlenstoffträgern zu verwenden. Elektrokatalysatoren treiben chemische Reaktionen mit Hilfe eines elektrischen Stroms an. In Gegenwart von fließenden Elektronen und Protonen spaltet der Katalysator sowohl CO2 als auch Wasser (H2O) in CO und H2 auf.

Für den zweiten Schritt wählten die Wissenschaftler einen hitzeaktivierten Thermokatalysator aus einer Eisen-Kobalt-Legierung. Er arbeitet bei Temperaturen um 400 Grad Celsius, also deutlich schonender als es eine direkte Umwandlung von CO2 in CNF erfordern würde. Sie entdeckten außerdem, dass die Zugabe von etwas zusätzlichem metallischem Kobalt die Bildung der Kohlenstoff-Nanofasern stark fördert.

„Durch die Kopplung von Elektrokatalyse und Thermokatalyse können wir mit diesem Tandemverfahren Dinge erreichen, die mit einem der beiden Verfahren allein nicht möglich sind“, so Chen.

Katalysator-Charakterisierung
Um herauszufinden, wie diese Katalysatoren im Detail funktionieren, führten die Wissenschaftler eine Vielzahl von Experimenten durch. Dazu gehörten computergestützte Modellierungsstudien, physikalische und chemische Charakterisierungsstudien an der Nationalen Synchrotronlichtquelle II (NSLS-II) des Brookhaven Labs - unter Verwendung der Quick X-ray Absorption and Scattering (QAS)- und Inner-Shell Spectroscopy (ISS)-Strahlführungen - sowie mikroskopische Aufnahmen in der Elektronenmikroskopie-Anlage des Center for Functional Nanomaterials (CFN) des Labs.

Bei der Modellierung verwendeten die Wissenschaftler Berechnungen der Dichtefunktionaltheorie (DFT), um die atomaren Anordnungen und andere Eigenschaften der Katalysatoren bei der Wechselwirkung mit der aktiven chemischen Umgebung zu analysieren.

"Wir untersuchen die Strukturen, um festzustellen, welches die stabilen Phasen des Katalysators unter den Reaktionsbedingungen sind", erklärte Studienmitautor Ping Liu von der Chemieabteilung in Brookhaven, der diese Berechnungen leitete. "Wir untersuchen die aktiven Stellen und wie sich diese Stellen mit den Reaktionszwischenprodukten verbinden. Indem wir die Barrieren oder Übergangszustände von einem Schritt zum anderen bestimmen, erfahren wir genau, wie der Katalysator während der Reaktion funktioniert."

Röntgenbeugungs- und Röntgenabsorptionsexperimente an der NSLS-II verfolgten, wie sich die Katalysatoren während der Reaktionen physikalisch und chemisch verändern. Die Synchrotron-Röntgenstrahlen zeigten beispielsweise, wie sich das metallische Palladium im Katalysator durch elektrischen Strom in Palladiumhydrid umwandelt, ein Metall, das für die Produktion von H2 und CO in der ersten Reaktionsstufe entscheidend ist.

Für die zweite Stufe „wollten wir wissen, wie die Struktur des Eisen-Kobalt-Systems unter den Reaktionsbedingungen aussieht und wie man den Eisen-Kobalt-Katalysator optimieren kann“, so Xie. Die Röntgenexperimente bestätigten, dass sowohl eine Legierung aus Eisen und Kobalt als auch zusätzliches metallisches Kobalt vorhanden sind und benötigt werden, um CO in Kohlenstoff-Nanofasern umzuwandeln.

„Die beiden arbeiten nacheinander zusammen“, sagte Liu, deren DFT-Berechnungen zur Erklärung des Prozesses beitrugen.

„Unserer Studie zufolge tragen die Kobalt-Eisen-Stellen in der Legierung dazu bei, die C-O-Bindungen des Kohlenmonoxids zu brechen. Dadurch wird atomarer Kohlenstoff verfügbar, der als Quelle für den Aufbau von Kohlenstoff-Nanofasern dient. Das zusätzliche Kobalt erleichtert dann die Bildung der C-C-Bindungen, die die Kohlenstoffatome miteinander verbinden", erklärte sie.

Recyclingfähig, kohlenstoffnegativ
„Die am CFN durchgeführten Analysen mit dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) zeigten die Morphologie, die Kristallstrukturen und die Elementverteilung in den Kohlenstoff-Nanofasern sowohl mit als auch ohne Katalysator“, sagt Sooyeon Hwang, Wissenschaftlerin am CFN und Mitautorin der Studie.

Die Bilder zeigen, dass der Katalysator beim Wachsen der Kohlenstoff-Nanofasern nach oben und von der Oberfläche weggeschoben wird. Das macht es einfach, das katalytische Metall zu recyceln, so Chen.

„Wir verwenden Säure, um das Metall auszulaugen, ohne die Kohlenstoff-Nanofaser zu zerstören, so dass wir die Metalle konzentrieren und recyceln können, um sie erneut als Katalysator zu verwenden“, führte er aus.

Diese einfache Wiederverwertung des Katalysators, die kommerzielle Verfügbarkeit der Katalysatoren und die relativ moderaten Reaktionsbedingungen für die zweite Reaktion tragen nach Ansicht der Forscher zu einer günstigen Bewertung der mit dem Verfahren verbundenen Energie- und sonstigen Kosten bei.

„Für praktische Anwendungen ist beides sehr wichtig - die Analyse des CO2-Fußabdrucks und die Wiederverwertbarkeit des Katalysators“, so Chen. „Unsere technischen Ergebnisse und diese anderen Analysen zeigen, dass diese Tandemstrategie eine Tür für die Dekarbonisierung von CO2 in wertvolle feste Kohlenstoffprodukte bei gleichzeitiger Erzeugung von erneuerbarem H2 öffnet."

Wenn diese Prozesse durch erneuerbare Energie angetrieben werden, wären die Ergebnisse wirklich kohlenstoffnegativ, was neue Möglichkeiten zur CO2-Minderung eröffnet.

Quelle:

Brookhaven National Laboratory
Übersetzung: Textination

Seide liefert die Bausteine zur Transformation der modernen Medizin Foto: Jenna Schad
31.10.2023

Seide liefert die Bausteine zur Transformation der modernen Medizin

Forscher an der Tufts-Universität nutzen Seidenproteine zur Herstellung von Handschuhen, die Viren erkennen, chirurgischen Schrauben, die sich im Körper auflösen, und anderen biomedizinischen Materialien der nächsten Generation

Etwa eine Meile nordwestlich des Tufts-Campus in Medford/Somerville befindet sich im vierten Stock einer umgebauten Wollfabrik ein Schrein für Seide. Glasvasen mit Seidenraupenkokons und gewaschenen Seidenfasern stehen kunstvoll auf einem Regal gegenüber einer bunten Zeichnung des Lebenszyklus von Bombyx mori, dem domestizierten Seidenspinner. Weiter innen grenzen weitere Kokons in Wandvitrinen an eine große Nahaufnahme von Seidenfasern, und auf Displays sind Dutzende von Prototypen aus Seide zu sehen, darunter intelligente Stoffe, Biosensoren, ein Helm, der bei einem Aufprall die Farbe wechselt, und potenzielle Ersatzstoffe für Materialien wie Leder, Kunststoff und Spanplatten.

Forscher an der Tufts-Universität nutzen Seidenproteine zur Herstellung von Handschuhen, die Viren erkennen, chirurgischen Schrauben, die sich im Körper auflösen, und anderen biomedizinischen Materialien der nächsten Generation

Etwa eine Meile nordwestlich des Tufts-Campus in Medford/Somerville befindet sich im vierten Stock einer umgebauten Wollfabrik ein Schrein für Seide. Glasvasen mit Seidenraupenkokons und gewaschenen Seidenfasern stehen kunstvoll auf einem Regal gegenüber einer bunten Zeichnung des Lebenszyklus von Bombyx mori, dem domestizierten Seidenspinner. Weiter innen grenzen weitere Kokons in Wandvitrinen an eine große Nahaufnahme von Seidenfasern, und auf Displays sind Dutzende von Prototypen aus Seide zu sehen, darunter intelligente Stoffe, Biosensoren, ein Helm, der bei einem Aufprall die Farbe wechselt, und potenzielle Ersatzstoffe für Materialien wie Leder, Kunststoff und Spanplatten.

Das Einzige, was fehlt, sind die Seidenraupen selbst, aber Fiorenzo Omenetto, der Direktor von Silklab und Frank C. Doble Professor of Engineering an der Tufts University, sagte, dass sie bald eintreffen werden. Das Labor baut ein Terrarium, in dem Besucher die Tiere besichtigen können.
„Wir werden ein Fest der Seidenraupen und Motten veranstalten“, so Omenetto.

Seide wird schon seit Tausenden von Jahren gezüchtet und geerntet. Am bekanntesten ist sie für den widerstandsfähigen, schimmernden Stoff, der aus ihren Fasern gewebt werden kann, aber sie wird auch seit langem in der Medizin zum Verbinden von Verletzungen und Nähen von Wunden verwendet. Im Silklab bauen Omenetto und seine Kollegen auf dem Erbe der Seide auf und beweisen, dass diese uralte Faser zur Entwicklung der nächsten Generation biomedizinischer Materialien beitragen könnte.
 
Die Raupen von Seidenspinnern, auch Seidenraupen genannt, stoßen einen einzigen klebrigen Seidenstrang aus ihrem Maul aus, um Cocons zu bilden, die von Seidenbauern zur Herstellung von Seidengarn geerntet werden. Im Kern besteht Seide aus einer Mischung von zwei Proteinen: Fi-Broin, das die Struktur der Faser bildet, und Sericin, das sie zusammenhält. Mit ein paar Handgriffen im Labor können Tufts-Forscher das Sericin entfernen und die Fasern auflösen, so dass sich ein trockener Kokon in eine mit Fibroin gefüllte Flüssigkeit verwandelt.

„Die Natur baut Strukturproteine, die sehr robust und sehr widerstandsfähig sind“, erläutert Omenetto. „Ihre Bausteine sind diese Fibroinproteine, die im Wasser schwimmen. Daraus kann man alles bauen, was man will.“

Beginnend mit Lieferungen getrockneter Kokons von Seidenfarmen konnten Omenetto und seine Kollegen Gele, Schwämme, klare, plastikähnliche Folien, bedruckbare Tinten, Feststoffe, die wie Bernstein aussehen, eintauchbare Beschichtungen und vieles mehr herstellen.

„Jedes der Materialien, die man herstellt, kann all diese verschiedenen Funktionen enthalten, und ein Tag hat nur 24 Stunden“, sagt Omenetto lachend. „Deshalb schlafe ich auch nicht.“

Biokompatibel und biologisch abbaubar
Als Omenetto vor fast zwei Jahrzehnten an die Tufts-Universität kam, konzentrierte sich seine Forschung auf Laser und Optik - Seide stand nicht auf dem Plan. Doch ein zufälliges Gespräch mit David Kaplan, dem Stern Family Professor of Engineering und Vorsitzenden der Abteilung Biomedizintechnik, brachte ihn auf einen neuen Weg.

Kaplan, der seit Anfang der 90er Jahre mit Seide arbeitet, entwarf ein Seidengerüst, das bei der Wiederherstellung der Hornhaut eines Menschen helfen sollte, indem es Zellen zwischen den Schichten wachsen ließ. Er brauchte eine Möglichkeit, um sicherzustellen, dass die wachsenden Zellen ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, und zeigte Omenetto das kleine, transparente Blatt, der sofort von dem Material fasziniert war. Omenetto konnte mit den Lasern seines Labors winzige Löcher in Kaplans Seidenhornhaut setzen. Schnell folgten weitere Kooperationen.
„Seitdem haben wir ununterbrochen zusammengearbeitet“, sagte Kaplan.

Eine dieser Forschungsrichtungen ist es, Wege zu finden, um Seide für die Reparatur und das Nachwachsen von Knochen, Blutgefäßen, Nerven und anderem Gewebe zu nutzen. Seide ist biokompatibel, d. h. sie schadet dem Körper nicht und lässt sich auf vorhersehbare Weise abbauen. Mit der richtigen Vorbereitung können Seidenmaterialien die notwendige Festigkeit und Struktur bieten, während der Körper heilt.

„Man kann die Seide so bearbeiten und formen, wie man sie braucht, und sie wird das erforderliche Format beibehalten, während das native Gewebe in die Lücke hineinwächst und das Seidenmaterial abgebaut wird“, sagte Kaplan. „Schließlich ist es zu 100 Prozent verschwunden, und man hat wieder sein normales Gewebe.“

Ein Teil dieser Arbeit wurde bereits von der US-amerikanischen Food and Drug Administration freigegeben. Ein Unternehmen namens Sofregen, das aus der Forschung von Kaplan und Omenetto hervorgegangen ist, verwendet ein injizierbares Gel auf Seidenbasis, um beschädigte Stimmbänder wieder zu reparieren, also das Gewebe, das den Luftstrom reguliert und uns beim Sprechen hilft.
Die stabilen Seidenstrukturen können ihre Größe, Form und Funktion über Jahre hinweg beibehalten, bevor sie sich abbauen. Aber in einigen Fällen, z. B. bei chirurgischen Schrauben und Platten, die für schnell wachsende Kinder bestimmt sind, wäre dieses Tempo zu langsam. Die Forscher mussten einen Weg finden, um die Zeit zu beschleunigen, in der sich dichtes Seiden-Biomaterial abbaut. Sie setzten der Seide ein körpereigenes Enzym zu, um den Abbauprozess zu beschleunigen. Die Idee ist, dass das Enzym trocken und inaktiv in der Seidenvorrichtung sitzt, bis die Struktur in einem Menschen eingesetzt wird, und dass dann die Vorrichtung hydratisiert und das Enzym aktiviert wird, um das Material schneller zu zersetzen.

„Wir können genau die richtige Menge an Enzymen zugeben, damit eine Schraube in einer Woche, einem Monat oder einem Jahr verschwindet“, so Kaplan. „Wir haben die volle Kontrolle über den Prozess.“
Gegenwärtig arbeiten Kaplan und sein Labor an anderen kleinen, abbaubaren medizinischen Geräten, die dazu beitragen würden, die Zahl der Operationen, die Patienten benötigen, zu verringern. So werden beispielsweise bei chronischen Ohrinfektionen häufig Ohrschläuche implantiert, die dann operativ entfernt werden müssen. Kaplan und seine Kollegen haben Ohrschläuche aus Seide entwickelt, die sich von selbst abbauen und sogar Antibiotika enthalten können.

„Als jemand, dessen Tochter sechs Operationen am Ohr hinter sich hat, weiß ich, wie hilfreich dies sein kann“, so Kaplan.

Quelle:

Laura Castañón, Tufts University, Massachusetts USA

Vom MIT zum Burning Man: Der Living Knitwork Pavilion Credit Irmandy Wicaksono
24.10.2023

Vom MIT zum Burning Man: Der Living Knitwork Pavilion

Vor der gewaltigen und surrealen Kulisse der Black Rock Desert in Nevada findet alljährlich der Burning Man statt, der die flache, karge Wüste in einen riesigen Spielplatz für künstlerischen und kreativen Ausdruck verwandelt. Die "Burners" kommen hierher, um die flüchtige Black Rock City, die die Teilnehmer jedes Jahr aufs Neue errichten, zu erleben und mitzugestalten. Mit ihren zahllosen Kunstinstallationen und Performances ist die Black Rock City ein temporäres Zuhause für kreative Köpfe aus der ganzen Welt.

Vor der gewaltigen und surrealen Kulisse der Black Rock Desert in Nevada findet alljährlich der Burning Man statt, der die flache, karge Wüste in einen riesigen Spielplatz für künstlerischen und kreativen Ausdruck verwandelt. Die "Burners" kommen hierher, um die flüchtige Black Rock City, die die Teilnehmer jedes Jahr aufs Neue errichten, zu erleben und mitzugestalten. Mit ihren zahllosen Kunstinstallationen und Performances ist die Black Rock City ein temporäres Zuhause für kreative Köpfe aus der ganzen Welt.

Unter den großformatigen Kunstwerken befand sich in diesem Jahr der Living Knitwork Pavilion, ein ungewöhnliches architektonisches Werk, das aus gestrickten Textilien und einem Holzgitter gefertigt wurde. Die Installation wurde von einem Forscherteam des MIT Media Lab und der MIT School of Architecture and Planning unter der Leitung der Doktorandin Irmandy Wicaksono entwickelt und gebaut und mit dem Black Rock City Honorarium 2023 ausgezeichnet. Für das Team war es ein äußerst anspruchsvolles und erfüllendes Projekt, das viele neue Erkenntnisse und Überraschungen bot. Zu erleben, wie die Installation mitten in der Wüste entstanden ist und erstrahlt, war wirklich magisch.

Im Living Knitwork Pavilion sind 12 modulare Stoffbahnen, die so genannten Knitwork Petals (gestrickte Blütenblätter), durch einen zentralen Turm miteinander verbunden. Die gesamte Installation bildet eine zwölfeckige pyramidenförmige Schattenstruktur, die 18 Fuß hoch und 26 Fuß breit ist und an ein Tipi erinnert. Die Stoffe wurden mit Hilfe von digitalem Strickmaschinen und einer Sammlung von funktionellen und herkömmlichen Garnen, einschließlich photochromer, leuchtender und leitfähiger Garne, entwickelt. Wicaksono ließ sich von den komplizierten Textilmustern und Tempelschnitzereien in Indonesien inspirieren und nutzte die Spannung zwischen gestrickten Polyester- und Spandexgarnen, um textile Texturmuster oder Reliefs zu schaffen. Die Verschmelzung von parametrischen und handgefertigten Motiven verwandelt das "Living Knitwork" in ein erzählerisches Kunstwerk, das sowohl die Ehrfurcht vor der alten Kunst als auch eine Vision für die Zukunft widerspiegelt. Diese Reliefs voller Symbole und Illustrationen stellen 12 Geschichten der Zukunft dar - von Solarpunk-Städten und Bio-Maschinen-Schnittstellen bis hin zur Tiefsee und Weltraumforschung.

Burning Man und die Black Rock Wüste sind für ihre Kletteren-thusiasten und starken Winde bekannt. Da solche Windböen dazu führen können, dass sich Stoffe wie Segel verhalten und eine erhebliche Kraft ausüben, entwarf das Team eine Struktur, die das Körpergewicht vieler Kletterer tragen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 70 mph standhalten kann.

Die fertige Mittelstruktur des Pavillons besteht aus einem asymptotischen Gittergeflecht aus Holz- und Verbindungselementen, das für die statische Festigkeit optimiert ist und gleichzeitig den Materialverbrauch minimiert. Die gestrickten Blütenblätter, die mit einer doppelt gestrickten Struktur und Netzöffnungen integriert und durch das Schmelzen von Garnen thermogeformt wurden, sorgen für strukturelle Stabilität. Maßgeschneiderte Kanäle für Seile und Kabel wurden ebenfalls in das Strickdesign integriert, um sicherzustellen, dass jedes Gewebe und jede elektrische Komponente sicher verankert und geschützt ist, ohne die ästhetische Gestaltung zu beeinträchtigen. Der Living Knitwork Pavillon, der dieses Jahr Windstärken von bis zu 36 mph ausgesetzt war, blieb während der gesamten Burning Man-Veranstaltung standhaft und bewies damit seine Widerstandsfähigkeit unter extremen Wüstenbedingungen.

Zur Unterstützung von Burning Man's Anliegen einer nachhaltigeren Kunst, nutzte der Living Knitwork Pavillon die additive Fertigung von digitalem Stricken. Diese Methode ermöglichte die Herstellung individueller, mehrschichtiger Textilien, die sowohl ästhetisch als auch funktional sind, während gleichzeitig der Verbrauch von Rohstoffen und Abfall minimiert wurde. Das Team verwendete für seine Stoffe recycelte Materialien, wobei 60 Prozent der Garne aus recycelten Plastikflaschen stammen. Der Pavillon wird außerdem vollständig mit Batterieenergie und Solarzellen betrieben. Das Team arbeitete mit der Solar Library zusammen, einem skulpturalen Solarpanel, das Energie an andere Kunstwerke auf der Playa verteilt, um Generatoren und Lärm zu vermeiden und gleichzeitig die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu fördern.

Tagsüber dient der Living Knitwork Pavilion als Schattenspender und gemeinschaftlichee Raum für Meditati-on und Entdeckungen. Wenn sich die Sonne im Laufe des Tages weiterbewegt, werden verborgene, verschlüsselte Textilmuster und visuelle Erfahrungen durch Photochromie und leuchtendes Glühen enthüllt. Wenn die Dämmerung über der Wüste hereinbricht, vollzieht der Pavillon eine Metamorphose und beleuchtet seine Umgebung durch ein beeindruckendes Licht- und Audiosystem. Durch ein verteiltes Netzwerk von Antennen, die in die zentrale Struktur und in jedes gestrickte Blütenblatt eingebettet sind, wollte das Team letztlich eine persönliche Erfahrung schaffen, die es individuellen und kollektiven Bewegungen und Aktivitäten ermöglicht, das Gesamtambiente des Raums zu beeinflussen, einschließlich Klang und Beleuchtung

Während des gesamten Burning Man fanden im Pavillon auch Pop-up-Events statt, von Yoga-Sitzungen über Tanzvorführungen und Live-Musik bis hin zu einer Hochzeitszeremonie. Leider wurde die Black Rock Desert in den letzten beiden Tagen der Veranstaltung von einem heftigen Regenschauer heimgesucht - eine Seltenheit für diese Veranstaltung. Diese klimatische Wendung wirkte sich jedoch positiv auf den Pavillon aus, da die Textiloberfläche von dem angesammelten Staub befreit wurde und ihre leuchtend blaue Farbe wieder auflebte.

Das Ergebnis dieses umfassenden Projekts ist eine Zusammenarbeit, die Grenzen zwischen den Disziplinen überschreitet. Das Forschungsteam möchte Communities zusammenbringen und die bemerkenswerten Möglichkeiten aufzeigen, die sich ergeben, wenn Architektur, Technologie und Textilkunst zusammenkommen.

The interdisciplinary group behind the Living Knitwork Pavilion includes researchers from across the Media Lab, the MIT Center for Bits and Atoms, and the Department of Architecture: Irmandy Wicaksono, Sam Chin, Alfonso Parra Rubio, Nicole Bakker, Erik Strand, Gabriela Advincula, Manaswi Mishra, Age van der Mei, Judyta Cichoka, Tongge Yu, and Angelica Zhang.  

 

Quelle:

Massachusetts Institute of Technology MIT News

Ein kurzer Check mit dem Smartphone und der integrierten Spektralanalyse erkennt das Gewebe des Kleidungsstücks. Foto: © Fraunhofer IPMS. Ein kurzer Check mit dem Smartphone und der integrierten Spektralanalyse erkennt das Gewebe des Kleidungsstücks.
10.10.2023

Kleider-Check mit Smartphone, KI und Infrarot-Spektroskopie

Fraunhofer-Forschende haben ein ultrakompaktes Nah-Infrarot-Spektrometer entwickelt, das sich für die Analyse und Bestimmung von Textilien eignet. Durch die Kombination von Bildgebung, speziellen KI-Algorithmen (KI, Künstliche Intelligenz) und Spektroskopie lassen sich auch Mischgewebe zuverlässig erkennen. Die Technologie könnte das Recycling von Altkleidern optimieren und eine sortenreine Trennung von Altkleidern ermöglichen. Eine miniaturisierte Variante des Systems passt sogar in Smartphones. Dadurch könnten sich für Konsumenten zahlreiche neue Anwendungen im Alltag ergeben – vom Kleider-Check beim Shopping bis zur Prüfung auf Plagiate.

Fraunhofer-Forschende haben ein ultrakompaktes Nah-Infrarot-Spektrometer entwickelt, das sich für die Analyse und Bestimmung von Textilien eignet. Durch die Kombination von Bildgebung, speziellen KI-Algorithmen (KI, Künstliche Intelligenz) und Spektroskopie lassen sich auch Mischgewebe zuverlässig erkennen. Die Technologie könnte das Recycling von Altkleidern optimieren und eine sortenreine Trennung von Altkleidern ermöglichen. Eine miniaturisierte Variante des Systems passt sogar in Smartphones. Dadurch könnten sich für Konsumenten zahlreiche neue Anwendungen im Alltag ergeben – vom Kleider-Check beim Shopping bis zur Prüfung auf Plagiate.

Infrarot-Spektrometer sind leistungsstarke Messinstrumente, wenn es darum geht, organische Materialien zerstörungsfrei zu analysieren. Jetzt hat das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden ein Spektralanalyse-System entwickelt, das Textilgewebe analysiert und erkennt. Auch Mischgewebe erkennt das System zuverlässig. Die Anwendungsmöglichkeiten reichen vom Materialcheck beim Kauf über das korrekte Reinigen der Kleidung bis hin zum nachhaltigen und sortenreinen Recycling. Das Spektrometer ist so klein, dass es sich in ein Smartphone integrieren lässt.

Um die nötige Zuverlässigkeit und Präzision bei der Bestimmung von Textilien zu erreichen, setzen die Fraunhofer-Forschenden auf die Nah-Infrarot-Spektroskopie (NIR). Das System arbeitet mit Wellenlängen zwischen 950 und 1900 Nanometer, also nah am sichtbaren Spektralbereich. Vorteile der Nah-Infrarot-Technik sind die einfache Handhabung und die vielfältigen Einsatzgebiete. »Wir kombinieren NIR-Spektroskopie mit Bildgebung und KI und erreichen so eine höhere Genauigkeit bei der Erkennung und Bewertung von Objekten«, erklärt Dr. Heinrich Grüger, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Sensorische Mikromodule am Fraunhofer IPMS.

So funktioniert die Textilanalyse
Im ersten Schritt wird ein Bild des Kleidungsstücks mit einem herkömmlichen Kameramodul aufgenommen. Die KI wählt aus den Bildinformationen des Textilgewebes einen prägnanten Punkt, der vom Spektralanalyse-Modul untersucht werden soll. Das vom Stoff reflektierte Licht wird vom Spektrometer-Modul erfasst. Dort dringt es durch einen Eintrittsspalt, wird mit einem Kollimations-Spiegel in parallele Lichtstrahlen gebracht und über einen Scanner-Spiegel auf ein Gitter gelenkt. Je nach Ein- und Austrittswinkel teilt das Gitter die Lichtstrahlen in verschiedene Wellenlängen auf. Das vom Gitter reflektierte Licht wird über den Scanner-Spiegel auf einen Detektor geleitet, der das Licht als elektrisches Signal erfasst. Dann digitalisiert ein A/D-Wandler (Analog-Digital) die Signale, die schließlich im Signalprozessor ausgewertet werden. Das so entstehende spektrometrische Profil des Textilgewebes verrät durch Abgleich mit einer Referenzdatenbank, um welche Fasern es sich handelt. »Das optische Auflösungsvermögen liegt bei 10 Nanometer. Durch die hohe Auflösung kann das NIR-Spektrometer mithilfe von KI auch Mischgewebe wie etwa Kleidungsstücke aus Polyester und Baumwolle bestimmen«, sagt Grüger. Mit einer Fläche von 10 mal 10 und einer Höhe von 6,5 Millimeter ist das System so kompakt, dass man es problemlos in ein handelsübliches Smartphone integrieren könnte.

Recycling von Altkleidern
Eine wichtige Anwendung für das KI-gesteuerte Spektrometer sieht Grüger vor allem im Recycling. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden 2021 bei den privaten Haushalten in Deutschland rund 176 200 Tonnen Textil- und Bekleidungsabfälle gesammelt. Durch die NIR-Spektroskopie könnte das Recycling optimiert und der Altkleiderberg reduziert werden. Altkleiderverwerter hätten dann die Möglichkeit, Kleidung besser und schneller zu sortieren. Textilien, die noch intakt sind, gehen beispielsweise in den Second-Hand-Handel. Beschädigte Textilien werden sortenrein recycelt und die darin enthaltenen Fasern wie Leinen, Seide, Baumwolle oder Lyocell wiederverwendet. Hoffnungslos verschmutzte Textilwaren würden thermisch verwertet oder beispielsweise zu Dämmmatten verarbeitet. Die Spektroskopie-Technik erledigt das Bestimmen und Sortieren der Textilien genauer und deutlich schneller als ein Mensch.

Wird die NIR-Spektroskopie in ein Smartphone integriert, könnten auch Konsumenten von der Technik des Fraunhofer-Instituts profitieren. Beim Kauf von Kleidern zeigt ein schneller Check mit dem Smartphone, ob der teure Seidenschal auch wirklich aus Seide ist und das exklusive Kleid des Modelabels nicht vielleicht doch ein Plagiat, das sich durch eine andere Gewebemischung verrät. Und sollte einmal das Etikett mit den Reinigungshinweisen nicht mehr lesbar sein, hilft das Smartphone via Textilscanner, das Gewebe zu identifizieren und damit den passenden Waschgang einzustellen.

Lebensmittel-Check und Dermatologie
Für die Forschenden aus dem Fraunhofer IPMS sind auch Anwendungen außerhalb des Textilbereichs denkbar. Mit Spektrometer ausgestattete Smartphones können beim Kauf von Lebensmitteln wie Gemüse und Obst Auskunft über die Qualität geben. Außerdem wäre es denkbar, die Technik für die Untersuchung der Haut einzusetzen. Ein schneller Scan mit dem Handy-Spektrometer könnte besonders trockene oder fettige Stellen identifizieren. Selbst Anwendungen in der medizinischen Diagnose etwa bei der Untersuchung von Stellen auf der Haut, bei denen der Verdacht auf ein Melanom besteht, ließen sich realisieren, hier allerdings mit fachärztlicher Unterstützung.

Bei der Entwicklung kommt dem Fraunhofer-Team jahrzehntelange Erfahrung mit dem Bau von NIR-Spektrometern in MEMS-Technik (Micro-Electro-Mechanical Systems) zugute. »Über die Jahre ist es uns gelungen, die großen Spektroskopie-Geräte aus dem Labor mit MEMS-Technologie so zu verkleinern, dass sie auch für den mobilen Einsatz geeignet sind«, sagt Grüger. Er hatte bereits im Jahr 2000 gemeinsam mit dem heutigen Institutsleiter Prof. Harald Schenk das Scanning-Grating-Spektrometer erfunden, das noch heute als Einstieg in die MEMS-Spektroskopie gilt.

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme

Die Forscher stellten formverändernde Fasern her, indem sie einen ballonartigen Schlauch in eine geflochtene Textilhülle einkapselten. (c) : Muh Amdadul Hoque. Die Forscher stellten formverändernde Fasern her, indem sie einen ballonartigen Schlauch in eine geflochtene Textilhülle einkapselten.
27.09.2023

Künstliche Muskelfasern als Zellgerüst

In zwei neuen Studien haben Forschende der North Carolina State University eine Serie von Textilfasern entwickelt und getestet, die ihre Form verändern und wie ein Muskel Kraft erzeugen können. In der ersten Studie untersuchten die Forscher den Einfluss der Materialien auf die Stärke und die Kontraktionslänge der künstlichen Muskeln. Die Forschungsergebnisse könnten helfen, die Fasern für verschiedene Anwendungen anzupassen.

In der zweiten Studie, der Proof-of-Concept-Studie, testeten die Forscher ihre Fasern als Gerüst für lebende Zellen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die als „Faserrobots“ bezeichneten Fasern möglicherweise zur Entwicklung von 3D-Modellen lebender, sich bewegender Systeme im menschlichen Körper verwendet werden könnten.

In zwei neuen Studien haben Forschende der North Carolina State University eine Serie von Textilfasern entwickelt und getestet, die ihre Form verändern und wie ein Muskel Kraft erzeugen können. In der ersten Studie untersuchten die Forscher den Einfluss der Materialien auf die Stärke und die Kontraktionslänge der künstlichen Muskeln. Die Forschungsergebnisse könnten helfen, die Fasern für verschiedene Anwendungen anzupassen.

In der zweiten Studie, der Proof-of-Concept-Studie, testeten die Forscher ihre Fasern als Gerüst für lebende Zellen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die als „Faserrobots“ bezeichneten Fasern möglicherweise zur Entwicklung von 3D-Modellen lebender, sich bewegender Systeme im menschlichen Körper verwendet werden könnten.

„Wir haben festgestellt, dass unser Faserrobot ein sehr geeignetes Gerüst für Zellen ist. Um eine geeignetere Umgebung für die Zellen zu schaffen, können wir die Frequenz und das Kontraktionsverhältnis verändern,“ sagte Muh Amdadul Hoque, Doktorand in Textiltechnik, Chemie und Wissenschaft an der NC State. „Dies waren Proof-of-Concept-Studien; letztendlich ist es unser Ziel, herauszufinden, ob wir diese Fasern als Gerüst für Stammzellen nutzen oder sie in zukünftigen Studien zur Entwicklung künstlicher Organe verwenden können.“
 
Die Forscher stellten die formverändernden Fasern her, indem sie einen ballonartigen Schlauch aus einem gummiähnlichen Material in eine geflochtene Textilhülle einkapselten. Wird der im Innern befindliche Ballon mit einer Luftpumpe aufgeblasen, dehnt sich der geflochtene Mantel aus, wodurch er sich verkürzt.

Die Forschenden maßen die Kraft und die Kontraktionsraten von Fasern aus verschiedenen Materialien, um den Zusammenhang zwischen Material und Performance zu verstehen. Sie stellten fest, dass stärkere Garne mit größerem Querschnitt eine stärkere Kontraktionskraft erzeugen. Darüber hinaus fanden sie heraus, dass das für die Herstellung des Ballons verwendete Material einen Einfluss auf die Stärke der Kontraktion und die erzeugte Kraft ausübte.
 
„Wir haben nachgewiesen, dass wir die Materialeigenschaften an die erforderliche Leistung des Geräts anpassen können“, so Xiaomeng Fang, Assistenzprofessorin für Textiltechnik, Chemie und Wissenschaft an der NC State. "Wir haben auch gezeigt, dass wir dieses Gerät klein genug machen können, so dass wir es potenziell bei der Herstellung von Textilien und anderen Textilanwendungen einsetzen können, unter anderem in Wearables und Hilfsmitteln."
 
In einer Folgestudie untersuchten die Forschenden, ob sie die formverändernden Fasern als Gerüst für Fibroblasten verwenden könnten, eine Zellart, die in Bindegeweben vorkommt und andere Gewebe oder Organe stützt.

„Die Dehnung soll die dynamischen Bewegungen des Körpers imitieren“, sagt Jessica Gluck, Assistenzprofessorin für Textiltechnik, Chemie und Wissenschaft an der NC State University und Mitautorin der Studie.

Die Wissenschaftler untersuchten die Reaktion der Zellen auf die Bewegung der formverändernden Fasern sowie auf die verschiedenen Materialien, die bei der Faserstruktur verwendet wurden. Sie fanden heraus, dass die Zellen in der Lage waren, die Flechthülle des Faserrobots zu bedecken und sogar zu durchdringen, stellten jedoch eine Abnahme der Stoffwechselaktivität der Zellen fest, wenn die Kontraktion des Faserrobots über ein bestimmtes Maß hinaus anhielt, im Vergleich zu einer Einheit aus demselben Material, die sie stationär hielten.

The researchers are interested in building on the findings to see if they could use the fibers as a 3D biological model, and to investigate whether movement would impact cell differentiation. They said their model would be an advance over other existing experimental models that have been developed to show cellular response to stretching and other motion, since they can only move in two dimensions.
Die Ergebnisse sollen weiter ausgebaut werden, um zu sehen, ob die Fasern als biologisches 3D-Modell verwenden werden können, und weiter, um zu untersuchen, ob die Bewegung die Zellteilung beeinflussen würde. Ihr Modell wäre ein Fortschritt gegenüber anderen experimentellen Modellen, die entwickelt wurden, um die Reaktion von Zellen auf zweidimensionale Dehnung und andere Bewegungen zu zeigen.
 
„Wenn man Zellen dehnen oder belasten will, legt man sie normalerweise auf eine Kunststoffschale und dehnt sie in eine oder zwei Richtungen“, sagte Gluck. „In dieser Studie konnten wir zeigen, dass die Zellen in dieser dynamischen 3D-Kultur bis zu 72 Stunden überleben können.“

„Dies ist besonders nützlich für Stammzellen“, fügte Gluck hinzu. „In Zukunft könnten wir untersuchen, was auf zellulärer Ebene bei mechanischer Belastung passiert. Man könnte Muskelzellen betrachten und sehen, wie sie sich entwickeln, oder analysieren, wie die mechanische Einwirkung zur Zellteilung beitragen würde.“

Die Studie „Effect of Material Properties on Fiber-Shaped Pneumatic Actuators Performance” wurde am 18. März in Actuators veröffentlicht. Emily Petersen war Mitautorin. Die Studie wurde durch eine Anschubfinanzierung gefördert, die Fang vom Department of Textile Engineering, Chemistry and Science der NC State University erhielt.

Die Studie mit dem Titel „Development of a Pneumatic-Driven Fiber-Shaped Robot Scaffold for Use as a Complex 3D Dynamic Culture System“ (Entwicklung eines pneumatisch angetriebenen faserförmigen Robotgerüsts zur Verwendung als komplexes dynamisches 3D-Kultursystem) wurde am 21. April online in Biomimetics veröffentlicht. Neben Gluck, Hoque und Fang gehörten Nasif Mahmood, Kiran M. Ali, Eelya Sefat, Yihan Huang, Emily Petersen und Shane Harrington zu den Co-Autoren. Die Studie wurde vom NC State Wilson College of Textiles, der Abteilung für Textiltechnik, -chemie und -wissenschaft sowie dem Wilson College of Textiles Research Opportunity Seed Fund Program finanziert.

Quelle:

North Carolina State University, Laura Oleniacz. Übersetzung Textination

Carbon U Profil (c) vombaur GmbH & Co. KG
19.09.2023

„Ein Raumschiff wird ja nicht von der Stange gefertigt.“

vombaur-Pioniere für Spezialtextilien im Interview
Technische Schmaltextilien, Speziallösungen, mittelständischer Textilproduzent und Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles: vombaur. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Energiepreise, Pionierarbeit und ungebrochene Begeisterung – Textination sprach mit zwei leidenschaftlichen Textilern: Carl Mrusek, Chief Sales Officer (CSO), und Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien, in der vombaur GmbH, die wie JUMBO-Textil zur Textation Group gehört.
 

vombaur-Pioniere für Spezialtextilien im Interview
Technische Schmaltextilien, Speziallösungen, mittelständischer Textilproduzent und Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles: vombaur. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Energiepreise, Pionierarbeit und ungebrochene Begeisterung – Textination sprach mit zwei leidenschaftlichen Textilern: Carl Mrusek, Chief Sales Officer (CSO), und Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien, in der vombaur GmbH, die wie JUMBO-Textil zur Textation Group gehört.
 
Wer auf Ihre Geschichte und damit bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurückschaut, sieht eine Bändermanufaktur und ab 1855 eine Fabrikation von Seiden- und Hutbändern. Heute produzieren Sie Filtra¬tionstextilien, Industrietextilien und Textilien für Verbundstoffe. Zwar fertigen Sie auch heute noch Schmaltextilien, aber das Motto „Transformation als Chance“ scheint bei vombaur gelebte Realität.
 
Carl Mrusek, Chief Sales Officer: Ja, vombaur hat sich in seiner fast 220-jährigen Unternehmensgeschichte einige Male verwandelt. Dabei ist sich das Unternehmen als Schmaltextiler immer treu geblieben. Das zeugt von der Veränderungsbereitschaft bei den Menschen im Unternehmen und von ihrer Neugier. Erfolgreiche Transformation ist eine gemeinsame Entwicklung, es liegt eine Chance in der Veränderung. Das hat vombaur in den vergangenen fast 220 Jahren schon häufig bewiesen: Wir haben unsere Produkt-Portfolio an neue Zeiten angepasst, wir haben neue Fabrikgebäude und neue Maschinenparks errichtet, haben neue Materialien eingeführt und neue Technologien entwickelt, wir sind neue Partnerschaften – wie zuletzt als Teil der Textation Group – eingegangen. Aktuell planen wir unsere neue Zentrale. Wir erfinden uns damit nicht neu, aber eine Art Transformationsprozess werden wir auch mit dem Umzug in die brandneuen, klimagerechten Hightech-Räume durchlaufen.

 

Können Sie die Herausforderungen dieses Transformationsprozesses beschreiben?
 
Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien: Eine Transformation vollzieht sich in der Regel technisch, fachlich, organisatorisch und nicht zuletzt – vielleicht sogar zuallererst – kulturell. Die technischen Herausforderungen liegen auf der Hand. Um die neuen Technologien zu managen und zu nutzen, braucht es zweitens entsprechendes Fachwissen im Unternehmen. Jede Transformation bringt drittens neue Prozesse mit sich, Teams und Abläufe müssen angepasst werden. Und schließlich verändert sich viertens auch die Unternehmenskultur. Technik, kann man sich beschaffen, Fachwissen erwerben, die Organisation anpassen. Zeit dagegen können wir nicht kaufen. Die größte Herausforderung sehe ich deshalb darin, die personellen Ressourcen bereitzustellen: Damit wir die Transformation aktiv gestalten und nicht durch die Entwicklung getrieben werden, brauchen wir ausreichend Fachkräfte.

 

Beim Besuch Ihrer Website fällt sofort der Claim „pioneering tech tex“ ins Auge. Weshalb sehen Sie Ihr Unternehmen als Pionier, und worin bestehen die bahnbrechenden oder wegbereitenden Innovationen von vombaur?

Carl Mrusek: Wir sind mit unserem einzigartigen Maschinenpark Pionier*innen für nahtlos rundgewebte Textilien. Und als Entwicklungspartner betreten wir mit jedem Auftrag ein kleines Stück weit Neuland. Wir nehmen immer neue projektspezifische Veränderungen vor: an den Endprodukten, an den Produkteigenschaften, an den Maschinen. Dass wir für ein spezielles nahtlos gewebtes Formtextil eine Webmaschine anpassen, bisweilen auch ganz neu entwickeln, kommt regelmäßig vor.
 
Mit unserem jungen, erstklassigen und wachsenden Team für Development and Innovation um Dr. Sven Schöfer, lösen wir unseren Anspruch „pioneering tech tex“ immer wieder ein, indem wir mit und für unsere Kunden spezielle textile Hightech-Lösungen entwickeln. Parallel erkunden wir aktiv neue Möglichkeiten. Zuletzt mit nachhaltigen Materialien für den Leichtbau und Forschungen zu neuartigen Sonderfiltrationslösungen etwa zur Filtration von Mikroplastik. Für dieses Team ist im Neubau ein hochmodernes textiltechnisches Labor vorgesehen.

 

Die Entwicklung der technischen Textilien in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Mit Massenware können wir global betrachtet nur noch in Ausnahmefällen reüssieren. Wie schätzen Sie die Bedeutung technischer Textilien made in Germany für den Erfolg anderer, insbesondere hoch technologisierter Branchen ein?

Carl Mrusek: Wir sehen die Zukunft der Industrie in Europa in individuell entwickelten Hightech-Produkten. vombaur steht gerade für hochwertige, zuverlässige und langlebige Produkte und Spezialanfertigungen. Und gerade das – passgenau Produkte, statt Überschuss- und Wegwerfware – ist die Zukunft für nachhaltige Wirtschaft insgesamt.

 

Welchen Anteil hat das Projektgeschäft an Ihrer Produktion gegenüber einem Standardsortiment, und inwiefern fühlen Sie sich noch mit der Bezeichnung „Textilproduzent“ wohl?

Johannes Kauschinger: Unser Anteil an Speziallösungen liegt bei nahezu 90 Prozent. Wir entwickeln für aktuelle Projekte unserer Kunden textiltechnische Lösungen. Hierfür sind wir in engem Austausch mit den Kolleg*innen aus der Produktentwicklung unserer Kunden. Gerade bei den Composite Textiles sind vorwiegend Speziallösungen gefragt. Das kann ein Bauteil für die Raumfahrt sein – ein Raumschiff wird ja nicht von der Stange gefertigt. Wir bieten auch hochwertige Serienartikel, etwa im Bereich Industrial Textiles, wo wir rundgewebte Schläuche für Transportbänder bieten. So gesehen sind wir Textilproduzent, aber mehr als das: Wir sind dabei auch Textilentwickler.

 

Composites Germany hat im August die Ergebnisse seiner 21. Markterhebung vorgestellt. Dabei wird die aktuelle Geschäftslage sehr kritisch gesehen, das Investitionsklima trübt sich ein und Zukunftserwartungen drehen ins Negative. vombaur hat in seinem Portfolio ebenfalls hochfeste textile Verbundwerkstoffe aus Carbon, Aramid, Glas und Hybriden. Teilen Sie die Beurteilung der Wirtschaftslage, wie sie die Umfrage spiegelt?

Carl Mrusek: Wir sehen für vombaur eine durchaus positive Entwicklung voraus, da wir sehr lösungsorientiert entwickeln und unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten. Denn gerade Zukunftstechnologien benötigen individuelle, zuverlässige und leichte Bauteile. Das reicht von Entwicklungen für das Lufttaxi bis zu Windrädern. Textilien sind ein prädestiniertes Material für die Zukunft. Die Herausforderung besteht auch darin, hier mit natürlichen Rohstoffen wie Flachs und recycelten und recycelbaren Kunststoffen und effektiven Trenntechniken nachhaltige und kreislauffähige Lösungen anzubieten.

 

Es gibt heutzutage fast kein Unternehmen, das nicht die aktuellen Buzzwords bedient wie Klimaneutralität, Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Was unternimmt Ihr Unternehmen in diesen Bereichen und wie definieren Sie die Bedeutung dieser Ansätze für einen wirtschaftlichen Erfolg?

Carl Mrusek: vombaur verfolgt eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Ausgehend von unserer Leitbildentwicklung arbeiten wir aktuell an einer Nachhaltigkeitserklärung. Unsere Verantwortung für die Natur wird sich sehr konkret und messbar in unserem Neubau mit Dachbegrünung und Solaranlage realisieren. In unserer Produktentwicklung fließen die hohen Nachhaltigkeitsansprüche – unsere eigenen und die unserer Kunden – schon jetzt in umwelt- und ressourcenschonende Produkte und in Produktentwicklungen für nachhaltige Projekte wie Windparks oder Filtrationsanlagen ein.

 

Stichwort Digitalisierung: Der Mittelstand, zu dem vombaur mit seinen 85 Mitarbeitenden gehört, wird oft dafür gescholten, in diesem Bereich zu zögerlich zu sein. Was würden Sie auf diesen Vorwurf antworten?

Johannes Kauschinger: Wir hören derzeit oft von der Stapelkrise. Angelehnt daran ließe sich von der Stapeltransformation sprechen. Wir, die mittelständischen Unternehmen, transformieren uns gleichzeitig in einer Reihe von unterschiedlichen Dimensionen: Digitale Transformation, Klimaneutralität, Fachkräftemarkt und Bevölkerungsentwicklung, Unabhängigkeit von den vorherrschenden Lieferketten. Wir sind veränderungsfähig und veränderungswillig. Politik und Verwaltung könnten es uns an einigen Stellen etwas leichter machen. Stichwort Verkehrs-Infrastruktur, Genehmigungszeiten, Energiepreise. Wir tun alles, was auf unserer Seite des Feldes zu ist, damit mittelständische Unternehmen die treibende Wirtschaftskraft bleiben, die sie sind.

 

Was empfinden Sie bei dem Begriff Fachkräftemangel? Beschreiten Sie auch unkonventionelle Wege, um Talente und Fachkräfte in einer so spezialisierten Branche zu finden und zu halten? Oder stellt sich das Problem nicht?

Carl Mrusek: Klar, auch wir bekommen den Fachkräftemangel zu spüren, gerade im gewerblichen Bereich. Die Entwicklung war aber abzusehen. Das Thema spielte eine gewichtige Rolle bei der Entscheidung mit unserem Schwesterunternehmen JUMBO-Textil zusammen unter das Dach der Textation Group zu ziehen. Die Nachwuchsgewinnung und -förderung lässt sich gemeinsam – zum Beispiel mit gruppenübergreifenden Kampagnen und Kooperationen – besser meistern.

 

Wenn Sie ein persönliches Schlüsselerlebnis beschreiben müssten, das Ihre Einstellung zur Textilindustrie und deren Zukunft geprägt hat, was wäre das?

Johannes Kauschinger: Ein sehr guter Freund meiner Familie hat mich darauf angesprochen, dass wir in einer Gegend mit sehr aktiver Textilindustrie leben, die gleichzeitig Probleme hat, Nachwuchskräfte zu finden. Ich besuchte zwei Betriebe zur Vorstellung und schon auf dem Betriebsrundgang in jeder der beiden Firmen war das Zusammenwirken von Menschen, Maschinen und Textil bis zum tragbaren Endprodukt beeindruckend. Dazu kam, dass ich einen Beruf mit sehr großem Bezug zum täglichen Leben erlernen konnte. Bis heute bin ich über die Breite der Einsatzmöglichkeiten von Textilien, speziell in technischen Anwendungen, fasziniert und bereue die damalige Entscheidung keinesfalls.

Carl Mrusek: Bereits in jungen Jahren kam ich mit der Textil- und Modewelt in Berührung. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit meinem Vater Rolf Mrusek das erste Mal durch die vollstufige Textil-Produktion eines Unternehmens in Nordhorn ging. Das Thema hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Schon vor Beginn meiner Studienzeit hatte ich mich bewusst für eine Karriere in dieser Industrie entschieden und habe es bis heute nicht bereut, im Gegenteil. Die Vielfältigkeit der in der Textation Group entwickelten Speziallösungen fasziniert mich immer wieder aufs Neue.
 

vombaur ist Spezialist für nahtlos rund- und in Form gewebte Schmaltextilien und branchenweit als Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles aus Hochleistungsfasern bekannt. Die technischen Schmaltextilien von vombaur dienen zum einen zur Filtration – u. a. in der Lebensmittel- und Chemieindustrie. Als hochleistungsfähige Verbundwerkstoffe kommen sie beispielsweise im Flugzeugbau oder in der Medizintechnik zum Einsatz. Für technische Anwendungen entwickelt vombaur speziell beschichtete Industrietextilien zur Isolierung, Verstärkung oder für den Transport in ganz unterschiedlichen industriellen Prozessen – von der Feinmechanik bis zur Bauindustrie. Das Wuppertaler Unternehmen wurde 1805 gegründet. Aktuell arbeiten 85 Beschäftigte im Unternehmen.
 

Branchen

  • Aviation & Automotive
  • Sports & Outdoor    
  • Bau- & Wasserwirtschaft
  • Sicherheit & Protection    
  • Chemie & Lebensmittel
  • Anlagenbau & Elektronik    
  • Medizin & Orthopädie

 

Heimtextil Trends 24/25 © SPOTT trends & business for Heimtextil
12.09.2023

Heimtextil Trends 24/25: New Sensitivity

Unter dem Leitthema „New Sensitivity“ steht textile Transformation im Mittelpunkt der Heimtextil Trends 24/25. Drei Ansätze zeigen Wege zu einer sensibleren Welt der Textilien auf: die pflanzenbasierte Herstellung von Textilien, die Unterstützung textiler Kreisläufe durch Technologie und die biotechnologische Verwendung natürlicher Inhaltsstoffe. Darüber hinaus kuratieren die Future Materials regenerative Materialien und Designs.
 
Nachdem im letzten Jahr bereits zirkuläre Lösungen im Fokus lagen, stellen die Heimtextil Trends 24/25 erneut transformative Textilinnovationen in den Mittelpunkt.

Unter dem Leitthema „New Sensitivity“ steht textile Transformation im Mittelpunkt der Heimtextil Trends 24/25. Drei Ansätze zeigen Wege zu einer sensibleren Welt der Textilien auf: die pflanzenbasierte Herstellung von Textilien, die Unterstützung textiler Kreisläufe durch Technologie und die biotechnologische Verwendung natürlicher Inhaltsstoffe. Darüber hinaus kuratieren die Future Materials regenerative Materialien und Designs.
 
Nachdem im letzten Jahr bereits zirkuläre Lösungen im Fokus lagen, stellen die Heimtextil Trends 24/25 erneut transformative Textilinnovationen in den Mittelpunkt.
Unter dem Titel „New Sensitivity“ stehen neben ästhetischen Aspekten Innovationen und Veränderungen in der Zusammensetzung von Textilien im Mittelpunkt. „In diesem Zusammenhang bedeutet Sensibilität, dass bei Entscheidungen oder der Entwicklung eines Produkts Auswirkungen auf die Umwelt von Anfang an berücksichtigt werden. Zu verstehen, wie natürliche Ökosysteme funktionieren, und dem Gleichgewicht den Vorrang zu geben, ist der Schlüssel,“ so Anja Bisgaard Gaede von SPOTT trends & business.

Wie lässt sich die neue Sensibilität in der Lifestyle-Branche konkret umsetzen und was bedeutet eine sensible Herangehensweise für Design und Produkte? Auch der Einsatz von Artificial General Intelligence (AGI) hat das Potenzial, innovative Lösungen in der Textilindustrie zu bieten, birgt aber auch gesellschaftliche Herausforderungen. AGI erfordert eine sensible Herangehensweise, um Komplexität zu reduzieren, Kreativität zu fördern und bisher unentdeckte Lösungen in der Textilwelt und darüber hinaus zu finden.
     
„Mit den Heimtextil Trends 24/25: New Sensitivity ermutigen wir die Textilbranche, sich der Zukunft mit Bedacht und rücksichtsvoll zu nähern. Konkret sehen wir diesen Wandel in drei verschiedenen Strömungen für eine sensiblere Welt der Textilien: biotechnisch, pflanzenbasiert und technologisch,“ so Bisgaard Gaede weiter.

Plant-based: Textilien aus Pflanzen und pflanzlichen Nebenerzeugnissen
Die Fasern von Textilien auf Pflanzenbasis stammen von etwas Gewachsenem und werden nicht synthetisch hergestellt. Der nachhaltige Vorteil von Textilien auf pflanzlicher Basis ist, dass sie natürlichen Ursprungs sind und daher eher für die Rückführung in existierende Ökosysteme wiederverwendet werden können. Sie können in zwei Aspekte unterteilt werden. Der erste ist die Herstellung von Textilien aus Pflanzenkulturen. Neue widerstandsfähige Pflanzen wie Kaktus, Hanf, Abaka (Manilahanf), Seegras und Kautschuk bieten hier neue, nachhaltige Textillösungen. Aufgrund der mechanischen Extraktion können sie trotz Klimaveränderungen wachsen und benötigen bei der Entwicklung weniger Chemikalien. Die zweite Gruppe sind Textilien, die aus pflanzlichen Nebenprodukten hergestellt werden, d. h. aus Rohstoffen wie Bananen, Oliven, Kakis und Hanf, die bei der Produktion übrigbleiben.

Technological: Technologie und technische Lösungen, die Textilien verändern
Technologie kann die Umwandlung von Textilien durch verschiedene Methoden unterstützen: Upcycling und Recycling von Textilien, Textilkonstruktion und Textildesign. Aufgrund der jahrzehntelangen Produktion sind Textilien heute Materialien, die im Überfluss vorhanden sind. Die Entwicklung von Technologien zur Wiederverwertung von Textilabfällen und zum textilen Upcycling erhöht die zirkuläre Nutzung bereits hergestellter Textilien. Darüber hinaus sind auch alte Textilkonstruktionstechniken ein Weg zu nachhaltigen Lösungen. Durch die Verwendung von Stricktechniken für Möbelbezüge wird weniger Textilabfall produziert, demgegenüber können durch die Webtechnik mit wenigen farbigen Garnen optisch mehrere Farben erzeugt werden. Textile Design Thinking befasst sich mit kritischen Themen wie dem Energieverbrauch oder der Haltbarkeit von Naturfasern und verbessert diese durch technologische Weiterentwicklung.

Bio-engineered: entwickelt zur Verbesserung der biologischen Abbaubarkeit
Bei bio-technisch hergestellten Textilien verschmelzen pflanzliche und technische Textilien. Bio-Engineering schlägt eine Brücke zwischen Natur und Technik und verändert die Art und Weise, wie Textilien hergestellt werden. Sie können in zwei Richtungen unterteilt werden: vollständig biotechnisch hergestellte und biologisch abbaubare Textilien. Bei vollständig biotechnologisch hergestellten Textilien werden von der Natur inspirierte Strategien angewandt. Anstatt die Pflanzen anzubauen und daraus Fasern zu extrahieren, werden Proteine und Kohlenhydrate aus Mais, Gras und Rohrzucker oder Bakterien eingesetzt. Die Textilien werden durch einen biomolekularen Prozess hergestellt, bei dem Filamente entstehen, die zu Garnen werden. Der nachhaltige Vorteil von biotechnologisch hergestellten Textilien besteht darin, dass sie einige der gleichen Funktionalitäten wie synthetisch hergestellte Textilien haben können. Da sie jedoch natürlichen Ursprungs sind, können sie biologisch abgebaut werden. „Biodegradable Fibres“ können herkömmlichen Textilien wie Polyester zugesetzt werden und verbessern deren Fähigkeit, sich zu in der Natur vorkommenden Materialien zurückzuverwandeln und sich somit in natürlichen Umgebungen wie Wasser oder Erdboden biologisch abzubauen. Die biologisch verbesserten Textilien werden zwar nicht vollständig, aber bis zu 93 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Textilien biologisch abgebaut.

Heimtextil Trends 24/25: Farben
Ein sensibler Ansatz bei den Färbemethoden kommt in einer dynamischen und gleichzeitig subtilen Farbpalette zum Ausdruck. Sie wird mit natürlichen, aus der Erde stammenden Pigmenten erzeugt, während traditionelle Färbeverfahren durch innovative Biotechnologie auf die nächste Stufe gebracht werden. In dem Bestreben, Farben zu erschaffen, die Emotionen hervorrufen und gleichzeitig Werte beim Umweltschutz respektieren, erzeugen Farbbakterien durch Pigmentwachstum Farbtöne von beeindruckendem Reichtum und großer Tiefe.
               
Zu dieser neuen Sensibilität gehört auch die Akzeptanz natürlicher Farbverläufe, da die Farben mit der Zeit verblassen oder sich in eine neue Farbrichtung verwandeln können. Die Farbtöne der Heimtextil Trends 24/25 wurden von natürlichen Farben inspiriert, die aus Avocadokernen, Algen, lebenden Bakterien, antiken Pigmenten wie Roh Sienna und biotechnisch hergestelltem Indigo und Cochenille stammen. Der hohe Schwarzanteil in den meisten Farben ermöglicht eine breite Anwendung und eine größere Vielfalt an Kombinationen. Die kräftigen, gesättigten Akzente beleben Sinne und Stimmung. Im Gegensatz dazu stehen die erdenden Neutraltöne in verschiedenen Grauabstufungen, Terra und sogar dunklem Violett, die für Ruhe und Gelassenheit sorgen.
     
Future Materials: regeneratives Design
Wie werden regenerative Textilien und Materialien definiert? Regeneratives Design hat sich dem Ziel verschrieben, ganzheitliche kreative Praktiken zu entwickeln, die die Ressourcen wiederherstellen oder erneuern, eine positive Auswirkung auf die Umwelt haben und das Gedeihen von Gemeinschaften fördern. Für die Heimtextil 2024 kuratiert die Design-Zukunftsberatung FranklinTill ein globales Schaufenster hochmoderner Textilien und Materialien, um die Prinzipien des regenerativen Designs zu veranschaulichen und bahnbrechende Designer*innen, Erzeuger*innen und Hersteller*innen zu würdigen, die an der Spitze des regenerativen Designs stehen.
Der Trend Space auf der Heimtextil in Frankfurt vom 9. bis 12. Januar 2023 präsentiert diese Lösungen auf inspirierende Weise. Zusätzlich bieten die Heimtextil Trends Besuchern in Form von Workshops, Vorträgen und weiteren interaktiven Formaten Orientierung und Einblicke in die Zukunft von Wohn- und Objekttextilien.

Quelle:

Heimtextil, Messe Frankfurt

Swijin Inage Swijin
20.06.2023

Innovative Sportbekleidung: Schwimmen und Rennen ohne Umziehen

Rechtzeitig für den Sommer: Das Schweizer Start-up Swijin bringt mit dem «SwimRunner» eine neue Sportbekleidungskategorie auf den Markt – ein Sport-BH mitsamt passenden Unterteilen, die sowohl als Schwimm- wie als Laufbekleidung funktionieren und im Handumdrehen trocknen. Entwickelt wurde das innovative Produkt zusammen mit Empa-Forschenden in einem Innosuisse-Projekt. Testen kann man den „SwimRunner“ dieses Wochenende am „Zurich City Triathlon“.
 
Nach dem Joggen noch schnell ins kühle Nass springen, ohne sich umziehen zu müssen? Swijin (sprich: Swie-Djin), ein neues Schweizer TechTex-Start-up, lanciert ihr erstes Produkt, den «SwimRunner»: einen Sport-BH mit Unterteilen, die sowohl als Schwimm- wie auch als Laufbekleidung fungieren und blitzschnell trocknen.

Rechtzeitig für den Sommer: Das Schweizer Start-up Swijin bringt mit dem «SwimRunner» eine neue Sportbekleidungskategorie auf den Markt – ein Sport-BH mitsamt passenden Unterteilen, die sowohl als Schwimm- wie als Laufbekleidung funktionieren und im Handumdrehen trocknen. Entwickelt wurde das innovative Produkt zusammen mit Empa-Forschenden in einem Innosuisse-Projekt. Testen kann man den „SwimRunner“ dieses Wochenende am „Zurich City Triathlon“.
 
Nach dem Joggen noch schnell ins kühle Nass springen, ohne sich umziehen zu müssen? Swijin (sprich: Swie-Djin), ein neues Schweizer TechTex-Start-up, lanciert ihr erstes Produkt, den «SwimRunner»: einen Sport-BH mit Unterteilen, die sowohl als Schwimm- wie auch als Laufbekleidung fungieren und blitzschnell trocknen.

Diese Innovation ermöglicht Frauen erstmals einen fließenden Übergang zwischen Land- und Wassersportarten, ohne die Kleidung wechseln zu müssen. So können Frauen etwa beim Wandern oder Laufen unkompliziert ins Wasser gehen. Auch Stand-Up-Paddlerinnen genießen mit dem „SwimRunner" uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und gleichzeitig genügend Sitz, sowohl auf dem Board als auch im Wasser.
          
Wissenschaft im Dienste des Sports
Was auf den ersten Blick wie eine relativ einfache Anforderung erscheint, hat sich in der Entwicklung als äußerst komplexes Produkt herausgestellt. Im Rahmen eines Innosuisse-Projekts kam es zur Zusammenarbeit von Swijin mit der Empa-Abteilung für Biomimetische Membranen und Textilien. Unter der Leitung des Empa-Ingenieurs Martin Camenzind definierten die Forschenden zunächst die Anforderungen an das Material und den Schnitt des Sport-BHs. „Bei der Entwicklung hatten wir eine dreifache Herausforderung: Einerseits musste es die Anforderungen an einen hochbelastbaren Sport-BH an Land erfüllen. Gleichzeitig sollte aber die Kompression eines Badeanzugs im Wasser aufrechterhalten werden – und dies bei einer sehr kurzen Trocknungszeit“, sagt Camenzind.

Da es noch keine vergleichbare Bekleidung auf dem Markt gibt, entwickelte das Team auch gleich neue Tests für die Beurteilung des Hochleistungstextils. „Wir haben auch ein Mannequin entworfen: Ein Modell des weiblichen Oberkörpers, mit dem man die mechanischen Eigenschaften von BHs messen kann», erklärt der Forscher. Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen floss in die Produktentwicklung auch viel Kompetenz von Sportphysiologen, Textilingenieurinnen, Branchenspezialisten, Designerinnen und natürlich Athletinnen ein.

Höchste Ansprüche
Viele dieser Sportlerinnen entstammen der „Swimrun“-Szene. Swimrun ist eine schnell wachsende Abenteuersportart, die in den Schärengärten Schwedens entstanden ist. Im Gegensatz zu Triathleten, die zuerst schwimmen, dann Rad fahren und schließlich laufen, wechseln Swimrunner während des Rennens immer wieder zwischen Trailrunning und Schwimmen im offenen Wasser hin und her. Die Intensität dieser Sportart bot Swijin die optimalen Bedingungen für die Produktentwicklung – und gab auch den Namen der ersten Kollektion, „SwimRunner“. „Das Feedback der Athletinnen war mitentscheidend für den Erfolg des Produkts. Sie schwimmen und laufen oft sechs bis sieben Stunden am Stück. Als sie mit unseren Prototypen zufrieden waren, wussten wir: Der SwimRunner ist ‚ready for market‘“, sagt Swijin-Gründerin Claudia Glass.

Die Produktidee kam Claudia Glass während eines Urlaubs auf Mallorca. Bei ihren morgendlichen Läufen sehnte sie sich danach, kurz ins Meer tauchen zu können. „Sport-BHs sind aber nicht zum Schwimmen konzipiert“, erklärt die Gründerin. „Im Wasser saugen sie sich voll und trocknen aufgrund ihres dicken Kompressionsmaterials scheinbar nie. Letzten Sommer trug ich den ‚SwimRunner‘-Prototyp den ganzen Tag. Morgens lief ich mit meinem Hund zum Zürichsee und sprang hinein. Als ich wieder zu Hause ankam, hätte ich mich einfach an meinen Schreibtisch setzen können und anfangen zu arbeiten – ich war komplett trocken und fühlte mich sehr komfortabel.“
 
Design und Nachhaltigkeit
Das Jungunternehmen legt Wert darauf, Ingenieurwesen und Design zu vereinen. Swijins Kreativdirektorin Valeria Cereda sitzt im Zentrum der Weltmodestadt Mailand und lässt ihre Erfahrung mit Luxusmarken in die Ästhetik von Swijin einfließen. Als ehemalige Leistungsschwimmerin ist sie aber zugleich auf Funktionalität bedacht.

Die Hochleistungsprodukte von Swijin lassen sich nur mit synthetischen Materialien verwirklichen. Das junge Unternehmen ist entschlossen, die Umweltbelastung der Produkte auf ein Minimum zu reduzieren. Die enge Lieferkette hält den CO2-Fussabdruck gering. Die Materialien des „SwimRunner“ sind zu 100 % in der EU hergestellt und auf Qualität ausgelegt.

Herkömmliche Bekleidungsetiketten geben nur Auskunft über den Herstellungsort des Kleidungsstücks. Swijin arbeitet mit dem Anbieter Avery Dennison zusammen, um alle Produkte mit einem „Digital Identity Label“ auszustatten. Dieses bietet den Verbrauchern detaillierte Informationen über die gesamte Wertschöpfungskette, bis hin zu den Investitionen des Textilherstellers zur Verringerung des CO2-Fussabdrucks und zum Einsatz des wasserbasierten, lösemittelfreien Logos. Swijin verpackt alle Materialien in „Cradle to Cradle Gold“ zertifizierten Verpackungen, die von Voegeli AG im Emmental hergestellt werden.

Außerdem geht Swijin proaktiv die Herausforderungen am Ende des Produktlebenszyklus an. Um einer echten Kreislauffähigkeit funktionaler Textilien näher zu kommen, nimmt Swijin als Leuchtturmpartner im „Yarn-to-Yarn®“-Pilotprojekt der Rheiazymes AG teil. Dabei handelt es sich um eine Biotech-Lösung, die Mikroorganismen und Enzyme einsetzt, um aus Alttextilien direkt und klimaneutral neue Ausgangsstoffe zu generieren. Wenn Kundinnen „End-of-Life“ Swijin-Produkte zurückgeben – wofür Swijin auch Anreize bietet – können die hochwertigen Monomere in Ursprungsqualität wieder in die Lieferkette zurückgeführt werden: echte „circularity“.

„Als aufstrebende Marke haben wir die Pflicht und den Luxus, Partner auszuwählen, deren Vision und Werte mit unseren eigenen übereinstimmen“, sagt Claudia Glass. „Ich hatte ein klares Verständnis davon, welche Art von Marke ich kaufen würde, aber ich konnte sie nirgends finden. Mit Swijin fühlen wir uns verpflichtet, unsere Werte auch tatsächlich zu verwirklichen.“

Weitere Informationen:
Sportwear schwimmen BH Synthetikfasern Empa
Quelle:

Claudia Glass, Anna Ettlin, EMPA

DOMOTEX (c) Deutsche Messe AG
30.05.2023

„Die DOMOTEX ist und bleibt das Zuhause der gesamten Branche“

Interview zur Messelandschaft für Bodenbeläge in Deutschland

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren in nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens spürbar. Insbesondere die Messebranche war stark betroffen, viele Veranstaltungen wurden abgesagt oder verschoben. Mit der Rückkehr zur Normalität stellt sich die Frage, welche Bedeutung Leitmessen in der Post-Corona-Ära haben werden und wie sich der Wettbewerb zwischen verschiedenen Veranstaltern entwickelt. Textination hat für seine Interviewreihe KLARTEXT bei Frau Sonia Wedell-Castellano, Global Director der DOMOTEX Events nachgefragt.

 

Interview zur Messelandschaft für Bodenbeläge in Deutschland

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren in nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens spürbar. Insbesondere die Messebranche war stark betroffen, viele Veranstaltungen wurden abgesagt oder verschoben. Mit der Rückkehr zur Normalität stellt sich die Frage, welche Bedeutung Leitmessen in der Post-Corona-Ära haben werden und wie sich der Wettbewerb zwischen verschiedenen Veranstaltern entwickelt. Textination hat für seine Interviewreihe KLARTEXT bei Frau Sonia Wedell-Castellano, Global Director der DOMOTEX Events nachgefragt.

 

Nachdem die DOMOTEX pandemiebedingt 2021 und 2022 nicht stattfinden konnte, meldete sich die Messe 2023 mit einer erfolgreichen Veranstaltung wieder zurück. Dennoch hat sich die Zahl der Aussteller im Vergleich zu 2020 nahezu halbiert. Wie schätzen Sie die künftige Bedeutung von Leitmessen ein, nachdem sich die Branche über einen langen Zeitraum mit Onlinemeetings und Reisebeschränkungen arrangieren musste?

Ich denke, man darf nicht vergessen, dass es die erste DOMOTEX seit Ausbruch der Pandemie war, noch dazu während einer Zeit, in der die globale wirtschaftliche Lage eher schwierig ist. Natürlich hat diese Situation bei einigen Unternehmen für Zurückhaltung gesorgt, was eine Teilnahme an der DOMOTEX 2023 betraf, sodass wir noch nicht alle Unternehmen als Aussteller zurück auf der Messe begrüßen konnten. Zusätzlich herrschten zu Jahresbeginn, z.B. in China, noch erhebliche Reisebeschränkungen, die es unseren Ausstellern einfach erschwert haben, an einer Messe im Ausland teilzunehmen. Was unsere Erwartungen für die nächste Veranstaltung betrifft, kann ich sagen, dass viele Unternehmen – auch solche, die dieses Jahr nicht ausgestellt haben – ihr Interesse mitgeteilt haben, auf der DOMOTEX 2024 wieder dabei sein zu wollen.

Wir sind uns sicher, dass Leitmessen und Messen im Allgemeinen auch künftig von großer Bedeutung bleiben werden! Auf digitalen Events kann man vielleicht Bestandskunden pflegen, aber keine Neukunden generieren. Im Mittelpunkt der DOMOTEX stehen Produkte zum Anfassen, steht das haptische Erleben vor Ort. Das kann man nicht in die digitale Welt übertragen. Auch die zufälligen Begegnungen am Stand oder in den Hallen passiert digital nicht. Eine Messe lebt aber von der persönlichen Begegnung, dem persönlichen Austausch. Geschäfte werden zwischen Menschen, nicht zwischen Bildschirmen gemacht. Sowohl Aussteller als auch Besucher*innen haben uns ganz klar gesagt, dass sie die DOMOTEX als Präsenzmesse wollen und brauchen.

 

Der Internationalisierungsgrad der DOMOTEX-Besucher lag in den letzten drei Veranstaltungsjahren vor der Pandemie zwischen 62 und 67 Prozent; 2023 erreichte er sogar 69 Prozent. Würden Sie zustimmen, dass internationale Leitmessen in Deutschland primär nur noch eine Bedeutung für exportorientierte Unternehmen haben? Und was bedeutet das für die Wirtschaftlichkeit von Messen?

Sicherlich sind internationale Leitmessen in Deutschland gerade für exportorientierte Unternehmen besonders interessant, aber eben nicht ausschließlich. An der Wirtschaftlichkeit von Messen ändert das erstmal gar nichts. Wir erwirtschaften unseren Umsatz mit all unseren Ausstellern, unabhängig davon ob diese exportorientiert oder nur am DACH-Raum interessiert sind. Daher liegen uns zufriedene Aussteller sehr am Herzen. Und zufrieden ist ein Austeller dann, wenn er gute Geschäfte bzw. gute Kontakte auf unseren Messen knüpfen kann. Dabei kommt es immer mehr auf die richtige Qualität der Besucher*innen an, weniger auf die Quantität. Alle unsere Aussteller begrüßen internationale Besucher*innen dabei jedenfalls sehr!

 

Für die Messeausgabe 2024 hat die Deutsche Messe mitgeteilt, ihr DOMOTEX-Konzept geändert zu haben und auf jährlich unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen: Carpet & Rugs in den ungeraden und Flooring in den geraden Jahren. Flooring umfasst Holz- und Laminatböden, Parkett, Designböden, elastische Bodenbeläge, Teppichböden, Outdoor-Böden sowie Anwendungs- und Verlegetechnik. Carpet & Rugs steht für handgefertigte Teppiche und Läufer sowie für maschinengewebte Teppiche.

Dennoch sagen Sie, dass insbesondere der Bereich Carpet & Rugs eine jährliche Präsentationsplattform benötigt, während sich der Bereich der Bodenbeläge aufgrund längerer Innovationszyklen alle zwei Jahre eine DOMOTEX als zentrale Plattform der Branche wünsche. Bedeutet das nicht eigentlich, dass die Bodenbeläge nur jedes zweite Jahr in Hannover sind, die Teppiche jedoch weiterhin jährlich in Hannover ausstellen? Könnten Sie das klarstellen?

2024 und in allen geraden Jahren findet die DOMOTEX – Home of Flooring statt: Das ist eine DOMOTEX mit allen Ausstellern, so wie wir sie aus der Vergangenheit kennen. Also von Fischgrätparkett über Outdoorbeläge bis hin zu orientalischen Teppichen und zeitgenössischen Designs – alles, unter einem Dach. In den ungeraden Jahren, also ab 2025, gibt es dann die DOMOTEX – Home of Carpets and Rugs, mit Fokus auf Anbieter abgepasster Teppiche.

Der Hintergrund ist der, dass sich die Industrie mit den Hartbelägen eine DOMOTEX alle zwei Jahre gewünscht hatte. Nach der diesjährigen DOMOTEX haben sich die Anbieter abgepasster Teppiche wiederum klar für eine jährliche Plattform ausgesprochen. Mit unserem neuen Fokusmodell erfüllen wir die Bedürfnisse, die vom Markt an uns herangetragen werden.

 

Die Messe Frankfurt hat für die Heimtextil im kommenden Jahr ein neues Produktsegment ausgerufen – interessanterweise unter dem Namen Carpets & Rugs. Während im geraden Jahr 2024 bei der DOMOTEX die Parole Flooring lautet, bietet die Heimtextil einen alternativen Messeplatz für die Teppiche. Wie beurteilen Sie diese Situation - müssen sich Aussteller nun zwischen Hannover und Frankfurt entscheiden und was bedeutet das für das geteilte Konzept?

Nein, Aussteller aus dem Bereich der Teppiche müssen sich künftig nicht zwischen Hannover und Frankfurt entscheiden – denn die DOMOTEX ist und bleibt das Zuhause der gesamten Branche, auch in den geraden Jahren! Home of Flooring bedeutet bei der DOMOTEX wie vorhin erläutert, dass wir das gesamte Spektrum aus Bodenbelägen und Teppichen darbieten.

Was aber noch wichtiger ist: Wir haben von Ausstellern, aber auch vielen Besucher*innen gespiegelt bekommen, dass sich der Markt keine weitere Aufspaltung wünscht. Durch die vielen (kleinen) Events macht sich die Bodenbelagsbranche nur selbst Konkurrenz. Plakativ ausgedrückt: Wenn auf zehn Veranstaltungen immer nur ein Teil der Aussteller teilnimmt, kann das nicht wirklich funktionieren. Es fehlt die kritische Masse. Eine Messe ist immer nur so gut wie die Teilnehmer*innen und diesen fehlt oftmals die Zeit mehrere Veranstaltungen zu besuchen.     

 

Eine weitere Neuerung für die DOMOTEX ist der Länderfokus. Was versprechen Sie sich davon und warum fiel Ihre Wahl für 2024 auf „Insight Italy“?

Mit unserer neuen Sonderschau möchten wir die Neugier unserer Besucher*innen – vor allem bei Handel, Architekten und Objekteuren – wecken und den internationalen Charakter der DOMOTEX hervorheben. Denn was ist spannender als ein Land intensiv kennenzulernen?  

Das INSIGHT-Konzept stellt daher künftig zu jeder DOMOTEX – Home of Flooring ein anderes Land vor. Auf speziellen Ausstellungsbereichen werden Innovationen und Produkte ausgestellt, Partnerschaften mit Designern und Hochschulen präsentiert und Trends inszeniert. Zusätzlich werden in der Konferenz Einblicke in den jeweiligen Markt und Referenzen aufgezeigt.  
In 2024 starten wir mit Italien, einem sehr designaffinen und kreativen Land, aus dem viele Trends kommen.

 

Die Deutsche Messe will den Standort Hannover für die Leitmesse DOMOTEX stärken und zusätzliche Messen nur noch in Shanghai und in Gaziantep durchführen. Die Carpet Expo wird es in Istanbul nicht geben. Welchen Einfluss hat die sich verändernde Unternehmenslandschaft hinsichtlich Produktionsländern und Märkten für Ihr internationales Konzept?

Zunächst einmal muss man festhalten, dass sich in der Türkei die Unternehmenslandschaft für Teppiche nicht geändert hat. Hier haben sich lediglich die Verbände dazu entschieden, künftig in Istanbul eine Teppichmesse zu veranstalten. Hintergrund ist die anhaltende Visaproblematik für türkische Aussteller in Deutschland sowie die immens hohe Inflation in der Türkei, die eine Auslandsbeteiligung extrem kostspielig für türkische Unternehmen macht. Wir hätten gern gemeinsam mit den türkischen Verbänden eine Teppichmesse in Istanbul organisiert, aber eben nicht um jeden Preis und nicht zu allein ihren Bedingungen. Hannover ist und bleibt die internationale Plattform der DOMOTEX und diesen Standort werden wir weiter stärken.

Wir beobachten darüber hinaus aber natürlich den weltweiten Markt und halten Augen und Ohren stets offen, für alle unsere Marken im Übrigen. Nur so konnte seinerzeit auch eine heute sehr erfolgreiche DOMOTEX asia/Chinafloor in Shanghai entstehen. Das Potenzial war da, wir waren zur rechten Zeit am rechten Ort. Hätten wir die Chance seinerzeit nicht ergriffen, gäbe es nun in Shanghai dennoch eine starke Bodenbelagsmesse – nur eben von einem unserer Wettbewerber und sie hieße heute nicht DOMOTEX.

Vielen Dank an Frau Sonia Wedell-Castellano für den KLARTEXT.

intelligente Textilien (c) Sanghyo Lee
24.04.2023

Kostengünstigere Verfahren zur Herstellung gewebter Displays und intelligenter Textilien

Forscher haben intelligente Textilien der nächsten Generation entwickelt, die mit LEDs, Sensoren, Energiegewinnung und -speicherung ausgestattet sind. Diese Textilien können kostengünstig in jeder Form und Größe auf herkömmlichen industriellen Webstühlen hergestellt werden, wie sie auch für die Herstellung von Alltagskleidung verwendet werden.
 
Ein internationales Team unter der Leitung der Universität Cambridge hatte in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass gewebte Displays in großen Größen produziert werden können, aber diese früheren Beispiele wurden mit speziellen manuellen Laborgeräten hergestellt. Andere intelligente Textilien können in spezialisierten mikroelektronischen Produktionsanlagen hergestellt werden, die jedoch sehr teuer sind und große Mengen an Abfall produzieren.

Forscher haben intelligente Textilien der nächsten Generation entwickelt, die mit LEDs, Sensoren, Energiegewinnung und -speicherung ausgestattet sind. Diese Textilien können kostengünstig in jeder Form und Größe auf herkömmlichen industriellen Webstühlen hergestellt werden, wie sie auch für die Herstellung von Alltagskleidung verwendet werden.
 
Ein internationales Team unter der Leitung der Universität Cambridge hatte in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass gewebte Displays in großen Größen produziert werden können, aber diese früheren Beispiele wurden mit speziellen manuellen Laborgeräten hergestellt. Andere intelligente Textilien können in spezialisierten mikroelektronischen Produktionsanlagen hergestellt werden, die jedoch sehr teuer sind und große Mengen an Abfall produzieren.

Das Team fand heraus, wie flexible Displays und intelligente Textilien viel billiger und nachhaltiger hergestellt werden können, indem elektronische, optoelektronische, sensorische und energetische Faserkomponenten auf denselben industriellen Webstühlen gewebt werden, die auch für die Herstellung herkömmlicher Textilien verwendet werden. Die in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlichten Ergebnisse zeigen, wie intelligente Textilien eine Alternative zu größeren elektronischen Bauteilen in Bereichen wie Automobilbau, Elektronik, Mode und Bauwesen sein könnten.

Trotz der jüngsten Fortschritte bei der Entwicklung intelligenter Textilien sind deren Funktionalität, Abmessungen und Form durch die gegenwärtigen Herstellungsverfahren begrenzt.
„Wir könnten diese Textilien in speziellen Mikroelektronik-Anlagen herstellen, aber das erforderte Investitionen in Milliardenhöhe“, so Dr. Sanghyo Lee vom Cambridge Department of Engineering, Erstautor der Studie. „Zudem ist die Herstellung intelligenter Textilien auf diese Weise sehr begrenzt, da alles auf denselben starren Wafern hergestellt werden muss, die auch für die Herstellung integrierter Schaltkreise verwendet werden, so dass die maximale Größe, die wir erreichen können, etwa 30 Zentimeter im Durchmesser beträgt.

„Intelligente Textilien waren bisher auch durch ihre mangelnde Praxistauglichkeit eingeschränkt“, ergänzte Dr. Luigi Occhipinti, ebenfalls vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften, der die Forschungsarbeiten mit leitete. „Man denke nur an das Biegen, Dehnen und Falten, dem normale Textilien standhalten müssen, und es war eine Herausforderung, die gleiche Haltbarkeit in intelligente Textilien zu integrieren.“

Letztes Jahr hatten einige derselben Forscher gezeigt, dass die in intelligenten Textilien verwendeten Fasern mit Materialien beschichtet werden können, die Dehnungen standhalten, so dass sie mit herkömmlichen Webverfahren kompatibel sind. Mit dieser Technik stellten sie ein gewebtes 46-Zoll-Demonstrationsdisplay her.

Jetzt haben die Forscher gezeigt, dass intelligente Textilien in automatisierten Prozessen hergestellt werden können, wobei ihrer Größe und Form keine Grenzen gesetzt sind. Mehrere Arten von Faserbauelementen, darunter Energiespeicher, Leuchtdioden und Transistoren, wurden hergestellt, eingekapselt und mit herkömmlichen synthetischen oder natürlichen Fasern gemischt, um durch automatisches Weben intelligente Textilien herzustellen. Die Faserbauteile wurden durch ein automatisiertes Laserschweißverfahren mit elektrisch leitendem Klebstoff miteinander verbunden.
 
Alle Prozesse wurden so optimiert, dass die elektronischen Komponenten möglichst wenig beschädigt wurden, was wiederum die intelligenten Textilien so haltbar machte, dass sie der Dehnung einer industriellen Webmaschine standhalten. Die Verkapselungsmethode wurde unter Berücksichtigung der Funktionalität der Faserkomponenten entwickelt, und die mechanische Kraft und thermische Energie wurden systematisch geprüft, um ein automatisches Weben bzw. eine laserbasierte Verbindung zu erreichen.

Gemeinsam mit Textilherstellern konnte das Forschungsteam Testflächen aus intelligenten Textilien mit einer Größe von etwa 50 x 50 Zentimetern herstellen, die jedoch auf größere Abmessungen skaliert und in großen Mengen produziert werden können.
 
„Diese Unternehmen verfügen über gut etablierte Produktionsanlagen mit Faserextrudern mit hohem Durchsatz und großen Webmaschinen, die automatisch ein Quadratmeter Textil weben können“, so Lee. „Wenn wir also die intelligenten Fasern in den Prozess einbringen, ist das Ergebnis im Grunde ein elektronisches System, das genauso hergestellt wird wie andere Textilien.“
Den Forschern zufolge könnten große, flexible Bildschirme und Monitore auf industriellen Webstühlen und nicht in spezialisierten Elektronikfertigungsanlagen hergestellt werden, was ihre Produktion wesentlich billiger machen würde. Der Prozess muss jedoch noch weiter optimiert werden.

„Die Flexibilität dieser Textilien ist absolut erstaunlich,“ sagt Occhipinti. „Nicht nur in Bezug auf ihre mechanische Flexibilität, sondern auch in Bezug auf die Flexibilität des Ansatzes, nachhaltige und umweltfreundliche Plattformen zur Herstellung von Elektronik einzusetzen, die zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen beitragen und echte Anwendungen von intelligenten Textilien in Gebäuden, im Innenraum von Autos und in der Kleidung ermöglichen. Unser Ansatz ist in dieser Hinsicht ziemlich einzigartig.“

Die Forschung wurde teilweise von der Europäischen Union und UK Research and Innovation unterstützt.

Quelle:

University of Cambridge

Ein blau gefärbtes Baumwollgestrick, das zehnmal gewaschen wurde, um getragene Kleidungsstücke zu simulieren, wird enzymatisch zu einem Schlamm aus feinen Fasern und „blauem Glukosesirup“ abgebaut, der durch Filtration getrennt wird - beide separierten Anteile haben einen potenziellen Wiederverwendungswert. Ein blau gefärbtes Baumwollgestrick, das zehnmal gewaschen wurde, um getragene Kleidungsstücke zu simulieren, wird enzymatisch zu einem Schlamm aus feinen Fasern und „blauem Glukosesirup“ abgebaut, der durch Filtration getrennt wird - beide separierten Anteile haben einen potenziellen Wiederverwendungswert. Foto: Sonja Salmon.
11.04.2023

Enzymatische Trennung von Baumwolle und Polyester in Mischgeweben

In einer neuen Studie haben Forscher der North Carolina State University nachgewiesen, dass sie Mischgewebe aus Baumwolle und Polyester mithilfe von Enzymen - natürlichen Werkzeugen zur Beschleunigung chemischer Reaktionen – voneinander trennen können. Die Forschenden hoffen, dass ihre Ergebnisse letztlich zu einer effizienteren Wiederverwertung der Stoffbestandteile und damit zur Verringerung des Textilabfalls führen werden. Sie stellten jedoch auch fest, dass der Prozess mehr Arbeitsschritte erfordert, wenn das Mischgewebe gefärbt oder mit Chemikalien behandelt wurde, die die Knitterfestigkeit erhöhen.

In einer neuen Studie haben Forscher der North Carolina State University nachgewiesen, dass sie Mischgewebe aus Baumwolle und Polyester mithilfe von Enzymen - natürlichen Werkzeugen zur Beschleunigung chemischer Reaktionen – voneinander trennen können. Die Forschenden hoffen, dass ihre Ergebnisse letztlich zu einer effizienteren Wiederverwertung der Stoffbestandteile und damit zur Verringerung des Textilabfalls führen werden. Sie stellten jedoch auch fest, dass der Prozess mehr Arbeitsschritte erfordert, wenn das Mischgewebe gefärbt oder mit Chemikalien behandelt wurde, die die Knitterfestigkeit erhöhen.

„Wir können die gesamte Baumwolle aus einer Baumwoll-Polyester-Mischung herauslösen, was bedeutet, dass wir anschließend sauberes Polyester haben, das recycelt werden kann“, so die korrespondierende Autorin der Studie, Sonja Salmon, außerordentliche Professorin für Textilingenieurwesen, Chemie und Wissenschaft an der NC State. „Auf einer Mülldeponie wird sich das Polyester nicht abbauen, und die Baumwolle kann mehrere Monate oder länger brauchen, um sich zu zersetzen. Mit unserer Methode können wir die Baumwolle in weniger als 48 Stunden vom Polyester trennen.“

Nach Angaben der US-Umweltschutzbehörde werfen Verbraucher jedes Jahr etwa 11 Millionen Tonnen Textilabfälle auf US-Mülldeponien. Die Forscher wollten eine Methode entwickeln, um die Baumwolle vom Polyester zu trennen, so dass die einzelnen Bestandteile recycelt werden können.

In der Studie verwendeten die Forscher einen „Cocktail“ von Enzymen in einer leicht sauren Lösung, um die Zellulose in der Baumwolle zu zersetzen. Zellulose ist das Material, das den Zellwänden der Pflanzen Struktur verleiht. Die Idee ist, die Zellulose so zu zerkleinern, dass sie aus der gemischten Gewebestruktur „herausfällt“ und einige winzige Baumwollfaserfragmente zusammen mit Glukose zurückbleiben. Glukose ist das biologisch abbaubare Nebenprodukt der abgebauten Zellulose. Anschließend wird die Glukose weggewaschen und die Baumwollfaserfragmente herausgefiltert, so dass reines Polyester übrig bleibt.
 
Assoc. Professor Sonja Salmon    „Dies ist ein mildes Verfahren - die Behandlung ist leicht sauer, wie bei Essig“, sagte Salmon. „Wir haben es auch bei 50 Grad Celsius laufen lassen, was der Temperatur einer heißen Waschmaschine entspricht. Es ist wirklich vielversprechend, dass wir das Polyester bis zu einem sauberen Niveau trennen können", fügte Salmon hinzu.
"Wir müssen noch einiges tun, um die Eigenschaften des Polyesters zu bestimmen, aber wir glauben, dass sie sehr gut sein werden, weil die Bedingungen so mild sind. Wir fügen lediglich Enzyme hinzu, die das Polyester ignorieren."

Sie verglichen den Abbau von Stoffen aus 100 % Baumwolle mit dem von Baumwoll- und Polyestermischungen und testeten außerdem Stoffe, die mit roten und blauen Reaktivfarbstoffen gefärbt und mit haltbaren Presschemikalien behandelt worden waren. Um die gefärbten Stoffe abzubauen, mussten die Forscher den Zeitaufwand und den Einsatz von Enzymen erhöhen. Bei Stoffen, die mit Chemikalien knitterfrei ausgerüstet wurden, mussten sie vor der Zugabe der Enzyme eine chemische Vorbehandlung durchführen.

„Der gewählte Farbstoff hat einen großen Einfluss auf die potenzielle Schädigung des Gewebes", sagte die Leiterin der Studie, Jeannie Egan, Doktorandin an der NC State. "Außerdem haben wir festgestellt, dass das größte Hindernis bisher die knitterfreie Ausrüstung ist. Die Chemie dahinter blockiert den Zugang des Enzyms zur Zellulose erheblich. Ohne Vorbehandlung erreichten wir einen Abbau von weniger als 10 %, aber nach zwei Enzymdosen konnten wir die Zellulose vollständig abbauen, was ein wirklich beeindruckendes Ergebnis ist.“

Den Forschenden zufolge wäre das Polyester recycelbar, während die Aufschlämmung der Baumwollfragmente als Zusatzstoff für Papier oder als nützliche Ergänzung für Verbundwerkstoffe wertvoll sein könnte. Sie untersuchen ebenfalls, ob eine Verwendung der Glukose für die Herstellung von Biokraftstoffen möglich wäre.

„Die Aufschlämmung besteht aus Baumwollresten, die einem sehr starken enzymatischen Abbau widerstehen“, so Salmon. „Sie kann als Verstärkungsstoff verwendet werden. Was den Glukosesirup betrifft, so arbeiten wir an einem Projekt, um herauszufinden, ob wir ihn in einen anaeroben Fermenter einspeisen können, um Biokraftstoff herzustellen. Wir würden Abfälle in Bioenergie umwandeln, was viel besser wäre, als sie auf eine Mülldeponie zu werfen.“

Die Studie mit dem Titel „Enzymatische Textilfasertrennung für nachhaltige Abfallverarbeitung“ wurde in der Zeitschrift Resources, Environment and Sustainability veröffentlicht. Zu den Koautoren gehören Siyan Wang, Jialong Shen, Oliver Baars und Geoffrey Moxley. Finanziert wurde die Studie von der Environmental Research and Education Foundation, der Kaneka Corporation und dem Department of Textile Engineering, Chemistry and Science an der NC State.

Quelle:

North Carolina State University, Laura Oleniacz

Bild: Marcin Szczepanski/Lead Multimedia Storyteller, University of Michigan College of Engineering
15.02.2023

Der neue Schmetterlingseffekt: Wendepunkt für das Recyceln von Kleidung?

Photonische Fasern nach dem Vorbild von Schmetterlingsflügeln ermöglichen unsichtbare, unauslöschliche Sortieretiketten.

Weniger als 15 % der 92 Millionen Tonnen Kleidung und anderer Textilien, die jährlich weggeworfen werden, werden recycelt - zum Teil, weil sie so schwer zu sortieren sind. Eingewebte Etiketten aus preiswerten photonischen Fasern, die von einem Team unter der Leitung der University of Michigan entwickelt wurden, könnten dies ändern.

„Es ist wie ein Strichcode, der direkt in den Stoff eines Kleidungsstücks eingewebt ist“, sagt Max Shtein, Professor an der University of Michigan für Materialwissenschaft und Technik und korrespondierender Autor der Studie in Advanced Materials Technologies. „Wir können die photonischen Eigenschaften der Fasern so anpassen, dass sie für das bloße Auge sichtbar sind, nur unter Nahinfrarotlicht lesbar sind oder eine beliebige Kombination.“

Photonische Fasern nach dem Vorbild von Schmetterlingsflügeln ermöglichen unsichtbare, unauslöschliche Sortieretiketten.

Weniger als 15 % der 92 Millionen Tonnen Kleidung und anderer Textilien, die jährlich weggeworfen werden, werden recycelt - zum Teil, weil sie so schwer zu sortieren sind. Eingewebte Etiketten aus preiswerten photonischen Fasern, die von einem Team unter der Leitung der University of Michigan entwickelt wurden, könnten dies ändern.

„Es ist wie ein Strichcode, der direkt in den Stoff eines Kleidungsstücks eingewebt ist“, sagt Max Shtein, Professor an der University of Michigan für Materialwissenschaft und Technik und korrespondierender Autor der Studie in Advanced Materials Technologies. „Wir können die photonischen Eigenschaften der Fasern so anpassen, dass sie für das bloße Auge sichtbar sind, nur unter Nahinfrarotlicht lesbar sind oder eine beliebige Kombination.“

Herkömmliche Etiketten überleben oft nicht bis zum Ende der Lebensdauer eines Kleidungsstücks - sie können abgeschnitten oder gewaschen werden, bis sie unleserlich sind, und die Informationen ohne Etiketten können sich abnutzen. Das Recycling könnte effektiver sein, wenn ein Etikett in den Stoff eingewebt würde, unsichtbar, bis es gelesen werden muss. Genau das könnte die neue Faser leisten.

Recycler verwenden bereits Nahinfrarot-Sortiersysteme, die verschiedene Materialien anhand ihrer natürlich vorkommenden optischen Signaturen identifizieren - PET-Kunststoff in einer Wasserflasche beispielsweise sieht unter Nahinfrarotlicht anders aus als der HDPE-Kunststoff in einer Milchverpackung. Auch verschiedene Stoffe haben unterschiedliche optische Signaturen, aber Brian Iezzi, Postdoktorand in Shteins Labor und Hauptautor der Studie, erklärt, dass diese Signaturen für Recycler nur von begrenztem Nutzen sind, da Mischgewebe weit verbreitet sind.

„Für ein wirklich kreislauforientiertes Recyclingsystem ist es wichtig, die genaue Zusammensetzung eines Stoffes zu kennen - ein Baumwoll-Recycler möchte nicht für ein Kleidungsstück zahlen, das zu 70 % aus Polyester besteht“, so Iezzi. „Natürliche optische Signaturen können dieses Maß an Präzision nicht bieten, aber unsere photonischen Fasern können es.“

Das Team hat die Technologie entwickelt, indem es das photonische Fachwissen von Iezzi und Shtein, das normalerweise bei Produkten wie Displays, Solarzellen und optischen Filtern zum Einsatz kommt, mit der fortschrittlichen Textilexpertise des Lincoln Labs des MIT kombiniert hat. Das Labor arbeitete daran, die photonischen Eigenschaften in ein Verfahren einzubringen, das mit einer großtechnischen Produktion kompatibel ist.

Sie lösten diese Aufgabe, indem sie mit einer Preform begannen - einem Kunststoffrohstoff, der aus Dutzenden von sich abwechselnden Schichten besteht. In diesem Fall verwendeten sie Acryl und Polycarbonat. Während jede einzelne Schicht durchsichtig ist, wird das Licht durch die Kombination zweier Materialien gebeugt und gebrochen, so dass optische Effekte entstehen, die wie Farben aussehen können. Es ist das gleiche grundlegende Phänomen, das Schmetterlingsflügeln ihren Schimmer verleiht.

Die Preform wird erhitzt und dann mechanisch - ähnlich wie Toffee - zu einem haardünnen Faserstrang gezogen. Das Herstellungsverfahren unterscheidet sich zwar von der Extrusionstechnik, mit der herkömmliche synthetische Fasern wie Polyester hergestellt werden, doch können damit dieselben kilometerlangen Faserstränge produziert werden. Diese Stränge können dann mit denselben Geräten verarbeitet werden, die bereits von Textilherstellern verwendet werden.

Durch Anpassung der Materialmischung und der Geschwindigkeit, mit der die Vorform gezogen wird, haben die Forscher die Faser so eingestellt, dass sie die gewünschten optischen Eigenschaften aufweist und recycelbar ist. Obwohl die photonische Faser teurer ist als herkömmliche Textilien, schätzen die Forscher, dass sie nur zu einem geringen Anstieg der Kosten für die Endprodukte führen wird.

„Die photonischen Fasern müssen nur einen kleinen Prozentsatz ausmachen - gerade einmal 1 % des fertigen Kleidungsstücks“, so Iezzi. „Das könnte die Kosten des Endprodukts um etwa 25 Cent erhöhen - ähnlich wie die Kosten für die uns allen bekannten Pflegeetiketten.“

Shtein ist überzeugt, dass die photonische Kennzeichnung nicht nur das Recycling erleichtern, sondern auch dazu verwendet werden könnte, Verbrauchern mitzuteilen, wo und wie die Waren hergestellt wurden, und sogar die Echtheit von Markenprodukten zu überprüfen. Dies könnte eine Option sein, Kunden einen wichtigen Mehrwert zu bieten.

„Wenn elektronische Geräte wie Mobiltelefone immer ausgereifter werden, könnten sie möglicherweise in der Lage sein, diese Art von photonischer Kennzeichnung zu lesen“, so Shtein. „Ich könnte mir also eine Zukunft vorstellen, in der eingewebte Etiketten sowohl für Verbraucher als auch für Recycler ein nützliches Merkmal sind.“

Das Team hat Patentschutz beantragt und prüft derzeit Möglichkeiten, die Technologie zu vermarkten.

Die Forschung wurde von der National Science Foundation und dem Under Secretary of Defense for Research and Engineering unterstützt.

Quelle:

Gabe Cherry, College of Engineering, University of Michigan / Textination

North Carolina State University
17.01.2023

Mit Stickerei kostengünstig Wearable Electronics produzieren

Durch das Aufsticken von stromerzeugenden Garnen auf Stoff konnten Forscher ein selbstversorgendes, numerisches Touchpad und Bewegungssensoren in Kleidung einbetten. Die Technik bietet eine kostengünstige, skalierbare Methode für die Herstellung von tragbaren Geräten.
„Unsere Technik verwendet Stickerei, was ziemlich einfach ist - man kann unsere Garne direkt auf den Stoff aufbringen“, so der Hauptautor der Studie, Rong Yin, Assistenzprofessor für Textiltechnik, Chemie und Wissenschaft an der North Carolina State University. „Bei der Herstellung des Gewebes muss keine Rücksicht auf die tragbaren Geräte genommen werden. Man kann die stromerzeugenden Garne erst nach der Herstellung des Kleidungsstücks integrieren.“
 

Durch das Aufsticken von stromerzeugenden Garnen auf Stoff konnten Forscher ein selbstversorgendes, numerisches Touchpad und Bewegungssensoren in Kleidung einbetten. Die Technik bietet eine kostengünstige, skalierbare Methode für die Herstellung von tragbaren Geräten.
„Unsere Technik verwendet Stickerei, was ziemlich einfach ist - man kann unsere Garne direkt auf den Stoff aufbringen“, so der Hauptautor der Studie, Rong Yin, Assistenzprofessor für Textiltechnik, Chemie und Wissenschaft an der North Carolina State University. „Bei der Herstellung des Gewebes muss keine Rücksicht auf die tragbaren Geräte genommen werden. Man kann die stromerzeugenden Garne erst nach der Herstellung des Kleidungsstücks integrieren.“
 
In der Studie, die in der Zeitschrift Nano Energy veröffentlicht wurde, testeten die Forscher mehrere Designs für stromerzeugende Garne. Um sie so haltbar zu machen, dass sie der Spannung und Biegung beim Sticken standhalten, verwendeten sie schließlich fünf handelsübliche Kupferdrähte, die mit einer dünnen Polyurethanbeschichtung versehen waren. Dann nähten sie sie mit einem anderen Material - PTFE - auf Baumwollgewebe.

„Dies ist eine kostengünstige Methode zur Herstellung von tragbarer Elektronik mit handelsüblichen Produkten“, so Yin. „Die elektrischen Eigenschaften unserer Prototypen waren mit denen anderer Designs vergleichbar, die auf demselben Mechanismus zur Stromerzeugung basieren“.
Die Forscher stützten sich auf eine Methode zur Stromerzeugung, die als „triboelektrischer Effekt“ bezeichnet wird und bei der Elektronen, die von zwei verschiedenen Materialien ausgetauscht werden, wie statische Elektrizität nutzbar gemacht werden. Sie stellten fest, dass das PTFE-Gewebe in Kontakt mit den polyurethanbeschichteten Kupferdrähten die beste Leistung in Bezug auf Spannung und Stromstärke erbrachte, verglichen mit anderen getesteten Gewebetypen, darunter Baumwolle und Seide. Sie testeten ebenfalls die Beschichtung der Stickerei-Muster mit Plasma, um den Effekt zu verstärken.

„In unserem Muster gibt es zwei Schichten - eine ist der leitende, mit Polyurethan beschichtete Kupferdraht, die andere ist PTFE, und dazwischen befindet sich eine Lücke", so Yin. "Wenn die beiden nichtleitenden Materialien miteinander in Kontakt kommen, verliert das eine Material Elektronen und das andere erhält Elektronen. Verbindet man sie miteinander, so entsteht ein Strom.”

Die Forscher testeten ihre Garne als Bewegungssensoren, indem sie sie mit dem PTFE-Gewebe auf Jeansstoff bestickten. Sie platzierten die Stickereien auf der Handfläche, unter dem Arm, am Ellbogen und am Knie, um die elektrischen Signale zu verfolgen, die bei der Bewegung einer Person entstehen. Außerdem befestigten sie den bestickten Stoff an der Innensohle eines Schuhs, um seine Verwendung als Schrittzähler zu testen. Dabei stellten sie fest, dass die elektrischen Signale variierten, je nachdem, ob die Person ging, lief oder sprang.
Schließlich testeten sie ihre Garne in einem textilbasierten Ziffernblock am Arm, den sie anfertigten, indem sie Zahlen auf ein Stück Baumwollstoff stickten und dieses auf einem Stück PTFE-Gewebe befestigten. Je nach Zahl, die die Person auf dem Tastenfeld drückte, wurden unterschiedliche elektrische Signale erzeugt.

„Man kann unsere Garne auf Kleidung sticken, und wenn man sich bewegt, wird ein elektrisches Signal erzeugt, und diese Signale können als Sensor verwendet werden“, sagte Yin. „Wenn wir die Stickerei in einen Schuh einnähen, erzeugt sie beim Laufen eine höhere Spannung als beim bloßen Gehen. Wenn wir Zahlen auf den Stoff gestickt haben und sie drücken, wird für jede Zahl eine andere Spannung erzeugt. Das könnte als Interface genutzt werden.”

Da Textilprodukte unweigerlich gewaschen werden, testeten sie die Haltbarkeit ihres Stickdesigns in einer Reihe von Wasch- und Reibungstests. Nach dem Waschen mit der Hand, dem Durchwaschen mit Waschmittel und dem Trocknen im Ofen, stellten sie keinen Unterschied oder einen leichten Anstieg der Spannung fest. Bei dem mit Plasma beschichteten Prototyp wurde eine schwächere, aber immer noch bessere Leistung im Vergleich zum Originalmuster festgestellt. Nach einem Abriebtest konnte festgehalten werden, dass sich die elektrische Ausgangsleistung nach 10.000 Scheuerzyklen nicht signifikant verändert hatte.

Für die Zukunft planen sie, ihre Sensoren mit anderen Geräten zu integrieren, um weitere Funktionen hinzuzufügen. „Der nächste Schritt ist die Integration dieser Sensoren in ein tragbares System“, so Yin.

Die Studie mit dem Titel " Flexible, durable and washable triboelectric yarn and embroidery for self-powered sensing and human-machine interaction " wurde online in Nano Energy veröffentlicht. Zu den Koautoren gehören Yu Chen, Erdong Chen, Zihao Wang, Yali Ling, Rosie Fisher, Mengjiao Li, Jacob Hart, Weilei Mu, Wei Gao, Xiaoming Tao und Bao Yang. Die Finanzierung erfolgte durch die North Carolina State University über den NC State Faculty Research & Professional Development Fund und das NC State Summer REU-Programm.

Quelle:

North Carolina State University, Rong Yin, Laura Oleniacz

Foto Freudenberg Performance Materials
10.01.2023

Fraunhofer: Optimierte Produktion von Vliesstoffmasken

Die Produktion von Infektionsschutzkleidung ist material- und energieintensiv. Fraunhofer-Forschende haben nun eine Technologie entwickelt, die bei der Produktion von Vliesstoffen hilft, Material und Energie zu sparen. Auf Basis einer mathematischen Modellierung steuert ein Digitaler Zwilling wesentliche Prozessparameter der Herstellung. Neben der Verbesserung der Maskenherstellung eignet sich die Lösung ProQuIV auch dazu, die Produktionsparameter für andere Anwendungen der vielseitig einsetzbaren technischen Textilien zu optimieren. Die Hersteller können so flexibel auf Kundenwünsche und Marktveränderungen reagieren.

Die Produktion von Infektionsschutzkleidung ist material- und energieintensiv. Fraunhofer-Forschende haben nun eine Technologie entwickelt, die bei der Produktion von Vliesstoffen hilft, Material und Energie zu sparen. Auf Basis einer mathematischen Modellierung steuert ein Digitaler Zwilling wesentliche Prozessparameter der Herstellung. Neben der Verbesserung der Maskenherstellung eignet sich die Lösung ProQuIV auch dazu, die Produktionsparameter für andere Anwendungen der vielseitig einsetzbaren technischen Textilien zu optimieren. Die Hersteller können so flexibel auf Kundenwünsche und Marktveränderungen reagieren.

Infektionsschutzmasken aus Vlies sind nicht erst seit der Corona-Pandemie millionenfach verbreitet und gelten als simpler Massenartikel. Doch ihre Herstellung stellt hohe Anforderungen an Präzision und Zuverlässigkeit des Produktionsprozesses. Der Vliesstoff in der Maske muss bei der FFP-2-Maske nach DIN mindestens 94 Prozent, bei der FFP-3-Variante sogar 99 Prozent der Aerosole herausfiltern. Gleichzeitig muss die Maske ausreichend Luft durchlassen, damit der Mensch noch gut atmen kann. Viele Hersteller suchen nach Wegen, die Herstellung zu optimieren. Außerdem soll die Produktion flexibler werden, so dass Unternehmen in der Lage sind, die vielseitig verwendbaren Vliesstoffe für ganz unterschiedliche Anwendungen und Branchen zu bearbeiten und zu liefern.

Nun hat das Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM in Kaiserslautern mit ProQuIV eine Lösung vorgestellt, die beides leistet. Das Kürzel ProQuIV steht für »Produktions- und Qualitätsoptimierung von Infektionsschutzkleidung aus Vliesstoffen«. Die Grundidee: Prozessparameter der Herstellung werden bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Gleichmäßigkeit des Vliesstoffs charakterisiert und diese wiederum mit Eigenschaften des Endprodukts, beispielsweise einer Schutzmaske, in Verbindung gesetzt. Diese Modellkette verknüpft alle relevanten Parameter mit einer Bildanalyse und bildet einen Digitalen Zwilling der Produktion. Mit dessen Hilfe lässt sich die Vliesstoffherstellung in Echtzeit überwachen, automatisch steuern und somit das Optimierungspotenzial nutzen.

Dr. Ralf Kirsch aus der Abteilung Strömungs- und Materialsimulation und Teamleiter Filtration und Separation erklärt: »Mit ProQuIV benötigen die Hersteller insgesamt weniger Material und sparen Energie. Dabei ist die Qualität des Endprodukts jederzeit gewährleistet.«

Vliesherstellung mit Hitze und Luftströmung
Vliesstoffe für Filtrationsanwendungen werden im sogenannten Meltblown-Prozess hergestellt. Dabei werden Kunststoffe wie Polypropylen geschmolzen, durch Düsen getrieben und kommen in Form von Fäden heraus, den sogenannten Filamenten. Diese werden auf zwei Seiten von Luftströmen erfasst, die sie mit annähernder Schallgeschwindigkeit nach vorne treiben und gleichzeitig verwirbeln, bevor sie auf ein Auffangband fallen. So werden die Fäden nochmals dünner. Die Dicke der Filamente liegt im Mikrometer- oder sogar Sub-Mikrometer-Bereich. Durch Abkühlung und Zugabe von Bindestoffen bildet sich der Vliesstoff. Je besser Temperatur, Luft- und Bandgeschwindigkeit aufeinander abgestimmt sind, desto gleichmäßiger sind am Ende die Fasern verteilt und desto homogener erscheint das Material dann bei der Prüfung im Durchlichtmikroskop. Hier lassen sich hellere und dunklere Stellen ausmachen. Fachleute sprechen von Wolkigkeit. Das Fraunhofer-Team hat eine Methode entwickelt, um einen Wolkigkeits-Index anhand von Bilddaten zu messen. Die hellen Stellen besitzen einen niedrigen Faservolumenanteil, sind also nicht so dicht und weisen eine niedrigere Filtrationsrate auf. Dunklere Stellen haben ein höheres Faservolumen und daher eine höhere Filtrationsrate. Andererseits führt der in diesen Bereichen erhöhte Luftwiderstand dazu, dass sie einen geringeren Anteil der Atemluft filtern. Der größere Anteil strömt durch die offeneren Bereiche, die eine geringere Filterwirkung haben.

Produktionsprozess mit Echtzeit-Steuerung
Die Durchlichtaufnahmen aus dem Mikroskop dienen bei ProQuIV für die Kalibrierung der Modelle vor dem Einsatz. Die Expertinnen und Experten analysieren den Ist-Zustand der Textilprobe und ziehen daraus Rückschlüsse, wie die Anlage optimiert werden kann. So könnten sie beispielsweise die Temperatur erhöhen, die Bandgeschwindigkeit senken oder die Stärke der Luftströme anpassen. »Ein wesentliches Ziel unseres Forschungsprojekts war, zentrale Parameter wie Filtrationsrate, Strömungswiderstand und Wolkigkeit eines Materials miteinander zu verknüpfen und darauf basierend eine Methode zu generieren, die alle Variablen im Produktionsprozess mathematisch modelliert«, sagt Kirsch. Der Digitale Zwilling überwacht und steuert die laufende Produktion in Echtzeit. Kleine Abweichungen der Anlage, wie etwa eine zu hohe Temperatur, werden in Sekunden automatisch korrigiert.

Schnelle und effiziente Herstellung
»Es ist dann nicht notwendig, die Produktion zu unterbrechen, Materialproben zu nehmen und die Maschinen neu einzustellen. Wenn die Modelle kalibriert sind, kann sich der Hersteller darauf verlassen, dass der Vliesstoff, der vom Band läuft, die Spezifikationen und Qualitätsnormen einhält«, erklärt Kirsch. Mit ProQuIV wird die Produktion deutlich effizienter. Es gibt weniger Ausschuss beim Material, und der Energieverbrauch sinkt ebenfalls. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass Hersteller schnell neue Produkte auf Vliesbasis entwickeln können. Dazu müssen lediglich die Zielvorgaben in der Modellierung geändert und die Parameter angepasst werden. So können produzierende Unternehmen flexibel auf Kundenwünsche oder Markttrends reagieren.

Was logisch klingt, ist in der Entwicklung komplex. Die Werte für Filtrationsleistung und Strömungswiderstand steigen nämlich keineswegs linear an und verhalten sich auch nicht proportional zum Faservolumenanteil. Eine doppelt so hohe Filament-Dichte bedeutet also nicht, dass auch Filtrationsleistung und Strömungswiderstand doppelt so hoch sind. Das Verhältnis zwischen den Parametern ist wesentlich komplexer. »Genau deshalb ist die mathematische Modellierung so wichtig. Sie hilft uns, das komplexe Verhältnis zwischen den einzelnen Prozessparametern zu verstehen«, sagt Fraunhofer-ITWM-Forscher Kirsch. Dabei kommt den Forschenden ihre langjährige Expertise bei Simulation und Modellierung zugute.

Weitere Anwendungen sind möglich
Der nächste Schritt besteht für das Fraunhofer-Team darin, den Atemwiderstand der Vliesstoffe für den Menschen bei gleicher Schutzwirkung zu reduzieren. Möglich wird dies durch die elektrische Aufladung der Fasern. Das Prinzip erinnert an die Arbeitsweise eines Staubwedels. Durch die elektrische Ladung zieht das Textilgewebe winzigste Partikel an, die andernfalls durch die Poren schlüpfen könnten. Die Stärke der elektrostatischen Ladung wird hierfür als Parameter in die Modellierung integriert.

Die Fraunhofer-Forschenden beschränken sich bei der Anwendung der Methode keineswegs nur auf Masken und Luftfilter. Ihre Technologie lässt sich ganz allgemein in der Produktion von Vliesstoffen einsetzen, beispielsweise auch bei Stoffen für die Filtration von Flüssigkeiten. Auch die Herstellung von schalldämmenden Vliesstoffen lässt sich mit ProQuIV-Methoden optimieren.

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM

Bild: Gaharwar Laboratory
13.12.2022

Neue Tinten für 3D-druckbare, tragbare Bioelektronik

Flexible Elektronik hat die Entwicklung von Sensoren, Aktoren, Mikrofluidik und Elektronik auf flexiblen, konformen und/oder dehnbaren Trägerschichten für tragbare, implantierbare oder einzunehmende Anwendungen ermöglicht. Diese Geräte haben jedoch im Vergleich zum menschlichen Gewebe sehr unterschiedliche mechanische und biologische Eigenschaften und können daher nicht in den menschlichen Körper integriert werden.

Ein Forscherteam an der Texas A&M University hat eine neue Klasse von Biomaterialtinten entwickelt, die die nativen Eigenschaften von hoch leitfähigem menschlichem Gewebe, ähnlich wie Haut, nachahmen, was für die Verwendung der Tinte im 3D-Druck unerlässlich ist.

Flexible Elektronik hat die Entwicklung von Sensoren, Aktoren, Mikrofluidik und Elektronik auf flexiblen, konformen und/oder dehnbaren Trägerschichten für tragbare, implantierbare oder einzunehmende Anwendungen ermöglicht. Diese Geräte haben jedoch im Vergleich zum menschlichen Gewebe sehr unterschiedliche mechanische und biologische Eigenschaften und können daher nicht in den menschlichen Körper integriert werden.

Ein Forscherteam an der Texas A&M University hat eine neue Klasse von Biomaterialtinten entwickelt, die die nativen Eigenschaften von hoch leitfähigem menschlichem Gewebe, ähnlich wie Haut, nachahmen, was für die Verwendung der Tinte im 3D-Druck unerlässlich ist.

Diese Biomaterial-Tinte nutzt eine neue Klasse von 2D-Nanomaterialien, die als Molybdändisulfid (MoS2) bekannt sind. Die dünnschichtige Struktur von MoS2 enthält Defektzentren, die es chemisch aktiv machen und in Kombination mit modifizierter Gelatine ein flexibles Hydrogel ergeben, vergleichbar mit der Struktur von Götterspeise.

„Die Auswirkungen dieser Arbeit sind für den 3D-Druck weitreichend", sagte Dr. Akhilesh Gaharwar, außerordentlicher Professor in der Abteilung für Biomedizinische Technik und Presidential Impact Fellow. "Diese neu entwickelte Hydrogeltinte ist hochgradig biokompatibel und elektrisch leitfähig und ebnet den Weg für die nächste Generation von tragbarer und implantierbarer Bioelektronik.”1

Die Tinte hat strukturviskose oder scherverdünnende Eigenschaften. Ihre nimmt Viskosität mit zunehmender Kraft ab, so dass sie im Inneren der Tube fest ist, aber beim Zusammendrücken eher wie eine Flüssigkeit fließt, ähnlich wie Ketchup oder Zahnpasta. Das Team hat diese elektrisch leitfähigen Nanomaterialien in eine modifizierte Gelatine eingearbeitet, um eine Hydrogeltinte mit Eigenschaften herzustellen, die für die Entwicklung von Tinte für den 3D-Druck wichtig sind.

„Diese 3D-gedruckten Geräte sind extrem elastisch und können zusammengedrückt, gebogen oder verdreht werden, ohne zu brechen", so Kaivalya Deo, Doktorand in der Abteilung für biomedizinische Technik und Hauptautor der Arbeit. „Darüber hinaus sind diese Geräte elektronisch aktiv, so dass sie dynamische menschliche Bewegungen überwachen können und den Weg für eine kontinuierliche Bewegungsüberwachung ebnen.”

Für den 3D-Druck der Tinte haben die Forscher im Gaharwar-Labor einen kostengünstigen, Open-Source 3D-Biodrucker mit mehreren Druckköpfen entwickelt, der voll funktionsfähig und anpassbar ist und mit Open-Source Tools und Freeware läuft. Dies ermöglicht es jedem Forscher, 3D-Biodrucker zu bauen, die auf seine eigenen Forschungsbedürfnisse zugeschnitten sind.

Die elektrisch leitfähige 3D-gedruckte Hydrogel-Tinte kann komplexe 3D-Schaltkreise erzeugen und ist nicht auf plane Designs beschränkt, so dass Forscher eine anpassbare Bioelektronik herstellen können, die auf patientenspezifische Anforderungen zugeschnitten ist.

Mit Hilfe dieser 3D-Drucker konnte Deo elektrisch aktive und dehnbare elektronische Geräte drucken. Diese Geräte weisen außergewöhnliche Dehnungsmessfähigkeiten auf und können für die Entwicklung anpassbarer Überwachungssysteme verwendet werden. Dies eröffnet ebenfalls neue Möglichkeiten für die Entwicklung dehnbarer Sensoren mit integrierten miroelektronischen Komponenten.

Eine der möglichen Anwendungen der neuen Tinte ist der 3D-Druck elektronischer Tätowierungen für Patienten mit Parkinson. Die Forscher stellen sich vor, dass ein gedrucktes E-Tattoo die Bewegungen des Patienten, einschließlich des Zitterns, überwachen kann.

Dieses Projekt wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Anthony Guiseppi-Elie, Vizepräsident für akademische Angelegenheiten und Personalentwicklung am Tri-County Technical College in South Carolina, und Dr. Limei Tian, Assistenzprofessor für Biomedizintechnik an der Texas A&M University, durchgeführt.
Die Studie wurde vom National Institute of Biomedical Imaging and Bioengineering, dem National Institute of Neurological Disorders and Stroke und dem Texas A&M University President's Excellence Fund finanziert. Ein vorläufiges Patent auf diese Technologie wurde in Zusammenarbeit mit der Texas A&M Engineering Experiment Station angemeldet.

1 Die Studie wurde bei ACS Nano veröffentlicht.

Quelle:

Alleynah Veatch Cofas, Texas A & M University