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Abtrennen von Mikroplastik Foto: H & M Foundation
22.05.2023

Schallwellen filtern Mikroplastik aus Abwässern

Die vom Hong Kong Research Institute of Textiles and Apparel (HKRITA) mit Unterstützung der H&M Foundation entwickelte Technologie kann mithilfe von Schallwellen Mikroplastik aus dem Abwasser herausfiltern. Acousweep ist eine Plug-and-Play- Anwendung. Sie lässt sich leicht transportieren und an jede Abwasseranlage anschließen. Wenn die Technologie im industriellen Maßstab eingesetzt wird, wird sie einen erheblichen Einfluss auf den nachhaltigen Fußabdruck der Modeindustrie haben.
 

Die vom Hong Kong Research Institute of Textiles and Apparel (HKRITA) mit Unterstützung der H&M Foundation entwickelte Technologie kann mithilfe von Schallwellen Mikroplastik aus dem Abwasser herausfiltern. Acousweep ist eine Plug-and-Play- Anwendung. Sie lässt sich leicht transportieren und an jede Abwasseranlage anschließen. Wenn die Technologie im industriellen Maßstab eingesetzt wird, wird sie einen erheblichen Einfluss auf den nachhaltigen Fußabdruck der Modeindustrie haben.
 
Die Verschmutzung durch Mikroplastik ist ein weltweites Problem und stellt eine Gefahr für Ökosysteme, Tiere und Menschen dar. Mikroplastik stammt aus einer Vielzahl von Quellen, u. a. aus größerem Plastikmüll, der sich in immer kleinere Teile auflöst, oder aus Mikroperlen in Gesundheits- und Kosmetikprodukten oder Reinigungsmitteln wie Zahnpasta. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur stammt die Hauptquelle der Verschmutzung der Ozeane durch Mikroplastik, etwa 16 % bis 35 % weltweit, aus synthetischen Textilien.

Professorin Christine Loh, leitende Entwicklungsstrategin am Institute for the Environment, The Hong Kong University of Science and Technology, teilt die Ansicht, dass diese Technologie großes Potenzial hat.
Mikroplastik sind nach der Definition des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und der Europäischen Union (EU) in der Regel winzige Kunststoffteile oder -partikel mit einem Durchmesser von weniger als 5 mm. Die neue Technologie kann Mikroplastikfasern mit einer Länge von mehr als 20 μm trennen, was 250-mal kleiner ist als die typische Größe. Im Gegensatz zu bestehenden Filtrationsverfahren ermöglicht das System eine kontinuierliche Wasseraufbereitung und eine einfache Sammlung von Mikroplastikfasern dank seiner akustischen Technik der Manipulation.

Acousweep nutzt schwingende akustische Wellen in einer speziell geformten Kammer, um Mikroplastikfasern physikalisch aufzufangen und effektiv vom Abwasser zu trennen. Der gesamte Prozess beruht auf einer rein physikalischen Sammlung und Trennung. Es werden keine chemischen, lösungsmittelhaltigen oder biologischen Zusatzstoffe benötigt. Das separierte Mikroplastik tropft in einen Sammeltank zur weiteren Behandlung, z. B. zum Recycling.

Das bestehende Aufbereitungssystem im Labormaßstab hat eine Kapazität von ca. 100 Litern Wasser pro Stunde und kann auf industrielle Anlagengrößen hochskaliert werden. Das System kann in einem Container mit einer Verarbeitungskapazität von 5.000 bis zu 10.000 Litern Wasser pro Stunde installiert werden. Es ist leicht transportabel und ermöglicht den Anschluss an bestehende Abwasserauslässe von Kläranlagen.
 
Verfahren zur Abtrennung von Mikroplastikfasern:

  1. An einem Ende der Kammer befindet sich ein Wandler, der eine schwingende Schallwelle mit Ultraschall-Frequenzen erzeugt. Am anderen Ende befindet sich ein Reflektor, von dem die Schallwellen reflektiert werden und stehende Wellen bilden.
  2. Wenn stehende Wellen auf die Teilchen in einer Flüssigkeit einwirken, werden die Teilchen durch akustische Strahlungswirkung festgehalten.
  3. Die stehenden Wellen übertragen dann die eingeschlossenen Partikel auf die Reflektorseite; danach konzentrieren sich die Partikel an der Spitze des Reflektors.
  4. An der Spitze befindet sich ein Nadelventil, das von einem sensorischen System gesteuert wird, das dort die Konzentration der Mikroplastikfasern überwacht. Wenn die Konzentration ausreichend hoch ist, öffnet das Sensorsystem das Nadelventil und lässt die Mikroplastikfasern in einen Auffangbehälter tropfen.
  5. Der Sammelbehälter kann mit einer hohen Temperatur betrieben werden, um das Wasser zu entfernen, so dass die Fasern agglomerieren und eine große Masse bilden, die bei einer anschließenden Aufbereitung leicht behandelt werden kann.

Die grüne Technologie hat in Hongkong gerade einen großen Sprung nach vorn gemacht. Acousweep wird der Bekleidungsindustrie und anderen Branchen helfen, eine äußerst schädliche Form der Verschmutzung zu stoppen. HKRITA hat eine neue Technik zur Beseitigung von Mikroplastik mit Hilfe eines schallwellenbasierten Systems entwickelt, das verhindert, dass es ins Meer gelangt und von Meeresbewohnern aufgenommen wird, die in der Nahrungskette sogar vom Menschen verschluckt werden können. Acousweep hat das Zeug dazu, die Industrie zu revolutionieren.
Professorin Christine Loh, leitende Entwicklungsstrategin am Umwelt-Institut der Universität für Wissenschaft und Technologie in Hongkong

 

Quelle:

The Hong Kong Research Institute of Textiles and Apparel (HKRITA); H & M Foundation

Die Plasma-Atmosphäre wird im Reaktor durch das charakteristische Leuchten und das Entladen von Blitzen deutlich sichtbar. © Fraunhofer IGB Die Plasma-Atmosphäre wird im Reaktor durch das charakteristische Leuchten und das Entladen von Blitzen deutlich sichtbar.
16.05.2023

Abwasserreinigung: Plasma gegen toxische PFAS-Chemikalien

Die gesundheitsschädlichen Chemikalien PFAS sind mittlerweile in vielen Böden und Gewässern nachweisbar. Die Beseitigung mit herkömmlichen Filtertechniken ist sehr aufwendig und kaum realisierbar. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB setzen im Verbundprojekt AtWaPlas erfolgreich auf eine plasmabasierte Technologie. Kontaminiertes Wasser wird in einen kombinierten Glas- und Edelstahlzylinder eingeleitet und dort mit ionisiertem Gas – dem Plasma – behandelt. Das reduziert die Molekülketten von PFAS und ermöglicht so eine kostengünstige Beseitigung der toxischen Substanz.

Die gesundheitsschädlichen Chemikalien PFAS sind mittlerweile in vielen Böden und Gewässern nachweisbar. Die Beseitigung mit herkömmlichen Filtertechniken ist sehr aufwendig und kaum realisierbar. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB setzen im Verbundprojekt AtWaPlas erfolgreich auf eine plasmabasierte Technologie. Kontaminiertes Wasser wird in einen kombinierten Glas- und Edelstahlzylinder eingeleitet und dort mit ionisiertem Gas – dem Plasma – behandelt. Das reduziert die Molekülketten von PFAS und ermöglicht so eine kostengünstige Beseitigung der toxischen Substanz.

Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, kurz: PFAS (engl.: per- and polyfluoroalkyl substances), haben viele Talente. Sie sind thermisch und chemisch stabil, dabei wasser-, fett- und schmutzabweisend. Dementsprechend findet man sie in vielen alltäglichen Produkten: Pizzakartons und Backpapier sind damit beschichtet, auch Shampoos und Cremes enthalten PFAS. In der Industrie finden sie Verwendung als Lösch- und Netzmittel. In der Landwirtschaft werden sie in Pflanzenschutzmitteln verwendet. Mittlerweile lassen sich Spuren von PFAS auch da nachweisen, wo sie nicht hingehören: im Boden, in Flüssen und im Grundwasser, in Lebensmitteln und im Trinkwasser. So gelangen die schädlichen Stoffe am Ende auch in den menschlichen Körper. Wegen ihrer chemischen Stabilität ist die Beseitigung dieser auch als »Ewigkeitschemikalien« bezeichneten Substanzen bisher mit vertretbarem Aufwand kaum möglich.

Das Verbundprojekt AtWaPlas soll das ändern. Das Akronym steht für Atmosphären-Wasserplasma-Behandlung. Das innovative Projekt wird derzeit am Fraunhofer IGB in Stuttgart gemeinsam mit dem Industriepartner HYDR.O. Geologen und Ingenieure GbR aus Aachen vorangetrieben. Ziel ist die Aufbereitung und Rückgewinnung PFAS-belasteter Wässer mittels Plasma-Behandlung.
Das Forschenden-Team um Dr. Georg Umlauf, Experte für funktionale Oberflächen und Materialien, macht sich dabei die Fähigkeit von Plasma zu Nutze, die Molekülketten von Substanzen anzugreifen. Erzeugt wird das elektrisch leitfähige Gas aus Elektronen und Ionen durch Anlegen von Hochspannung. »In unseren Versuchen mit Plasma ist es gelungen, die Molekülketten von PFAS im Wasser zu verkürzen. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer effizienten Beseitigung dieser hartnäckigen Schadstoffe«, freut sich Umlauf.

Wasserkreislauf im Edelstahlzylinder
Für das Verfahren nutzen die Fraunhofer-Forschenden einen zylinderförmigen Aufbau. Im Inneren befindet sich ein Edelstahlrohr und dieses dient als Masse-Elektrode des Stromkreises. Ein äußeres Kupfernetz fungiert als Hochspannungselektrode und wird zur Innenseite hin durch ein Dielektrikum aus Glas abgeschirmt. Dazwischen bleibt ein winziger Spalt, der mit einem Luft-Gemisch gefüllt ist. Durch Anlegen von mehreren Kilovolt Spannung verwandelt sich dieses Luft-Gemisch in Plasma. Für das menschliche Auge wird es durch das charakteristische Leuchten und das Entladen in Form von Blitzen sichtbar.

Im Reinigungsprozess wird das mit PFAS kontaminierte Wasser am Boden des Stahltanks eingeleitet und nach oben gepumpt. Im Spalt zwischen den Elektroden fließt es nach unten und durchquert dabei die elektrisch aktive Plasma-Atmosphäre. Beim Entladen bricht das Plasma die PFAS-Molekülketten auf und verkürzt sie. Das Wasser wird in einem geschlossenen Kreislauf immer wieder durch den stählernen Reaktor und die Plasma-Entladezone im Spalt gepumpt, jedes Mal werden die PFAS-Molekülketten weiter reduziert bis zu einer vollständigen Mineralisierung. »Im Idealfall werden die schädlichen PFAS-Stoffe so gründlich beseitigt, dass sie in massenspektrometischen Messungen nicht mehr nachweisbar sind. Damit werden auch die strengen Regularien der Trinkwasserverordnung in Bezug auf die PFAS-Konzentration erfüllt«, sagt Umlauf.

Gegenüber herkömmlichen Methoden wie beispielsweise der Filterung mit Aktivkohle weist die am Fraunhofer IGB entwickelte Technologie einen entscheidenden Vorteil auf: »Aktivkohlefilter können die schädlichen Stoffe zwar binden, sie aber nicht beseitigen. Somit müssen die Filter regelmäßig ausgetauscht und entsorgt werden. Die AtWaPlas-Technologie dagegen kann die schädlichen Substanzen rückstandsfrei eliminieren und arbeitet dabei sehr effizient und wartungsarm«, erläutert Fraunhofer-Experte Umlauf.

Echte Wasserproben statt synthetischer Laborprobe
Um echte Praxisnähe zu gewährleisten, testen die Fraunhofer-Forschenden die Plasma-Reinigung gewissermaßen unter erschwerten Bedingungen. Konventionelle Testverfahren arbeiten mit perfekt sauberem Wasser und im Labor synthetisch angerührten PFAS-Lösungen. Das Forschenden-Team in Stuttgart dagegen verwendet echte Wasserproben, die aus PFAS-kontaminierten Gebieten stammen. Die Proben werden vom Projektpartner HYDR.O. Geologen und Ingenieure GbR aus Aachen zugeliefert. Das Unternehmen hat sich auf Altlastensanierung spezialisiert und führt daneben hydrodynamische Simulationen durch.

Die realen Wasserproben, mit denen Umlauf und sein Team arbeiten, enthalten daher neben PFAS auch weitere Partikel, Schwebstoffe und organische Trübungen. »Auf diese Weise stellen wir sicher, dass AtWaPlas seinen Reinigungseffekt nicht nur mit synthetischen Laborproben, sondern auch unter realen Bedingungen mit wechselnden Wasserqualitäten unter Beweis stellt. Zugleich können wir die Prozessparameter laufend anpassen und weiterentwickeln«, erklärt Umlauf.

Die Plasma-Methode lässt sich auch für den Abbau anderer schädlicher Substanzen einsetzen. Darunter fallen etwa Rückstände von Medikamenten im Abwasser, Pestizide und Herbizide, aber auch Industriechemikalien wie Cyanide. Daneben kommt AtWaPlas auch für die umweltschonende und kostengünstige Aufbereitung von Trinkwasser in mobilen Anwendungen infrage.

Das Verbundprojekt AtWaPlas startete im JuIi 2021. Nach den erfolgreichen Versuchsreihen im Technikums-Maßstab mit einem 5-Liter-Reaktor arbeitet das Fraunhofer-Team gemeinsam mit dem Verbundpartner daran, das Verfahren weiter zu optimieren. Georg Umlauf sagt: »Unser Ziel ist es jetzt, toxische PFAS durch verlängerte Prozesszeiten und mehr Umläufe im Tank vollständig zu eliminieren und die AtWaPlas-Technologie auch für die praktische Anwendung im größeren Maßstab verfügbar zu machen.« Zukünftig könnten entsprechende Anlagen auch als eigenständige Reinigungsstufe in Klärwerken aufgestellt werden oder in transportablen Containern auf kontaminierten Freilandflächen zum Einsatz kommen.

Quelle:

Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB