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Foto: Pixabay
07.04.2020

Naturtextilbranche reagiert mit Kreativität und Zusammenarbeit auf Corona

Während gerade überall zu lesen ist, dass die Modebranche kurz vor dem Kollaps steht und Finanzmittel von der Regierung fordert, arbeiten viele Textil- und Lederunternehmen mit ethischem Hintergrund aktiv und gemeinsam an kreativen Lösungen, um nicht schließen zu müssen.
Es zeigt sich gerade jetzt, dass kleinere Nachhaltigkeitspioniere einige Vorteile gegenüber den Handelsriesen und großen Brands haben. Flexibilität, ein starkes Band zwischen Lieferanten und Kunden sowie Glaubwürdigkeit zahlen sich jetzt aus.

Während gerade überall zu lesen ist, dass die Modebranche kurz vor dem Kollaps steht und Finanzmittel von der Regierung fordert, arbeiten viele Textil- und Lederunternehmen mit ethischem Hintergrund aktiv und gemeinsam an kreativen Lösungen, um nicht schließen zu müssen.
Es zeigt sich gerade jetzt, dass kleinere Nachhaltigkeitspioniere einige Vorteile gegenüber den Handelsriesen und großen Brands haben. Flexibilität, ein starkes Band zwischen Lieferanten und Kunden sowie Glaubwürdigkeit zahlen sich jetzt aus.

Beweglichkeit ist Trumpf
Die prekäre wirtschaftliche Situation im stationären Einzelhandel zwingt Unternehmen dazu, neue und kreative Wege einzuschlagen. Eine enge und emphatische Kundenbindung sowie die Flexibilität kleinerer Ladner ebnet diesen Weg. Und die Ideen und Maßnahmen sind vielfältig. Einige leiten ihre Waren auf den Online-Handel um, bieten einen Lieferservice an.  Life-Videos aus den Läden, die die Ware präsentieren und erklären oder Mitmachaktionen für Verbraucher sind weitere Beispiele. Auch Hersteller bzw. Brands denken um. Beispielsweise stellen einige Unternehmen Gesichtsmasken her, die den Umsatzrückgang etwas abfedern, andere legen kurzfristig den Produktionsschwerpunkt auf Basic-Produkte, die sich gut online vermarkten lassen.
 
Lieferkettensicherheit
Die Leder- und Textilindustrie hat derzeit nicht nur das Problem wegbrechender Umsätze. Die fragilen globalen Märkte, die für große Konzerne Rohstoffe und Dienstleistungen liefern, werden momentan zur Bedrohung. Wenn in China und Bangladesch die Wirtschaft stillsteht, kommt der deutsche Modemarkt kurzfristig nicht mehr ausreichend an Ware heran. Die Unternehmen, die in Deutschland oder in anderen wirtschaftlich stabilen Ländern produzieren, sind jetzt im Vorteil.  Einige der Unternehmen, die Rohware aus dem Ausland beziehen, ordern diese jetzt schon für den nächsten Produktionszyklus, einerseits um dem Lieferanten eine gewisse Sicherheit zu geben, anderseits um gerüstet zu sein für die Zeiten nach Corona.

Gemeinschaftsgedanke
Eine ethische Geschäftspraxis bedeutet nicht nur ökologisches und sozialverantwortliches Handeln in Bezug auf die Lieferketten. Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Empathie sind jetzt ebenso wichtig, wenn die Modeindustrie sich nicht in Preisdumping und knallhartem Konkurrenzkampf verlieren will. In der Presse ist die Rede von Milliardenstornos, Corona-Schnäppchen und Konkursen. Dass es auch anders geht, zeigen viele IVN Mitlieder. Lieferanten berichten uns, dass sie von sich aus Bestellungen bis Ende April zurückhalten, um dem Handel finanziell Luft zu lassen, Händler halten in der Regel zumindest Rücksprache mit ihren Lieferanten, wenn sie nicht in der Lage sind, eine komplette Order abzurufen. Händler mit Onlineshops nehmen spontan Ware von befreundeten Brands mit auf, auch wenn die Produkte nicht ins firmeneigene Portfolio passen. Brands bewerben in den sozialen Medien die Absatzkanäle ihrer Kunden, Bestellungen werden gebündelt. Man spricht miteinander – der Kunde mit dem Lieferanten, aber auch Mitbewerber mit Mitbewerber.

Slow Fashion
Die konventionelle Mode unterliegt extrem schnellen Zyklen – „Fast Fashion“ ist das Stichwort. Abgemildert folgt die Modeindustrie zumindest den jahreszeitlichen Saisons. Momentan hängt die Frühjahrskollektion in den Läden und lässt sich im Juni nicht mehr verkaufen. Das ist auch bei nachhaltiger Mode nicht anders. Allerdings sind die Modetrends weniger ausgeprägt, so dass man die aktuelle Ware auch im kommenden Frühjahr noch tragen kann. Der nachhaltige Konsument misst dem Modeaspekt etwas weniger Bedeutung zu und Grüne Mode ist zwar modisch aber tendenziell auch zeitloser, als konventionelle.

Die Stimmung
Natürlich sind jetzt auch die Unternehmen aus der Naturmodeszene gezwungen, ihre Betriebskosten zu senken, wenn sie überleben wollen. Das bedeutet Kurzarbeit, wenn die Situation noch länger anhält sicher auch Entlassungen. Und natürlich sind auch alle Nischenmarktteilnehmer zutiefst besorgt. Aber mit wem auch immer wir bisher gesprochen haben, wir hören Geschichten zu Chancen, Dankbarkeit und Betriebsamkeit.

Einige sehen eine Chance im unfreiwilligen Innehalten – dem Klimaschutz beispielsweise ist diese Zwangspause durchaus zuträglich. Es besteht auch ganz konkret die Chance, den Modezyklus jetzt einen Monat nach hinten zu verschieben und so wieder an die realen Gegebenheiten anzupassen.

Dankbar sind viele IVN Mitglieder beispielsweise darüber, dass sie ihren Sitz in Deutschland haben. Das Gesundheitssystem ist derzeit zumindest noch stabil und die schwarze Null befähigt unsere Regierung einen Rettungsschirm aufzuspannen. Dankbar sind auch viele über die Verbundenheit und das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird. Vom Endverbraucher über den Geschäftspartner bis hin zum Vermieter, der lieber eine Mietforderung reduziert oder aussetzt, als einen langjährigen Mieter zu verlieren.

Die Stimmung ist zwar angeschlagen, aber noch nicht im Keller. Es bleibt zu hoffen, dass alle bald wieder ihre Wirtschaftstätigkeiten im normalen Rahmen aufnehmen können und die Privilegien und Vorteile, die nachhaltige Modebranche genießt ausreicht, damit alle möglichst unbeschadet durch diese Krise kommen.

Weitere Informationen:
nachhaltige Mode Naturtextilwirtschaft
Quelle:

Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V.

(c) Chair Institut Français de la Mode - Première Vision
04.02.2020

Der Modemarkt: Auf dem Weg zum verantwortungsvollen Konsum?

Studie des Lehrstuhls IFM - Première Vision  
Der Modemarkt in Europa und den USA: Auf dem Weg zum verantwortungsvollen Konsum?


Ökologisch verantwortungsbewusster Konsum ist kein Modetrend mehr, sondern eine bedeutende Entwicklung, die sich auf die gesamte Branche auswirkt, von der Materialbeschaffung über den Konsumenten bis hin zur Textil- und Fertigungsindustrie.

Studie des Lehrstuhls IFM - Première Vision  
Der Modemarkt in Europa und den USA: Auf dem Weg zum verantwortungsvollen Konsum?


Ökologisch verantwortungsbewusster Konsum ist kein Modetrend mehr, sondern eine bedeutende Entwicklung, die sich auf die gesamte Branche auswirkt, von der Materialbeschaffung über den Konsumenten bis hin zur Textil- und Fertigungsindustrie.

Dies ist eines der wichtigsten Ergebnisse einer kürzlich vom Institut Français de la Mode im Rahmen des IFM - Première Vision Lehrstuhls durchgeführten 5.000 Verbraucher umfassenden Studie, die eine repräsentative Stichprobe für Frankreich, Deutschland, Italien und die USA darstellen. "Zum ersten Mal hilft uns diese Studie, die Wahrnehmung der Verbraucher des verantwortungsvollen Modemarkts und seiner Produkte besser zu verstehen und ihre Kaufmotive und -hindernisse zu entschlüsseln", sagte Gilles Lasbordes, Geschäftsführer der Première Vision.
 
Echte Begeisterung  
Ökologisch verantwortliche Modeprodukte sind unverzichtbar. Fast 50% der europäischen Verbraucher geben an, 2019 einen umweltfreundlichen Modeartikel gekauft zu haben, zusammen mit 46% der französischen Verbraucher (einschließlich recycelter, biologischer, in Frankreich hergestellter und gebrauchter Textilien).

"Diese Zahlen zeigen, dass die Verbraucher sich zu einem Niveau festgelegt und bekannt haben, das weit über der von uns erwarteten Schätzung liegt, und eine echte Reife in Bezug auf ihre Erwartungen zeigen. Die Mode bleibt jedoch hinter anderen Sektoren wie der Lebensmittelbranche zurück: der Anteil der Verbraucher, die Bio-Lebensmittel gekauft haben, liegt in allen Ländern bei über 60%. Ebenso sind Bio-Kosmetikprodukte, insbesondere in Frankreich und Italien, sehr erfolgreich, 57% der französischen Verbraucher haben sie 2019 gekauft ", erklärt Gilles Lasbordes.

In Frankreich werden die 46% der Verbraucher, die 2019 umweltfreundliche Modeprodukte 2019 gekauft haben, voraussichtlich im durchschnittlich 370 Euro für Mode (Bekleidung und Schuhe) ausgegeben haben. Das durchschnittliche Budget für umweltfreundliche Modeeinkäufe liegt pro französischem Verbraucher landesweit bei ca. 170 Euro, was ungefähr 25% des durchschnittlichen Budgets für Kleidung und Schuhe in Frankreich entspricht.

Was treibt diese Begeisterung an? In Frankreich und Italien sind die Erhaltung und der Schutz der Umwelt die Hauptmotive für solche Einkäufe. Auch achten Verbraucher besonders auf die Nichtverwendung giftiger Chemikalien. Diese Bedenken spiegeln sich auch in Initiativen wie dem Fashion Pact wider, der im Vorfeld des G7-Gipfels in Biarritz im vergangenen Sommer ins Leben gerufen wurde.
     
Naturfasern und Preise
Die Studie zeigt auch, dass sich Verbraucher bei der Suche nach verantwortungsbewussteren Modeprodukten sehr stark von der Materialauswahl leiten lassen. Sie bevorzugen Naturfasern und recycelte Rohstoffe, wenn sie können, insbesondere, wenn sie über ihr Vorhandensein informiert werden. Vorgefasste Erwartungen, welche Materialien für die Umwelt am schädlichsten seien, betreffen Polyester, Acryl, Polyamid bzw. Leder.
 
Eine weitere Erkenntnis dieser Umfrage betrifft Hindernisse für den Konsum verantwortungsbewussterer Mode, wobei eines der Haupthindernisse ein Mangel an Informationen ist. Die Verbraucher haben das Gefühl, dass ihnen das Wissen über die ökologische Verantwortung (ihre Definition und Kriterien) wirklich fehlt. Etwa 50,4% der französischen Verbraucher räumen ein, nicht genug zu wissen, um die richtigen Produkte auszuwählen.
 
Abgesehen von einem Mangel an Informationen besteht eine weitere Schwierigkeit darin, Zugang zu dieser Mode zu erhalten, von der Verbraucher berichten, dass sie nicht wissen, wo sie zu finden sei. Dies ist ein echtes Hindernis für 39,8% der befragten französischen Verbraucher. Die mangelnde Klarheit des Angebots - wenig Transparenz seitens der Marken, eine Vielzahl von Zertifikaten - und eine Unterrepräsentanz der Akteure: nur 23% der französischen Verbraucher gaben an, verantwortungsbewusste Modemarken zu kennen - wird in geringerem Maße noch durch die Preisfrage verschärft, die für 33% der französischen Verbraucher ein Hindernis darstellt.

Auf der anderen Seite stellt Stil kein Hindernis mehr für den Kauf verantwortungsbewusster Produkte dar. Entgegen den Vorstellungen noch von vor wenigen Jahren sind sich Verbraucher heute bewusst, dass verantwortungsbewusste Mode kreativ, erstrebenswert und umwelt- und menschenfreundlich sein kann.

Schließlich sehen sich Verbraucher, die verantwortungsbewusstere Produkte kaufen möchten, jetzt mit einem Angebot konfrontiert, das in Bezug auf ihre Erwartungen noch nicht ausreichend entwickelt ist. Parallel nehmen die Second Hand Käufe zu und nähren diesen Trend: 56,1% der amerikanischen Frauen und 42,2% der französischen Frauen kauften im Jahr 2019 Second Hand Produkte.
     
Made in…
Für die Mehrheit der befragten französischen Verbraucher muss ein umweltbewusstes Modeprodukt in Frankreich (80%) oder Europa (46%) hergestellt werden. Diese Präferenz für die nationale Produktion ist in Italien (65%) und Deutschland (71%) etwas geringer, bleibt aber stark. "Ein Produkt muss so nah wie möglich am Absatzmarkt hergestellt werden, um die negativen Auswirkungen des Transports so gering wie möglich zu halten", sagt ein französischer Verbraucher.

Unter den Kriterien, die für eine sozial verantwortliche Produktion zu erfüllen sind, betonen die Verbraucher den Respekt für die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer, ein Kriterium, das Beurteilungsaspekten im Zusammenhang mit Löhnen und Diskriminierung von Beschäftigten in diesem Sektor weit voraus ist.
 
Orientierung für das Mode-Ökosystem
"Das Mode-Ökosystem wird durch Umweltphänomene erschüttert, zum Beispiel durch einen angespannten Verbrauch und einen leichten Rückgang im mittleren Bereich. Diese Studie wird nützlich sein, um die Branche zu steuern, den Markt zu leiten und präzise Schlüsselanalysen für Industrie und Marken bereitzustellen, die ihr Angebot erweitern möchten. Und das ist auch unser Ziel und die Rolle der Première Vision ", unterstreicht Gilles Lasbordes.

Der Konsum von ökologisch verantwortlicher Mode ist für Marken und Labels eine bedeutende Wachstumschance. In den nächsten Jahren wird sicherlich ein neues System eingeführt, das die Umwelt und die sozialen Bedingungen, unter denen Waren hergestellt werden, besser berücksichtigt.

Die Ergebnisse dieser Studie wurden auch verwendet, um die 2.055 Messeaussteller - Spinner, Weber, Gerber, Textildesigner, Zubehörhersteller und Modeproduzenten - und deren 56.000 Besucher - internationale Konzerne und Modemarken - auf der Première Vision Paris im vergangenen Herbst zu unterstützen.

 

Weitere Informationen:
nachhaltige Mode
Quelle:

Lehrstuhl Institut Français de la Mode - Première Vision