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Bildquelle: Hohenstein
01.09.2020

Forschungsprojekte der Zuse-Gemeinschaft: Beim Design schon ans Recycling denken …

Wie Angewandte Forschung in Kooperation mit der Wirtschaft zu hochwertigen Recycling-Lösungen kommen kann, erklärt die Zuse-Gemeinschaft mit ihrer Serie „Design for Recycling“

Kunstrasen der Zukunft

Textilien sind viel mehr als nur Kleidung. Für Kunst- wie Naturfasern ist vielmehr die Industrie ein zentraler Abnehmer. Deren Textil-Produkte aber sind häufig verbrauchernah – das gilt z.B. für die Freizeitbranche oder den Sportplatzbau, so für Kunstrasen.

Wie Angewandte Forschung in Kooperation mit der Wirtschaft zu hochwertigen Recycling-Lösungen kommen kann, erklärt die Zuse-Gemeinschaft mit ihrer Serie „Design for Recycling“

Kunstrasen der Zukunft

Textilien sind viel mehr als nur Kleidung. Für Kunst- wie Naturfasern ist vielmehr die Industrie ein zentraler Abnehmer. Deren Textil-Produkte aber sind häufig verbrauchernah – das gilt z.B. für die Freizeitbranche oder den Sportplatzbau, so für Kunstrasen.

Auf Sportplätzen werden Textilien gewissermaßen mit Füßen getreten, nämlich wenn auf Kunstrasen gespielt wird. Allein in Deutschland gibt es rd. 5.000 für den Fußball gemeldete Kunstrasenplätze. Unter den grünen Stoppeln verbirgt sich allerdings eine schwere Last – für Vereine und Umwelt. Denn laut Angaben des Wirtschaftsverbandes IAKS Deutschland werden pro Quadratmeter Kunstrasen hierzulande rd. 5 kg Granulat verfüllt, in anderen Ländern dürfte es noch deutlich mehr sein. „Bei einem Kunstrasen mit einer Faserlänge von 42 mm schauen nur 12 mm aus der Masse von Füllmaterialien, die auf die Fläche ausgebracht wurden“, erläutert Dr. Ulrich Berghaus von Morton Extrusionstechnik GmbH, einem führenden Hersteller von Kunstrasen. In einem neuen Platz stecken rechnerisch heutzutage fast 50 Prozent des alten Platzes mit drin – als Einfüllmaterial. Doch als Mikroplastik kann dies Probleme machen – Alternativen müssen her. Zusammen mit dem Aachener Institut für Bodensysteme (TFI) arbeitet Morton Extrusionstechnik am Kunstrasen der Zukunft, der ohne problematische Füllstoffe auskommt.

Gefordert sind nun die Forschenden am TFI, damit die Noppen des Kunstrasens künftig auch ohne Polyurethan und ohne Latex gut im Trägermaterial halten. „Ideal wäre ein Kunstrasen aus nur einem Polymer“, sagt TFI-Projektleiter Dirk Hanuschik. Denn ähnlich wie bei Verpackungen von Lebensmitteln sind nicht trennbare Stoffverbünde Gift für hochwertiges Recycling. Hanuschik und sein Team forschen deshalb mit ihrem Industriepartner an einem Kunstrasen-Design, das ohne Polyurethan und ohne Latex für die Rückenbeschichtung des Trägermaterials auskommt. In einer Thermobonding-Anlage sollen die Kunstrasen-Noppen direkt auf das Trägermaterial aufgeschmolzen, nicht aufgeklebt werden. Trotzdem ist eine Haltbarkeit von rund 12-15 Jahren das Ziel – wie bei heute noch verlegten Kunstrasen. Testen kann er die neuen Materialien auf der Industrie-Beschichtungsanlage, die am TFI in verkleinertem Maßstab steht. Schon Mitte nächsten Jahres soll eine erste Produktionsanlage in Betrieb gehen.

„Das praxisnahe Projekt des TFI ist ein exzellentes Beispiel dafür, wie Industrieforschung aus der Zuse-Gemeinschaft konkreten Nutzen für die Menschen durch nachhaltige Kreislaufwirtschaft schafft. Forschung zum ‚Design für Recycling‘ steht an vielen unserer Institute im Fokus. Ihre enge Kooperation mit Unternehmen und ihr interdisziplinärer Ansatz bieten beste Voraussetzungen für weitere Innovationen“, erklärt der Präsident der Zuse-Gemeinschaft, Prof. Martin Bastian.

Recycling in der Modebranche

Recycling ist mehr als eine Mode. Doch zur Mode soll künftig verstärkt sinnvolles Recycling gehören: Die Menschen in Deutschland kaufen pro Jahr im Schnitt 26 kg Textilien pro Kopf, davon 12-15 kg Bekleidung. Ein hochwertiges Recycling ist angesichts dieser großen Mengen eine große Herausforderung. Zum verbesserten Recycling gehört Kreislaufwirtschaft, die schon beim Design von Produkten ans „Leben danach“, nämlich das nächste oder erneuerte Erzeugnis denkt. Wie das für Kleidung funktionieren kann, zeigt ein aktuelles Forschungsprojekt der Zuse-Gemeinschaft.

Getränkeflaschen aus dem Kunststoff PET eignen sich schon heute aufgrund ihrer Sortenreinheit ideal fürs Recycling, und zwar nicht nur für Verpackungen. Unter dem Motto „Von der Faser zur Faser“ nutzt das die angewandte Forschung im Verbundprojekt DiTex für Mietwäsche. Die eingesetzten Fasern stammen aus recycelten PET-Flaschen, die Mietwäsche selbst soll nach ihrem ersten Lebenszyklus wieder zu Wäsche recycelt werden.

„Mietwäsche eignet sich auch deshalb gut fürs Konzept ‚Design for Recycling‘, weil sich ihre Nutzung genau nachvollziehen lässt, was optimale Voraussetzungen fürs Recycling bietet“, erläutert Projektleiterin Dr. Anja Gerhardts vom Forschungsinstitut Hohenstein. Das Institut aus Baden-Württemberg ist in dem vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) initiierten und koordinierten Vorhaben für Textilprüfungen und Produktspezifikationen zuständig. Fürs Nutzen statt Besitzen entwickeln die Verbundpartner je eine kreislauffähige Linie von Bettwäsche sowie von Polo- und Businesshemden. Die Hemden dienen als Dienstkleidung für Polizei und Rettungsdienst.

Intelligentes Etikett speichert Informationen
Über den gesamten Nutzungskreislauf wird die Wäsche mit einer digitalen Tracking-ID ausgestattet. Dieses „intelligente“ Etikett speichert Informationen wie Faserherkunft, Materialkomposition und Beschaffenheit des Textils. Dadurch können Recyclingunternehmen die Produkte besser sortieren, den Recycling-Anteil erhöhen und aufwerten. In zahlreichen Waschversuchen wird in Hohenstein nun getestet, wie gut das Tracking-Tool sich bewährt, wie es um Reißfestigkeit, Weißgrad, Farbqualität, Haltbarkeit und Tragekomfort der Textilien bestellt ist, wenn sie im gewerblichen Textilservice bis zu 200 Mal gewaschen, geschleudert und getrocknet werden. „In DiTex bringen wir Nutzer, Beschaffer und Recycler von Textilien an einen Tisch, um kreislauffähiges Produktdesign Realität werden zu lassen“, erläutert Anja Gerhardts.
„Praxisnahe Forschung zu Fasern und Textilien gehört zu den Kernkompetenzen vieler unserer Institute, sei es für Industrieprodukte oder für verbrauchernahe Erzeugnisse. Projekte wie DiTex zeigen innovative Lösungen zum Design fürs Recycling. Durch den interdisziplinären Ansatz in unserem Verbund können auch andere Branchen von solchen Lösungen lernen“, erklärt die Geschäftsführerin der Zuse-Gemeinschaft, Dr. Annette Treffkorn.

Weitere Informationen:
Recycling Kunstrasen PET-Flaschen
Quelle:

Zuse-Gemeinschaft