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Chinas Textilindustrie automatisiert © Carola Langer / pixelio.de
11.07.2017

CHINAS TEXTILINDUSTRIE AUTOMATISIERT WEITER

  • Japan löst Deutschland als wichtigsten Zulieferer von Textilmaschinen ab  
  • Digitalisierung ist der Trend der Zukunft

Beijing (GTAI) - China als größte Ausfuhrnation für Bekleidung verliert wegen steigender Personalkosten international Marktanteile. Die Firmen reagieren mit vermehrter Automatisierung und Produktionsverlagerungen. Während Einfuhren von Textilmaschinen aus Japan zulegen, gehen Lieferungen aus Deutschland überdurchschnittlich zurück. Bei der nächsten Modernisierungswelle wird es um mehr Digitalisierung gehen.

  • Japan löst Deutschland als wichtigsten Zulieferer von Textilmaschinen ab  
  • Digitalisierung ist der Trend der Zukunft

Beijing (GTAI) - China als größte Ausfuhrnation für Bekleidung verliert wegen steigender Personalkosten international Marktanteile. Die Firmen reagieren mit vermehrter Automatisierung und Produktionsverlagerungen. Während Einfuhren von Textilmaschinen aus Japan zulegen, gehen Lieferungen aus Deutschland überdurchschnittlich zurück. Bei der nächsten Modernisierungswelle wird es um mehr Digitalisierung gehen.

International ist die VR China die bei Weitem größte Ausfuhrnation von Bekleidung. Nach Dekaden des Aufstiegs scheint der Höhepunkt 2014 mit einem Rekordanteil an den weltweiten Bekleidungsausfuhren von 39,3% laut UN Comtrade jedoch überschritten zu sein. Denn seither geht es langsam, aber kontinuierlich bergab. Im Jahr 2016 lag der chinesische Anteil schätzungsweise bei 37,1% (zum Vergleich: Deutschland erreichte rund 3,8%). Marktanteile verliert China insbesondere zu Gunsten von ASEAN-Ländern wie Vietnam oder gegenüber Bangladesch und Indien.

Ausfuhr von Bekleidung nach Ländern (SITC 84; Export in Mio. US$; Anteil am Weltexport in %)
  2008 Anteil 2014 Anteil 2015 Anteil 2016 Anteil
Weltexport1) 380.000 100 469.000 100 454.000 100 430.000 100
.VR China 120.405 31,7 186.614 39,3 174.702 39,3 159.645 37,1
.ASEAN, davon: 26.410 7,0 39.928 8,4 40.859 9,0 k.A. -
.Vietnam 8.724 2,3 20.174 4,3 21.948 4,8 k.A. -
.Bangladesch2) 12.035 3,2 24.584 5,2 26.603 5,9 29.540 6,9
.Indien 10.986 2,9 17.650 3,7 18.168 4,0 17.932 4,2
.Deutschland 18.183 4,8 20.349 4,3 17.382 3,8 16.400 3,8

1) ab 2014 Schätzung des Weltexports; 2) auf Basis von Angaben der Partnerländer; Quelle: UN Comtrade

Lokale Textilmaschinenhersteller holen auf

Tatsächlich steht die chinesische Textilindustrie wegen der steigenden Personalausgaben unter erheblichem Kostendruck. Nach einer Euromonitor-Studie verdreifachten sich die Stundenlöhne chinesischer Arbeiter inflationsbereinigt zwischen 2005 und 2016 von 1,20 auf 3,60 US$. Damit ließ die Volksrepublik nicht nur klassische Schwellenländer wie Thailand (2,20 $) oder Mexiko (2,10 $) hinter sich - von Indien mit 0,70 $ nicht zu reden -, sondern nähert sich bereits einzelnen europäischen Ländern wie Portugal (4,50 $) an.

Mehr Informationen zu Löhnen und Lohnnebenkosten in China finden Sie unter:
http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Maerkte/Geschaeftspraxis/lohn-und-lohnnebenkosten,t=lohn-und-lohnnebenkosten--vr-china,did=1718070.html

Viele Firmen begegnen der Herausforderung durch stärkere Automatisierung. Dabei können die chinesischen Textilunternehmen zunehmend auf im Land selbst hergestellte Maschinen zurückgreifen. Während 2016 gemäß offizieller Statistik die Anlageinvestitionen der Branche gegenüber dem Vorjahr um 8,5% auf 1.142,4 Mrd. Renminbi Yuan (RMB; rund 172 Mrd. US$; 1 US$ = 6,642 RMB, Jahresdurchschnittskurs 2016) stiegen, sanken die Einfuhren von Textilmaschinen um 12,5% auf 2,8 Mrd. $. Allerdings gibt es keine Statistiken darüber, inwieweit sich die Umsätze auf rein lokale Firmen oder auf solche mit ausländischem Hintergrund verteilen.

Tatsache ist, dass beispielsweise deutsche Textilmaschinenhersteller in den letzten Jahren stark vor Ort investiert haben, um den Wünschen ihrer hiesigen Kunden gerechter werden zu können. Vor diesem Hintergrund konnte Deutschland 2016 zwar noch seinen Spitzenplatz mit einem Einfuhranteil von 29,5% gegenüber Japan verteidigen, musste aber ein kräftiges Minus von 30,6% verkraften, während die Japaner sogar um 5,8% zulegten. Italien, auf Platz drei und wichtigster europäischer Wettbewerber, verbuchte ein Minus von 16,1%.

Textilmaschinenimporte in die VR China nach ausgewählten Ländern (in Mio. US$, Veränderung gegenüber vom Vorjahr und Anteil 2016 in %)
  2012 2013 2014 2015 2016 Veränderung Anteil
Gesamt, davon: 4.518,0 4.477,3 4.209,6 3.246,8 2.841,9 -12,5 100,0
.Deutschland 1.499,5 1.330,1 1.435,0 1.209,5 839,5 -30,6 29,5
.Japan 1.327,3 1.357,8 1.281,4 721,5 763,3 5,8 26,9
.Italien 479,5 416,7 435,2 407,1 341,6 -16,1 12,0
.Taiwan 189,9 233,6 227,5 207,2 186,9 -9,8 6,6
.Belgien 126,6 211,6 118,5 133,0 123,3 -7,3 4,3

Quelle: China Customs, GTAI-Berechnung

Im laufenden Jahr 2017 scheinen jedoch die Japaner der Konkurrenz aus Deutschland mit einem Zuwachs von 51% in den ersten vier Monaten den Rang abzulaufen. Insgesamt legten die Textilmaschinenimporte mit Plus 19,7% nach dem schwachen Vorjahr wieder kräftig zu. Einfuhren aus Deutschland konnten davon jedoch nicht profitieren und gingen um 8,9% zurück. In der Folge verringerte sich der deutsche Lieferanteil von 29,5% (Gesamtjahr 2016) auf 25,0% in den ersten vier Monaten 2017, während japanische Firmen ihren Anteil von 26,9% auf 31,9% ausbauen konnten.

Jüngste Importentwicklung für Textilmaschinen 2017 (in Mio. US$, Veränderung gegenüber der Vorjahresperiode und Anteil in %)
  Januar bis April 2017 Veränderung Anteil
Gesamt, davon: 1.131,0 19,7 100,0
.Japan 360,4 51,6 31,9
.Deutschland 282,9 -8,9 25,0
.Italien 130,1 16,8 11,5
.Taiwan 65,4 17,4 5,8
.Belgien 65,3 25,2 5,8

Quelle: China Customs, GTAI-Berechnung

Produktionsverlagerung setzt sich fort

Viele chinesische Textilfirmen denken darüber hinaus über eine Verlagerung ihrer Produktion nach - entweder ins preiswertere Ausland oder ins günstigere chinesische Hinterland. Hauptzielort für Neuansiedlungen der Branche war 2016 die Autonome Region Xinjiang ganz im Westen der Volksrepublik. Im Durchschnitt wurden jeden Tag zwei neue Textilfabriken in Xinjiang eröffnet.

Das Regional Textile Industry Office in Xinjiang erwartet für 2017 dank massiver politischer und finanzieller Förderung sogar einen noch größeren Ansturm. Viele Arbeitsplätze entstehen dort jedoch nicht. Besucher vor Ort berichten von hochmodernen Anlagen, die mit nur wenigen Fachkräften betrieben werden. Die politische Botschaft ist klar: Die chinesische Textilproduktion soll im Land bleiben, qualitativ hochwertiger werden und sich gegebenenfalls auch in Richtung technische Textilien neu orientieren.

Allerdings sind zumindest private Modehersteller skeptisch, ob sich das politisch präferierte "Go-West" für sie tatsächlich rechnet. Denn auch dort dürften die Löhne früher oder später anziehen, so die berechtigte Befürchtung.

Dass Vietnam, Bangladesch, Südkorea und Kambodscha innerhalb weniger Jahre in die Liga der wichtigen Bezugsländer der VR China in Sachen Bekleidung aufgerückt sind, resultiert denn auch nicht zuletzt auf bereits verlagerten Fertigungskapazitäten chinesischer (und anderer) Hersteller. Diese bringen ihre Erzeugnisse von dort für den Verkauf nach China zurück.

Dessen ungeachtet ist die ganz große Verlagerungswelle bisher ausgeblieben. Tatsächlich sind der Verlagerung gewisse Limits gesetzt, da die Zielländer vielfach an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Hinzu kommt die in China vorhandene außerordentlich vorteilhafte Verzahnung der verschiedenen Fertigungsstufen von der Baumwollernte über die textile Verarbeitung bis hin zur Endkonfektion.

Zukunftsthema Digitalisierung

Im Rahmen der landesweiten Strategie "Made in China 2025" versucht die Branche, die sich neu eröffnenden Möglichkeiten der Digitalisierung auszuschöpfen. Mit Blick auf die zunehmende Individualisierung des Konsums dürften künftig mehr Maschinen gefragt sein, die über Programmänderungen beispielsweise in der Lage sind, Pullover nach Größen-, Farb- und Mustervorstellungen des einzelnen Kunden zu stricken. Grundsätzlich gilt die intelligente Vernetzung von Produktion, realen Läden und E-Commerce als die Herausforderung der Zukunft.