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(c) RMIT University
26.02.2024

Abkühlung durch Nanodiamanten

Forschende der RMIT University nutzen Nanodiamanten, um smarte Textilien zu entwickeln, die Menschen schneller abkühlen können.

Die Studie ergab, dass Stoffe aus Baumwolle, die mit Nanodiamanten beschichtet sind, im Vergleich zu unbehandelter Baumwolle während des Abkühlungsprozesses um 2-3 Grad Celsius kühler sind. Die Nanodiamanten ziehen die Körperwärme an und geben sie an den Stoff ab - ein Ergebnis der enormen Wärmeleitfähigkeit der Nanodiamanten.

Dr. Shadi Houshyar, Projektleiterin und Dozentin, sagte in der Zeitschrift Polymers for Advanced Technologies, dass es eine große Chance gebe, diese Erkenntnisse zu nutzen, um neue Textilien für Sportbekleidung und sogar für persönliche Schutzkleidung zu entwickeln, wie z. B. Unterzieher, die Feuerwehrleute kühl halten.

Die Studie ergab auch, dass Nanodiamanten den UV-Schutz von Baumwolle erhöhen, was sie ideal für Sommerkleidung im Freien macht.

Forschende der RMIT University nutzen Nanodiamanten, um smarte Textilien zu entwickeln, die Menschen schneller abkühlen können.

Die Studie ergab, dass Stoffe aus Baumwolle, die mit Nanodiamanten beschichtet sind, im Vergleich zu unbehandelter Baumwolle während des Abkühlungsprozesses um 2-3 Grad Celsius kühler sind. Die Nanodiamanten ziehen die Körperwärme an und geben sie an den Stoff ab - ein Ergebnis der enormen Wärmeleitfähigkeit der Nanodiamanten.

Dr. Shadi Houshyar, Projektleiterin und Dozentin, sagte in der Zeitschrift Polymers for Advanced Technologies, dass es eine große Chance gebe, diese Erkenntnisse zu nutzen, um neue Textilien für Sportbekleidung und sogar für persönliche Schutzkleidung zu entwickeln, wie z. B. Unterzieher, die Feuerwehrleute kühl halten.

Die Studie ergab auch, dass Nanodiamanten den UV-Schutz von Baumwolle erhöhen, was sie ideal für Sommerkleidung im Freien macht.

„2 oder 3 Grad mögen nicht viel erscheinen, aber sie machen einen Unterschied in Bezug auf den Komfort und die Auswirkungen auf die Gesundheit über einen längeren Zeitraum und könnten in der Praxis den Unterschied ausmachen, ob man seine Klimaanlage aus- oder anschaltet“, so Houshyar. „Es gibt auch die Möglichkeit zu erforschen, wie Nanodiamanten eingesetzt werden können, um Gebäude vor Überhitzung zu schützen, was wiederum Vorteile für die Umwelt mit sich bringen kann.“

Die Verwendung dieses Gewebes in der Kleidung wird voraussichtlich zu einer Energieeinsparung von 20-30 % führen, da der Verbrauch von Klimaanlagen reduziert wird.

Das Forschungsteam des Centre for Materials Innovation and Future Fashion (CMIFF) besteht aus Ingenieuren und Textilforschern des RMIT, die über fundierte Kenntnisse in der Entwicklung smarter Textilien der nächsten Generation verfügen und mit der Industrie zusammenarbeiten, um realistische Lösungen zu entwickeln.

Entgegen der landläufigen Meinung sind Nanodiamanten nicht dasselbe wie die Diamanten, die Schmuck schmücken, sagte Houshyar. „Sie sind tatsächlich billig herzustellen - billiger als Graphenoxid und andere Arten von Kohlenstoffmaterialien“, sagte sie. „Sie haben zwar eine Kohlenstoff-Gitterstruktur, sind aber viel kleiner. Außerdem lassen sie sich leicht durch Methoden wie Detonation oder aus Abfallmaterialien herstellen.“

Wie es funktioniert
Das Baumwollmaterial wurde zunächst mit einem Klebstoff beschichtet und dann mit einer Polymerlösung aus Nanodiamanten, Polyurethan und Lösungsmittel elektrogesponnen.

Durch dieses Verfahren entsteht ein Netz aus Nanofasern auf den Baumwollfasern, die dann ausgehärtet werden, um die beiden zu verbinden.

Die leitende Forscherin und Forschungsassistentin, Dr. Aisha Rehman, erklärte, dass die Beschichtung mit Nanodiamanten bewusst nur auf einer Seite des Gewebes aufgebracht wurde, um zu verhindern, dass die Wärme aus der Atmosphäre auf den Körper zurück übertragen wird.  

„Die Seite des Stoffes mit der Nanodiamantenbeschichtung berührt die Haut. Die Nanodiamanten leiten dann die Wärme vom Körper an die Luft weiter“, so Rehman, die im Rahmen ihrer Doktorarbeit an der Studie mitarbeitete. „Weil Nanodiamanten so gute Wärmeleiter sind, geht das schneller als bei unbehandeltem Stoff.“

Nanodiamanten wurden für diese Studie aufgrund ihrer hohen Wärmeleitfähigkeit ausgewählt, so Rehman. Nanodiamanten werden häufig in der IT-Branche eingesetzt und können auch dazu beitragen, die thermischen Eigenschaften von Flüssigkeiten und Gelen zu verbessern und die Korrosionsbeständigkeit von Metallen zu erhöhen.

„Nanodiamanten sind auch biokompatibel, d. h. sie sind für den menschlichen Körper ungefährlich. Daher haben sie ein großes Potenzial nicht nur für Textilien, sondern auch für den biomedizinischen Bereich“, so Rehman.
Obwohl die Forschung noch vorläufig ist, sagte Houshyar, hat diese Methode der Beschichtung von Textilien mit Nanofasern ein großes kommerzielles Potenzial.

„Dieser Ansatz des Elektrospinnens ist einfach und kann die Vielfalt der Herstellungsschritte im Vergleich zu den bisher getesteten Methoden, die langwierige Prozesse und die Verschwendung von Nanodiamanten mit sich bringen, erheblich reduzieren“, sagte Houshyar.

Weitere Forschungsarbeiten werden die Haltbarkeit der Nanofasern, insbesondere während des Waschvorgangs, untersuchen.

Quelle:

Shu Shu Zheng, RMIT University

Foto: Walmart Inc.
15.01.2024

Was ist eine virtuelle Umkleide? Vorzüge und Pioniere

Eines der Hauptprobleme beim Online-Shopping ist, dass Verbraucher Produkte nicht anfassen, fühlen und erleben kann. Dieses Problem ist bei Modeprodukten noch schwieriger, da die richtige Passform für die Kaufentscheidung auschlaggebend ist. Die virtuelle Umkleide (Virtual Fitting Room, VFR), eine Technologie, die es den Verbrauchern ermöglicht, Größe und Passform zu testen, ohne die Kleidung anprobieren zu müssen, räumt mit dieser Sorge auf.

Was ist eine virtuelle Umkleide (VFR)?
Eine virtuelle Umkleide (VFR) ist eine Funktion, die das Outfit eines Kunden anzeigt und visualisiert, ohne dass er die Artikel physisch anprobieren und anfassen muss. VFR nutzt erweiterte Realität (Augmented Reality, AR) und künstliche Intelligenz (KI). Bei der Verwendung von AR für virtuelle Umkleiden scannt eine Webcam die Körperform der Kunden und erstellt ein 360-Grad-3D-Modell auf der Grundlage ihrer Körperform.

Eines der Hauptprobleme beim Online-Shopping ist, dass Verbraucher Produkte nicht anfassen, fühlen und erleben kann. Dieses Problem ist bei Modeprodukten noch schwieriger, da die richtige Passform für die Kaufentscheidung auschlaggebend ist. Die virtuelle Umkleide (Virtual Fitting Room, VFR), eine Technologie, die es den Verbrauchern ermöglicht, Größe und Passform zu testen, ohne die Kleidung anprobieren zu müssen, räumt mit dieser Sorge auf.

Was ist eine virtuelle Umkleide (VFR)?
Eine virtuelle Umkleide (VFR) ist eine Funktion, die das Outfit eines Kunden anzeigt und visualisiert, ohne dass er die Artikel physisch anprobieren und anfassen muss. VFR nutzt erweiterte Realität (Augmented Reality, AR) und künstliche Intelligenz (KI). Bei der Verwendung von AR für virtuelle Umkleiden scannt eine Webcam die Körperform der Kunden und erstellt ein 360-Grad-3D-Modell auf der Grundlage ihrer Körperform.

KI unterstützt VFR außerdem durch die Verwendung von Algorithmen und maschinellem Lernen, um ein 3D-Ganzkörpermodell eines vor der Kamera stehenden Käufers zu erstellen. Eine Kombination aus AR- und KI-Technologie ermöglicht es, Artikel auf Echtzeitbildern als Live-Video zu platzieren, sodass Kunden die Größe, den Stil und die Passform der Produkte, die sie kaufen möchten, überprüfen können.

Die Kunden können Kleidung und Schuhe zu Hause anprobieren, ohne ein Geschäft zu besuchen. Dazu müssen sie zunächst sicherstellen, dass sich die richtigen Einstellungen auf ihrem Telefon finden. Dann laden sie die mobilen Anwendungen einer Marke mit der Funktion VFR herunter oder besuchen die Websites von Bekleidungsmarken, die diese Funktion unterstützen, und laden dann ein Foto ihrer Körperform hoch. Bei einigen Marken können die Kunden einen Avatar mit ihrer Körperform erstellen, um die Modeartikel virtuell zu testen, anstatt ein Foto von sich selbst hochzuladen.

Welchen Nutzen hat der Einsatz einer virtuellen Umkleide für Modehändler?

  • Bietet ein bequemes Einkaufserlebnis
    Eine Studie der National Retail Federation aus dem Jahr 2020 hat ergeben, dass 97 % der Verbraucher einen Einkauf abgebrochen oder die Suche nach dem gewünschten Artikel unterbrochen haben, weil der Vorgang zu umständlich war.
    Die befragten Käufer gaben nicht nur an, dass das persönliche Einkaufen unbequem ist, sondern dass sie das Online-Shopping als noch unbequemer empfinden.
    Mit der VFR entfallen all diese Vorgänge. Die Kunden können in eine virtuelle Umkleide gehen und schnell sehen, wie die Kleidung aussieht, ohne sich umziehen zu müssen.
     
  • Überwindet die Grenzen des Online-Shoppings
    Im Jahr 2017 bevorzugten 62 % der Kunden den Einkauf in physischen Bekleidungsgeschäften, weil sie dort die Produkte sehen, anfassen, fühlen und erleben konnten. Dies war ein großes Problem, das das Online-Shopping nicht lösen konnte.
    VFR löst dieses Problem effektiv. Laut einem Retail Perceptions Report gaben etwa 40 % der Käufer an, dass sie bereit wären, mehr zu bezahlen, wenn sie das Produkt durch AR-Technologie erleben könnten. Durch die Integration neuer Technologien macht VFR das Einkaufen zum Vergnügen und bietet den Kunden ein personalisiertes Einkaufserlebnis, das mehr Menschen in die Online-Kanäle locken kann.
     
  • Reduziert die Rücksendequote
    Hohe Rücksendequoten bereiten den Modemarken große administrative Probleme. Außerdem drohen sie die Gewinne der Modemarken zu schmälern, wenn sie kostenlose Rücksendungen anbieten. 30 % der Rücksendungen beim Einkauf von Mode im elektronischen Handel sind auf den Kauf von Produkten in zu kleinen Größen zurückzuführen, weitere 22 % auf den Kauf von Produkten in zu großen Größen.
    Mit der VFR wird dieses Problem jedoch verringert. Ob im Geschäft oder online, Menschen können Passform und Größe von Artikeln überprüfen, ohne sie selbst tragen zu müssen.

Welche Marken nutzen bereits die VFR-Technologie?
Gucci

Gucci ist die erste Luxusmarke, die VFR einsetzt. Sie hat sich mit Snapchat zusammengetan, um eine AR-Kampagne zur Schuhanprobe zu starten. Dabei wurde eine virtuelle Linse erstellt, die eine digitale Version des Schuhs auf dem Fuß des Käufers überlagert, wenn dieser mit einer Handykamera fotografiert wird.

Zusammen mit dem "Shop Now"-Button, der die Kunden zum Online-Shop führt, erreichte Gucci 18,9 Millionen Snapchat-Nutzer und meldete einen positiven Return on Ad Spend (ROAS), eine Marketing-Kennzahl, die den Umsatz aller für die Kampagne ausgegebenen Werbegelder misst.

Otero Menswear
Otero Menswear ist eine Marke, die sich auf Bekleidung für Männer unter 1,78 m (5'10") konzentriert. Otero hat seinen Online-Shop um die VFR-Software erweitert, um seinen Kunden perfekt passende Größen anbieten zu können. Zunächst werden den Kunden vier kurze Fragen zu ihrer Größe, Beinlänge, Taillenumfang und ihrem Körpertyp gestellt. Dann wird ein virtueller Avatar angeboten, der den Antworten entspricht. Anhand dieses Avatars können die Kunden dann sehen, wie die Otero-Kleidung in verschiedenen Größen an ihnen aussehen würde.

Walmart
Im Mai 2021 kündigte Walmart die Übernahme von Zeekit, einer Plattform für virtuelle Umkleiden, an, um den Kunden während der Pandemie ein verbessertes und soziales Einkaufserlebnis bieten zu können.

Wenn Kunden Bilder von sich selbst hochladen und ihre Körpermaße eingeben, erstellt Zeekit einen virtuellen Körper, den die Kunden dann entsprechend anziehen können. Kunden stellen einfach ihre Fotos ein oder wählen virtuelle Modelle auf der Plattform aus, die am besten zu ihrer Größe, ihrem Körper und ihrem Hautton passen. Sie können ihre virtuelle Kleidung sogar mit anderen teilen, um verschiedene Meinungen einzuholen. Durch die Übernahme von VFR bietet Walmart seinen Kunden ein umfassendes und soziales Erlebnis beim digitalen Einkaufen.

Laut einer Studie von Valuates Reports wird erwartet, dass der Umsatz des globalen Marktes für virtuelle Umkleiden bis 2025 auf 6,5 Millionen Dollar ansteigen wird. Durch die Einführung der VFR werden die Verbraucher in der Lage sein, die Bequemlichkeit einer modernen Einkaufsumgebung zu erleben. Gleichzeitig können Modehändler ihren Online-Umsatz steigern und die Rücksendequote senken, indem sie ihren Kunden mithilfe der VFR-Technologie ein personalisiertes Online-Einkaufserlebnis bieten.

Quelle:

Heekyeong Jo und B. Ellie Jin
Dieser Artikel wurde ursprünglich von Mitgliedern des Wilson College of Textiles' Fashion Textile and Business Excellence Cooperative veröffentlicht

LED-Kleid verbindet 3D-Druck und futuristische Mode Fotos von Natalie Cartz , Model Perpetua Sermsup Smith, Make-Up Artist Yaying Zheng
20.11.2023

LED-Kleid verbindet 3D-Druck und futuristische Mode

  • Die Designerin Anouk Wipprecht kooperiert mit Chromatic 3D Materials und entwickelt ein leuchtendes, bewegungsaktiviertes Display.

Chromatic 3D Materials, ein Unternehmen für 3D-Drucktechnologie, und die niederländische Hightech-Modedesignerin Anouk Wipprecht haben ein neues futuristisches 3D-gedrucktes Kleid vorgestellt, das über LEDs auf seine Umgebung reagiert. Das bewegungsaktivierte Design ist eines der ersten Kleidungsstücke der Welt, bei dem Elektronik direkt in 3D-gedruckte Elastomere eingebettet ist. Es veranschaulicht, wie die Zukunft des kreativen Schaffens und der sozialen Interaktion aussehen könnten, wenn der Mensch weiter mit der Technologie verschmilzt. Wipprechts Entwurf wurde auf der Formnext, der Veranstaltung zum 3D-Druck in Deutschland, präsentiert.

  • Die Designerin Anouk Wipprecht kooperiert mit Chromatic 3D Materials und entwickelt ein leuchtendes, bewegungsaktiviertes Display.

Chromatic 3D Materials, ein Unternehmen für 3D-Drucktechnologie, und die niederländische Hightech-Modedesignerin Anouk Wipprecht haben ein neues futuristisches 3D-gedrucktes Kleid vorgestellt, das über LEDs auf seine Umgebung reagiert. Das bewegungsaktivierte Design ist eines der ersten Kleidungsstücke der Welt, bei dem Elektronik direkt in 3D-gedruckte Elastomere eingebettet ist. Es veranschaulicht, wie die Zukunft des kreativen Schaffens und der sozialen Interaktion aussehen könnten, wenn der Mensch weiter mit der Technologie verschmilzt. Wipprechts Entwurf wurde auf der Formnext, der Veranstaltung zum 3D-Druck in Deutschland, präsentiert.

Wipprechts avantgardistisches Design verdeutlicht das Potenzial der 3D-Drucktechnologie und des Chroma-Flow 70™-Materials von Chromatic für die kommerzielle Nutzung. Die Designerin verwendete 3D-Druck, um fast 75 flexible LED-Kuppeln ohne Klebstoff oder Nähte auf dem Stoff des Kleides zu befestigen. Diese Fähigkeit könnte zur Herstellung von innovativer Laufbekleidung, Taschen, Schuhen und anderen Produkten genutzt werden, z. B. für die Innenausstattung von Fahrzeugen und in der Luft- und Raumfahrt, für Outdoor-Freizeitausrüstung und persönliche Schutzausrüstung.

Das besondere Kleidungsstück demonstriert auch die Flexibilität der Materialien von Chromatic. Im Gegensatz zu anderen 3D-gedruckten Materialien, die in der Regel spröde und hart sind, besteht das Kleid aus ChromaFlow 70™, einem biegsamen, hitzebeständigen Material, das sich um mehr als das Vierfache seiner Länge dehnen kann, ohne zu reißen. Durch diese Flexibilität eignet es sich zum Hinzufügen weicher und nahtloser struktureller, funktionaler und ästhetischer Elemente, die für Intim- und Freizeitkleidung, Sport- und Badebekleidung und andere Kleidungsstücke geeignet sind, bei denen Komfort, Silhouette und Haltbarkeit von entscheidender Bedeutung sind.

„Die Verwendung der 3D-Materialien von Chromatic für den Druck bietet zahlreiche Optionen für die Modeindustrie. Für Designer wie mich, die Elektronik in ihre Kreationen einbauen, bietet es eine einzigartige Möglichkeit, elektronische Teile in den Druckprozess einzubetten und zu sichern", sagt Anouk Wipprecht. "Dies ist mein bisher tragbarstes - und waschbarstes - 3D-gedrucktes Kleid! Da die Elektronik eingeschlossen ist, erlaubt mir das Material, meine LED-Lichter zu streuen, und das Elastomer ist sowohl flexibel als auch stark - und lässt sich daher hervorragend mit Stoffen verbinden.“

„Diese Zusammenarbeit ist mehr als eine Partnerschaft - sie ist eine Vision, die zum Leben erwacht. Indem wir die Genialität von Anouk Wipprecht mit unserem innovativen 3D-Druck verbinden, setzen wir einen Präzedenzfall für die Zukunft der Mode. Wir begeben uns auf eine Reise, die die grenzenlose Integration von Technologie und Kunst verstärkt und Türen für unendliche Möglichkeiten und Anwendungen in der Textil- und Modeindustrie öffnet", sagt Cora Leibig, Gründerin und CEO von Chromatic 3D Materials.

Quelle:

Chromatic 3D Materials

06.11.2023

Wandlungsfähige Stoffe aus formverändernden Fasern

Die kostengünstige FibeRobo, die mit bestehenden Textilherstellungstechniken kompatibel ist, könnte für adaptive Funktionsbekleidung oder Kompressionskleidung verwendet werden.

Forscher des MIT und der Northeastern University haben eine Flüssigkristall-Elastomerfaser entwickelt, die ihre Form als Reaktion auf thermische Reize verändern kann. Die Faser, die mit bestehenden Textilherstellungsmaschinen vollständig kompatibel ist, könnte zur Herstellung von sich wandelnden Textilien verwendet werden, z. B. für eine Jacke, die bei sinkenden Temperaturen stärker isoliert, um den Träger warm zu halten.

Stellen Sie sich vor, Sie bräuchten nicht mehr für jede Jahreszeit einen Mantel, sondern eine Jacke, die ihre Form dynamisch verändert, so dass sie bei sinkenden Temperaturen isolierender wird und Sie warmhält.

Die kostengünstige FibeRobo, die mit bestehenden Textilherstellungstechniken kompatibel ist, könnte für adaptive Funktionsbekleidung oder Kompressionskleidung verwendet werden.

Forscher des MIT und der Northeastern University haben eine Flüssigkristall-Elastomerfaser entwickelt, die ihre Form als Reaktion auf thermische Reize verändern kann. Die Faser, die mit bestehenden Textilherstellungsmaschinen vollständig kompatibel ist, könnte zur Herstellung von sich wandelnden Textilien verwendet werden, z. B. für eine Jacke, die bei sinkenden Temperaturen stärker isoliert, um den Träger warm zu halten.

Stellen Sie sich vor, Sie bräuchten nicht mehr für jede Jahreszeit einen Mantel, sondern eine Jacke, die ihre Form dynamisch verändert, so dass sie bei sinkenden Temperaturen isolierender wird und Sie warmhält.

Eine von einem interdisziplinären Team von MIT-Forschern entwickelte programmierbare Antriebsfaser könnte diese Vision eines Tages Wirklichkeit werden lassen. Die als FibeRobo bezeichnete Faser zieht sich bei einem Temperaturanstieg zusammen und kehrt sich dann selbst um, wenn die Temperatur sinkt - ohne eingebettete Sensoren oder andere feste Komponenten.

Die kostengünstige Faser ist voll kompatibel mit Textilherstellungstechniken, einschließlich Webmaschinen, Stickereien und industriellen Strickmaschinen, und kann kontinuierlich kilometerweise produziert werden. Dies könnte es Designern ermöglichen, eine breite Palette von Stoffen für unzählige Anwendungen mit Antriebs- und Sensorfunktionen auszustatten.

Die Fasern können auch mit einem leitfähigen Faden kombiniert werden, der als Heizelement wirkt, wenn elektrischer Strom durch ihn fließt. Auf diese Weise werden die Fasern durch Elektrizität aktiviert, was dem Nutzer eine digitale Kontrolle über die Form des Textils ermöglicht. So könnte ein Stoff beispielsweise seine Form auf der Grundlage digitaler Informationen, wie den Messwerten eines Herzfrequenzsensors, verändern.

„Wir verwenden Textilien für alles. Wir bauen Flugzeuge aus Faserverbundwerkstoffen, wir kleiden die Internationale Raumstation mit einem Strahlenschutzgewebe aus, wir verwenden sie für individuelle Bekleidung und Funktionsbekleidung. Vieles in unserer Umwelt ist anpassungsfähig und reaktionsfähig, aber das, was am anpassungsfähigsten und reaktionsfähigsten sein muss - Textilien - ist völlig träge“, sagt Jack Forman, Doktorand in der Tangible Media Group des MIT Media Lab, der auch am Center for Bits and Atoms tätig ist, und Hauptautor einer Arbeit über die aktivierende Faser.

An dem Papier arbeiten 11 weitere Forscher des MIT und der Northeastern University mit, darunter seine Berater Professor Neil Gershenfeld, der das Center for Bits and Atoms leitet, und Hiroshi Ishii, der Jerome B. Wiesner Professor of Media Arts and Sciences und Leiter der Tangible Media Group. Die Forschungsergebnisse werden auf dem ACM Symposium on User Interface Software and Technology vorgestellt.

Sich verwandelnde Materialien
Die MIT-Forscher wollten eine Faser, die sich geräuschlos bewegen und ihre Form drastisch verändern kann und gleichzeitig mit den üblichen Textilherstellungsverfahren kompatibel ist. Um dies zu erreichen, verwendeten sie ein Material, das als Flüssigkristall-Elastomer (LCE) bekannt ist.

Ein Flüssigkristall besteht aus einer Reihe von Molekülen, die wie eine Flüssigkeit fließen können, aber wenn sie sich absetzen, stapeln sie sich zu einer periodischen Kristallanordnung. Die Forscher bauen diese Kristallstrukturen in ein Elastomernetzwerk ein, das dehnbar ist wie ein Gummiband.

Wenn sich das LCE-Material erwärmt, geraten die Kristallmoleküle aus ihrer Ausrichtung und ziehen das Elastomernetzwerk zusammen, wodurch sich die Faser zusammenzieht. Wenn die Hitze weggenommen wird, kehren die Moleküle in ihre ursprüngliche Ausrichtung zurück und das Material erhält seine ursprüngliche Länge, erklärt Forman.

Durch sorgfältiges Mischen von Chemikalien zur Synthese der LCE können die Forscher die endgültigen Eigenschaften der Faser steuern, z. B. ihre Dicke oder die Temperatur, bei der sie aktiviert wird.

Sie perfektionierten eine Präparationstechnik, mit der LCE-Fasern hergestellt werden können, die bei hautverträglichen Temperaturen aktiviert werden können, so dass sie sich für tragbare Stoffe eignen.

"Es gibt viele Knöpfe, an denen wir drehen können. Es war eine Menge Arbeit, dieses Verfahren von Grund auf neu zu entwickeln, aber letztendlich gibt es uns viel Freiheit für die entstehende Faser", fügt er hinzu.

Die Forscher stellten jedoch fest, dass die Herstellung von Fasern aus LCE-Harz ein heikler Prozess ist. Bestehende Techniken führen oft zu einer verschmolzenen Masse, die sich nicht abspulen lässt.

Die Forscher untersuchen auch andere Möglichkeiten zur Herstellung funktioneller Fasern, wie z. B. die Einarbeitung von Hunderten von mikroskopisch kleinen digitalen Chips in ein Polymer, die Verwendung eines aktivierten Fluidiksystems oder die Einbeziehung von piezoelektrischem Material, das Schallschwingungen in elektrische Signale umwandeln kann.

Faserherstellung
Forman baute eine Maschine mit 3D-gedruckten und lasergeschnittenen Teilen und einfacher Elektronik, um die Herausforderungen bei der Herstellung zu meistern. Er baute die Maschine zunächst im Rahmen des Graduiertenkurses MAS.865 (Rapid-Prototyping of Rapid-Prototyping Machines: How to Make Something that Makes [almost] Anything).

Zu Beginn wird das dicke und zähflüssige LCE-Harz erhitzt und dann langsam durch eine Düse wie bei einer Klebepistole gepresst. Wenn das Harz austritt, wird es sorgfältig mit UV-Lichtern ausgehärtet, die auf beide Seiten der langsam extrudierenden Faser leuchten. Ist das Licht zu schwach, trennt sich das Material und tropft aus der Maschine, ist es jedoch zu hell, können sich Klumpen bilden, was zu unebenen Fasern führt.

Dann wird die Faser in Öl getaucht, um ihr eine gleitfähige Beschichtung zu verleihen, und erneut ausgehärtet, diesmal mit voll aufgedrehtem UV-Licht, wodurch eine starke und glatte Faser entsteht. Schließlich wird die Faser auf eine Spule aufgewickelt und in Pulver getaucht, damit sie leicht in die Maschinen für die Textilherstellung gleiten kann.

Von der chemischen Synthese bis zur fertigen Spule dauert der Prozess etwa einen Tag und ergibt etwa einen Kilometer gebrauchsfertige Faser. „Am Ende des Tages will man keine Diva-Faser. Man möchte eine Faser, die sich bei der Arbeit mit ihr in das Ensemble der Materialien einfügt - eine Faser, mit der man wie mit jedem anderen Fasermaterial arbeiten kann, die aber eine Menge aufregender neuer Möglichkeiten bietet“, sagt Forman.

Die Entwicklung einer solchen Faser erforderte eine Menge „trial and error“ sowie die Zusammenarbeit von Forschern mit Fachwissen in vielen Disziplinen, von der Chemie über den Maschinenbau und die Elektronik bis hin zum Design. Die so entstandene Faser mit dem Namen FibeRobo kann sich um bis zu 40 Prozent zusammenziehen, ohne sich zu krümmen, sie kann bei hautverträglichen Temperaturen aktiviert werden (die hautverträgliche Version der Faser zieht sich um bis zu 25 Prozent zusammen) und sie kann mit einer kostengünstigen Anlage für 20 Cent pro Meter hergestellt werden, was etwa 60-mal billiger ist als handelsübliche formverändernde Fasern. Die Faser kann sowohl in industrielle Näh- und Strickmaschinen als auch in nicht-industrielle Verfahren wie Handwebstühle oder manuelles Häkeln integriert werden, ohne dass eine Prozessänderung erforderlich ist.

Die MIT-Forscher haben mit FibeRobo mehrere Anwendungen demonstriert, darunter einen adaptiven Sport-BH, der durch Stickerei hergestellt wird und sich strafft, wenn die Trägerin mit dem Training beginnt. Sie verwendeten auch eine industrielle Strickmaschine, um eine Kompressionsweste für den Hund von Forman, der Professor heißt, herzustellen. Die Jacke wird über ein Bluetooth-Signal von Formans Smartphone aktiviert und „umarmt“ den Hund. Kompressionswesten werden üblicherweise verwendet, um die Trennungsangst eines Hundes zu lindern, wenn sein Besitzer nicht zu Hause ist.

In Zukunft wollen die Forscher die chemischen Komponenten der Faser so anpassen, dass sie recycelbar oder biologisch abbaubar ist. Darüber hinaus wollen sie den Prozess der Polymersynthese vereinfachen, so dass auch Nutzer ohne Nasslaborerfahrung ihn selbst durchführen können.

Forman ist gespannt auf die FibeRobo-Anwendungen, die andere Forschungsgruppen auf der Grundlage dieser frühen Ergebnisse entwickeln. Langfristig hofft er, dass FibeRobo zu einem Produkt wird, das man wie ein Garnknäuel im Bastelladen kaufen kann und mit dem sich leicht veränderliche Stoffe herstellen lassen.

„LCE-Fasern erwachen zum Leben, wenn sie in Funktionstextilien integriert werden. Es ist besonders faszinierend zu beobachten, wie die Autoren kreative Textildesigns mit einer Vielzahl von Web- und Strickmustern entwickelt haben“, sagt Lining Yao, der Cooper-Siegel Associate Professor of Human Computer Interaction an der Carnegie Mellon University, der jedoch nicht an dieser Arbeit beteiligt war.

Diese Forschungsarbeit wurde zum Teil durch das William Asbjornsen Albert Memorial Fellowship, das Dr. Martin Luther King Jr. Visiting Professor Program, Toppan Printing Co., Honda Research, Chinese Scholarship Council und Shima Seiki unterstützt. Zum Team gehörten Ozgun Kilic Afsar, Sarah Nicita, Rosalie (Hsin-Ju) Lin, Liu Yang, Akshay Kothakonda, Zachary Gordon und Cedric Honnet am MIT sowie Megan Hofmann und Kristen Dorsey an der Northeastern University.

Quelle:

MIT und Northeastern University

Point of View: Let’s end fast fashion, Prof Minna Halme. Foto: Veera Konsti / Aalto University
18.08.2023

Standpunkt: Schluss mit Fast Fashion!

Sich auf kurzfristige Gewinne zu fokussieren, ist nicht nachhaltig. Was können wir also tun, um in die richtige Richtung zu gehen? In allen Branchen die Widerstandsfähigkeit der Effizienz vorziehen.

Sich auf kurzfristige Gewinne zu fokussieren, ist nicht nachhaltig. Was können wir also tun, um in die richtige Richtung zu gehen? In allen Branchen die Widerstandsfähigkeit der Effizienz vorziehen.

Wir kaufen billige Produkte im Wissen, dass wir sie bald ersetzen müssen. Wir werfen gebrauchte Gegenstände weg, anstatt sie zu reparieren oder wiederzuverwenden. Arbeitgeber planen in Bezug auf finanzielle Quartale, obwohl sie hoffen, längerfristig bedeutend und stabil zu bleiben. Sogar Länder geben der kurzfristigen Wirtschaftsleistung den Vorrang und stellen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) über jeden anderen Indikator.
 
Unsere globale Besessenheit von kurzfristiger wirtschaftlicher Effizienz - und die Frage, wie man sie überwinden kann - ist ein großes Rätsel, über das Minna Halme, Professorin für Nachhaltigkeitsmanagement, die meiste Zeit ihrer Karriere nachgedacht hat. Schon als Studentin an der Wirtschaftshochschule war sie irritiert, wie sehr sich ihr Unterricht auf kurzfristige Ziele konzentrierte.

„Es ging darum, mehr zu verkaufen, die Gewinne der Aktionäre zu maximieren, ökologisch zu wachsen - aber nicht wirklich zu fragen: Warum? Was ist der Zweck von all dem?“, so Halme.
„Selbst mir als 20-Jähriger kam das irgendwie seltsam vor.“

„Was versuchen wir hier zu tun? Versuchen wir, eine bessere Wirtschaft für alle oder für die meisten Menschen zu schaffen? Wessen Leben versuchen wir zu verbessern, wenn wir mehr unterschiedlich verpackte Joghurtsorten oder Kleidung verkaufen, die schnell unmodern ist?“

Halme hat ihre Karriere der Untersuchung dieser Fragen gewidmet. Heute ist sie eine Vordenkerin im Bereich innovativer Geschäftspraktiken und wurde unter anderem als Mitglied des finnischen Expertengremiums für nachhaltige Entwicklung und des Gremiums für globale Nachhaltigkeit der Vereinten Nationen anerkannt.

Ihr oberstes Ziel? Pionierarbeit zu leisten, zu forschen und für alternative Denkweisen einzutreten, die Werte wie langfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit in den Vordergrund stellen - Alternativen, von denen sie und andere Experten glauben, dass sie allen einen dauerhaften, weitreichenden Nutzen bringen würden.
 
Wie traditionelle Indikatoren versagt haben
Ein Weg, in der unsere Vorliebe für wirtschaftliche Effizienz die Art und Weise prägt, wie wir den allgemeinen Wohlstand oder Status eines Landes messen, ist das BIP. Das ist nicht die Schuld des Erfinders des modernen Konzepts des BIP, der in den 1930er Jahren ausdrücklich davor warnte, es auf diese Weise zu verwenden.

„Das BIP war nie dazu gedacht, uns etwas über das Wohlergehen der Bürger eines Landes zu sagen", sagt Halme. Vor fünfundsiebzig Jahren war es jedoch leicht, beides miteinander zu verwechseln. Viele Länder waren eher bestrebt, ihren Wohlstand unter ihren Bürgern umzuverteilen, und Bevölkerungsumfragen zeigen, dass das BIP bis in die 1970er Jahre häufig mit dem allgemeinen Wohlstand korrelierte.

Doch mit dem Aufkommen eines zunehmend rücksichtsloseren Kapitalismus der freien Marktwirtschaft wurde dies immer weniger der Fall - und die Unzulänglichkeiten des BIP wurden umso deutlicher. „Wir befinden uns in einer Situation, in der die Verteilung des Reichtums mehr und mehr zu denjenigen wandert, die bereits über Kapital verfügen. Diejenigen, die es nicht haben, befinden sich in einer rückläufigen wirtschaftlichen Position", sagt Halme. Tatsächlich besitzen die reichsten 1 % der Weltbevölkerung heute fast die Hälfte des weltweiten Vermögens.

„Einige Regierungen, wie die finnische, berücksichtigen zwar Indikatoren für den ökologischen und sozialen Fortschritt. Aber keiner wird als so wichtig für die Entscheidungsfindung angesehen wie das BIP", sagt Halme - und das BIP gilt auch als Maßstab für den Erfolg einer Regierung. Diese Einstellung versucht Halme durch ihre Arbeit als Beraterin der finnischen Regierung zu Nachhaltigkeitspraktiken sowie durch ihre eigene Forschung zu ändern.

Wo die Industrie versagt hat
Unsere oft ausschließliche Konzentration auf die Ökonomie - und insbesondere darauf, so schnell und effizient wie möglich Gewinne zu erzielen - vermittelt kein klares Bild davon, wie es allen in einer Gesellschaft geht. Schlimmer noch, es hat die Industrie ermutigt, mit einer kurzfristigen Perspektive zu handeln, die zu längerfristigen Problemen führt.
 
Fast Fashion ist ein Beispiel dafür. Gegenwärtig sind die Lieferketten für Bekleidung - wie die der meisten Waren - linear. Die Rohstoffe kommen von einem Standort und werden Schritt für Schritt verarbeitet, in der Regel in verschiedenen Produktionsstätten auf der ganzen Welt, wobei Materialien, Energie und Transportmittel verwendet werden, die „billig“ sind, weil ihre hohen Umweltkosten nicht berücksichtigt werden.

Schließlich werden sie von einem Verbraucher gekauft, der das Produkt vorübergehend trägt, bevor er es wegwirft. Um die Gewinnspannen zu erhöhen, setzt die Branche auf schnell wechselnde Trends. Eine erschreckende Menge dieser Kleidungsstücke landet auf der Mülldeponie - einige davon, bevor sie überhaupt getragen worden sind.

Wie der COVID Lockdown gezeigt haben, ist diese Art linearer Lieferketten nicht belastbar. Und sie sind auch nicht nachhaltig.

Schätzungen zufolge ist die Modebranche derzeit die zweitgrößte Umweltverschmutzungsbranche der Welt und für bis zu 10 % aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Forscher der Aalto-Universität haben festgestellt, dass die Branche jährlich mehr als 92 Millionen Tonnen Deponieabfälle produziert. Bis 2030 wird ein Anstieg auf 134 Millionen Tonnen erwartet.
„Die Verringerung des CO2-Fußabdrucks der Modebranche ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die langfristigen Aussichten der Branche selbst. Mit dieser Art von falschem Effizienzdenken untergräbt man die Grundlage unserer langfristigen Widerstandsfähigkeit sowohl für die Ökologie als auch für die Gesellschaft", sagt Halme.

Um aus dieser Falle herauszukommen, sagen sie und andere Forscher, ist ein kompletter Paradigmenwechsel erforderlich. „Es ist wirklich schwierig, nur an den Rändern zu feilen", sagt sie.
Auf dem Weg zur Resilienz

Mehrere Jahre lang erforschte und studierte Halme die ökologische Effizienz und suchte nach Möglichkeiten, wie Unternehmen mehr Produkte mit weniger Umweltbelastungen herstellen könnten. Doch allmählich wurde ihr klar, dass dies nicht die Antwort ist. Obwohl die Unternehmen durch Innovationen effizientere Produkte und Technologien entwickeln konnten, stieg ihr absoluter Verbrauch an natürlichen Ressourcen weiter an.

„Ich begann zu denken: Wenn nicht Effizienz, was dann?", sagt Halme. Sie erkannte, dass die Lösung in der Resilienz liegt, d. h. in der Förderung von Möglichkeiten, wie Systeme, einschließlich der Umwelt, in der Zukunft fortbestehen und sich sogar regenerieren können, anstatt sie in der Gegenwart weiter zu schädigen.
Die Lösung ist nicht „mehr von allem“, auch nicht von „nachhaltigen“ Materialien. Es ist weniger.

„Die einzige Möglichkeit, Fast Fashion zu verbessern, ist, sie zu beenden“, schreiben Halme und ihre Mitautoren. Das bedeutet, dass Kleidung so gestaltet werden muss, dass sie lange hält, dass Geschäftsmodelle die Wiederverwendung und Reparatur erleichtern und dass dem Upcycling Vorrang eingeräumt wird. Auch die Recyclingsysteme müssen überarbeitet werden, um festzustellen, wann ein Kleidungsstück wirklich ausgedient hat - insbesondere im Hinblick auf synthetische Mischfasern, die schwer zu trennen und abzubauen sind.

Dies würde die derzeitige Konzentration auf kurzfristige Einnahmen über den Haufen werfen. Und, so Halme, dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir bessere Möglichkeiten brauchen, um den Erfolg dieser Branchen zu messen, indem wir Faktoren wie Belastbarkeit und Nachhaltigkeit berücksichtigen - und nicht nur kurzfristige Gewinne.
Und obwohl jeder Einzelne etwas bewirken kann, müssen diese Veränderungen letztlich von der Industrie ausgehen.

„Textilien sind ein gutes Beispiel, denn wenn sie schnell kaputt gehen und man keine Reparaturwerkstatt in der Nähe hat oder wenn die Stoffe von so schlechter Qualität sind, dass es keinen Sinn macht, sie zu reparieren, dann ist das für die meisten Menschen ein zu großer Aufwand“, sagt Halme. Die meisten Lösungen sollten also von der Unternehmensseite kommen. Und das Ziel sollte sein, es den Verbrauchern sowohl modisch als auch einfach zu machen, ökologisch und sozial nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
 
Was ist erforderlich?
Die ultimative Herausforderung, sagt Lauri Saarinen, Assistenzprofessor an der Aalto der Aalto-Universität für Wirtschaftsingenieurwesen, ist die Frage, wie man zu einem nachhaltigeren Modell gelangt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhält. Aber er glaubt, dass es Möglichkeiten gibt.

„Eine Möglichkeit besteht darin, die Produktion lokal zu halten. Wenn wir mit der kostengünstigen Offshore-Fertigung konkurrieren, indem wir die Dinge vor Ort und in einem geschlossenen Kreislauf herstellen, dann haben wir den doppelten Vorteil, indem wir lokal Arbeitsplätze schaffen und uns in Richtung einer nachhaltigeren Lieferkette bewegen“, sagt Saarinen. Wenn beispielsweise Kleidung näher am Verbraucher produziert würde, wäre es einfacher, Kleidungsstücke zur Reparatur zurückzuschicken oder gebrauchte Artikel zurückzunehmen und weiterzuverkaufen.

Lokale Produktion ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir die Methode, mit der wir den gesellschaftlichen Erfolg messen, neu überdenken müssen. Schließlich scheinen Outsourcing und Offshoring zugunsten einer billigeren Produktion kurzfristig die Kosten zu senken, aber dies geschieht zu Lasten dessen, was nach Ansicht von Halme und anderen Experten wirklich wichtig ist: eine längerfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Es ist nicht einfach, zu dieser Art von Denken überzugehen. Dennoch sehen Saarinen und Halme vielversprechende Signale.
 
Für Finnland verweist Halme beispielsweise auf das Start-up-Unternehmen Menddie, das es leicht und bequem macht, Kleidungsstücke zum Reparieren oder Ändern wegzuschicken. Sie hebt auch die Bekleidungs- und Lifestyle-Marke Marimekko hervor, die ihre gebrauchten Kleidungsstücke in einem Online-Secondhand-Shop weiterverkauft, sowie das Label Anna Ruohonen, ein Konzept für Maßanfertigungen und Kunden auf Abruf, bei dem keine überschüssigen Kleidungsstücke entstehen.

Genau diese Art von Projekten findet Halme interessant - und sie hofft, mit ihrer Arbeit sowohl für diese zu werben als auch Pionierarbeit zu leisten.
„Momentan haben diese Veränderungen noch nicht zu einer echten Transformation geführt“, sagt sie. Auf globaler Ebene sind wir noch weit von einem echten Wandel hin zu längerfristiger Resilienz entfernt. Aber das könne sich, wie sie betont, schnell ändern. Schließlich hat sich das in der Vergangenheit auch bereits geändert: „Man muss sich nur ansehen, was uns hierhergebracht hat.“

„Das Streben nach Wirtschaftswachstum wurde in relativ kurzer Zeit - nur über etwa sieben Jahrzehnte - zu einem so dominanten Schwerpunkt“, sagt sie. Der Wandel hin zu einer längerfristigen Resilienz ist durchaus möglich. Wissenschaftler und Entscheidungsträger müssen nur ihr Hauptziel auf langfristige Widerstandsfähigkeit umstellen. Die Kernfrage ist, ob unsere mächtigsten Wirtschaftsakteure klug genug sind, dies zu tun.
 
Im Rahmen ihrer Forschung hat Halme Projekte geleitet, die Pionierarbeit für die Art von Veränderungen leisten, die die Modeindustrie vornehmen könnte. Gemeinsam mit ihrer Aalto-Kollegin Linda Turunen hat sie beispielsweise kürzlich ein Messverfahren entwickelt, mit dem die Modeindustrie die Nachhaltigkeit eines Produkts klassifizieren könnte. Dabei wird gemessen, wie haltbar das Produkt ist, wie leicht es recycelt werden kann und ob bei der Herstellung gefährliche Chemikalien verwendet werden - was den Verbrauchern bei der Kaufentscheidung helfen könnte. Ihre Kollegen haben vor kurzem eine Ausstellung kuratiert, in der gezeigt wurde, was wir in einer nachhaltigen Zukunft tragen könnten, z. B. eine Lederalternative, die aus weggeworfenen Blumenstecklingen hergestellt wird, oder modulare Designs, mit denen ein und dasselbe Kleidungsstück mehrfach verwendet werden kann, indem z. B. ein Rock in ein Hemd verwandelt wird.

Da all dies längerfristiges Denken, Innovation und Investitionen erfordert, ist die Industrie zurückhaltend, diese Veränderungen vorzunehmen, sagt Halme. Eine Möglichkeit, die Industrie zu einem schnelleren Wandel zu bewegen, ist die Regulierung. In der Europäischen Union beispielsweise müssen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern aufgrund einer aktualisierten Reihe von Richtlinien nun über eine Reihe von Faktoren der Unternehmensverantwortung Bericht erstatten, die von den Auswirkungen auf die Umwelt bis zur Behandlung der Mitarbeiter reichen. Diese Vorschriften werden nicht nur dazu beitragen, Verbraucher, Investoren und andere Interessengruppen über die Rolle eines Unternehmens bei globalen Herausforderungen zu informieren. Sie werden auch dazu beitragen, Investitionsrisiken zu bewerten und abzuwägen, ob ein Unternehmen die notwendigen Maßnahmen ergreift, um langfristig finanziell stabil zu sein.

Quelle:

Aalto University, Amanda Ruggeri. Übersetzung Textination

Swijin Inage Swijin
20.06.2023

Innovative Sportbekleidung: Schwimmen und Rennen ohne Umziehen

Rechtzeitig für den Sommer: Das Schweizer Start-up Swijin bringt mit dem «SwimRunner» eine neue Sportbekleidungskategorie auf den Markt – ein Sport-BH mitsamt passenden Unterteilen, die sowohl als Schwimm- wie als Laufbekleidung funktionieren und im Handumdrehen trocknen. Entwickelt wurde das innovative Produkt zusammen mit Empa-Forschenden in einem Innosuisse-Projekt. Testen kann man den „SwimRunner“ dieses Wochenende am „Zurich City Triathlon“.
 
Nach dem Joggen noch schnell ins kühle Nass springen, ohne sich umziehen zu müssen? Swijin (sprich: Swie-Djin), ein neues Schweizer TechTex-Start-up, lanciert ihr erstes Produkt, den «SwimRunner»: einen Sport-BH mit Unterteilen, die sowohl als Schwimm- wie auch als Laufbekleidung fungieren und blitzschnell trocknen.

Rechtzeitig für den Sommer: Das Schweizer Start-up Swijin bringt mit dem «SwimRunner» eine neue Sportbekleidungskategorie auf den Markt – ein Sport-BH mitsamt passenden Unterteilen, die sowohl als Schwimm- wie als Laufbekleidung funktionieren und im Handumdrehen trocknen. Entwickelt wurde das innovative Produkt zusammen mit Empa-Forschenden in einem Innosuisse-Projekt. Testen kann man den „SwimRunner“ dieses Wochenende am „Zurich City Triathlon“.
 
Nach dem Joggen noch schnell ins kühle Nass springen, ohne sich umziehen zu müssen? Swijin (sprich: Swie-Djin), ein neues Schweizer TechTex-Start-up, lanciert ihr erstes Produkt, den «SwimRunner»: einen Sport-BH mit Unterteilen, die sowohl als Schwimm- wie auch als Laufbekleidung fungieren und blitzschnell trocknen.

Diese Innovation ermöglicht Frauen erstmals einen fließenden Übergang zwischen Land- und Wassersportarten, ohne die Kleidung wechseln zu müssen. So können Frauen etwa beim Wandern oder Laufen unkompliziert ins Wasser gehen. Auch Stand-Up-Paddlerinnen genießen mit dem „SwimRunner" uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und gleichzeitig genügend Sitz, sowohl auf dem Board als auch im Wasser.
          
Wissenschaft im Dienste des Sports
Was auf den ersten Blick wie eine relativ einfache Anforderung erscheint, hat sich in der Entwicklung als äußerst komplexes Produkt herausgestellt. Im Rahmen eines Innosuisse-Projekts kam es zur Zusammenarbeit von Swijin mit der Empa-Abteilung für Biomimetische Membranen und Textilien. Unter der Leitung des Empa-Ingenieurs Martin Camenzind definierten die Forschenden zunächst die Anforderungen an das Material und den Schnitt des Sport-BHs. „Bei der Entwicklung hatten wir eine dreifache Herausforderung: Einerseits musste es die Anforderungen an einen hochbelastbaren Sport-BH an Land erfüllen. Gleichzeitig sollte aber die Kompression eines Badeanzugs im Wasser aufrechterhalten werden – und dies bei einer sehr kurzen Trocknungszeit“, sagt Camenzind.

Da es noch keine vergleichbare Bekleidung auf dem Markt gibt, entwickelte das Team auch gleich neue Tests für die Beurteilung des Hochleistungstextils. „Wir haben auch ein Mannequin entworfen: Ein Modell des weiblichen Oberkörpers, mit dem man die mechanischen Eigenschaften von BHs messen kann», erklärt der Forscher. Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen floss in die Produktentwicklung auch viel Kompetenz von Sportphysiologen, Textilingenieurinnen, Branchenspezialisten, Designerinnen und natürlich Athletinnen ein.

Höchste Ansprüche
Viele dieser Sportlerinnen entstammen der „Swimrun“-Szene. Swimrun ist eine schnell wachsende Abenteuersportart, die in den Schärengärten Schwedens entstanden ist. Im Gegensatz zu Triathleten, die zuerst schwimmen, dann Rad fahren und schließlich laufen, wechseln Swimrunner während des Rennens immer wieder zwischen Trailrunning und Schwimmen im offenen Wasser hin und her. Die Intensität dieser Sportart bot Swijin die optimalen Bedingungen für die Produktentwicklung – und gab auch den Namen der ersten Kollektion, „SwimRunner“. „Das Feedback der Athletinnen war mitentscheidend für den Erfolg des Produkts. Sie schwimmen und laufen oft sechs bis sieben Stunden am Stück. Als sie mit unseren Prototypen zufrieden waren, wussten wir: Der SwimRunner ist ‚ready for market‘“, sagt Swijin-Gründerin Claudia Glass.

Die Produktidee kam Claudia Glass während eines Urlaubs auf Mallorca. Bei ihren morgendlichen Läufen sehnte sie sich danach, kurz ins Meer tauchen zu können. „Sport-BHs sind aber nicht zum Schwimmen konzipiert“, erklärt die Gründerin. „Im Wasser saugen sie sich voll und trocknen aufgrund ihres dicken Kompressionsmaterials scheinbar nie. Letzten Sommer trug ich den ‚SwimRunner‘-Prototyp den ganzen Tag. Morgens lief ich mit meinem Hund zum Zürichsee und sprang hinein. Als ich wieder zu Hause ankam, hätte ich mich einfach an meinen Schreibtisch setzen können und anfangen zu arbeiten – ich war komplett trocken und fühlte mich sehr komfortabel.“
 
Design und Nachhaltigkeit
Das Jungunternehmen legt Wert darauf, Ingenieurwesen und Design zu vereinen. Swijins Kreativdirektorin Valeria Cereda sitzt im Zentrum der Weltmodestadt Mailand und lässt ihre Erfahrung mit Luxusmarken in die Ästhetik von Swijin einfließen. Als ehemalige Leistungsschwimmerin ist sie aber zugleich auf Funktionalität bedacht.

Die Hochleistungsprodukte von Swijin lassen sich nur mit synthetischen Materialien verwirklichen. Das junge Unternehmen ist entschlossen, die Umweltbelastung der Produkte auf ein Minimum zu reduzieren. Die enge Lieferkette hält den CO2-Fussabdruck gering. Die Materialien des „SwimRunner“ sind zu 100 % in der EU hergestellt und auf Qualität ausgelegt.

Herkömmliche Bekleidungsetiketten geben nur Auskunft über den Herstellungsort des Kleidungsstücks. Swijin arbeitet mit dem Anbieter Avery Dennison zusammen, um alle Produkte mit einem „Digital Identity Label“ auszustatten. Dieses bietet den Verbrauchern detaillierte Informationen über die gesamte Wertschöpfungskette, bis hin zu den Investitionen des Textilherstellers zur Verringerung des CO2-Fussabdrucks und zum Einsatz des wasserbasierten, lösemittelfreien Logos. Swijin verpackt alle Materialien in „Cradle to Cradle Gold“ zertifizierten Verpackungen, die von Voegeli AG im Emmental hergestellt werden.

Außerdem geht Swijin proaktiv die Herausforderungen am Ende des Produktlebenszyklus an. Um einer echten Kreislauffähigkeit funktionaler Textilien näher zu kommen, nimmt Swijin als Leuchtturmpartner im „Yarn-to-Yarn®“-Pilotprojekt der Rheiazymes AG teil. Dabei handelt es sich um eine Biotech-Lösung, die Mikroorganismen und Enzyme einsetzt, um aus Alttextilien direkt und klimaneutral neue Ausgangsstoffe zu generieren. Wenn Kundinnen „End-of-Life“ Swijin-Produkte zurückgeben – wofür Swijin auch Anreize bietet – können die hochwertigen Monomere in Ursprungsqualität wieder in die Lieferkette zurückgeführt werden: echte „circularity“.

„Als aufstrebende Marke haben wir die Pflicht und den Luxus, Partner auszuwählen, deren Vision und Werte mit unseren eigenen übereinstimmen“, sagt Claudia Glass. „Ich hatte ein klares Verständnis davon, welche Art von Marke ich kaufen würde, aber ich konnte sie nirgends finden. Mit Swijin fühlen wir uns verpflichtet, unsere Werte auch tatsächlich zu verwirklichen.“

Weitere Informationen:
Sportwear schwimmen BH Synthetikfasern Empa
Quelle:

Claudia Glass, Anna Ettlin, EMPA

(c) nova-Institut GmbH
14.03.2023

Bakterien statt Bäume, Textil- und Agrarabfälle

Zum dritten Mal verlieh das nova-Institut im Rahmen der „Cellulose Fibres Conference 2023“ in Köln, 8. bis 9. März 2023, den Preis „Cellulose Fibre Innovation of the Year“.  

Die jährlich stattfindende Konferenz ist Treffpunkt der globalen Cellulosefaser-Industrie. 42 Referierende aus zwölf Ländern zeigten das Innovationspotenzial von Cellulosefasern auf und präsentierten die neuesten Markteinblicke und Trends vor mehr als 220 Teilnehmenden aus 30 Ländern.

Führende internationale Expertinnen und Experten stellten neue Technologien für das Recycling Cellulose-reicher Rohstoffe und innovative Praktiken der Kreislaufwirtschaft in den Bereichen Textilien, Verpackung und Hygiene vor, die unter aktiver Publikumsbeteiligung in sieben Podiumsdiskussionen erörtert wurden.    

Zum dritten Mal verlieh das nova-Institut im Rahmen der „Cellulose Fibres Conference 2023“ in Köln, 8. bis 9. März 2023, den Preis „Cellulose Fibre Innovation of the Year“.  

Die jährlich stattfindende Konferenz ist Treffpunkt der globalen Cellulosefaser-Industrie. 42 Referierende aus zwölf Ländern zeigten das Innovationspotenzial von Cellulosefasern auf und präsentierten die neuesten Markteinblicke und Trends vor mehr als 220 Teilnehmenden aus 30 Ländern.

Führende internationale Expertinnen und Experten stellten neue Technologien für das Recycling Cellulose-reicher Rohstoffe und innovative Praktiken der Kreislaufwirtschaft in den Bereichen Textilien, Verpackung und Hygiene vor, die unter aktiver Publikumsbeteiligung in sieben Podiumsdiskussionen erörtert wurden.    

Im Vorfeld der Konferenz hatte der Konferenzbeirat sechs bemerkenswerte Innovationen nominiert. Die Gewinner wurden am ersten Veranstaltungstag in einem Kopf-an-Kopf-Rennen im Rahmen eines Live-Votings durch das Konferenzpublikum gewählt.

Die Zusammenarbeit zwischen Nanollose (AU) und Birla Cellulose (IN) mit baumfreiem Lyocell aus bakterieller Cellulose namens Nullarbor™ wurde die siegreiche Cellulosefaser-Innovation 2023, gefolgt von Renewcell (SE) Cellulosefasern aus 100 % Textilabfällen, und Vybrana – die neue Generation von Bananenfasern von Gencrest Bio Products (IN) belegt den dritten Platz.    

Sieger: Nullarbor™ – Nanollose und Birla Cellulose (AU/IN)
Im Jahr 2020 begannen Nanollose und Birla Cellulose eine Reise zur Entwicklung und Vermarktung von baumfreiem Lyocell aus bakterieller Cellulose, genannt Nullarbor™. Der Name leitet sich vom lateinischen „nulla arbor“ ab, was „keine Bäume“ bedeutet. Erste Laborforschungen auf beiden Seiten führten zu einer gemeinsamen Patentanmeldung „Herstellung von hochfesten Lyocellfasern aus bakterieller Cellulose“.  

Nullarbor ist deutlich fester als Lyocell aus holzbasiertem Zellstoff; selbst die Zugabe geringer Mengen von Bakteriencellulose zu Holz-
zellstoff erhöht die Faserzähigkeit. Im Jahr 2022 wurde die erste Pilotcharge von 260 kg mit einem Anteil von 20 % Bakterienzellstoff hergestellt. Mit dieser Faser wurden mehrere hochwertige Stoffe und Kleidungsstücke hergestellt. Die Zusammenarbeit zwischen Nanollose und Birla Cellulose konzentriert sich nun auf eine Erhöhung der Produktionsmenge und des Anteils an bakterieller Zellulose in der Faser.

Zweiter Platz: Circulose® – Macht Mode rund – Renewcell (SE)
Circulose® von Renewcell ist ein Markenzellstoff, der zu 100 % aus Textilabfällen wie Altkleidern und Produktionsabfällen gewonnen wird. Es handelt sich um ein einzigartiges Material für Mode, das zu 100 % recycelt, wiederverwertbar, biologisch abbaubar und von gleichwertiger Qualität wie Neuware ist. Es wird von Faserherstellern zur Herstellung von Stapelfasern oder Filamenten wie Viskose, Lyocell, Modal, Acetat oder anderen Arten von cellulosischen Chemiefasern verwendet. Im Jahr 2022 eröffnete Renewcell in Sundsvall, Schweden, die weltweit erste Anlage für das chemische Recycling von Textilien zu Textilien – Renewcell 1. Die Anlage wird eine jährliche Kapazität von 120.000 Tonnen erreichen.

Dritter Platz: Vybrana – Die Bananenfaser der neuen Generation – Gencrest Bio Products (IN)
Vybrana ist eine nachhaltige, aus Agrarabfällen gewonnene Cellulosefaser von Gencrest. Die Rohfasern werden aus dem Stamm der Banane am Ende des Lebenszyklus der Pflanze extrahiert. Die Biomasseabfälle werden anschließend mit der von Gencrest Bio Products patentierten Fiberzyme-Technologie behandelt. Mithilfe von Cocktail-Enzymformulierungen werden hierbei der hohe Ligningehalt und andere Verunreinigungen entfernt und die Faserfibrillierung unterstützt. Das firmeneigene Kotonisierung liefert feine, spinnbare Zellulosestapelfasern, die sich zum Mischen mit anderen Stapelfasern eignen und auf allen herkömmlichen Spinnsystemen zu Garnen für nachhaltige Bekleidung versponnen werden können. Vybrana wird ohne den Einsatz schädlicher Chemikalien und mit minimalem Wasserverbrauch in einem abfallfreien Verfahren hergestellt, bei dem die Restbiomasse in die Bio-Stimulanzien Agrosatva und bio-basiertem Dünger sowie organischen Dünger umgewandelt werden.

Die nächste Cellulose Fibres Conference findet am 13. und 14. März 2024 statt.

Quelle:

nova-Institut GmbH / Textination

Foto unsplash
21.02.2023

Konsortium für enzymatisches Textilrecycling gewinnt neue Unterstützer

"Gemeinsame Vision einer echten Kreislaufwirtschaft für die Textilindustrie"

Der US-amerikanische Modekonzern PVH hat sich dem von Carbios, On, Patagonia, PUMA und Salomon gegründeten Faser-zu-Faser-Konsortium angeschlossen. Ziel ist es, die Weiterentwicklung des Biorecyclingverfahrens von Carbios im industriellen Maßstab zu unterstützen und so neue globale Standards für Textilrecyclingtechnologien zu setzen. Zu PVH gehören Marken wie Calvin Klein und Tommy Hilfiger. In der von der PVH Corp. unterzeichneten Vereinbarung verpflichtet sich das Unternehmen, durch seine Mitwirkung im Konsortium den Übergang der Textilindustrie zu einer Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen.

"Gemeinsame Vision einer echten Kreislaufwirtschaft für die Textilindustrie"

Der US-amerikanische Modekonzern PVH hat sich dem von Carbios, On, Patagonia, PUMA und Salomon gegründeten Faser-zu-Faser-Konsortium angeschlossen. Ziel ist es, die Weiterentwicklung des Biorecyclingverfahrens von Carbios im industriellen Maßstab zu unterstützen und so neue globale Standards für Textilrecyclingtechnologien zu setzen. Zu PVH gehören Marken wie Calvin Klein und Tommy Hilfiger. In der von der PVH Corp. unterzeichneten Vereinbarung verpflichtet sich das Unternehmen, durch seine Mitwirkung im Konsortium den Übergang der Textilindustrie zu einer Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen.

Carbios arbeitet mit On, Patagonia, PUMA, PVH Corp. und Salomon daran, seine biologische Recyclingtechnologie an deren Produkten zu testen und zu verbessern. Ziel ist es, im Sinne der Nachhaltigkeitsverpflichtungen den Nachweis zu erbringen, dass durch dieses Verfahren der Kreislauf von Faser zu Faser im industriellen Maßstab geschlossen wird.

Das auf zwei Jahre ausgelegte Kooperationsprojekt soll nicht nur das biologische Recycling von Polyesterartikeln in industriellem Maßstab ermöglichen, sondern auch gründliche Sortier- und Zerlegetechnologien für komplexe Textilabfälle entwickeln. Die bestehenden Mitglieder stimmten einstimmig für den Beitritt der PVH Corp. zum Konsortium und erklärten, das gemeinsame Ziel sei es, die Entwicklung praktikabler Lösungen zu unterstützen, die den Beitrag der Modeindustrie zum Klimawandel adressieren.
 
Carbios hat eine Technologie entwickelt, bei der hochselektive Enzyme zum Einsatz kommen, die gemischte Ausgangsmaterialien recyceln können und so die aufwändige Sortierung reduzieren, die bei den derzeitigen thermomechanischen Recyclingverfahren erforderlich ist. Bei Textilien aus Mischfasern wirkt das patentierte Enzym ausschließlich auf das darin enthaltene PET-Polyester. Mit diesem innovativen Verfahren wird recyceltes PET (r-PET) erzeugt, das in seiner Qualität dem von neuem PET entspricht und zur Herstellung neuer Textilfasern verwendet werden kann
 
Behandlung von Textilabfällen und Recycling
Weltweit werden derzeit nur 13 % der Textilabfälle recycelt, und zwar hauptsächlich für minderwertige Anwendungen wie Polsterung, Isolierung oder Lumpen. Die restlichen 87 % sind für die Deponierung oder Verbrennung bestimmt. Um an der Verbesserung der Textilrecyclingtechnologien zu arbeiten, werden die Mitglieder des Konsortiums Ausgangsmaterial in Form von Bekleidung, Unterwäsche, Schuhen und Sportbekleidung liefern. 2023 wird in der Demonstrationsanlage von Carbios eine neue Anlage für PET-Textilabfälle in Betrieb genommen, insbesondere im Rahmen des von der Europäischen Union kofinanzierten Projekts "LIFE Cycle of PET".  Dies geschieht im Vorgriff auf künftige Vorschriften, wie die getrennte Sammlung von Textilabfällen, die in Europa ab dem 1. Januar 2025 verbindlich vorgeschrieben ist.

Von Faser zu Faser: Kreislauffähigkeit von Textilien
Zur Herstellung von Fasern und Stoffen ist die Textilindustrie heute weitgehend auf nicht erneuerbare Ressourcen angewiesen, zum Teil greift sie auf recycelte PET-Flaschen für recycelte Polyesterfasern zurück. Diese Ressource wird jedoch knapp werden, da PET-Flaschen ausschließlich für die Herstellung neuer Flaschen in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie verwendet werden. In einer Kreislaufwirtschaft werden die zur Herstellung von Textilien verwendeten Materialien aus recycelten oder erneuerbaren Rohstoffen gewonnen, die durch regenerative Verfahren hergestellt werden. Die Mitglieder des Konsortiums liefern nicht nur Rohstoffe für die Demonstrationsanlage, sondern wollen auch neue Produkte aus r-PET-Fasern herstellen, die mit dem Biorecycling-Verfahren des Unternehmens produziert werden.
 
"Die Partnerschaft mit Carbios und seinen Konsortiumsmitgliedern zeigt unser kontinuierliches Engagement für die Aufnahme von mehr Kreislaufmaterialien in unsere Kollektionen", so Esther Verburg, EVP, Sustainable Business and Innovation, Tommy Hilfiger Global und PVH Europe. "Wir freuen uns, die Entwicklung der enzymatischen Recyclingtechnologie von Carbios zu unterstützen und neue Lösungen zu nutzen, die uns dabei helfen können, die Mode nachhaltig voranzutreiben."

Weitere Informationen:
Carbios Textilrecycling Enzyme
Quelle:

Carbios / Textination

Aerogel (c) Outlast Technologies GmbH
31.01.2023

Aerogel: Gefrorener Rauch für Bekleidung und Arbeitsschutz

Mit einem Luftanteil von bis zu 99,8 Prozent ist Aerogel der leichteste Feststoff der Welt. Das aufgrund seiner optischen und physikalischen Eigenschaften auch als „gefrorener Rauch“ bezeichnete Material hat eine außerordentlich geringe Wärmeleitfähigkeit, die andere Isolierungen um ein Vielfaches übertrifft. Die NASA nutzt Aerogel daher seit vielen Jahren für Raumfahrt-Projekte.

Mit einem Luftanteil von bis zu 99,8 Prozent ist Aerogel der leichteste Feststoff der Welt. Das aufgrund seiner optischen und physikalischen Eigenschaften auch als „gefrorener Rauch“ bezeichnete Material hat eine außerordentlich geringe Wärmeleitfähigkeit, die andere Isolierungen um ein Vielfaches übertrifft. Die NASA nutzt Aerogel daher seit vielen Jahren für Raumfahrt-Projekte.

Dennoch war es in der rund 90-jährigen Geschichte des Werkstoffes bisher nicht gelungen, ihn in hoher Konzentration an Textilien zu binden und eine unkomplizierte Weiterverarbeitung zu ermöglichen. Die Outlast Technologies GmbH hat nun ein neuartiges zum Patent angemeldetes Verfahren entwickelt, mit dem sich große Mengen Aerogel dauerhaft an unterschiedliche Träger wie Vliesstoffe, Filze und Verbundmaterialien heften lassen. Deren ursprüngliche Eigenschaften bleiben erhalten, sodass sie sich in herkömmlichen Fertigungsprozessen problemlos weiterverarbeiten lassen.
 
Die unter dem Namen Aersulate vertriebenen Textilien sind nur 1 bis 3 mm dick und erreichen sehr hohe Isolationswerte, die selbst unter Druck und Feuchtigkeit weitestgehend erhalten bleiben. Trotz ihrer hohen Leistungsfähigkeit sind sie weich und bieten sich für Schuhe, Bekleidung und Arbeitsschutzprodukte an, aber auch für Schlafsäcke oder technische Anwendungen.

„Aufgrund der außerordentlichen physikalischen Eigenschaften nutzt die NASA Aerogel bereits seit vielen Jahren“, weiß Volker Schuster, Leiter Forschung und Entwicklung bei Outlast Technologies, „zum Beispiel zur Isolierung bei ihren Mars-Rovern oder zum Einfangen von Staub aus dem Schweif eines Kometen bei der Stardust-Mission.“ Seit der Entwicklung von Aerogel durch den US-amerikanischen Wissenschaftler und Chemieingenieur Samuel Stephens Kistler im Jahr 1931 war es trotz intensiver Forschung allerdings niemandem gelungen, den vielseitigen Werkstoff in größeren Mengen auf Textilien aufzubringen, ohne deren ursprüngliche Eigenschaften zu verändern. Damit waren die Produkte nicht nur häufig sehr starr, sondern machten durch ihren großen Staubabrieb auch eine Verarbeitung in herkömmlichen Produktionsprozessen unmöglich. Mit der neuentwickelten Aersulate-Technologie, die im Juni 2022 erstmals vorgestellt wurde, schlägt der in Heidenheim ansässige Spezialist für textile Thermoregulierung ein anderes Kapitel in der Isolierungs-Geschichte auf.

High-Performance-Isolierung - 1-3 mm dick
„Die Konsistenz von Aerogel lässt sich am besten als flüssige Staubkörner beschreiben, die sich aufgrund ihrer geringen Dichte innerhalb von Sekunden unkontrollierbar im Raum verteilen“, so Schuster. „Daher ist die Verarbeitung eine große Herausforderung.“ Es brauchte eine rund fünfjährige Entwicklungszeit, bis Outlast Technologies das neuartige Verfahren, Aerogel zwischen mehrere Stofflagen einzukleben, zur Marktreife brachte. Je nach Anwendungsbereich können Vliesstoffe, Filze oder unterschiedliche Verbundmaterialien als Träger genutzt werden. Die Eigenschaften der jeweiligen Textilien werden durch die Aersulate-Technologie nicht beeinträchtigt, sodass sie sich – trotz ihrer zugewonnenen thermischen Eigenschaften – problemlos in herkömmlichen Prozessen und unter industriellen Bedingungen weiterverarbeiten lassen.
 
Als Feststoff auf Silicatbasis wird Aerogel aus natürlichem Quarzsand gewonnen, verfügt jedoch über eine 1.000 Mal geringere Dichte als aus demselben Rohstoff hergestellte Gläser. Die außerordentliche Isolierungsleistung verdankt das Material seiner extrem porigen Struktur, die einen Luftanteil von bis zu 99,8 Prozent ermöglicht.
 
„Ein Liter Aerogel wiegt gerade einmal 50 g“, erläutert Schuster. „Schon 10 g davon verfügen allerdings über die Oberfläche eines Fußballfeldes.“ Dank dieser Eigenschaften übertreffen die Aersulate-Textilien bei einer deutlich geringeren Dicke sämtliche bisher bekannte Isolierungsmaterialien in ihrer Performance. So haben Tests der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) mithilfe des Alambeta-Verfahrens ergeben, dass sich der Wärmedurchgangswiderstand eines Aersulate-Vlieses im Vergleich zu einem herkömmlichen Vlies mit identischer Dicke mehr als verdoppelt. Hinzu kommt, dass die Isolierungsleistung von Aersulate-Produkten trotz Druck und Nässe hoch bleibt, während sie bei anderen gebräuchlichen Stoffen wie Filzen oder Polyurethan-Schäumen (PU) unter diesen Bedingungen massiv abnimmt.

Arbeitsschutz und Funktionskleidung mit Aersulate
Dank des textilen Trägers eignen sich die dünnen Aersulate-Produkte besonders für die Schuh- und Bekleidungsindustrie sowie sämtliche Bereiche des Arbeitsschutzes. Je nach Einsatzzweck kommen dem Anwender die unterschiedlichen Eigenschaften zugute: „Mit einem Handschuh aus nur 1 mm dickem Aersulate kann man zum Beispiel problemlos in kochendes Wasser greifen, ohne sich zu verbrühen“, erklärt Schuster. „Hier spielen uns die extrem hydrophoben Eigenschaften wortwörtlich in die Hände.“ Bei dem Kniebesatz von Arbeits- sowie Funktionshosen oder bei Schuhen bzw. -sohlen werden dagegen auch die Materialeigenschaften bei Kompression relevant. Denn die Isolierungsleistung anderer Stoffe würde einerseits durch die Feuchtigkeit – von außen sowie als Schweiß von innen – und andererseits durch die permanente Einwirkung des Körpergewichts nach und nach abnehmen.
          
Abgesehen vom eigenen Körper lassen sich mit Aersulate auch Gepäck oder technische Geräte vor extremen Temperaturen sowie Witterungseinflüssen schützen. Zu diesem Zweck können bspw. entsprechende Handy- oder Equipmenttaschen in Kleidungsstücke eingenäht werden, um die Akkulaufzeit auch bei sehr kalten Außentemperaturen zu erhalten oder die Geräte bei starker Wärmeeinwirkung vor Überhitzen zu bewahren. „Mit der breiten Palette an möglichen textilen Trägermaterialien eignet sich Aersulate für alle Anwendungen, die einerseits eine hohe Isolierungsleistung erfordern, bei denen andererseits aber nur wenig Platz vorhanden und mit Kompression sowie Feuchtigkeit zu rechnen ist“, fasst Schuster die Vorteile zusammen.

Quelle:

Outlast Technologies / Textination

04.01.2023

Kreislaufwirtschaft: Es könnte alles so einfach sein... oder auch nicht

Interview mit Henning Wehland & Robert Kapferer, Circularity Germany

Ich bin von Natur aus ein sehr neugieriger Typ. Deshalb hatte ich mich in diesem Jahr bei einer bekannten Münsteraner Hotdog-Station als Aushilfe angeboten, um auf die Personalnot in der Gastronomie aufmerksam zu machen. Darüber schrieb ich einen Artikel auf LinkedIn, auf den wiederum Ines Chucholowius reagierte.
Aus ihrem Profil konnte ich entnehmen, dass sie als Unternehmensberaterin im Bereich der Textilindustrie tätig ist. Nicht ganz ernst gemeint, bot sie mir eine Stelle in ihrem Büro an. Auf Knopfdruck sprang mein Kopfkino an: Textilindustrie, spannend! Merchandising, Kontakte in die Industrie, Kooperationen und ich ließ mich auf einen kurzen Chat ein, an dessen Ende wir telefonierten und uns auf ein Gespräch verabredeten.

Interview mit Henning Wehland & Robert Kapferer, Circularity Germany

Ich bin von Natur aus ein sehr neugieriger Typ. Deshalb hatte ich mich in diesem Jahr bei einer bekannten Münsteraner Hotdog-Station als Aushilfe angeboten, um auf die Personalnot in der Gastronomie aufmerksam zu machen. Darüber schrieb ich einen Artikel auf LinkedIn, auf den wiederum Ines Chucholowius reagierte.
Aus ihrem Profil konnte ich entnehmen, dass sie als Unternehmensberaterin im Bereich der Textilindustrie tätig ist. Nicht ganz ernst gemeint, bot sie mir eine Stelle in ihrem Büro an. Auf Knopfdruck sprang mein Kopfkino an: Textilindustrie, spannend! Merchandising, Kontakte in die Industrie, Kooperationen und ich ließ mich auf einen kurzen Chat ein, an dessen Ende wir telefonierten und uns auf ein Gespräch verabredeten.

Sie erzählte mir von ihrer Internetseite TEXTINATION.de. Und schon waren wir drin in einem spannenden, hitzigen Austausch über Wahrnehmung und Wahrheit der Textilbranche. Ohne Weiteres zu verabreden, ließen wir es dabei und ich ging mit einem Batzen neuer Informationen über einen spannenden Bereich nach Hause. Unser Dialog über Social Media ging weiter und schließlich bot Ines mir an, mit Unterstützung von TEXTINATION.de meine „Die-Sendung-mit-der-Maus-Neugierde“ zu stillen. Ich könne einen Blog auf der Seite schreiben, über Menschen, Produkte, Dienstleister, Produzenten, Startups oder Trends, die mich interessieren, um so mein Halbwissen über die Textilindustrie zu ergänzen. Das erste Ergebnis dieser Zusammenarbeit liegt hier vor.

Vorne textiler Abfall rein … hinten neues T-Shirt raus
Während unseres Austauschs und einem langen Brainstorming kitzelten immer wieder bestimmte Begriffe meine Aufmerksamkeit:
Kreislaufwirtschaft, Circular Economy, Recycling, Wertstoffkreisläufe. Auch wenn es viele verschiedene Definitionen gibt und einige sogar zwischen Kreislaufwirtschaft und Circular Economy unterscheiden: ersteres von der Abfallseite gedacht, Abfall, der als Sekundärrohstoff wieder in die Produktion einfließt, Circular Economy, die die Abfälle bereits in der Produktion vermeidet, besteht allgemeiner Konsens eigentlich nur darüber, dass es sich bei der Kreislaufwirtschaft um einen Kreislauf handelt, in dem Abfälle als Quelle für etwas Neues verwendet werden.

Klingt für mich beides nach sinnvollen Ergänzungen für alle Bereiche der produzierenden Güterwirtschaft. Ines stellte mir Robert Kapferer vor: Er betreibt ein Startup namens Circularity Germany in Hamburg. Seine 2021 gegründete Firma, die aus Robert und einem weiteren Partner besteht, ist ein Ableger der in Holland ansässigen Firma Circularity B.V. Deren Gründer Han Hamers, studierter Kinderpsychologe, aus der Textilfärbeindustrie kommend, hatte vor fünf Jahren die Idee für eine Produktionsstätte, die ausnahmslos aus textilen Produktionsabfällen und Alttextilien neues Garn spinnt und es zu T-, Polo- und Sweatshirts verarbeitet.

Ob das funktioniert und wenn ja, wie, das wollte ich herausfinden, und Ines und ich haben uns mit Robert zu einem 90-minütigen Onlinegespräch getroffen.

Robert, von Haus aus Wirtschaftsingenieur, kommt aus dem wenig nachhaltigen Handel mit Arbeitskleidung. Er hat 11 Jahre als Geschäftsführer für die AVECO Material und Service GmbH gearbeitet, wo er für die Arbeitskleidung von mehr als 50.000 Mitarbeitern zuständig war.
Eingangs unseres Gesprächs betont er, dass ein Moment im Januar 2021 sein Leben verändert habe und er sich von da an mit Haut und Haaren dem Thema Kreislaufwirtschaft widmen wollte. Damals lernte er Han Hamers kennen, der ihn dazu inspirierte, Circularity Germany zu gründen. Seine Begeisterung und Leidenschaft für das Thema klingen glaubwürdig, und er beginnt, die Unterschiede zwischen chemischer und mechanischer Recyclingmethode zu beschreiben. Zusammengefasst werden beim mechanischen Verfahren des Schredderns und des anschließenden Spinnens die Fasern verkürzt und insbesondere im Wiederholungsfall deren Eigenschaften für die Weiterverarbeitung eingeschränkt. Der Vorteil liegt vor allem in dem vergleichsweise unkomplizierten, schnellen und kostengünstigeren Verfahren. Bei der chemischen Variante bleibt zwar chemischer Abfall zurück, aber die verarbeiteten Materialien werden wieder so in ihre Grundbausteine zerlegt, dass sie fast alle Eigenschaften wie ein sogenannter jungfräulicher (virgin) Rohstoff haben. Circularity steht für das mechanische Verfahren.

Und dann fällt der Satz, der unsere ganze Aufmerksamkeit bekommt: „Wir haben eine Spinntechnologie so stark weiterentwickelt, dass sie ausschließlich auf abfallbasierten Rohstoffen aufsetzt.“
Dieser Satz fällt fast nicht auf, weil Robert noch – durchaus spannend – darüber berichtet, dass sie eine Produktions- und Fertigungsstätte aufbauen, wo vom Strickgarn bis zum relativ feinen Faden alles gesponnen werden kann, um diesen dann zu Stoff weiterzuverarbeiten. Und hier fragen Ines und ich intensiv nach: Wesentliche Voraussetzungen, die eine industrielle Fertigung benötig, scheinen noch ungelöst, notwendige Prozesse noch in der Planung zu sein. Beispielweise die Frage, ob mit Pre- oder Post-Consumer-Abfällen gearbeitet wird. Pre-Consumer-Abfälle sind Schnittabfälle aus der Produktion von Kleidungsstücken, das entspricht etwa 10% des insgesamt verarbeiteten Materials. Post-Consumer-Abfälle kennen wir als Altkleider.

Solange noch in Indien produziert wird, nutzt Circularity hauptsächlich Pre-Consumer Abfälle. Diese kommen ausschließlich aus den umliegenden Nähfabriken aus der Region Tirupur im Süden von Indien. Beim Einsatz von Alttextilien, die es in Deutschland in großen Mengen gibt (laut einer Studie werden 28-40% aller hergestellten Kleidungsstücke ungetragen weggeworfen), produziert Circularity Mischgarne aus Baumwolle und Polyester. Reine Baumwollgarne bietet das Unternehmen nicht an.

Textilien werden in unterschiedlichem Ausmaß mit Chemikalien behandelt – insbesondere Arbeitsbekleidung kommt ohne sie nicht aus. Die Tatsache, dass auch Han Hamers gerade die textilen Altbestände der niederländischen Armee auffängt, um sie renewed wieder in den Konsumkreislauf einzubringen, beruhigt deshalb nicht. Denn Militärbekleidung muss mit allerlei Zusätzen ausgerüstet werden.

Deshalb frage ich nun nach, wie er bei einem Konsumenten wie mir, mit gesundem Halbwissen über Maskendeals und Greenwashing, die Zweifel ausräumen kann, dass einer gut gemeinten Vision ein dunkles Erwachen folgt. Diese Sorge kann nach dem Gespräch noch nicht ausgeräumt werden.

Wir beschränken uns auf das, was geplant ist: Robert hat den Traum, den globalisierten Prozess der Textilherstellung umzukehren. Er will die Entkopplung von Baumwollanbau und weit entfernter Produktion wie z.B. in Asien mit anschließender Verschiffung fertig konfektionierter Ware nach Europa. Vorhandene Altkleider und/oder Schnittabfälle sollen künftig vor Ort gesammelt, recycelt und lokal zu neuen Textilien verarbeitet werden.

Ich nehme ihm diesen Traum ab. Allerdings bleiben einige meiner Fragen zur Nachhaltigkeit offen – deshalb habe ich meine Zweifel, ob die Idee aktuell leistungs- und konkurrenzfähig ist.
Woran liegt das? Zum einen ist es meiner Meinung nach immer schwierig, notwendige Pionierarbeit zu leisten. Vor allem, wenn mir am Stammtisch die schlauen Kommentare um die Ohren fliegen, dass große Firmen ja schon intensiv an dem Prinzip Kreislaufwirtschaft arbeiten. Doch manchmal bleibt außer dem Begriff Kreislaufwirtschaft und einem unbestimmten Commitment dazu nicht viel übrig.

Circularity schreibt sich auf die Fahne, eine Technologie zu entwickeln, die ausschließlich auf Abfällen aufbaut. Das Gespräch macht deutlich, dass darin auch enthalten ist, dass die Produktion umweltverträglicher ist und Transportwege wegfallen, was die Umwelt weiter entlastet. Wenn alle Vorrausetzungen für die Umsetzung dieses Traums geschaffen sind und ein qualitativ, wie preislich konkurrenzfähiges Produkt auf den Markt gebracht werden kann, dann muss der Konsument entscheiden. Hier hätte man dann das glaubwürdige Argument der Nachhaltigkeit und eines sozial-, wie umwelttechnisch fairen Verfahrens. Um die PR müsste Circularity sich dann keine Sorgen machen.

Man muss der Sache Zeit und vor allem Aufmerksamkeit geben. Aber vielleicht sollte die Industrie sich genau hier und jetzt engagieren und in solche Startups investieren und dafür sorgen, dass Probleme aus dem Weg geräumt werden, denn eines ist uns in diesem Gespräch klargeworden:
Es könnte alles so einfach sein. Kreislaufwirtschaft ist machbar, aber der Weg dorthin noch kostspielig und steinig. Deshalb wünschen wir Robert und seinem Team viel Erfolg und vor allem Durchhaltevermögen. Danke für das Gespräch.

Kurz und knapp: das Profil des Unternehmens im beigefügten Factsheet zum Download.

 

 

Shirt, das die Atmung überwacht Bild EMPA
28.12.2022

Wearables für die Gesundheit: Sensoren zum Anziehen

Stilvolle Sensoren zum Anziehen
Mit Sensoren, die am Körper getragen werden und Gesundheitsparameter messen, lassen wir Technik ganz nah an uns heran. Dass die medizinische Überwachung beispielsweise der Atemtätigkeit auch stilvoll als Shirt tragbar ist, zeigt eine Kooperation der Empa und der Designerin Laura Deschl, die von der Ostschweizer «Textile and Design Alliance» (TaDA) gefördert wird.
 

Stilvolle Sensoren zum Anziehen
Mit Sensoren, die am Körper getragen werden und Gesundheitsparameter messen, lassen wir Technik ganz nah an uns heran. Dass die medizinische Überwachung beispielsweise der Atemtätigkeit auch stilvoll als Shirt tragbar ist, zeigt eine Kooperation der Empa und der Designerin Laura Deschl, die von der Ostschweizer «Textile and Design Alliance» (TaDA) gefördert wird.
 
Der Wunsch nach einem gesunden Lebensstil hat in unserer Gesellschaft einen Trend zum «Self-Tracking» ausgelöst. Vitalwerte sollen jederzeit abrufbar sein, etwa um Trainingseffekte konsequent zu messen. Gleichzeitig ist bei der kontinuierlich wachsenden Bevölkerungsgruppe der über 65-Jährigen der Wunsch, bis ins hohe Alter leistungsfähig zu bleiben, stärker denn je. Präventive, gesundheitserhaltende Maßnahmen müssen hierbei kontrolliert werden, sollen sie das gewünschte Ergebnis erzielen. Die Suche nach Messsystemen, die entsprechende Gesundheitsparameter zuverlässig ermitteln, läuft auf Hochtouren. Neben dem Freizeitbereich benötigt die Medizin geeignete und verlässliche Messsysteme, die eine effiziente und wirksame Betreuung von immer mehr Menschen im Spital oder zuhause ermöglichen. Denn die Zunahme von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislaufproblemen oder Atemwegserkrankungen belastet das Gesundheitssystem.

Empa-Forschende um Simon Annaheim vom «Biomimetic Membranes and Textiles» Labor in St. Gallen entwickeln daher Sensoren für die Überwachung des Gesundheitszustandes, etwa für einen Diagnostik-Gurt, der auf flexiblen Sensoren mit elektrisch leitfähigen bzw. lichtleitenden Fasern basiert. Für die Akzeptanz einer kontinuierlichen medizinischen Überwachung bei den Patientinnen und Patienten können aber ganz andere, weniger technisch geprägte Eigenschaften entscheidend sein: So müssen die Sensoren angenehm zu tragen und einfach zu handhaben sein – und im Idealfall auch noch gut aussehen.
    
Diesen Aspekt greift ein Kooperationsprojekt zwischen der «Textile and Design Alliance», kurz TaDA, in der Ostschweiz und der Empa auf. Hierbei wurden Möglichkeiten aufgezeigt, wie textile Sensoren in Kleidungsstücke integriert werden können. Dabei stand neben der technischen Zuverlässigkeit und einem hohen Tragekomfort auch das Design der Kleidungsstücke im Zentrum. Die interdisziplinäre TaDA-Designerin Laura Deschl arbeitete elektrisch leitfähige Fasern in ein Shirt ein, die ihren Widerstand je nach Dehnung verändern. Damit kann das Shirt überwachen, wie stark sich Brustkorb und Bauch der Probanden beim Atmen heben und senken, was Rückschlüsse auf die Atemaktivität erlaubt. Eine kontinuierliche Überwachung der Atemtätigkeit ist speziell bei Patientinnen und Patienten während der Aufwachphase nach einer Operation sowie bei Patientinnen, die mit Schmerzmitteln behandelt werden, von Interesse. Auch für Patientinnen mit Atemproblemen wie Schlafapnoe oder Asthma könnte ein solches Shirt hilfreich sein. Zusätzlich stickte Deschl elektrisch leitfähige Fasern der Empa ins Shirt ein, die für die Verbindung zum Messgerät benötigt werden und die optisch in das Muster des Shirts integriert wurden.
 
Die «Textile and Design Alliance» ist ein Pilotprogramm der Kulturförderung der Kantone Appenzell Ausserrhoden, St. Gallen und Thurgau, um die Zusammenarbeit zwischen Kulturschaffenden aus aller Welt und der Textilindustrie zu fördern. Über internationale Ausschreibungen werden Kulturschaffende aller Sparten zu einem dreimonatigen Arbeitsaufenthalt in der Ostschweizer Textilwirtschaft eingeladen.
Das TaDA-Netzwerk umfasst 13 Kooperationspartner – Textilunternehmen, Kultur-, Forschungs- und Bildungsinstitutionen – und bietet den Kulturschaffenden dadurch direkten Zugang zu hochspezialisiertem Know-how und technischen Produktionsmitteln, um vor Ort an ihren textilen Projekten arbeiten, forschen und experimentieren. Diese künstlerische Kreativität wird den Partnern wiederum im Austausch als innovatives Potenzial zugänglich gemacht.

Während der Projektphase wurde Laura Deschl von Schoeller Textil AG (Rohware), Lobra (Transferdruck) und dem Saurer Museum (leitfähige Stickerei) bei der Realisierung des Prototyps unterstützt. Zudem erhielt sie fachliche Begleitung bezüglich der Druckqualität durch Martin Leuthold. Ideen für eine Weiterführung des Projekts sind bereits vorhanden; sie zielen auf eine smarte Patientenbekleidung ab, die die wichtigsten physiologischen Parameter ohne zusätzliche Sensorik erfassen und messen kann.

Foto: pixabay
03.05.2022

Auf dem Weg zur CO2-Neutralität: Reduktionstechnologien und Messwerkzeuge

Immer mehr Sport- und Modemarken setzen sich zum Ziel, in den nächsten Jahren klimaneutral zu werden, auf Firmen- wie Produktebene. Die CO2-Bilanz dient dabei als Ausgangspunkt für nachhaltige Bekleidung und mehr Verbrauchertransparenz.

Dieser Prozess beginnt bei den Materialien, die Textilproduzenten liefern, und erfordert Kenntnisse über die Menge an CO2, die während der Produktion emittiert wird. Durch die Bewertung und Quantifizierung der CO2-Emissionen gewinnt die Industrie an Transparenz und kann nachhaltigere Optionen wählen.

Immer mehr Sport- und Modemarken setzen sich zum Ziel, in den nächsten Jahren klimaneutral zu werden, auf Firmen- wie Produktebene. Die CO2-Bilanz dient dabei als Ausgangspunkt für nachhaltige Bekleidung und mehr Verbrauchertransparenz.

Dieser Prozess beginnt bei den Materialien, die Textilproduzenten liefern, und erfordert Kenntnisse über die Menge an CO2, die während der Produktion emittiert wird. Durch die Bewertung und Quantifizierung der CO2-Emissionen gewinnt die Industrie an Transparenz und kann nachhaltigere Optionen wählen.

Die PERFORMANCE DAYS München und Functional Fabric Fair by PERFORMANCE DAYS Portland suchen über drei Messen hinweg gezielt Antworten auf die Frage „Wie lassen sich zukünftig CO2-Emissionen einsparen?“. Der Schwerpunkt „Auf dem Weg zur CO2-Neutralität“ rückt deswegen ab der Frühjahrsmesse, die Anfang April in Portland, Oregon stattfand, sowie vom 27. bis 28. April 2022 auf dem Messegelände München, über die Wintermesse im Oktober/November, bis zur Messe im Frühjahr 2023 Stoffe und Fasern in den Mittelpunkt, die Lösungen bereitstellen, wie man in Zukunft klimaneutral Materialien herstellen und wiederverarbeiten kann.

Wenn heute von Umweltschutz und Klimawandel die Rede ist, fällt immer wieder im Zusammenhang mit CO2-Emissionen, CO2-Reduzierung auch der Begriff CO2-Neutralität. Doch was genau bedeutet CO2-Neutralität eigentlich? Klimaneutralität bedeutet, ein Gleichgewicht zwischen Kohlenstoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre in Kohlenstoffsenken herzustellen. Um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, müssen alle Treibhausgasemissionen weltweit durch Kohlenstoffbindung ausgeglichen werden. Zu den Branchen, die weltweit mit am meisten CO2-Emissionen verursachen, zählt auch die Mode- und Sportbekleidungsindustrie.

Will man ihre Emissionen über alle Stufen der Wertschöpfung hinweg betrachten, so lohnt es sich, über Rohstoffe, Produktion, Logistik und Handel hinaus zu blicken. Auch das Verhalten der Konsumenten kann die Emissionen beeinflussen: Laut dem von der Global Fashion Agenda und McKinsey Ende August 2020 „Fashion on Climate“- Report liegt ein noch größerer Hebel bei den Produkten: 61 Prozent der Emissionsverringerung könnten durch CO2-Reduzierung in der Materialproduktion und -verarbeitung, die Minimierung von Produktions- und Herstellungsabfällen und bei der Bekleidungsherstellung erreicht werden. Bis 2030 wären das etwa 1 Milliarde Tonnen jährlich. Und schließlich ist es auch das Verbraucherverhalten, das sich auf die Klimabilanz der Modebranche auswirkt. Wenn noch mehr auf nachhaltige Bekleidung geachtet und wieder- und länger verwendet wird, kann dies laut dem Report zu einer Emissionsverringerung von 347 Millionen Tonnen führen.

Ein deutliches Beispiel auf dem Weg in Richtung Nachhaltigkeit war die Entscheidung der PERFORMANCE DAYS, ab der Messeveranstaltung im November 2019 nur noch nachhaltige Materialien im PERFORMANCE FORUM zu zeigen. Nun wird der nachhaltige Ansatz noch zusätzlich verstärkt. Im Rahmen einer Roadmap will man mit dem neuen Focus Topic über drei Messen hinweg, Aussteller auf ihrem Weg zur Klimaneutralität begleiten. Dabei verfolgen die PERFORMANCE DAYS und Functional Fabric Fair einen 3 Stufen Plan.  

  • Schritt 1, April 2022: Der Fokus der letzten Messe lag auf CO2-reduzierenden Technologien und der Messung des CO2-Fußabdrucks eines Produkts.
  • Schritt 2, November 2022: In der gesamten Produktkategorie des Focus Topics werden ausschließlich Produkte gezeigt, die die bei der Herstellung verursachten CO2-Emissionen angeben und so zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in der Branche beitragen.
  • Schritt 3, April 2023: Im PERFORMANCE FORUM soll die Menge des emittierten CO2 jedes einzelnen Produkts dargestellt werden. Darüber hinaus werden Lösungsansätze gezeigt, wie CO2, das bei der Herstellung von Materialien freigesetzt wird, kompensiert und weiter reduziert werden kann.

Zur bestmöglichen Umsetzung und Präsentation des neuen Focus Topics arbeiten die PERFORMANCE DAYS und Functional Fabric Fair mit verschiedenen Partnern zusammen: Higg und Climate Partner werden die drei Messen begleiten. Der Higg Materials Sustainability Index (Higg MSI) gilt als führendes Instrument zur Bewertung der Umweltauswirkungen von Materialien in der Bekleidungs-, Schuh- und Textilindustrie. Der Higg MSI kann die Umweltauswirkungen von Millionen möglicher Materialherstellungsvarianten berechnen. Auch eine Verpackungsbibliothek wurde hinzugefügt, mit der nachhaltige Entscheidungen im Verpackungsbereich getroffen werden können. Demnach ist der Higg Index kein Zertifikat oder Label, sondern ein wichtiges Self-Assessment-Tool, das textile Firmen intern einsetzen können, um ökologische und soziale Probleme in ihrer gesamten Wertschöpfungskette identifizieren und verbessern zu können.

Climate Partner wiederum sucht Lösungen für Klimaschutz: Dabei werden CO2-Emissionen bilanziert – diese wiederum sollen die Emissionen von Unternehmen mit anerkannten Klimaschutzprojekten ausgleichen, um Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen klimaneutral zu stellen. Climate Partner sieht sich zudem als Berater von Unternehmen bei ihren Klimaschutzstrategien. Zusammen will man daran arbeiten, CO2-Emissionen zu reduzieren und Klimaschutzprojekte unterstützen, die immer auch den Alltag der Menschen in Entwicklungsländern fördern. 

Weitere Informationen:
Performance Days CO2 Sportbekleidung Messe
Quelle:

PERFORMANCE DAYS

Nicolas Meletiou, Pixabay
01.03.2022

Textilien und die Umwelt: die Rolle des Designs in Europas Kreislaufwirtschaft

Aus der Sicht des europäischen Verbrauchs haben Textilien im Durchschnitt die viertgrößten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel, nach Lebensmitteln, Wohnraum und Mobilität. Eine Umstellung auf ein zirkuläres Produktions- und Verbrauchssystem für Textilien mit längerer Nutzungsdauer und mehr Wiederverwendung und Recycling könnte diese Auswirkungen zusammen mit einer Reduzierung des Gesamtverbrauchs verringern. Eine wichtige Maßnahme ist ein kreislauffähiges Design (Circular Design) von Textilien, um die Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwertbarkeit von Produkten zu verbessern und die Verwendung von Sekundärrohstoffen in neuen Produkten zu gewährleisten.

Aus der Sicht des europäischen Verbrauchs haben Textilien im Durchschnitt die viertgrößten negativen Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel, nach Lebensmitteln, Wohnraum und Mobilität. Eine Umstellung auf ein zirkuläres Produktions- und Verbrauchssystem für Textilien mit längerer Nutzungsdauer und mehr Wiederverwendung und Recycling könnte diese Auswirkungen zusammen mit einer Reduzierung des Gesamtverbrauchs verringern. Eine wichtige Maßnahme ist ein kreislauffähiges Design (Circular Design) von Textilien, um die Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwertbarkeit von Produkten zu verbessern und die Verwendung von Sekundärrohstoffen in neuen Produkten zu gewährleisten.

Kernaussagen
Im Jahr 2019 erzielte der Textil- und Bekleidungssektor der EU einen Umsatz von 162 Mrd. EUR und beschäftigte über 1,5 Millionen Menschen in 160 000 Unternehmen. Wie in vielen anderen Branchen hat die COVID-19-Krise zwischen 2019 und 2020 zu einem Umsatzrückgang von 9 % für Textilien insgesamt und von 17 % für Bekleidung geführt.

  • Im Jahr 2020 hatte der Textilkonsum in Europa im Durchschnitt die vierthöchsten Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel aus einer globalen Lebenszyklusperspektive. Er war der Verbrauchsbereich mit den dritthöchsten Auswirkungen auf Wasser- und Landnutzung und den fünfthöchsten in Bezug auf den Rohstoffverbrauch und die Treibhausgasemissionen.
  • Um die Umweltauswirkungen von Textilien zu verringern, ist eine Umstellung auf zirkuläre Geschäftsmodellen, einschließlich kreislauffähigen Designs (Circular Design), entscheidend. Dazu sind technische, soziale und geschäftsmodellbezogene Innovationen erforderlich, aber auch Verhaltensänderungen und politische Unterstützung.
  • Kreislauffähiges Design (Circular Design) ist ein wichtiger Wegbereiter für den Übergang zu einer nachhaltigen Produktion und einem nachhaltigen Verbrauch von Textilien durch Kreislaufgeschäftsmodellen. Die Entwurfsphase spielt bei jedem der vier Wege zur Verwirklichung einer kreislauffähigen Textilbranche eine entscheidende Rolle: Langlebigkeit und Haltbarkeit, optimierte Ressourcennutzung, Sammlung und Wiederverwendung sowie Recycling und Materialnutzung.

Textilien werden im EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft als eine der wichtigsten Wertschöpfungsketten bezeichnet und in der bevorstehenden EU-Strategie 2022 der Europäischen Kommission für nachhaltige und kreislauffähige Textilien und der EU-Initiative für nachhaltige Produkte behandelt. Dieses Briefing zielt darauf ab, das Verständnis der Umwelt- und Klimaauswirkungen von Textilien aus einer europäischen Perspektive zu verbessern und Gestaltungsprinzipien und Maßnahmen zur Erhöhung der Kreislauffähigkeit von Textilien zu identifizieren. Es stützt sich auf einen Bericht des „European Topic Centre on Circular Economy and Resource Use“ der EUA, der hier (auf Englisch) verfügbar ist.

1. Produktion, Handel und Verbrauch von Textilien
Textilien sind ein wichtiger Wirtschaftszweig in der EU. Im Jahr 2019 erwirtschaftete der Textil- und Bekleidungssektor der EU einen Umsatz von 162 Mrd. EUR und beschäftigte über 1,5 Millionen Menschen in 160.000 Unternehmen. Wie in vielen anderen Branchen ging der Umsatz zwischen 2019 und 2020 aufgrund der Gesundheits- und Wirtschaftskrise COVID-19 bei Textilien insgesamt um 9 % und bei Bekleidung um 17 % zurück (Euratex, 2021).

Verbrauch
Die europäischen Haushalte verbrauchen große Mengen an Textilwaren. Im Jahr 2019 gaben die Europäerinnen und Europäer wie schon 2018 im Durchschnitt 600 EUR für Bekleidung, 150 EUR für Schuhe und 70 EUR für Heimtextilien aus (Köhler et al., 2021; Eurostat, 2021b).

Die Reaktion auf die COVID-19-Pandemie, die mit Maßnahmen zum zu Hause bleiben und der Schließung von Unternehmen sowie Geschäften einherging, führte insgesamt zu einem Rückgang der Textilproduktion und der Nachfrage (Euratex, 2021). Infolgedessen ging der Pro-Kopf-Verbrauch von Bekleidung und Schuhen im Jahr 2020 gegenüber 2019 zurück, während der Verbrauch von Heimtextilien leicht anstieg. Der durchschnittliche Textilverbrauch pro Person belief sich im Jahr 2020 auf 6,0 kg Bekleidung, 6,1 kg Heimtextilien und 2,7 kg Schuhe (siehe Abbildung 1).

Abgesehen von diesem COVID-bedingten Rückgang des Verbrauchs im Jahr 2020 blieb der geschätzte Verbrauch von Bekleidung und Schuhen in den letzten zehn Jahren relativ konstant, mit leichten Schwankungen zwischen den Jahren (siehe Abbildung 2). Gleiches gilt für den Verbrauch von Heimtextilien, mit einem leichten Anstieg im Laufe des Jahrzehnts.

Bei der Berechnung des "geschätzten Verbrauchs" auf der Grundlage von Produktions- und Handelsdaten aus dem Jahr 2020, ausgenommen sind industrielle/technische Textilien und Teppiche, liegt der Gesamttextilverbrauch bei 15 kg pro Person und Jahr, die sich im Durchschnitt wie folgt zusammensetzen:

  • 6,0 kg Bekleidung
  • 6,1 kg Heimtextilien
  • 2,7 kg Schuhe.

2. Umwelt- und Klimaauswirkungen von Textilien
Die Produktion und der Konsum von Textilien haben erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und den Klimawandel. Umweltauswirkungen in der Produktionsphase ergeben sich aus dem Anbau und der Produktion von Naturfasern wie Baumwolle, Hanf und Leinen (z. B. Nutzung von Land und Wasser, Düngemittel und Pestizide) und aus der Produktion von Kunstfasern wie Polyester und Elastan (z. B. Energieverbrauch, chemische Ausgangsstoffe) (ETC/WMGE, 2021b). Die Herstellung von Textilien erfordert große Mengen an Energie und Wasser und verwendet eine Vielzahl von Chemikalien in verschiedenen Produktionsprozessen. Vertrieb und Einzelhandel sind für Transportemissionen und Verpackungsabfälle verantwortlich.

Bei der Nutzung und Pflege - Waschen, Trocknen und Bügeln - werden Strom, Wasser und Waschmittel benötigt. Auch Chemikalien und Mikrofasern werden in das Abwasser abgegeben. Gleichzeitig tragen Textilien mit erheblichen Mengen zu Textilabfällen bei. Am Ende ihrer Lebensdauer landen Textilien oft im allgemeinen Abfall und werden verbrannt oder deponiert. Bei der getrennten Sammlung von Textilabfällen werden die Textilien je nach ihrer Qualität und Materialzusammensetzung sortiert und wiederverwendet, recycelt oder entsorgt. Im Jahr 2017 wurde geschätzt, dass weniger als 1 % aller Textilien weltweit zu neuen Produkten recycelt werden (Ellen MacArthur Foundation, 2017).

Um das Ausmaß der Auswirkungen des Textilverbrauchs auf den Rohstoffverbrauch, die Wasser- und Flächennutzung und die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu anderen Verbrauchskategorien zu veranschaulichen, hat die Europäische Umweltagentur ihre Berechnungen der Umwelt- und Klimaauswirkungen des Lebenszyklus in der EU aktualisiert. Verwendet wurden Input-Output-Modelle auf der Grundlage von Daten aus der Exiobase-Datenbank und von Eurostat. Im Einklang mit dem geringeren Textilverbrauchsniveau im Jahr 2020 aufgrund der COVID-19-Pandemie sind die Umweltauswirkungen von 2019 auf 2020 zurückgegangen.

Verwendung von Rohstoffen
Für die Textilproduktion werden große Mengen an Rohstoffen eingesetzt. Für die Herstellung aller von den EU-Haushalten im Jahr 2020 gekauften Bekleidung, Schuhe und Heimtextilien wurden schätzungsweise 175 Millionen Tonnen Primärrohstoffe verwendet, was rund 391 kg pro Person entspricht. Etwa 40 % davon entfallen auf Kleidung, 30 % auf Heimtextilien und 30 % auf Schuhe. Damit sind Textilien die fünftgrößte Verbrauchskategorie in Europa in Bezug auf den Primärrohstoffverbrauch (siehe Abbildung 3).

Zu den Rohstoffen gehören alle Arten von Materialien, die bei der Herstellung von Natur- und Kunstfasern verwendet werden, wie fossile Brennstoffe, Chemikalien und Düngemittel. Dazu gehören auch alle Baumaterialien, Mineralien und Metalle, die für den Bau von Produktionsanlagen verwendet werden. Auch der Transport und der Handel mit den Textilwaren sind eingeschlossen. Nur 20 % dieser Primärrohstoffe werden in Europa hergestellt oder gewonnen, der Rest wird außerhalb Europas gewonnen.

Dies zeigt den globalen Charakter der textilen Wertschöpfungskette und die hohe Ab-hängigkeit des europäischen Verbrauchs von Importen. Dies bedeutet, dass 80 % der durch den europäischen Textilkonsum verursachten Umweltauswirkungen außerhalb Europas stattfinden. So finden beispielsweise der Baumwollanbau, die Faserproduktion und die Bekleidungsherstellung hauptsächlich in Asien statt (ETC/WMGE, 2019).

Wasserverbrauch
Für die Herstellung und Verarbeitung von Textilien werden große Mengen an Wasser benötigt. Bei der Wassernutzung wird zwischen "blauem" Wasser (Oberflächenwasser oder Grundwasser, das bei der Bewässerung, bei industriellen Prozessen oder im Haushalt verbraucht wird oder verdunstet) und "grünem" Wasser (im Boden gespeichertes Regenwasser, das in der Regel zum Anbau von Pflanzen verwendet wird) unterschieden (Hoekstra et al., 2012).
 
Für die Herstellung aller von den EU-Haushalten im Jahr 2020 gekauften Bekleidung, Schuhe und Heimtextilien wurden etwa 4.000 Millionen m³ blaues Wasser benötigt, das sind 9 m³ pro Person, womit der Wasserverbrauch für Textilien an dritter Stelle nach Lebensmitteln sowie Freizeit und Kultur steht (siehe Ab-bildung 4).

Zusätzlich wurden etwa 20.000 Millionen m³ grünes Wasser verwendet, hauptsächlich für die Baumwollproduktion, was 44 m³ pro Person entspricht. Blaues Wasser wird zu etwa gleichem Anteil für die Herstellung von Kleidung (40 %), Schuhen (30 %) sowie Heim- und anderen Textilien (30 %) verwendet. Grünes Wasser wird hauptsächlich für die Herstellung von Kleidung (fast 50 %) und Heimtextilien (30 %) ver-braucht, wobei die Baumwollproduktion den größten Anteil hat.

Der Wasserverbrauch für in Europa verbrauchte Textilien findet größtenteils außerhalb Europas statt. Es wird geschätzt, dass für die Herstellung von 1 kg Baumwolle etwa 10 m³ Wasser benötigt werden, in der Regel außerhalb Europas (Chapagain et al., 2006).

Landnutzung
Die Herstellung von Textilien, insbesondere von Naturtextilien, erfordert große Mengen an Land. Der Flächenverbrauch in der Lieferkette für Textilien, die von europäischen Haushalten im Jahr 2020 gekauft werden, wird auf 180.000 km² geschätzt, das sind 400 m² pro Person. Nur 8 % der verbrauchten Flächen befinden sich in Europa. Über 90 % der Auswirkungen auf die Flächennutzung finden außerhalb Europas statt, hauptsächlich im Zusammenhang mit der (Baumwoll-)Faserproduktion in China und Indien (ETC/WMGE, 2019). Fasern auf Tierbasis, wie Wolle, haben ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die Landnutzung (Lehmann et al., 2018). Damit ist der Textilsektor der Sektor mit den dritthöchsten Auswirkungen auf die Flächennutzung, nach Nahrungsmitteln und Wohnraum (siehe Abbildung 5). Davon fallen 43 % auf Kleidung, 35 % auf Schuhe (einschließlich Lederschuhen, die aufgrund des Bedarfs an Viehweiden eine hohe Auswirkung auf die Landnutzung haben) und 23 % auf Heim- und andere Textilien.

Treibhausgasemissionen
Die Herstellung und der Verbrauch von Textilien verursachen Treibhausgasemissionen, insbesondere durch die Gewinnung von Ressourcen, die Produktion, das Waschen und Trocknen sowie die Abfallverbrennung. Im Jahr 2020 verursachte die Herstellung von Textilwaren, die in der EU konsumiert wurden, Treibhausgasemissionen von insgesamt 121 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent (CO2e), was 270 kg CO2e pro Person entspricht. Damit sind Textilien der Verbrauchsbereich der Haushalte, der für die fünftgrößten Auswirkungen auf den Klimawandel verantwortlich ist, nach Wohnen, Ernährung, Verkehr und Mobilität sowie Freizeit und Kultur (siehe Abbildung 6). Davon entfallen 50 % auf Kleidung, 30 % auf Haushalts- und andere Textilien und 20 % auf Schuhe. Die Treibhausgasemissionen wirken sich zwar weltweit aus, aber fast 75 % werden außerhalb Europas freigesetzt, vor allem in den wichtigen textilproduzierenden Regionen in Asien (ETC/WMGE, 2019).

Etwa 80 % der gesamten Klimaauswirkungen von Textilien entstehen in der Produktionsphase. Weitere 3 % entstehen im Vertrieb und Einzelhandel, 14 % in der Nutzungsphase (Waschen, Trocknen und Bügeln) und 3 % am Ende des Lebenszyklus (Sammlung, Sortierung, Recycling, Verbrennung und Entsorgung) (ECOS, 2021; Östlund et al., 2020).

Textilien aus Naturfasern, wie z. B. Baumwolle, haben im Allgemeinen die geringsten Klimaauswirkungen. Textilien aus synthetischen Fasern (insbesondere Nylon und Acryl) haben im Allgemeinen eine höhere Klimabelastung, da sie aus fossilen Brennstoffen hergestellt werden und bei der Produktion Energie verbraucht wird (ETC/WMGE, 2021b; Beton et al., 2014).

3. Design als Wegbereiter für zirkuläre Geschäftsmodelle für Textilien
Um die Auswirkungen von Textilien auf die Umwelt und den Klimawandel zu verringern, ist die Umstellung auf zirkuläre Geschäftsmodelle von entscheidender Bedeutung, um Rohstoffe, Energie, Wasser und Landnutzung, Emissionen und Abfall einzusparen (ETC/WMGE, 2019). Die Umsetzung und Skalierung von Kreislaufwirtschaftsmodellen erfordert technische, soziale und geschäftsmodellbezogene Innovationen sowie die Förderung von Politik, Konsum und Bildung (EUA, 2021).

Kreislauffähiges Design ist ein wichtiger Bestandteil von zirkulären Geschäftsmodellen für Textilien. Es kann eine höhere Qualität, eine längere Lebensdauer, eine bessere Nutzung von Materialien und bessere Optionen für Wiederverwendung und Recycling gewährleisten. Während es wichtig ist, das Recycling und die Wiederverwendung von Materialien zu ermöglichen, sollten lebensverlängernde Strategien, wie z. B. Design für Langlebigkeit, einfache Wiederverwendung, Reparatur und Wiederaufbereitung, Vorrang haben. Die Vermeidung der Verwendung gefährlicher Chemikalien und die Begrenzung der Schadstoffemissionen und der Freisetzung von Mikroplastik in allen Phasen des Lebenszyklus sollten in die Produktgestaltung einbezogen werden.

Das Design für Kreislaufwirtschaft ist die jüngste Entwicklung im Design für Nachhaltigkeit. Die Ausweitung eines technischen und produktorientierten Fokus auf Veränderungen auf Systemebene (unter Berück-sichtigung von Produktions- und Verbrauchssystemen) zeigt, dass diese jüngste Entwicklung viel mehr Disziplinen erfordert als das traditionelle technische Design. Das Produktdesign als Bestandteil eines kreislauforientierten Geschäftsmodells hängt vom Verbraucherverhalten und den Richtlinien ab, um sein Potenzial auszuschöpfen und seine Umsetzung zu ermöglichen. Abbildung 7 zeigt die Zusammenhänge zwischen dem Kreislaufwirtschaftsmodell, dem Produktdesign, dem Verbraucherverhalten und den Richtlinien. Sie alle sind notwendig, um den Zyklus zu verlangsamen und zu schließen, damit er kreislauffähig wird.

Quelle:

Europäische Umweltagentur
Übersetzung durch Textination

(c) Schoeller Textil AG
18.01.2022

Eine Jacke aus einer Jacke aus einer Jacke …

Herstellen, tragen, waschen, verbrennen: Dieser typische Lebenslauf von Kleidungsstücken, der die Umwelt belastet, soll in Zukunft verändert werden – hin zu kreislauf-wirtschaftlichen Prinzipien mit Recycling. An einer Outdoor-Jacke aus PET-Flaschen und Recyclingmaterial haben Empa-Forschende untersucht, ob das Produkt tatsächlich hält, was die Idee verspricht.

Auf den ersten Blick eine normale Regenjacke. Drei Schichten Polyester, innen ein Futter, darüber eine wasserdampf-durchlässige Membran und aussen wasserabweisendes Gewebe, mit einer Kapuze. Doch der Reissverschluss lässt stutzen. Statt in Kragenhöhe zu enden, zieht er sich hoch bis über die Stirn … – wer würde ihn soweit zuziehen?

Herstellen, tragen, waschen, verbrennen: Dieser typische Lebenslauf von Kleidungsstücken, der die Umwelt belastet, soll in Zukunft verändert werden – hin zu kreislauf-wirtschaftlichen Prinzipien mit Recycling. An einer Outdoor-Jacke aus PET-Flaschen und Recyclingmaterial haben Empa-Forschende untersucht, ob das Produkt tatsächlich hält, was die Idee verspricht.

Auf den ersten Blick eine normale Regenjacke. Drei Schichten Polyester, innen ein Futter, darüber eine wasserdampf-durchlässige Membran und aussen wasserabweisendes Gewebe, mit einer Kapuze. Doch der Reissverschluss lässt stutzen. Statt in Kragenhöhe zu enden, zieht er sich hoch bis über die Stirn … – wer würde ihn soweit zuziehen?

Die Erklärung liefert Annette Mark vom Textilhersteller BTK Europe, die an diesem Produkt mitgewirkt hat. Der Reissverschluss soll optisch auffallen – und dient vor allem dem Recycling: Festgenäht mit einem Garn, das sich in kochendem Wasser auflöst, lässt er sich leichter entfernen als zwei Verschlüsse. «Einmal ziehen, fertig», sagt die Expertin für Textilien und Recycling. Auch die hellgrüne Farbe entsteht durch Recycling: das Rohmaterial, ein Granulat aus einem Gemisch unterschiedlicher, aber sortenreiner Textilien, ist dunkelgrün – und das Aufschmelzen und Ausspinnen des Materials für neue Garne hellt es auf.

Kreislaufwirtschaft in der Textilindustrie
Magnetknöpfe, Nähte, Säume: Jedes Detail der Jacke folgt dem «Design2Recycle»-Ansatz, wie es auf der Webseite von «Wear2wear» heisst. Zu diesem Konsortium haben sich sechs Firmen aus Europas Textilbranche vereint, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Schliesslich enden mehr als 70 Prozent aller weltweit produzierten Textilien auf einer Deponie oder in der Müllverbrennung, ohne rezykliert zu werden.

Was kann Kreislaufwirtschaft in dieser Branche ausrichten? Ein Team der Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft» hat die Jacke und ihre Umweltwirkungen genauer angeschaut – mit Hilfe einer Lebenszyklus-Analyse über eine Gebrauchsdauer von vier Jahren; dreimaliges Waschen eingerechnet. Die Kandidaten: eine ohne kreislaufwirtschaftliche Methoden produzierte Variante, die «Startversion» der seit 2019 erhältlichen Jacke in blauer Farbe – mit einer Aussenschicht aus Polyester, das aus dem Material gebrauchter PET-Flaschen stammt – und die grüne Version aus dem nachfolgenden Recycling-Prozess, in der unvermeidliche Materialverluste durch neues Polyester ersetzt sind.

Die Analysen der Empa-Forschenden zeigen, dass die Recyclingprodukte besser abschneiden – in elf untersuchten Umweltrisiko-Kategorien, darunter Erderwärmung, Toxizität für Ökosysteme und Wasserknappheit. Auffällig grosse Vorteile zeigen sich etwa bei der Luftverschmutzung, weil ohne Verbrennung weniger Schadstoffe freigesetzt werden. Und bei der Wasserknappheit, vor allem bei der grünen Jacke nach der ersten Recycling-«Schleife», für die keine PET-Flaschen mehr verwendet werden.

Weitere Einsichten aus den Analysen: Beim Treibhauseffekt liegt der maximale Umweltnutzen bei gut 30 Prozent. Und die Verwendung von PET-Flaschen bringt für die Bilanz keine grossen Vorteile. Entscheidend ist dagegen die Zahl der Rezyklierdurchgänge zu immer neuen Jacken: Die Bilanz verbessert sich von Jacke zu Jacke – vorausgesetzt, die Qualität des Polyesters bleibt hoch genug.

In der Praxis ist das anspruchsvoll, wie Mark erklärt: Je nach Herkunft unterscheidet sich das Rohmaterial teils deutlich. Wurden die Fasern mit bestimmten Hilfsstoffen beschichtet, können die Düsen der Spinnmaschinen verstopfen. Und allgemein sinkt die Qualität mit der Anzahl der Rezyklierungen: unregelmässigere Strukturen des Garns und geringere Festigkeit.

Annette Marks Fazit zu den Empa-Analysen: «sehr realistisch» und nützlich für Verbesserungen. «Die Zusammenarbeit war sehr angenehm», sagt sie, «volle Transparenz und keine Kompromisse.» Auch die Forschenden fanden die Kooperation fruchtbar. «Eine offene Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist enorm wichtig», sagt das ehemalige Teammitglied Gregor Braun, der die Empa mittlerweile verlassen hat und nun als Berater für Nachhaltigkeit arbeitet. «Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft können gut miteinander harmonieren.»

Ob die Jacke ein Markterfolg wird? «Die Textilbranche ist im Umbruch. Es findet ein Umdenken statt, das wir nicht verpassen sollten», sagt Annette Mark. Doch Grosskonzerne, die bereits ähnliche Produkte entwickeln, «haben ganz andere Möglichkeiten». Immerhin sind Gespräche mit einem Hersteller von Sportbekleidung im Gange – für eine Fleece-Jacke, bei der auch die Erkenntnisse der Empa helfen könnten.

Mikroplastikfasern aus Textilien
Textilien aus Polyester sind wegen der Freisetzung von Mikroplastikfasern – etwa beim Waschen – in den Schlagzeilen, was zuweilen als Gefahr für Mensch und Umwelt dargestellt wird. Empa-Fachleute haben Entstehung und Freisetzung von Mikroplastikfasern untersucht. Die Ergebnisse: Fasern werden vor allem an Stoffrändern freigesetzt. Ihre Entstehung und Freisetzung hängt unter anderem von der Art der Faser ab, von Oberflächenbehandlung und der Art des Schneidens. Aus lasergeschnittenen Textilien werden gegenüber anderen beim Waschen deutlich weniger Fasern freigesetzt. Die Empa forscht mit Industriepartnern daran, die Entstehung dieser Fasern bei der Herstellung weiter zu reduzieren. In Schweizer Kläranlagen werden Mikrofasern allerdings grösstenteils aus dem Abwasser entfernt und mit dem Klärschlamm verbrannt.

Weitere Informationen:
Empa PET Recycling polyester
Quelle:

EMPA, Norbert Raabe

Foto: pixabay
04.01.2022

EU Projekt: Kreislaufwirtschaft und innovatives Recycling von Textilien

Das dreijährige im Rahmen des Programms Horizon 2020 EU-finanzierte Projekt SCIRT steht für "System Circularity & Innovative Recycling of Textiles" und wird von VITO, einer unabhängigen flämischen Forschungsorganisation im Bereich Cleantech und nachhaltige Entwicklung, koordiniert.

Ziel des Projekts ist die Darstellung eines vollständigen Textil-zu-Textil-Recyclingsystems für ausrangierte Kleidung - oder Post-Consumer-Textilien - unter Einbeziehung aller Akteure der Wertschöpfungskette und mit Schwerpunkt auf dem Recycling von Naturfasern, Kunstfasern und Fasermischungen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich das Projekt vier Hauptziele gesetzt.

Das dreijährige im Rahmen des Programms Horizon 2020 EU-finanzierte Projekt SCIRT steht für "System Circularity & Innovative Recycling of Textiles" und wird von VITO, einer unabhängigen flämischen Forschungsorganisation im Bereich Cleantech und nachhaltige Entwicklung, koordiniert.

Ziel des Projekts ist die Darstellung eines vollständigen Textil-zu-Textil-Recyclingsystems für ausrangierte Kleidung - oder Post-Consumer-Textilien - unter Einbeziehung aller Akteure der Wertschöpfungskette und mit Schwerpunkt auf dem Recycling von Naturfasern, Kunstfasern und Fasermischungen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich das Projekt vier Hauptziele gesetzt.

  • Bereitstellung einer geschlossenen Recyclinglösung für Alttextilien.
  • Anregung und Förderung eines bewussten Designs und einer bewussten Produktionspraxis.
  • Schaffung neuer Geschäftsmöglichkeiten durch Förderung der textilen Wertschöpfungskette.
  • Bewusstsein für die ökologischen und sozialen Auswirkungen des Kleidungskaufs schaffen.

Das Projekt SCIRT, an dem 18 Partner aus fünf Ländern beteiligt sind, wurde Mitte 2021 virtuell gestartet, um das Problem des Abfalls und der Wiederverwertbarkeit von Kleidungsstücken anzugehen, eine der größten Herausforderungen für die Modeindustrie von heute.

Während sich Bekleidungsmarken ehrgeizige Ziele setzen und versprechen, recycelte Fasern in ihre Produkte einzubauen, stapeln sich die ausrangierten Textilien rund um den Globus in Hülle und Fülle. Obwohl es so den Anschein hat, dass Angebot und Nachfrage für diesen Teil der Kreislaufwirtschaft im Einklang stehen, werden laut einem 2017 veröffentlichten Bericht der Ellen MacArthur Foundation weniger als 1 % des Textilabfalls zu neuen Textilfasern recycelt. Dieser winzige Prozentsatz deutet auf ein größeres Problem hin: Die Verwirklichung der Kreislaufwirtschaft in der Modeindustrie ist nicht nur eine Frage von Angebot und Nachfrage, sondern der Verbindung zwischen beiden. Es mangelt an Wissen über die technologische, wirtschaftliche und ökologische Machbarkeit des Recyclings von Fasermischungen, und es besteht die Notwendigkeit, die Qualität und die Kosten von Recyclingprozessen mit den Anforderungen von Textilunternehmen und Modemarken in Einklang zu bringen.

SCIRT wird Lösungen entwickeln, um systemische Innovationen für ein stärker kreislauforientiertes Bekleidungssystem zu unterstützen und diese Lücke zwischen Angebot und Nachfrage zu schließen. Um die Nachfrageseite der Gleichung anzugehen, wird SCIRT ein umfassendes Textil-zu-Textil-Recycling-System für aus-rangierte Kleidung, auch bekannt als Post-Consumer-Textilien, demonstrieren, das die Akteure der gesamten Wertschöpfungskette einbezieht und sich auf das Recycling von Natur- und Kunstfasern sowie Fasermischungen konzentriert. Mit Unterstützung von technischen Partnern und Forschungsinstituten werden die Bekleidungsmarken Decathlon, Petit Bateau, Bel & Bo, HNST und Xandres sechs verschiedene repräsentative Kleidungsstücke aus recycelten Post-Consumer-Fasern entwickeln, prototypisieren und produzieren. Dazu gehören formelle und legere Kleidung, Sportbekleidung, Unterwäsche und Uniformen. Dabei wird SCIRT den Schwerpunkt auf Qualität und Kosteneffizienz legen, um das Vertrauen des Marktes zu gewinnen und die breite Verwendung von Post-Consumer-Recyclingfasern zu fördern.

Aus einer nichttechnologischen Perspektive wird SCIRT unterstützende strategische Maßnahmen und Instrumente entwickeln, um den Übergang zu einem Kreislaufsystem für Bekleidung zu erleichtern. Dazu gehören ein Konzept für ein ökologisch moduliertes System der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) und ein True-Cost-Modell zur Quantifizierung der Kreislaufwirtschaft und zur Erhöhung der Transparenz der Wertschöpfungskette. Besondere Aufmerksamkeit wird auch der Verbraucherperspektive gewidmet. Zu diesem Zweck werden Citizen Labs, die Verbraucher an verschiedenen europäischen Standorten einbeziehen, sowie eine breitere Online-Engagement-Plattform entwickelt, um die Bevölkerung während des gesamten Projekts einzubeziehen, um so die Wahrnehmungen, Motivationen und Emotionen zu verstehen, die ihr Verhalten in Bezug auf den Kauf, die Nutzung und die Entsorgung von Textilien bestimmen.

In den nächsten drei Jahren werden die SCIRT-Projektpartner daran arbeiten, die derzeitigen technologischen, wirtschaftlichen, sozioökonomischen und regulatorischen Hindernisse für das Textilrecycling zu überwinden, um eine echte, dauerhafte Kreislaufwirtschaft für die Bekleidungsindustrie zu schaffen.

2021:
Das SCIRT-Projekt läuft an, und die Partner ermitteln den aktuellen Stand in den Bereichen Bekleidungsdesign, -produktion und -recycling, Herausforderungen und Markttrends sowie die Bedürfnisse der Interessengruppen.

2022:
Entwicklung und Erprobung eines Faser-zu-Faser-Systems zur Herstellung recycelter Garne und Fasern, die frei von schädlichen Substanzen sind.

2023:
Formelle Kleidung, Freizeitkleidung, Sportbekleidung, Unterwäsche und Uniformen werden unter Einsatz der entwickelten optimierten Garne entworfen und hergestellt.

Partners

  • Modeunternehmen: Bel&Bo, HNST, Decathlon, Xandres, Petit Bateau
  • Forschungseinrichtungen: VITO, CETI, Prospex Institute
  • Universitäten: BOKU, TU Wien, ESTIA
  • Akteure der Branche: Altex, AVS Spinning - A European Spinning Group (ESG) Company, Valvan
  • KMUs: Circular.fashion, FFact
  • Non-profit Organisationen: Flanders DC, IID-SII

 

ALTEX
ALTEX ist ein in Deutschland ansässiges Textilrecyclingunternehmen, das mit Hilfe modernster Maschinen Textilabfälle zu neuen, hochwertigen Produkten recycelt. Zu den Produkten gehören unter anderem Reißfasern, Naturfasern, Kunstfasern und Fasermischungen.

Bel & Bo
Bel&Bo ist ein belgisches Familienunternehmen mit rund 95 Einzelhandelsgeschäften in ganz Belgien. Sein Ziel ist es, farbenfrohe, modische und nachhaltig produzierte Kleidung für Männer, Frauen und Kinder zu einem erschwinglichen Preis anzubieten.

CETI
Das Europäische Zentrum für innovative Textilien (CETI) ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der Entwicklung, Erprobung und Prototypisierung innovativer textiler Materialien und Produkte durch private und gemeinschaftliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte widmet.

circular.fashion
circular.fashion bietet Software für Kreislauf-Design, intelligente Textilsortierung und Kreislauf-Recycling, einschließlich der Circular Design Software und der circularity.ID®, sowie Schulungen und praktische Unterstützung für Modemarken an.

Decathlon
Mit mehr als 315 Geschäften in Frankreich und 1.511 auf der ganzen Welt ist Decathlon seit 1976 ein innovatives Unternehmen, das sich zum Hauptakteur für sportliche Menschen entwickelt hat. Das Unternehmen setzt sich für die Reduzierung der Umweltauswirkungen durch eine Reihe von Maßnahmen ein.

ESG
Die European Spinning Group (ESG) ist ein Textilkonzern mit Sitz in Belgien, der eine Reihe von Garnen anbietet, die mit einer hochtechnologischen Open-End-Spinnerei für verschiedene Anwendungen hergestellt werden, z. B. für Heimtextilien, Mode und technische Textilien.

ESTIA
ESTIA ist ein französi-sches Institut, das seit 20 Jahren Aus- und Weiterbildungen im Bereich der industriellen Technologien anbietet. Seit 2017 hat ESTIA ein Programm, das sich auf neue Materialien und disruptive Prozesse in der Mode- und Textilindustrie konzentriert.

FFACT
FFact ist eine Gruppe von Unternehmensberatern, die die Umsetzung von Nachhaltigkeit aus unternehmerischer Sicht erleichtert und Fakten in nützliche Managementinformationen umsetzt. FFact hat seinen Sitz in den Niederlanden und Belgien.

Flanders DC
Die Flanders District of Creativity, eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Belgien, informiert, coacht, fördert und inspiriert kreative Unternehmer in verschiedenen Branchen, einschließlich der Modeindustrie, die ihr Unternehmen aufbauen oder erweitern möchten.

HNST
HNST ist eine belgische Circular-Denim-Marke, die gebrauchte Jeans zurückgewinnt und in der EU zu neuen Stoffen recycelt. So entstehen haltbare und zu 100 % recycelbare Jeans, die 82 % weniger Wasser verbrauchen und 76 % weniger Kohlendioxid ausstoßen als herkömmliche Jeans.

Petit Bateau
Petit Bateau ist eine französische Bekleidungsmarke, die sich auf Strickwaren spezialisiert hat. Als vertikales Unternehmen führt Petit Bateau sein eigenes Stricken, Färben, Konfektionieren und Ladenmanagement mit der Unterstützung von 3.000 Mitarbeitern durch.

Prospex Institute
Das Prospex-Institut hat sich zum Ziel gesetzt, die Beteiligung von Bürgern und Interessenvertretern an einem gesellschaftlich relevanten Entscheidungsdialog und an der Entwicklung zu fördern, indem es mit Theoretikern und Praktikern in Belgien und im Ausland zusammenarbeitet.

IID-SII
Das Institut für nachhaltige Innovation ist ein französischer gemeinnütziger Verband mit Sitz in Paris. Das IID-SII wurde von LGI, einem französischen KMU, initiiert und hat die Aufgabe, als Denkfabrik für nachhaltige Innovationen zu fungieren, um die Einführung neuer Lösungen zu unterstützen.

TU Wien
Die TU Wien ist eine offene wissenschaftliche Einrichtung, an der seit 200 Jahren unter dem Motto "Technik für Menschen" geforscht, gelehrt und gelernt wird. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte liegt in den Bereichen Recyclingtechnologie und Faserinnovation

BOKU
Die Forschung am Institut für Umweltbiotechnologie der BOKU in Wien konzentriert sich auf die Nutzung von Enzymen als leistungsstarke Biokatalysatoren für die Verarbeitung von Biomaterialien im Rahmen von Recyclinganwendungen.

Valvan
Valvan Baling Systems verfügt über 30 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und dem Bau von maßgeschneiderten Maschinen und ist spezialisiert auf Ballenpressen und Sortieranlagen für Faserhersteller, Sammler, Sortierer und Recycler von Textilien.

VITO
VITO, eine führende unabhängige europäische Forschungs- und Technologieorganisation in den Bereichen Cleantech und nachhaltige Entwicklung, zielt darauf ab, den Übergang zu einer nachhaltigen Gesellschaft durch die Entwicklung nachhaltiger Technologien zu beschleunigen.

Xandres
Xandres ist eine Marke, die von und für Frauen inspiriert ist. Sie ist in einer hoch angesehenen Modetradition verwurzelt, von Qualität getrieben und für das Leben, das Frauen heute führen, geschaffen. Xandres bietet innovative Designs mit Rücksicht auf Luxus und Umwelt.

14.12.2021

Förderprojekt Rohstoffklassifizierung recycelter Fasern

Schon seit Jahrhunderten werden aus Alttextilien Reißfasern hergestellt und zu neuen textilen Produkten verarbeitet. Dieses effektive Recycling ist einer der ältesten Materialkreisläufe der Welt. Heute geht es nicht nur um Bekleidung, sondern auch um hochwertige technische Textilien. So wie sich die Produkte der Textilindustrie weiterentwickeln, steigen auch die Anforderungen an das Textilrecycling. Grundlage dafür sind eine klare Beurteilung und Klassifizierung der Rohstoffe.

Schon seit Jahrhunderten werden aus Alttextilien Reißfasern hergestellt und zu neuen textilen Produkten verarbeitet. Dieses effektive Recycling ist einer der ältesten Materialkreisläufe der Welt. Heute geht es nicht nur um Bekleidung, sondern auch um hochwertige technische Textilien. So wie sich die Produkte der Textilindustrie weiterentwickeln, steigen auch die Anforderungen an das Textilrecycling. Grundlage dafür sind eine klare Beurteilung und Klassifizierung der Rohstoffe.

Im Forschungsprojekt der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) und dem Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V. (STFI) wird eine Methodik entwickelt, die es ermöglicht, den Reiß als auch die nachfolgenden Prozesse in Bezug auf die Faserqualität zu analysieren. Durch die systematische Analyse soll es gelingen, die nachfolgenden Spinnprozesse so zu optimieren, dass der Recyclinganteil im Garn erhöht werden kann, ohne, dass sich die Garneigenschaften gegenüber einem aus 100% Gutfasern bestehenden Garn wesentlich unterscheiden. Diese Garne können anschließend zu nachhaltigen textilen Produkten wie zum Beispiel Kleidung oder Verbundbauteile verarbeitet werden.

Das vom BMWi/IGF geförderte Projekt hat eine Laufzeit von zwei Jahren und endet am 31.12.2022. Der Nutzen für die teilnehmenden Unternehmen liegt insbesondere darin, ihnen den verstärkten Einsatz von Sekundärrohstoffen zu ermöglichen, neue Märkte durch im Projekt entwickelte Technologien oder Produkte zu erschließen, Synergien und langfristige Kooperationen anzubahnen sowie einen gemeinsamen Marktauftritt vorzubereiten.

Das Projekt umfasst verschiedene Arbeitsschritte:

  • Materialauswahl und Beschaffung
    Zu verarbeitende Baumwollfasern werden aus Alttextilien (T-Shirts) und Abfällen aus der Baumwollspinnerei gewonnen. Die Aramidfasern werden aus gebrauchter Schutzbekleidung und technischen Textilien aufbereitet.
  • Optimierung der Aufbereitung / Auflösung der Textilien
    Damit die Fasern aus den entsprechenden Textilien möglichst schonend und mit einer nicht zu hohen Einkürzung herausgelöst werden, sind exakte Einstellungen beim Reißprozess zu finden, welche technologisch sehr anspruchsvoll sind und viel Erfahrung voraussetzen.
  • Ermittlung der Qualitätskriterien zur Beurteilung der Faserauflösung
    Um die Qualitätskriterien zu definieren werden die aus der Reißerei kommenden Fasern mittels MDTA-4 Messgerät der Textechno GmbH & Co. KG ermittelt. Mit den ermittelten Kriterien soll die (möglichst geringe) Fasereinkürzung durch den Reißprozess charakterisiert werden.
  • Ermittlung optimierter Einstellungen beim Spinnprozess
    Um die optimalen Einstellungen zur Erzeugung eines Garnes aus den Recyclingfasern zu ermitteln, werden diese nach dem Rotorspinnprozess ersponnen. Durch Anpassung des Spinnprozesses soll ein Garn hergestellt werden, das eine gute Gleichmäßigkeit und auch eine entsprechende Festigkeit aufweist.
  • Herstellung und Vergleich von Garnen aus recycelten Rohstoffen
    Damit aus den Recyclingfasern - bestehend aus Aramid und Baumwolle - jeweils ein Flächengebilde hergestellt werden kann, soll das Material im industriellen Maßstab verarbeitet werden. Dazu werden die Fasern über eine komplette Putzereilinie mit anschließender Bandherstellung über angepasste Karden verarbeitet. Nach dem Verstrecken und der anschließenden Vorgarnherstellung werden Garne nach dem Rotor- bzw. nach dem Ringspinnverfahren hergestellt. Mit den fertiggestellten Garnen werden Gestricke produziert.
  • Koordination, Analyse der Ergebnisse und Erstellung der Berichte
    Die Erstellung des Abschlussberichtes erfolgt durch die DITF und das STFI. Ein Ergebnistransfer erfolgt durch Veröffentlichungen, Fachinformationen an Verbände und Messeauftritte. Begleitend sind regelmäßige Sitzungen mit den beteiligten Firmen geplant.

Textination sprach mit Stephan Baz, dem Stv. Leiter Kompetenzzentrum Stapelfaser, Weberei & Simulation Leitung Stapelfasertechnologie und Markus Baumann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum Stapelfaser, Weberei & Simulation (beide DITF) sowie Bernd Gulich, Abteilungsleiter Vliesstoffe/Recycling und Johannes Leis, wissenschaftlicher Mitarbeiter Schwerpunkt Vliesstoffe/Recycling (beide STFI) über den aktuellen Stand des Förderprojektes.

Wie ist der aktuelle Stand des Projekts?
Aktuell befinden wir uns in der Phase der Versuchsdurchführungen und der iterativen Optimierung gleich mehrerer Projektbausteine. Erwartungsgemäß sind für die mechanische Aufbereitung selbst und auch die Einstellung des Spinnprozesses mit den verschiedenen Varianten mehrere Schleifen notwendig. Letztendlich zielt das Projekt ja darauf ab, die Prozesse der mechanischen Aufbereitung und der Spinnerei als Verarbeitung aufeinander abzustimmen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Gleichzeitig ist die Ermittlung der Qualitätskriterien der erzeugten Fasern nicht trivial. Hierfür braucht es zudem die Weiterentwicklung von Prozessen und Prüfmethoden, welche in der Industrie produktiv umsetzbar sind und welche eine Beurteilung der Qualität der erzeugten Fasern tatsächlich und unbeeinflusst von z.B. Restgarnen ermöglichen. Wirklich bemerkenswert ist das Interesse und die Bereitschaft der Industrie die Projektarbeit voranzutreiben. Die in beträchtlichem Umfang benötigten Mengen an Materialien für unsere Versuche haben wir von der ReSales Textilhandel und -recycling GmbH, von der Altex Textil-Recycling GmbH & Co. KG und der Gebrüder Otto GmbH & Co. KG erhalten. Des Weiteren sind mit der Temafa Maschinenfabrik GmbH, Nomaco GmbH & Co. KG, Schill + Seilacher GmbH, Spinnerei Neuhof GmbH & Co. KG und Maschinenfabrik Rieter AG viele Mitglieder des projektbegleitenden Ausschusses von der Beratung bis hin zu der Bereitstellung von Technologien aktiv in das Projekt involviert. Die Firma Textechno Herbert Stein GmbH & Co. KG hat für die Dauer des Projektes ein Prüfgerät des Typ MDTA4 zur Verfügung gestellt und unterstützt unserer Arbeit in Bezug auf die Beurteilung der mechanisch aufbereiteten Fasern. Hierüber sind wir natürlich besonders froh, denn so konnten wir sowohl in der mechanischen Aufbereitung, der Prüfung als auch der Spinnerei mehrere Technologien betrachten und analysieren. Wir erwarten, zu Beginn des kommenden Jahres detailliertere Aussagen treffen zu können.

Welche Ansätze halten Sie für besonders vielversprechend?
Bezogen auf Technologien müssen wir auf die Auswertung und Analyse der Versuchsdurchführungen verweisen, welche derzeit noch andauern. Im ersten Quartal des nächsten Jahres werden wir hierzu mehr ins Detail gehen können.

Es zeichnen sich natürlich schon Dinge ab. Bei den meta-Aramid-Abfällen ließen sich sehr schnell vielversprechende Ansätze finden, bei der Post-Consumer-Baumwolle ist dies deutlich komplexer. Offensichtlich ist die Verbindung zwischen Qualität des Ausgangsmaterials und der Qualität der Erzeugnisse. Wir haben in den beschafften Waren teilweise bereits sehr niedrige mittlere Faserlängen feststellen können, diese spiegeln sich zu einem gewissen Grad natürlich direkt im Output unserer Prozesse wider. Daraus leitet sich, das ist keine neue Erkenntnis, erneut eine große Bedeutung des Designs der Textilien ab.

Worin liegen die Herausforderungen?
Neben dem zu erwartenden hohen Kurzfaseranteil sind die Restgarne nach dem Reißprozess ein Thema mit besonderem Fokus. Zwischen den Materialien und Aufbereitungstechnologien kann der Anteil dieser Restgarne variieren, aber die weitere Auflösung der Produkte des Reißprozesses ist essenziell.
Werden die Prozesse in einer Nutzungsphase weitergedacht, stellt sich die Frage des Designs natürlich auch für die bestmögliche Verwendung von recycelten Fasern. Viele Probleme, aber auch die Lösungsansätze für die Verwendung von vergleichsweise kurzen Fasern sind auch auf die (mehrfache) Verwendung von mechanisch recycelten Fasern zu erwarten.

Kann man beim Endprodukt von einem Upcycling sprechen?
Wir sehen das Garn-zu-Garn-Recycling weder als Up- noch als Downcycling, sondern als Kreislaufführung. Hintergrund ist, dass die Erzeugnisse in dieselbe Anwendung gehen sollen aus der sie gekommen sind und dabei mit Primärmaterial konkurrieren müssen. Dies bedeutet, dass gewisse spezifische Anforderungen zu erfüllen sind und gleichzeitig erheblicher Preisdruck herrscht. Beim Downcycling wird eine deutliche Verringerung der Eigenschaften in Kauf genommen, beim Upcycling kann aufgrund der höherpreisigen Anwendung der Aufbereitungsaufwand aufgefangen werden. Bei dem Bestreben, aus Garnmaterial wieder Garnmaterial zu fertigen, ist beides nur in geringem Maß zulässig. Dies stellt die besondere Herausforderung dar.

Was bedeutet ein aus Alttextilien aufbereitetes Rezyklat für den Spinnprozess?
Ein Teil dieser Fragestellung soll im Projekt durch die detaillierte Klassifizierung der aufbereiteten Fasern beantwortet werden und ist somit Gegenstand der aktuell laufenden Untersuchungen. Es zeigt sich, dass es neben den eher offensichtlichen Punkten wie deutlich reduzierte Faserlänge, Prozessstörungen durch unaufgelöste Gewebe und Garnstücke auch weniger offensichtliche Aspekte wie z.B. eine deutlich erhöhte Abgangsmenge für die Verarbeitung im Spinnprozess zu beachten sind. Die Abgangsmenge ist dabei von besonderem Interesse, denn am Ende soll im neu hergestellten Garn auch ein erheblicher Anteil an aufbereiteten Fasern enthalten sein.

Welche Konsequenzen hat das für den Textilmaschinenbau?
Die Konsequenzen, die zum aktuellen Zeitpunkt bereits abgeschätzt werden können, sind, dass insbesondere bei der Verarbeitung von Baumwolle der Maschinenpark im Spinnereivorwerk auf die Verarbeitung von (Neu-)Naturfasern mit einem gewissen Schmutzanteil spezialisiert ist. Bei aufbereiteten Fasern handelt es sich im Gegensatz zu den Neufasern um saubere Fasern mit deutlich höherem Kurzfaseranteil. Elemente, die gut Schmutz entfernen können, scheiden auch vermehrt kurze Fasern aus, das kann unter Umständen zu ungewollt hohen Abgangsmengen führen. Es ist somit notwendig die etablierte Maschinentechnologie an das neue Anforderungsprofil des Rohstoffes „aufbereitete Fasern“ anzupassen. Analoge Anpassungen sind vermutlich über die komplette Verarbeitungskette bis ins Garn notwendig. Im Streckwerk der Spinnmaschine natürlich eher bedingt durch den hohen Kurzfaseranteil als durch Elemente, die auf das Ausreinigen von Schmutz und Fremdbestandteilen hin optimiert wurden.

Weitere Informationen:
DITF STFI Fasern Recycling Spinnerei
Quelle:

Textination GmbH

(c) nova-Institut GmbH
07.12.2021

Finalisten für „Cellulose Fibre Innovation of the Year 2022” stehen fest

Zellulosefaser-Innovation des Jahres 2022: Zellulosefaser-Lösungen erweitern sich von Hygieneartikeln und Textilien sowie Vliesstoffen bis hin zu Alternativen für Carbonfasern für Leichtbauanwendungen.

Die Auswahl der Finalisten für den Innovationspreis war aufgrund der hochklassigen Einreichungen eine Herausforderung: Alle bieten vielversprechende nachhaltige Lösungen für die Wertschöpfungskette von Zellulosefasern. Sechs von ihnen erhalten die Chance, ihr Potenzial einem breiten Publikum vor Ort in Köln und Online zu demonstrieren.

Zellulosefaser-Innovation des Jahres 2022: Zellulosefaser-Lösungen erweitern sich von Hygieneartikeln und Textilien sowie Vliesstoffen bis hin zu Alternativen für Carbonfasern für Leichtbauanwendungen.

Die Auswahl der Finalisten für den Innovationspreis war aufgrund der hochklassigen Einreichungen eine Herausforderung: Alle bieten vielversprechende nachhaltige Lösungen für die Wertschöpfungskette von Zellulosefasern. Sechs von ihnen erhalten die Chance, ihr Potenzial einem breiten Publikum vor Ort in Köln und Online zu demonstrieren.

Das nova-Institut kürt zum zweiten Mal die „Cellulose Fibre Innovation of the Year“ im Rahmen der „International Conference on Cellulose Fibres 2022“ (2.-3. Februar 2022). Der Konferenzbeirat hat sechs Produkte nominiert, von Zellulose aus Orangen- und Holzzellstoff bis hin zu einer neuartigen Technologie zur Zellulosefaserherstellung. Die Präsentationen der Kandidaten, die Wahl des Gewinners durch das Konferenzpublikum und die Preisverleihung finden am ersten Tag der Konferenz statt.

Zellulosefasern weisen ein immer breiteres Anwendungsspektrum auf, während die Märkte gleichzeitig durch technologische Entwicklungen und politische Rahmenbedingungen, insbesondere Verbote und Beschränkungen für Kunststoffe und steigende Nachhaltigkeitsanforderungen, bewegt werden. Die Konferenz bietet einen ausführlichen Überblick über die Perspektiven für Zellulosefasern durch eine Einschätzung der politischen Rahmenbedingungen, eine Session zu Nachhaltigkeit, Recycling und alternativen Rohstoffen sowie Informationen zu den neuesten Entwicklungen in Zellstoff, Zellulosefasern und Garne. Dazu gehören Anwendungen wie Vliesstoffe, Verpackungen und Verbundwerkstoffe.

Das sind die Nominierten:
Kohlenstofffasern aus Holz - Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (Deutschland)
Die HighPerCellCarbon®-Technologie ist ein nachhaltiges und alternatives Verfahren zur Herstellung von Kohlenstofffasern aus Holz. Die Technologie beginnt mit dem Nassspinnen von Zellulosefasern unter Verwendung ionischer Flüssigkeiten (IL) als direktes Lösungsmittel in einem umweltfreundlichen, geschlossenen Filamentspinnverfahren (HighPerCell®-Technologie). Diese Filamente werden durch einen Niederdruck-Stabilisierungsprozess direkt in Kohlenstofffasern umgewandelt, gefolgt von einem geeigneten Karbonisierungsprozess. Während des gesamten Prozesses entstehen keine Abgase oder giftige Nebenprodukte. Darüber hinaus ermöglicht das Verfahren ein vollständiges Recycling von Lösungsmittel und Vorläuferfasern, wodurch ein einzigartiger und umweltfreundlicher Prozess entsteht. Kohlenstofffasern werden in vielen Leichtbauanwendungen eingesetzt und sind eine nachhaltige Alternative zu Fasern auf fossiler Basis.

Fibers365, Wirklich kohlenstoffnegative Frischfasern aus Stroh – Fibers365 (Deutschland)
Fibers365 sind die ersten kohlenstoffnegativen Fasern aus frischem Stroh auf dem Markt. Das Fibers365-Konzept basiert auf einem einzigartigen, hochmodernen Verfahren zur Herstellung funktioneller, kohlenstoffnegativer und wettbewerbsfähiger Nichtholz-Biomasseprodukte wie Frischfasern für Papier- Verpackungs- und Textilzwecke sowie hochwertige Prozessenergie-, Biopolymer- und Düngemittel-Nebenströme. Die Produkte werden aus den Stängeln einjähriger Nahrungspflanzen wie Stroh durch eine chemikalienfreie, regionale, bäuerliche Dampfexplosionsauflösungstechnologie gewonnen, die eine einfache Trennung der Fasern von Zucker, Lignin, organischer Säure und Mineralien ermöglicht. Bei einjährigen Pflanzen werden die CO2-Emissionen innerhalb von 12 Monaten nach dem Produktionsdatum zurückgewonnen, so dass ein sofortiger jährlicher Ausgleich der entsprechenden Emissionen möglich ist.

Iroony® Hanf- und Flachszellulose – RBX Créations (Frankreich)
Iroony® ist eine Marken-Zellulose, die von RBX Créations aus Hanf hergestellt wird. Die widerstandsfähige Hanfpflanze wächst schnell innerhalb weniger Monate, bindet massiv Kohlenstoff und weist einen hohen Zellulosegehalt auf. Die Biomasse wird direkt von französischen Landwirten geerntet, die sie ohne Chemikalien und Bewässerung in ausgedehnten Rotationszyklen anbauen und so zur Regeneration des Bodens und zur Artenvielfalt beitragen. Für ein diversifiziertes Angebot kann der Hanf mit biologisch angebautem Flachs kombiniert werden. Durch sein patentiertes Verfahren gewinnt RBX Créations hochreine Zellulose, die sich perfekt für Spinntechnologien wie HighPerCell® des DITF-Forschungszentrums eignet. Die daraus gewonnenen Fasern weisen vielseitige Eigenschaften wie Feinheit, Festigkeit und Dehnbarkeit auf und eignen sich für Anwendungen wie Bekleidung oder technische Textilien. Iroony® vereint geringe Umweltauswirkungen, Nachverfolgbarkeit und Leistung.

SPINNOVA, Nachhaltige Textilfasern ohne schädliche Chemikalien – Spinnova (Finnland)
Die innovative Technologie von Spinnova ermöglicht die Herstellung nachhaltiger Textilfasern in einem mechanischen Verfahren, ohne Auflösen oder schädliche Chemikalien. Das Verfahren umfasst die Verwendung von Zellstoff in Papierqualität und die mechanische Raffination zur Herstellung mikrofibrillierter Zellulose (MFC). Die aus MFC bestehende Fasersuspension wird ohne Regenerationsverfahren zu Textilfasern extrudiert. Beim Spinnova-Verfahren fallen keine Nebenabfälle an, und der ökologische Fußabdruck von SPINNOVA® umfasst 65 % weniger CO2-Emissionen und 99 % weniger Wasser im Vergleich zur Baumwollproduktion. Die Lösung von Spinnova ist außerdem skalierbar: Spinnova strebt an, in den nächsten 10 bis 12 Jahren eine jährliche Produktionskapazität von 1 Million Tonnen zu erreichen.

Nachhaltige Menstruationsunterwäsche: Anwendungsorientierte Funktionalisierung von Fasern – Kelheim Fibres (Deutschland)
Die pflanzlichen und biologisch abbaubaren Fasern von Kelheim leisten einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Zukunft im Bereich der wiederverwendbaren Hygienetextilien. Durch innovative Funktionalisierung werden sie gezielt auf die Anforderungen der einzelnen Lagen abgestimmt und erreichen dadurch eine vergleichbare Leistungsfähigkeit wie synthetische Fasern. Es entsteht eine einzigartige Dualität in der Fasertechnologie: nachhaltig hergestellte Zellulosefasern, die einen hohen Tragekomfort und Wiederverwendbarkeit bei außergewöhnlicher, langlebiger Leistung ermöglichen. Die Faserkonzepte umfassen Celliant® Viscose, eine faserinterne Infrarotlösung und Danufil®-Fasern in der Oberschicht, Galaxy, eine trilobale Faser für die ADL, Bramante, eine Viskosehohlfaser, im absorbierenden Kern und ein wasserabweisendes Gewebe, eine biologisch abbaubare PLA-Folie oder eine nachhaltige Beschichtung als Unterschicht.

Lyocellfaser der Marke TENCEL™ aus Orangen- und Holzzellstoff – Orange Fiber (Italien)
Orange Fiber ist das weltweit erste Unternehmen, das eine nachhaltige Textilfaser aus einem patentierten Verfahren zur Gewinnung von Zellulose herstellt, die aus den Resten von Zitrusfrüchten gesponnen wird, von denen allein in Italien mehr als 1 Million Tonnen pro Jahr anfallen. Das Ergebnis der Partnerschaft mit der Lenzing Gruppe, dem weltweit führenden Hersteller von Spezialfasern auf Holzbasis, ist die erste Lyocellfaser der Marke TENCEL™, die aus Orangen- und Holzzellstoff hergestellt wird. Eine neuartige Zellulosefaser, die die Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette weiter vorantreibt und die Grenzen der Innovation verschiebt. Diese Faser, die Teil der TENCEL™ Limited Edition Initiative ist, zeichnet sich durch eine weiche Anmutung und eine hohe Feuchtigkeitsaufnahme aus. Sie hat bereits das OEKO-TEX Standard 100 Zertifikat erhalten und wird derzeit einer Reihe weiterer Nachhaltigkeitsbewertungen unterzogen.

(c) Toray
23.11.2021

Toray Industries: Ein Konzept, um Leben zu verändern

Das im Januar 1926 gegründete japanische Chemieunternehmen Toray Industries, Inc. mit Firmensitz in Tokio ist bekannt als der weltweit größte Hersteller von Kohlenstofffasern auf PAN (Polyacrylnitril)-Basis. Doch das Gesamtportfolio umfasst weit mehr. Textination sprach mit Koji Sasaki, dem General Manager der Textile Division von Toray Industries, Inc., über innovative Produktlösungen, neue Verantwortungen und die besondere Rolle von Chemieunternehmen in der heutigen Zeit.

Toray Industries ist ein japanisches Unternehmen, das sich – 1926 als Produzent von Viskosegarnen entstanden – auf der Zielgerade zu seinem 100. Geburtstag befindet. Aktuell gehören zur Toray Gruppe 102 japanische Firmen und 180 in Übersee. Sie sind in 29 Ländern tätig. Welche Bedeutung hat der Geschäftsbereich Fasern und Textilien aktuell für Ihren Unternehmenserfolg?

Das im Januar 1926 gegründete japanische Chemieunternehmen Toray Industries, Inc. mit Firmensitz in Tokio ist bekannt als der weltweit größte Hersteller von Kohlenstofffasern auf PAN (Polyacrylnitril)-Basis. Doch das Gesamtportfolio umfasst weit mehr. Textination sprach mit Koji Sasaki, dem General Manager der Textile Division von Toray Industries, Inc., über innovative Produktlösungen, neue Verantwortungen und die besondere Rolle von Chemieunternehmen in der heutigen Zeit.

Toray Industries ist ein japanisches Unternehmen, das sich – 1926 als Produzent von Viskosegarnen entstanden – auf der Zielgerade zu seinem 100. Geburtstag befindet. Aktuell gehören zur Toray Gruppe 102 japanische Firmen und 180 in Übersee. Sie sind in 29 Ländern tätig. Welche Bedeutung hat der Geschäftsbereich Fasern und Textilien aktuell für Ihren Unternehmenserfolg?

Das Geschäft mit Fasern und Textilien ist zugleich Ausgangspunkt und Grundlage der heutigen Geschäftsentwicklung von Toray. Wir begannen 1926 mit der Produktion von Viskosegarnen und führten bereits 1940 eigene Forschung und Entwicklung im Bereich Nylonfasern durch. Und da neue Materialien meist auch neue Verarbeitungsmethoden erfordern, begann Toray früh damit, auch in eigene Verfahrenstechnologie zu investieren. So möchten wir einerseits unsere Umsätze steigern und andererseits die Anwendungsmöglichkeiten für unsere Materialien erweitern. Aus diesem Grund begann Toray auch, das Geschäft vom reinen Fasergeschäft auf Textilien und sogar Bekleidung auszuweiten. So sind wir in der Lage, besser auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen und gleichzeitig stets an der Spitze der Innovation zu bleiben.

Laufe der Jahrzehnte hat Toray viel Wissen in der Polymerchemie und der organischen Synthesechemie angesammelt – und dieses Know-how ist die Grundlage für fast alle unsere anderen Geschäftsvorhaben. Heute produzieren wir eine breite Palette fortschrittlicher Materialien und Produkte mit hoher Wertschöpfung in den Bereichen Kunststoffe, Chemikalien, Folien, Kohlefaserverbundwerkstoffe, Elektronik und Informationsmaterialien, Pharmazeutika, Medizin und Wasseraufbereitung. Fasern und Textilien sind jedoch nach wie vor unser wichtigstes Geschäftsfeld, auf das rund 40 % des Umsatzes des Unternehmens entfallen.

Welches Verständnis, welches Erbe ist Ihnen bis heute wichtig? Und wie leben Sie konkret im Textilbereich eine Unternehmensphilosophie, die Sie so formulieren "einen gesellschaftlichen Beitrag leisten durch die Schaffung neuer Werte mit innovativen Ideen, Technologien und Produkten (Contributing to society through the creation of new value with innovative ideas, technologies and products)"?

Toray hat immer wieder neue Materialien entwickelt, die es so in der Welt noch nie gegeben hat. Wir tun dies, indem wir uns auf unsere vier Kerntechnologien konzentrieren: Polymerchemie, organische synthetische Chemie, Biotechnologie und Nanotechnologie. Für den Textilbereich bedeutet dies, dass wir neue Polymerstrukturen, Spinntechnologien und Verarbeitungsmethoden einsetzen, um Garne mit noch nie dagewesenen Eigenschaften zu entwickeln. Dabei orientieren wir uns stets an den Bedürfnissen und Problemstellungen des Marktes und unserer Kunden.

Dieser Ansatz ermöglicht es uns, Textilien mit neuen Funktionen in unseren Alltag zu integrieren, die natürliche Fasern und Materialien nicht erreichen können. So bieten wir beispielsweise Sport- und Unterwäsche, die hervorragend Wasser absorbieren und sehr schnell trocknen, oder Regen- und Outdoor-Bekleidung mit ausgezeichneten wasserabweisenden Eigenschaften, die mit einem weniger voluminösen Innenfutter aufwarten kann. Weitere Beispiele sind antibakterielle Unterwäsche, Uniformen oder Innenausstattungen, die für ein hygienisches Umfeld sorgen und das Wachstum von geruchsverursachenden Bakterien beeinträchtigen. Die Menschen genießen jeden Tag die Annehmlichkeiten dieser innovativen Textilien, und wir hoffen, damit zu ihrem täglichen Komfort beitragen und ihr Leben in gewisser Weise verbessern zu können.

Im Jahr 2015 verabschiedeten die Vereinten Nationen 17 nachhaltige Entwicklungsziele – kurz Agenda 2030 genannt, die zum 01. Januar 2016 in Kraft trat. Den Ländern blieben 15 Jahre, um sie bis 2030 zu erreichen. In Ihrem Unternehmen gibt es eine TORAY VISION 2030 und eine TORAY SUSTAINABILITY VISION. Wie wenden Sie diese Grundsätze und Ziele auf das Textilgeschäft an? Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit für dieses Geschäftsfeld?

Nachhaltigkeit ist eines der wichtigsten Themen, denen sich die Welt heute gegenübersieht – nicht nur in der Textilbranche, sondern in allen Industriezweigen. Wir in der Toray-Gruppe sind davon überzeugt, mit unseren fortschrittlichen Materialien zur Lösung verschiedener Probleme in diesem Kontext beitragen zu können. Gleichzeitig bietet der Trend in Richtung Nachhaltigkeit interessante neue Geschäftsansätze. In unserer Nachhaltigkeitsvision haben wir vier Ziele festgelegt, die die Welt bis 2050 erreichen sollte. Und wir haben definiert, welche Probleme dafür angegangen werden müssen.

Wir müssen:

  1. Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels beschleunigen,
  2. bei der Nutzung von Ressourcen und in der Produktion nachhaltige, recyclingorientierte Lösungen realisieren,
  3. sauberes Wasser und saubere Luft bereitstellen und
  4. einen Beitrag leisten zu einer besseren medizinischen Versorgung und Hygiene für Menschen auf der ganzen Welt.

Wir werden diese Agenda vorantreiben, indem wir den Einsatz von Materialien, die auf Umweltprobleme reagieren, fördern und ausweiten. Im Textilbereich bieten wir zum Beispiel wärmende und kühlende Textilien an – indem sie in bestimmten Situationen Klimaanlagen oder Heizungen überflüssig machen, können sie dazu beitragen, Energiekosten zu senken. Wir stellen außerdem umweltfreundliche Textilien her, die auf bestimmte schädliche Stoffe wie Fluor verzichten, sowie Textilien aus Biomasse, bei denen anstelle von konventionellen petrochemischen Materialien pflanzliche Fasern zum Einsatz kommen. Auch recycelte Materialien, die Abfall reduzieren und eine effektive Nutzung von Ressourcen fördern, haben wir im Sortiment.

Die TORAY VISION 2030 wiederum ist unser mittelfristiger Strategieplan und betrachtet das Thema Nachhaltigkeit aus einem anderen Blickwinkel: Toray hat darin den Weg zu einem nachhaltigen und gesunden Unternehmenswachstum festgelegt. Dabei konzentrieren wir uns auf zwei große Wachstumsbereiche: Unser Green Innovation Business, das auf die Lösung von Umwelt-, Ressourcen- und Energieproblemen abzielt, und das Life Innovation Business, das sich auf die Verbesserung der medizinischen Versorgung, der öffentlichen Gesundheit, der persönlichen Sicherheit und letztlich einer längeren Lebenserwartung konzentriert.

Innovation by Chemistry lautet der Claim der Toray-Gruppe. In einer Welt, in der REACH und Fridays for Future die Spielräume der Chemieindustrie stark einengen, stellt sich die Frage, welchen Platz die Chemie in der Textilindustrie haben kann. Wie passen hier Chemie, Innovation und Nachhaltigkeit zusammen?

Die chemische Industrie befindet sich heute an einem Wendepunkt. Die Vorteile, die diese Industrie für die Zivilisation bringen kann, sind zwar nach wie vor enorm, aber zugleich treten Nachteile wie Ressourcenverschwendung und die negativen Auswirkungen auf Umwelt und Ökosysteme, immer deutlicher zu Tage. In Zukunft wird die chemische Industrie viel stärker im Sinne der Nachhaltigkeit arbeiten müssen – daran führt kein Weg vorbei.

Was Textilien betrifft, so gibt es unserer Meinung nach mehrere Möglichkeiten, synthetische Materialien in Zukunft nachhaltiger zu gestalten. Eine davon sind wie gesagt Materialien, die aus Pflanzen statt aus petrochemischen Rohstoffen hergestellt werden. Eine andere besteht darin, die Menge an Rohstoffen, die bei der Produktion verwendet werden, von vornherein zu reduzieren – dies kann zum Beispiel gelingen, indem Abfallstoffe aus Produktion oder Verkauf gesammelt und recycelt werden. Biologisch abbaubare Materialien, die die Auswirkungen von Abfallprodukten auf die Umwelt verringern, sind eine weitere Möglichkeit, die zu verfolgen es lohnt, ebenso wie die Reduzierung von umweltschädlichen Substanzen, die im Produktionsprozess verwendet werden. All diese Möglichkeiten prüfen wir bereits im synthetischen Textilien-Geschäft von Toray. Zugleich achten wir übrigens darauf, in unserer eigenen Produktion Energie zu sparen und den Einfluss auf die Umwelt möglichst gering zu halten.

Toray konzentriert sich im Segment Fasern & Textilien auf synthetische Fasern wie Nylon, Polyester und Acryl sowie andere Funktionsfasern. Auf dem Markt ist in den vergangenen Jahren ein deutlicher Trend zu cellulosischen Fasern zu beobachten, die auch als Alternativen zu synthetischen Produkten gehandelt werden. Wie sehen Sie diese Entwicklung – zum einen für das Unternehmen Toray, zum anderen unter dem Aspekt Nachhaltigkeit, den die cellulosischen Wettbewerber mit der nachwachsenden Rohstoffbasis für sich reklamieren?

Naturfasern, einschließlich Cellulosefasern und Wolle, sind insofern umweltfreundlich, als sie leicht recycelt werden können und nach der Entsorgung schnell biologisch abbaubar sind. Um ihre Umweltauswirkungen wirklich beurteilen zu können, müssen jedoch auch eine Reihe anderer Faktoren berücksichtigt werden: In erster Linie ist da die Frage der Beständigkeit: gerade weil Naturfasern natürlich sind, ist es schwierig, auf einen schnellen Anstieg der Nachfrage zu reagieren, und die Qualität ist aufgrund von Wetter- und anderen Faktoren nicht immer stabil.

Klimatische Veränderungen wie extreme Hitze, Dürre, Wind, Überschwemmungen und Kälteschäden können die Quantität und Qualität der Produktion von Naturfasern beeinträchtigen, so dass die Versorgung nicht immer gesichert ist. Um die Produktion hochzufahren, müssen nicht nur Flächen gerodet, sondern auch große Mengen an Wasser und Pestiziden eingesetzt werden, um diese zu bewirtschaften - all das ist schädlich für die Umwelt.

Synthetische Fasern hingegen sind Industrieprodukte, die in kontrollierten Fabrikumgebungen hergestellt werden. Das macht es einfacher, Schwankungen im Produktionsvolumen zu bewältigen und eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Darüber hinaus können bestimmte funktionelle Eigenschaften wie Widerstandsfähigkeit, Wasseraufnahme, schnelles Trocknen und anti-bakterielle Eigenschaften in das Material eingearbeitet werden, was dazu führen kann, dass Textilien länger im Gebrauch sind.

Synthetische Fasern und Naturfasern, einschließlich Cellulosefasern, haben also ihre eigenen Vor- und Nachteile – es gibt hier kein Allheilmittel, zumindest nicht im Moment. Wir glauben: Es ist wichtig, sicherzustellen, dass es Optionen gibt, die dem Bewusstsein und dem Lebensstil des Verbrauchers entsprechen. Dazu gehören Komfort im Alltag und Nachhaltigkeit gleichermaßen.

Inwiefern ist die Nachfrage nach recycelten Produkten gestiegen? Unter dem Markennamen &+™ bietet Toray eine Faser an, die aus recycelten PET-Flaschen hergestellt wird. Gerade bei der „Rohstoffbasis: PET-Flaschen“ können sich Probleme beim Weißgrad der Faser ergeben. Was unterscheidet Ihr Verfahren von dem anderer Unternehmen und inwiefern können Sie qualitativ mit neuen Fasern konkurrieren?

Bei der Herstellung der "&+"-Faser werden die gesammelten PET-Flaschen mit speziellen Wasch- und Filterverfahren von sämtlichen Fremdstoffen befreit. Durch diese Verfahren konnten wir nicht nur das Problem des Weißgrades der Fasern lösen – indem wir gefilterte, hoch reine recycelte Polyester späne verwenden, können wir auch sehr feine Fasern und Fasern mit einzigartigen Querschnitten herstellen. Mit unseren bewährten Verfahrenstechnologien können zudem bestimmte Texturen und Funktionen von Toray in die Faser eingebaut werden. Darüber hinaus enthält "&+" eine spezielle Substanz im Polyester, die eine Rückverfolgung des Materials auf die darin verwendeten recycelten PET-Flaschenfasern ermöglicht.

Wir glauben, dass diese Kombination aus Ästhetik, Nachhaltigkeit und Funktionalität die recycelte Polyester-faser "&+" wettbewerbsfähiger macht als die anderer Unternehmen. Und in der Tat haben wir festgestellt, dass die Zahl der Anfragen stetig zunimmt, da Unternehmen bereits in der Produktplanungsphase ein stärkeres Bewusstsein für Nachhaltigkeit entwickeln.

Wie wird Innovationsmanagement in der Textilabteilung von Toray gelebt, und auf welche Entwicklungen, an denen Toray in der letzten Zeit gearbeitet hat, sind Sie besonders stolz?

Die Textilabteilung besteht aus drei Unterabteilungen, die sich auf die Entwicklung und den Verkauf von Modetextilien (WOMEN'S & MEN'S WEAR FABRICS DEPT.), Sport- und Outdoor-Textilien (SPORTS WEAR & CLOTHING MATERIALS FABRICS DEPT.) und, speziell für Japan, Textilien für Uniformen in Schulen, Unternehmen und dem öffentlichen Sektor (UNIFORM & ADVANCED TEXTILES DEPT.) konzentrieren.

In der Vergangenheit entwickelte jede Abteilung ihre eigenen Materialien für ihre jeweiligen Märkte und Kunden. Im Jahr 2021 haben wir jedoch einen kollaborativen Raum für die Zusammenarbeit eingerichtet, um die Synergie zu erhöhen und Informationen über die in verschiedenen Bereichen entwickelten Textilien mit der gesamten Abteilung zu teilen. So können die Verkäufer ihren Kunden auch in anderen Abteilungen entwickelte Materialien anbieten und selbst Ideen für die Entwicklung neuer Textilien bekommen.

Ich glaube, dass die neue Struktur uns auch helfen wird, besser auf Veränderungen im Markt zu reagieren. Wir sehen zum Beispiel, dass die Grenzen zwischen Arbeitsbekleidung und Outdoor verschwimmen – Marken wie Engelbert Strauss sind ein gutes Beispiel für diesen Trend. Eine weitere Entwicklung, die sich unserer Meinung nach der Corona-Pandemie noch beschleunigen wird, ist die Betonung grüner Technologien und Materialien. Dies gilt für alle Textilbereiche, und wir müssen enger zusammenarbeiten, um hier ganz vorne mitzuspielen.

Welche Bedeutung haben in Ihren Forschungsvorhaben biobasierte Polyester? Wie schätzen Sie die künftige Bedeutung solcher Alternativen ein?

Ich glaube, dass diese Materialien in den kommenden Jahren eine große Rolle spielen werden. Polyester wird aus gereinigter Terephthalsäure (PTA) hergestellt, die wiederum aus Paraxylen (PX) und Ethylenglykol (EG) besteht. In einem ersten Schritt bieten wir bereits ein Material namens ECODEAR™ an, das Zuckerrohrmelasse-Abfällen als Rohmaterial für die EG-Herstellung verwendet.

Etwa 30 % dieser zumindest ansatzweise Bio-Polyesterfaser sind somit biologisch hergestellt, und das Material wird in großem Umfang für Sportbekleidung und Uniformen verwendet. Im nächsten Schritt arbeiten wir an der Entwicklung einer vollständig biobasierten Polyesterfaser, bei der auch der PTA-Bestandteil aus Biomasse-Rohstoffen, wie den nicht genießbaren Teilen von Zuckerrohr und Holzabfällen, gewonnen wird.

Bereits 2011 ist es uns gelungen, einen Prototyp einer solchen vollständig aus Biomasse hergestellten Polyesterfaser zu produzieren. Die Ausweitung der Produktion bei dem PX-Hersteller, mit dem wir zusammenarbeiten, hat sich jedoch als schwierig erwiesen. Derzeit stellen wir nur kleine Muster-Mengen her, aber wir hoffen, in den 2020er Jahren mit der Massenproduktion starten zu können.

Ursprünglich vom Garn kommend, inzwischen seit Jahrzehnten ein weltweit führender Produzent synthetischer Fasern, arbeiten Sie auch bis zum fertig konfektionierten Produkt. Die Palette reicht von Schutzkleidung gegen Staub und Infektionen bis zu smart textiles und Funktionstextilien, die biometrische Daten erfassen. Was planen Sie in diesen Segmenten?

Im Bereich der Schutzkleidung ist unsere Marke LIVMOA™ unser Vorzeige-Material. Es vereint hohe Atmungsaktivität, um Feuchtigkeit im Inneren der Kleidung zu reduzieren, mit blockierenden Eigenschaften, die Staub und andere Partikel von außen fernhalten. Das Textil eignet sich für eine Vielzahl von Arbeitsumgebungen, darunter auch Anwendungen mit hohem Staub- oder Fettaufkommen und sogar Reinräume. LIVMOA™ 5000, eine hochwertige Qualität, zeigt auch antivirale Eigenschaften und hilft, medizinisches Personal zu entlasten. Das Material bildet eine wirksame Barriere gegen Bakterien und Viren und ist beständig gegenüber hygroskopischem Druck. Durch die hohe Atmungsaktivität bietet es außerdem hohen Tragekomfort.

Unser smart textile heißt hitoe™. Bei diesem hochleit-fähigen Gewebe wird ein leitfähiges Polymer – also eine Polymerverbindung, die Elektrizität hindurchlässt – in das Nanofasergewebe eingearbeitet. hitoe™ ist ein leistungsfähiges Material zur Erfassung von Biosignalen, schwachen elektrischen Signalen, die wir unbewusst von unserem Körper aussenden. In Japan hat Toray Produkte für elektrokardiografische Messungen (EKGs) entwickelt, die den Sicherheits- und Wirksamkeitsstandards medizinischer Geräte entsprechen. Und 2016 haben wir bei den japanischen medizinischen Verwaltungsbehörden eine Anmeldung für die Registrierung eines Geräts mit hitoe™ als allgemeines Medizinprodukt eingereicht – dieser Registrierungsprozess ist nun abgeschlossen. Insgesamt erwarten wir, dass der Gesundheitssektor, insbesondere medizinische und pflegerische Anwendungen, wachsen wird – nicht zuletzt wegen zunehmender Infektionskrankheiten und ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein unter der älteren Bevölkerung. Wir werden daher weiterhin neue Produkte für diesen Markt entwickeln und verkaufen.

Joseph Wilson Swan hat 1885 die Bezeichnung „artifical silk“ für die von ihm künstlich erzeugten Nitratcellulosefilamente einführt. Später wurden auch die auf Basis von Cellulose ersponnenen Kupfer-, Viskose- und Acetatfilamentgarne als Kunstseide bezeichnet. Toray hat eine neue innovative Spinntechnologie unter dem Namen NANODESIGN™ entwickelt, die die Kontrolle der Feinheit und Form der synthetischen Fasern auf Nanoebene ermöglicht. Damit sollen Funktionen, Ästhetik und Texturen entstehen, die es bisher nicht gab. Für welche Anwendungen wollen Sie diese Produkte einsetzen?

Bei der NANODESIGN™-Technologie wird das Polymer in eine Reihe mikroskopisch kleiner Ströme aufgespalten, die dann in einem bestimmten Muster zu einer neuen Faser rekombiniert werden. Durch eine äußerst präzise Steuerung des Polymerstroms können Feinheit und Querschnittsform der Faser viel genauer bestimmt werden, als es mit herkömmlichen Mikrofaser- und Nanofaser-Spinntechnologien bisher möglich war. Darüber hinaus ermöglicht diese Technologie die Kombination von drei oder mehr Polymertypen mit unterschiedlichen Eigenschaften in einer Faser – herkömmliche Technologien schaffen nur zwei Polymertypen. Diese Technologie ermöglicht es Toray daher, bei der Herstellung von Kunstfasern eine Vielzahl von Texturen und Funktionen festzulegen, die mit herkömmlichen Kunstfasern nicht möglich waren – und sogar die Textur und die Haptik von Naturfasern zu übertreffen. Kinari, unsere mit der NANODESIGN-Technologie entwickelte Kunstseide, ist hier ein Paradebeispiel, aber die Technologie birgt noch viele weitere Möglichkeiten – nicht zuletzt im Hinblick auf unsere Nachhaltigkeitsziele.

Was hat die zurückliegende Zeit der Pandemie für das das Textilgeschäft von Toray bisher bedeutet? Inwiefern war sie eine Belastung, in welchen Bereichen aber auch ein Innovationstreiber? Was erwarten Sie von den kommenden 12 Monaten?

Die Corona-Katastrophe hat sich dramatisch auf die Ergebnisse des Unternehmens ausgewirkt: Im Geschäftsjahr 2020 sanken der Gesamtumsatz von Toray um rund 10% auf 188,36 Milliarden Yen (ca. 1,44 Milliarden Euro) und der Betriebsgewinn um rund 28% auf 90,3 Milliarden Yen (ca. 690 Millionen Euro). Die Auswirkungen auf den Faser- und Textilbereich waren ebenfalls beträchtlich: Die Umsätze gingen um rund 13 % auf 719,2 Mrd. Yen (ca. 5,49 Mrd. Euro) zurück und das Betriebsergebnis um rund 39 % auf 36,6 Mrd. Yen (ca. 280 Mio. Euro).

Im Geschäftsjahr 2021 sieht es im Bereich Fasern und Textilien jedoch deutlich besser aus: Bislang hat das Segment die Ziele insgesamt übertroffen, auch wenn es in den einzelnen Bereichen und Anwendungen Schwankungen gibt. Im Zeitraum April bis Juni haben wir sogar wieder das Niveau von 2019 erreicht. Dies ist zum Teil auf den sich erholenden Sport- und Outdoor-Sektor zurückzuführen. Der Markt für Modebekleidung hingegen bleibt aufgrund der veränderten Lebensgewohnheiten, die Schließungen und Homeoffice mit sich gebracht haben, weiterhin schwierig. Wir sind der Meinung, dass eine vollständige Erholung des Geschäfts erst dann eintreten wird, wenn die Reise- und Freizeitbranche wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht hat.

Eine andere Nebenwirkung der Pandemie, die wir sehr stark spüren, ist die wachsende Sorge über Umweltfragen und den Klimawandel. Infolgedessen hat die Nachfrage nach nachhaltigen Materialien auch im Bekleidungssegment zugenommen. Nachhaltigkeit wird in Zukunft für die Entwicklung und Vermarktung neuer Textilien in allen Marktsegmenten ein Muss sein. Andererseits wird sich immer die Frage stellen, wie nachhaltig ein Produkt wirklich ist, und Daten und Rückverfolgbarkeit werden immer wichtiger werden. In den kommenden Jahren wird die Textilabteilung diese Entwicklungen genau im Auge behalten und Materialien entwickeln, die den Bedürfnissen der Kunden entsprechen.

Zur Person:
Koji Sasaki stieß 1987 zu Toray. In seinen mehr als 30 Jahren im Unternehmen hatte er verschiedene Positionen inne, darunter eine vierjährige Amtszeit als Managing Director der Toray International Europe GmbH in Frankfurt von 2016 bis 2020. Seit 2020 ist Koji Sasaki für die Textilsparte von Toray verantwortlich und fungiert als amtierender Vorsitzender von Toray Textiles Europe Ltd. In diesen Funktionen beaufsichtigt er die Entwicklungs-, Verkaufs- und Marketingaktivitäten des Unternehmens im Bekleidungssegment, darunter die Bereiche Mode, Sport und Arbeits- oder Schuluniformen.

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

(c) Messe Düsseldorf / ctillmann
26.10.2021

A+A 2021: Restart für Fachmessen in Düsseldorf

  • Weltleitmesse für sicheres und gesundes Arbeiten bietet die zentrale Plattform für den persönlichen Austausch der Branche

Der verantwortungsvolle Umgang mit den Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist durch die Pandemie noch einmal mehr in den Fokus von Gesellschaft und Politik gerückt. Auf der A+A 2021, die am 26.10.2021 beginnt, stehen diese Themen schon seit ihrer Premiere im Zentrum. Unter dem Motto „Der Mensch zählt“ präsentiert die A+A 2021 vom 26. bis 29. Oktober alles rund um Persönlichen Schutz, Betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Mehr als 1.200 Aussteller aus 56 Nationen präsentieren sich den Fachbesuchern in 10 Hallen auf dem Düsseldorfer Messegelände.

  • Weltleitmesse für sicheres und gesundes Arbeiten bietet die zentrale Plattform für den persönlichen Austausch der Branche

Der verantwortungsvolle Umgang mit den Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist durch die Pandemie noch einmal mehr in den Fokus von Gesellschaft und Politik gerückt. Auf der A+A 2021, die am 26.10.2021 beginnt, stehen diese Themen schon seit ihrer Premiere im Zentrum. Unter dem Motto „Der Mensch zählt“ präsentiert die A+A 2021 vom 26. bis 29. Oktober alles rund um Persönlichen Schutz, Betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Mehr als 1.200 Aussteller aus 56 Nationen präsentieren sich den Fachbesuchern in 10 Hallen auf dem Düsseldorfer Messegelände.

„Die Vorfreude auf die Messe war groß. In diesem Jahr haben wir den persönlichen Austausch mit der Branche ganz besonders herbeigesehnt. Das gute Ausstellerfeedback bestätigt, dass die Akteure des beruflichen Gesundheitsschutzes sich eine Live-Plattform wünschen. Und wir liefern mit der A+A, was nur eine Messe bieten kann. Taktil erfahrbare Produktpräsentationen und Innovationen sowie geplante und zufällige Begegnungen mit der ganzen Branche,“ so Birgit Horn, Project Director A+A.

Spannende Themen und Best Practices auf dem A+A Kongress
Parallel zur A+A Fachmesse behandelt der 37. Internationale Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zahlreiche aktuelle Themen und Herausforderungen der Arbeitsschutz-Fachszene. Er wird organisiert von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi). In mehr als 25 Veranstaltungsreihen werden fundiertes Fachwissen und aktuelle politische Themen für alle Akteure in Sachen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit vermittelt und intensiv diskutiert, vor Ort und teils zusätzlich digital. „Schon die Eröffnungsveranstaltung wird interessant. Sozialpartner und andere Stakeholder diskutieren über die Auswirkungen der Pandemie für den Arbeitsschutz und die jetzt beginnende Rückkehr ins ‚Neue Normal‘“, sagt Basi Geschäftsführer Dr. Christian Felten.

Renommierte Expertinnen und Experten aus dem Arbeitsschutz geben beim A+A Kongress Antworten auf zentrale Fragen wie etwa: Wie wirkt sich die Digitalisierung der Arbeit auf Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten aus? Wie berate ich als Fachkraft für Arbeitssicherheit Unternehmen und Beschäftigte dazu? Wie soll man dezentrale Arbeitsorte sicher und gesund managen? Wie bestimmt man das gesunde Gleichgewicht zwischen mobiler und stationärer Arbeit? Welcher betriebliche Präventionsbedarf ergibt sich bei Muskel-Skelettbelastungen und was ist der aktuelle Präventionsbedarf bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen und bei Biostoffen? Dazu und zu zahlreichen weiteren Themen gibt es viele interessante Veranstaltungen, weitere Informationen dazu finden sich unter www.basi.de/kongress.

Trendthemen der A+A 2021
Digitale Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit bestimmen die aktuelle Diskussion und werden die Zukunft der Arbeit weiterhin stark beeinflussen. Neben diesen beiden Megatrends der A+A 2021 liegt der Fokus im Rahmenprogramm auf den Lösungen für die Zukunft (Future Solutions), neuen Arbeitswelten (New Work) und dem Thema Hygiene und Pandemie.

A+A Live: Sicheres und gesundes Arbeiten mit allen Sinnen erleben
Best Practices unter Anwendung modernster Produkte und Verfahren werden unter dem Label „A+A live“ im Trendforum, dem Themenpark Betrieblicher Brandschutz und Notfallmanagement, dem Robotics Park und der Start UP Zone vermittelt.

In Halle 10 finden die Fachbesucher mit dem Treffpunkt Sicherheit und Gesundheit das Kompetenzzentrum für alle Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Hier präsentieren sich die Mitglieds- und Partnerorganisationen der Basi.

Ebenfalls in Halle 10 verortet liegt der Robotics Park. Dieser ist unterteilt in den Self Experience Space und den Exoworkathlon. Partner des Robotics Park ist das Fraunhofer IPA aus Stuttgart.
Im Self Experience Space präsentieren sich folgende Hersteller von Exoskelett-Lösungen, die von den Besuchern selbst ausprobiert werden können: Ottobock SE & Co. KGaA, Japet Medical Devices SAS, Iturri, German Bionic Systems GmbH, Ergoschutz GmbH, suitX Inc., hTRIUS GmbH, Levitate Technologies Inc. und Laevo B.V.

Der Exoworkathlon ist eine Live-Studie des Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und des Institute for Industrial Manufacturing and Management der Universität Stuttgart (IFF), bei der junge Probanden (Auszubildende und Technikerschüler) einmal mit und einmal ohne Exoskelett einen Parcours durchlaufen. Die Daten, die beim Exoworkathlon erhoben werden, dienen dazu, wissenschaftlich zu evaluieren, inwieweit diese Exoskelette die Muskel- und Skelettbelastungen verringern und die Leistungsfähigkeit erhöhen.

In Halle 4 werden im Trend Forum Fachvorträge zu den Themen Digitalisierung + Sicherheit, Digitalisierung + Gesundheit, Nachhaltigkeit, Schutz und Hygiene sowie sicherer Umgang mit Gefahrstoffen einen Einblick in aktuelle Entwicklungen geben.

In Halle 5 liegt die Corporate Fashion Lounge. Hier können sich die Fachbesucher über die neuesten Trends im Bereich der modischen Berufsbekleidung informieren und erleben, wie vielfältig moderne Arbeitskleidung heute ist. Gleichzeitig gibt die Lounge einen Ausblick auf die zukünftige Rolle, die das Thema Corporate Fashion ab der A+A 2023 in der Fachmesse einnehmen wird.

In Halle 6 finden die Fachbesucher die Aktionsfläche Betrieblicher Brandschutz und Notfallmanagement, organisiert vom Bundesverband Betrieblicher Brandschutz / Werkfeuerwehrverband Deutschland (WFVD). In mehreren Live-Vorführungen wird der Einsatz von Chemikalienschutzanzügen (CSA) beim Austritt von giftigen Substanzen bei einem Unfall simuliert und die richtige Prävention demonstriert.

Weitere Informationen:
A+A
Quelle:

Messe Düsseldorf

(c) Hochschule Niederrhein
06.04.2021

120 Jahre Textile Ausbildung in Mönchengladbach

Der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein feiert in diesem Jahr ein zweifaches Jubiläum: Zum einen wird die Hochschule Niederrhein 50 Jahre alt. Zum anderen wurde vor 120 Jahren die Preußische Höhere Schule für Textilindustrie gegründet. Aus ihr entstand später die Textilingenieurschule, die 1971 in den Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein überführt wurde.
 
Der diesjährige Masterkongress am 23. April 2021 nimmt dieses doppelte Jubiläum auf. Er läuft unter dem Titel: NOW AND THEN – MG CREATES CAREERS (Gestern, heute, morgen: Mönchengladbach macht Karrieren).

Der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein feiert in diesem Jahr ein zweifaches Jubiläum: Zum einen wird die Hochschule Niederrhein 50 Jahre alt. Zum anderen wurde vor 120 Jahren die Preußische Höhere Schule für Textilindustrie gegründet. Aus ihr entstand später die Textilingenieurschule, die 1971 in den Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein überführt wurde.
 
Der diesjährige Masterkongress am 23. April 2021 nimmt dieses doppelte Jubiläum auf. Er läuft unter dem Titel: NOW AND THEN – MG CREATES CAREERS (Gestern, heute, morgen: Mönchengladbach macht Karrieren).

„Die textile Ausbildung in Mönchengladbach hat ein bedeutsames historisches Erbe, auf welches wir sehr stolz sind“, sagt Professor Dr. Lutz Vossebein, Dekan des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik. Mit über 2000 Studierenden und mehr als 30 Professorinnen und Professoren gehört der Fachbereich heute zu den größten Ausbildungsstätten im Bereich Textil und Bekleidung – und das europaweit.

„Der Masterkongress richtet sich an Studierende und Partner des Fachbereichs sowie des Forschungsinstituts für Textil und Bekleidung aus Wirtschaft, Forschung und Lehre sowie Politik. Wie immer werden aktuelle Themen von den angehenden Ingenieurinnen und Ingenieuren auf hohem Niveau präsentiert“, sagt Prof. Dr. Maike Rabe, die den Master Kongress vor fünf Jahren ins Leben gerufen hat. Keynote-Speaker in diesem Jahr ist Dr. Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der deutschen Textil- und Modeindustrie e. V. in Berlin. Eines seiner Themen: die unternehmerische Sorgfaltspflicht oder kurz gesagt: das Lieferkettengesetz. „Damit müssen sich die angehenden und gestandenen Fachleute der Branche auseinandersetzen“, erklärt das Planungsteam mit Oliver Heß, Dr. Esther Rohleder und Iris Siebgens.

Am 15. April 1901 fiel der Startschuss für die textile Ausbildung in Mönchengladbach. An diesem Tag nahm die an der Stadtgrenze Mönchengladbach / Rheydt gelegene Höhere Fachschule ihren Lehrbetrieb auf. Vorausgegangen war ein durch die Entwicklung industriell nutzbarer Spinn-, Web- und Veredlungsmaschinen im 19. Jahrhundert forciertes Wachstum der Textilindustrie, das gerade in Mönchengladbach und Umgebung den Bedarf an Fach- und Führungskräften ansteigen ließ.

Das Besondere an der Mönchengladbacher Schule war, dass sie mehrere Abteilungen unter einem Dach vereinte. Neben der Textilproduktion gab es ab 1912 eine Konfektionsabteilung, die sukzessive ausgebaut wurde. Es folgten Damenoberbekleidung, Wäsche, Berufs- und Sportbekleidung als Unterrichtsinhalte. Somit bündelte die „Preußische Höhere Schule für Textilindustrie“, zu diesem Zeitpunkt in Deutschland einzigartig, eine breite Palette im Bereich der textil- und bekleidungstechnischen Ausbildung.

Bedingt durch die hohen Schülerzahlen in den Konfektionsabteilungen erfolgte 1932 die Umbenennung in „Höhere Bekleidungsfachschule“. Als erste Lehranstalt in Deutschland war sie berechtigt, Bekleidungsingenieure auszubilden. Damit wurde die Schule zur Ingenieurschule aufgewertet, Fächer wie Kostenrechnen, Betriebsorganisation, Leistungs- und Arbeitsplanung kamen hinzu.

Der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik, der mit der Gründung der Fachhochschule Niederrhein im Jahr 1971 entstand, bündelte die Kompetenzen der ehemaligen Textilingenieurschule in Mönchengladbach – aber auch die der Schulen in Köln, Bielefeld, Aachen, Wuppertal und natürlich Krefeld. Krefeld, ebenfalls ein traditionsreicher Textilstandort der Region, wurde für den Weggang der textilen Ausbildung nach Mönchengladbach übrigens dadurch entschädigt, dass die Verwaltung der neuen Fachhochschule nach Krefeld kam.

Einer der Wegbereiter der FH-Gründung war Prof. Dr. Rolf Klinke. Er war vor 50 Jahren Vorsitzender des Planungsausschusses und danach als Prorektor der jungen Fachhochschule und in Personalunion als erster Dekan des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik eine zentrale Figur der Gründungsjahre. Anlässlich des Digitalen Masterkongress 2021 wird er als Ehrengast über diese Zeit berichten. Der kostenlose Masterkongress findet am Freitag, 23. April 2021, 9.00 bis 16.15 Uhr, statt. Das komplette Programm und Anmeldeformular: www.hs-niederrhein.de/ftb/#c129082