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Windenergie Foto: Carlos / Saigon - Vietnam, Pixabay
21.02.2024

Composites: Hoffnungsträger Windenergie und Luftfahrt

Composites Germany legt Ergebnisse der 22. Markterhebung vor    

  • Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
  • Zukunftserwartungen hellen sich auf
  • Investitionsklima bleibt verhalten
  • Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
  • Wachstumstreiber mit leichten Verschiebungen
  • Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen

Zum 22. Mal hat Composites Germany aktuelle Kennzahlen zum Markt für faserverstärkte Kunststoffe erhoben. Befragt wurden alle Mitgliedsunternehmen der Trägerverbände von Composites Germany: AVK und Composites United sowie des assoziierten Partners VDMA.

Um die problemlose Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Erhebungen zu gewährleisten, wurden auch in diesem Halbjahr keine grundlegenden Änderungen bei der Befragung durchgeführt. Erhoben wurden erneut überwiegend qualitative Daten in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Marktentwicklung.

Composites Germany legt Ergebnisse der 22. Markterhebung vor    

  • Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
  • Zukunftserwartungen hellen sich auf
  • Investitionsklima bleibt verhalten
  • Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
  • Wachstumstreiber mit leichten Verschiebungen
  • Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen

Zum 22. Mal hat Composites Germany aktuelle Kennzahlen zum Markt für faserverstärkte Kunststoffe erhoben. Befragt wurden alle Mitgliedsunternehmen der Trägerverbände von Composites Germany: AVK und Composites United sowie des assoziierten Partners VDMA.

Um die problemlose Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Erhebungen zu gewährleisten, wurden auch in diesem Halbjahr keine grundlegenden Änderungen bei der Befragung durchgeführt. Erhoben wurden erneut überwiegend qualitative Daten in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Marktentwicklung.

Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
Nachdem bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage in 2021 durchweg positive Tendenzen zu erkennen waren, rutschte diese seit 2022 ab. Auch in der aktuellen Befragung ist weiterhin keine Trendumkehr festzustellen. Die Gründe für die negative Stimmung sind vielfältig und zeigten sich bereits in der letzten Erhebung.     

Derzeit scheint es der Politik nicht zu gelingen, mit entsprechenden Maßnahmen ein für die Industrie positiveres Umfeld zu schaffen. Insgesamt zeigt vor allem Deutschland, aber auch Europa derzeit ein sehr schwieriges Marktumfeld.

Haupttreiber der derzeitigen, schwierigen Situation dürften aber vor allem die nach wie vor hohen Energie- und Rohstoffpreise sein. Hinzu kommen weiterhin Probleme in einzelnen Bereichen der Logistikketten, beispielsweise auf einzelnen Handels-/Containerruten sowie ein zurückhaltendes Konsumklima. Eine Verlangsamung des Welthandels und Unsicherheiten im politischen Bereich befeuern derzeit die negative Stimmung im Markt. Trotz steigender Zulassungszahlen ist auch die Automobilindustrie als wichtigster Anwendungsbereich für Composites noch nicht auf ihr altes Volumen zurückgekehrt. Die Bauindustrie als zweiter zentraler Anwendungsbereich steckt derzeit in einer Krise. Zwar sind die Auftragsbücher noch gut gefüllt, aber Neuaufträge bleiben vielfach aus. Hohe Zinsen und Materialkosten bei hohen Lebenshaltungskosten belasten vor allem den privaten Bau stark, aber auch der öffentliche Bau kann die selbst gesteckten Ziele momentan nicht erreichen. Laut dem ZDB (Zentralverband Deutsches Baugewerbe) bleiben die Prognosen in diesem wichtigen Bereich düster: „Der Rückgang der Baukonjunktur setzt sich weiter fort. Der Umsatz wird in diesem Jahr real um 5,3 % zurückgehen und im kommenden Jahr gehen wir von weiteren minus 3 % aus. Verantwortlich für das Minus bleibt der Wohnungsbau, der in diesem Jahr real um 11 % einbricht und 2024 mit -13 % seinen Sinkflug fortsetzt.“

Nicht nur die Bewertung der generellen Geschäftslage bleibt pessimistisch. Auch die Situation der eigenen Unternehmen wird weiterhin kritisch bewertet. Vor allem für Deutschland zeigt sich ein negatives Bild. Fast 50 % der Befragten bewerten die aktuelle Geschäftslage in Deutschland kritisch. Etwas positiver fällt die Sichtweise auf das weltweite Geschäft und Europa aus. Hier bewerten „nur“ 40 % bzw. 35 % der Befragten die Situation eher negativ.

Zukunftserwartungen hellen sich auf
Trotz der generell eher verhaltenen Bewertung der Geschäftslage scheinen viele der Befragten, zumindest in Europa, von einer Besserung der Stimmung überzeugt zu sein. Befragt nach ihrer Einschätzung zur zukünftigen generellen Geschäftsentwicklung, zeigen sich die Werte für Europa und auch die Welt optimistischer als bei der letzten Befragung. Für Deutschland erwarten die Teilnehmer der Befragung derzeit keine Verbesserung der Situation.

Auch für das eigene Unternehmen zeigen sich die Befragten hinsichtlich ihrer Zukunftserwartungen für Europa und den Weltmarkt optimistischer:
     
Die Teilnehmenden gehen anscheinend von einer moderaten kurz- bis mittelfristigen Erholung der Weltwirtschaft aus. Die Prognosen sind optimistischer als die Bewertung der aktuellen Situation. Auffällig ist, dass die Sichtweise auf die Region Deutschland im Verhältnis zu Europa und der weltweiten Konjunktur kritischer ist. 28 % der Befragten erwarten eine negative Entwicklung der generellen Marktsituation in Deutschland. Nur 13 % erwarten eine Verbesserung der aktuellen Situation. Für Europa und auch die Welt zeigen sich bessere Kennwerte.
          
Investitionsklima bleibt verhalten
Die aktuell eher zurückhaltende Bewertung der wirtschaftlichen Situation wirkt sich auch weiterhin auf das Investitionsklima aus.

Nachdem in der letzten Befragung noch 22% der Teilnehmenden von einem Anstieg bei der Personalkapazität ausgegangen waren (Befragung 1/2023 = 40 %), liegt dieser Wert aktuell nur noch bei 18 %. Demgegenüber stehen 18 %, die sogar von einem Rückgang im Bereich Personal ausgehen.

Auch der Anteil der Befragten, die Maschineninvestitionen planen, ist rückläufig. Waren bei der letzten Befragung noch 56 % von entsprechenden Investitionen ausgegangen, so sinkt dieser Wert nun auf 46 % ab.


Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
Der Composites Markt ist durch eine starke Heterogenität sowohl material- aber auch anwendungsseitig gekennzeichnet. In der Befragung werden die Teilnehmenden gebeten, ihre Einschätzung hinsichtlich der Marktentwicklung unterschiedlicher Kernbereiche zu geben.

Die Erwartungen zeigen sich äußerst verschieden. Die beiden wichtigsten Anwendungsbereiche sind der Mobilitäts- und der Bau-/Infrastruktursektor. Beide befinden sich derzeit in starken Umbrüchen bzw. sind von Rückgängen betroffen, was sich auch in der Befragung deutlich zeigt. Wachstum wird vor allem im Bereich Windenergie und Luftfahrt erwartet.

Wachstumstreiber mit leichten Verschiebungen
Bei den Werkstoffen zeigt sich ein Wechsel hinsichtlich der Einschätzungen der Wachstumstreiber. Wurde von den Befragten in den letzten 9 Erhebungen stets GFK als Material genannt, aus dessen Umfeld die wesentlichen Wachstumsimpulse für den Composites-Bereich zu erwarten sind, so werden die wesentlichen Impulse mittlerweile erneut von CFK oder materialübergreifend vermutet.

Regional kommt es zu einer leichten Verschiebung. Deutschland wird weniger stark als Wachstumstreiber gesehen. Demgegenüber werden Europa (ohne Deutschland) und Asien deutlich mehr genannt.

Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen
Die zahlreichen negativen Einflüsse der letzten Zeit zeigen sich weiterhin auch im Gesamt-Composites-Index. Dieser gibt vor allem bei der Betrachtung der momentanen Geschäftslage weiterhin nach. Demgegenüber steht eine leichte Aufhellung hinsichtlich der Erwartungen an die zukünftige Marktentwicklung, welche jedoch auf niedrigem Niveau bleibt.
 
Die gesamte verarbeitende Composites-Menge in Europa in 2022 war bereits rückläufig, auch für 2023 muss weiterer Rückgang erwartet werden. Dieser dürfte erneut bei etwa 5% liegen. Es bleibt abzuwarten, ob es gelingen wird, der negativen Entwicklung gegenzusteuern. Hier wäre ein zielgerichtetes Eingreifen, auch der politischen Entscheidungsträger, wünschenswert. Dies kann aber ohne die Industrie/Wirtschaft nicht gelingen. Nur gemeinsam wird es möglich sein, den Wirtschafts-/Industriestandort Deutschland zu erhalten und erneut zu stärken. Für Composites als Materialgruppe generell zeigen sich, aufgrund des speziellen Eigenschaftsportfolios, nach wie vor sehr gute Chancen zum Ausbau der Marktposition in neuen, aber auch bestehenden Märkten. Die Abhängigkeit von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen aber bleibt bestehen. Es gilt nun über Innovationen neue Marktfelder zu erschließen, Chancen konsequent zu nutzen und gemeinsam daran zu arbeiten, Composites weiter in bestehenden Märkten zu implementieren. Dies kann gemeinsam oftmals besser gelingen als alleine. Composites Germany bietet mit seinem hervorragenden Netzwerk vielfältige Möglichkeiten.

Die nächste Composites-Markterhebung erscheint im Juli 2024.

Quelle:

Composites Germany

JUMBO-Textil Produktion © JUMBO-Textil GmbH & Co. KG
28.11.2023

Interview JUMBO-Textil: „Führung heißt bei uns Teamentwicklung.“

JUMBO-Textil steht mit seinen hochwertigen technischen Schmaltextilien für Hightech – egal ob gewebt, geflochten oder gewirkt. Als Elastic-Spezialist und Lösungspartner entwickelt und produziert das Unternehmen individuelle Innovationen für Kunden weltweit. Das 70 Personen umfassende starke Team muss so vielfältig und flexibel sein wie die Produkte, die es konzipiert. Textination sprach mit dem  Wirtschaftsingenieur Carl Mrusek über die aktuellen Herausforderungen für Familienunternehmen. Carl Mrusek, seit einem knappen Jahr Chief Sales Officer (CSO) in der Textation Group GmbH & Co KG, zu der JUMBO-Textil gehört, verantwortet neben anderen Aufgabenbereichen auch die strategische Unternehmensentwicklung.

 

JUMBO-Textil steht mit seinen hochwertigen technischen Schmaltextilien für Hightech – egal ob gewebt, geflochten oder gewirkt. Als Elastic-Spezialist und Lösungspartner entwickelt und produziert das Unternehmen individuelle Innovationen für Kunden weltweit. Das 70 Personen umfassende starke Team muss so vielfältig und flexibel sein wie die Produkte, die es konzipiert. Textination sprach mit dem  Wirtschaftsingenieur Carl Mrusek über die aktuellen Herausforderungen für Familienunternehmen. Carl Mrusek, seit einem knappen Jahr Chief Sales Officer (CSO) in der Textation Group GmbH & Co KG, zu der JUMBO-Textil gehört, verantwortet neben anderen Aufgabenbereichen auch die strategische Unternehmensentwicklung.

 

„In einem Familienunternehmen sind Traditionen das Fundament, Innovationen der Weg nach vorne“, sagt man. Das Image familiengeführter Unternehmen hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt – altmodische Wertvorstellungen und überholte Wirtschaftskonzepte sind einer starken Firmenkultur, hohem regionalen Verantwortungsgefühl und nachhaltigem Planen gewichen. Wie verknüpft JUMBO-Textil seine Unternehmenswerte und Traditionen mit einem zeitgemäßen Führungsstil?

Carl Mrusek: Als Familienunternehmen besteht eine enge Bindung der Mitarbeiter*innen an das Unternehmen und umgekehrt, die Kontinuität der menschlichen Beziehungen ist wichtig und wertvoll. Bei JUMBO-Textil hat darüber hinaus vor allem eines Tradition: zeitgemäße Unternehmensführung, und zwar sowohl technisch und fachlich als auch mit Blick auf Führungsstil und Werte. Denn gerade in einem Familienunternehmen, das ja oft über Jahrzehnte von derselben Person geführt wird, ist es entscheidend, Unternehmenswerte und Führungsstil zu hinterfragen und Wandel zu fördern. Ein Unternehmen, das seit bald 115 Jahren international erfolgreich agiert, muss anpassungsfähig sein. Auf Veränderungen schnell zu reagieren, sie sogar vorauszusehen und entsprechend voranzugehen, das ist für uns Kern klugen wirtschaftlichen Handelns. Die Spezialisierung hin zu Elastics in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts ist ein Beispiel für die vorausschauende Veränderungskraft, aber auch die strategisch wichtige Hinwendung zu technischen Textilien in den 70er-Jahren. Aus der jüngsten Zeit ließe sich das Zusammengehen mit der vombaur GmbH & Co. KG unter das Dach der Textation Group nennen.

Das Wichtigste in jedem Unternehmen sind seine Mitarbeiter*innen. Mit überkommenen Traditionen und Arbeitsweisen würden wir sie nicht gewinnen und halten können. Bei uns steht nicht die Unternehmensleitung im Zentrum, sondern der gemeinsame Erfolg, und der ist in einer komplexen Welt in der Regel das Ergebnis einer gelungenen Zusammenarbeit und nicht einer Ansage des Chefs. Führung heißt – klar – strategische Ziele setzen und verfolgen, heißt heute aber auch: Teamentwicklung. Die besten Menschen zu finden, zusammenzubringen und für das Ziel zu motivieren.

 

Team-Gedanke und Leitbild-Entwicklung: Wie gelingt Ihnen das bei JUMBO-Textil? 

Carl Mrusek: Im Team! JUMBO-Textil hat seine Führungsebene gezielt verbreitert. Neben dem Geschäftsführer, unserem CEO Andreas Kielholz, arbeiten hier der Chief Operational Officer Patrick Kielholz, der Chief Financial Officer Ralph Cammerath, der Chief Technology Officer Dr. Sven Schöfer und ich selbst als Chief Sales Officer. Das zeigt, dass wir vom Kooperationsgedanken überzeugt sind: Auch an der Unternehmensentwicklung und in strategischen Fragen arbeiten wir gemeinsam. Genauso in den einzelnen Teams – in organisatorischen Fachteams oder in interdisziplinären Projektteams. Die Aufgaben, für die wir zuständig sind, mögen unterschiedlich sein, aber jede ist gleich wichtig.

 

Deshalb auch starten Sie die Vorstellung der Ansprechpartner*innen auf Ihrer Website mit dem Junior Sales Manager? Und die Vertreter der C-Ebene stehen am Ende?

Carl Mrusek: Ja. Alle JUMBO-Textil-Köpfe sind für uns der Kopf des Unternehmens. Alle JUMBO-Textil-Gesichter repräsentieren das Unternehmen. Das spiegelt sich auch an der Reihenfolge der Ansprechpartner*innen auf der Website wider. Die Besucher*innen sollen hier schnell die Person finden, die ihnen weiterhelfen kann, und nicht erfahren, wer das Unternehmen leitet. Dafür gibt es das Impressum. (lacht)

 

Wie sehen das Leitbild von JUMBO-Textil und seine Vision für die Zukunft aus, und was muss sich verändern, um die Vision zu erreichen?

Carl Mrusek: Wir arbeiten aktuell an der strategischen Ausrichtung der Textation Group, zu der die JUMBO-Textil GmbH & Co. KG sowie die vombaur GmbH & Co. KG gehören. In diesem Zusammenhang haben wir die Unternehmensvision und -mission der Gruppe erarbeitet und unser Leitbild aktualisiert. Dies dient als Fundament für die Strategieentwicklung und gelingt nur dann nachhaltig, wenn Mitarbeiter*innen über Umfragen und Workshops in diesem Prozess eingebunden sind. Ich möchte noch nicht zu viel verraten, aber so viel steht bereits: Starke Teams, die richtigen Personen am richtigen Platz, Verantwortungsübernahme auf allen Ebenen, Nachhaltigkeit als Grundlage für Innovation – das werden die vier Eckpfeiler sein. Daran lässt sich bereits ablesen: Um unsere Vision zu erreichen, können wir nicht einen Schalter umlegen. Wir müssen stets veränderungsfreudig bleiben, immer wieder neu – von der Produktentwicklung bis zur Personalgewinnung. Aber das hat bei uns ja wie gesagt Tradition.

 

JUMBO-Textil ist kein Branchenspezialist, sondern bündelt Kompetenzen für anspruchsvolle Hightech-Schmaltextilien. Wer hat bei herausfordernden Kundenprojekten das Sagen – entscheiden Sie im Team oder eher top-down, wo ist die Verantwortung für einen Auftrag angesiedelt?

Carl Mrusek: Wir entscheiden im Team darüber, welche Projekte wir realisieren bzw. mit welcher Priorisierung sie angegangen werden. Dabei gibt die Unternehmensstrategie die „Stoßrichtung“ vor. Neben der vertrieblichen spielt auch die entwicklungsseitige Betrachtung von neuen Projekten eine entscheidende Rolle. Ich stimme mich deshalb intensiv mit Dr. Sven Schöfer (CTO) und seinem Team ab, da hier die technische Entwicklung und Umsetzung unserer Produkte im Fokus steht. Die Projektbearbeitung ist final immer eine Teamleistung von Vertrieb und Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit der Produktion.

 

Zwischen übertariflichen Vergütungen, einer 4-Tage-Woche und der vielbeschworenen Work-Life-Balance – in der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt sind eher die Unternehmen in der Bewerbersituation als umgekehrt. Was tun Sie, um als Arbeitgeber für neue Kollegen und Kolleginnen attraktiv zu bleiben? Und wie halten Sie die Einsatzfreude Ihrer Fachkräfte auf gleichbleibend hohem Niveau?

Carl Mrusek: Ein wichtiger Ansatz bei uns ist die Ausbildung. Junge Menschen auszubilden und ihnen während der Ausbildung zu beweisen: JUMBO-Textil ist dein Place-to-be. Wir beginnen also bereits durch unsere Schulbesuche und Schulpraktika mit der Fachkräftegewinnung. Als hochmodernes Unternehmen bieten wir ein attraktives Gehaltsniveau und ein angenehmes und gesundes Arbeitsumfeld.

Bewerber*innen möchten heute darüber hinaus oft auch ihre Arbeitsform und ihre Arbeitszeiten individuell und flexibel gestalten, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Mit modernen Arbeitsmodellen und dank unserer laufenden Digitalisierungsfortschritte unterstützen wir sie dabei, wo immer es möglich ist. Außerdem möchten die Menschen für ein Unternehmen arbeiten, mit dem sie sich identifizieren können. Umwelt- und Klimaschutz sind unseren Mitarbeiter*innen und Bewerber*innen ebenso wichtig wie Sozialstandards in unserer Lieferkette. Dass wir uns mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie ehrgeizige Ziele gesetzt haben und sie mit fest terminierten Schritten konsequent verfolgen – unsere klimaneutrale Energiegewinnung ist ein konkretes bereits realisiertes Beispiel –, dass wir unsere Geschäftspartner mit Nachdruck dazu aktivieren, die Menschen- und Arbeitnehmerrechte zu beachten und uns zum Code of Conduct der deutschen Textil- und Modeindustrie bekennen, all das hilft uns deshalb auch bei der Personalgewinnung.

 

Was größere, kapitalintensivere Unternehmen teilweise durch Finanzmittel wettmachen können, muss der Mittelstand – insbesondere in Krisensituationen – durch Agilität und Anpassungsfähigkeit stemmen. Inwiefern spiegeln sich diese Anforderungen auch in Ihrer Organisationsstruktur und dem Anforderungsprofil für Beschäftigte wider?

Carl Mrusek: Genau, das ist der Vorteil, den Familienunternehmen gegenüber großen Konzernen mitbringen und ausspielen können: Wir können schnell entscheiden und wenn nötig tagesaktuell reagieren. Die Hierarchien sind flach, Abstimmungsprozesse kurz. Ein spannender Vorschlag muss nicht erst durch Agenturen schick aufbereitet und über etliche Ebenen abgestimmt werden, bis er durch die Geschäftsführung abgesegnet ist und umgesetzt werden kann. Das Okay kann auch sofort beim Mittagessen kommen: „Super Idee, das machen wir.“ In einem Konzern scheitert das schon daran, dass nur die wenigsten Mitarbeiter*innen die Chance haben, mit der Geschäftsleitung an einem Tisch zu Mittag zu essen. – Wobei wir dabei nur im Ausnahmefall über das Geschäft sprechen. Meistens dreht es sich in der Pause um Familie, Wetter, Sport- und Freizeitpläne, Mittagsthemen eben. – Wir brauchen dafür verantwortungsvolle und veränderungsbereite Teamplayer. Menschen, die auf Augenhöhe mit anderen zusammenarbeiten, sich mit Schwung und Kompetenz für das Unternehmen und seine Ziele einsetzen und Lust auf Neues haben.

 

Um aktuelle und potenzielle Mitarbeitende begeistern zu können, braucht es inzwischen deutlich mehr als Obstkorb und Fitnessstudio. Sinnstiftend zu arbeiten, sich an einer klimafreundlichen Transformation zu beteiligen, ist vielen Menschen besonders wichtig. Was macht JUMBO-Textil konkret, um SDGs nicht nur in einem Statement zu zitieren, sondern im Unternehmensalltag zu leben?

Carl Mrusek: Wir haben uns ein konkretes Klima-Ziel gesetzt: Bis 2035 arbeiten wir in unserer Zentrale in Verwaltung und Produktion klimaneutral. Realistische Schritte wurden hierfür definiert. Ein wichtiges Zwischenziel haben wir schon erreicht: In unserer Zentrale in Sprockhövel nutzen wir ausschließlich Öko-Strom aus Sonne, Wind und Wasser. Die noch unvermeidlichen Emissionen für unsere Wärmegewinnung gleichen wir mit CO2-Kompensationsleistungen aus. Außerdem entwickeln wir immer mehr Produkte aus recyclebaren und recycelten Materialien. Unsere Fahrzeugflotte wird aktuell auf rein elektrisch bzw. hybrid angetriebene Modelle umgestellt.

 

Diversifikation und Internationalisierung sind heutzutage Bestandteil jeder Unternehmensstrategie. Doch was bedeuten diese Begriffe für den Führungsstil eines Mittelständlers in Sprockhövel? Bauen Sie bewusst interdisziplinäre internationale Teams auf?

Carl Mrusek: Wir leben in einer hyperdiversen Gesellschaft. Das bildet sich auch in unserem Unternehmen ab. Unsere Teams setzen sich, ganz ohne dass wir das steuern müssten, aus Menschen mit unterschiedlichen internationalen Hintergründen zusammen. Auch die Altersstruktur ist inzwischen sehr durchmischt. Die unterschiedlichen Perspektiven sehen wir als Gewinn, als Chance und Erfolgsfaktor. Wir – und das bedeutet letztlich unsere Kunden und deren Projekte – profitieren von der Vielzahl der Blickwinkel, die in unsere Lösungen einfließen. Der Frauenanteil ist – wie bei vielen Unternehmen im Bereich technischer Textilien – in manchen Teams noch etwas unausgewogen. Doch er steigt erfreulicherweise kontinuierlich an.

 

Generationenwechsel und Nachfolgeplanung sind Kernthemen familiengeführter Unternehmen. Wie wichtig ist JUMBO-Textil die Professionalisierung seiner Führungsriege, und inwiefern ist das Unternehmen offen für externe Fachkräfte und Manager?

Carl Mrusek: Ein Unternehmen, das sich externen Fach- und Führungskräften gegenüber verschließt, verschließt sich damit auch eine Tür zum Erfolg. Das wäre töricht. Die enge Bindung, persönliche Kontinuität und Flexibilität eines familiengeführten Unternehmens, die Leidenschaft und Innovationslust eines Start-ups und die Solidität und Finanzkraft eines Konzerns – all das versuchen wir bei JUMBO-Textil zu verbinden und auszubalancieren. Mit Patrick Kielholz als COO ist die nächste Generation der Familie in der Führungsebene ebenso vertreten wie der externe Blick und die Vielfalt der Perspektiven durch die weiteren neuen Mitglieder im C-Level. Die Textation Group, zu der mit Kevin Kielholz auch der Bruder von Patrick Kielholz gehört, stützt das Unternehmen und ermöglicht es, größer zu denken und zu agieren, als mittelständische Familienunternehmen es sonst oft tun. JUMBO-Textil ist Elastic-Spezialist. Und was unser Produkt auszeichnet, das zeichnet uns auch als Organisation aus. Wir umspannen die Vorteile des Familienunternehmens ebenso wie die des Start-ups und des Konzerns. Wenn ich das Bild der Elastizität hier nutzen darf und es nicht überstrapaziere. (lacht)

Carbon U Profil (c) vombaur GmbH & Co. KG
19.09.2023

„Ein Raumschiff wird ja nicht von der Stange gefertigt.“

vombaur-Pioniere für Spezialtextilien im Interview
Technische Schmaltextilien, Speziallösungen, mittelständischer Textilproduzent und Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles: vombaur. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Energiepreise, Pionierarbeit und ungebrochene Begeisterung – Textination sprach mit zwei leidenschaftlichen Textilern: Carl Mrusek, Chief Sales Officer (CSO), und Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien, in der vombaur GmbH, die wie JUMBO-Textil zur Textation Group gehört.
 

vombaur-Pioniere für Spezialtextilien im Interview
Technische Schmaltextilien, Speziallösungen, mittelständischer Textilproduzent und Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles: vombaur. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Energiepreise, Pionierarbeit und ungebrochene Begeisterung – Textination sprach mit zwei leidenschaftlichen Textilern: Carl Mrusek, Chief Sales Officer (CSO), und Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien, in der vombaur GmbH, die wie JUMBO-Textil zur Textation Group gehört.
 
Wer auf Ihre Geschichte und damit bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurückschaut, sieht eine Bändermanufaktur und ab 1855 eine Fabrikation von Seiden- und Hutbändern. Heute produzieren Sie Filtra¬tionstextilien, Industrietextilien und Textilien für Verbundstoffe. Zwar fertigen Sie auch heute noch Schmaltextilien, aber das Motto „Transformation als Chance“ scheint bei vombaur gelebte Realität.
 
Carl Mrusek, Chief Sales Officer: Ja, vombaur hat sich in seiner fast 220-jährigen Unternehmensgeschichte einige Male verwandelt. Dabei ist sich das Unternehmen als Schmaltextiler immer treu geblieben. Das zeugt von der Veränderungsbereitschaft bei den Menschen im Unternehmen und von ihrer Neugier. Erfolgreiche Transformation ist eine gemeinsame Entwicklung, es liegt eine Chance in der Veränderung. Das hat vombaur in den vergangenen fast 220 Jahren schon häufig bewiesen: Wir haben unsere Produkt-Portfolio an neue Zeiten angepasst, wir haben neue Fabrikgebäude und neue Maschinenparks errichtet, haben neue Materialien eingeführt und neue Technologien entwickelt, wir sind neue Partnerschaften – wie zuletzt als Teil der Textation Group – eingegangen. Aktuell planen wir unsere neue Zentrale. Wir erfinden uns damit nicht neu, aber eine Art Transformationsprozess werden wir auch mit dem Umzug in die brandneuen, klimagerechten Hightech-Räume durchlaufen.

 

Können Sie die Herausforderungen dieses Transformationsprozesses beschreiben?
 
Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien: Eine Transformation vollzieht sich in der Regel technisch, fachlich, organisatorisch und nicht zuletzt – vielleicht sogar zuallererst – kulturell. Die technischen Herausforderungen liegen auf der Hand. Um die neuen Technologien zu managen und zu nutzen, braucht es zweitens entsprechendes Fachwissen im Unternehmen. Jede Transformation bringt drittens neue Prozesse mit sich, Teams und Abläufe müssen angepasst werden. Und schließlich verändert sich viertens auch die Unternehmenskultur. Technik, kann man sich beschaffen, Fachwissen erwerben, die Organisation anpassen. Zeit dagegen können wir nicht kaufen. Die größte Herausforderung sehe ich deshalb darin, die personellen Ressourcen bereitzustellen: Damit wir die Transformation aktiv gestalten und nicht durch die Entwicklung getrieben werden, brauchen wir ausreichend Fachkräfte.

 

Beim Besuch Ihrer Website fällt sofort der Claim „pioneering tech tex“ ins Auge. Weshalb sehen Sie Ihr Unternehmen als Pionier, und worin bestehen die bahnbrechenden oder wegbereitenden Innovationen von vombaur?

Carl Mrusek: Wir sind mit unserem einzigartigen Maschinenpark Pionier*innen für nahtlos rundgewebte Textilien. Und als Entwicklungspartner betreten wir mit jedem Auftrag ein kleines Stück weit Neuland. Wir nehmen immer neue projektspezifische Veränderungen vor: an den Endprodukten, an den Produkteigenschaften, an den Maschinen. Dass wir für ein spezielles nahtlos gewebtes Formtextil eine Webmaschine anpassen, bisweilen auch ganz neu entwickeln, kommt regelmäßig vor.
 
Mit unserem jungen, erstklassigen und wachsenden Team für Development and Innovation um Dr. Sven Schöfer, lösen wir unseren Anspruch „pioneering tech tex“ immer wieder ein, indem wir mit und für unsere Kunden spezielle textile Hightech-Lösungen entwickeln. Parallel erkunden wir aktiv neue Möglichkeiten. Zuletzt mit nachhaltigen Materialien für den Leichtbau und Forschungen zu neuartigen Sonderfiltrationslösungen etwa zur Filtration von Mikroplastik. Für dieses Team ist im Neubau ein hochmodernes textiltechnisches Labor vorgesehen.

 

Die Entwicklung der technischen Textilien in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Mit Massenware können wir global betrachtet nur noch in Ausnahmefällen reüssieren. Wie schätzen Sie die Bedeutung technischer Textilien made in Germany für den Erfolg anderer, insbesondere hoch technologisierter Branchen ein?

Carl Mrusek: Wir sehen die Zukunft der Industrie in Europa in individuell entwickelten Hightech-Produkten. vombaur steht gerade für hochwertige, zuverlässige und langlebige Produkte und Spezialanfertigungen. Und gerade das – passgenau Produkte, statt Überschuss- und Wegwerfware – ist die Zukunft für nachhaltige Wirtschaft insgesamt.

 

Welchen Anteil hat das Projektgeschäft an Ihrer Produktion gegenüber einem Standardsortiment, und inwiefern fühlen Sie sich noch mit der Bezeichnung „Textilproduzent“ wohl?

Johannes Kauschinger: Unser Anteil an Speziallösungen liegt bei nahezu 90 Prozent. Wir entwickeln für aktuelle Projekte unserer Kunden textiltechnische Lösungen. Hierfür sind wir in engem Austausch mit den Kolleg*innen aus der Produktentwicklung unserer Kunden. Gerade bei den Composite Textiles sind vorwiegend Speziallösungen gefragt. Das kann ein Bauteil für die Raumfahrt sein – ein Raumschiff wird ja nicht von der Stange gefertigt. Wir bieten auch hochwertige Serienartikel, etwa im Bereich Industrial Textiles, wo wir rundgewebte Schläuche für Transportbänder bieten. So gesehen sind wir Textilproduzent, aber mehr als das: Wir sind dabei auch Textilentwickler.

 

Composites Germany hat im August die Ergebnisse seiner 21. Markterhebung vorgestellt. Dabei wird die aktuelle Geschäftslage sehr kritisch gesehen, das Investitionsklima trübt sich ein und Zukunftserwartungen drehen ins Negative. vombaur hat in seinem Portfolio ebenfalls hochfeste textile Verbundwerkstoffe aus Carbon, Aramid, Glas und Hybriden. Teilen Sie die Beurteilung der Wirtschaftslage, wie sie die Umfrage spiegelt?

Carl Mrusek: Wir sehen für vombaur eine durchaus positive Entwicklung voraus, da wir sehr lösungsorientiert entwickeln und unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten. Denn gerade Zukunftstechnologien benötigen individuelle, zuverlässige und leichte Bauteile. Das reicht von Entwicklungen für das Lufttaxi bis zu Windrädern. Textilien sind ein prädestiniertes Material für die Zukunft. Die Herausforderung besteht auch darin, hier mit natürlichen Rohstoffen wie Flachs und recycelten und recycelbaren Kunststoffen und effektiven Trenntechniken nachhaltige und kreislauffähige Lösungen anzubieten.

 

Es gibt heutzutage fast kein Unternehmen, das nicht die aktuellen Buzzwords bedient wie Klimaneutralität, Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Was unternimmt Ihr Unternehmen in diesen Bereichen und wie definieren Sie die Bedeutung dieser Ansätze für einen wirtschaftlichen Erfolg?

Carl Mrusek: vombaur verfolgt eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Ausgehend von unserer Leitbildentwicklung arbeiten wir aktuell an einer Nachhaltigkeitserklärung. Unsere Verantwortung für die Natur wird sich sehr konkret und messbar in unserem Neubau mit Dachbegrünung und Solaranlage realisieren. In unserer Produktentwicklung fließen die hohen Nachhaltigkeitsansprüche – unsere eigenen und die unserer Kunden – schon jetzt in umwelt- und ressourcenschonende Produkte und in Produktentwicklungen für nachhaltige Projekte wie Windparks oder Filtrationsanlagen ein.

 

Stichwort Digitalisierung: Der Mittelstand, zu dem vombaur mit seinen 85 Mitarbeitenden gehört, wird oft dafür gescholten, in diesem Bereich zu zögerlich zu sein. Was würden Sie auf diesen Vorwurf antworten?

Johannes Kauschinger: Wir hören derzeit oft von der Stapelkrise. Angelehnt daran ließe sich von der Stapeltransformation sprechen. Wir, die mittelständischen Unternehmen, transformieren uns gleichzeitig in einer Reihe von unterschiedlichen Dimensionen: Digitale Transformation, Klimaneutralität, Fachkräftemarkt und Bevölkerungsentwicklung, Unabhängigkeit von den vorherrschenden Lieferketten. Wir sind veränderungsfähig und veränderungswillig. Politik und Verwaltung könnten es uns an einigen Stellen etwas leichter machen. Stichwort Verkehrs-Infrastruktur, Genehmigungszeiten, Energiepreise. Wir tun alles, was auf unserer Seite des Feldes zu ist, damit mittelständische Unternehmen die treibende Wirtschaftskraft bleiben, die sie sind.

 

Was empfinden Sie bei dem Begriff Fachkräftemangel? Beschreiten Sie auch unkonventionelle Wege, um Talente und Fachkräfte in einer so spezialisierten Branche zu finden und zu halten? Oder stellt sich das Problem nicht?

Carl Mrusek: Klar, auch wir bekommen den Fachkräftemangel zu spüren, gerade im gewerblichen Bereich. Die Entwicklung war aber abzusehen. Das Thema spielte eine gewichtige Rolle bei der Entscheidung mit unserem Schwesterunternehmen JUMBO-Textil zusammen unter das Dach der Textation Group zu ziehen. Die Nachwuchsgewinnung und -förderung lässt sich gemeinsam – zum Beispiel mit gruppenübergreifenden Kampagnen und Kooperationen – besser meistern.

 

Wenn Sie ein persönliches Schlüsselerlebnis beschreiben müssten, das Ihre Einstellung zur Textilindustrie und deren Zukunft geprägt hat, was wäre das?

Johannes Kauschinger: Ein sehr guter Freund meiner Familie hat mich darauf angesprochen, dass wir in einer Gegend mit sehr aktiver Textilindustrie leben, die gleichzeitig Probleme hat, Nachwuchskräfte zu finden. Ich besuchte zwei Betriebe zur Vorstellung und schon auf dem Betriebsrundgang in jeder der beiden Firmen war das Zusammenwirken von Menschen, Maschinen und Textil bis zum tragbaren Endprodukt beeindruckend. Dazu kam, dass ich einen Beruf mit sehr großem Bezug zum täglichen Leben erlernen konnte. Bis heute bin ich über die Breite der Einsatzmöglichkeiten von Textilien, speziell in technischen Anwendungen, fasziniert und bereue die damalige Entscheidung keinesfalls.

Carl Mrusek: Bereits in jungen Jahren kam ich mit der Textil- und Modewelt in Berührung. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit meinem Vater Rolf Mrusek das erste Mal durch die vollstufige Textil-Produktion eines Unternehmens in Nordhorn ging. Das Thema hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Schon vor Beginn meiner Studienzeit hatte ich mich bewusst für eine Karriere in dieser Industrie entschieden und habe es bis heute nicht bereut, im Gegenteil. Die Vielfältigkeit der in der Textation Group entwickelten Speziallösungen fasziniert mich immer wieder aufs Neue.
 

vombaur ist Spezialist für nahtlos rund- und in Form gewebte Schmaltextilien und branchenweit als Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles aus Hochleistungsfasern bekannt. Die technischen Schmaltextilien von vombaur dienen zum einen zur Filtration – u. a. in der Lebensmittel- und Chemieindustrie. Als hochleistungsfähige Verbundwerkstoffe kommen sie beispielsweise im Flugzeugbau oder in der Medizintechnik zum Einsatz. Für technische Anwendungen entwickelt vombaur speziell beschichtete Industrietextilien zur Isolierung, Verstärkung oder für den Transport in ganz unterschiedlichen industriellen Prozessen – von der Feinmechanik bis zur Bauindustrie. Das Wuppertaler Unternehmen wurde 1805 gegründet. Aktuell arbeiten 85 Beschäftigte im Unternehmen.
 

Branchen

  • Aviation & Automotive
  • Sports & Outdoor    
  • Bau- & Wasserwirtschaft
  • Sicherheit & Protection    
  • Chemie & Lebensmittel
  • Anlagenbau & Elektronik    
  • Medizin & Orthopädie

 

Photo dayamay Pixabay
21.08.2023

Composites Germany: Investitionsklima trübt sich ein

  • Ergebnisse der 21. Markterhebung vorgelegt
  • Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
  • Zukunftserwartungen drehen ins Negative
  • Investitionsklima trübt sich ein
  • Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
  • Wachstumstreiber mit nur leichten Verschiebungen
  • Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen

Zum 21. Mal hat Composites Germany aktuelle Kennzahlen zum Markt für faserverstärkte Kunststoffe erhoben. Befragt wurden alle Mitgliedsunternehmen der Trägerverbände von Composites Germany: AVK und Composites United, sowie des assoziierten Partners VDMA.
Um die problemlose Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Erhebungen zu gewährleisten, wurden auch in diesem Halbjahr keine Änderungen bei der Befragung durchgeführt. Erhoben wurden erneut überwiegend qualitative Daten in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Marktentwicklung.

  • Ergebnisse der 21. Markterhebung vorgelegt
  • Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
  • Zukunftserwartungen drehen ins Negative
  • Investitionsklima trübt sich ein
  • Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
  • Wachstumstreiber mit nur leichten Verschiebungen
  • Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen

Zum 21. Mal hat Composites Germany aktuelle Kennzahlen zum Markt für faserverstärkte Kunststoffe erhoben. Befragt wurden alle Mitgliedsunternehmen der Trägerverbände von Composites Germany: AVK und Composites United, sowie des assoziierten Partners VDMA.
Um die problemlose Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Erhebungen zu gewährleisten, wurden auch in diesem Halbjahr keine Änderungen bei der Befragung durchgeführt. Erhoben wurden erneut überwiegend qualitative Daten in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Marktentwicklung.

Kritische Bewertung der aktuellen Geschäftslage
Nachdem bei der Bewertung der aktuellen Geschäftslage in 2021 durchweg positive Tendenzen zu erkennen waren, rutschte diese in 2022 ab. Bereits zum dritten Mal in Folge zeigen sich bei der aktuellen Erhebung pessimistischer Bewertungen.. Die Gründe für die negative Stimmung sind vielfältig. Haupttreiber aber dürften aber vor allem die nach wie vor hohen Energie- und Rohstoffpreise sein. Hinzu kommen weiterhin Probleme in einzelnen Bereichen der Logistikketten sowie ein zurückhaltendes Konsumklima. Trotz steigender Zulassungszahlen ist auch die Automobilindustrie als wichtigster Anwendungsbereich für Composites noch nicht auf ihr altes Volumen zurückgekehrt. Hier verdeutlicht sich auch der Strategiewechsel europäischer OEM, weg von Volumenmodellen, hin zu margenstarken Fahrzeugsegmenten zu gehen. Die Bauindustrie als zweiter zentraler Anwendungsbereich steckt derzeit in einer Krise. Zwar sind vielfach die Auftragsbücher noch gut gefüllt, aber Neuaufträge bleiben derzeit vielfach aus. Hohe Zinsen und Materialkosten bei hohen Lebenshaltungskosten belasten vor allem den privaten Bau stark. Derzeit wird für die Bauindustrie ein realer Umsatzrückgang für 2023 von 7 % erwartet.

 Auch die Bewertung der Geschäftslage des eigenen Unternehmens ist zunehmend pessimistischer. Vor allem für Deutschland zeigt sich ein negatives Bild. Fast 50 % der Befragten (44 %) bewerten die aktuelle Geschäftslage kritisch. Etwas positiver fällt die Sichtweise auf das weltweite Geschäft und Europa aus. Hier bewerten „nur“ 36 % bzw. 33 % der Befragten die Situation eher negativ.

Zukunftserwartungen drehen ins Negative
Der eher pessimistischen Beurteilung der aktuellen Geschäftslage folgend drehen auch die zukünftigen Geschäftserwartungen in Negative. Die entsprechenden Kennwerte für die generelle Geschäftslage zeigen nach einem Anstieg innerhalb der letzten Befragung nun deutlich nach unten. Auch für das eigene Unternehmen zeigen sich die Befragten hinsichtlich ihrer Zukunftserwartungen pessimistischer.

Die Teilnehmenden gehen anscheinend nicht von einer kurzfristigen Besserung der Situation aus. Auffällig ist auch hier, dass die Sichtweise auf die Region Deutschland im Verhältnis zu Europa und der weltweiten Konjunktur kritischer ist. 22 % der Befragten erwarten eine negative Entwicklung in Deutschland. Nur 13 % erwarten eine Verbesserung der aktuellen Situation. Für Europa und auch die Welt zeigen sich bessere Kennwerte.
 
Investitionsklima trübt sich ein
Die aktuell eher zurückhaltende Bewertung der wirtschaftlichen Situation und die pessimistischen Aussichten wirken sich auch auf das Investitionsklima aus.
Nachdem in der letzten Befragung noch 40 % der Teilnehmenden von einem Anstieg bei der Personalkapazität ausgegangen waren, liegt dieser Wert aktuell nur noch bei 18 %. Demgegenüber stehen 12 %, die sogar von einem Rückgang im Bereich Personal ausgehen.
Auch der Anteil der Befragten, die Maschineninvestitionen planen, ist rückläufig. Waren bei der letzten Befragung noch 71 % von entsprechenden Investitionen ausgegangen, so sinkt dieser Wert nun auf 56 % ab .

Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
Der Composites Markt ist durch eine starke Heterogenität sowohl material- aber auch anwendungsseitig gekennzeichnet. In der Befragung werden die Teilnehmenden gebeten, ihre Einschätzung hinsichtlich der Marktentwicklung unterschiedlicher Kernbereiche zu geben.
Die Erwartungen zeigen sich äußerst verschieden.

Die bereits beschriebenen Schwächen in den wichtigsten Kernmärkten Transport sowie Bau-/Infrastruktur zeigen sich deutlich. Wachstum wird vor allem im Bereich Windenergie und Luftfahrt erwartet.

Wachstumstreiber mit nur leichten Verschiebungen
Bei den Werkstoffen setzt sich der Paradigmenwechsel weiter fort. Wurde von den Befragten in den ersten 13 Erhebungen stets CFK als Material genannt, aus dessen Umfeld die wesentlichen Wachstumsimpulse für den Composites-Bereich zu erwarten sind, so werden die wesentlichen Impulse mittlerweile durchweg von GFK oder materialübergreifend vermutet.
Regional kommt es zu einer leichten Verschiebung. Derzeit ist es vor allem Nordamerika, aus dem die wesentlichen Wachstumsimpulse für die Branche erwartet werden. Europa und Asien verlieren leicht an Boden.

Composites-Index zeigt in verschiedene Richtungen
Die zahlreichen negativen Einflüsse der letzten Zeit zeigen sich nun auch im Gesamt-Composites-Index. Dieser gibt bei allen Indikatoren nach. Sowohl die aktuelle als auch die zukünftige Beurteilung drehen ins Negative.  

Die gesamte verarbeitende Composites-Menge in Europa in 2022 war bereits leicht rückläufig, im Vergleich zu 2021. Nach einem guten 1. Quartal 2022 zeigt sich derzeit eine deutliche Abkühlung der Aktivitäten. Es bleibt abzuwarten, ob es gelingen wird, der negativen Entwicklung gegenzusteuern. Hier wäre ein zielgerichtetes Eingreifen, auch der politischen Entscheidungsträger wünschenswert. Dies kann aber ohne die Industrie/Wirtschaft nicht gelingen. Nur gemeinsam wird es gelingen den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter zu stärken und die Position zu behaupten oder vor dem Hintergrund einer schwächelnden Weltkonjunktur auszubauen. Für Composites zeigen sich nach wie vor sehr gute Chancen zum Ausbau der Marktposition in neuen, aber auch bestehenden Märkten. Die Abhängigkeit von gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen aber bleibt bestehen. Es gilt nun über Innovationen neue Marktfelder zu erschließen, Chancen konsequent zu nutzen und gemeinsam daran zu arbeiten, Composites weiter in bestehenden Märkten zu implementieren. Dies kann oftmals gemeinsam besser gelingen als allein. Composites Germany bietet mit seinem hervorragenden Netzwerk vielfältige Möglichkeiten.

Weitere Informationen:
Composites Composites Germany Umfrage
Quelle:

Composites Germany
c/o AVK-TV GmbH

Point of View: Let’s end fast fashion, Prof Minna Halme. Foto: Veera Konsti / Aalto University
18.08.2023

Standpunkt: Schluss mit Fast Fashion!

Sich auf kurzfristige Gewinne zu fokussieren, ist nicht nachhaltig. Was können wir also tun, um in die richtige Richtung zu gehen? In allen Branchen die Widerstandsfähigkeit der Effizienz vorziehen.

Sich auf kurzfristige Gewinne zu fokussieren, ist nicht nachhaltig. Was können wir also tun, um in die richtige Richtung zu gehen? In allen Branchen die Widerstandsfähigkeit der Effizienz vorziehen.

Wir kaufen billige Produkte im Wissen, dass wir sie bald ersetzen müssen. Wir werfen gebrauchte Gegenstände weg, anstatt sie zu reparieren oder wiederzuverwenden. Arbeitgeber planen in Bezug auf finanzielle Quartale, obwohl sie hoffen, längerfristig bedeutend und stabil zu bleiben. Sogar Länder geben der kurzfristigen Wirtschaftsleistung den Vorrang und stellen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) über jeden anderen Indikator.
 
Unsere globale Besessenheit von kurzfristiger wirtschaftlicher Effizienz - und die Frage, wie man sie überwinden kann - ist ein großes Rätsel, über das Minna Halme, Professorin für Nachhaltigkeitsmanagement, die meiste Zeit ihrer Karriere nachgedacht hat. Schon als Studentin an der Wirtschaftshochschule war sie irritiert, wie sehr sich ihr Unterricht auf kurzfristige Ziele konzentrierte.

„Es ging darum, mehr zu verkaufen, die Gewinne der Aktionäre zu maximieren, ökologisch zu wachsen - aber nicht wirklich zu fragen: Warum? Was ist der Zweck von all dem?“, so Halme.
„Selbst mir als 20-Jähriger kam das irgendwie seltsam vor.“

„Was versuchen wir hier zu tun? Versuchen wir, eine bessere Wirtschaft für alle oder für die meisten Menschen zu schaffen? Wessen Leben versuchen wir zu verbessern, wenn wir mehr unterschiedlich verpackte Joghurtsorten oder Kleidung verkaufen, die schnell unmodern ist?“

Halme hat ihre Karriere der Untersuchung dieser Fragen gewidmet. Heute ist sie eine Vordenkerin im Bereich innovativer Geschäftspraktiken und wurde unter anderem als Mitglied des finnischen Expertengremiums für nachhaltige Entwicklung und des Gremiums für globale Nachhaltigkeit der Vereinten Nationen anerkannt.

Ihr oberstes Ziel? Pionierarbeit zu leisten, zu forschen und für alternative Denkweisen einzutreten, die Werte wie langfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit in den Vordergrund stellen - Alternativen, von denen sie und andere Experten glauben, dass sie allen einen dauerhaften, weitreichenden Nutzen bringen würden.
 
Wie traditionelle Indikatoren versagt haben
Ein Weg, in der unsere Vorliebe für wirtschaftliche Effizienz die Art und Weise prägt, wie wir den allgemeinen Wohlstand oder Status eines Landes messen, ist das BIP. Das ist nicht die Schuld des Erfinders des modernen Konzepts des BIP, der in den 1930er Jahren ausdrücklich davor warnte, es auf diese Weise zu verwenden.

„Das BIP war nie dazu gedacht, uns etwas über das Wohlergehen der Bürger eines Landes zu sagen", sagt Halme. Vor fünfundsiebzig Jahren war es jedoch leicht, beides miteinander zu verwechseln. Viele Länder waren eher bestrebt, ihren Wohlstand unter ihren Bürgern umzuverteilen, und Bevölkerungsumfragen zeigen, dass das BIP bis in die 1970er Jahre häufig mit dem allgemeinen Wohlstand korrelierte.

Doch mit dem Aufkommen eines zunehmend rücksichtsloseren Kapitalismus der freien Marktwirtschaft wurde dies immer weniger der Fall - und die Unzulänglichkeiten des BIP wurden umso deutlicher. „Wir befinden uns in einer Situation, in der die Verteilung des Reichtums mehr und mehr zu denjenigen wandert, die bereits über Kapital verfügen. Diejenigen, die es nicht haben, befinden sich in einer rückläufigen wirtschaftlichen Position", sagt Halme. Tatsächlich besitzen die reichsten 1 % der Weltbevölkerung heute fast die Hälfte des weltweiten Vermögens.

„Einige Regierungen, wie die finnische, berücksichtigen zwar Indikatoren für den ökologischen und sozialen Fortschritt. Aber keiner wird als so wichtig für die Entscheidungsfindung angesehen wie das BIP", sagt Halme - und das BIP gilt auch als Maßstab für den Erfolg einer Regierung. Diese Einstellung versucht Halme durch ihre Arbeit als Beraterin der finnischen Regierung zu Nachhaltigkeitspraktiken sowie durch ihre eigene Forschung zu ändern.

Wo die Industrie versagt hat
Unsere oft ausschließliche Konzentration auf die Ökonomie - und insbesondere darauf, so schnell und effizient wie möglich Gewinne zu erzielen - vermittelt kein klares Bild davon, wie es allen in einer Gesellschaft geht. Schlimmer noch, es hat die Industrie ermutigt, mit einer kurzfristigen Perspektive zu handeln, die zu längerfristigen Problemen führt.
 
Fast Fashion ist ein Beispiel dafür. Gegenwärtig sind die Lieferketten für Bekleidung - wie die der meisten Waren - linear. Die Rohstoffe kommen von einem Standort und werden Schritt für Schritt verarbeitet, in der Regel in verschiedenen Produktionsstätten auf der ganzen Welt, wobei Materialien, Energie und Transportmittel verwendet werden, die „billig“ sind, weil ihre hohen Umweltkosten nicht berücksichtigt werden.

Schließlich werden sie von einem Verbraucher gekauft, der das Produkt vorübergehend trägt, bevor er es wegwirft. Um die Gewinnspannen zu erhöhen, setzt die Branche auf schnell wechselnde Trends. Eine erschreckende Menge dieser Kleidungsstücke landet auf der Mülldeponie - einige davon, bevor sie überhaupt getragen worden sind.

Wie der COVID Lockdown gezeigt haben, ist diese Art linearer Lieferketten nicht belastbar. Und sie sind auch nicht nachhaltig.

Schätzungen zufolge ist die Modebranche derzeit die zweitgrößte Umweltverschmutzungsbranche der Welt und für bis zu 10 % aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Forscher der Aalto-Universität haben festgestellt, dass die Branche jährlich mehr als 92 Millionen Tonnen Deponieabfälle produziert. Bis 2030 wird ein Anstieg auf 134 Millionen Tonnen erwartet.
„Die Verringerung des CO2-Fußabdrucks der Modebranche ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die langfristigen Aussichten der Branche selbst. Mit dieser Art von falschem Effizienzdenken untergräbt man die Grundlage unserer langfristigen Widerstandsfähigkeit sowohl für die Ökologie als auch für die Gesellschaft", sagt Halme.

Um aus dieser Falle herauszukommen, sagen sie und andere Forscher, ist ein kompletter Paradigmenwechsel erforderlich. „Es ist wirklich schwierig, nur an den Rändern zu feilen", sagt sie.
Auf dem Weg zur Resilienz

Mehrere Jahre lang erforschte und studierte Halme die ökologische Effizienz und suchte nach Möglichkeiten, wie Unternehmen mehr Produkte mit weniger Umweltbelastungen herstellen könnten. Doch allmählich wurde ihr klar, dass dies nicht die Antwort ist. Obwohl die Unternehmen durch Innovationen effizientere Produkte und Technologien entwickeln konnten, stieg ihr absoluter Verbrauch an natürlichen Ressourcen weiter an.

„Ich begann zu denken: Wenn nicht Effizienz, was dann?", sagt Halme. Sie erkannte, dass die Lösung in der Resilienz liegt, d. h. in der Förderung von Möglichkeiten, wie Systeme, einschließlich der Umwelt, in der Zukunft fortbestehen und sich sogar regenerieren können, anstatt sie in der Gegenwart weiter zu schädigen.
Die Lösung ist nicht „mehr von allem“, auch nicht von „nachhaltigen“ Materialien. Es ist weniger.

„Die einzige Möglichkeit, Fast Fashion zu verbessern, ist, sie zu beenden“, schreiben Halme und ihre Mitautoren. Das bedeutet, dass Kleidung so gestaltet werden muss, dass sie lange hält, dass Geschäftsmodelle die Wiederverwendung und Reparatur erleichtern und dass dem Upcycling Vorrang eingeräumt wird. Auch die Recyclingsysteme müssen überarbeitet werden, um festzustellen, wann ein Kleidungsstück wirklich ausgedient hat - insbesondere im Hinblick auf synthetische Mischfasern, die schwer zu trennen und abzubauen sind.

Dies würde die derzeitige Konzentration auf kurzfristige Einnahmen über den Haufen werfen. Und, so Halme, dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir bessere Möglichkeiten brauchen, um den Erfolg dieser Branchen zu messen, indem wir Faktoren wie Belastbarkeit und Nachhaltigkeit berücksichtigen - und nicht nur kurzfristige Gewinne.
Und obwohl jeder Einzelne etwas bewirken kann, müssen diese Veränderungen letztlich von der Industrie ausgehen.

„Textilien sind ein gutes Beispiel, denn wenn sie schnell kaputt gehen und man keine Reparaturwerkstatt in der Nähe hat oder wenn die Stoffe von so schlechter Qualität sind, dass es keinen Sinn macht, sie zu reparieren, dann ist das für die meisten Menschen ein zu großer Aufwand“, sagt Halme. Die meisten Lösungen sollten also von der Unternehmensseite kommen. Und das Ziel sollte sein, es den Verbrauchern sowohl modisch als auch einfach zu machen, ökologisch und sozial nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
 
Was ist erforderlich?
Die ultimative Herausforderung, sagt Lauri Saarinen, Assistenzprofessor an der Aalto der Aalto-Universität für Wirtschaftsingenieurwesen, ist die Frage, wie man zu einem nachhaltigeren Modell gelangt und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhält. Aber er glaubt, dass es Möglichkeiten gibt.

„Eine Möglichkeit besteht darin, die Produktion lokal zu halten. Wenn wir mit der kostengünstigen Offshore-Fertigung konkurrieren, indem wir die Dinge vor Ort und in einem geschlossenen Kreislauf herstellen, dann haben wir den doppelten Vorteil, indem wir lokal Arbeitsplätze schaffen und uns in Richtung einer nachhaltigeren Lieferkette bewegen“, sagt Saarinen. Wenn beispielsweise Kleidung näher am Verbraucher produziert würde, wäre es einfacher, Kleidungsstücke zur Reparatur zurückzuschicken oder gebrauchte Artikel zurückzunehmen und weiterzuverkaufen.

Lokale Produktion ist ein weiteres Beispiel dafür, dass wir die Methode, mit der wir den gesellschaftlichen Erfolg messen, neu überdenken müssen. Schließlich scheinen Outsourcing und Offshoring zugunsten einer billigeren Produktion kurzfristig die Kosten zu senken, aber dies geschieht zu Lasten dessen, was nach Ansicht von Halme und anderen Experten wirklich wichtig ist: eine längerfristige wirtschaftliche Tragfähigkeit, Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit. Es ist nicht einfach, zu dieser Art von Denken überzugehen. Dennoch sehen Saarinen und Halme vielversprechende Signale.
 
Für Finnland verweist Halme beispielsweise auf das Start-up-Unternehmen Menddie, das es leicht und bequem macht, Kleidungsstücke zum Reparieren oder Ändern wegzuschicken. Sie hebt auch die Bekleidungs- und Lifestyle-Marke Marimekko hervor, die ihre gebrauchten Kleidungsstücke in einem Online-Secondhand-Shop weiterverkauft, sowie das Label Anna Ruohonen, ein Konzept für Maßanfertigungen und Kunden auf Abruf, bei dem keine überschüssigen Kleidungsstücke entstehen.

Genau diese Art von Projekten findet Halme interessant - und sie hofft, mit ihrer Arbeit sowohl für diese zu werben als auch Pionierarbeit zu leisten.
„Momentan haben diese Veränderungen noch nicht zu einer echten Transformation geführt“, sagt sie. Auf globaler Ebene sind wir noch weit von einem echten Wandel hin zu längerfristiger Resilienz entfernt. Aber das könne sich, wie sie betont, schnell ändern. Schließlich hat sich das in der Vergangenheit auch bereits geändert: „Man muss sich nur ansehen, was uns hierhergebracht hat.“

„Das Streben nach Wirtschaftswachstum wurde in relativ kurzer Zeit - nur über etwa sieben Jahrzehnte - zu einem so dominanten Schwerpunkt“, sagt sie. Der Wandel hin zu einer längerfristigen Resilienz ist durchaus möglich. Wissenschaftler und Entscheidungsträger müssen nur ihr Hauptziel auf langfristige Widerstandsfähigkeit umstellen. Die Kernfrage ist, ob unsere mächtigsten Wirtschaftsakteure klug genug sind, dies zu tun.
 
Im Rahmen ihrer Forschung hat Halme Projekte geleitet, die Pionierarbeit für die Art von Veränderungen leisten, die die Modeindustrie vornehmen könnte. Gemeinsam mit ihrer Aalto-Kollegin Linda Turunen hat sie beispielsweise kürzlich ein Messverfahren entwickelt, mit dem die Modeindustrie die Nachhaltigkeit eines Produkts klassifizieren könnte. Dabei wird gemessen, wie haltbar das Produkt ist, wie leicht es recycelt werden kann und ob bei der Herstellung gefährliche Chemikalien verwendet werden - was den Verbrauchern bei der Kaufentscheidung helfen könnte. Ihre Kollegen haben vor kurzem eine Ausstellung kuratiert, in der gezeigt wurde, was wir in einer nachhaltigen Zukunft tragen könnten, z. B. eine Lederalternative, die aus weggeworfenen Blumenstecklingen hergestellt wird, oder modulare Designs, mit denen ein und dasselbe Kleidungsstück mehrfach verwendet werden kann, indem z. B. ein Rock in ein Hemd verwandelt wird.

Da all dies längerfristiges Denken, Innovation und Investitionen erfordert, ist die Industrie zurückhaltend, diese Veränderungen vorzunehmen, sagt Halme. Eine Möglichkeit, die Industrie zu einem schnelleren Wandel zu bewegen, ist die Regulierung. In der Europäischen Union beispielsweise müssen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern aufgrund einer aktualisierten Reihe von Richtlinien nun über eine Reihe von Faktoren der Unternehmensverantwortung Bericht erstatten, die von den Auswirkungen auf die Umwelt bis zur Behandlung der Mitarbeiter reichen. Diese Vorschriften werden nicht nur dazu beitragen, Verbraucher, Investoren und andere Interessengruppen über die Rolle eines Unternehmens bei globalen Herausforderungen zu informieren. Sie werden auch dazu beitragen, Investitionsrisiken zu bewerten und abzuwägen, ob ein Unternehmen die notwendigen Maßnahmen ergreift, um langfristig finanziell stabil zu sein.

Quelle:

Aalto University, Amanda Ruggeri. Übersetzung Textination

Foto: pixabay
08.02.2023

6 von 10 Verbrauchern achten beim Einkaufen auf Nachhaltigkeitskriterien

Bei Lebensmitteln und Kleidung sind den Verbraucher:innen ESG-Aspekte  am wichtigsten. Besonders junge Menschen fordern Informationen und Transparenz: Nachhaltigkeitssiegel, -zertifizierungen und -berichte sorgen für Vertrauen. Für Händler und Hersteller wird Nachhaltigkeit zum Muss.

Bei Lebensmitteln und Kleidung sind den Verbraucher:innen ESG-Aspekte  am wichtigsten. Besonders junge Menschen fordern Informationen und Transparenz: Nachhaltigkeitssiegel, -zertifizierungen und -berichte sorgen für Vertrauen. Für Händler und Hersteller wird Nachhaltigkeit zum Muss.

Unter welchen Bedingungen werden die Kühe gehalten, deren Milch ich trinke? Duldet der Hersteller meines neuen T-Shirts Kinderarbeit? Geht der Händler meines Vertrauens fair mit Mitarbeitenden und Geschäftspartnern um? Solche Fragen stellt sich die Mehrheit der Deutschen vor einer Kaufentscheidung. 59 Prozent der Verbraucher:innen achten beim Einkaufen immer oder zumindest häufig auf die ökologische, ökonomische oder soziale Nachhaltigkeit von Händlern und Herstellern. Bei den unter 35-Jährigen sind es sogar zwei Drittel, bei den über 55-Jährigen immerhin jede:r Zweite. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Befragung unter 1.000 Menschen in Deutschland im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland.

Bei Nachhaltigkeit geht es nicht mehr um das „Ob“, sondern das „Wie“
„Nachhaltigkeit hat sich in den vergangenen Jahren zum Mainstream entwickelt. Für Unternehmen ist es längst ein Muss, in ihren Lieferketten auf Nachhaltigkeit zu achten“, kommentiert Dr. Christian Wulff. Der Leiter des Bereichs Handel und Konsumgüter bei PwC Deutschland ist überzeugt, dass Unternehmen bereits in naher Zukunft gute Gründe nennen müssen, wenn sie bei der Herstellung eines Produkts nicht auf Umwelt, soziale Aspekte und eine gute Unternehmensführung achten. „Beim Thema Nachhaltigkeit geht es also nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie“, so der Handels-Experte weiter.

Nachhaltigkeit beinhaltet verschiedene Aspekte in den drei Bereichen Umwelt, Soziales und nachhaltige Unternehmensführung (auf Englisch: Environment, Social, Governance, kurz: ESG). Bei der umweltbezogenen Nachhaltigkeit stehen Fragen zum Tierwohl - etwa die Haltungsbedingungen oder Tierversuche - und zur Verwendung recyclebarer Materialien im Mittelpunkt. 40 Prozent der Deutschen würden gerne vor einem Kauf darüber aufgeklärt werden. Im sozialen Bereich ist der Mehrheit der Befragten wichtig zu wissen, ob Einzelhandel und Hersteller die Menschenrechte einhalten (58 Prozent) - also beispielsweise Zwangs- oder Kinderarbeit in ihren Wertschöpfungsketten dulden. Mit Blick auf die Governance - also die Unternehmensführung - wünscht sich jede:r Zweite, vor dem Kauf über die Lieferketten Bescheid zu wissen und die Produkte zurückverfolgen zu können.

Bei Lebensmitteln ist Nachhaltigkeit besonders wichtig
Wie genau die Verbraucher:innen auf Nachhaltigkeit schauen, hängt auch vom Produkt ab: So ist ihnen Nachhaltigkeit bei Lebensmitteln besonders wichtig. 81 Prozent der Deutschen achten beim Kauf von Nahrungsmitteln zumindest auf eines der drei ESG-Kriterien, also Umwelt, Soziales oder eine gute Unternehmensführung. Aber auch beim Kauf von Textilien sind diese Kriterien relevant: Immerhin 63 Prozent geben an, beim Kauf von Kleidung oder Schuhen darauf zu schauen, wie nachhaltig der Artikel entstanden ist. Während bei Lebensmitteln Umweltaspekte die größte Rolle spielen (für 62 Prozent), achten die Verbraucher:innen bei Kleidung, Schuhen und Accessoires vermehrt auf soziale Aspekte (52 Prozent).

Fast jede:r Zweite ist kürzlich zu nachhaltigen Produkten gewechselt
Die wachsende Bedeutung von ESG-Aspekten im Einkaufsverhalten deutscher Verbraucher:innen belegen auch die Verschiebungen hin zum Kauf von nachhaltigen Produkten. Bei Lebensmitteln ist der Trend zu nachhaltigen Produkten am deutlichsten: 45 Prozent der Befragten geben an, dass sie innerhalb der vergangenen zwei Jahre bewusst auf nachhaltigere Produkte umgeschwenkt sind. Den Wechsel (zurück) auf weniger nachhaltige Produkte räumen dagegen nur 17 Prozent ein, von denen jede:r Dritte fehlende finanzielle Mittel als Grund angibt.

Ein möglicher Wechsel zu nachhaltigeren Produkten würde für knapp die Hälfte der Befragten durch eine bessere Verfügbarkeit im stationären Handel unterstützt. Auch gesetzliche Regelungen werden als hilfreich erachtet, sowohl hinsichtlich der Auszeichnung von Produkten (38 Prozent) als auch für den Produktionsprozess (37 Prozent). Ebenfalls würde eine aufmerksamkeitsstärkere Produktplatzierung im Geschäft helfen (37 Prozent).

Vor allem junge Menschen fordern Transparenz und Aufklärung
Das Bedürfnis der Verbraucher:innen nach Transparenz in Sachen ESG ist ausgeprägt: So informieren sich laut Umfrage fast drei Viertel der Deutschen mindestens gelegentlich über ökologische Nachhaltigkeitsthemen. Zwei Drittel recherchieren Aspekte der sozialen Nachhaltigkeit. Gut die Hälfte macht sich regelmäßig über eine nachhaltige Unternehmensführung schlau.

Dabei hat das Alter großen Einfluss darauf, wie intensiv sich die Menschen mit dem Thema auseinandersetzen: Während 80 Prozent der 16- bis 24-Jährigen sich vor dem Kauf über Umweltaspekte eines Produkts informieren, sind es bei den über 65-Jährigen nur 59 Prozent. „Insbesondere jüngere Menschen informieren sich aktiv und fordern Transparenz rund um ESG-Kriterien“, resümiert Christian Wulff.

Verbraucher:innen wünschen sich Infos auf Verpackungen und online
Um diesem Informationsbedürfnis nachzukommen, rät der PwC-Experte Herstellern und Einzelhandel, insbesondere online ausführlich über ESG-Aspekte der Produkte zu informieren. „Die damit verbundene, deutlich steigende Datenflut stets aktuell zu halten, wird für Unternehmen zunehmend zu einer Herausforderung, die nur durch signifikante Investitionen in neue Technologien zu lösen ist.“

Einig sind sich die Konsument:innen darin, was Unternehmen tun können, um ihren Nachhaltigkeitsaktivitäten mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen: Gut zwei Drittel halten anerkannte Nachhaltigkeitssiegel, Zertifizierungen oder unabhängig geprüfte Nachhaltigkeitsberichte für geeignet, um Aktivitäten in puncto ESG glaubhaft vermitteln können. „Die Ergebnisse unserer Befragung zeigen, dass Siegel und unabhängige Zertifizierungen sehr wichtig sind, um das Vertrauen der Kund:innen zu gewinnen. Es lohnt sich also, die ESG-Maßnahmen durch externe Organisationen bestätigen zu lassen“, so Christian Wulff.

Händler und Hersteller sollten auf Transparenz setzen
„Hersteller und Einzelhandel stehen vor der Aufgabe, im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ihrer Produkte für ein hohes Maß an Transparenz zu sorgen. Dabei ist Ehrlichkeit, aber auch Kreativität gefragt: Bei Mode ist es beispielsweise denkbar, die einzelnen Stationen der Lieferkette detailliert nachzuzeichnen und die dabei anfallenden Kosten darzustellen. So können die Verbraucher:innen genau nachvollziehen, wie ein Preis zustande kommt“, so das Fazit von Christian Wulff.

Quelle:

PwC / Textination

Foto: Pixabay
12.04.2022

Gestörte Lieferketten: Langfristig helfen nur Nearshoring und digitale Technologien

  • McKinsey-Umfrage: Weltweit investieren zwar über 90 Prozent aller Supply Chain Manager während der Corona-Krise in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten.
  • Doch öfter als geplant erhöhen sie nur die Lagerbestände, statt auf langfristig effektive Maßnahmen wie die Regionalisierung von Zulieferern zu setzen.
  • Nur Gesundheitsbranche setzt bislang konsequent auf Nearshoring und Regionalisierung der Zulieferer

Lieferketten-Manager stehen weltweit unter Druck: Über 90 Prozent investierten zwar während der Corona-Krise, um ihre Lieferketten widerstandsfähiger gegen externe Störungen zu machen. Öfter als geplant jedoch griffen Supply Chain Manager zur Adhoc-Maßnahme, nur die Lagerbestände zu erhöhen. Und auch weniger häufig als geplant setzten sie auf Langfrist-Effekte, indem sie ihre Zuliefererbasis regionalisierten.

  • McKinsey-Umfrage: Weltweit investieren zwar über 90 Prozent aller Supply Chain Manager während der Corona-Krise in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten.
  • Doch öfter als geplant erhöhen sie nur die Lagerbestände, statt auf langfristig effektive Maßnahmen wie die Regionalisierung von Zulieferern zu setzen.
  • Nur Gesundheitsbranche setzt bislang konsequent auf Nearshoring und Regionalisierung der Zulieferer

Lieferketten-Manager stehen weltweit unter Druck: Über 90 Prozent investierten zwar während der Corona-Krise, um ihre Lieferketten widerstandsfähiger gegen externe Störungen zu machen. Öfter als geplant jedoch griffen Supply Chain Manager zur Adhoc-Maßnahme, nur die Lagerbestände zu erhöhen. Und auch weniger häufig als geplant setzten sie auf Langfrist-Effekte, indem sie ihre Zuliefererbasis regionalisierten. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Vergleichsstudie, für welche die Unternehmensberatung McKinsey & Company weltweit über 70 Supply Chain Manager führender Unternehmen befragt hat – 2020 zum ersten Mal und in diesem Jahr erneut. Weitere Ergebnisse: Digitale Technologien kommen heute deutlich häufiger zum Einsatz als zu Beginn der Pandemie, zum Beispiel Echtzeit-Monitoring oder auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Analytik.

Die Umfrage beziffert auch den eklatanten Mangel an IT-Fachkräften im Bereich Supply Management: 2021 verfügten nur ein Prozent der befragten Unternehmen über genügend IT-Fachkräfte. „Im Zuge des Digitalisierungsschubs wird der Bedarf an IT-Qualifikationen noch mehr zum Flaschenhals, als er es ohnehin schon gewesen ist“, berichtet Vera Trautwein, McKinsey-Expertin für Supply Chain Management und Mitautorin der Studie. „Damit nehmen auch die Handlungsspielräume dramatisch ab.“ 2020 hatten immerhin noch zehn Prozent der befragten Supply Chain Manager auf ausreichend Expert:innen mit entsprechendem IT-Know-how in ihren Abteilungen zurückgreifen können. Wie haben die Supply Chain Manager in der Krise konkret agiert? Fast alle Befragten (92 Prozent) haben in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten investiert, 80 Prozent zudem in digitale Supply-Chain-Technologien. Aber während 40 Prozent der Befragten 2020 im ersten „Supply Chain Pulse“ von McKinsey noch ein Nearshoring und den Ausbau ihrer Lieferantenbasis geplant hatten, haben dies schließlich doch nur 15 Prozent auch in die Tat umgesetzt. Stattdessen bauten deutlich mehr Manager als erwartet, 42 gegenüber 27 Prozent, ihre Lagerbestände aus.

Die Vergleichsstudie 2020/21 zeigt auch: Supply Chain Manager haben je nach Branche sehr unterschiedlich in der Krise agiert. Healthcare darf als Vorreiter bei der Regionalisierung der Lieferkette gelten: 60 Prozent der Befragten in der Branche haben, wie von ihnen auch angekündigt, tatsächlich Beschaffung, Produktion und Vertrieb auf eine Region wie Europa oder Nordamerika konzentriert. Dies hatten 2020 auch 33 Prozent der Unternehmen aus der Automobil-, Luft- und Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie angekündigt. Umgesetzt haben dies letztlich nach eigenen Angaben aber nur 22 Prozent. Und das, obwohl mehr als drei Viertel der Supply Chain Manager dieser Maßnahme Priorität eingeräumt hatten. Die Branchen Chemie und Rohstoffe nahmen die wenigsten Veränderungen an ihren Lieferketten vor.

Nach der Krise ist vor der Krise
Über Jahre haben sich die Lieferketten zu einem hochfrequenten sensiblen Organismus entwickelt. Konsequent globalisiert, auf die Schwankungen der Verbraucherwünsche optimiert und mit möglichst geringer Lagerhaltung, um Kosten zu sparen. „Diese Strategie hat die Unternehmen verwundbar gemacht“, stellt McKinsey-Partner Knut Alicke fest. „Und in der Krise wurden eher kurzfristig wirksame Maßnahmen ergriffen.“ Die Folge: Die Lieferketten sind noch nicht widerstandsfähig genug sind, um künftige Störungen zu verhindern. „Für Unternehmen bleibt das Nearshoring der Lieferanten mittel- bis langfristig ein Schlüsselfaktor, um ihre Krisenfestigkeit zu erhöhen.“. Daneben seien Ausbau und Nutzung digitaler Technologien aber die zentralen Faktoren für resiliente Lieferketten.

Der Handlungsdruck ist groß: Massive Störungen der Lieferkette treten durchschnittlich alle 3,7 Jahre und bringen Lieferketten mindestens einen Monat lang aus dem Tritt. Zu diesem Ergebnis kam bereits 2020 eine andere McKinsey-Studie zum Thema Supply Chains mit dem Titel „Risk, resilience, and rebalancing in global value chains“.

Quelle:

McKinsey & Company [Düsseldorf, Deutschland]

Foto: pixabay
25.01.2022

momox fashion legt Second Hand Fashion Report 2022 vor

  • Repräsentative Studie mit fast 8.000 Teilnehmer:innen zum Second Hand Fashion Markt in Deutschland
  • Second Hand ersetzt neu: 84 Prozent haben aufgrund von Second Hand Shopping weniger Neuware gekauft
  • 71 Prozent haben weniger Geld für Neuware ausgegeben, weil sie Second Hand Kleidung gekauft haben
  • Für knapp jede:n Zweite:n (45 Prozent) ist Second Hand Kleidungskauf selbstverständlich geworden
  • Nachhaltige Produktion ist beim Kauf von Second Hand Mode wichtiger (60 Prozent) als der Markenname (48 Prozent)

Second Hand ersetzt neu – das sagen 84 Prozent der Second Hand Shoppenden in Deutschland und geben an, dass der Kauf von Second Hand Artikeln für sie den Neukauf eines Kleidungsstücks ersetzt hat.

  • Repräsentative Studie mit fast 8.000 Teilnehmer:innen zum Second Hand Fashion Markt in Deutschland
  • Second Hand ersetzt neu: 84 Prozent haben aufgrund von Second Hand Shopping weniger Neuware gekauft
  • 71 Prozent haben weniger Geld für Neuware ausgegeben, weil sie Second Hand Kleidung gekauft haben
  • Für knapp jede:n Zweite:n (45 Prozent) ist Second Hand Kleidungskauf selbstverständlich geworden
  • Nachhaltige Produktion ist beim Kauf von Second Hand Mode wichtiger (60 Prozent) als der Markenname (48 Prozent)

Second Hand ersetzt neu – das sagen 84 Prozent der Second Hand Shoppenden in Deutschland und geben an, dass der Kauf von Second Hand Artikeln für sie den Neukauf eines Kleidungsstücks ersetzt hat. Weitere 71 Prozent geben an, dass sie weniger Geld für Kleidung ausgegeben haben, weil sie gebrauchte Artikel gekauft haben.** Dies sind Ergebnisse des aktuellen Second Hand Fashion Reports 2022, für den der Second Hand Onlineshop momox fashion das dritte Mal in Folge jeweils zwei Studien durchgeführt hat: Eine repräsentative Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Kantar sowie eine Kundenumfrage unter momox fashion Kund:innen, um detaillierte Einblicke in den Gebrauchtwarenmarkt für Kleidung zu bekommen. Insgesamt nahmen 7.826 Personen an den Umfragen teil.

Second Hand Kleidungskauf ist für jede:n Zweite:n selbstverständlich geworden
Die repräsentative Kantar-Umfrage zeigt, dass der Kauf von Second Hand Kleidung zur Routine geworden ist: 67 Prozent der Deutschen haben bereits schon einmal Second Hand Kleidung gekauft – ein Zuwachs von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mehr als jede:r Zweite (56 Prozent) tut dies regelmäßig – mindestens ein Mal jährlich. Dabei ist für 45 Prozent der Kauf von Second Hand Kleidung selbstverständlich oder sehr selbstverständlich geworden. Zudem schätzt über die Hälfte der Deutschen (53 Prozent), dass ihr Kleiderschrank aus bis zu 20 Prozent Second Hand Kleidung besteht.*

Second Hand Kleidung wird nicht nur online geshoppt, sondern auch verkauft
Die beliebteste Art, gebrauchte Kleidung zu kaufen, ist das Onlineshopping: 44 Prozent der Befragten kaufen ihre Second Hand Fashion-Pieces im Netz. Rund jede:r Dritte (28 Prozent) begibt sich in Second Hand-Läden auf die Suche nach dem nächsten Lieblingsteil aus zweiter Hand, gefolgt von Flohmärkten mit 14 Prozent. Dabei überrascht, dass besonders die Generation 50+ gerne online kauft (44 Prozent). Die Generation Z (unter 25-Jährige) bevorzugt jedoch Second Hand Läden (30 Prozent).*

Aber nicht nur Second Hand Onlineshopping ist beliebt. Fast jede:r Zweite (45 Prozent) verkauft gebrauchte Kleidung weiter und dies bevorzugt online (76 Prozent). Lediglich 11 Prozent verkaufen auf Flohmärkten und 8 Prozent an Second Hand Läden.*

Nachhaltigkeit bleibt Hauptmotivation für den Kauf von gebrauchter Kleidung
Um mehr über die Gründe für den Kauf von Second Hand Kleidung zu erfahren, hat momox fashion eine Kundenumfrage unter knapp 7.000 Teilnehmer:innen durchgeführt. Klare Motivation für den Kauf von gebrauchter Kleidung bleibt weiterhin mit 87 Prozent der Nachhaltigkeitsaspekt. 83 Prozent shoppen Kleidung second hand aufgrund der Preisersparnis im Vergleich zur Neuware. Rund jede:r Zweite (49 Prozent) geht auf Kleidungssuche im Second Hand Handel, da die gewünschte Ware nicht mehr im regulären verfügbar ist.**

Fast allen Befragten (91 Prozent) ist allgemein beim Kleidungskauf Nachhaltigkeit und Umweltschutz wichtig oder sehr wichtig. Dies spiegelt sich auch im Konsumverhalten wider: Rund drei Viertel (85 Prozent) versuchen, wenn möglich, aus zweiter Hand zu kaufen. 58 Prozent achten darauf, nachhaltige Kleidung zu shoppen. Und 31 Prozent verwenden umweltschonende Produkte für die Pflege und Reinigung der Kleidung.**

Nachhaltige Produktion oder Markenname – Was ist wichtiger?
Für mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Befragten, ist der Markenname beim Kauf von gebrauchter Kleidung weniger wichtig oder unwichtig. Ob die Kleidung nachhaltig produziert wurden, erachten 60 Prozent hingegen als sehr wichtig oder wichtig. Vor allem für die Generation 60+ (75 Prozent) ist eine nachhaltige Produktion der Second Hand Kleidung sehr wichtig oder wichtig.**

Second Hand Kleidung ist vor allem bei Eltern beliebt
Gebrauchte Kleidung wird aber nicht nur für sich selbst gekauft, fast jede:r Fünfte (18 Prozent) tut es auch für seine/ihre Kinder.* Bei den Eltern unter den Second Hand Shopper:innen kaufen 85 Prozent Kleidung aus zweiter Hand für ihre Kinder. Am beliebtesten sind hier Onlineshops (58 Prozent) und Online-Marktplätze und Second Hand Onlineshops (51 Prozent). 43 Prozent kaufen gebrauchte Kinderkleidung von Freunden. 33 Prozent gehen gerne in Second Hand Läden und weitere 23 Prozent in stationären Kinderbekleidungsgeschäften shoppen. Dabei geben 63 Prozent der Befragten an, dass sie mehr Second Hand Kleidung kaufen, seitdem sie Eltern geworden sind.**

Jacken und Mäntel sind Second Hand Topseller
Am liebsten werden Jacken und Mäntel (70 Prozent) aus zweiter Hand geshoppt, gefolgt von Pullovern (60 Prozent), Kleider und Röcken (56 Prozent) und Hosen (49 Prozent). Dabei scheinen Hosen und Pullover bei den Second Hand Käufer:innen im Vergleich zum Vorjahr beliebter geworden zu sein (Vorjahr: 46 Prozent und 51 Prozent). Jüngere Shoppende (18-29-Jährige) kaufen noch lieber als Jacken und Mäntel ihre Pullover second hand (80 Prozent).**

Quellen:
* Kantar-Umfrage
** momox fashion Umfrage
 
Methodik:
Kantar-Umfrage: Fallzahl (n=1.037), Zielgruppe: 16-64 Jahre; Methode: Online-Umfrage im Befragungszeitraum (13.-16.11.2021), durchgeführt von der Kantar Deutschland GmbH im Auftrag der momox AG
 
momox fashion Umfrage: Fallzahl (n=6.789), Befragungszeitraum (21.-26.10.2021), Zielgruppe: momox fashion Kund:innen im Alter von unter 18 bis über 60 Jahren; Methode: Online-Umfrage, durchgeführt von der momox AG

Download der Studie

Foto: Pixabay
03.08.2021

Composites Germany legt Ergebnisse der 17. Composites-Markterhebung vor

  • Bewertung der derzeitigen Geschäftslage sehr positiv
  • Zukunftserwartungen optimistisch
  • Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
  • Wachstumstreiber unverändert

Zum siebzehnten Mal hat Composites Germany aktuelle Kennzahlen zum Markt für faserverstärkte Kunststoffe erhoben. Befragt wurden alle Mitgliedsunternehmen der drei großen Trägerverbände von Composites Germany: AVK (Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V.), Leichtbau Baden-Württemberg und VDMA-Arbeitsgemeinschaft Hybride Leichtbau Technologien.

Um die problemlose Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Erhebungen zu gewährleisten, wurden auch in diesem Halbjahr keine Änderungen bei der Befragung durchgeführt. Erhoben wurden erneut überwiegend qualitative Daten in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Marktentwicklung.

  • Bewertung der derzeitigen Geschäftslage sehr positiv
  • Zukunftserwartungen optimistisch
  • Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich
  • Wachstumstreiber unverändert

Zum siebzehnten Mal hat Composites Germany aktuelle Kennzahlen zum Markt für faserverstärkte Kunststoffe erhoben. Befragt wurden alle Mitgliedsunternehmen der drei großen Trägerverbände von Composites Germany: AVK (Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V.), Leichtbau Baden-Württemberg und VDMA-Arbeitsgemeinschaft Hybride Leichtbau Technologien.

Um die problemlose Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Erhebungen zu gewährleisten, wurden auch in diesem Halbjahr keine Änderungen bei der Befragung durchgeführt. Erhoben wurden erneut überwiegend qualitative Daten in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Marktentwicklung.

Bewertung der derzeitigen Geschäftslage sehr positiv
Nachdem die Bewertung der aktuellen Geschäftslage fast zwei Jahre in Folge stetig ab-nehmend war. Zeigte sich bereits in der letzten Befragung eine Trendwende hin zu einer positiveren Sichtweise. In der aktuellen Befragung setzt sich der positive Trend weiter fort. Für alle drei angegebene Regionen (Deutschland, Europa & Weltweit) zeigen sich durchweg positive Einschätzungen. So beurteilen fast 80 % der Befragten die aktuelle generelle Geschäftslage als positiv oder sogar sehr positiv.

Aber nicht nur die Bewertung der generellen Geschäftslage hellt sich im Gegensatz zur letzten Befragung deutlich auf, auch die eigene Geschäftslage wird nochmals optimistischer eingeschätzt.
Im industriellen Umfeld existieren derzeit zahlreiche Herausforderungen. Die Corona-Pandemie beispielsweise ist vielfach nur abgeflaut, aber nicht verschwunden.       

Geschäftsmodelle mussten und müssen auch weiterhin angepasst werden. Logistikketten wurden teilweise erheblich gestört und auch heute noch zeigen sich eklatante Engpässe. Die Verstopfung des Suezkanals durch die „Ever Given“ hat die Empfindlichkeit internationaler Handelsströme nochmals verdeutlicht.

Rohstoffmangel, starke ansteigende Preise vieler Rohstoffe und zuletzt der Chipmangel wirken sich stark auf verschiedene Anwendungsindustrien aus. Trotzdem zeigt sich in der Composites-Industrie ein äußerst optimistisches Bild. Entsprechend positive Werte wurden zuletzt bei den Befragungen Herbst 2018 bzw. Frühjahr 2019 erreicht.

Zukunftserwartungen optimistisch
Gestützt wird die positive Grundstimmung zusätzlich von positiven Erwartungen auch an die Zukunft. Befragt hinsichtlich ihrer Erwartungen an die zukünftige Geschäftsentwicklung zeigte sich ebenfalls ein fast durchweg optimistisches Bild. Über 80 % der Befragten gehen von einer Verbesserung der Geschäftslage in Europa im nächsten halben Jahr aus. Auch für die andern Regionen zeigt sich ein ähnliches Bild.

Erwartungen an Anwendungsindustrien unterschiedlich  
Die Erwartungen an ausgewählte Anwendungsbereiche zeigen sich äußerst unterschiedlich. Größere Rückgänge werden, wie auch bei der letzten Befragung, vor allem für die Bereiche Automobil, Luftfahrt und Windenergie erwartet. Es lässt sich aber feststellen, dass der Anteil derjenigen, die eine eher pessimistische Einschätzung haben, nochmals deutlich zurückgeht.
Gingen beispielsweise bei der letzten Erhebung 46 % der Befragten von einer Verschlechterung der Situation im Luftfahrtbereich aus, so sinkt dieser Wert auf „nur noch“ 17 %. Für den Bereich Automobil sinkt der Wert von 17 % (2. Hj 2020) auf nunmehr 14 %.

Vor allem die beiden Bereiche Infrastruktur-/Bau und Sport/Freizeit zeigen sich schon über einen längeren Zeitraum als die Anwendungsfelder, von denen viele Befragten wesentliche Wachstumsimpulse für die Composites-Industrie erwarten. Auch in Zeiten eines eher schwierigen industriellen Umfeldes zeigen sich speziell auch diese beiden Bereiche derzeit als sehr stabil.

Insbesondere der Bau- & Infrastruktur- sowie der Transportbereich sind die zentralen Anwendungsfelder für Composites-Bauteile. Der Transportbereich reagiert dabei deutlich schneller und oftmals intensiver als der Baubereich auf externe Einflüsse und Störungen. Dafür zeigt sich innerhalb dieses Segmentes aber auch eine meist deutlich ausgeprägtere Innovationsbereitschaft und Entwicklungsgeschwindigkeit.

GFK bleibt Wachstumstreiber
Erneut bleiben auch in der aktuellen Markterhebung Deutschland, Europa und Asien die Weltregionen, aus der die wesentlichen Wachstumsimpulse für das Composites-Segment erwartet werden. Die Erwartungen an Asien gehen dabei leicht zu Gunsten von Europa zurück. Werkstoffseitig setzt sich der Paradigmenwechsel weiter fort.     

CFK (Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff) verliert in den Augen der Befragten weiterhin an Einfluss im Hinblick auf seine Rolle als Wachstumstreiber. GFK (Glasfaserverstärkter Kunststoff) wird nun zum dritten Mal in Folge als wichtigster Werkstoff genannt. Der Bereich übergreifend gewinnt stark an Nennungen dazu.

Composites sind nach wie vor relativ junge Werkstoffe, die ein hohes Potenzial aufweisen. Es bleibt spannend zu sehen, inwieweit sich Composites weiterhin als Werkstoffalternative etablieren können und ob sie von den zentralen, anstehenden Änderungen (z. B. alternative Antriebe, steigender Wunsch nach Nachhaltigkeit, alternative Energiegewinnung, 5G uvm.) profitieren können.
Die nächste Composites-Markterhebung erscheint im Januar 2022.   

(c) Neonyt/Messe Frankfurt GmbH
30.03.2021

Circularity und Fashion: Interview zur Business- und Kommunikationsplattform Neonyt

Kreislauf- statt Wegwerfwirtschaft – von Fast Fashion zur Zero-Waste-Philosophie. Die Eckpfeiler der Circular Economy im Modebusiness lauten: Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung durch neue Verfahren, kontinuierliche Wiederverwertung von Produkten und Materialien und Regeneration der natürlichen Systeme. Textination sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Thimo Schwenzfeier, Show Director Neonyt, von der Messe Frankfurt über das Messeformat Neonyt als Business- und Kommunikationsplattform für Circularity & Fashion.
 
Es ist rund 10 Jahre her, dass sich die Messe Frankfurt auf das „nachhaltige“ Fashion-Messeparkett wagte. Zunächst mit der Ethical Fashion Show, dann mit dem Greenshowroom gab es zwei Messeformate in Berlin, die sich dem Thema grüne Mode widmeten. Was hat Sie als Messeveranstalter damals zum Launch eines solchen Spezialformats in Deutschland bewogen?

Kreislauf- statt Wegwerfwirtschaft – von Fast Fashion zur Zero-Waste-Philosophie. Die Eckpfeiler der Circular Economy im Modebusiness lauten: Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung durch neue Verfahren, kontinuierliche Wiederverwertung von Produkten und Materialien und Regeneration der natürlichen Systeme. Textination sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Thimo Schwenzfeier, Show Director Neonyt, von der Messe Frankfurt über das Messeformat Neonyt als Business- und Kommunikationsplattform für Circularity & Fashion.
 
Es ist rund 10 Jahre her, dass sich die Messe Frankfurt auf das „nachhaltige“ Fashion-Messeparkett wagte. Zunächst mit der Ethical Fashion Show, dann mit dem Greenshowroom gab es zwei Messeformate in Berlin, die sich dem Thema grüne Mode widmeten. Was hat Sie als Messeveranstalter damals zum Launch eines solchen Spezialformats in Deutschland bewogen?

Olaf Schmidt: Das Texpertise Network der Messe Frankfurt vereint die international bedeutendsten Textilmessen – auf rund 60 Veranstaltungen weltweit zeigen wir, was die Textil- und Modebranche bewegt. Wir bilden die aktuellen Themen und Trends ab und setzen Impulse für die gesamte textile Wertschöpfungskette. Die Messe Frankfurt hat früh den Bedarf an einer geeigneten Plattform für das Zukunftsthema Nachhaltigkeit erkannt und es war daher naheliegend, unsere Expertise im Bereich Fashion zu erweitern und der Nachfrage aus diesem Segment entgegenzukommen. Dafür haben wir bestehende Formate adaptiert und neu ausgerichtet: Nach dem Start der Ethical Fashion Show in Paris im Jahr 2004 übernahm die Messe Frankfurt France die Veranstaltung im Jahr 2010. Zwei Jahre später gründete die Messe Frankfurt in Deutschland die Ethical Fashion Show Berlin und fand mit dem Umzug des Events in die polarisierende Hauptstadt die richtige Location für die kommenden Jahre. Die Messe Frankfurt legte den dort bereits bestehenden Greenshowroom mit der Ethical Fashion Show zusammen und ab Januar 2015 fanden die beiden Messen in einer gemeinsamer Venue statt. Die Ausrichtung dieser Veranstaltungen war für die Messe Frankfurt der nächste logische Schritt auf unserem Weg in eine nachhaltige Modezukunft – das Konzept ist inzwischen am Markt für Sustainable Fashion etabliert und besitzt ungebrochenes Wachstumspotential. Der Zusammenschluss des Messeduos 2019 unter dem aktuellen Namen Neonyt ermöglichte uns, unseren Aussteller*innen und Besucher*innen eine neue inhaltliche Ausrichtung und einen holistischen Ansatz beim Thema Nachhaltigkeit sowie einen direkteren Zugang zum konventionellen Modemarkt, insbesondere was den Handel angeht. Im Sommer 2021 findet die Neonyt erstmals am neuen Fashion Hotspot Frankfurt im Rahmen der neuen Frankfurt Fashion Week statt.

 
2019 wurden beide Veranstaltungsformate verschmolzen, die neue Messe Neonyt war geboren und aus 1 + 1 wurde was? Welche Komponenten bietet die Neonyt zusätzlich zu den vorherigen Messekonzepten, was ist so „neu-neu“ und wie kamen Sie eigentlich auf den Namen?

Thimo Schwenzfeier: Aus eins plus eins, wie Sie so schön sagen, wurde mit der Neonyt nämlich nicht einfach nur zwei. Aus eins plus ein wurde einzigartig, neoneu, international relevant: Das Messe-Business wurde unter anderem um das internationale Konferenzformat Fashionsustain und einen Showcase ergänzt, um das Thema Nachhaltigkeit schrittweise mit den Themen Technologie, Innovation und Vorstufe zusammenzuführen. Für den nötigen Lifestyle sorgt unser Content Creator-Format Prepeek und den Glamour der Modewelt bringt die Fashionshow. Neonyt vereint die wichtigsten Elemente der internationalen Textil- und Modebranche – Style, Business, Inspiration, Innovation, Wissen, Spaß und Community. Und genau das ist es auch, was Neonyt so „neu-neu“ macht. Progressiv und polarisierend – das Kunstwort Neonyt leitet sich ab vom altgriechischen Wort „neo“ (dt. neu, revolutionär) und dem skandinavischen Wort „nytt“ (dt. neu). „Das erneuerte Neu“ – Neonyt ist unser Synonym für den fundamentalen Transformationsprozess der Textil- und Modebranche, eine Neuinterpretation dessen, was bereits da gewesen ist und unseren Anspruch, nicht stillzustehen und gemeinsam positive Veränderungen voranzutreiben.

 
Für das Neonyt-Messeformat haben Sie sich mit Partnern - beispielsweise für Konferenzkomponenten und im Designbereich - verstärkt.
Welche Expertise bringen diese ein, und worin liegt der Mehrwert für Aussteller und Besucher?

Thimo Schwenzfeier: Wir wissen, mit welchen Zukunftsthemen sich unsere Brands und die Community gerade befassen und schaffen dafür die richtige Plattform – für persönliche Begegnungen und Austausch, für Networking und erfolgreiche Geschäftsabschlüsse. Schlicht gesagt: Wir machen Messen, wir veranstalten Events, wir sorgen für die richtigen Rahmenbindungen, wir connecten Menschen und Business. Die Neonyt bildet somit die globale Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Akteur*innen der Textil- und Modebranche – zwischen Industrie, Handel, Politik, Dienstleistung und Konsum. Und damit ein lebendiger, transparenter und vor allem authentischer Dialog zwischen allen Counterparts entstehen kann, greifen wir natürlich auf das Wissen von Branchenexpert*innen zurück und gehen starke Partnerschaften ein, um Fashion und Sustainability weiter nach vorne zu bringen. Denn nur gemeinsam können wir wirkliche Veränderungen erreichen und garantieren, dass unsere Community mit ausreichend und vor allem der richtigen Information versorgt ist, um eigenbestimmte Entscheidungen treffen zu können.
 

In den letzten Jahren trifft man allerorten in der Modeindustrie auf das Schlagwort Zirkularität – oder vielmehr auf Circularity und Closing the Loop. Ob Stella McCartney, die Ellen MacArthur Foundation, große Handelskonzerne – viele Akteure und Entscheider sind der Ansicht, dass nur in einer Kreislaufwirtschaft und nicht in einem – wie auch immer gearteten – Downcycling die Zukunft für die Modewelt liegt. Wie sieht das die Neonyt?
         
Thimo Schwenzfeier: Richtig, das Konzept der Circular Economy ist kein neues und auch nicht nur auf die Textil- und Modeindustrie begrenzt. Circularity – eigentlich das Nonplusultra für jedes Produkt, jede Indus–trie, für unsere globale Gesellschaft. Das Konzept ist vermeintlich einfach: Alle Materialien und Produkte werden in einem geschlossenen Kreislauf gehalten, die Nutzungsdauer erhöht und am Ende des Produktlebenszyklus wird alles wieder zurückgeführt. Viele nachhaltige Modelabels zeigen bereits, wie’s gemacht wird. Neonyt-Brands sind ganz vorne mit dabei und setzen jetzt schon Praktiken um, die schnellstmöglich zum Standard werden sollten: angefangen bei T-Shirts oder Schuhen aus recycelten Materialien und Rücknahmesysteme für Kollektionsteile über kompostierbare Kleidung, die sich am Ende des Produktlebenszyklus „auflöst“ und in ihre natürlichen Bestandteile zerfällt, bis hin zu Repair-Services und Leasing-Modellen für Denim und Co. – ganzheitlich denken, nachhaltig handeln und zirkulär produzieren, das sind definitiv die Trends der kommenden Modesaisons und mindestens ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Bestandteil der zukünftigen Modewelt.

 
Damit der Gedanke einer Kreislaufwirtschaft erfolgreich implementiert werden kann, bedarf es eines Zusammenspiels von Technologie, Produktion, Design und Vertrieb. Welche Präsentationsoptionen und Kommunikationsformen hält die Neonyt für die verschiedenen Komponenten bereit?  

Thimo Schwenzfeier: Die kombinierte Innovationskraft aus den Bereichen Technologie, Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist ein wichtiger Treiber für die aktuellen Entwicklungen in der Textil- und Modebranche – auch beim Thema Circularity. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette verändern sich Prozesse und Produktionsabläufe – die Branche muss sich größtenteils neu erfinden. Die Neonyt zeigt, wie dies nachhaltig erfolgreich funktioniert, mit dem international etablierten Konferenzformat Fashionsustain – mit Spin-offs in China, Europa und den USA –sowie dem ergänzenden Showcase. Diese beiden Formate bieten gemeinsam die ideale Mischung aus Orientierung und Inspiration, um die Branche für die Zukunft zu wappnen. Virtuelle Mode, authentische Marken und textile Wertschöpfungsketten, Wissenschaft und Innovation sowie Retail, Business Models und Impact Investment – bei der Fashionsustain tauschen sich hochkarätige Expert*innen mit einem interessierten Fachpublikum aus und diskutieren den Wandel und neue Lösungen der Textil- und Modebranche. Der Neonyt Showcase vertieft die Themen und Innovationen, die auf der Bühne der Fashionsustain präsentiert und diskutiert werden. Expert*innenwissen on-demand sozusagen: ob Microfactories oder Installationen – Neonyt-Brands aber auch Brands aus dem restlichen Texpertise Network der Messe Frankfurt, wie zum Beispiel Aussteller*innen der Texprocess, bekommen so die Chance, nachhaltige Innovationen, neue Technologien und Materialien, Initiativen, Change-Maker-Kampagnen oder Forschungsprojekte zu präsentieren und in den direkten und praxisnahen Austausch mit der internationalen Cross Sector-Community der Neonyt zu treten.
 

Das letzte Jahr war aufgrund der Pandemie-Situation für Messeunternehmen eine bisher ungesehene Herausforderung. Auch die Neonyt hat es getroffen – und Präsenzveranstaltungen mussten abgesagt werden. Mit einem digitalen Format „Neonyt on Air“ haben Sie versucht, Ausstellern und Besuchern eine alternative Plattform zu bieten. Wie sind Ihre Erfahrungen: Haben der Messefokus und dessen Community vielleicht sogar dazu beigetragen, eine solche virtuelle Veranstaltung einfacher zu platzieren?  

Olaf Schmidt: Corona hat bereits vieles verändert und wird das sicherlich auch weiterhin auf die eine oder andere Art tun. Dennoch wird es weiterhin unsere Aufgabe als Messeveranstalter sein, der Industrie die bestmöglichen Begegnungsplattformen anzubieten, um ihre neuen Produkte weltweit zu präsentieren. Wir sind fest davon überzeugt, dass sich auch in Zukunft Menschen persönlich begegnen möchten, um sich über neue Produkte und Dienstleistungen auszutauschen. Das gilt ganz besonders für den Bereich Textil, in dem Haptik eine ganz entscheidende Rolle spielt. Wir gehen davon aus, dass sich nach der Krise sogar ein gewisser Nachholeffekt einstellt. Denn was die letzten beiden sehr erfolgreichen digitalen Saisons der Neonyt on Air beispielsweise dennoch deutlich gemacht haben: Mode lebt von Persönlichkeiten, von Inszenierung und Inspiration. Da können digitale Formate begleiten, aber keinen vollen Ersatz bieten.
 
Thimo Schwenzfeier: Die digitale Neonyt on Air war bei Weitem kein voller Ersatz für die ausgefallenen physischen Saisons, aber dennoch ein voller Erfolg. Eine Woche lang diskutierten Fashion-, Lifestyle- und Digitalexpert*innen in zahlreichen Keynotes, Interviews und Panel Discussions über mehr Authentizität, Unmittelbarkeit und Transparenz in der Textil- und Modebranche. Mit mehr als 24.000 internationalen Follower*innen auf Instagram generierten wir mit unseren „Presenting Partners“ Grüner Knopf, Hessnatur und Oeko-Tex in nur fünf Tagen rund 50.000 Impressionen und mehr als 4.700 Content-Interaktionen. Diese Zahlen zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und branchenübergreifend diskutiert wird. Ich denke, dass die Polarisierung und vor allem die vorherrschenden Einschränkungen, was Handel und Commerce angehen, sicherlich dazu beigetragen haben, ein erfolgreiches digitales Format abzuhalten. Digitalisierung war in dem Fall wirklich der Booster für die Modeindustrie: Statt den persönlichen Austausch zu ersetzen, hilft sie gerade in der aktuellen Zeit dabei, die Geschäftstätigkeit von Brands aufrecht zu erhalten und auszubauen. Und ganz klar, der Bedarf an Austausch in der Fashion-Branche und die Motivation, gemeinsam einen Wandel einzuleiten, sind weiterhin enorm. Das hat uns Neonyt on Air nochmals deutlich gezeigt. Aber wir freuen uns bereits jetzt auf die nächste physische Ausgabe der Neonyt.
 

Die COVID19-Pandemie hat auch in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein knappes Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf, für welche Unterstützung sind Sie dankbar und wo haben Sie sich allein gelassen gefühlt?  

Olaf Schmidt: Ein Jahr wie kein anderes – das lässt sich über das letzte wohl eindeutig sagen. Die Corona-Pandemie traf alle unvorbereitet, uns als Messeveranstalter, aber natürlich auch unsere Austeller*innen, Besucher*innen und Partner*innen. Vor allem in unmittelbarer Zukunft müssen wir weiterhin damit rechnen, dass Messen zunächst erst einmal nur unter strengeren Sicherheits- und Gesundheitsvorgaben stattfinden können. Die Messe Frankfurt hat hier schnell reagiert und dazu ein umfangreiches Schutz- und Hygienekonzept erarbeitet. Klar war: Wir alle müssen uns umstellen und mit einer neuen Situation umgehen. Und das haben wir bisher gemeinsam super gemeistert, das Teamverständnis untereinander, der enge Kontakt – zwar physisch auf Abstand, aber global vernetzt – zwischen allen Involvierten, lässt mich positiv gestimmt in die Zukunft blicken. Für mich ist eine wichtige Erkenntnis dieser globalen Pandemie, ein Credo schon fast, offen für neue Wege und Chancen zu sein und eher Möglichkeiten zu finden, Dinge zu kombinieren als sie zu trennen: Hybride Lösungen sozusagen.    

Thimo Schwenzfeier: Für die Neonyt gab es gab keinen Masterplan und stellenweise trat auch das Gefühl in den Vordergrund, man müsse jetzt für „das Rad neu erfinden“: Wie funktioniert Zusammenarbeit, wenn persönliche Treffen nicht stattfinden können? Kann digitalisierte Nähe die aktuell auferlegte soziale Distanzierung auffangen und ermöglichen, trotzdem eng zusammenzuarbeiten? Wie können Geschäftsbeziehungen gepflegt werden, während Läden geschlossen haben? Wie können Prioritäten gesetzt werden, wenn erprobte Lösungen und etablierte Jahrespläne ihre Gültigkeit verlieren? Wer bin ich selbst, wer sind ‚die anderen‘ und was macht Gemeinschaft aus? Nie waren Fragen zu unserem Schaffen und Dasein, zu dem, was uns ausmacht und dazu, wer oder was wir sein wollen, relevanter als jetzt gerade. Etwas, das ich aus der aktuellen Zeit mitnehme und das mich trotz schwieriger Umstände weiter positiv nach vorne blicken lässt, ist die Tatsache, dass der Zusammenhalt untereinander und die Solidarität miteinander – privat wie beruflich – enorm an Bedeutung gewonnen haben. Die Krise hat wie eine Lupe bestehende Chancen, aber auch Herausforderungen vergrößert und das Essenzielle in den Fokus gerückt. Ich denke, wenn wir weiterhin versuchen, Dinge bewusster zu erleben und nicht als selbstverständlich ansehen, solidarisch handeln und koopetitiv arbeiten, schaffen wir es gemeinsam, ein „New Normal“ zu definieren und gestärkt aus dieser Krise hervorzukommen.
 

Wie früher in Berlin, so ist die Neonyt aktuell auch in Frankfurt im Umfeld der Fashion Week zusammen mit konventionellen Messe-Angeboten platziert. Können Sie sich vorstellen, dass ein besonderes Veranstaltungskonzept wie die Neonyt in einigen Jahren unnötig sein wird, da sich weltweit in der Bekleidungsindustrie das Circularity-Konzept durchgesetzt hat?

Olaf Schmidt: Klares Nein. Nachhaltigkeit per se ist schon jetzt kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Wichtig ist, am Zahn der Zeit zu bleiben, sich an Trends zu orientieren oder besser noch neue Trends selbst aufzuspüren und sie weiterzuentwickeln. Dinge, Strategien, Konzepte werden sich immer ändern – wenn uns das letzte Jahr eines gezeigt, dann sicherlich das. Es ist mehr als wünschenswert, dass wir alle aus dieser Krise lernen und uns auf die wirklich wichtigen Werte besinnen, auf die Solidarität zwischen Partner*innen, auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Möglicherweise werden genau deshalb Unternehmen, die besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit legen, noch stärker aus dieser Krise hervorgehen. Sie können also sicher sein, dass wir als internationaler Leitmesse-Veranstalter für die Textilwirtschaft auch weiterhin auf Nachhaltigkeit setzen und zukunftsorientierte Unternehmen und Lösungen unterstützen werden. Obsolet werden unsere Formate durch die Etablierung und Normalisierung von ganzheitlichen Geschäftspraktiken im Textilsegment dadurch aber nicht. Eine exakte Prognose für die kommenden Dekaden abzugeben, ist aber unmöglich. Über die letzten Monate haben wir selbst alle im persönlichen Alltag oder im Berufsleben gemerkt, wie unsicher und volatil die Zukunft ist. Was jedoch klar ist, ist, dass sich die Modebranche – die Welt allgemein – noch schneller verändern wird als bisher. Und darin liegt dann wiederrum die Chance für Formate wie die Neonyt. Die zehnjährige Geschichte zeigt, in wie vielen Richtungen sich die Neonyt schon weiterentwickelt hat, inhaltliche Fokuspunkte geshiftet sind und sie sich neoneu erfunden hat – das wird auch in Zukunft so bleiben.
 

Herr Schwenzfeier, seit 2018 sind Sie neben Ihrer Aufgabe als Leiter Marketing-Kommunikation der Textilmessen der Messe Frankfurt auch Show Director der Neonyt. Sie haben mit vielen Ausstellern und Besuchern gesprochen – welche Ideen oder Kreationen haben Sie besonders beeindruckt?

Thimo Schwenzfeier: Ich glaube, es sind weniger die einzelnen Innovationen oder Kreationen der Aussteller*innen unserer Messen. Und ich wähle hier bewusst den Plural. Denn in meiner Funktion als Leiter der Marketingkommunikation im Bereich Textiles & Textile Technologies der Messe Frankfurt ist die Neonyt nur eine „meiner“ Veranstaltungen. Ich glaube, es ist mehr die Fülle an modischen, technischen und fachlichen Neuheiten, die Brands, Labels, Unternehmen, Start-Ups und Designer*innen jährlich präsentieren. Aber müsste ich wirklich eine Innovation wählen, dann wären das wohl die veganen „Currywurst“ Sneaker aus rotem Pfeffer und recycelten PET-Flaschen – beim selben Label gibt es auch Schuhe aus Holz, Stein, Kaffee und Pilzen oder mittlerweile sogar Meteoritenteilchen. Es ist beeindruckend, in jeder Saison aufs Neue erleben zu können, wie kreativ die Textil- und Modebranche ist.
 

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten – und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung der Messe Frankfurt sind Sie im Nachhinein besonders froh, dass sie so getroffen wurde?
 
Olaf Schmidt: Eindeutig die Entscheidung, die Neonyt zu gründen. Ein eigenes Messeformat für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation zu schaffen und die Freiheiten und den Lifestyle, die dieses Thema mit sich bringen in unser Event zu integrieren. Nach mehr als einer Dekade verabschieden wir uns 2021 zwar vom Standort Berlin, aber nicht von unserer Community und unseren Spirit. Gemeinsam blicken wir zurück auf viele modische Saisons und tolle Locations in der Hauptstadt: angefangen im Hotel Adlon Kempinski über das Ewerk, den Postbahnhof, den Kronprinzenpalais, das Funkhaus und das Kraftwerk bis zur letzten physischen Veranstaltung im Tempelhof. Mit dem Jahreswechsel und im Rahmen der Frankfurt Fashion Week steht für die Neonyt der Umzug in die Metropole am Main ins Haus. In Frankfurt prallen Welten aufeinander: Wolkenkratzer und Gründerzeitvillen. Bausünden und architektonische Meisterwerke. Business und Bürgerlichkeit. Rotlichtmilieu und Luxusmeile. In diesem Spannungsfeld setzt die Frankfurt Fashion Week neue Impulse. Und mitten drin die Neonyt. Die Zeichen stehen auf Neuanfang – ein Restart für die gesamte Fashion-Szene, gemeinsam heben wir Nachhaltigkeit auf das nächste Level – die Fokusthemen Applied Sustainability und Applied Digitisation lassen ein vollkommen neues Fashion Week-Ecosytem in Mainmetropole entstehen.
 

Wenn alles klappt, kann die Neonyt im Juli 2021 erstmals wieder als Face-to-Face-Veranstaltung durchgeführt werden. Wie sehen Ihre Planungen aus? Auf was und wen dürfen sich Besucher freuen? Und welches Backup für ein Worst-Case-Szenario gibt es?

Thimo Schwenzfeier: Natürlich ist es aufgrund der derzeit immer noch angespannten Lage rund um Covid-19 schwierig, verbindliche Aussagen zur nächsten physischen Veranstaltung zu treffen. Derzeit gehen wir aber davon aus, dass sich die Situation in den Sommer hinein entspannt und wir die Neonyt wie geplant und in einem sicheren, positiv gestimmten und nach vorne blickendem Umfeld in unserer Homebase Frankfurt veranstalten können. Die anhaltend volatile Lage macht es für uns alle notwendig, weiterhin mit Einschränkungen bei großen Veranstaltungen zu rechnen. Im Mittelpunkt unserer Planungen für die Neonyt im Sommer 2021 steht daher die Gesund aller – der Aussteller*innen, Besucher*innen, Partner*innen und Mitarbeiter*innen der Neonyt. Die Messe Frankfurt hat ein Konzept erarbeitet, das detaillierte hygienische Maßnahmen umfasst: Hygiene, Abstand und Frischluftzufuhr sind wichtige Faktoren, die wir mit den zuständigen Behörden in Frankfurt und den Verantwortlichen der Frankfurt Fashion Week abstimmen. Die Neonyt-Community bekommt zu gegebener Zeit Hinweise und Empfehlungen für den Messeauftritt und -besuch, die den aktuellen Bestimmungen entsprechen. Über ein konkretes Backup für ein Worst-Case-Szenario haben wir uns noch keine Gedanken gemacht, da wir Stand heute von einem physischen B2B-Event ausgehen – die letzten beiden Saisons haben aber bewiesen, sollte es nicht möglich sein, die Neonyt face-to-face zu veranstalten, dass wir mit der digitalen Neonyt on Air durchaus gut aufgestellt sind und das Format sicherlich noch ein weiteres Mal zur Sommerveranstaltung adaptieren könnten. Wir tauschen uns regelmäßig mit allen Marktteilnehmer*innen aus und versuchen auch von unserer Community mittels Umfragen ein Gefühl zu deren Einschätzungen und Wünschen zu bekommen. Abwarten und Tee trinken, würde man auch sagen – am Ende müssen wir uns auch danach richten, was die aktuelle gesundheitliche Lage erlaubt und welche Entscheidungen seitens Politik getroffen werden.

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

Grafik: Gerd Altmann, pixabay
19.01.2021

IW-Verbandsumfrage: Textilbranche und Banken besonders pessimistisch

Es kann meist nur besser werden

Zum Jahreswechsel befragte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) traditionell deutsche Verbände nach ihren wirtschaftlichen Erwartungen für das kommende Jahr. Die meisten Branchen berichten von einschneidenden Schwierigkeiten und hoffen auf eine Besserung im Jahr 2021. Allerdings werden viele Unternehmen Stellen abbauen – vor allem dort, wo es bereits vor der Pandemie Probleme gab.

Es kann meist nur besser werden

Zum Jahreswechsel befragte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) traditionell deutsche Verbände nach ihren wirtschaftlichen Erwartungen für das kommende Jahr. Die meisten Branchen berichten von einschneidenden Schwierigkeiten und hoffen auf eine Besserung im Jahr 2021. Allerdings werden viele Unternehmen Stellen abbauen – vor allem dort, wo es bereits vor der Pandemie Probleme gab.

Zum Jahresende schaute die deutsche Wirtschaft auf eines der schwierigsten Jahre in der neueren Geschichte zurück. Die Corona-Pandemie hat schon im Frühjahr 2020 vielen Unternehmen zugesetzt, der aktuelle Winter und die zweite Welle haben bereits angeschlagene Branchen weiter in Bedrängnis gebracht. Immer noch ist nicht absehbar, wann sich die Lage spürbar bessert. Das spiegelt sich auch in der traditionellen IW-Verbandsumfrage wider: 34 der befragten 43 Verbände berichten von einer schlechteren Wirtschaftslage als noch vor einem Jahr. Wer von einer besseren oder unveränderten Lage berichtet, befand sich oftmals schon im Vorjahr in einer schwierigen Wirtschaftslage. Dazu zählen beispielsweise die Automobil- und die Chemieindustrie.

Die Stimmungslage ist in vier von fünf Unternehmen in Deutschland zum Jahreswechsel 2020/2021 schlechter als vor einem Jahr. Diese krisenbehaftete Ausgangslage erklärt in Teilen die insgesamt zuversichtlichen Geschäftserwartungen für 2021. In 26 von 43 Branchen wird gemäß der IW-Verbandsumfrage eine höhere Wirtschaftstätigkeit erwartet. Dagegen gehen 13 Verbände von einem Produktionsrückgang im Jahr 2021 aus. Während bei den Investitionen insgesamt eine moderate Erholung einsetzt, wird die Beschäftigung in 23 Branchen voraussichtlich weiter zurückgehen.

Mit Blick auf 2021 dominiert in der IW-Verbandsumfrage die Zuversicht. Das verwundert nicht, wenn diese Zuversicht als eine Verbesserung gegenüber dem Krisenjahr 2020 zu verstehen ist. Die erwarteten Anstiege erklären sich besonders aus den gewaltigen Fallhöhen und der schlechten Ausgangsbasis 2020. Für eine Reihe von Unternehmen und ganze Branchen muss dieser hoffnungsvolle Blick auf 2021 zudem keine Rückkehr zu einem Produktionsniveau von vor der Krise bedeuten. Die im November 2020 durchgeführte IW-Konjunkturumfrage unter mehr als 2.200 Firmen zeigt konsistent auf, dass rund die Hälfte der befragten Unternehmen noch für das Jahr 2022 mit Produktionsausfällen gegenüber dem Vorkrisenniveau rechnet (IW-Forschungsgruppe Gesamtwirtschaftliche Analysen und Konjunktur, 2020).

Textilbranche und Banken besonders pessimistisch
Immerhin sind die meisten Verbände mit Blick auf 2021 zuversichtlich und gehen davon aus, dass sich ihre Lage verbessert – wobei das Vorkrisenniveau für viele Branchen noch nicht in Sichtweite ist. 26 Verbände planen für das kommende Jahr eine höhere Produktion. 13 Verbände prognostizieren eine geringere Produktion, darunter der Bereich Schiffbau und Meerestechnik, Textil- und Modeverbände sowie die Ernährungsindustrie. Banken und Bauwirtschaftsunternehmen haben ebenfalls gedämpfte Erwartungen für 2021, wobei sich hier die Pandemie bislang relativ wenig niedergeschlagen hat.

Weniger Jobs in der Automobilindustrie
Wenig zuversichtlich ist der Blick auf den Arbeitsmarkt: Nur fünf der 43 befragten Verbände gehen davon aus, dass ihre Mitgliedsunternehmen im kommenden Jahr mehr Mitarbeiter beschäftigen werden. Dazu zählen die Bauwirtschaft und Handwerksbetriebe, die schon vor der Krise unter Fachkräftemangel gelitten haben. 23 Verbände erwarten einen Beschäftigungsabbau, darunter vor allem die Industrie. Besonders pessimistisch sind Verbände, in deren Unternehmen neben der Coronapandemie auch strukturelle Anpassungslasten bestehen – so wie im Finanzbereich:

Schon in den Vorjahren haben immer weniger Kunden Bankfilialen genutzt. Auch die Automobilindustrie plant mit weniger Mitarbeitern: Neben der schwachen Weltwirtschaft setzten strenge Abgas-Grenzwerte und Elektroquoten die Unternehmen unter Druck. In ähnlicher Größenordnung schrumpften die für die Branche außerordentlich wichtigen Exporte.

Bei den wenigen Industrieverbänden, deren Mitglieder – im Durchschnitt über alle Firmen und Teilbereiche hinweg – genauso oder besser dastehen als beim vorherigen Jahreswechsel, handelt es sich oftmals um Wirtschaftszweige, die sich bereits zum Jahreswechsel 2019/2020 in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befanden. Darauf verweisen die Automobilindustrie, Bereiche der Metall- und Elektroindustrie sowie auch die Chemieindustrie. Für Teile der Industrie hat die Corona-Krise bereits eine negative Vorgeschichte. Die schon 2019 rückläufigen Geschäfte waren teils die Folge einer zyklischen Normalisierung nach einer hochausgelasteten Phase. Vor allem belasteten Protektionismus und geopolitische Verunsicherungen die globale Investitionstätigkeit und dies traf die stark im internationalen Investitionsgütergeschäft aktive deutsche Industrie. Auch technologische Herausforderungen – etwa durch die Digitalisierung und den Klimawandel – sorgten für Anpassungslasten.

 

Quelle:

Institut der Deutschen Wirtschaft, Prof. Dr. Michael Grömling Leiter der Forschungsgruppe Gesamtwirtschaftliche Analysen und Konjunktur

(c) pixabay
10.11.2020

Mode- und Textilindustrie will trotz COVID-19-Pandemie nachhaltiger werden

  • Neue Forschungsergebnisse: Geschäftsführer wichtiger Mode-, Einzelhandels- und Textilunternehmen priorisieren nachhaltige Ausrichtung trotz COVID-19-Pandemie
  • Bedeutung von Daten für nachhaltiges Geschäftsmodell ist allgemein anerkannt, lückenhafte Erhebung legt aber bessere Datenqualität für schnelleren Wandel nahe
  • Trotz Covid-19 halten führende Modemacher häufig wechselnde, erschwingliche und nachhaltige Mode für machbar und nutzen Krise, um ihre Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit zu intensivieren

Eine neue Studie verdeutlicht das Ausmaß, in dem die Modeindustrie weltweit das Thema Nachhaltig-keit verfolgt.  Trotz der COVID-19-Pandemie betrachtet die Branche Nachhaltigkeit als zweitwichtigstes strategisches Ziel.

  • Neue Forschungsergebnisse: Geschäftsführer wichtiger Mode-, Einzelhandels- und Textilunternehmen priorisieren nachhaltige Ausrichtung trotz COVID-19-Pandemie
  • Bedeutung von Daten für nachhaltiges Geschäftsmodell ist allgemein anerkannt, lückenhafte Erhebung legt aber bessere Datenqualität für schnelleren Wandel nahe
  • Trotz Covid-19 halten führende Modemacher häufig wechselnde, erschwingliche und nachhaltige Mode für machbar und nutzen Krise, um ihre Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit zu intensivieren

Eine neue Studie verdeutlicht das Ausmaß, in dem die Modeindustrie weltweit das Thema Nachhaltig-keit verfolgt.  Trotz der COVID-19-Pandemie betrachtet die Branche Nachhaltigkeit als zweitwichtigstes strategisches Ziel.

Die neuen Erkenntnisse des U.S. Cotton Trust Protocol und der Economist Intelligence Unit (EIU) basie-ren auf einer Umfrage unter 150 Spitzenmanagern großer europäischer und US-amerikanischer Mode-, Einzelhandels- und Textilunternehmen sowie ausführlicher Interviews mit namhaften Modemarken wie Puma, H&M und Adidas. Die Ergebnisse des gemeinsamen Berichts „Is Sustainability in Fashion?“ erscheint zu einem Zeitpunkt, in dem die Modebranche vor einer richtungsweisenden Ent-scheidung steht: weiter in Nachhaltigkeit investieren oder die Bemühungen angesichts der Pandemie zurückfahren.

Für Manager in Mode, Handel und Textilwirtschaft ist Nachhaltigkeit entscheidend für Erfolg
Trotz der Pandemie betrachten viele der globalen Spitzenmarken der Studie zufolge Nachhaltigkeit mittlerweile als entscheidenden Faktor für ihren Geschäftserfolg. Die Mehrheit der befragten Füh-rungskräfte (60 %) nannte die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen als eines der beiden wich-tigsten strategischen Ziele für ihr Unternehmen. Nur die Verbesserung des Kundenerlebnisses war mit 64 % noch wichtiger. Dagegen beurteilt nicht einmal jeder sechste Befragte (14%) die Interessen der Aktionäre als wichtigstes Unternehmensziel.

Manager geben in der Studie an, dass sie Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit in der gesamten Lieferkette ihres Unternehmens einführen. Von der Beschaffung nachhaltig produzierter Rohstoffe (65%) über die Einführung eines Kreislaufwirtschaftssystems und der Reduzierung von Treibhausgasen (51%) bis hin zu Investitionen in neue Technologien wie 3D-Druck und Blockchain (41%). Insgesamt zeigte sich die Mehrheit (70%) optimistisch, dass schnell wechselnde, erschwingliche und zugleich nachhaltige Mode machbar ist.

Daten als entscheidender Faktor
Daten bilden eine wichtige Grundlage für den Erfolg der unternehmerischen Nachhaltigkeit, lautet eine wesentliche Erkenntnis aus der Untersuchung des U.S. Cotton Trust Protocol und der EIU. Gefragt nach den aktuellen Maßnahmen für eine nachhaltigere Gestaltung ihrer Unternehmen, nannten die Firmenlenker mit 53% Prozent die Erfassung von Daten aus dem gesamten Unternehmen und der Lieferkette zur Leistungserfassung besonders häufig. Nur die Entwicklung und Umsetzung einer Strategie für ökologische Nachhaltigkeit mit messbaren Zielen war den Befragten (58%) noch wichtiger.

Daten sind für die Führungskräfte dabei nicht nur kurzfristig relevant. Drei von zehn Studienteilnehmern (29%) betrachten die Verfügbarkeit verlässlicher Daten als wesentlichen Faktor für mehr Nachhaltigkeit im kommenden Jahrzehnt. Des Weiteren sehen fast drei Viertel der Befragten (73%) globale Benchmarks und Schwellenwerte als wirksames Mittel zur Messung der Nachhaltigkeitsleistung und zur Förderung des gesamten Fortschritts in der Branche.

Probleme mit lückenhafter Datenerhebung
Obwohl die befragten Unternehmen Daten eine hohe Bedeutung beimessen, zeigen die Ergebnisse der Studie, dass die Beschaffung qualitativ hochwertiger Daten für Top-Modemarken, Einzelhändler und Textilunternehmen eine echte Herausforderung darstellen kann.

In der Umfrage berichten Entscheider in Unternehmen von relativ hohen Datenerhebungsraten über die Nachhaltigkeitspraktiken ihrer Zulieferer. Diesen Befund unterstützen auch Interviews mit führenden Marken (65%) und Interviews zu Arbeitnehmerrechten, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz in der Lieferkette (62%). Allerdings misst ein erheblicher Anteil der Unternehmen (45%) nicht die Treibhausgasemissionen der gesamten Produktion, oder der Herstellung und des Vertriebs der verkauften Produkte. Darüber hinaus erfassen 41% der befragten Unternehmen nicht, wie viel Wasser und Strom für die Produktion der von ihnen bezogenen Rohstoffe verbraucht wird.

In Zukunft sieht mehr als ein Viertel (26%) der Entscheider einen Mangel an verfügbaren und leicht zu-gänglichen Daten als Hindernis für die branchenweite Zusammenarbeit im Bereich Nachhaltigkeit. Wie einige Befragte im Interview erklärten, ist die Datenerhebung zwar schwierig, aber dennoch wichtig.

Gary Adams, Präsident des U.S. Cotton Trust Protocol, zur Untersuchung: „Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass Marken ihre unternehmerische Nachhaltigkeit weiterentwickeln müssen. Präzise und zuverlässige Daten unterstützen die Unternehmen bei dieser Herausforderung. Daten weisen nicht nur harte Arbeit und Fortschritte nach, sie zeigen auch, wo weitere Verbesserungen möglich sind. Das Cotton Trust Protocol bietet deswegen eine besonders robuste Datengrundlage für ein wesentliches Material der Industrie – Baumwolle. Unternehmen profitieren so von einem außergewöhnlich hohen Maß an Transparenz.“

Partnerschaft ermöglicht weitere Fortschritte
Mode, Einzelhandel und Textilwirtschaft können den Wandel nicht isoliert vorantreiben, so eine weitere zentrale Erkenntnis der Studie. Stattdessen ist eine branchenübergreifende Zusammenarbeit notwendig. Ein Vertreter des kalifornischen Modelabels Reformation zufolge geschieht dies bereits: „Wir freuen uns über die Kooperation in der gesamten Branche und gehen davon aus, dass die Zusammenarbeit künftig weiter zunimmt.“

Im Hinblick auf externe Unterstützung zur Steuerung dieser Entwicklung betrachten die befragten Un-ternehmensführer weitere Regulierungen nicht unbedingt als geeignete Lösung. Die UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sowie staatliche Eingriffe wurden jeweils nur von einem Viertel der Befragten (jeweils 24%) als treibende Kraft für nachhaltige Veränderungen genannt. Regulatorische Anforderun-gen zählen für ein Drittel (33%) der befragten Wirtschaftsführer zu den drei wichtigsten Faktoren für den Fortschritt nachhaltiger Entwicklungen im nächsten Jahrzehnt.

Jonathan Birdwell, Regional Head of Public Policy and Thought Leadership, The Economist Intelligence Unit: „Aus den Umfrageergebnissen und unseren Interviews mit Wirtschaftsführern geht klar hervor, dass die Branche beim Thema Nachhaltigkeit deutliche Fortschritte machen möchte. Wir waren besonders beeindruckt von der Tatsache, dass Nachhaltigkeit weitgehend als vorwettbewerblich aufgefasst wird. Hinter den Kulissen teilen Unternehmen ihre Ressourcen und Erfahrungen.“

Auswirkungen von Covid-19  
Die Entschlossenheit für nachhaltigere Vorgehensweisen steht der gesellschaftlichen und ökonomischen Unsicherheit der COVID-19-Pandemie gegenüber. Allerdings gaben nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten (54%) an, dass Nachhaltigkeit durch die Krise innerhalb der Branche an Priorität verlieren würde.

Das U.S. Cotton Trust Protocol ist eine junge Initiative, die einen neuen Standard für nachhaltig angebaute Baumwolle definiert. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Erzeugern liefert das U.S. Trust Protocol präzise und konsistente Daten zu sechs wichtigen Nachhaltigkeitskennzahlen, die von der unabhängigen Prüfstelle Control Union Certification kontrolliert werden. Die Kennzahlen umfassen unter anderem THG-Emissionen, Wasserverbrauch, Bodenkohlenstoff und Bodenverlust. Zum ersten Mal können Unternehmen jedes Jahr auf Daten der verantwortlichen Betriebe zugreifen und die gesamte Wertschöpfungskette ihrer Baumwolle somit vom Feld bis zur Auslage im Einzelhandel zurückverfolgen.

Forschungsergebnisse auf der Grundlage einer quantitativen Umfrage unter 150 Führungskräften in der Mode-, Einzelhandels- und Textilindustrie in Europa und den Vereinigten Staaten, die von der Economist Intelligence Unit zwischen dem 9. Juli und dem 28. Juli 2020 durchgeführt wurde. Die Umfrage wurde durch qualitative Erkenntnisse aus Interviews mit zehn Fachleuten aus dem Bereich Mode und Nachhaltigkeit ergänzt.

PERFORMANCE DAYS Nothing to Waste - Closing the Loop (c) PERFORMANCE DAYS
20.10.2020

PERFORMANCE DAYS Nothing to Waste - Closing the Loop

  • Endliche Ressourcen und unendliche Müllberge, vor dem Hintergrund heißt es zur 25. Edition der PERFORMANCE DAYS: Nichts verschwenden, auch keine Zeit, recycelte Kleidung wieder recycelte Kleidung werden lassen und den Kreislauf schließen.

Passend zum Thema planen die Messemacher Fakten wie Visionen auf den Punkt und Expertenrunden auf die Bühne zu bringen. Die Branche darf auf die entsprechende Auswahl an nachhaltigen Materialien gespannt sein, die die PERFORMANCE FORUM Jury eigens kürt. Recycelte Materialen wie: PET-Flaschen in Garnen, recyclebare MonoComponent Materialien oder auch Mischungen, im Cradle-to-Cradle Ansatz zu Biomasse zerfallende Shirts und mehr. „Nothing to Waste. Closing the Loop“ wird am 9. bis 10. Dezember 2020 auf dem Gelände der Messe München wie auch online auf der Digital Fair zu sehen sein.

  • Endliche Ressourcen und unendliche Müllberge, vor dem Hintergrund heißt es zur 25. Edition der PERFORMANCE DAYS: Nichts verschwenden, auch keine Zeit, recycelte Kleidung wieder recycelte Kleidung werden lassen und den Kreislauf schließen.

Passend zum Thema planen die Messemacher Fakten wie Visionen auf den Punkt und Expertenrunden auf die Bühne zu bringen. Die Branche darf auf die entsprechende Auswahl an nachhaltigen Materialien gespannt sein, die die PERFORMANCE FORUM Jury eigens kürt. Recycelte Materialen wie: PET-Flaschen in Garnen, recyclebare MonoComponent Materialien oder auch Mischungen, im Cradle-to-Cradle Ansatz zu Biomasse zerfallende Shirts und mehr. „Nothing to Waste. Closing the Loop“ wird am 9. bis 10. Dezember 2020 auf dem Gelände der Messe München wie auch online auf der Digital Fair zu sehen sein.

Mit dem neuen Focus Topic hat die Messe PERFORMANCE DAYS ein Thema gewählt, das nicht nur die eigene Branche betrifft. Längst schon recycelt die Textilbranche eigene Abfälle für eine effizientere Produktion und zudem verwertet sie u.a. PET-Flaschen, also industriefremde Materialien. Gleichzeitig existieren Textilien neben Glas, Papier, Metall, Kunststoff & Co als eigene Sparte in der Abfallwirtschaft. Doch trotz aller Recyclingambitionen durch Abfall- und Textilindustrie bestehen weiterhin Herausforderungen, um ein effizienteres Nutzen der Ressource Textil-Abfall zu ermöglichen. Produktion, Verbraucher und Entsorgung in einer globalen Welt kilometerweit auseinander liegend, fehlendes Expertenwissen aus den jeweils anderen Industrien, nicht vorhandene internationale Standards oder politische Unterstützung, potenzieren die Schwierigkeiten.

Endstation Müll
0,8% des geförderten Erdöls verbraucht die Textilbranche gemäß Informationen des Bundesamts für Umwelt für die Produktion von neuen Textilien .  Doch der Weg von endlichen und aufwendig verarbeiten Ressourcen endet nur allzu schnell im Müll. Modisch veraltet oder qualitativ verschlissen endet die Bekleidung spätestens nach 3 Jahren als Wegwerfware im Müll, ergibt eine Greenpeace Umfrage. 5,8 Millionen Tonnen gebrauchte Textilien landen so Schätzung der European Environmental Agency pro Jahr im Hausmüll, die verbrannt, deponiert und in mechanisch-biologischen Kläranlagen gebracht werden . Und auch wenn Bekleidung durch staatliche oder privatwirtschaftliche Unternehmen entsorgt werden kann, kann diese oft nicht mehr (als Second Hand) weiterverkauft, gespendet oder (zu Putzlappen oder Dämmstoffen) recycelt werden. So bleibt im günstigsten Fall nur noch das Verbrennen, also das Wandeln in thermische Energie.

Recycling und Material-Kreisläufe
Rückstandslose Abfall-, -Vermeidung, Verwertung und Beseitigung unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten, so wird Recycling definiert. Recycling bedeutet demnach auch, das Produkt Bekleidung am Ende des Lebenszyklus‘ in ein anderes Produkt, also keine Bekleidung, umzuwandeln. Man spricht von einem Open-Loop. Textilien werden in diesem Sinne oftmals verbrannt, jedoch kann die Menge an gewonnener Energie sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem wie effizient die Müllverbrennungsanlage arbeitet. Doch Downcycling, also das Abwerten des Produkts zu einem Produkt mit weniger Wert als sein Ausgangsprodukt, ist nicht die einzige Lösung. Produkte zurück in ein und dasselbe Produkt zu recyclen ist das Ziel des Closed-Loop Ansatzes. Bei erneuerbaren Naturmaterialien kann dies bedeuten, dass die Naturfaser am Ende zu Erde wird, die der Nährstoff/Boden für eine neue Naturfaser ist, also einen Cradle-to-Cradle Ansatz bedeutet. Im Fall von synthetischer Bekleidung heißt es wieder künstliche manmade Fasern zu gewinnen und erneut zu Bekleidung zu verarbeiten.

Das Ende im Vorfeld durchdacht
Statt sich erst am Ende des Lebenszyklus‘ mit Recycling zu beschäftigen, können Marken schon heute geschlossene Kreisläufe bereits beim Entwurf und Design entwickeln, die u.a.: Leasing, Labeling der Materialien sowie ihrer Entsorgungen, Reparaturen oder Aufarbeiten mit einplanen, um die Nutzungsdauer zu verlängern und auch den Gedanken verfolgen 100% Alttextilien zu 100% als Neutextilien in die Lieferkette zurück zu bringen. Da das Trennen von unterschiedlichen Fasertypen in Materialgemischen sehr aufwändig und kostenintensiv, kompliziert wegen nicht (mehr) vorhandenen Etikettierung oder technisch (noch) nicht möglich ist, versuchen auch immer mehr Firmen und Bekleidungshersteller auf das Mischen von Fasern zu verzichten und auf „Mono-Materialien“ oder „Mono-Komponenten“ umzuschwenken. Am leichtesten gelingt dies noch in Shirts, doch kommen Knöpfe, Reißverschlüsse und ähnliches hinzu wird die Angelegenheit bereits komplexer.

Nichts verschwenden - auch keine Zeit
Wer sich wie viele Endkonsumenten, Marken und auch Produzenten wünscht die vorhanden wertvollen Ressourcen nachhaltiger zu nutzen, sollte sich daher schon jetzt auf der Messe-Website unter „Visitor Login“ registrieren. Von hier aus besteht Zugang zum gratis Messe-Ticket für den 9+10 De-zember 2020, zu den gratis und bald erweiterten Digital Fair Angeboten und/oder dem gratis Mailings-Newsletter. 

•     09.-10. Dezember 2020      DIGITAL FAIR  Trends Winter 2022/23 

 

UPDATE
CoVid-19 hält die Welt weiter in Atem. Viele Besucher wie Aussteller der PERFORMANCE DAYS kündigten bereits an, dass eine Anreise nach München im Dezember für sie unmöglich sei. Aufgrund der sich verschärfenden Ansteckungszahlen drohen nun weitere internationale Reiseverbote und firmeninterne Reisebeschränkungen. Daher wird auch im Dezember 2020 leider keine PERFORMANCE DAYS auf dem Gelände der Messe München stattfinden, wohl aber die Digital Fair! Zum geplanten Termin am 09-10. Dezember gehen sowohl bewährte als auch erweiterte, neue Tools online.

 

Foto: Jakob Jost GmbH
25.08.2020

Steffen Jost: „Wir müssen schneller werden, besser werden in den Sortimenten und strategischer vorgehen.“

Interview mit Steffen Jost, Präsident des BTE e.V. und Geschäftsführer der Jakob Jost GmbH
 
Am 31. Juli diesen Jahres meldete der Handelsverband Deutschland - HDE e.V. begleitend zu den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten aktuellen Umsatzzahlen: „Viele Bekleidungshändler nach wie vor in Existenzgefahr.“ Eine HDE-Umfrage unter 500 Händlern zeigte, dass rund zwei Drittel der befragten Nicht-Lebensmittelhändler in der laufenden Woche mindestens 75 Prozent des Umsatzes der Vergleichswoche des Vorjahres erreichen. Hauptgrund dafür seien die langsam ansteigenden Kundenfrequenzen.

Interview mit Steffen Jost, Präsident des BTE e.V. und Geschäftsführer der Jakob Jost GmbH
 
Am 31. Juli diesen Jahres meldete der Handelsverband Deutschland - HDE e.V. begleitend zu den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten aktuellen Umsatzzahlen: „Viele Bekleidungshändler nach wie vor in Existenzgefahr.“ Eine HDE-Umfrage unter 500 Händlern zeigte, dass rund zwei Drittel der befragten Nicht-Lebensmittelhändler in der laufenden Woche mindestens 75 Prozent des Umsatzes der Vergleichswoche des Vorjahres erreichen. Hauptgrund dafür seien die langsam ansteigenden Kundenfrequenzen.

Bei 27 Prozent der Händler sei die Lage allerdings nach wie vor sehr ernst: Sie sehen ihre unternehmerische Existenz aufgrund der Coronakrise bedroht. Den meisten Handelsunternehmen werde es nicht gelingen, in den letzten Monaten aufgelaufene Umsatzverluste aufzuholen. Dementsprechend kalkulierten zwei Drittel der Nicht-Lebensmittelhändler auch im zweiten Halbjahr mit einem Umsatzminus. Viele Bekleidungshändler durchlebten nach wie vor schwere Zeiten.
 
Textination sprach darüber mit Steffen Jost, langjähriger Präsident des BTE Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels e.V., Inhaber und Geschäftsführer der Jakob Jost GmbH. Das 1892 gegründete Familienunternehmen betreibt fünf Bekleidungshäuser in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg im mittleren bis gehobenen Preissegment mit mehr als 300 Mitarbeitern und einer Verkaufsfläche von rund 20.900 qm.

Wie haben Sie die Coronazeit bisher empfunden – gerne als Unternehmen und persönlich? Was möchten Sie auf keinen Fall wieder erleben, was aber vielleicht sogar in den Alltag mitnehmen?
Die Coronazeit war für das Unternehmen und die Mitarbeiter eine herausfordernde Zeit. Man erlebt sehr deutlich, welche Mitarbeiter sich loyal und mit Engagement den Herausforderungen stellen und welche nicht. Erschreckend ist das Auftreten von Maskenverweigerern unter den Kunden, die für sich in Anspruch nehmen, ohne Maske im Handel einkaufen zu können und für sich eine Freiheit fordern und gleichzeitig damit die Opferbereitschaft der Mitarbeiter voraussetzen. Der Ton, die Unverschämtheiten als auch die Aggressivität sind erschreckend, es handelt sich hierbei häufig um Egoismus pur. Mit Freiheit ist hier immer nur die eigene gemeint.   

Was bedeutet die Pandemie bisher wirtschaftlich für Ihr eigenes Unternehmen, wie schätzen Sie die Konsequenzen für die gesamte Branche ein?
Die wirtschaftlichen Auswirkungen insbesondere im Bereich Rentabilität sind immens. Nachdem es die gesamte Branche trifft und damit auch viele Unternehmen, die ohne eine solide Eigenkapital-Basis in die Krise hineingegangen sind, ist eine große Bereinigung zu befürchten. Insbesondere deshalb, weil auch noch nicht abzusehen ist, wie lange die Krise noch dauern wird.
 
Zu welchen Anpassungen oder Neuerungen haben Sie sich für Ihr Sortiment veranlasst gesehen?
Durch die Krise bedingt sind Anlass- und elegante Bekleidung eher rückläufig, sportive Bekleidung im Durchschnitt etwas erfolgreicher, so dass hier vermehrt Schwerpunkte gelegt werden. Der stationäre Handel als auch die Industrie haben große Probleme, trotzdem gibt es mit vielen Lieferanten nach intensivem Austausch akzeptable Lösungen. Einige wenige Lieferanten versuchen ausschließlich ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Dies wird natürlich entsprechende Konsequenzen für die Zusammenarbeit haben.

Wie sehen Sie künftig auf Lieferanten, welche Erfahrungen haben Sie gemacht und werden Sie für Ihre Beschaffungspolitik Konsequenzen ziehen?
Die gute Zusammenarbeit zwischen Handel und Industrie ist wesentlich für den wirtschaftlichen Erfolg. Ist diese Basis nicht gegeben (sie hat durch Corona erheblich gelitten), vermutet man auch, dass die wirtschaftlichen Erfolge der Zukunft schlechter werden. Eine ertragsorientierte Unternehmensführung muss dies entsprechend in der Beschaffungspolitik konsequent berücksichtigen.
          
Welche Initiativen oder Instrumente auf wirtschaftspolitischer Ebene haben Sie für die Branche begrüßt, welche Kritik haben Sie anzubringen?
Das Kurzarbeitergeld als auch die KfW-Kredite sind für viele Unternehmen, auch für unseres, wesentliche Bausteine zur Unternehmenssicherung. Der Handel ist zum ersten Mal bei Kurzarbeit dabei. Kritisch sehen wir die mangelnde Bereitschaft der Politik, die Maskenpflicht durchzusetzen und Verstöße dagegen entsprechend zu ahnden. Dies wird auf den Handel und andere Wirtschaftsbereiche abgewälzt mit entsprechenden Problemen in der Kundenbeziehung.
Die Überbrückungshilfen waren für viele kleine Unternehmen eine große Hilfe, mittelgroße Unternehmen konnten davon leider nicht partizipieren. Mit Sicherheit hat Corona die Strukturprozesse und Entwicklungen im Handel massiv beschleunigt, wobei die einseitige Betrachtung des Online-Vertriebs, wie zurzeit festzustellen ist, sicher zu kurz greift. Es geht auch um die Fähigkeit, in Normalzeiten rentable Umsätze zu generieren um Unternehmenssubstanz zu bilden und darüber hinaus auch die nötigen Investitionen zu finanzieren.

Hat die Coronazeit auch positiv gewirkt, indem die Branche ohnehin erforderliche Neuerungen vorgezogen hat?
Dies mag in dem einen oder anderen Fall durchaus der Fall sein. Insbesondere Unternehmen, die digital noch nicht ausreichend aufgestellt waren, mussten hier vielleicht schnell agieren. In der Breite allerdings sind Krisenzeiten selten auch große Investitionszeiten.

Welche Bedürfnisse muss der stationäre Einzelhandel künftig erfüllen, welche Leistungen anbieten, um eine stabile Zukunft zu haben?
Der Handel muss mehr sein als ein Ort, wo Ware in größerer Anzahl bevorratet wird. Dies kann das Internet in viel größerem Umfang. Ein echter Service am Kunden wird eine zunehmende Rolle spielen als auch die Aufenthaltsdauer und Gestaltungsqualität der Handelsflächen. Gleichzeitig gilt es, die digitalen Möglichkeiten optimal auszuschöpfen. Darüber hinaus gilt es die Sortimente so zu kuratieren, dass dem jeweiligen Anspruch der Kunden ein Sortiment gegenübergestellt wird, das seinen Vorstellungen entspricht. Im Grunde ist das die ureigenste Aufgabe des Einkaufs schon seit Jahrzehnten.    

Welche Initiativen oder Ansätze durch oder für Ihre Branche wünschen Sie sich als Unter-stützung für eine solche Zukunft?
Die Zusammenarbeit von Industrie und Multilabel-Handel muss unbedingt intensiver werden und, vor allen Dingen, schneller. Bisher werden die Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung im gegenseitigen Informationsfluss viel zu wenig ausgenutzt und die entsprechenden Konsequenzen daraus nicht gezogen. Des Weiteren sind die Beschaffungszeiten zu reduzieren. Die Order- und Liefertermine sind deutlich später zu legen, auch bei der Order die Möglichkeit der digitalen Welt zu nutzen, um die großen systemischen Vorteile des vertikalen Handels etwas auszugleichen und damit auch die Abschriften- und Retourenquoten deutlich zu senken.

Bisher waren die großen Themen Globalisierung, Nachhaltigkeit / Klimawandel / Umweltschutz, Digitalisierung, Arbeitsmarktsituation … ?
Wie sind diese großen Themen vor dem Hintergrund der Covid-19 Pandemie zu bewerten?

An den großen Themen wird sich auch durch Covid 19 nichts Gravierendes ändern, sie werden uns erhalten bleiben. Eventuell kann die negative Arbeitsmarktsituation, die zu befürchten ist, diese etwas in den Hintergrund drängen, denn wenn existenzielle Nöte zu lösen sind, hat man für die anderen Probleme, aus der Erfahrung heraus, deutlich weniger Aufmerksamkeit.
 
Was sind die Lehren für den textilen Einzelhandel hinsichtlich dieser Ziele für die Zeit nach Corona?
Die langen Vorlaufzeiten zwischen Bestellung und Lieferung müssen endlich verkürzt werden. Wir müssen schneller werden, besser werden in den Sortimenten und strategischer vorgehen. Wir dürfen nicht durch die Vorgaben einzelner Lieferanten die eigenen Interessen und die Gesamtstrategie eines Unternehmens aus den Augen verlieren.
Das strategische Ziel kann nur heißen, dauerhaft rentable Umsätze anzustreben und dafür alle nötigen Maßnahmen konsequent umzusetzen.

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

 

Foto: Pixabay
18.08.2020

Wie sind Fast Fashion-Unternehmen in puncto nachhaltiger Mode aufgestellt?

  • 10 % ihres Angebots ist ökologisch verantwortungsbewusst.
  • Nachhaltige Baumwolle ist für Einzelhändler in den kommenden Jahren eine Priorität.
  • Nachhaltige Kleidung kostet weniger als Standardkleidung.
  • Mit Fashion on Demand gemäß den Verbraucherwünschen ein transparentes und nachhaltiges Angebot auf den Markt bringen.

Lectra, Technologie-Partner für Textil und Leder verarbeitende Unternehmen, hat basierend auf Analysen von Retviews, einem kürzlich erworbenen Startup, bei führenden Fast Fashion-Brands eine Umfrage zu nachhaltiger Mode durchgeführt. Modeunternehmen haben sich entsprechend der neuen Gesundheitsschutzregeln angepasst und ihre Geschäfte wieder geöffnet.     

  • 10 % ihres Angebots ist ökologisch verantwortungsbewusst.
  • Nachhaltige Baumwolle ist für Einzelhändler in den kommenden Jahren eine Priorität.
  • Nachhaltige Kleidung kostet weniger als Standardkleidung.
  • Mit Fashion on Demand gemäß den Verbraucherwünschen ein transparentes und nachhaltiges Angebot auf den Markt bringen.

Lectra, Technologie-Partner für Textil und Leder verarbeitende Unternehmen, hat basierend auf Analysen von Retviews, einem kürzlich erworbenen Startup, bei führenden Fast Fashion-Brands eine Umfrage zu nachhaltiger Mode durchgeführt. Modeunternehmen haben sich entsprechend der neuen Gesundheitsschutzregeln angepasst und ihre Geschäfte wieder geöffnet.     

Covid-19 hat bei zahlreichen Konsumenten den Wunsch geweckt, ein sinnvolleres Leben zu führen und sich verantwortlicher zu verhalten. Der Kunde wägt seine Kaufentscheidung neu ab und ist weniger angezogen von der Fiktion der Hyperauswahl durch Fast Fashion und sucht Einzigartigkeit, Inspiration und Kreativität. Für die Modeindustrie kann dies der Auslöser sein, um die Art und Weise zu ändern, wie sie ihre Produkte entwirft, produziert und vertreibt. Mit dem Kauf eines Produkts möchten Kunden von heute ihre Werte zum Ausdruck bringen und bekräftigen. Demzufolge müssen Modemarken ihr Angebot zukunftsorientiert verändern und einen ökologisch verantwortungsvolleren, authentischen und transparenten Ansatz verfolgen.

Nachhaltige Kollektionen sind weiterhin selten
Die Retviews-Umfrage zeigt, dass der Anteil nachhaltiger Mode in den Kollektionen der verschiedenen Einzelhändler sehr unterschiedlich ist. Ökofreundliche Kollektionen machen beispielsweise einen geringen Teil des Angebots von führenden Marken wie Zara und H&M aus, die beim G7-Gipfeltreffen in Biarritz den Fashion Pact mitunterzeichnet haben. Die Join Life-Kollektion von Zara macht 14 % der Gesamtkollektion aus, während die #Wearthechange-Kollektion von C&A fast 30 % der Gesamtkollektion darstellt. Die Conscious-Kollektion bei H&M, die den von der Fashion Revolution geschaffenen Fashion Transparency Index anführt, entspricht weniger als 10 % der Gesamtkollektion.

Produktzusammensetzung in umweltfreundlichen Kollektionen
C&A, H&M und Inditex (Zara) gehören zu den vier größten Verbrauchern von organischer Baumwolle. Alle Marken, die analysiert wurden, präsentieren ihre Baumwolle als nachhaltig und sehen dies für 2020 und darüber hinaus als Priorität.
Es besteht nur ein geringer Unterschied zwischen den häufig im Massen- und im Premiummarkt verwendeten Stoffen. Das gleiche gilt für den Vergleich zwischen ökofreundlichen und Standardkollektionen. Baumwolle, synthetische Stoffe wie Polyester, Elastan und Viscose sind die am meisten angebotenen und verwendeten Stoffe.
 
Sind nachhaltige Stoffe teurer?
Laut den Umfrageergebnissen ist die Annahme, dass nachhaltige Kleidungsstücke teurer sind, falsch. Zara’s nachhaltige Join Life-Kollektion ist ein gutes Beispiel dafür. Ein Kleid aus der Standardkollektion kostet im Durchschnitt €39,90, während ein Kleid aus der Join Life-Kollektion nur €31,70 kostet.    

„Nachhaltigkeit bringt uns zahlreiche neue Chancen. Für die Generation Z ist Nachhaltigkeit ein sehr wichtiges Thema und Einzelhändler haben zugehört und diese Bedenken in ihren Waren berücksichtigt. 90 % der Verbraucher sagen, dass sie sich der aktuellen Umweltsituation bewusst und bereit sind, ihr Verhalten zu ändern*, um den Klimawandel zu bekämpfen. Das zeigt deutlich die Bereitwilligkeit, in ökologische Produkte zu investieren. Angesichts dieses Wandels haben Brands eine soziale Verantwortung: Sie müssen ihre Kunden informieren, ihre Fortschritte in diesem Bereich transparent darstellen und einige Herausforderungen, vor denen sie stehen, teilen, um ihre Kunden aufzuklären. Derzeit gibt es keine internationalen Regularien für die Definition von Nachhaltigkeit bei Bekleidung. Das bedeutet, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben, bis es für nachhaltige Fashion eine Standardisierung geben wird“, erklärt Quentin Richelle, Chief Marketing Officer, Retviews.

Weitere Informationen:
Nachhaltigkeit Fast Fashion
Quelle:

Lectra Deutschland GmbH

Bild: Christine Sponchia auf Pixabay
05.05.2020

COVID-19: Deutsche Daunen- und Federnindustrie vorbildlich in Sachen Hygiene

  • Update zur Wirtschaftslage der Branche
  • Lieferfähigkeit für das nächste Halbjahr gesichert
  • Onlinehandel gewinnt in der Krise
  • Branchenumfrage des Verbandes der Deutschen Daunen- und Federnindustrie e.V. VDFI und des Traumpass e.V. anlässlich der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie stellt nicht nur jeden Einzelnen von uns, sondern auch unsere Wirtschaftsbetriebe als Branche vor große Herausforderungen. Die Beschlüsse der Bundesregierung und der Bundesländer zur Ladenschließung und zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit haben die mehrheitlich mittelständisch geprägte Daunen- und Federnindustrie über ihre Handelspartner nicht nur absatzseitig hart getroffen. Zur sinkenden Nachfrage kamen internationale Abhängigkeiten der Industrie innerhalb der Lieferketten hinzu, da sowohl das Füllmaterial, die Hüllen als auch die Verpackungsmittel zum großen Teil importiert werden.

  • Update zur Wirtschaftslage der Branche
  • Lieferfähigkeit für das nächste Halbjahr gesichert
  • Onlinehandel gewinnt in der Krise
  • Branchenumfrage des Verbandes der Deutschen Daunen- und Federnindustrie e.V. VDFI und des Traumpass e.V. anlässlich der Corona-Krise

Die Corona-Pandemie stellt nicht nur jeden Einzelnen von uns, sondern auch unsere Wirtschaftsbetriebe als Branche vor große Herausforderungen. Die Beschlüsse der Bundesregierung und der Bundesländer zur Ladenschließung und zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit haben die mehrheitlich mittelständisch geprägte Daunen- und Federnindustrie über ihre Handelspartner nicht nur absatzseitig hart getroffen. Zur sinkenden Nachfrage kamen internationale Abhängigkeiten der Industrie innerhalb der Lieferketten hinzu, da sowohl das Füllmaterial, die Hüllen als auch die Verpackungsmittel zum großen Teil importiert werden. Die Schließung der Grenzen innerhalb Europas und die global insgesamt angespannte logistische Situation trugen deutlich zur Verschärfung der Situation bei.

In den letzten Tagen starten Bund und Länder vorsichtige Versuche, die Kontaktverbote zu lockern und die Wirtschaft mit Augenmaß wieder hochzufahren. Die Öffnung der Ladengeschäfte und die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit veranlassten die Daunen- und Federnverbände, mit einer umfangreichen Umfrage den Status quo der Branche abzufragen.

Die Unternehmen nannten zwar deutliche Umsatzeinbußen, sind aber im Vergleich zu anderen Sektoren aktuell vergleichsweise noch recht glimpflich davongekommen. Zwei Drittel der Betriebe gaben an, aufgrund der Corona-Krise bis zu 25% Umsatzverluste zu verzeichnen. Ca. 17% verorteten den Rückgang bei bis zu 50%, den gleichen Prozentsatz traf es mit einem Rückgang von bis 75% deutlich härter.

Das Branchenstatement des Verbandes anlässlich der Heimtextil im Januar 2020 hatte die Position des Facheinzelhandels aus Sicht der Bettwarenproduzenten noch als stabilisiert bezeichnet: Durch eine Ausweitung des Serviceangebots, wie beispielsweise die Reinigung von Daunen und Federn oder das Nachfüllen in vorhandene Bettwaren, sei das Geschäft vor Ort vermehrt Anlaufpunkt für Verbraucher. Eine Stützung der Beratungskompetenz und der Einsatz von Schlafexperten hätten Wirkung gezeigt. Dieses Bild hat sich durch die Kontaktsperre deutlich gewandelt:

Der deutliche Verlierer hinsichtlich der Nachfrage auf den verschiedenen Absatzkanälen war bedingt durch die Ladenschließungen der stationäre Handel: 92% der befragten produzierenden Unternehmen registrierten sinkende Nachfrage für den Einzel-, 90% für den Möbelhandel und 80% für die Fachmärkte. Sogar für die Discounter, deren Öffnungszeiten nicht betroffen waren, vermerkten 33% einen Nachfragerückgang; 44% schätzten die Nachfragesituation als unverändert ein. Gewinner in der Krise war der Onlinehandel, wenn auch in vielleicht geringerem Maße als erwartet: 45% der deutschen Daunen- und Federnproduzenten verzeichneten eine gestiegene Nachfrage, 36% schätzen das Niveau als unverändert ein.

In Sachen Lieferfähigkeit sieht sich die Industrie in Deutschland gut aufgestellt: Zwei Drittel sieht für die Erfüllung geschlossener Kontrakte innerhalb der nächsten drei Monate keine Engpässe, die Mehrheit hat zudem noch darüber hinaus Kapazitäten frei. Und 55% sichern diese Lieferfähigkeit einschließlich der Befriedigung zusätzlicher Bedarfe sogar für die kommenden sechs Monate zu.

Während 2019 für die deutsche Daunen- und Federnbranche ein Jahr der Konsolidierung war, und sich nach schwierigen Monaten mit stark gestiegenen Rohwarenpreisen eine Beruhigung auf hohem Niveau durchsetzte, gute Vorjahresergebnisse fortgeführt und teilweise sogar gesteigert werden konnten, sind die Einschätzungen für 2020 deutlich pessimistischer.

Was die Preissituation für die kommende Herbst-/Wintersaison anbelangt, gaben sich die Mitgliedsunternehmen mit Prognosen entsprechend zurückhaltend. Die ungeklärte und teilweise sehr fragile Situation in den Lieferländern lässt es momentan nicht zu, belastbare Aussagen zu treffen. Frühestens im Spätsommer kann dazu ein fundiertes Meinungsbild eingeholt werden. Zumal 45% der Unternehmen erwarten, mit Anfragen zu Preisreduktionen konfrontiert zu werden.

Die Daunen- und Federnindustrie ist Profi in Sachen Hygiene. An Daunen und Federn werden höchste Reinheitsanforderungen gestellt: Vor ihrer Verwendung als Füllmaterial müssen sie durch gründliche Wasserwäsche gereinigt und bei einer Temperatur von mindestens 100°C, in der Regel höher, getrocknet werden. Damit entsprechen Bettwaren den Hygieneanforderungen der Europäischen Norm EN 12935. Bakterien, Viren und andere Keime werden so zuverlässig abgetötet. In Ergänzung der geltenden Normen haben die Unternehmen zusätzliche Vorkehrungen getroffen, um Mitarbeiter, Handelspartner und Verbraucher zu schützen.

Neben der intensiven Arbeitsplatz- und Händedesinfektion, die alle Produzenten hochfuhren, konzentrierten sich die Betriebe besonders auf die Entzerrung der Belegschaft. 73% konzipierten Homeoffice-Arbeitsplätze für Mitarbeiter außerhalb der Produktion, 45% führten eine strikte Schichttrennung ein, zwei Drittel verlegten Arbeitszeiten und änderten die Nutzung von Gemeinschaftsräumen, um möglichst wenig Mitarbeiter gleichzeitig im Betrieb zu haben und so ein Ansteckungsrisiko zu minimieren. Gleichzeitig starteten viele Unternehmen die Produktion von Mund-Nasen-Masken und stellten ihre Nähereien dafür zur Verfügung. Eine Liste der produzierenden Unternehmen ist über den Verband der Deutschen Daunen- und Federnindustrie VDFI e.V. erhältlich.

Die Bundesregierung hatte mit dem Beginn des Lockdown umfangreiche Finanzhilfen angekündigt, die sich auf Überbrückungszahlungen für Kleinunternehmen, Kreditvergaben, Kurzarbeit und Steuerstundungen konzentrierten. Für den Mittelstand musste nachgebessert werden. In den letzten Wochen trieb die Branche weder die Frage nach Überbrückungskrediten, noch die Minderung der Zinslast primär um; auch Soforthilfen in Form von Finanzspritzen und nicht rückzahlbaren Zuschüssen waren nur für ein Drittel interessant. Die Mehrheit der Verbandsmitglieder konzentrierte sich auf Maßnahmen zur Sicherung der Liquidität (45%), Steuerstundungen und die Aussetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen (73%) sowie die Umstellung auf Kurzarbeit (73%) sowie die beschleunigte Abwicklung und Gewährung des Kurzarbeitergeldes (45%). Zwei Drittel wünschten sich zudem verbindliche Aussagen zur Lockerung der Kontaktsperre und zum Hochfahren der Wirtschaft.

Ein Update zur Branchenumfrage ist für den Spätsommer 2020 geplant.

Quelle:

VDFI e.V. / Traumpass e.V.

(c) Chair Institut Français de la Mode - Première Vision
04.02.2020

Der Modemarkt: Auf dem Weg zum verantwortungsvollen Konsum?

Studie des Lehrstuhls IFM - Première Vision  
Der Modemarkt in Europa und den USA: Auf dem Weg zum verantwortungsvollen Konsum?


Ökologisch verantwortungsbewusster Konsum ist kein Modetrend mehr, sondern eine bedeutende Entwicklung, die sich auf die gesamte Branche auswirkt, von der Materialbeschaffung über den Konsumenten bis hin zur Textil- und Fertigungsindustrie.

Studie des Lehrstuhls IFM - Première Vision  
Der Modemarkt in Europa und den USA: Auf dem Weg zum verantwortungsvollen Konsum?


Ökologisch verantwortungsbewusster Konsum ist kein Modetrend mehr, sondern eine bedeutende Entwicklung, die sich auf die gesamte Branche auswirkt, von der Materialbeschaffung über den Konsumenten bis hin zur Textil- und Fertigungsindustrie.

Dies ist eines der wichtigsten Ergebnisse einer kürzlich vom Institut Français de la Mode im Rahmen des IFM - Première Vision Lehrstuhls durchgeführten 5.000 Verbraucher umfassenden Studie, die eine repräsentative Stichprobe für Frankreich, Deutschland, Italien und die USA darstellen. "Zum ersten Mal hilft uns diese Studie, die Wahrnehmung der Verbraucher des verantwortungsvollen Modemarkts und seiner Produkte besser zu verstehen und ihre Kaufmotive und -hindernisse zu entschlüsseln", sagte Gilles Lasbordes, Geschäftsführer der Première Vision.
 
Echte Begeisterung  
Ökologisch verantwortliche Modeprodukte sind unverzichtbar. Fast 50% der europäischen Verbraucher geben an, 2019 einen umweltfreundlichen Modeartikel gekauft zu haben, zusammen mit 46% der französischen Verbraucher (einschließlich recycelter, biologischer, in Frankreich hergestellter und gebrauchter Textilien).

"Diese Zahlen zeigen, dass die Verbraucher sich zu einem Niveau festgelegt und bekannt haben, das weit über der von uns erwarteten Schätzung liegt, und eine echte Reife in Bezug auf ihre Erwartungen zeigen. Die Mode bleibt jedoch hinter anderen Sektoren wie der Lebensmittelbranche zurück: der Anteil der Verbraucher, die Bio-Lebensmittel gekauft haben, liegt in allen Ländern bei über 60%. Ebenso sind Bio-Kosmetikprodukte, insbesondere in Frankreich und Italien, sehr erfolgreich, 57% der französischen Verbraucher haben sie 2019 gekauft ", erklärt Gilles Lasbordes.

In Frankreich werden die 46% der Verbraucher, die 2019 umweltfreundliche Modeprodukte 2019 gekauft haben, voraussichtlich im durchschnittlich 370 Euro für Mode (Bekleidung und Schuhe) ausgegeben haben. Das durchschnittliche Budget für umweltfreundliche Modeeinkäufe liegt pro französischem Verbraucher landesweit bei ca. 170 Euro, was ungefähr 25% des durchschnittlichen Budgets für Kleidung und Schuhe in Frankreich entspricht.

Was treibt diese Begeisterung an? In Frankreich und Italien sind die Erhaltung und der Schutz der Umwelt die Hauptmotive für solche Einkäufe. Auch achten Verbraucher besonders auf die Nichtverwendung giftiger Chemikalien. Diese Bedenken spiegeln sich auch in Initiativen wie dem Fashion Pact wider, der im Vorfeld des G7-Gipfels in Biarritz im vergangenen Sommer ins Leben gerufen wurde.
     
Naturfasern und Preise
Die Studie zeigt auch, dass sich Verbraucher bei der Suche nach verantwortungsbewussteren Modeprodukten sehr stark von der Materialauswahl leiten lassen. Sie bevorzugen Naturfasern und recycelte Rohstoffe, wenn sie können, insbesondere, wenn sie über ihr Vorhandensein informiert werden. Vorgefasste Erwartungen, welche Materialien für die Umwelt am schädlichsten seien, betreffen Polyester, Acryl, Polyamid bzw. Leder.
 
Eine weitere Erkenntnis dieser Umfrage betrifft Hindernisse für den Konsum verantwortungsbewussterer Mode, wobei eines der Haupthindernisse ein Mangel an Informationen ist. Die Verbraucher haben das Gefühl, dass ihnen das Wissen über die ökologische Verantwortung (ihre Definition und Kriterien) wirklich fehlt. Etwa 50,4% der französischen Verbraucher räumen ein, nicht genug zu wissen, um die richtigen Produkte auszuwählen.
 
Abgesehen von einem Mangel an Informationen besteht eine weitere Schwierigkeit darin, Zugang zu dieser Mode zu erhalten, von der Verbraucher berichten, dass sie nicht wissen, wo sie zu finden sei. Dies ist ein echtes Hindernis für 39,8% der befragten französischen Verbraucher. Die mangelnde Klarheit des Angebots - wenig Transparenz seitens der Marken, eine Vielzahl von Zertifikaten - und eine Unterrepräsentanz der Akteure: nur 23% der französischen Verbraucher gaben an, verantwortungsbewusste Modemarken zu kennen - wird in geringerem Maße noch durch die Preisfrage verschärft, die für 33% der französischen Verbraucher ein Hindernis darstellt.

Auf der anderen Seite stellt Stil kein Hindernis mehr für den Kauf verantwortungsbewusster Produkte dar. Entgegen den Vorstellungen noch von vor wenigen Jahren sind sich Verbraucher heute bewusst, dass verantwortungsbewusste Mode kreativ, erstrebenswert und umwelt- und menschenfreundlich sein kann.

Schließlich sehen sich Verbraucher, die verantwortungsbewusstere Produkte kaufen möchten, jetzt mit einem Angebot konfrontiert, das in Bezug auf ihre Erwartungen noch nicht ausreichend entwickelt ist. Parallel nehmen die Second Hand Käufe zu und nähren diesen Trend: 56,1% der amerikanischen Frauen und 42,2% der französischen Frauen kauften im Jahr 2019 Second Hand Produkte.
     
Made in…
Für die Mehrheit der befragten französischen Verbraucher muss ein umweltbewusstes Modeprodukt in Frankreich (80%) oder Europa (46%) hergestellt werden. Diese Präferenz für die nationale Produktion ist in Italien (65%) und Deutschland (71%) etwas geringer, bleibt aber stark. "Ein Produkt muss so nah wie möglich am Absatzmarkt hergestellt werden, um die negativen Auswirkungen des Transports so gering wie möglich zu halten", sagt ein französischer Verbraucher.

Unter den Kriterien, die für eine sozial verantwortliche Produktion zu erfüllen sind, betonen die Verbraucher den Respekt für die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer, ein Kriterium, das Beurteilungsaspekten im Zusammenhang mit Löhnen und Diskriminierung von Beschäftigten in diesem Sektor weit voraus ist.
 
Orientierung für das Mode-Ökosystem
"Das Mode-Ökosystem wird durch Umweltphänomene erschüttert, zum Beispiel durch einen angespannten Verbrauch und einen leichten Rückgang im mittleren Bereich. Diese Studie wird nützlich sein, um die Branche zu steuern, den Markt zu leiten und präzise Schlüsselanalysen für Industrie und Marken bereitzustellen, die ihr Angebot erweitern möchten. Und das ist auch unser Ziel und die Rolle der Première Vision ", unterstreicht Gilles Lasbordes.

Der Konsum von ökologisch verantwortlicher Mode ist für Marken und Labels eine bedeutende Wachstumschance. In den nächsten Jahren wird sicherlich ein neues System eingeführt, das die Umwelt und die sozialen Bedingungen, unter denen Waren hergestellt werden, besser berücksichtigt.

Die Ergebnisse dieser Studie wurden auch verwendet, um die 2.055 Messeaussteller - Spinner, Weber, Gerber, Textildesigner, Zubehörhersteller und Modeproduzenten - und deren 56.000 Besucher - internationale Konzerne und Modemarken - auf der Première Vision Paris im vergangenen Herbst zu unterstützen.

 

Weitere Informationen:
nachhaltige Mode
Quelle:

Lehrstuhl Institut Français de la Mode - Première Vision

DOMOTEX 2020 (c) Domotex
14.01.2020

DOMOTEX 2020

NACHHALTIGKEIT, INTERNATIONALITÄT, BESUCHERQUALITÄT PRÄGEN DIESJÄHRIGE AUSGABE

NACHHALTIGKEIT, INTERNATIONALITÄT, BESUCHERQUALITÄT PRÄGEN DIESJÄHRIGE AUSGABE

Die weltweit führende Messe für Teppiche und Bodenbeläge DOMOTEX behauptet sich auch 2020 als größte und bedeutendste Handels-, Innovations- und Trendplattform der Branche: Rund 35.000 Besucher, davon 70 % aus dem Ausland, besuchten an vier Messetagen über 1.400 Aussteller aus mehr als 60 Nationen, um sich über die neuesten Trends, Produkte und Lösungen zu informieren. Mit dem Leitthema ATMYSPHERE wurden alle Eigenschaften des Bodens inszeniert, die auf Nachhaltigkeit, Natürlichkeit und Wohlbefinden einzahlen. Dies spiegelte sich auch im Produktangebot der Aussteller wider.
 
„Die DOMOTEX ist und bleibt die internationalste Messe in unserem Portfolio. Wir freuen uns, dass Besucher aus allen Teilen der Welt nach Hannover kommen und im Schnitt 2,3 Tage bleiben. Davon 60 % aus Europa, 25 % aus Asien, 10 % aus Amerika und alle anderen aus Afrika und Australien“, so Dr. Andreas Gruchow, Mitglied des Vorstandes der Deutschen Messe AG. 

Sonia Wedell-Castellano, Global Director DOMOTEX, zeigte sich beeindruckt von der positiven Resonanz: „Die Besucherzahlen spiegeln die aktuelle Marktkonzentration wider. Die nochmals gestiegene Besucherqualität auf der Messe ist wichtig für Impulse im Geschäftsjahr 2020. Der Entscheideranteil liegt bei 90 %, davon fungiert jeder zweite als Mitglied der Geschäfts-, Unternehmens- oder Betriebsleitung“.

Jeder zweite Besucher nutzt die DOMOTEX zur Anbahnung neuer Geschäftskontakte
Laut Umfrage unter den diesjährigen Besuchern nutzten knapp die Hälfte aller Besucher (44 %) die Messe, um neue Kontakte zu generieren. Über viel Laufkundschaft und zahlreiche Neukunden freute sich Fred T. Keller, Marketingdirektor, Theo Keller GmbH, Bochum. Als Hauptgrund dafür nannte er die stetige Weiterentwicklung der Messe, die durch die neue Hallenaufteilung in 2020 einen großen Schritt nach vorne gemacht hat. „Wir haben durch das neue Konzept viel mehr spontane Kundenkontakte und sind wahnsinnig zufrieden. Für uns ist und bleibt die DOMOTEX die wichtigste Messe.“ 

Als „Pflichttermin“ bezeichnete auch Messebesucher Mirco Schäpe, Produktmanager LVT der JAB Teppiche Heinz Anstoetz KG, Herford-Elverdissen, die DOMOTEX. Er komme jedes Jahr für mehrere Tage, um seine bestehenden und auch potenzielle Lieferanten zu treffen „und um zu sehen, welche Trends sich abzeichnen.“ Auch Michael Massmann, National Sales Manager & Vice President bei Textile Trading Group, Winter Park, USA, nutzt die DOMOTEX vor allem zur Anbahnung neuer Geschäftskontakte: „Natürlich wollen wir auch neue, vor allem langlebige Kundenbeziehungen aufbauen und bestehende Kontakte zu Kunden und Lieferanten auffrischen und beleben. Seit der Gründung unseres Unternehmens vor drei Jahren kommen wir immer zur DOMOTEX und werden dies so auch fortführen.“  

ATMYSPHERE zieht sich wie ein roter Faden durch die Messehallen
Positive Resonanz erhielt auch das Leitthema aus Sicht der Aussteller. Es passe sehr gut zu den Themen der Firma Reinkemeier Rietberg aus Rietberg, betont Geschäftsführer Bernhard Reinkemeier. „Wir begrüßen das als sehr schöne flankierende Maßnahmen der DOMOTEX, die uns bei der Erreichung unserer Ziele unterstützen.“ 

„Mit unserem diesjährigen Leitthema haben wir absolut den Nerv der Zeit getroffen. Die Aktualität und Bedeutung zeigten sich durchgehend in allen Hallen. Wir befinden uns bereits in der konkreten Planung, wie wir das Thema Nachhaltigkeit auf der DOMOTEX 2021 ausbauen und umsetzen werden“, kündigte Sonia Wedell-Castellano an. „Ich freue mich außerdem darauf, den Handel und das Handwerk weiterhin zu stärken – gemeinsam mit und für die Industrie!“

Weitere Informationen:
Domotex 2020 Domotex 2019
Quelle:

Schlussbericht Domotex der Deutsche Messe AG

(c) Deutsche Messe AG
22.01.2019

DOMOTEX 2019 – EINE MESSEPLATTFORM, DIE KONTINENTE VERBINDET

  • Abschlussbericht

Wieder erweist sich die weltweit führende Messe für Teppiche und Bodenbeläge DOMOTEX (11.-14.01.) als größte und bedeutendste Handels-, Innovations- und Trendplattform der Branche. Über 1.400 Aussteller aus mehr als 60 Nationen kamen nach Hannover, um dort erfolgreich ins Geschäftsjahr zu starten. Mit knapp 90 Prozent Entscheideranteil ist die Qualität der Besucher extrem hoch, was auch von Ausstellerseite bestätigt wurde. Bedingt durch eine zunehmende Konzentration im Markt verzeichnet die DOMOTEX einen leichten Besucherrückgang. Die Auftragslage der Aussteller ist laut Umfrage jedoch gleichbleibend, da das Einkaufsvolumen pro Besucher gestiegen ist. Der Besucheranteil aus dem Ausland lag bei rund 70 Prozent, was den internationalen Charakter der DOMOTEX als Weltleitmesse bestätigt. Besucherzuwächse gab es insbesondere aus dem Handel. Auch der Anteil der Architekten, Innenarchitekten und Objekteure ist gestiegen.

  • Abschlussbericht

Wieder erweist sich die weltweit führende Messe für Teppiche und Bodenbeläge DOMOTEX (11.-14.01.) als größte und bedeutendste Handels-, Innovations- und Trendplattform der Branche. Über 1.400 Aussteller aus mehr als 60 Nationen kamen nach Hannover, um dort erfolgreich ins Geschäftsjahr zu starten. Mit knapp 90 Prozent Entscheideranteil ist die Qualität der Besucher extrem hoch, was auch von Ausstellerseite bestätigt wurde. Bedingt durch eine zunehmende Konzentration im Markt verzeichnet die DOMOTEX einen leichten Besucherrückgang. Die Auftragslage der Aussteller ist laut Umfrage jedoch gleichbleibend, da das Einkaufsvolumen pro Besucher gestiegen ist. Der Besucheranteil aus dem Ausland lag bei rund 70 Prozent, was den internationalen Charakter der DOMOTEX als Weltleitmesse bestätigt. Besucherzuwächse gab es insbesondere aus dem Handel. Auch der Anteil der Architekten, Innenarchitekten und Objekteure ist gestiegen. Die DOMOTEX 2019 konnte bei der verkauften Ausstellungsfläche einen Zuwachs verzeichnen.

„Die starke Internationalität macht die DOMOTEX zum globalen Marktplatz der Branche. Dies und die positive Aufbruchstimmung für das Geschäftsjahr 2019 in den Messehallen belegen den Erfolg der diesjährigen Veranstaltung", sagt Dr. Andreas Gruchow, Mitglied des Vorstands der Deutschen Messe AG, Hannover, zum Abschluss der Messe.

„Hersteller und Einkäufer sowie Partner, Architekten und Designer aus aller Welt vernetzen sich auf der DOMOTEX. Es entstehen neue Geschäftsbeziehungen und Kooperationsmöglichkeiten über die man vorher nie nachgedacht hätte“, ergänzt Sonia Wedell-Castellano, neue globale Projektleiterin der DOMOTEX. „Dafür steht auch unser diesjähriges Leitthema ,Create’N’Connect‘.“

Aussteller erfreut über hohe Besucherqualität
Fabian Kölliker, Head of Marketing Swiss Krono Group, lobt das professionelle Umfeld der Messe: „Wir sind sehr zufrieden mit der Anzahl, der Qualität und Internationalität der Besucher. Wir sind nach dem zweiten Messetag wirklich sehr happy mit dem Erfolg, den wir bis jetzt haben.“
Die Balta Group ist der DOMOTEX schon seit den Anfängen der Messe treu.

Geert Vanden Bossche, Marketing Direktor, berichtet: „Das Teppich-Geschäft ist ein globales Geschäft und hier ist der beste Ort, um mit Menschen und Kunden aus der ganzen Welt in Kontakt zu kommen. In nur vier Tagen können wir eine Menge Kunden treffen und das macht die Investition bezahlt.“

Für Myriam Ragolle, Geschäftsführerin Ragolle Rugs, ist die DOMOTEX die ideale Gelegenheit, die Produktneuheiten innerhalb von vier Tagen einem weltweiten Publikum zu präsentieren: „Es ist unmöglich, das durch Reisen zu machen. So können wir auch Kontakte mit neuen Kunden aus aller Welt schließen. Das macht die DOMOTEX einzigartig.“

Die Hersteller aus dem Bereich Handwerk äußerten sich ebenfalls sehr positiv: „Wir konnten auf der DOMOTEX 2019 wieder das Fachpublikum aus dem In- und Ausland begeistern“, berichtet Julian Utz, Vorstand von Uzin Utz. „Durch die internationale Ausrichtung dieser Messe treffen wir hier die passenden Kunden.“ Seine Unternehmensgruppe ist sehr aktiv im asiatischen und arabischen Raum. „Wir freuen uns, dass Kunden aus dieser Region hier in Hannover so stark vertreten sind.“

Darum lohnt sich der Besuch der DOMOTEX
Susanne Gerken, Color & Trim Designer bei Volkswagen recherchierte auf der DOMOTEX 2019 zu Trends und innovativen Materialien. Farbtrends, Schwerpunkte wie Nachhaltigkeit, Recycling und neue Materialkreisläufe ließen sich durchaus auf die Automobilindustrie übertragen, sagt sie. Für sie bleibt es nicht bei bloßen Eindrücken: „Die DOMOTEX 2019 präsentiert sich mit so vielen innovativen Ideen,“ sagt Gerken, „dass ich von diesen Themenfeldern einiges an guten Anstößen in meine Arbeit integrieren kann.“

In erster Linie den geschäftlichen Aspekt hat dagegen Alex Hosseinnia, CEO von Dallas Rugs aus Dallas, Colorado, im Blick. „Mein Business ist Kaufen und Verkaufen“. An der DOMOTEX schätzt er, dass es dort sehr gut gelinge, Lieferanten zu finden, zudem sei die Messe ein idealer Ort, um sich über „aktuelle Trends und Modeentwicklungen der Branche zu informieren“, etwa neue Farben und Texturen, die erfahrungsgemäß „in ein bis zwei Jahren in den USA in die Geschäfte kommen werden“.

„CREATE’N’CONNECT“ auf der DOMOTEX 2019
Die inspirierende Sonderfläche „Framing Trends“ in Halle 9 hat sich bewährt. Im zweiten Jahr bot sie wieder außergewöhnliche Inszenierungen innovativer Produkte gestaltet von Herstellern, Künstlern, Designern und Studenten. Vor allem internationale Architekten, Designer, Planer und Influencer begreifen die Framing Trends als Herzstück der Veranstaltung. Das neue Format bringt die Besucher zusammen und fördert einen intensiven fachlichen Austausch sowie eine lebendige Vernetzung.

Der „Treffpunkt Handwerk“ in Halle 13 wurde unter dem Motto „Boden gut machen“ zum eigenen Meetingpoint für Raumausstatter, Parkett- und Bodenleger, Maler und Lackierer. Die praxisbezogene Aktionsfläche bot die Möglichkeit, Werkzeuge und Geräte für die optimierte Bearbeitung von Böden zu testen und sich gegenseitig Tipps zu geben.

Digitale Tools für Vertrieb und Marketing in der Bodenbelagsbranche
Ein wichtiges Thema auf der DOMOTEX 2019 waren Lösungen, mit denen sich Teppiche und Bodenbeläge digital darstellen lassen. Die neuen Digitallösungen reichen von unterschiedlichsten VR- und AR-Anwendungen über spezielle Visualisierungen für den gesamten Marketing-Mix bis zu Softwareentwicklungen. Sie unterstützen Endkunden gezielt bei der Auswahl von Mustern und Kollektionen und schaffen Anbietern neue Möglichkeiten für die digitale Produktpräsentation sowie die Vermarktung.

 

Foto: Pixabay
17.12.2018

DER PREISKAMPF AUF POLENS BEKLEIDUNGSMARKT WIRD SCHÄRFER

  • Onlineverkäufe legen zu

Warschau (GTAI) - In Polen fusionieren immer mehr Bekleidungs- und Schuhfirmen. Zwar wächst die Nachfrage, doch der Preisdruck steigt. Die Kunden schätzen die Qualität deutscher Markenprodukte.
Die Verkaufserlöse von Bekleidung und Schuhen steigen in Polen kontinuierlich. Allerdings wird der Preiskampf zunehmend härter: Off-Price-Geschäfte, die Markenwaren zu günstigen Preisen anbieten, der Onlinehandel und Outlet-Zentren setzen den Einzelhandel unter Druck und lassen die Durchschnittsrendite sinken.
Einen zusätzlichen Schub erhält die Nachfrage zum Jahresende, denn Bekleidung und Schuhe sind beliebte Weihnachtsgeschenke. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte wollen polnische Familien anlässlich des Festes 2018 durchschnittlich 271 Euro ausgeben und somit 6 Prozent mehr als 2017. Deutsche Markenprodukte werden aufgrund ihrer Qualität geschätzt.

  • Onlineverkäufe legen zu

Warschau (GTAI) - In Polen fusionieren immer mehr Bekleidungs- und Schuhfirmen. Zwar wächst die Nachfrage, doch der Preisdruck steigt. Die Kunden schätzen die Qualität deutscher Markenprodukte.
Die Verkaufserlöse von Bekleidung und Schuhen steigen in Polen kontinuierlich. Allerdings wird der Preiskampf zunehmend härter: Off-Price-Geschäfte, die Markenwaren zu günstigen Preisen anbieten, der Onlinehandel und Outlet-Zentren setzen den Einzelhandel unter Druck und lassen die Durchschnittsrendite sinken.
Einen zusätzlichen Schub erhält die Nachfrage zum Jahresende, denn Bekleidung und Schuhe sind beliebte Weihnachtsgeschenke. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte wollen polnische Familien anlässlich des Festes 2018 durchschnittlich 271 Euro ausgeben und somit 6 Prozent mehr als 2017. Deutsche Markenprodukte werden aufgrund ihrer Qualität geschätzt.

Verkäufe von Bekleidung und Schuhen in Polen (in Mrd. Euro)
2013 2014 2015 2016 2017
6,9 7,4 7,7 7,8 8,4

Quelle: Euromonitor International

Die US-amerikanische Kette TK Maxx betreibt in Polen bereits 43 Off-Price-Geschäfte. Das Sortiment umfasst verschiedene Waren - von Haushaltsbedarf bis hin zu Bekleidung -, die stark herabgesetzt sind. Neinver aus Spanien betreibt zurzeit vier Outlet-Zentren unter dem Namen "Factory" in Polen. Davon befinden sich zwei in Warschau und je eines in Krakow (Krakau) und Poznan (Posen).
Neinver plant, zukünftig in Warschau den Handelspark Futura Ursus kommerziell nutzen. Insgesamt gibt es ein gutes Dutzend Outlet-Zentren in Polen. An der Stelle des Einkaufszentrums Galeria Rumia in der gleichnamigen Stadt nordwestlich von Gdynia (Gdingen) ist das Zentrum Pomerania Outlet geplant, das Ende 2019 mit 80 Geschäften eröffnen wird.
Der deutsche Onlinehändler Zalando ist mit seinem Shopping Club für Sonderangebote, Zalando Lounge, in Polen präsent. Vor allem um mit diesem Konzept in Europa weiter zu expandieren, richtete er ein Logistikzentrum in Olsztynek (Hohenstein) ein. Preisgünstige Bekleidung bieten auch Discounter-Ketten wie Biedronka und Lidl an.

Branche konsolidiert sich
Der wachsende Konkurrenz- und Preisdruck führt zu einer weiteren Konsolidierung unter den inländischen Branchenfirmen. Verschiedene Zusammenschlüsse zeichnen sich ab. Die Vistula Group wird noch 2018 ihren Konkurrenten, den Herrenausstatter Bytom, übernehmen. Die Kartellbehörde UOKiK stimmte der Fusion bereits zu. Ab 2020 erwartet die Gruppe dadurch Mehreinnahmen von etwa 1,9 Millionen bis 2,3 Millionen Euro jährlich.
Die Übernahme der Bekleidungsgesellschaft Simple Creative Products S.A. (Gruppe Gino Rossi aus Slupsk) mit ihrer Marke Simple für gehobene Damenbekleidung durch Monnari Trade S.A. platzte dagegen im November 2018. Simple ist mit 63 Verkaufssalons und Monnari mit 163 Geschäften in Polen vertreten.
Zu der auf Sportbekleidung spezialisierten Firma OTCF gehört die Sportmarke 4F mit über 200 Geschäften in Polen. OTCF ist daneben im Ausland stark präsent. Gino Rossi hat insgesamt rund 90 Schuhsalons in Polen, Litauen, Lettland, der Tschechischen Republik sowie in der Slowakei.

Marktführer LPP expandiert
Die größte Bekleidungsfirma, LPP aus Gdansk (Danzig), expandiert weiter. Sie eröffnete im September 2018 ihr 20. Geschäft mit dem Namen ihrer größten Marke Reserved in Deutschland. Die Geschäfte von LPP befinden sich in den Hauptstädten der Bundesländer und anderen Handelsmetropolen. Das neueste Geschäft richtete LPP in der Frankfurter Einkaufsmeile Zeil ein. Laut ihrem Stellvertretenden Vorsitzenden, Slawomir Loboda, erwirtschaftete LPP mit Reserved im 2. Quartal 2018 höhere Einnahmen im Ausland als im Inland.
LPP will nicht nur in Westeuropa weitere Geschäfte eröffnen, sondern strebt auch auf andere Märkte. Im November 2018 folgten erste Verkaufssalons der LPP-Marken Reserved, House, Mohito und Sinsay in Almaty in Kasachstan. Diese Marken sind in Deutschland Deutschland über den Onlinehandel zu erwerben. Der deutsche Markt ist für LPP gemessen am Umsatz der fünftgrößte Auslandsmarkt.

Einnahmen der größten Bekleidungs- und Schuhfirmen im 1. Halbjahr 2018 (in Mio. Euro, Veränderung zum 1. Halbjahr 2017 auf Zloty-Basis in %)
Name der Firma Einnahmen Veränderungen
LPP 844,3 18,0
CCC (Schuhe) 471,0 9,6
Vistula Group 82,4 14,8
Redan 63,5 -1,0
TXM 38,4 0
Monnari 24,9 -5,9
Wojas (Schuhe) 24,4 -3,1
Bytom 22,1 12,3
Gino Rossi (Schuhe) 1) 20,5 -8,4
CDRL (Coccodrillo-Kette für Kinderbekleidung) 2) 15,6 3,0

1) ohne Simple; 2) in Polen
Quelle: Firmenangaben gemäß Tageszeitung Rzeczpospolita

CCC setzt nicht nur auf das Onlinesegment
Das größte Schuhunternehmen des Landes, die Gruppe CCC, die ebenfalls stark ins Ausland - darunter nach Deutschland - expandiert, erzielte im 1. Halbjahr 2018 bereits ein Fünftel (19,8 Prozent) seines Umsatzes mit dem Onlinehandel. Der Onlineverkauf ist sehr erfolgreich: In den ersten drei Quartalen 2018 stiegen die Einnahmen auf Zloty-Basis um 59 Prozent gegenüber Januar bis September 2017 auf 150,3 Millionen Euro.

Wichtige Plattform für den CCC-Onlinehandel ist eObuwie.pl, an der CCC zu 75 Prozent beteiligt ist. Es gibt Pläne, eObuwie.pl an die Warschauer Börse zu bringen. Mit den Erlösen will eObuwie.pl expandieren und die Logistik ausbauen. An seinem Standort in Zielona Gora (Grünberg) errichtet eObuwie.pl ein modernes, automatisiertes Warenlager.

Online-Schuhhandel setzt auf 3D-Modelle der Füße
Um mehr Polen zum Onlinekauf von Schuhen zu motivieren, will die Plattform laut dem Vorsitzenden von eObuwie.pl, Marcin Grzymkowski, der 25 Prozent der Anteile daran hält, den Scanner esize.me einsetzen. Dieser scannt Füße und erstellt davon genaue 3D-Modelle. Anhand derer werden virtuell Schuhe ausgewählt, die eine möglichst optimale Passform garantieren. Es ist vorgesehen, solche Scanner an rund 40 Stellen in Einkaufszentren zu platzieren. Bislang kaufen laut Schätzungen von eObuwie.pl erst 10 Prozent der Polen Schuhe online ein, wie die Tageszeitung Rzeczpospolita berichtet. Im Frühjahr 2019 plant eObuwie.pl die Gründung eines E-Geschäftes für hochwertige Bekleidung.

CCC bestellte schon zuvor bei Gino Rossi Schuhe, um sie über eObuwie.pl zu vertreiben. Nun will die Gruppe diese Artikel auch in stationären Geschäften im In- und Ausland anbieten. Daher beabsichtigt CCC, 2019 rund 120.000 Paar Schuhe von Gino Rossi zu erwerben und 2020 circa 180.000 Paar. Schließlich sollen sich die Bestellungen auf etwa 500.000 Paar jährlich erhöhen. Gino Rossi hat Fabriken in Slupsk und Elblag (Elbing).

CCC erwirbt auch die Lizenz zur Nutzung des Markennamens Gino Rossi und zur Erteilung von Unterlizenzen dafür. Die Gruppe darf selbst eigene Schuhmodelle unter diesem Markennamen entwerfen. Spezielle Kollektionen sollen in rund 200 ausgewählten stationären Geschäften von CCC unter anderem in Polen und der Tschechischen Republik verkauft werden. Durch die Vereinbarung mit CCC plant Gino Rossi 2019 zusätzlich 3,5 Millionen bis 4,2 Millionen Euro einzunehmen und 2020 bereits 8,4 Millionen bis 9,3 Millionen Euro.

 

 

Weitere Informationen:
GTAI Polen
Quelle:

Beatrice Repetzki, Germany Trade & Invest www.gtai.de