Textination Newsline

Zurücksetzen
56 Ergebnisse
JUMBO-Textil Produktion © JUMBO-Textil GmbH & Co. KG
28.11.2023

Interview JUMBO-Textil: „Führung heißt bei uns Teamentwicklung.“

JUMBO-Textil steht mit seinen hochwertigen technischen Schmaltextilien für Hightech – egal ob gewebt, geflochten oder gewirkt. Als Elastic-Spezialist und Lösungspartner entwickelt und produziert das Unternehmen individuelle Innovationen für Kunden weltweit. Das 70 Personen umfassende starke Team muss so vielfältig und flexibel sein wie die Produkte, die es konzipiert. Textination sprach mit dem  Wirtschaftsingenieur Carl Mrusek über die aktuellen Herausforderungen für Familienunternehmen. Carl Mrusek, seit einem knappen Jahr Chief Sales Officer (CSO) in der Textation Group GmbH & Co KG, zu der JUMBO-Textil gehört, verantwortet neben anderen Aufgabenbereichen auch die strategische Unternehmensentwicklung.

 

JUMBO-Textil steht mit seinen hochwertigen technischen Schmaltextilien für Hightech – egal ob gewebt, geflochten oder gewirkt. Als Elastic-Spezialist und Lösungspartner entwickelt und produziert das Unternehmen individuelle Innovationen für Kunden weltweit. Das 70 Personen umfassende starke Team muss so vielfältig und flexibel sein wie die Produkte, die es konzipiert. Textination sprach mit dem  Wirtschaftsingenieur Carl Mrusek über die aktuellen Herausforderungen für Familienunternehmen. Carl Mrusek, seit einem knappen Jahr Chief Sales Officer (CSO) in der Textation Group GmbH & Co KG, zu der JUMBO-Textil gehört, verantwortet neben anderen Aufgabenbereichen auch die strategische Unternehmensentwicklung.

 

„In einem Familienunternehmen sind Traditionen das Fundament, Innovationen der Weg nach vorne“, sagt man. Das Image familiengeführter Unternehmen hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt – altmodische Wertvorstellungen und überholte Wirtschaftskonzepte sind einer starken Firmenkultur, hohem regionalen Verantwortungsgefühl und nachhaltigem Planen gewichen. Wie verknüpft JUMBO-Textil seine Unternehmenswerte und Traditionen mit einem zeitgemäßen Führungsstil?

Carl Mrusek: Als Familienunternehmen besteht eine enge Bindung der Mitarbeiter*innen an das Unternehmen und umgekehrt, die Kontinuität der menschlichen Beziehungen ist wichtig und wertvoll. Bei JUMBO-Textil hat darüber hinaus vor allem eines Tradition: zeitgemäße Unternehmensführung, und zwar sowohl technisch und fachlich als auch mit Blick auf Führungsstil und Werte. Denn gerade in einem Familienunternehmen, das ja oft über Jahrzehnte von derselben Person geführt wird, ist es entscheidend, Unternehmenswerte und Führungsstil zu hinterfragen und Wandel zu fördern. Ein Unternehmen, das seit bald 115 Jahren international erfolgreich agiert, muss anpassungsfähig sein. Auf Veränderungen schnell zu reagieren, sie sogar vorauszusehen und entsprechend voranzugehen, das ist für uns Kern klugen wirtschaftlichen Handelns. Die Spezialisierung hin zu Elastics in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts ist ein Beispiel für die vorausschauende Veränderungskraft, aber auch die strategisch wichtige Hinwendung zu technischen Textilien in den 70er-Jahren. Aus der jüngsten Zeit ließe sich das Zusammengehen mit der vombaur GmbH & Co. KG unter das Dach der Textation Group nennen.

Das Wichtigste in jedem Unternehmen sind seine Mitarbeiter*innen. Mit überkommenen Traditionen und Arbeitsweisen würden wir sie nicht gewinnen und halten können. Bei uns steht nicht die Unternehmensleitung im Zentrum, sondern der gemeinsame Erfolg, und der ist in einer komplexen Welt in der Regel das Ergebnis einer gelungenen Zusammenarbeit und nicht einer Ansage des Chefs. Führung heißt – klar – strategische Ziele setzen und verfolgen, heißt heute aber auch: Teamentwicklung. Die besten Menschen zu finden, zusammenzubringen und für das Ziel zu motivieren.

 

Team-Gedanke und Leitbild-Entwicklung: Wie gelingt Ihnen das bei JUMBO-Textil? 

Carl Mrusek: Im Team! JUMBO-Textil hat seine Führungsebene gezielt verbreitert. Neben dem Geschäftsführer, unserem CEO Andreas Kielholz, arbeiten hier der Chief Operational Officer Patrick Kielholz, der Chief Financial Officer Ralph Cammerath, der Chief Technology Officer Dr. Sven Schöfer und ich selbst als Chief Sales Officer. Das zeigt, dass wir vom Kooperationsgedanken überzeugt sind: Auch an der Unternehmensentwicklung und in strategischen Fragen arbeiten wir gemeinsam. Genauso in den einzelnen Teams – in organisatorischen Fachteams oder in interdisziplinären Projektteams. Die Aufgaben, für die wir zuständig sind, mögen unterschiedlich sein, aber jede ist gleich wichtig.

 

Deshalb auch starten Sie die Vorstellung der Ansprechpartner*innen auf Ihrer Website mit dem Junior Sales Manager? Und die Vertreter der C-Ebene stehen am Ende?

Carl Mrusek: Ja. Alle JUMBO-Textil-Köpfe sind für uns der Kopf des Unternehmens. Alle JUMBO-Textil-Gesichter repräsentieren das Unternehmen. Das spiegelt sich auch an der Reihenfolge der Ansprechpartner*innen auf der Website wider. Die Besucher*innen sollen hier schnell die Person finden, die ihnen weiterhelfen kann, und nicht erfahren, wer das Unternehmen leitet. Dafür gibt es das Impressum. (lacht)

 

Wie sehen das Leitbild von JUMBO-Textil und seine Vision für die Zukunft aus, und was muss sich verändern, um die Vision zu erreichen?

Carl Mrusek: Wir arbeiten aktuell an der strategischen Ausrichtung der Textation Group, zu der die JUMBO-Textil GmbH & Co. KG sowie die vombaur GmbH & Co. KG gehören. In diesem Zusammenhang haben wir die Unternehmensvision und -mission der Gruppe erarbeitet und unser Leitbild aktualisiert. Dies dient als Fundament für die Strategieentwicklung und gelingt nur dann nachhaltig, wenn Mitarbeiter*innen über Umfragen und Workshops in diesem Prozess eingebunden sind. Ich möchte noch nicht zu viel verraten, aber so viel steht bereits: Starke Teams, die richtigen Personen am richtigen Platz, Verantwortungsübernahme auf allen Ebenen, Nachhaltigkeit als Grundlage für Innovation – das werden die vier Eckpfeiler sein. Daran lässt sich bereits ablesen: Um unsere Vision zu erreichen, können wir nicht einen Schalter umlegen. Wir müssen stets veränderungsfreudig bleiben, immer wieder neu – von der Produktentwicklung bis zur Personalgewinnung. Aber das hat bei uns ja wie gesagt Tradition.

 

JUMBO-Textil ist kein Branchenspezialist, sondern bündelt Kompetenzen für anspruchsvolle Hightech-Schmaltextilien. Wer hat bei herausfordernden Kundenprojekten das Sagen – entscheiden Sie im Team oder eher top-down, wo ist die Verantwortung für einen Auftrag angesiedelt?

Carl Mrusek: Wir entscheiden im Team darüber, welche Projekte wir realisieren bzw. mit welcher Priorisierung sie angegangen werden. Dabei gibt die Unternehmensstrategie die „Stoßrichtung“ vor. Neben der vertrieblichen spielt auch die entwicklungsseitige Betrachtung von neuen Projekten eine entscheidende Rolle. Ich stimme mich deshalb intensiv mit Dr. Sven Schöfer (CTO) und seinem Team ab, da hier die technische Entwicklung und Umsetzung unserer Produkte im Fokus steht. Die Projektbearbeitung ist final immer eine Teamleistung von Vertrieb und Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit der Produktion.

 

Zwischen übertariflichen Vergütungen, einer 4-Tage-Woche und der vielbeschworenen Work-Life-Balance – in der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt sind eher die Unternehmen in der Bewerbersituation als umgekehrt. Was tun Sie, um als Arbeitgeber für neue Kollegen und Kolleginnen attraktiv zu bleiben? Und wie halten Sie die Einsatzfreude Ihrer Fachkräfte auf gleichbleibend hohem Niveau?

Carl Mrusek: Ein wichtiger Ansatz bei uns ist die Ausbildung. Junge Menschen auszubilden und ihnen während der Ausbildung zu beweisen: JUMBO-Textil ist dein Place-to-be. Wir beginnen also bereits durch unsere Schulbesuche und Schulpraktika mit der Fachkräftegewinnung. Als hochmodernes Unternehmen bieten wir ein attraktives Gehaltsniveau und ein angenehmes und gesundes Arbeitsumfeld.

Bewerber*innen möchten heute darüber hinaus oft auch ihre Arbeitsform und ihre Arbeitszeiten individuell und flexibel gestalten, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Mit modernen Arbeitsmodellen und dank unserer laufenden Digitalisierungsfortschritte unterstützen wir sie dabei, wo immer es möglich ist. Außerdem möchten die Menschen für ein Unternehmen arbeiten, mit dem sie sich identifizieren können. Umwelt- und Klimaschutz sind unseren Mitarbeiter*innen und Bewerber*innen ebenso wichtig wie Sozialstandards in unserer Lieferkette. Dass wir uns mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie ehrgeizige Ziele gesetzt haben und sie mit fest terminierten Schritten konsequent verfolgen – unsere klimaneutrale Energiegewinnung ist ein konkretes bereits realisiertes Beispiel –, dass wir unsere Geschäftspartner mit Nachdruck dazu aktivieren, die Menschen- und Arbeitnehmerrechte zu beachten und uns zum Code of Conduct der deutschen Textil- und Modeindustrie bekennen, all das hilft uns deshalb auch bei der Personalgewinnung.

 

Was größere, kapitalintensivere Unternehmen teilweise durch Finanzmittel wettmachen können, muss der Mittelstand – insbesondere in Krisensituationen – durch Agilität und Anpassungsfähigkeit stemmen. Inwiefern spiegeln sich diese Anforderungen auch in Ihrer Organisationsstruktur und dem Anforderungsprofil für Beschäftigte wider?

Carl Mrusek: Genau, das ist der Vorteil, den Familienunternehmen gegenüber großen Konzernen mitbringen und ausspielen können: Wir können schnell entscheiden und wenn nötig tagesaktuell reagieren. Die Hierarchien sind flach, Abstimmungsprozesse kurz. Ein spannender Vorschlag muss nicht erst durch Agenturen schick aufbereitet und über etliche Ebenen abgestimmt werden, bis er durch die Geschäftsführung abgesegnet ist und umgesetzt werden kann. Das Okay kann auch sofort beim Mittagessen kommen: „Super Idee, das machen wir.“ In einem Konzern scheitert das schon daran, dass nur die wenigsten Mitarbeiter*innen die Chance haben, mit der Geschäftsleitung an einem Tisch zu Mittag zu essen. – Wobei wir dabei nur im Ausnahmefall über das Geschäft sprechen. Meistens dreht es sich in der Pause um Familie, Wetter, Sport- und Freizeitpläne, Mittagsthemen eben. – Wir brauchen dafür verantwortungsvolle und veränderungsbereite Teamplayer. Menschen, die auf Augenhöhe mit anderen zusammenarbeiten, sich mit Schwung und Kompetenz für das Unternehmen und seine Ziele einsetzen und Lust auf Neues haben.

 

Um aktuelle und potenzielle Mitarbeitende begeistern zu können, braucht es inzwischen deutlich mehr als Obstkorb und Fitnessstudio. Sinnstiftend zu arbeiten, sich an einer klimafreundlichen Transformation zu beteiligen, ist vielen Menschen besonders wichtig. Was macht JUMBO-Textil konkret, um SDGs nicht nur in einem Statement zu zitieren, sondern im Unternehmensalltag zu leben?

Carl Mrusek: Wir haben uns ein konkretes Klima-Ziel gesetzt: Bis 2035 arbeiten wir in unserer Zentrale in Verwaltung und Produktion klimaneutral. Realistische Schritte wurden hierfür definiert. Ein wichtiges Zwischenziel haben wir schon erreicht: In unserer Zentrale in Sprockhövel nutzen wir ausschließlich Öko-Strom aus Sonne, Wind und Wasser. Die noch unvermeidlichen Emissionen für unsere Wärmegewinnung gleichen wir mit CO2-Kompensationsleistungen aus. Außerdem entwickeln wir immer mehr Produkte aus recyclebaren und recycelten Materialien. Unsere Fahrzeugflotte wird aktuell auf rein elektrisch bzw. hybrid angetriebene Modelle umgestellt.

 

Diversifikation und Internationalisierung sind heutzutage Bestandteil jeder Unternehmensstrategie. Doch was bedeuten diese Begriffe für den Führungsstil eines Mittelständlers in Sprockhövel? Bauen Sie bewusst interdisziplinäre internationale Teams auf?

Carl Mrusek: Wir leben in einer hyperdiversen Gesellschaft. Das bildet sich auch in unserem Unternehmen ab. Unsere Teams setzen sich, ganz ohne dass wir das steuern müssten, aus Menschen mit unterschiedlichen internationalen Hintergründen zusammen. Auch die Altersstruktur ist inzwischen sehr durchmischt. Die unterschiedlichen Perspektiven sehen wir als Gewinn, als Chance und Erfolgsfaktor. Wir – und das bedeutet letztlich unsere Kunden und deren Projekte – profitieren von der Vielzahl der Blickwinkel, die in unsere Lösungen einfließen. Der Frauenanteil ist – wie bei vielen Unternehmen im Bereich technischer Textilien – in manchen Teams noch etwas unausgewogen. Doch er steigt erfreulicherweise kontinuierlich an.

 

Generationenwechsel und Nachfolgeplanung sind Kernthemen familiengeführter Unternehmen. Wie wichtig ist JUMBO-Textil die Professionalisierung seiner Führungsriege, und inwiefern ist das Unternehmen offen für externe Fachkräfte und Manager?

Carl Mrusek: Ein Unternehmen, das sich externen Fach- und Führungskräften gegenüber verschließt, verschließt sich damit auch eine Tür zum Erfolg. Das wäre töricht. Die enge Bindung, persönliche Kontinuität und Flexibilität eines familiengeführten Unternehmens, die Leidenschaft und Innovationslust eines Start-ups und die Solidität und Finanzkraft eines Konzerns – all das versuchen wir bei JUMBO-Textil zu verbinden und auszubalancieren. Mit Patrick Kielholz als COO ist die nächste Generation der Familie in der Führungsebene ebenso vertreten wie der externe Blick und die Vielfalt der Perspektiven durch die weiteren neuen Mitglieder im C-Level. Die Textation Group, zu der mit Kevin Kielholz auch der Bruder von Patrick Kielholz gehört, stützt das Unternehmen und ermöglicht es, größer zu denken und zu agieren, als mittelständische Familienunternehmen es sonst oft tun. JUMBO-Textil ist Elastic-Spezialist. Und was unser Produkt auszeichnet, das zeichnet uns auch als Organisation aus. Wir umspannen die Vorteile des Familienunternehmens ebenso wie die des Start-ups und des Konzerns. Wenn ich das Bild der Elastizität hier nutzen darf und es nicht überstrapaziere. (lacht)

Carbon U Profil (c) vombaur GmbH & Co. KG
19.09.2023

„Ein Raumschiff wird ja nicht von der Stange gefertigt.“

vombaur-Pioniere für Spezialtextilien im Interview
Technische Schmaltextilien, Speziallösungen, mittelständischer Textilproduzent und Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles: vombaur. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Energiepreise, Pionierarbeit und ungebrochene Begeisterung – Textination sprach mit zwei leidenschaftlichen Textilern: Carl Mrusek, Chief Sales Officer (CSO), und Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien, in der vombaur GmbH, die wie JUMBO-Textil zur Textation Group gehört.
 

vombaur-Pioniere für Spezialtextilien im Interview
Technische Schmaltextilien, Speziallösungen, mittelständischer Textilproduzent und Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles: vombaur. Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Energiepreise, Pionierarbeit und ungebrochene Begeisterung – Textination sprach mit zwei leidenschaftlichen Textilern: Carl Mrusek, Chief Sales Officer (CSO), und Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien, in der vombaur GmbH, die wie JUMBO-Textil zur Textation Group gehört.
 
Wer auf Ihre Geschichte und damit bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurückschaut, sieht eine Bändermanufaktur und ab 1855 eine Fabrikation von Seiden- und Hutbändern. Heute produzieren Sie Filtra¬tionstextilien, Industrietextilien und Textilien für Verbundstoffe. Zwar fertigen Sie auch heute noch Schmaltextilien, aber das Motto „Transformation als Chance“ scheint bei vombaur gelebte Realität.
 
Carl Mrusek, Chief Sales Officer: Ja, vombaur hat sich in seiner fast 220-jährigen Unternehmensgeschichte einige Male verwandelt. Dabei ist sich das Unternehmen als Schmaltextiler immer treu geblieben. Das zeugt von der Veränderungsbereitschaft bei den Menschen im Unternehmen und von ihrer Neugier. Erfolgreiche Transformation ist eine gemeinsame Entwicklung, es liegt eine Chance in der Veränderung. Das hat vombaur in den vergangenen fast 220 Jahren schon häufig bewiesen: Wir haben unsere Produkt-Portfolio an neue Zeiten angepasst, wir haben neue Fabrikgebäude und neue Maschinenparks errichtet, haben neue Materialien eingeführt und neue Technologien entwickelt, wir sind neue Partnerschaften – wie zuletzt als Teil der Textation Group – eingegangen. Aktuell planen wir unsere neue Zentrale. Wir erfinden uns damit nicht neu, aber eine Art Transformationsprozess werden wir auch mit dem Umzug in die brandneuen, klimagerechten Hightech-Räume durchlaufen.

 

Können Sie die Herausforderungen dieses Transformationsprozesses beschreiben?
 
Johannes Kauschinger, Sales Manager für Composites und Industrietextilien: Eine Transformation vollzieht sich in der Regel technisch, fachlich, organisatorisch und nicht zuletzt – vielleicht sogar zuallererst – kulturell. Die technischen Herausforderungen liegen auf der Hand. Um die neuen Technologien zu managen und zu nutzen, braucht es zweitens entsprechendes Fachwissen im Unternehmen. Jede Transformation bringt drittens neue Prozesse mit sich, Teams und Abläufe müssen angepasst werden. Und schließlich verändert sich viertens auch die Unternehmenskultur. Technik, kann man sich beschaffen, Fachwissen erwerben, die Organisation anpassen. Zeit dagegen können wir nicht kaufen. Die größte Herausforderung sehe ich deshalb darin, die personellen Ressourcen bereitzustellen: Damit wir die Transformation aktiv gestalten und nicht durch die Entwicklung getrieben werden, brauchen wir ausreichend Fachkräfte.

 

Beim Besuch Ihrer Website fällt sofort der Claim „pioneering tech tex“ ins Auge. Weshalb sehen Sie Ihr Unternehmen als Pionier, und worin bestehen die bahnbrechenden oder wegbereitenden Innovationen von vombaur?

Carl Mrusek: Wir sind mit unserem einzigartigen Maschinenpark Pionier*innen für nahtlos rundgewebte Textilien. Und als Entwicklungspartner betreten wir mit jedem Auftrag ein kleines Stück weit Neuland. Wir nehmen immer neue projektspezifische Veränderungen vor: an den Endprodukten, an den Produkteigenschaften, an den Maschinen. Dass wir für ein spezielles nahtlos gewebtes Formtextil eine Webmaschine anpassen, bisweilen auch ganz neu entwickeln, kommt regelmäßig vor.
 
Mit unserem jungen, erstklassigen und wachsenden Team für Development and Innovation um Dr. Sven Schöfer, lösen wir unseren Anspruch „pioneering tech tex“ immer wieder ein, indem wir mit und für unsere Kunden spezielle textile Hightech-Lösungen entwickeln. Parallel erkunden wir aktiv neue Möglichkeiten. Zuletzt mit nachhaltigen Materialien für den Leichtbau und Forschungen zu neuartigen Sonderfiltrationslösungen etwa zur Filtration von Mikroplastik. Für dieses Team ist im Neubau ein hochmodernes textiltechnisches Labor vorgesehen.

 

Die Entwicklung der technischen Textilien in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Mit Massenware können wir global betrachtet nur noch in Ausnahmefällen reüssieren. Wie schätzen Sie die Bedeutung technischer Textilien made in Germany für den Erfolg anderer, insbesondere hoch technologisierter Branchen ein?

Carl Mrusek: Wir sehen die Zukunft der Industrie in Europa in individuell entwickelten Hightech-Produkten. vombaur steht gerade für hochwertige, zuverlässige und langlebige Produkte und Spezialanfertigungen. Und gerade das – passgenau Produkte, statt Überschuss- und Wegwerfware – ist die Zukunft für nachhaltige Wirtschaft insgesamt.

 

Welchen Anteil hat das Projektgeschäft an Ihrer Produktion gegenüber einem Standardsortiment, und inwiefern fühlen Sie sich noch mit der Bezeichnung „Textilproduzent“ wohl?

Johannes Kauschinger: Unser Anteil an Speziallösungen liegt bei nahezu 90 Prozent. Wir entwickeln für aktuelle Projekte unserer Kunden textiltechnische Lösungen. Hierfür sind wir in engem Austausch mit den Kolleg*innen aus der Produktentwicklung unserer Kunden. Gerade bei den Composite Textiles sind vorwiegend Speziallösungen gefragt. Das kann ein Bauteil für die Raumfahrt sein – ein Raumschiff wird ja nicht von der Stange gefertigt. Wir bieten auch hochwertige Serienartikel, etwa im Bereich Industrial Textiles, wo wir rundgewebte Schläuche für Transportbänder bieten. So gesehen sind wir Textilproduzent, aber mehr als das: Wir sind dabei auch Textilentwickler.

 

Composites Germany hat im August die Ergebnisse seiner 21. Markterhebung vorgestellt. Dabei wird die aktuelle Geschäftslage sehr kritisch gesehen, das Investitionsklima trübt sich ein und Zukunftserwartungen drehen ins Negative. vombaur hat in seinem Portfolio ebenfalls hochfeste textile Verbundwerkstoffe aus Carbon, Aramid, Glas und Hybriden. Teilen Sie die Beurteilung der Wirtschaftslage, wie sie die Umfrage spiegelt?

Carl Mrusek: Wir sehen für vombaur eine durchaus positive Entwicklung voraus, da wir sehr lösungsorientiert entwickeln und unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten. Denn gerade Zukunftstechnologien benötigen individuelle, zuverlässige und leichte Bauteile. Das reicht von Entwicklungen für das Lufttaxi bis zu Windrädern. Textilien sind ein prädestiniertes Material für die Zukunft. Die Herausforderung besteht auch darin, hier mit natürlichen Rohstoffen wie Flachs und recycelten und recycelbaren Kunststoffen und effektiven Trenntechniken nachhaltige und kreislauffähige Lösungen anzubieten.

 

Es gibt heutzutage fast kein Unternehmen, das nicht die aktuellen Buzzwords bedient wie Klimaneutralität, Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Was unternimmt Ihr Unternehmen in diesen Bereichen und wie definieren Sie die Bedeutung dieser Ansätze für einen wirtschaftlichen Erfolg?

Carl Mrusek: vombaur verfolgt eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie. Ausgehend von unserer Leitbildentwicklung arbeiten wir aktuell an einer Nachhaltigkeitserklärung. Unsere Verantwortung für die Natur wird sich sehr konkret und messbar in unserem Neubau mit Dachbegrünung und Solaranlage realisieren. In unserer Produktentwicklung fließen die hohen Nachhaltigkeitsansprüche – unsere eigenen und die unserer Kunden – schon jetzt in umwelt- und ressourcenschonende Produkte und in Produktentwicklungen für nachhaltige Projekte wie Windparks oder Filtrationsanlagen ein.

 

Stichwort Digitalisierung: Der Mittelstand, zu dem vombaur mit seinen 85 Mitarbeitenden gehört, wird oft dafür gescholten, in diesem Bereich zu zögerlich zu sein. Was würden Sie auf diesen Vorwurf antworten?

Johannes Kauschinger: Wir hören derzeit oft von der Stapelkrise. Angelehnt daran ließe sich von der Stapeltransformation sprechen. Wir, die mittelständischen Unternehmen, transformieren uns gleichzeitig in einer Reihe von unterschiedlichen Dimensionen: Digitale Transformation, Klimaneutralität, Fachkräftemarkt und Bevölkerungsentwicklung, Unabhängigkeit von den vorherrschenden Lieferketten. Wir sind veränderungsfähig und veränderungswillig. Politik und Verwaltung könnten es uns an einigen Stellen etwas leichter machen. Stichwort Verkehrs-Infrastruktur, Genehmigungszeiten, Energiepreise. Wir tun alles, was auf unserer Seite des Feldes zu ist, damit mittelständische Unternehmen die treibende Wirtschaftskraft bleiben, die sie sind.

 

Was empfinden Sie bei dem Begriff Fachkräftemangel? Beschreiten Sie auch unkonventionelle Wege, um Talente und Fachkräfte in einer so spezialisierten Branche zu finden und zu halten? Oder stellt sich das Problem nicht?

Carl Mrusek: Klar, auch wir bekommen den Fachkräftemangel zu spüren, gerade im gewerblichen Bereich. Die Entwicklung war aber abzusehen. Das Thema spielte eine gewichtige Rolle bei der Entscheidung mit unserem Schwesterunternehmen JUMBO-Textil zusammen unter das Dach der Textation Group zu ziehen. Die Nachwuchsgewinnung und -förderung lässt sich gemeinsam – zum Beispiel mit gruppenübergreifenden Kampagnen und Kooperationen – besser meistern.

 

Wenn Sie ein persönliches Schlüsselerlebnis beschreiben müssten, das Ihre Einstellung zur Textilindustrie und deren Zukunft geprägt hat, was wäre das?

Johannes Kauschinger: Ein sehr guter Freund meiner Familie hat mich darauf angesprochen, dass wir in einer Gegend mit sehr aktiver Textilindustrie leben, die gleichzeitig Probleme hat, Nachwuchskräfte zu finden. Ich besuchte zwei Betriebe zur Vorstellung und schon auf dem Betriebsrundgang in jeder der beiden Firmen war das Zusammenwirken von Menschen, Maschinen und Textil bis zum tragbaren Endprodukt beeindruckend. Dazu kam, dass ich einen Beruf mit sehr großem Bezug zum täglichen Leben erlernen konnte. Bis heute bin ich über die Breite der Einsatzmöglichkeiten von Textilien, speziell in technischen Anwendungen, fasziniert und bereue die damalige Entscheidung keinesfalls.

Carl Mrusek: Bereits in jungen Jahren kam ich mit der Textil- und Modewelt in Berührung. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit meinem Vater Rolf Mrusek das erste Mal durch die vollstufige Textil-Produktion eines Unternehmens in Nordhorn ging. Das Thema hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Schon vor Beginn meiner Studienzeit hatte ich mich bewusst für eine Karriere in dieser Industrie entschieden und habe es bis heute nicht bereut, im Gegenteil. Die Vielfältigkeit der in der Textation Group entwickelten Speziallösungen fasziniert mich immer wieder aufs Neue.
 

vombaur ist Spezialist für nahtlos rund- und in Form gewebte Schmaltextilien und branchenweit als Entwicklungspartner für Filtration Textiles, Composite Textiles und Industrial Textiles aus Hochleistungsfasern bekannt. Die technischen Schmaltextilien von vombaur dienen zum einen zur Filtration – u. a. in der Lebensmittel- und Chemieindustrie. Als hochleistungsfähige Verbundwerkstoffe kommen sie beispielsweise im Flugzeugbau oder in der Medizintechnik zum Einsatz. Für technische Anwendungen entwickelt vombaur speziell beschichtete Industrietextilien zur Isolierung, Verstärkung oder für den Transport in ganz unterschiedlichen industriellen Prozessen – von der Feinmechanik bis zur Bauindustrie. Das Wuppertaler Unternehmen wurde 1805 gegründet. Aktuell arbeiten 85 Beschäftigte im Unternehmen.
 

Branchen

  • Aviation & Automotive
  • Sports & Outdoor    
  • Bau- & Wasserwirtschaft
  • Sicherheit & Protection    
  • Chemie & Lebensmittel
  • Anlagenbau & Elektronik    
  • Medizin & Orthopädie

 

Foto: Bcomp
22.11.2022

Made in Switzerland: Ist Flachs das neue Carbon?

  • Bcomp gewinnt BMW Group Supplier Innovation Award in der Kategorie "Newcomer des Jahres"

Am 17. November 2022 wurden in der BMW Welt in München die sechsten BMW Group Supplier Innovation Awards in sechs Kategorien vergeben: "Powertrain & E-Mobility", "Sustainability", "Digitalisation", "Customer Experience", "Newcomer of the Year" und "Exceptional Team Performance".

Bcomp gewann den BMW Group Supplier Innovation Award in der Kategorie Newcomer of the Year. Nach der erfolgreichen Zusammenarbeit mit BMW M Motorsport für den neuen BMW M4 GT4, bei dem die Naturfaserlösungen powerRibs™ und ampliTex™ von Bcomp in großem Umfang zum Einsatz kommen, und der kürzlich erfolgten Beteiligung von BMW iVentures an Bcomp als Lead-Investor in der Series-B-Runde ist diese Auszeichnung ein weiterer wichtiger Schritt und eine Anerkennung auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Mobilität.

  • Bcomp gewinnt BMW Group Supplier Innovation Award in der Kategorie "Newcomer des Jahres"

Am 17. November 2022 wurden in der BMW Welt in München die sechsten BMW Group Supplier Innovation Awards in sechs Kategorien vergeben: "Powertrain & E-Mobility", "Sustainability", "Digitalisation", "Customer Experience", "Newcomer of the Year" und "Exceptional Team Performance".

Bcomp gewann den BMW Group Supplier Innovation Award in der Kategorie Newcomer of the Year. Nach der erfolgreichen Zusammenarbeit mit BMW M Motorsport für den neuen BMW M4 GT4, bei dem die Naturfaserlösungen powerRibs™ und ampliTex™ von Bcomp in großem Umfang zum Einsatz kommen, und der kürzlich erfolgten Beteiligung von BMW iVentures an Bcomp als Lead-Investor in der Series-B-Runde ist diese Auszeichnung ein weiterer wichtiger Schritt und eine Anerkennung auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Mobilität.

„Innovationen sind der Schlüssel zum Erfolg unserer Transformation hin zu Elektromobilität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Mit unserer Preisverleihung würdigen wir Innovation und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten - gerade in herausfordernden Zeiten“, sagte Joachim Post, Mitglied des Vorstands der BMW AG, verantwortlich für Einkauf und Lieferantennetzwerk, bei der Preisverleihung in der BMW Welt in München.

BMW begann 2019 erstmals mit den Materialien von Bcomp zu arbeiten, als sie Hochleistungs-Naturfaserverbundwerkstoffe im BMW iFE.20 Formel-E-Auto einsetzten. Aus dem mit Flachsfasern verstärkten Kühlschacht entwickelte sich die Zusammenarbeit, und bald darauf wurden die proprietären ampliTex™- und powerRibs™-Naturfaserlösungen erfolgreich als Ersatz für ausgewählte Kohlefaserkomponenten in DTM-Tourenwagen von BMW M Motorsport eingesetzt. Solche Entwicklungen, die auch in andere Fahrzeugprogramme einfließen, unterstreichen die wichtige Rolle, die BMW M Motorsport als Technologielabor für die gesamte BMW Group spielt. Die jüngste Zusammenarbeit mit Bcomp zur Erhöhung des Anteils nachwachsender Rohstoffe beim Nachfolger des BMW M4 GT4 setzt dies fort.

Mit der Markteinführung des neuen BMW M4 GT4 wird er das Serien-GT-Fahrzeug mit dem höchsten Anteil an Naturfaser-Komponenten sein. Die Flachsfaserlösungen ampliTex™ und powerRibs™ von Bcomp finden sich im gesamten Innenraum auf dem Armaturenbrett und der Mittelkonsole sowie auf Karosserieteilen wie Motorhaube, Frontsplitter, Türen, Kofferraum und Heckflügel. Abgesehen vom Dach gibt es fast keine Bauteile aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK), die nicht durch die nachwachsenden Hochleistungsflachsmaterialien ersetzt wurden. "Produktnachhaltigkeit gewinnt auch im Motorsport zunehmend an Bedeutung", sagt Franciscus van Meel, Vorsitzender der Geschäftsführung der BMW M GmbH.

Bcomp ist ein führender Anbieter von Lösungen für Naturfaser-Verstärkungen in Hochleistungsanwendungen vom Rennsport bis zur Raumfahrt.

Das Unternehmen begann 2011 als Garagenprojekt mit dem Ziel, leichte und dennoch leistungsstarke Skier zu entwickeln. Die bCores™ wurden eingeführt und erfolgreich von einigen der größten Namen im Freeride-Skisport übernommen. Die Gründer, promovierte Materialwissenschaftler der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL), verwendeten Flachsfasern zur Verstärkung des Balsakerns und zur Verbesserung der Schersteifigkeit. Beeindruckt von den hervorragenden mechanischen Eigenschaften der Flachsfasern begann die Entwicklung nachhaltiger Leichtbaulösungen für den breiteren Mobilitätsmarkt.

Flachs ist eine einheimische Pflanze, die in Europa natürlich wächst und seit Jahrhunderten Teil der Agrargeschichte ist. Sie benötigt sehr wenig Wasser und Nährstoffe, um erfolgreich zu wachsen. Zudem fungiert sie als Fruchtfolgepflanze und verbessert so die Ernteerträge auf bestehenden Anbauflächen. Weder beim Anbau noch bei der Verarbeitung der Flachspflanzen werden Chemikalien eingesetzt, die das Grundwasser verunreinigen könnten, die Ernte ist ein rein mechanischer Prozess. Nach der Ernte kann die gesamte Flachspflanze als Futtermittel oder zur Ölherstellung verwendet werden, und ihre Fasern werden vor allem für Heimtextilien und Kleidung genutzt. Die langen Fasern der Flachspflanze besitzen sehr gute mechanische Eigenschaften und ein hervorragendes Dämpfungsverhalten im Verhältnis zu ihrer Dichte, wodurch sie sich besonders gut als natürliche Faserverstärkung für alle Arten von Polymeren eignen.

Die Ernte und Verarbeitung des Flachses erfolgen lokal in den ländlichen Gebieten, in denen er angebaut wurde. Die Verwendung von europäischem Flachs, den Bcomp über seine gut etablierte und transparente Lieferkette bezieht, ermöglicht es, die wirtschaftliche und soziale Struktur in den ländlichen Gebieten zu unterstützen, da für die Aufrechterhaltung der Flachsproduktion zahlreiche qualifizierte Arbeitskräfte erforderlich sind. Bei der Herstellung der technischen Produkte wie dem powerRibs™-Bewehrungsnetz investiert Bcomp in lokale Produktionskapazitäten in der Nähe seines Hauptsitzes in Freiburg, Schweiz, schafft so neue Arbeitsplätze und erhält das technische Know-how in der Region. Die Produktion ist so effizient wie möglich und mit minimalen Umweltauswirkungen und Abfällen aufgebaut.

Zur weiteren Stärkung der lokalen Wirtschaft ist Bcomp bestrebt, regionale Unternehmen für Aufträge zu engagieren. Da sich der Hauptsitz im Freiburger Stadtviertel "Blaue Fabrik" befindet, kann Bcomp sowohl von der Entwicklung eines nachhaltigen und vielfältigen Viertels profitieren als auch dazu beitragen.

Quelle:

Bcomp; BMW Group

Unterwasser-Sensorik bringt auch über Wasser neue Erkenntnisse. Dem autonomen Unterwasserfahrzeug in Form eines Mantarochens des Projektpartners EvoLogics werden von Fraunhofer IZM-Forschenden auf der flexiblen Haut beider Flügel Sensormodule montiert. (c) EvoLogics GmbH
11.10.2022

Textile Haut & smarte Sensorik: Robo-Rochen auf Munitionssuche

Um im Meer versunkene Kriegsgeschosse zuverlässig zu detektieren, kommen bislang Spezial-U-Boote zum Einsatz. Für enge und schwer erreichbare Stellen übernehmen noch immer geschulte Spezialtaucher*innen diese komplexe und teilweise gefährliche Aufgabe.

Um im Meer versunkene Kriegsgeschosse zuverlässig zu detektieren, kommen bislang Spezial-U-Boote zum Einsatz. Für enge und schwer erreichbare Stellen übernehmen noch immer geschulte Spezialtaucher*innen diese komplexe und teilweise gefährliche Aufgabe.

Ein deutsches Forschungskonsortium unter Beteiligung des Fraunhofer IZM nutzt jetzt einen Unterwasser-Roboter, der so wendig und beweglich ist wie ein Mantarochen und zukünftig dank neu-entwickelter, vernetzter Sensoren in seinen Flügelflächen mehr Informationen aus der Umgebung erhalten kann. So wird beispielsweise die Metalldetektion von Objekten auf dem Meeresboden oder leicht vergraben unter der Erde ermöglicht.
 
Autonome Unterwasser-Vehikel oder auch AUVs gibt es schon seit einigen Jahren. Hightech-Unternehmen für zuverlässige Unterwasserkommunikation und innovative bionische Lösungen wie die EvoLogics GmbH haben diese Roboter, inspiriert von Tieren wie Mantarochen, optisch und anatomisch an die Meereswelt angepasst.
 
Mit ihrer Flossenspannweite können diese Fische große Flächen abdecken, dank ihrer beweglichen Wirbel aber auch sehr kleine Biegeradien realisieren und somit leicht durchs Meer gleiten. Bisher waren die Roboter-Mantas aber noch nicht so smart, dass sie die gefährdeten Spezialtaucher*innen ablösen konnten, die beispielsweise vor dem Ausbau eines Offshore-Windparks oder interkontinentaler Leitungen für mehrere Stunden den Meeresgrund nach versunkener hochexplosiver Restmunition aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg oder anderen Metallen absuchen. Eine elektrische Lösung in Form eines Mantarochens soll nun die sichere Detektion von Gefahrgütern unter Wasser mittels vielfältiger Sensoren ermöglichen.

Im BMBF-geförderten Projekt Bionic RoboSkin sollen die robotischen Mantas eine flexible bionische Sensorhaut erhalten, die es den Unterwassermobilen erlaubt, sich autonom in ihrem jeweiligen Umfeld zurechtzufinden. Die Sensorhaut besteht aus einem Textilverbund als Träger für Sensorelemente und stellt feuchtigkeitsbeständige elektrische Verbindungen für Energieversorgung und Kommunikation bereit. Forschende vom Fraunhofer IZM haben es sich zur Aufgabe ge macht, die integrierten Sensormodule zu entwickeln, dank derer die AUVs sowohl Berührungen und Annäherungen als auch die Exploration der Umgebung erkennen und analysieren können. Das Projektkonsortium wird geleitet von der EvoLogics GmbH und hat neben den Fraunhofer-Expert*innen weitere Fachexpertise vom TITV Greiz, der Sensorik Bayern GmbH, der BALTIC Taucherei- und Bergungsbetrieb Rostock GmbH und der GEO-DV GmbH an Bord. Ihr gemeinsames Ziel: eine neue Robotergeneration schaffen, die den Menschen mit einer Vielzahl von teil- oder vollautomatischen Diensten unterstützen kann.

Aber nicht nur unter Wasser sollen die neuen Roboter das Bauen sicherer machen: Für ein zweites Anwendungsszenario übertragen die Forschenden die Sensorplattform auf einen Bodenroboter, den „Dachs“. Auch dieser soll durch GPS-Systeme gesteuert und mit sogenannten Ground Penetrating Radars ausgestattet unterirdische Metallstrukturen detektieren und Landvermessungen wie teilautonome Geo-Exploration in schwer zugänglichen Bereichen (z. B. Überwachung im Tunnelbau) durchführen.
 
Technisch funktioniert das so: Den Robotern wird eine textile, feuchtedurchlässige und damit druckneutrale Haut verpasst, die darin integrierte Mikroelektronik ermöglicht wiederum die Funktionen von Berührungs-, Positionierungs-, Strömungs- und Bewegungssensorik. Diese Textilhaut wird wie ein Strumpf über die Flügel des Roboters gezogen, sodass diese im Stil der Soft Robotics empfindlich werden. Die Forschungsteams am Fraunhofer IZM sind dabei für die elektronische Hardware zuständig: Sie bauen unterwasserfeste Sensorknoten auf, die die vom Manta gesammelten Daten vorverarbeiten. Diese Sensorknoten müssen nicht nur funktional, sondern auch extrem miniaturisiert sein, um direkt unter der dünnen Textilhaut angebracht und mit elektrischen Leitungen versehen zu werden. Im laufenden Betrieb messen die Sensoren dann Größen wie Beschleunigung, Druck und Feuchtedurchlässigkeit. Zudem haben die Forschenden Leuchtdioden/LEDs im Leiterplattendesign integriert: Durch Aktivieren der Lämpchen kann der Roboter künftig unter Wasser mit Taucher*innen kommunizieren und beispielsweise durch Blinken zeigen, dass er in Kürze abbiegt.

Diese Komponenten und Sensorpackages wurden mit Hilfe einer stark miniaturisierten Einbetttechnologie integriert und mit einem robusten Modulgehäuse von Außeneinwirkungen wie Kälte und Flüssigkeit geschützt. Der sogenannte Footprint des eingebetteten Moduls ist mit 23 x 10,5 x 1,6 mm³ platziert auf einer Dicke von weniger als einer Schlüsselbreite ein komplettes Sensorpackage mit Mikrocontroller, Treiber, Beschleunigungssensor und übernimmt die Vorauswertung der Daten. Gleichzeitig dient das Gehäuse als Vermittler, indem es die mechanische und elektrische Kontaktierung zur Sensorhaut bietet. Bereits beim Designentwurf entschieden sich die Forschenden für einen modularen, zweiteiligen Aufbau: Das Embedding-Modul vereint die einzelnen elektronischen Bauteile auf nur wenigen Millimetern und sorgt für die Höchstintegration; das Sensormodulgehäuse bildet die mechanische Schnittstelle zur Textilhaut und sorgt für die notwendige Robustheit des Aufbaus. Das Verbindungskonzept zwischen Modul und Gehäuse funktioniert nach dem Clip-Prinzip: Durch kleine Pins, die auf der Connector-Boardhälfte der Haut angebracht wurden, und winzige Schnapphaken auf dem Sensormodul wird eine schnell lösbare Schnittstelle geschaffen. Die Modularität des Gesamtsystems ermöglicht eine aufwandfreie Neukonfiguration des Moduls.

Als nächste Schritte folgen erste Testdurchläufe mit dem Robo-Manta. Die Erkenntnisse und Ergebnisse aus Bionic RoboSkin lassen sich in weiteren Projekten einsetzen, um die maritime Sensorik, aber auch andere flexible und mobile Serviceroboter durch druckneutrale und zuverlässige Packaging-Lösungen voranzutreiben und noch smarter zu machen.

Das Projekt Bionic RoboSkin mit dem Förderkennzeichen 16ES0914 wird gefördert vom BMBF via VDI/VDE-IT im Rahmenprogramm der Bundesregierung für Forschung und Innovation 2016-2020 „Mikroelektronik aus Deutschland – Innovationstreiber der Digitalisierung“.

Quelle:

Fraunhofer – Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM

Foto: Pixabay
12.07.2022

Studie zu Click & Collect in der Fashion-Branche

Untersuchung offenbart Handlungsbedarf

Wie gut sind Online- und Filialgeschäft in der deutschen Fashion-Branche verknüpft? Wie reibungslos funktionieren Omnichannel-Modelle wie Click & Collect? Und wie zufriedenstellend ist das für Konsumenten? Diesen Fragen widmete sich das Kölner Unternehmen fulfillmenttools im Rahmen seiner Studie “Click & Collect in der deutschen Fashion-Branche”.

Untersuchung offenbart Handlungsbedarf

Wie gut sind Online- und Filialgeschäft in der deutschen Fashion-Branche verknüpft? Wie reibungslos funktionieren Omnichannel-Modelle wie Click & Collect? Und wie zufriedenstellend ist das für Konsumenten? Diesen Fragen widmete sich das Kölner Unternehmen fulfillmenttools im Rahmen seiner Studie “Click & Collect in der deutschen Fashion-Branche”.

Für die Untersuchung wurden im ersten und zweiten Quartal 2022 rund 80 der größten Fashion-Händler in Deutschland untersucht. Davon boten 22 Unternehmen der Stichprobe Click & Collect als Teil ihres Service-Portfolios an und konnten im Rahmen von Testkäufen detailliert analysiert werden. Der Fokus der Testkäufer lag dabei auf der Durchführung einer Click & Collect-Bestellung über den Online Shop der Händler, dem Einkaufserlebnis bei der Abholung der Ware in den Filialen sowie der Abwicklung des Retourenprozesses. Das Ergebnis: In allen Schritten steckt deutlicher Optimierungsbedarf. Keiner der analysierten Händler ist laut Studie derzeit in der Lage, seinen Kund:innen ein durchgängiges und komfortables Omnichannel-Erlebnis zu bieten.
 
Gerade in der Fashion-Branche profitieren Kund:innen durch Click & Collect vom Service vor Ort und gleichzeitig von dem Komfort des Online Shoppings. Direktes Anprobieren, einfache Rückgaben und keine Versandkosten sind nur eine Auswahl zahlreicher Vorteile. Nicht zuletzt haben die Beschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie die Verbreitung von Click & Collect im Einzelhandel beschleunigt. Aber wie gut klappt das und wie wird es von Kund:innen wahrgenommen? „Es mangelt derzeit noch in der betrieblichen Praxis an Daten, die veranschaulichen, wie gut Click & Collect aus Kundensicht in der Realität umgesetzt wird. Daher haben wir den Status-quo der Click & Collect-Modelle in der deutschen Fashion-Branche genauer untersucht“, so die Projektleiterin Marleen Ratert.

Bei der Untersuchung von rund 80 der größten Fashion-Händler in Deutschland überraschte zunächst, dass lediglich 22 der 80 (27%) untersuchten Händler Click & Collect als Option für ihre Kund:innen in ihrem Serviceportfolio anbieten.

Bei der Analyse und der Bewertung der Unternehmen, die Click & Collect anbieten, standen der gesamte Weg einer Kundenbestellung: Bestellprozess, Kommunikation, Abholung, Retourenabwicklung und Rückerstattung im Fokus.

Positiv hervorzuheben sei, so die Durchführer der Studie, dass der Bestellprozess im Online Shop bei den meisten Fashion-Händlern reibungslos verlaufe. Allerdings zeige die Kundenkommunikation vor, während und nach der Click & Collect-Bestellung insgesamt Mängel auf. Fehlende Bestellbestätigungen sowie nicht vorhandene Informationen über Lieferdauer und Abholzeitpunkt sind hierbei besonders negativ aufgefallen.    
 
Am schlechtesten schnitten die deutschen Fashion-Händler im Bereich Abholprozess ab. Hierbei sorgen insbesondere lange Lieferzeiten, fehlende Servicepoints am Point-of-Sale oder händisch auszufüllende Formulare für Unzufriedenheit bei der Abholung. Im Bereich der Retourenabwicklung fiel primär die fehlende Digitalisierung des Prozesses auf: Bei einem Großteil wird noch mit manuellen Formularen gearbeitet. Die Rückabwicklung der Zahlung im Anschluss verläuft bei der Mehrheit der Fashion-Händler in Deutschland jedoch ohne Probleme.

Monolithische IT-Strukturen, unterschiedliche Lösungen für viele operative Bereiche, traditionelle Prozesse, fehlende Schnittstellen – die Gründe für die Probleme bei der schnellen und einfachen Einführung von Omnichannel-Prozessen sind auf Seiten der Unternehmen vielfältig. Die Ansprüche der Kund:innen sind dagegen in den letzten Jahren rasant gestiegen.

Die Checkliste für erfolgreiche Omnichannel-Händler liefert Tipps und Tricks, um Online- und Offline-Geschäft prozess- sowie kundenorientiert zu optimieren:

ONLINE-BESTELLUNGEN VEREINFACHEN

  • Click & Collect als Service im Online Shop prominent kennzeichnen, um Kund:innen schneller darauf aufmerksam zu machen und Umsatzpotenziale voll auszuschöpfen
  • Verfügbarkeit von Click & Collect-Produkten verbessern

NAHTLOSE IN-STORE EXPERIENCES SCHAFFEN

  • Servicepoints zur Abholung von Bestellungen installieren und als solche deutlich kennzeichnen, um Wartezeiten an der Kasse zu vermeiden und Kund:innen eine bessere Orientierung zu bieten
  • Filialpersonal für Up- und Cross-Selling-Möglichkeiten sensibilisieren, um Zusatzkäufe zu fördern

PROZESSE OPTIMIEREN

  • Online-Bestellungen in der Filiale kommissionieren, um Lieferzeiten deutlich zu beschleunigen und Lieferversprechen problemlos einzuhalten
  • Übergabe- und Rückgabeprozesse digitalisieren, um Abläufe in der Filiale effizienter zu gestalten und Personal zu entlasten
  • Omnichannel-Prozesse selbst regelmäßig testen, um Lücken in der Kommunikation und Optimierungspotenziale aufzudecken

SERVICEQUALITÄT VERBESSERN

  • Prozessbegleitende End-to-End-Kommunikation implementieren, um Kund:innen jederzeit über den Status ihrer Bestellung zu informieren
  • Verschiedene Retourenmöglichkeiten anbieten, um Kundenerwartungen optimal zu erfüllen

Um komplexe Prozesse für Händler zu vereinfachen, Mitarbeiter:innen zu entlasten und Fehler in der Kommissionierung zu vermeiden, gibt es modulare Software-as-a-Service-Lösungen für Fulfillment-Prozesse. Die gesamte Studie steht hier zum Download  zur Verfügung.

Quelle:

fulfillmenttools.com / REWE digital

(c) Vincentz Network GmbH & Co. KG / ALTENPFLEGE
26.04.2022

ALTENPFLEGE 2022: Intelligent ausgestattete Räume für mehr Selbstständigkeit im Alter

Die meisten Menschen möchten im Alter so selbstständig wie möglich leben. Wie Senioren-Einrichtungen mit moderner Raumgestaltung und smarter Ausstattung diesem Bedarf entsprechen, zeigen die Aussteller auf der Branchen-Leitmesse ALTENPFLEGE vom 26. bis 28. April in Essen.

Die Nachfrage nach Angebotsformen wie dem Service-Wohnen steigt. Studien prognostizieren einen Bedarf von rund 540 000 neuen Servicewohneinheiten in den kommenden Jahren. Wie Senioren-Einrichtungen der stark wachsenden Nachfrage mit flexibler Raumgestaltung und digitaler Unterstützung begegnen, gehört zu den großen Trends der diesjährigen 32. Ausgabe der Fachmesse Altenpflege. Zu sehen sind sie in der Sonderschau Aveneo, darunter auch intelligente Systeme für Herdabschaltung, Lichtsteuerung und Raumtemperatur sowie für Sturzsensoren und Notrufe.

Die meisten Menschen möchten im Alter so selbstständig wie möglich leben. Wie Senioren-Einrichtungen mit moderner Raumgestaltung und smarter Ausstattung diesem Bedarf entsprechen, zeigen die Aussteller auf der Branchen-Leitmesse ALTENPFLEGE vom 26. bis 28. April in Essen.

Die Nachfrage nach Angebotsformen wie dem Service-Wohnen steigt. Studien prognostizieren einen Bedarf von rund 540 000 neuen Servicewohneinheiten in den kommenden Jahren. Wie Senioren-Einrichtungen der stark wachsenden Nachfrage mit flexibler Raumgestaltung und digitaler Unterstützung begegnen, gehört zu den großen Trends der diesjährigen 32. Ausgabe der Fachmesse Altenpflege. Zu sehen sind sie in der Sonderschau Aveneo, darunter auch intelligente Systeme für Herdabschaltung, Lichtsteuerung und Raumtemperatur sowie für Sturzsensoren und Notrufe.

Die künftigen Mieter oder Käufer von Service-Wohn-Apartments sind bereit, gezielt in die eigene Lebensumgebung zu investieren (Quelle: Terragon-Studie 2021). Im Vordergrund stehen eine Wohlfühlatmosphäre, ein großes Maß an Sicherheit und die Möglichkeit, bei Bedarf Pflegedienstleistungen in Anspruch zu nehmen. „Dies kann durch eine klug durchdachte Anordnung der Räume innerhalb eines Service-Wohn-Apartments erleichtert werden, in dem man zum Beispiel Bad und Schlafzimmer direkt nebeneinander anordnet und die Wand mit dem Waschbecken drehbar macht“, erläutert Carolin Pauly, Geschäftsführerin von Universal Rooms, die sich als Nahtstelle zwischen den Wünschen der Betreiber und den Produkten im Markt des Service-Wohnens verstehen. „Die Möbel- und Einrichtungsindustrie ist aufgefordert, moderne Kollektionen mit versteckten Produkteigenschaften zu konzipieren, die das Leben im Alter erleichtern“, fordert Pauly. Das könne beispielsweise der in den Waschtisch eingebaute Haltegriff sein oder der mit dem Rollstuhl unterfahrbare Esstisch.

Auch das Lichtmanagement spielt eine wichtige Rolle. Es sollte Wohlbefinden und Geborgenheit vermitteln sowie Orientierung und Sicherheit geben. Gerade altersbedingte Krankheitsbilder stellen hohe Anforderungen an die Beleuchtung. Hier können Lichtsysteme, die den natürlichen Tages- und Nachtrhythmus simulieren, Hilfe schaffen.

Wohnen, Pflegen und Digitalisierung kombinieren
Der Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung (EHS), Bernhard Schneider, sieht „eine individuell und bequem eingerichtete Wohnung, die mit intelligenter Technik viel Sicherheit und Selbstbestimmtheit ermöglicht“, als das Seniorenwohnen der Zukunft an. „Ich bin sicher: In Zukunft werden wir in einem sektorenfreien Setting das Wohnen, die Pflege und Betreuung und die Digitalisierung noch stärker als Bausteine begreifen müssen, die sich je nach Bedarf kombinieren lassen.“

Das fängt laut Schneider mit dem Wohnen an: In einem Pflegeappartement oder einer betreuten Wohnung, in einer Wohngemeinschaft oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnform, in einer Residenz oder einem Generationenprojekt. Alle Wohnformen sollten gut ins Quartier eingebunden sein – dafür braucht es verlässliche, finanzierte Beratungsstrukturen, etwa durch Quartiersmanager. Dazu kommen Pflege, Betreuung und Assistenz, in Form einer Tages- oder Nachtpflege, eines Mobilen Dienstes oder von Ehrenamtlichen. „Und die Technik, etwa durch unser Aladien-System, also mit intelligentem Hausnotruf, Sturzsensoren, Herdabschaltung, Rollläden- und Lichtsteuerung, Video-Tür-Telefonie usw. Perspektivisch wird Aladien sich zum Serviceroboter weiterentwickeln“, prophezeit Schneider.

So seien selbstbestimmtes Leben und soziale Teilhabe auch im Alter möglich. Das sei es, was sich Menschen wünschten: ein angenehmes Wohnumfeld, soziale Kontakte, kulturelle Angebote und die Sicherheit, dass sich jemand kümmert, wenn es erforderlich wird. „Was wir dafür brauchen, ist das politische Bekenntnis im Sinne eines ehrgeizigen Förderprogramms für moderne Wohnformen im Alter“, fordert der EHS-Hauptgeschäftsführer. Damit könne nicht nur der älteren Generation geholfen werden, sondern auch junge Familien könnten profitieren, weil für sie die viel zu großen Wohnungen und Reihenhäuser der älteren Generation frei würden.


ALTENPFLEGE – Messe und Kongress für die Pflegewirtschaft seit 1990
Die traditionsreiche Leitmesse der Pflegewirtschaft fand bisher abwechselnd in Hannover und Nürnberg statt. Ab diesem Jahr wechselt sie zwischen Essen und Nürnberg. Sie umfasst alle Segmente der professionellen Altenpflege: Dienstleistungen und Produkte für Pflege und Therapie, Beruf und Bildung, IT und Management, Ernährung und Hauswirtschaft, Textil und Hygiene sowie Raum und Technik. Der begleitende Fachkongress bildet in mehr als 30 Vortragsblöcken die aktuellen Themen der Branche ab, etwa die Digitalisierung, die Zukunft der professionellen Pflege, die Hospiz- und Palliativversorgung, die Ausbildung oder die neue tarifliche Bezahlung nach dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG).

Foto: Pixabay
12.04.2022

Gestörte Lieferketten: Langfristig helfen nur Nearshoring und digitale Technologien

  • McKinsey-Umfrage: Weltweit investieren zwar über 90 Prozent aller Supply Chain Manager während der Corona-Krise in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten.
  • Doch öfter als geplant erhöhen sie nur die Lagerbestände, statt auf langfristig effektive Maßnahmen wie die Regionalisierung von Zulieferern zu setzen.
  • Nur Gesundheitsbranche setzt bislang konsequent auf Nearshoring und Regionalisierung der Zulieferer

Lieferketten-Manager stehen weltweit unter Druck: Über 90 Prozent investierten zwar während der Corona-Krise, um ihre Lieferketten widerstandsfähiger gegen externe Störungen zu machen. Öfter als geplant jedoch griffen Supply Chain Manager zur Adhoc-Maßnahme, nur die Lagerbestände zu erhöhen. Und auch weniger häufig als geplant setzten sie auf Langfrist-Effekte, indem sie ihre Zuliefererbasis regionalisierten.

  • McKinsey-Umfrage: Weltweit investieren zwar über 90 Prozent aller Supply Chain Manager während der Corona-Krise in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten.
  • Doch öfter als geplant erhöhen sie nur die Lagerbestände, statt auf langfristig effektive Maßnahmen wie die Regionalisierung von Zulieferern zu setzen.
  • Nur Gesundheitsbranche setzt bislang konsequent auf Nearshoring und Regionalisierung der Zulieferer

Lieferketten-Manager stehen weltweit unter Druck: Über 90 Prozent investierten zwar während der Corona-Krise, um ihre Lieferketten widerstandsfähiger gegen externe Störungen zu machen. Öfter als geplant jedoch griffen Supply Chain Manager zur Adhoc-Maßnahme, nur die Lagerbestände zu erhöhen. Und auch weniger häufig als geplant setzten sie auf Langfrist-Effekte, indem sie ihre Zuliefererbasis regionalisierten. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Vergleichsstudie, für welche die Unternehmensberatung McKinsey & Company weltweit über 70 Supply Chain Manager führender Unternehmen befragt hat – 2020 zum ersten Mal und in diesem Jahr erneut. Weitere Ergebnisse: Digitale Technologien kommen heute deutlich häufiger zum Einsatz als zu Beginn der Pandemie, zum Beispiel Echtzeit-Monitoring oder auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Analytik.

Die Umfrage beziffert auch den eklatanten Mangel an IT-Fachkräften im Bereich Supply Management: 2021 verfügten nur ein Prozent der befragten Unternehmen über genügend IT-Fachkräfte. „Im Zuge des Digitalisierungsschubs wird der Bedarf an IT-Qualifikationen noch mehr zum Flaschenhals, als er es ohnehin schon gewesen ist“, berichtet Vera Trautwein, McKinsey-Expertin für Supply Chain Management und Mitautorin der Studie. „Damit nehmen auch die Handlungsspielräume dramatisch ab.“ 2020 hatten immerhin noch zehn Prozent der befragten Supply Chain Manager auf ausreichend Expert:innen mit entsprechendem IT-Know-how in ihren Abteilungen zurückgreifen können. Wie haben die Supply Chain Manager in der Krise konkret agiert? Fast alle Befragten (92 Prozent) haben in die Widerstandsfähigkeit ihrer Lieferketten investiert, 80 Prozent zudem in digitale Supply-Chain-Technologien. Aber während 40 Prozent der Befragten 2020 im ersten „Supply Chain Pulse“ von McKinsey noch ein Nearshoring und den Ausbau ihrer Lieferantenbasis geplant hatten, haben dies schließlich doch nur 15 Prozent auch in die Tat umgesetzt. Stattdessen bauten deutlich mehr Manager als erwartet, 42 gegenüber 27 Prozent, ihre Lagerbestände aus.

Die Vergleichsstudie 2020/21 zeigt auch: Supply Chain Manager haben je nach Branche sehr unterschiedlich in der Krise agiert. Healthcare darf als Vorreiter bei der Regionalisierung der Lieferkette gelten: 60 Prozent der Befragten in der Branche haben, wie von ihnen auch angekündigt, tatsächlich Beschaffung, Produktion und Vertrieb auf eine Region wie Europa oder Nordamerika konzentriert. Dies hatten 2020 auch 33 Prozent der Unternehmen aus der Automobil-, Luft- und Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie angekündigt. Umgesetzt haben dies letztlich nach eigenen Angaben aber nur 22 Prozent. Und das, obwohl mehr als drei Viertel der Supply Chain Manager dieser Maßnahme Priorität eingeräumt hatten. Die Branchen Chemie und Rohstoffe nahmen die wenigsten Veränderungen an ihren Lieferketten vor.

Nach der Krise ist vor der Krise
Über Jahre haben sich die Lieferketten zu einem hochfrequenten sensiblen Organismus entwickelt. Konsequent globalisiert, auf die Schwankungen der Verbraucherwünsche optimiert und mit möglichst geringer Lagerhaltung, um Kosten zu sparen. „Diese Strategie hat die Unternehmen verwundbar gemacht“, stellt McKinsey-Partner Knut Alicke fest. „Und in der Krise wurden eher kurzfristig wirksame Maßnahmen ergriffen.“ Die Folge: Die Lieferketten sind noch nicht widerstandsfähig genug sind, um künftige Störungen zu verhindern. „Für Unternehmen bleibt das Nearshoring der Lieferanten mittel- bis langfristig ein Schlüsselfaktor, um ihre Krisenfestigkeit zu erhöhen.“. Daneben seien Ausbau und Nutzung digitaler Technologien aber die zentralen Faktoren für resiliente Lieferketten.

Der Handlungsdruck ist groß: Massive Störungen der Lieferkette treten durchschnittlich alle 3,7 Jahre und bringen Lieferketten mindestens einen Monat lang aus dem Tritt. Zu diesem Ergebnis kam bereits 2020 eine andere McKinsey-Studie zum Thema Supply Chains mit dem Titel „Risk, resilience, and rebalancing in global value chains“.

Quelle:

McKinsey & Company [Düsseldorf, Deutschland]

05.04.2022

Das klügere Pflaster gibt nach: Verband mit integrierten Medikamenten

Mit einem Verband, der Medikamente freisetzt, sobald eine Infektion in einer Wunde beginnt, ließen sich Verletzungen effizienter behandeln. Empa-Forschende arbeiten derzeit an Polymerfasern, die weich werden, sobald sich die Umgebung aufgrund einer Infektion erwärmt, und dadurch ein keimtötendes Mittel abgeben.

Ob eine Wunde unter dem Verband problemlos verheilt oder Bakterien in das verletzte Gewebe eindringen und eine Entzündung entfachen, lässt sich von außen nicht erkennen. Sicherheitshalber werden also desinfizierende Salben oder Antibiotika auf der Wunde verteilt, bevor ein Verband angelegt wird. Diese vorbeugenden Maßnahmen sind aber nicht in jedem Fall notwendig. So werden Medikamente verschwendet und Wunden «übertherapiert».

Mit einem Verband, der Medikamente freisetzt, sobald eine Infektion in einer Wunde beginnt, ließen sich Verletzungen effizienter behandeln. Empa-Forschende arbeiten derzeit an Polymerfasern, die weich werden, sobald sich die Umgebung aufgrund einer Infektion erwärmt, und dadurch ein keimtötendes Mittel abgeben.

Ob eine Wunde unter dem Verband problemlos verheilt oder Bakterien in das verletzte Gewebe eindringen und eine Entzündung entfachen, lässt sich von außen nicht erkennen. Sicherheitshalber werden also desinfizierende Salben oder Antibiotika auf der Wunde verteilt, bevor ein Verband angelegt wird. Diese vorbeugenden Maßnahmen sind aber nicht in jedem Fall notwendig. So werden Medikamente verschwendet und Wunden «übertherapiert».

Schlimmer noch: Der verschwenderische Umgang mit Antibiotika fördert die Entstehung von multiresistenten Keimen, die ein immenses Problem der globalen Gesundheitsversorgung darstellen. Empa-Forschende der beiden Empa-Labore «Biointerfaces» und «Biomimetic Membranes and Textiles» in St. Gallen wollen dies ändern. Sie entwickeln einen Verband, der selbstständig nur dann antibakterielle Medikamente verabreicht, wenn sie auch wirklich benötigt werden.

Die Idee des interdisziplinären Teams um Qun Ren und Fei Pan: Der Verband sollte mit Medikamenten «beladen» sein und zudem auf Umweltreize reagieren. «Auf diese Weise könnten Wunden präzise und im richtigen Moment behandelt werden», erklärt Fei Pan. Als Umweltreiz suchte sich das Team einen bestens bekannten Effekt aus: den Temperaturanstieg in einer infizierten, entzündeten Wunde.

Nun hiess es für das Team, ein Material zu designen, das auf diesen Temperaturanstieg passend reagieren würde. Hierzu wurde ein hautverträglicher Polymer-Verbundstoff aus mehreren Komponenten entwickelt: Acrylglas (Polymethylmethacrylat, kurz PMMA), das beispielsweise für Brillengläser und in der Textilindustrie verwendet wird, und Eudragit, ein bioverträgliches Polymergemisch, mit dem beispielsweise Tabletten überzogen werden. Mittels Elektrospinnen liess sich das Kunststoffgemisch zu einer feinen Membran aus Nanofasern verarbeiten. Als medizinisch wirksame Komponente konnte schliesslich Octenidin in die Nanofasern eingekapselt werden. Octenidin ist ein Desinfektionsmittel, das schnell gegen Bakterien, Pilze und manche Viren wirkt. In der Medizin kann es auf der Haut, auf Schleimhäuten und zur Wunddesinfektion verwendet werden.

Entzündungszeichen als Trigger
Bereits in der Antike beschrieb der griechische Arzt Galen die Anzeichen einer Entzündung. Noch heute besitzen die fünf lateinischen Fachbegriffe ihre Gültigkeit: Dolor (Schmerz), Calor (Erwärmung), Rubor (Rötung), Tumor (Schwellung) und Functio laesa (eingeschränkte Funktion) stehen für die klassischen Hinweise auf eine Entzündung. Bei einer infizierten Hautwunde kann die lokale Erwärmung bis zu fünf Grad ausmachen. Dieser Temperaturunterschied lässt sich als Trigger nutzen: Geeignete Materialien verändern in diesem Bereich ihre Konsistenz und können therapeutische Substanzen freisetzen.

Zersplitternder Handschuh
«Damit die Membran als "smarter Verband" wirkt und das Desinfektionsmittel auch tatsächlich freisetzt, wenn sich die Wunde aufgrund einer Infektion erwärmt, haben wir das Polymergemisch aus PMMA und Eudragit so zusammengestellt, dass wir die Glasübergangstemperatur passend einstellen konnten», sagt Empa-Forscher Fei Pan. Dabei handelt es sich um die Temperatur, bei der ein Kunststoff von einer festen Konsistenz in einen gummig-zähen Zustand wechselt. Bildlich beschrieben wird der Effekt gerne in umgekehrter Weise: Legt man einen Gummihandschuh in flüssigen Stickstoff bei minus 196 Grad, ändert er seine Konsistenz und wird so hart, dass man ihn mit einem Schlag wie Glas zersplittern lassen kann.

Die gewünschte Glasübergangstemperatur der Polymermembran hingegen lag im Bereich von 37 Grad. Wenn eine Entzündung vorliegt und sich die Haut über ihre normale Temperatur von 32 bis 34 Grad hinaus erwärmt, wechselt das Polymer von seinem festen in einen weicheren Zustand. In Laborexperimenten konnte das Team beobachten, wie das Desinfektionsmittel bei 37 Grad aus dem Polymer freigesetzt wird, nicht jedoch bei 32 Grad. Ein weiterer Vorteil: Der Prozess ist reversibel und kann bis zu fünf Mal wiederholt werden, da sich der Vorgang bei Abkühlung immer wieder von selbst «abschaltet». Nach diesen erfolgreichen Tests möchten die Empa-Forschenden nun das Feintuning des Effekts angehen. Statt eines Temperaturbereichs von vier bis fünf Grad soll der smarte Verband sich dann bereits bei kleineren Temperaturunterschieden an- und abschalten.

Smart und schonungslos
Um die Wirksamkeit der Nanofaser-Membranen gegenüber Wundkeimen zu untersuchen, stehen nun weitere Laborexperimente an. Teamleiterin Qun Ren befasst sich seit Langem mit Keimen, die sich in den Grenzschichten zwischen Oberflächen und der Umwelt einnisten, wie etwa auf einer Hautwunde. «In diesem biologischen Setting, einer Art Niemandsland zwischen Körper und Verbandsmaterial, finden Bakterien eine perfekte biologische Nische», so die Empa-Forscherin. Infektionserreger wie Staphylokokken oder Pseudomonas-Bakterien können hier schwere Wundheilungsstörungen verursachen. Genau diese Wundkeime liess das Team in der Petrischale Bekanntschaft mit dem smarten Verband machen. Und tatsächlich: Die Zahl der Bakterien verringerte sich um den Faktor 1000, wenn Octenidin aus dem smarten Verband freigesetzt wurde. «Mit Octenidin ist uns ein "Proof of Principle" für die kontrollierte Medikamentenfreisetzung durch einen externen Reiz gelungen», so Qun Ren. Künftig lasse sich die Technologie auch für andere Arten von Medikamenten einsetzen, wodurch die Effizienz und Präzision bei deren Dosierung gesteigert werden könnte.

Der smarte Verband
In interdisziplinären Teams arbeiten Empa-Forschende an verschiedenen Ansätzen zur Verbesserung der medizinischen Wundbehandlung. Beispielsweise sollen flüssige Sensoren durch Farbumschlag an der Aussenseite des Verbands sichtbar machen, wenn eine Wunde schlecht verheilt. Als Biomarker dienen hierbei kritische Glukose- und pH-Werte.

Damit bakterielle Infektionen direkt in der Wunde bekämpft werden können, arbeiten die Forschenden zudem an einem Polymerschaum, der mit entzündungshemmenden Substanzen beladen ist und an einer hautfreundlichen Membran aus Pflanzenmaterial. Die Cellulose-Membran ist mit antimikrobiellen Eiweissbausteinen ausgestattet und tötet in Labortests Bakterien äusserst effizient ab.

Zudem kann die Digitalisierung bei der Wundversorgung sparsamere und effizientere Dosierungen erreichen: Empa-Forschende entwickeln digitale Zwillinge der Haut, die die Steuerung und Vorhersage des Therapieverlaufs mittels Modellierung in Echtzeit erlauben.

Informationen
Prof. Dr. Katharina Maniura
Biointerfaces  
Tel. +41 58 765 74 47
Katharina.Maniura@empa.ch

Prof. Dr. René Rossi
Biomimetic Membranes and Textiles
Tel. +41 58 765 77 65
Rene.rossi@empa.ch

Quelle:

EMPA, Andrea Six

(c) Messe Düsseldorf / ctillmann
26.10.2021

A+A 2021: Restart für Fachmessen in Düsseldorf

  • Weltleitmesse für sicheres und gesundes Arbeiten bietet die zentrale Plattform für den persönlichen Austausch der Branche

Der verantwortungsvolle Umgang mit den Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist durch die Pandemie noch einmal mehr in den Fokus von Gesellschaft und Politik gerückt. Auf der A+A 2021, die am 26.10.2021 beginnt, stehen diese Themen schon seit ihrer Premiere im Zentrum. Unter dem Motto „Der Mensch zählt“ präsentiert die A+A 2021 vom 26. bis 29. Oktober alles rund um Persönlichen Schutz, Betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Mehr als 1.200 Aussteller aus 56 Nationen präsentieren sich den Fachbesuchern in 10 Hallen auf dem Düsseldorfer Messegelände.

  • Weltleitmesse für sicheres und gesundes Arbeiten bietet die zentrale Plattform für den persönlichen Austausch der Branche

Der verantwortungsvolle Umgang mit den Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist durch die Pandemie noch einmal mehr in den Fokus von Gesellschaft und Politik gerückt. Auf der A+A 2021, die am 26.10.2021 beginnt, stehen diese Themen schon seit ihrer Premiere im Zentrum. Unter dem Motto „Der Mensch zählt“ präsentiert die A+A 2021 vom 26. bis 29. Oktober alles rund um Persönlichen Schutz, Betriebliche Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Mehr als 1.200 Aussteller aus 56 Nationen präsentieren sich den Fachbesuchern in 10 Hallen auf dem Düsseldorfer Messegelände.

„Die Vorfreude auf die Messe war groß. In diesem Jahr haben wir den persönlichen Austausch mit der Branche ganz besonders herbeigesehnt. Das gute Ausstellerfeedback bestätigt, dass die Akteure des beruflichen Gesundheitsschutzes sich eine Live-Plattform wünschen. Und wir liefern mit der A+A, was nur eine Messe bieten kann. Taktil erfahrbare Produktpräsentationen und Innovationen sowie geplante und zufällige Begegnungen mit der ganzen Branche,“ so Birgit Horn, Project Director A+A.

Spannende Themen und Best Practices auf dem A+A Kongress
Parallel zur A+A Fachmesse behandelt der 37. Internationale Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zahlreiche aktuelle Themen und Herausforderungen der Arbeitsschutz-Fachszene. Er wird organisiert von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (Basi). In mehr als 25 Veranstaltungsreihen werden fundiertes Fachwissen und aktuelle politische Themen für alle Akteure in Sachen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit vermittelt und intensiv diskutiert, vor Ort und teils zusätzlich digital. „Schon die Eröffnungsveranstaltung wird interessant. Sozialpartner und andere Stakeholder diskutieren über die Auswirkungen der Pandemie für den Arbeitsschutz und die jetzt beginnende Rückkehr ins ‚Neue Normal‘“, sagt Basi Geschäftsführer Dr. Christian Felten.

Renommierte Expertinnen und Experten aus dem Arbeitsschutz geben beim A+A Kongress Antworten auf zentrale Fragen wie etwa: Wie wirkt sich die Digitalisierung der Arbeit auf Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten aus? Wie berate ich als Fachkraft für Arbeitssicherheit Unternehmen und Beschäftigte dazu? Wie soll man dezentrale Arbeitsorte sicher und gesund managen? Wie bestimmt man das gesunde Gleichgewicht zwischen mobiler und stationärer Arbeit? Welcher betriebliche Präventionsbedarf ergibt sich bei Muskel-Skelettbelastungen und was ist der aktuelle Präventionsbedarf bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen und bei Biostoffen? Dazu und zu zahlreichen weiteren Themen gibt es viele interessante Veranstaltungen, weitere Informationen dazu finden sich unter www.basi.de/kongress.

Trendthemen der A+A 2021
Digitale Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit bestimmen die aktuelle Diskussion und werden die Zukunft der Arbeit weiterhin stark beeinflussen. Neben diesen beiden Megatrends der A+A 2021 liegt der Fokus im Rahmenprogramm auf den Lösungen für die Zukunft (Future Solutions), neuen Arbeitswelten (New Work) und dem Thema Hygiene und Pandemie.

A+A Live: Sicheres und gesundes Arbeiten mit allen Sinnen erleben
Best Practices unter Anwendung modernster Produkte und Verfahren werden unter dem Label „A+A live“ im Trendforum, dem Themenpark Betrieblicher Brandschutz und Notfallmanagement, dem Robotics Park und der Start UP Zone vermittelt.

In Halle 10 finden die Fachbesucher mit dem Treffpunkt Sicherheit und Gesundheit das Kompetenzzentrum für alle Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Hier präsentieren sich die Mitglieds- und Partnerorganisationen der Basi.

Ebenfalls in Halle 10 verortet liegt der Robotics Park. Dieser ist unterteilt in den Self Experience Space und den Exoworkathlon. Partner des Robotics Park ist das Fraunhofer IPA aus Stuttgart.
Im Self Experience Space präsentieren sich folgende Hersteller von Exoskelett-Lösungen, die von den Besuchern selbst ausprobiert werden können: Ottobock SE & Co. KGaA, Japet Medical Devices SAS, Iturri, German Bionic Systems GmbH, Ergoschutz GmbH, suitX Inc., hTRIUS GmbH, Levitate Technologies Inc. und Laevo B.V.

Der Exoworkathlon ist eine Live-Studie des Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) und des Institute for Industrial Manufacturing and Management der Universität Stuttgart (IFF), bei der junge Probanden (Auszubildende und Technikerschüler) einmal mit und einmal ohne Exoskelett einen Parcours durchlaufen. Die Daten, die beim Exoworkathlon erhoben werden, dienen dazu, wissenschaftlich zu evaluieren, inwieweit diese Exoskelette die Muskel- und Skelettbelastungen verringern und die Leistungsfähigkeit erhöhen.

In Halle 4 werden im Trend Forum Fachvorträge zu den Themen Digitalisierung + Sicherheit, Digitalisierung + Gesundheit, Nachhaltigkeit, Schutz und Hygiene sowie sicherer Umgang mit Gefahrstoffen einen Einblick in aktuelle Entwicklungen geben.

In Halle 5 liegt die Corporate Fashion Lounge. Hier können sich die Fachbesucher über die neuesten Trends im Bereich der modischen Berufsbekleidung informieren und erleben, wie vielfältig moderne Arbeitskleidung heute ist. Gleichzeitig gibt die Lounge einen Ausblick auf die zukünftige Rolle, die das Thema Corporate Fashion ab der A+A 2023 in der Fachmesse einnehmen wird.

In Halle 6 finden die Fachbesucher die Aktionsfläche Betrieblicher Brandschutz und Notfallmanagement, organisiert vom Bundesverband Betrieblicher Brandschutz / Werkfeuerwehrverband Deutschland (WFVD). In mehreren Live-Vorführungen wird der Einsatz von Chemikalienschutzanzügen (CSA) beim Austritt von giftigen Substanzen bei einem Unfall simuliert und die richtige Prävention demonstriert.

Weitere Informationen:
A+A
Quelle:

Messe Düsseldorf

(c) CHT Group
22.06.2021

CHT: „We are hiring.“ Personalpolitik in Zeiten der Pandemie und des Fachkräftemangels

Die CHT Gruppe ist eine weltweit operierende Unternehmensgruppe für Spezialitätenchemie. Seit mehr als 65 Jahren ist sie in verschiedensten Industriebereichen und Märkten tätig. Innovative und hochwertige Spezialchemikalien neben überzeugenden Serviceleistungen gehören ebenso zum Portfolio wie chemische Hilfsmittel und Additive.

Textination sprach mit Kurt Speckle [Head of Technischer Service Dyestuffs] und Ursula Häberli [Head of Human Resources] speziell für den Bereich Textile Solutions über die Herausforderungen einer erfolgreichen Personalpolitik in so besonderen Zeiten wie einer Pandemie und des Fachkräftemangels.

Die CHT Gruppe ist eine weltweit operierende Unternehmensgruppe für Spezialitätenchemie. Seit mehr als 65 Jahren ist sie in verschiedensten Industriebereichen und Märkten tätig. Innovative und hochwertige Spezialchemikalien neben überzeugenden Serviceleistungen gehören ebenso zum Portfolio wie chemische Hilfsmittel und Additive.

Textination sprach mit Kurt Speckle [Head of Technischer Service Dyestuffs] und Ursula Häberli [Head of Human Resources] speziell für den Bereich Textile Solutions über die Herausforderungen einer erfolgreichen Personalpolitik in so besonderen Zeiten wie einer Pandemie und des Fachkräftemangels.

Die Abteilung Technischer Service Farbstoffe, die der seit 32 Jahren für CHT tätige Kurt Speckle leitet, umfasst gegenwärtig 16 Personen. Sie besteht aus einem Technikerstab, der Kunden weltweit in Form von technischer Beratung, Betriebsversuchen vor Ort, Vorträgen und bei der Erstellung von Präsentationen betreut, sowie einem Laborteam, das Anfragen zu Farbeinstellungen, Problemlösungen, Echtheiten etc. bearbeitet. Je nach Kundenanfrage sind beide Abteilungen Hand in Hand gemeinsam tätig.

Das Know-how und das Herz des Technikerstabes bilden sechs Personen, alle 50+, die Kurt Speckle mit einem Schmunzeln auch als „textile Dinosaurier“ bezeichnet. Parallel werden junge Techniker mit Betriebserfahrung aufgebaut, um an größere Aufgaben herangeführt zu werden. Unterstützend wirkt dabei die Lehrlingsausbildung für Textillaboranten in der CHT SWITZERLAND AG.

Als weltweit operierende Unternehmensgruppe für Spezialitätenchemie ist die CHT Gruppe seit über 65 Jahren in zahlreichen Industriebereichen und Märkten von 20 Ländern unterwegs. Die CHT Switzerland AG wird dieses Jahr 50 Jahre alt und ist weltweit das Kompetenzzentrum für Farbstoffe. Wie kommt es, dass eine so gute Marktstellung bei den Farbstoffen aufgebaut und erhalten werden konnte?

Kurt Speckle: Neben dem qualitativen Niveau unserer Produkte und der breiten Range mit mehr als 700 Produkten, die die unterschiedlichsten qualitativen Anforderungen der heutigen Kunden abdecken, bietet die CHT Switzerland auch einen ausgezeichneten technischen Service für die Produktanwendung. Dieser weltweit bekannte Zusatz-Service macht uns für Kunden interessant und bringt uns weltweit Anfragen. Kundenspezifische Problemlösungen aus unserem Labor in die Produktion zu übertragen, ist einer der Schlüssel zu unserem Erfolg.

Im Unternehmensbereich Textile Solutions haben Sie verschie¬denste Spezialchemikalien und Farbstoffe für die Textilproduk¬tion im Portfolio. In welche Richtung der Farbstoffchemie bewegt sich aus Ihrer Sicht aktuell die Textilindustrie - welche Trends sehen Sie? Was bedeutet das für Ihr Produktangebot?

Kurt Speckle: Eine der Herausforderungen ist, heute die richtige Farbstoffgamme für den gewünschten Einsatzzweck zu finden. Wir haben in den letzten Jahren das Sortiment stetig den neuen Bedürfnissen und Anforderungen angepasst. Neben diesen technischen Spezifikationen wird die gesamte textilveredelnde Industrie auch laufend mit neuen ökologischen und toxikologischen Gesetzesanforderungen konfrontiert. Das Textil und auch technische Textilien müssen nicht nur bestimmte Echtheiten erfüllen, sondern auch den unzähligen Label-Anforderungen entsprechen. REACH und viele Labels führen zu stetigen Anpassungen im Farbstoff-Finish, damit die Produkte dem neuesten Stand der Technik entsprechen.

Wie funktioniert eine optimale Teamarbeit im Farbstoff-Team, und wie können Sie sicherstellen, dass das langjährige erarbeitete Wissen und die viele Jahre umfassende Erfahrung weitergegeben werden?

Kurt Speckle: Erfahrungsaustausch funktioniert bei Personen mit praktischer Erfahrung. Nur darauf kann aufgebaut und neue Informationen dahingehend abgespeichert werden. Wir bedienen uns und kommunizieren auf einem gemeinsamen Laufwerk. Auch eine rege verbale Kommunikation ist hierfür unumgänglich. Eigene Versuche im Labor und auch in der Produktion bei Kunden bilden den eigentlichen Erfahrungsschatz unserer Mitarbeiter.

Wir beobachten verschiedene Megatrends, die durch die Pandemie eine neue Wendung genommen haben und die auch Ihre Kunden in der Textilindustrie unmittelbar berühren: Neo-Ökologie, Konnektivität und Digitalisierung, Gesundheit - um nur einige zu nennen. Inwiefern fordert Sie das als Dienstleister für Ihre Kunden und als Arbeitgeber? Gibt es ein verändertes Anforderungsprofil an Ihre Mitarbeiter?
 
Kurt Speckle: Durch den Wegfall der Reisen und den direkten Kundenkontakte hat sich das Arbeitsbild natürlich geändert. Aufgrund der Erfahrungspotentials können aber viele Problemanfragen über die verschiedensten Kommunikationsmöglichkeiten bearbeitet und gelöst werden. Als nachhaltiges und auf Dauer eingeführtes System ist das aber nicht zu sehen. Erfahrung und Weiterentwicklung können nur durch Praxisversuche auf den unterschiedlichsten Maschinen zu unterschiedlichsten Bedingungen und mit unseren Farbstoffen erfolgen.

In welchen Ausbildungsbereichen – gleich ob Studium oder Berufsausbildung – sehen Sie Nachbesserungsbedarf in den Lehrplänen? Bringen Berufseinsteiger für Ihr Unternehmen das nötige Rüstzeug mit, oder müssen Sie in grundlegenden Anforderungsbereichen nachqualifizieren?

Ursula Häberli: Wir bilden unseren zukünftigen Fachkräftepool intern aus. Dazu haben wir jedes Jahr einige Lernende als Textile- und Chemielaboranten, denen wir im Anschluss eine fixe Anstellung anbieten. Die Ausbildung an der Berufsschule und in den Vertiefungskursen ist hervorragend. Die Lernenden werden in vielen verschiedenen Bereichen gefordert. Die Textillaboranten machen genau dieselbe Ausbildung wie die Chemielaboranten, haben aber zusätzlich noch 240 Lektionen Textilunterricht und Textilkurse. Textillaboranten benötigen inzwischen ein sehr umfangreiches, fundiertes und breites Fachwissen. Die Textilindustrie entwickelt sich rasant und so kommen stetig - zu dem bereits sehr breiten Basisfachwissen - neue, komplexe Inhalte dazu. Auch unterstützen wir tatkräftig bei Weiterbildungen zum Beispiel zum BSc Design & Technology an der Schweizerischen Textilfachschule. Diese Ausbildung ist breit fundiert und verschafft den Mitarbeitenden gutes Fachwissen und verschiedene zusätzliche essenzielle Kompetenzen.

Was sagen Sie zur Personalsituation bei CHT im Allgemeinen? Können Sie alle Stellen besetzen? Wen suchen Sie aktuell besonders dringend?

Ursula Häberli: Unsere langjährige Marktpräsenz und der gute Ruf, den wir mit unserem Ansatz „Customer First“ über 50 Jahre aufgebaut haben, hilft uns immer wieder, Talente anzusprechen. Zurzeit suchen wir eine Person als Textiltechniker/in Farbstoff für das BU Dyestuffs. Hier planen wir frühzeitig die Nachfolgeregelung eines Textil-Dinosaurier, der im 2022 in Pension gehen darf. Und für das Garment Team suchen wir ebenfalls einen/eine Textiltechniker/in.

Der Garment-Bereich ist ein textiles Spezialgebiet, das in den letzten 10 Jahren vermehrt in Ost-Länder verlagert wurde. Deshalb wird die Suche sicher eine Herausforderung sein.

Sie haben für CHT unter https://career-switzerland.cht.com ein Karriereportal für das Unternehmen aufgebaut. Darin sprechen Sie direkt verschiedene Zielgruppen an: Lernende, Studierende, Berufseinsteiger und Berufserfahrene. Welche Rolle spielen in der Unternehmensgruppe die „alten Hasen“?

Ursula Häberli: Die alten Hasen heißen bei uns ab und an auch einmal „Dinosaurier“ – Textiler wie sie, mit einer oftmals lebenslangen Karriere in der textilen Welt, sind rar, pessimistisch gesehen: am Aussterben. Doch Spaß beiseite: Die alten Hasen sind enorm wichtig. Es liegt an ihnen, ihr Wissen aktiv an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Das funktioniert schon sehr gut im Alltag. Das Farbstoff-Team – inklusive Chef - sitzt bewusst gemeinsam in einem großen Raum, damit viel mitgehört und ausgetauscht werden kann. Kürzlich hat das Team die „Textile Lunches“ gestartet. Das sind kurze knappe Learning Nuggets, um Wissen und Erfahrung weiterzugeben.

Employer Branding scheint seit einiger Zeit das Zauberwort zu sein. Man schaffe eine attraktive Arbeitgebermarke, stelle Stärken wie offene Unternehmenskultur, transparente Kommunikation, Verantwortung für den eigenen Bereich und Mitarbeiterbenefits ins Zentrum – und alle Stellen sind schnellstens besetzt. Was hält CHT von Employer Branding, welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht, und welche speziellen Angebote bieten Sie Interessenten an?

Ursula Häberli: Mit der Karriereseite https://career-switzerland.cht.com haben wir bewusst ein nach außen gerichtetes modernes Tool gewählt, um unseren Employer Brand zu stärken. CHT Ambassadors erzählen ihre Stories und machen damit Stellensuchenden Lust – oder auf Schweizerisch „gluschtig“, bei uns mitanzupacken und die Zukunft zu gestalten. Was ebenfalls ein großes Plus ist: Der Arbeitsort liegt in einer wunderbaren Landschaft mit hohem Freizeitwert, nah dem Bodensee und einer beeindruckenden Berglandschaft, wo sich unsere Mitarbeiter gerne bewegen.

Seit einiger Zeit tritt die CHT Unternehmensgruppe unter einem neuen Claim auf: Chemistry with Character. Entstanden ist diese Aussage für Marketingzwecke, aber sie sagt sicherlich auch etwas über das Unternehmen aus. Was bedeutet dieser Claim konkret für Ihre Personalpolitik? Wer ist bereits bei Ihnen im Team? Wen suchen Sie? Und wie sehr dürfen Mitarbeiter Ecken und Kanten haben?

Ursula Häberli: Wir suchen Macher mit hohen Teamplayer-Qualitäten. Das zeichnet uns aus und macht uns fit für die Zukunft. Wir bieten ein äußerst spannendes Aufgabengebiet, welches ein hohes Maß an Eigenverantwortung, Initiative und Kreativität verlangt. Wir sind stolz am Standort Montlingen das Kompetenzzentrum für Farbstoffe zu sein – einer der wenigen Betriebe im geografischen Raum Ostschweiz / Vorarlberg / Süddeutschland, den es noch gibt und noch lange geben wird.


Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

Foto: pixabay
13.04.2021

KPMG-Studie in Kooperation mit EHI: Fashion 2030

Der Modehandel kann seit Jahren ein zwar überschaubares, aber stetiges Umsatzwachstum aufweisen. Allerdings wird dabei der Umsatzanteil des Onlinehandels deutlich stärker und folgerichtig der des stationären Handels immer schwächer. Bereits in 10 Jahren wird der Mode-Onlinehandel einen ebenso hohen Marktanteil aufweisen wie Modegeschäfte vor Ort, so eines der Ergebnisse der Studie „Fashion 2030 – Sehen, was morgen Mode ist“ von KPMG in Kooperation mit dem EHI. „Für den Handel bedeutet der Umsatzrückgang im stationären Bereich, dass er seine stationären Flächen reduzieren muss“, so Marco Atzberger, Geschäftsleitung EHI. Ein Dilemma, denn der Großteil der Kundschaft bevorzugt trotz aller Online-Alternativen das Modegeschäft vor Ort für seinen Einkauf.

Der Modehandel kann seit Jahren ein zwar überschaubares, aber stetiges Umsatzwachstum aufweisen. Allerdings wird dabei der Umsatzanteil des Onlinehandels deutlich stärker und folgerichtig der des stationären Handels immer schwächer. Bereits in 10 Jahren wird der Mode-Onlinehandel einen ebenso hohen Marktanteil aufweisen wie Modegeschäfte vor Ort, so eines der Ergebnisse der Studie „Fashion 2030 – Sehen, was morgen Mode ist“ von KPMG in Kooperation mit dem EHI. „Für den Handel bedeutet der Umsatzrückgang im stationären Bereich, dass er seine stationären Flächen reduzieren muss“, so Marco Atzberger, Geschäftsleitung EHI. Ein Dilemma, denn der Großteil der Kundschaft bevorzugt trotz aller Online-Alternativen das Modegeschäft vor Ort für seinen Einkauf.

Textilien, Medien und Elektroartikel sind die bisher am meisten online gekauften Kategorien. Auch für die Zukunft schätzen Konsumenten Onlineshopping in diesen Kategorien als besonders attraktiv ein, wobei auch ein Onlinekauf von Möbeln, Drogerie- und Baumarktartikeln auf deutliches Interesse trifft.

Mit 16,5 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaftet der Onlinemodehandel in 2020 bereits 25 Prozent des gesamten Modeumsatzes von rund 66 Mrd. Euro. Diesen Anteil wird er in den nächsten zehn Jahren verdoppeln, erwarten die Experten von KPMG und EHI. Die prognostizierten 79,2 Mrd. Euro Jahresumsatz in 2030 sollen zu gleichen Teilen auf Online und stationäre Geschäfte entfallen. Um sich hier richtig zu positionieren, stehen dem Textilhandel neben Flächenreduktionen auch strategische Veränderungen in puncto Nachhaltigkeit und Digitalisierung bevor. Konzepte wie Kreislaufwirtschaft (Recycling) oder auch Re-Commerce (Secondhand) gehören ebenso zu den Ansprüchen der Kundschaft wie ein nahtloses (Kanal-unabhängiges) Einkaufserlebnis oder eine gezielte Kundenansprache.

Online-Informationsquellen werden für Kunden immer wichtiger. Das Umsehen im Geschäft bleibt aber bis auf Weiteres die zentrale Informationsquelle beim Einkauf. Eine Ausnahme ist jedoch bei Elektroartikeln zu beobachten – die unabhängige Meinung von Testberichten stellt hier die wichtigste Informationsbasis dar.

Flächenreduktion
Da der Marktanteil des Online-Modehandels stärker steigt als der des gesamten Modemarktes, wird es zu einem Schereneffekt für den stationären Bekleidungseinzelhandel kommen – sofern sich nicht entscheidende Parameter wie Ladenmieten ändern. Den Fixkostenanteil im stationären Bereich dauerhaft zu senken, kann zu einer Harmonisierung beider Vertriebskanäle führen und massive Kannibalisierungseffekte verhindern, so die Studienautoren. Die Verkleinerung der Handelsflächen wird Kaufhäuser und mehrgeschossige Formate am stärksten treffen. Die Interviews mit Handelsexperten zeigen, dass der Handel bis zum Jahr 2030 eine Flächenreduktion von etwa 50 Prozent erwartet und antizipiert in der Spitze Schrumpfungen von bis zu 70 Prozent. Die aktuelle Krise bietet dem Modehandel aber auch ein größeres Angebot an attraktiven Mietflächen und damit die Chance, sich durch eine strategische Bereinigung der eigenen Filialnetze, eine Flächenanpassung und eine zielgruppengenaue Ausdifferenzierung der Konzepte – in Verbindung mit smarten digitalen Lösungen – zukunftsfähig aufzustellen.

Multi-Channel-Ansätze nehmen weiter zu. Der stationäre Einzelhandel wird auf der einen Seite verstärkt ins Onlinegeschäft einsteigen, auf der anderen Seite ist zu beobachten, dass die Eröffnung eigener lokaler Geschäfte durch bisher reine Onlinehändler zunimmt.

Einkaufserlebnis
Für ein gelungenes Shoppingerlebnis müssen die Innenstädte vital und attraktiv sein und sollten Entertainment bieten. All das verlangt eine Kooperation aller beteiligten Akteure vor Ort und die Zusammenarbeit mit einer konzeptionell ausgerichteten Stadtentwicklung. Um die individuelle Kundentreue zu erhöhen und echtes Vertrauen aufzubauen, muss der Modehandel stärker in Emotionalität investieren und IT-Lösungen nutzen. Ob im Laden oder im Netz, die Kundschaft wünscht ein zielgruppengerechtes und nahtloses Einkaufserlebnis, was für Handelsunternehmen bedeutet, die Systeme geschickt miteinander zu verknüpfen. Auch die Verfügbarkeit und das Auffinden von Kleidungsstücken in der eigenen Größe spielen eine erhebliche Rolle im stationären Modehandel. So geben jeweils 42 Prozent der Kundschaft an, dass sie öfter stationär einkaufen würden, wenn dies gesichert wäre.

Schon heute kann in bestimmten Regionen und Aufgabenbereichen ein handfester Mangel an qualifiziertem Personal beobachtet werden. Dies dürfte sich in Zukunft weiter verschärfen. Eigene Qualifizierungsmaßnahmen des Handels werden zunehmen, eine Imageverbesserung der Branche ist erforderlich.

Bei aller technologischer Unterstützung: Der Mensch bleibt wichtigster Faktor im Handel, hierüber sind sich 88 Prozent einig. Für 60 Prozent der Konsumenten werden Begegnungen mit Menschen in einem Ladengeschäft zunehmend wichtig.

Nachhaltigkeit
Für fast die Hälfte der befragten Konsumenten (46 Prozent) ist Nachhaltigkeit heute schon ein lohnendes Konzept. Dazu zählen auch Re-Commerce und Second Hand. 34 Prozent der Kundschaft kaufen bereits gebrauchte Kleidung, weitere 28 Prozent können es sich vorstellen. Anlassbezogen kann sich ein Großteil zudem vorstellen, Kleidung zu leihen. Der Trend Secondhand-Kleidung hat das Potenzial, in den kommenden zehn Jahren einen Marktanteil von bis zu 20 Prozent auf sich zu vereinen und damit zu einem signifikanten Marktsegment im Fashionhandel aufzusteigen. Wesentliche Treiber sind neben der Nachhaltigkeitsdebatte die Digitalisierung vom „Secondhand-Geschäft um die Ecke“ sowie die großen Onlinemodeplattformen, die diesen Markt für sich entdecken und damit die Modelle temporärer Nutzung immer stärker ins Bewusstsein der Konsumenten bringen.

Gesetze und Verordnungen sowie zunehmender Druck durch Stakeholder haben zur wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit beigetragen. Der Konsumgütersektor misst jedoch dem Aspekt, einen Reputationsgewinn durch eine Nachhaltigkeitsstrategie erzielen zu können, stärkere Bedeutung bei als andere Branchen.

Beim Thema Kreislaufwirtschaft bzw. Recycling von Rohstoffen aus gebrauchter Kleidung engagieren sich viele Unternehmen bereits in nicht gewinnorientierten Initiativen und Forschungsprojekten, um /die entsprechenden Technologien zu entwickeln. Im Jahr 2030 werden vermutlich auch aufgrund gesetzlicher Initiativen viele Bekleidungsartikel aus recycelten textilen Rohstoffen beziehungsweise Fasern hergestellt werden, was die Lieferketten substanziell verkürzen würde. „Automatisierte Faserrückgewinnung, steigende Lohnstückkosten in Fernost und weniger Verbrauchstextilien, das ist der Ausgangsstoff für eine perspektivische Wiederbelebung der Textilproduktion in europanahen Ländern wie auch in Europa selbst“, so Stephan Fetsch, Head of Retail EMA bei KPMG. Zwar spielt Kreislaufwirtschaft wegen der gegenwärtigen geringen Verfügbarkeit noch keine große Rolle, zeigt aber großes Potential: So haben 28 Prozent bereits recycelte Textilien erworben, über 50 Prozent stehen dem positiv gegenüber.

In der Verantwortung für Nachhaltigkeit sieht die Kundschaft den Handel und die Hersteller. Diese wiederum würden sich wünschen, dass Konsumenten durch Verhaltenswechsel den Aufschwung von Re-Commerce einleiten. Neuen Compliance-Richtlinien wird für die Entwicklung des Re-Commerce-Markts eine beschleunigende Wirkung zukommen.

Quelle:

(Studien; KPMG/EHI bzw. KPMG):
- Fashion 2030: Sehen, was morgen Mode ist
- CONSUMER MARKETS: Trends im Handel 2020

(c) Neonyt/Messe Frankfurt GmbH
30.03.2021

Circularity und Fashion: Interview zur Business- und Kommunikationsplattform Neonyt

Kreislauf- statt Wegwerfwirtschaft – von Fast Fashion zur Zero-Waste-Philosophie. Die Eckpfeiler der Circular Economy im Modebusiness lauten: Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung durch neue Verfahren, kontinuierliche Wiederverwertung von Produkten und Materialien und Regeneration der natürlichen Systeme. Textination sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Thimo Schwenzfeier, Show Director Neonyt, von der Messe Frankfurt über das Messeformat Neonyt als Business- und Kommunikationsplattform für Circularity & Fashion.
 
Es ist rund 10 Jahre her, dass sich die Messe Frankfurt auf das „nachhaltige“ Fashion-Messeparkett wagte. Zunächst mit der Ethical Fashion Show, dann mit dem Greenshowroom gab es zwei Messeformate in Berlin, die sich dem Thema grüne Mode widmeten. Was hat Sie als Messeveranstalter damals zum Launch eines solchen Spezialformats in Deutschland bewogen?

Kreislauf- statt Wegwerfwirtschaft – von Fast Fashion zur Zero-Waste-Philosophie. Die Eckpfeiler der Circular Economy im Modebusiness lauten: Vermeidung von Abfällen und Verschmutzung durch neue Verfahren, kontinuierliche Wiederverwertung von Produkten und Materialien und Regeneration der natürlichen Systeme. Textination sprach mit Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Textile Technologies, und Thimo Schwenzfeier, Show Director Neonyt, von der Messe Frankfurt über das Messeformat Neonyt als Business- und Kommunikationsplattform für Circularity & Fashion.
 
Es ist rund 10 Jahre her, dass sich die Messe Frankfurt auf das „nachhaltige“ Fashion-Messeparkett wagte. Zunächst mit der Ethical Fashion Show, dann mit dem Greenshowroom gab es zwei Messeformate in Berlin, die sich dem Thema grüne Mode widmeten. Was hat Sie als Messeveranstalter damals zum Launch eines solchen Spezialformats in Deutschland bewogen?

Olaf Schmidt: Das Texpertise Network der Messe Frankfurt vereint die international bedeutendsten Textilmessen – auf rund 60 Veranstaltungen weltweit zeigen wir, was die Textil- und Modebranche bewegt. Wir bilden die aktuellen Themen und Trends ab und setzen Impulse für die gesamte textile Wertschöpfungskette. Die Messe Frankfurt hat früh den Bedarf an einer geeigneten Plattform für das Zukunftsthema Nachhaltigkeit erkannt und es war daher naheliegend, unsere Expertise im Bereich Fashion zu erweitern und der Nachfrage aus diesem Segment entgegenzukommen. Dafür haben wir bestehende Formate adaptiert und neu ausgerichtet: Nach dem Start der Ethical Fashion Show in Paris im Jahr 2004 übernahm die Messe Frankfurt France die Veranstaltung im Jahr 2010. Zwei Jahre später gründete die Messe Frankfurt in Deutschland die Ethical Fashion Show Berlin und fand mit dem Umzug des Events in die polarisierende Hauptstadt die richtige Location für die kommenden Jahre. Die Messe Frankfurt legte den dort bereits bestehenden Greenshowroom mit der Ethical Fashion Show zusammen und ab Januar 2015 fanden die beiden Messen in einer gemeinsamer Venue statt. Die Ausrichtung dieser Veranstaltungen war für die Messe Frankfurt der nächste logische Schritt auf unserem Weg in eine nachhaltige Modezukunft – das Konzept ist inzwischen am Markt für Sustainable Fashion etabliert und besitzt ungebrochenes Wachstumspotential. Der Zusammenschluss des Messeduos 2019 unter dem aktuellen Namen Neonyt ermöglichte uns, unseren Aussteller*innen und Besucher*innen eine neue inhaltliche Ausrichtung und einen holistischen Ansatz beim Thema Nachhaltigkeit sowie einen direkteren Zugang zum konventionellen Modemarkt, insbesondere was den Handel angeht. Im Sommer 2021 findet die Neonyt erstmals am neuen Fashion Hotspot Frankfurt im Rahmen der neuen Frankfurt Fashion Week statt.

 
2019 wurden beide Veranstaltungsformate verschmolzen, die neue Messe Neonyt war geboren und aus 1 + 1 wurde was? Welche Komponenten bietet die Neonyt zusätzlich zu den vorherigen Messekonzepten, was ist so „neu-neu“ und wie kamen Sie eigentlich auf den Namen?

Thimo Schwenzfeier: Aus eins plus eins, wie Sie so schön sagen, wurde mit der Neonyt nämlich nicht einfach nur zwei. Aus eins plus ein wurde einzigartig, neoneu, international relevant: Das Messe-Business wurde unter anderem um das internationale Konferenzformat Fashionsustain und einen Showcase ergänzt, um das Thema Nachhaltigkeit schrittweise mit den Themen Technologie, Innovation und Vorstufe zusammenzuführen. Für den nötigen Lifestyle sorgt unser Content Creator-Format Prepeek und den Glamour der Modewelt bringt die Fashionshow. Neonyt vereint die wichtigsten Elemente der internationalen Textil- und Modebranche – Style, Business, Inspiration, Innovation, Wissen, Spaß und Community. Und genau das ist es auch, was Neonyt so „neu-neu“ macht. Progressiv und polarisierend – das Kunstwort Neonyt leitet sich ab vom altgriechischen Wort „neo“ (dt. neu, revolutionär) und dem skandinavischen Wort „nytt“ (dt. neu). „Das erneuerte Neu“ – Neonyt ist unser Synonym für den fundamentalen Transformationsprozess der Textil- und Modebranche, eine Neuinterpretation dessen, was bereits da gewesen ist und unseren Anspruch, nicht stillzustehen und gemeinsam positive Veränderungen voranzutreiben.

 
Für das Neonyt-Messeformat haben Sie sich mit Partnern - beispielsweise für Konferenzkomponenten und im Designbereich - verstärkt.
Welche Expertise bringen diese ein, und worin liegt der Mehrwert für Aussteller und Besucher?

Thimo Schwenzfeier: Wir wissen, mit welchen Zukunftsthemen sich unsere Brands und die Community gerade befassen und schaffen dafür die richtige Plattform – für persönliche Begegnungen und Austausch, für Networking und erfolgreiche Geschäftsabschlüsse. Schlicht gesagt: Wir machen Messen, wir veranstalten Events, wir sorgen für die richtigen Rahmenbindungen, wir connecten Menschen und Business. Die Neonyt bildet somit die globale Schnittstelle zwischen den unterschiedlichen Akteur*innen der Textil- und Modebranche – zwischen Industrie, Handel, Politik, Dienstleistung und Konsum. Und damit ein lebendiger, transparenter und vor allem authentischer Dialog zwischen allen Counterparts entstehen kann, greifen wir natürlich auf das Wissen von Branchenexpert*innen zurück und gehen starke Partnerschaften ein, um Fashion und Sustainability weiter nach vorne zu bringen. Denn nur gemeinsam können wir wirkliche Veränderungen erreichen und garantieren, dass unsere Community mit ausreichend und vor allem der richtigen Information versorgt ist, um eigenbestimmte Entscheidungen treffen zu können.
 

In den letzten Jahren trifft man allerorten in der Modeindustrie auf das Schlagwort Zirkularität – oder vielmehr auf Circularity und Closing the Loop. Ob Stella McCartney, die Ellen MacArthur Foundation, große Handelskonzerne – viele Akteure und Entscheider sind der Ansicht, dass nur in einer Kreislaufwirtschaft und nicht in einem – wie auch immer gearteten – Downcycling die Zukunft für die Modewelt liegt. Wie sieht das die Neonyt?
         
Thimo Schwenzfeier: Richtig, das Konzept der Circular Economy ist kein neues und auch nicht nur auf die Textil- und Modeindustrie begrenzt. Circularity – eigentlich das Nonplusultra für jedes Produkt, jede Indus–trie, für unsere globale Gesellschaft. Das Konzept ist vermeintlich einfach: Alle Materialien und Produkte werden in einem geschlossenen Kreislauf gehalten, die Nutzungsdauer erhöht und am Ende des Produktlebenszyklus wird alles wieder zurückgeführt. Viele nachhaltige Modelabels zeigen bereits, wie’s gemacht wird. Neonyt-Brands sind ganz vorne mit dabei und setzen jetzt schon Praktiken um, die schnellstmöglich zum Standard werden sollten: angefangen bei T-Shirts oder Schuhen aus recycelten Materialien und Rücknahmesysteme für Kollektionsteile über kompostierbare Kleidung, die sich am Ende des Produktlebenszyklus „auflöst“ und in ihre natürlichen Bestandteile zerfällt, bis hin zu Repair-Services und Leasing-Modellen für Denim und Co. – ganzheitlich denken, nachhaltig handeln und zirkulär produzieren, das sind definitiv die Trends der kommenden Modesaisons und mindestens ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste Bestandteil der zukünftigen Modewelt.

 
Damit der Gedanke einer Kreislaufwirtschaft erfolgreich implementiert werden kann, bedarf es eines Zusammenspiels von Technologie, Produktion, Design und Vertrieb. Welche Präsentationsoptionen und Kommunikationsformen hält die Neonyt für die verschiedenen Komponenten bereit?  

Thimo Schwenzfeier: Die kombinierte Innovationskraft aus den Bereichen Technologie, Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist ein wichtiger Treiber für die aktuellen Entwicklungen in der Textil- und Modebranche – auch beim Thema Circularity. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette verändern sich Prozesse und Produktionsabläufe – die Branche muss sich größtenteils neu erfinden. Die Neonyt zeigt, wie dies nachhaltig erfolgreich funktioniert, mit dem international etablierten Konferenzformat Fashionsustain – mit Spin-offs in China, Europa und den USA –sowie dem ergänzenden Showcase. Diese beiden Formate bieten gemeinsam die ideale Mischung aus Orientierung und Inspiration, um die Branche für die Zukunft zu wappnen. Virtuelle Mode, authentische Marken und textile Wertschöpfungsketten, Wissenschaft und Innovation sowie Retail, Business Models und Impact Investment – bei der Fashionsustain tauschen sich hochkarätige Expert*innen mit einem interessierten Fachpublikum aus und diskutieren den Wandel und neue Lösungen der Textil- und Modebranche. Der Neonyt Showcase vertieft die Themen und Innovationen, die auf der Bühne der Fashionsustain präsentiert und diskutiert werden. Expert*innenwissen on-demand sozusagen: ob Microfactories oder Installationen – Neonyt-Brands aber auch Brands aus dem restlichen Texpertise Network der Messe Frankfurt, wie zum Beispiel Aussteller*innen der Texprocess, bekommen so die Chance, nachhaltige Innovationen, neue Technologien und Materialien, Initiativen, Change-Maker-Kampagnen oder Forschungsprojekte zu präsentieren und in den direkten und praxisnahen Austausch mit der internationalen Cross Sector-Community der Neonyt zu treten.
 

Das letzte Jahr war aufgrund der Pandemie-Situation für Messeunternehmen eine bisher ungesehene Herausforderung. Auch die Neonyt hat es getroffen – und Präsenzveranstaltungen mussten abgesagt werden. Mit einem digitalen Format „Neonyt on Air“ haben Sie versucht, Ausstellern und Besuchern eine alternative Plattform zu bieten. Wie sind Ihre Erfahrungen: Haben der Messefokus und dessen Community vielleicht sogar dazu beigetragen, eine solche virtuelle Veranstaltung einfacher zu platzieren?  

Olaf Schmidt: Corona hat bereits vieles verändert und wird das sicherlich auch weiterhin auf die eine oder andere Art tun. Dennoch wird es weiterhin unsere Aufgabe als Messeveranstalter sein, der Industrie die bestmöglichen Begegnungsplattformen anzubieten, um ihre neuen Produkte weltweit zu präsentieren. Wir sind fest davon überzeugt, dass sich auch in Zukunft Menschen persönlich begegnen möchten, um sich über neue Produkte und Dienstleistungen auszutauschen. Das gilt ganz besonders für den Bereich Textil, in dem Haptik eine ganz entscheidende Rolle spielt. Wir gehen davon aus, dass sich nach der Krise sogar ein gewisser Nachholeffekt einstellt. Denn was die letzten beiden sehr erfolgreichen digitalen Saisons der Neonyt on Air beispielsweise dennoch deutlich gemacht haben: Mode lebt von Persönlichkeiten, von Inszenierung und Inspiration. Da können digitale Formate begleiten, aber keinen vollen Ersatz bieten.
 
Thimo Schwenzfeier: Die digitale Neonyt on Air war bei Weitem kein voller Ersatz für die ausgefallenen physischen Saisons, aber dennoch ein voller Erfolg. Eine Woche lang diskutierten Fashion-, Lifestyle- und Digitalexpert*innen in zahlreichen Keynotes, Interviews und Panel Discussions über mehr Authentizität, Unmittelbarkeit und Transparenz in der Textil- und Modebranche. Mit mehr als 24.000 internationalen Follower*innen auf Instagram generierten wir mit unseren „Presenting Partners“ Grüner Knopf, Hessnatur und Oeko-Tex in nur fünf Tagen rund 50.000 Impressionen und mehr als 4.700 Content-Interaktionen. Diese Zahlen zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist und branchenübergreifend diskutiert wird. Ich denke, dass die Polarisierung und vor allem die vorherrschenden Einschränkungen, was Handel und Commerce angehen, sicherlich dazu beigetragen haben, ein erfolgreiches digitales Format abzuhalten. Digitalisierung war in dem Fall wirklich der Booster für die Modeindustrie: Statt den persönlichen Austausch zu ersetzen, hilft sie gerade in der aktuellen Zeit dabei, die Geschäftstätigkeit von Brands aufrecht zu erhalten und auszubauen. Und ganz klar, der Bedarf an Austausch in der Fashion-Branche und die Motivation, gemeinsam einen Wandel einzuleiten, sind weiterhin enorm. Das hat uns Neonyt on Air nochmals deutlich gezeigt. Aber wir freuen uns bereits jetzt auf die nächste physische Ausgabe der Neonyt.
 

Die COVID19-Pandemie hat auch in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein knappes Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf, für welche Unterstützung sind Sie dankbar und wo haben Sie sich allein gelassen gefühlt?  

Olaf Schmidt: Ein Jahr wie kein anderes – das lässt sich über das letzte wohl eindeutig sagen. Die Corona-Pandemie traf alle unvorbereitet, uns als Messeveranstalter, aber natürlich auch unsere Austeller*innen, Besucher*innen und Partner*innen. Vor allem in unmittelbarer Zukunft müssen wir weiterhin damit rechnen, dass Messen zunächst erst einmal nur unter strengeren Sicherheits- und Gesundheitsvorgaben stattfinden können. Die Messe Frankfurt hat hier schnell reagiert und dazu ein umfangreiches Schutz- und Hygienekonzept erarbeitet. Klar war: Wir alle müssen uns umstellen und mit einer neuen Situation umgehen. Und das haben wir bisher gemeinsam super gemeistert, das Teamverständnis untereinander, der enge Kontakt – zwar physisch auf Abstand, aber global vernetzt – zwischen allen Involvierten, lässt mich positiv gestimmt in die Zukunft blicken. Für mich ist eine wichtige Erkenntnis dieser globalen Pandemie, ein Credo schon fast, offen für neue Wege und Chancen zu sein und eher Möglichkeiten zu finden, Dinge zu kombinieren als sie zu trennen: Hybride Lösungen sozusagen.    

Thimo Schwenzfeier: Für die Neonyt gab es gab keinen Masterplan und stellenweise trat auch das Gefühl in den Vordergrund, man müsse jetzt für „das Rad neu erfinden“: Wie funktioniert Zusammenarbeit, wenn persönliche Treffen nicht stattfinden können? Kann digitalisierte Nähe die aktuell auferlegte soziale Distanzierung auffangen und ermöglichen, trotzdem eng zusammenzuarbeiten? Wie können Geschäftsbeziehungen gepflegt werden, während Läden geschlossen haben? Wie können Prioritäten gesetzt werden, wenn erprobte Lösungen und etablierte Jahrespläne ihre Gültigkeit verlieren? Wer bin ich selbst, wer sind ‚die anderen‘ und was macht Gemeinschaft aus? Nie waren Fragen zu unserem Schaffen und Dasein, zu dem, was uns ausmacht und dazu, wer oder was wir sein wollen, relevanter als jetzt gerade. Etwas, das ich aus der aktuellen Zeit mitnehme und das mich trotz schwieriger Umstände weiter positiv nach vorne blicken lässt, ist die Tatsache, dass der Zusammenhalt untereinander und die Solidarität miteinander – privat wie beruflich – enorm an Bedeutung gewonnen haben. Die Krise hat wie eine Lupe bestehende Chancen, aber auch Herausforderungen vergrößert und das Essenzielle in den Fokus gerückt. Ich denke, wenn wir weiterhin versuchen, Dinge bewusster zu erleben und nicht als selbstverständlich ansehen, solidarisch handeln und koopetitiv arbeiten, schaffen wir es gemeinsam, ein „New Normal“ zu definieren und gestärkt aus dieser Krise hervorzukommen.
 

Wie früher in Berlin, so ist die Neonyt aktuell auch in Frankfurt im Umfeld der Fashion Week zusammen mit konventionellen Messe-Angeboten platziert. Können Sie sich vorstellen, dass ein besonderes Veranstaltungskonzept wie die Neonyt in einigen Jahren unnötig sein wird, da sich weltweit in der Bekleidungsindustrie das Circularity-Konzept durchgesetzt hat?

Olaf Schmidt: Klares Nein. Nachhaltigkeit per se ist schon jetzt kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Wichtig ist, am Zahn der Zeit zu bleiben, sich an Trends zu orientieren oder besser noch neue Trends selbst aufzuspüren und sie weiterzuentwickeln. Dinge, Strategien, Konzepte werden sich immer ändern – wenn uns das letzte Jahr eines gezeigt, dann sicherlich das. Es ist mehr als wünschenswert, dass wir alle aus dieser Krise lernen und uns auf die wirklich wichtigen Werte besinnen, auf die Solidarität zwischen Partner*innen, auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Möglicherweise werden genau deshalb Unternehmen, die besonders viel Wert auf Nachhaltigkeit legen, noch stärker aus dieser Krise hervorgehen. Sie können also sicher sein, dass wir als internationaler Leitmesse-Veranstalter für die Textilwirtschaft auch weiterhin auf Nachhaltigkeit setzen und zukunftsorientierte Unternehmen und Lösungen unterstützen werden. Obsolet werden unsere Formate durch die Etablierung und Normalisierung von ganzheitlichen Geschäftspraktiken im Textilsegment dadurch aber nicht. Eine exakte Prognose für die kommenden Dekaden abzugeben, ist aber unmöglich. Über die letzten Monate haben wir selbst alle im persönlichen Alltag oder im Berufsleben gemerkt, wie unsicher und volatil die Zukunft ist. Was jedoch klar ist, ist, dass sich die Modebranche – die Welt allgemein – noch schneller verändern wird als bisher. Und darin liegt dann wiederrum die Chance für Formate wie die Neonyt. Die zehnjährige Geschichte zeigt, in wie vielen Richtungen sich die Neonyt schon weiterentwickelt hat, inhaltliche Fokuspunkte geshiftet sind und sie sich neoneu erfunden hat – das wird auch in Zukunft so bleiben.
 

Herr Schwenzfeier, seit 2018 sind Sie neben Ihrer Aufgabe als Leiter Marketing-Kommunikation der Textilmessen der Messe Frankfurt auch Show Director der Neonyt. Sie haben mit vielen Ausstellern und Besuchern gesprochen – welche Ideen oder Kreationen haben Sie besonders beeindruckt?

Thimo Schwenzfeier: Ich glaube, es sind weniger die einzelnen Innovationen oder Kreationen der Aussteller*innen unserer Messen. Und ich wähle hier bewusst den Plural. Denn in meiner Funktion als Leiter der Marketingkommunikation im Bereich Textiles & Textile Technologies der Messe Frankfurt ist die Neonyt nur eine „meiner“ Veranstaltungen. Ich glaube, es ist mehr die Fülle an modischen, technischen und fachlichen Neuheiten, die Brands, Labels, Unternehmen, Start-Ups und Designer*innen jährlich präsentieren. Aber müsste ich wirklich eine Innovation wählen, dann wären das wohl die veganen „Currywurst“ Sneaker aus rotem Pfeffer und recycelten PET-Flaschen – beim selben Label gibt es auch Schuhe aus Holz, Stein, Kaffee und Pilzen oder mittlerweile sogar Meteoritenteilchen. Es ist beeindruckend, in jeder Saison aufs Neue erleben zu können, wie kreativ die Textil- und Modebranche ist.
 

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten – und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung der Messe Frankfurt sind Sie im Nachhinein besonders froh, dass sie so getroffen wurde?
 
Olaf Schmidt: Eindeutig die Entscheidung, die Neonyt zu gründen. Ein eigenes Messeformat für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation zu schaffen und die Freiheiten und den Lifestyle, die dieses Thema mit sich bringen in unser Event zu integrieren. Nach mehr als einer Dekade verabschieden wir uns 2021 zwar vom Standort Berlin, aber nicht von unserer Community und unseren Spirit. Gemeinsam blicken wir zurück auf viele modische Saisons und tolle Locations in der Hauptstadt: angefangen im Hotel Adlon Kempinski über das Ewerk, den Postbahnhof, den Kronprinzenpalais, das Funkhaus und das Kraftwerk bis zur letzten physischen Veranstaltung im Tempelhof. Mit dem Jahreswechsel und im Rahmen der Frankfurt Fashion Week steht für die Neonyt der Umzug in die Metropole am Main ins Haus. In Frankfurt prallen Welten aufeinander: Wolkenkratzer und Gründerzeitvillen. Bausünden und architektonische Meisterwerke. Business und Bürgerlichkeit. Rotlichtmilieu und Luxusmeile. In diesem Spannungsfeld setzt die Frankfurt Fashion Week neue Impulse. Und mitten drin die Neonyt. Die Zeichen stehen auf Neuanfang – ein Restart für die gesamte Fashion-Szene, gemeinsam heben wir Nachhaltigkeit auf das nächste Level – die Fokusthemen Applied Sustainability und Applied Digitisation lassen ein vollkommen neues Fashion Week-Ecosytem in Mainmetropole entstehen.
 

Wenn alles klappt, kann die Neonyt im Juli 2021 erstmals wieder als Face-to-Face-Veranstaltung durchgeführt werden. Wie sehen Ihre Planungen aus? Auf was und wen dürfen sich Besucher freuen? Und welches Backup für ein Worst-Case-Szenario gibt es?

Thimo Schwenzfeier: Natürlich ist es aufgrund der derzeit immer noch angespannten Lage rund um Covid-19 schwierig, verbindliche Aussagen zur nächsten physischen Veranstaltung zu treffen. Derzeit gehen wir aber davon aus, dass sich die Situation in den Sommer hinein entspannt und wir die Neonyt wie geplant und in einem sicheren, positiv gestimmten und nach vorne blickendem Umfeld in unserer Homebase Frankfurt veranstalten können. Die anhaltend volatile Lage macht es für uns alle notwendig, weiterhin mit Einschränkungen bei großen Veranstaltungen zu rechnen. Im Mittelpunkt unserer Planungen für die Neonyt im Sommer 2021 steht daher die Gesund aller – der Aussteller*innen, Besucher*innen, Partner*innen und Mitarbeiter*innen der Neonyt. Die Messe Frankfurt hat ein Konzept erarbeitet, das detaillierte hygienische Maßnahmen umfasst: Hygiene, Abstand und Frischluftzufuhr sind wichtige Faktoren, die wir mit den zuständigen Behörden in Frankfurt und den Verantwortlichen der Frankfurt Fashion Week abstimmen. Die Neonyt-Community bekommt zu gegebener Zeit Hinweise und Empfehlungen für den Messeauftritt und -besuch, die den aktuellen Bestimmungen entsprechen. Über ein konkretes Backup für ein Worst-Case-Szenario haben wir uns noch keine Gedanken gemacht, da wir Stand heute von einem physischen B2B-Event ausgehen – die letzten beiden Saisons haben aber bewiesen, sollte es nicht möglich sein, die Neonyt face-to-face zu veranstalten, dass wir mit der digitalen Neonyt on Air durchaus gut aufgestellt sind und das Format sicherlich noch ein weiteres Mal zur Sommerveranstaltung adaptieren könnten. Wir tauschen uns regelmäßig mit allen Marktteilnehmer*innen aus und versuchen auch von unserer Community mittels Umfragen ein Gefühl zu deren Einschätzungen und Wünschen zu bekommen. Abwarten und Tee trinken, würde man auch sagen – am Ende müssen wir uns auch danach richten, was die aktuelle gesundheitliche Lage erlaubt und welche Entscheidungen seitens Politik getroffen werden.

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

(c) JUMBO-Textil GmbH & Co. KG. CEO Andreas Kielholz (r.) und Business Development Manager Patrick Kielholz in der hochmodernen Produktionsstätte der JUMBO-Textil GmbH & Co. KG.
23.03.2021

JUMBO-Textil – Innovative Schmaltextilien neu definiert

Ein dynamisches Familienunternehmen als zukunftsorientierter Lösungspartner für Hightech-Elastics
 
Zusammen rund 32 Mrd. € Umsatz erzielen die verschiedenen Sparten der deutschen Textil- und Modeindustrie jährlich. Von den ca. 1.400 Unternehmen ist die weit überwiegende Zahl mittelständisch geprägt.
Speziallösungen Made in Germany sind gefragt. Die Bedeutung technischer Textilien wächst seit Jahren – ebenso wie deren Anteil am Umsatz. Textination sprach mit Andreas und Patrick Kielholz über innovative Produktlösungen, die Bedeutung von Familienunternehmen in der heutigen Zeit, Traditionen und Innovationen, Herausforderungen und den Mut zum Scheitern, Flugzeugbau, die Automobilwirtschaft, Medizintechnik und Taucheranzüge.

Ein dynamisches Familienunternehmen als zukunftsorientierter Lösungspartner für Hightech-Elastics
 
Zusammen rund 32 Mrd. € Umsatz erzielen die verschiedenen Sparten der deutschen Textil- und Modeindustrie jährlich. Von den ca. 1.400 Unternehmen ist die weit überwiegende Zahl mittelständisch geprägt.
Speziallösungen Made in Germany sind gefragt. Die Bedeutung technischer Textilien wächst seit Jahren – ebenso wie deren Anteil am Umsatz. Textination sprach mit Andreas und Patrick Kielholz über innovative Produktlösungen, die Bedeutung von Familienunternehmen in der heutigen Zeit, Traditionen und Innovationen, Herausforderungen und den Mut zum Scheitern, Flugzeugbau, die Automobilwirtschaft, Medizintechnik und Taucheranzüge.


Die Geschichte des heutigen Unternehmens „JUMBO-Textil GmbH & Co. KG“ reicht zurück ins letzte Jahrtausend. 1909 in Wuppertal gegründet, haben Sie die Produktion reiner Meterware für die Wäscheindustrie hinter sich gelassen und sind inzwischen ein gefragter Kompetenzpartner für Hightech-Lösungen bei Schmaltextilien. Auf welche Industrien konzentrieren Sie sich bei der Entwicklung Ihrer technischen Textilien?

Andreas Kielholz: JUMBO-Textil konzentriert sich auf besondere Kompetenzen im Bereich der Schmaltextilien und nicht auf besondere Branchen. Wir produzieren Schmalgewebe, Schmalgeflechte und Gewirke. In diesen drei Feldern spielen wir unsere besonderen Kompetenzen aus: Elastics, Individuallösungen und individuell konfektionierte Bauteile in Verbindung mit nichttextilen Komponenten. Es gibt natürlich eine langjährige intensive Zusammenarbeit beispielsweise mit Kunden aus der Automotive-Branche, so gesehen ist JUMBO-Textil auch ein „Innenraum-Experte“. Das bedeutet aber keine Konzentration auf eine bestimmte Branche. Im Gegenteil: Mit Blick auf Branchen sind wir sehr breit aufgestellt. Es öffnen sich immer wieder neue Felder; zuletzt haben wir mit speziell für Babys und Kleinkinder entwickelten Textilien die Spielzeug-Industrie und mit hautfreundlichen Elastics die Medizintechnik mit schmaltextilen Lösungen versorgt.

 
Stichwort Elastics – wie kam es zu der Spezialisierung?

Patrick Kielholz: Bereits in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts begann die Spezialisierung auf elastische Schmaltextilien. In unserem Eingangsbereich steht eine der ersten Spezial-Flechtmaschinen, die dafür angeschafft wurde. Sie ist etwa 100 Jahre alt. Eine richtungsweisende Entscheidung: Sie hat den Schritt von den Bekleidungstextilien zu den technischen Textilien, der – viele Jahre später – überlebenswichtig wurde, wenn nicht möglich gemacht, dann doch zumindest erheblich vereinfacht.

 
Was zeichnet Elastics aus? Warum ist die Eigenschaft für technische Textilien so wichtig?

Andreas Kielholz: Technische Textilien sind bekanntlich Textilien, die für eine bestimmte technische Funktion entwickelt werden. Sie müssen, wenn man so will, etwas können: eine Last sichern, eine Öffnung abdichten, vor Hitze schützen ... Viele dieser industriellen Funktionen können nur mit elastischen Textilien erfüllt werden – von Einsätzen im Flugzeugbau über Schutzanzüge für Taucher bis zu Textilien in der Medizin. Oft ist es gerade das spezifische, hochpräzise definierte Kraft-Dehn-Verhältnis, das den Einsatz in solch extremen, höchst anspruchsvollen Anwendungen möglich macht. Innovative Fasern werden bei uns an hochmodernen, digital gesteuerten Anlagen gefertigt und veredelt. So erreichen wir bei den Dehneigenschaften höchste Präzision und Sicherheit und produzieren mit Hochleistungsfasern ein textiles Hightech-Produkt für extreme, oft individuell angefragte technische Anforderungen.


Und wie sieht Ihr Produktportfolio für Ihre Kunden insgesamt aus?
          
Patrick Kielholz: Das Spektrum reicht von Webbändern und Gurten über Flechtlitzen, Flechtschläuche und Flechtkordeln bis zu Netzen – in allen Breiten, aus zahlreichen Rohstoffen und mit spezifischen, auch anspruchsvollen Eigenschaften, Besonderheiten, Konfektionierungen. Als Lösungspartner begleiten wir Kunden oft von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt.
Die Bedeutung von Schmaltextilien als Bauteil wächst zusehends. Da sie sehr leicht, sehr leistungsfähig und dabei sehr leise sind, kommen sie immer häufiger als Alternative zu Bauteilen aus anderen Materialien zum Einsatz. Die Anforderungen an die Textilien wachsen mit ihren Aufgaben: Ihre Spezifikationen werden immer präziser, die Toleranzen immer enger. Im Automotive-Bereich und bei Schutzausrüstungen etwa spielen Brandschutzanforderungen eine wichtige Rolle. Wir haben erste Erfolge mit Schmaltextilien, die permanent flammhemmend sind. Aktuell bedienen wir viele Anfragen für Fitnessbänder mit höchst präzise definiertem Kraft-Dehn-Verhältnis. Auch auf die Nachhaltigkeitsfrage antworten wir mit unserem Portfolio: Wir arbeiten immer häufiger an Projekten mit recycelten Materialien oder recycelbaren Produkten. Diese Entwicklung ist eingebettet in eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie, mit der wir uns – auch im Zusammenhang mit der Neubauplanung unseres Schwesterunternehmens vombaur GmbH & Co KG – übergreifend für die gesamte Gruppe beschäftigen.

 
Was hat den Entwicklungsprozess des Unternehmens von rund 110 Jahren besonders beeinflusst? Gab es einschneidende Richtungswechsel oder Entscheidungen?

Andreas Kielholz: In den 70er-Jahren haben wir unser Angebot enorm verbreitert, indem wir technische Schmaltextilien nicht mehr nur für die Bekleidungsindustrie produziert haben, sondern für alle Branchen. Gleichzeitig haben wir uns weiter spezialisiert – auf Elastics. Das ist kein Widerspruch: Wir setzten das um, was wir besonders gut können, das aber für alle Industrien.
In der jüngeren Unternehmensgeschichte haben wir mit unserem Neubau 2016 einen starken Schub gemacht. Es wurden optimale Produktionsbedingungen geschaffen. Mit einer Vielzahl neuer Produktionsanlagen sind wir auf dem neuesten Stand der Technik und hoher Produktionskapazität. Das Umfeld wirkt sich auch auf unser Team aus. Man spürt, hier wird gerne gearbeitet. Anfang 2019 haben wir wieder eine wichtige strategische Weiche gestellt, als wir unsere Kompetenzen mit der vombaur GmbH & Co KG unter dem Dach der Textation Group GmbH & Co. KG gebündelt haben.
 

Die zwei Traditionsunternehmen für anspruchsvolle Hightech-Schmaltextilien bleiben als Unternehmen und Marken eigenständig. Warum haben Sie sich für diesen Schritt entschieden, wie ist die Resonanz des Marktes und was können Sie anderen Produzenten in Sachen Partnerschaften empfehlen?

Andreas Kielholz: Wir haben als Schwesterunternehmen sehr gute Erfahrungen gemacht: Wissenstransfer, Messe-Auftritte, Digitalisierungsworkshops – die Partnerschaft ist in vielfacher Hinsicht fruchtbar. Aber – anders als im echten Leben – konnten wir uns unsere Schwester ja auch aussuchen. Die Partnerunternehmen müssen zusammenpassen. Klar, darauf muss man achten. Sie sollten Gemeinsamkeiten haben, ohne exakt dasselbe zu tun. Denn wenn sie einander zu ähnlich sind, besteht die Gefahr der Konkurrenz, bis hin zur Kannibalisierung einer der Marken.
Unser Konstrukt wird von unseren Marktbegleitern als gute und elegante Lösung wahrgenommen. Wir könnten für den ein oder anderen als Vorbild dienen. Vielleicht erweitern wir unseren Kreis in den nächsten Jahren auch noch. Offen dafür sind wir. Und auch bei den Kunden kommt unser Schritt positiv an. Neben all den anderen positiven Effekten lassen sich auch Nachfolge-Fragen in der Gruppe leichter lösen. Wir zeigen damit Zukunftsperspektive und Sicherheit.
 

In der mittelständischen Textilindustrie wurden und werden Unternehmen von Menschen geprägt – Gründerpersönlichkeiten, Inhaber/innen, Familien, die die textile Tradition und Innovation leben. Welche Eigenschaften sind es Ihrer Meinung nach, die Menschen mitbringen müssen, um in unserer nischenorientierten deutschen Industrie erfolgreich zu sein?

Andreas Kielholz: Erfolgreich und prägend sind Menschen mit Neugier und Zugkraft. Menschen, die gerne Neuland erkunden, zunächst im Denken und dann konsequent in der Umsetzung. Man sollte andere bei diesen Erkundungen begeistern können. Außerdem den Markt genau beobachten und entsprechend agieren, also den Status quo immer wieder hinterfragen. Selbstkritik ist deshalb auch wichtig: Ist unser Weg noch richtig? Erfüllen wir unseren Anspruch? Um als Unternehmen voranzukommen, muss man unermüdlich nicht nur im, sondern auch am Unternehmen arbeiten.     

Patrick Kielholz: Es kommt darauf an, Veränderungen zu erkennen und als Chance zu begreifen, nicht als Bedrohung. Da stimme ich voll zu. Die Idee jedoch, dass es die eine Gründerpersönlichkeit, der eine Inhaber und somit einzelne Personen sind, die ein Unternehmen erfolgreich machen, möchte ich stark in Frage stellen. Wir leben in einer sehr komplexen und schnelllebigen Welt, die von einer einzelnen Person nicht überblickt und begriffen werden kann. Verstehen Sie mich nicht falsch, großartige Ideen können von Einzelpersonen kommen und einem Unternehmen zum Erfolg verhelfen. Aber darauf dürfen wir uns nicht verlassen. Ein Unternehmen muss heute so geführt werden, dass Ideen von divergenten Teams entwickelt werden. Es ist ein Umfeld zu schaffen, das jeder Person die Möglichkeit gibt, etwas zu bewegen. Eine Führungsperson muss es also verstehen, funktionierende Teams zu entwickeln.
 

Herr Kielholz sen., Sie sind geschäftsführender Gesellschafter der JUMBO-Textil GmbH & Co. KG und einer der Geschäftsführer der vombaur GmbH & Co KG. Seit gut zwei Jahren haben Sie Ihren Sohn Patrick als  Business Development Manager von JUMBO-Textil an Ihrer Seite. Wie kam es dazu? Haben Sie Ihren Sohn ermutigt, in Ihre Fußstapfen zu treten?

Andreas Kielholz: Nicht ausdrücklich. Meine Söhne – es gibt noch Kevin, den Bruder von Patrick – hatten in ihrer Kindheit und Jugend viel Freiraum. Es war beiden immer freigestellt, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Bei ihrer schulischen Ausbildung und im Studium habe ich versucht, alles vertrauensvoll zu unterstützen. Erziehung hat viel mit vorleben zu tun. Ich hatte immer viel Freude an meinem Tun, auch wenn es nicht immer einfach war. Diese Freude haben die beiden jeden Tag erlebt – und so mag ich sie implizit ermutigt haben.  
Dass Patrick jetzt dabei ist, sehr gute Arbeit leistet und schon viel Verantwortung trägt – darüber freue ich mich natürlich sehr. Er ist für mich ein gutes, vertrauensvolles Korrektiv, denn manches kann er besser als ich. Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch Kevin nach Abschluss seines technischen Studiums zu uns stößt.
 

Sie, Herr Kielholz jun., haben Ihr Studium mit einer Masterarbeit zu Familienunternehmen abgeschlossen. Wie beurteilen Sie die Zukunft von Familienunternehmen in einer globalen Textilindustrie allgemein? Und wo sehen Sie hier JUMBO-Textil?

Patrick Kielholz: Familienunternehmen sind in der Regel Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lange an ihr Unternehmen binden – durch eine familiäre Arbeitsumgebung und eine Unternehmenskultur, die Vertrauen schafft. Dazu gehören unter anderem Werte, die den jüngeren Generationen wichtig sind. Statussymbole verlieren an Bedeutung. So kann ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, in dem hoch innovativ und flexibel gearbeitet werden kann – wenn es nicht durch eine zu patriarchalische Struktur verhindert wird. Daran können Familienunternehmen meist noch arbeiten. Wir versuchen, in der Textation Group mit JUMBO-Textil und vombaur ein solches innovationsfreudiges Umfeld zu schaffen und so in Zukunft der beste Lösungspartner für Schmaltextilien zu sein.
 

Sie fertigen ausschließlich am Standort Deutschland. Warum? Sind Sie nie in Versuchung geraten, von einem niedrigeren Lohnniveau in anderen Ländern zu profitieren?

Andreas Kielholz: Wir positionieren uns als hoch qualifizierter Lösungspartner und wollen unseren Kunden exzellente Expertise auf dem Gebiet der Schmaltextilien liefern. Das können wir am besten in einem Land mit sehr guten Aus- und Weiterbildungschancen. Das ist für uns der Standort Deutschland. Natürlich arbeiten wir auch arbeitsteilig mit eng angebundenen Partnern in Osteuropa.
 

Maßgeschneidert statt Lösungen für Großkunden: Das Thema Individualisierung bis zur Losgröße 1 nimmt heute einen breiten Raum ein. Am neuen Standort in Sprockhövel haben Sie erheblich in innovative Produktionstechnik investiert. Wie stehen Sie zu individuellen Produktlösungen, und in welchen Anwendungsbereichen haben Sie diese bereits erfolgreich umgesetzt?
     
Andreas Kielholz: Wir produzieren keine Maßanzüge, sondern Meterware. Losgröße 1 – das hat bei uns eine spezielle Bedeutung: Wir entwickeln im Austausch mit unseren Kunden für ein Projekt – einen Autositz in einem Geländewagen, eine Laufkatze an einem Kran, ein Exoskelett, einen Baby-Greifring, ganz gleich – wir entwickeln also für dieses eine Projekt ein textiles Bauteil. Individuell spezifiziert für die jeweilige konkrete Anwendung und ihre Anforderung – also etwa mit Blick auf Dehnfähigkeit, Temperaturbeständigkeit, Hautfreundlichkeit usw. Alle Eigenschaften des Textils wer-
den individuell konfiguriert. Und dann wird es in der erforderlichen Menge produziert. Das ist durchaus eine maßgeschneiderte Lösung. Wenn also das Kundenprojekt der Maßanzug ist, dann ist „Individualisierung bis zur Losgröße 1“ bei uns Tagesgeschäft. Denn das ist es, was wir tun.
 

Was braucht es für solche Lösungen?

Patrick Kielholz: Ein enger Austausch ist für solche Individuallösungen wichtig, aber auch genaues Branchenwissen und Kenntnis der jeweils geltenden Normen. Manche Kunden unterstützen wir bis zur Produktanmeldung und Beratung in Sachen Technische Lieferbedingungen und Dokumentation. Know-how und Erfahrung gehen für Individuallösungen über textiltechnisches Fachwissen weit hinaus. Entscheidende Basis ist dabei, das Produkt des Kunden, den Herstellungsprozess und seinen Anwendungszweck zu verstehen. Wir wollen eine vollständige Lösung bieten, die dem jeweiligen Kundenunternehmen den größten Nutzen liefert. Das beginnt mit der Auswahl des Rohmaterials und endet mit der Nutzung durch die Endverbraucher.


Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten – und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben?

Andreas Kielholz: Die mutigen Entscheidungen zum Neubau von JUMBO-Textil, der unternehmerische Zusammenschluss mit vombaur und der auch hier geplante Neubau zählen dazu – und: meinen Sohn mit ins Executive Board eingebunden zu haben. Er bringt eine neue, andere Perspektive mit ins Unternehmen, die uns enorm bereichert. Außerdem macht es mir einfach Freude. Wer sieht schon täglich seine erwachsenen Kinder?

Patrick Kielholz: Ja, das brauchte Mut zum Scheitern. (lacht) Im Ernst: Nicht jedes Ergebnis einer Entscheidung lässt sich so fix datieren wie die Inbetriebnahme unseres Neubaus. In manchen Prozessen stecken wir gerade mittendrin. Die Digitalisierung etwa haben wir früh begonnen, abgeschlossen wird sie ganz sicher nie sein. Sie hat unendlich viele Facetten – von der Materialwirtschaft über die Produktentwicklung, die Qualitätssicherung bis zu den internen und externen Prozessen. Ein unglaublich dynamisches Thema, das sich ständig weiterentwickelt und neue Verbesserungspotenziale eröffnet. Da braucht es kluge Menschen, die im Team die Themen voranbringen wollen, sonst hinkt man hinterher, statt voranzuschreiten. Das Gleiche gilt in Sachen Nachhaltigkeit – auch ein Thema, das nicht wie so oft als ungewolltes Übel, sondern als Chance betrachtet werden muss.

Andreas Kielholz: Das ist der springende Punkt: Es kommt darauf an, als Unternehmen durch solche Mega-Themen nicht getrieben zu werden, sondern die Entwicklung selbst aktiv voranzutreiben.
 

Welche Bedeutung spielt der Nachhaltigkeitsgedanke bei unternehmerischen Entscheidungen? Welche Zertifizierungen nutzen Sie und wo gehen Sie über gesetzliche Vorgaben hinaus?

Andreas Kielholz: Unser Qualitätsmanagementsystem ist nach der IATF 16949:2016 zertifiziert, eine von der Automotive-Industrie entwickelte Erweiterung der ISO 9001. Außerdem wurden wir mit der Formel Q Fähigkeit nach der kundenspezifischen Zertifizierung der VW Group mit einem Ergebnis von 95 % ausgezeichnet. Im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit sind wir zertifiziert nach der Umweltschutzmanagement-Norm ISO 14001:2015. Zahlreiche unserer Produkte erfüllen das OEKO-TEX® Zertifikat Produktklasse I. Darüber hinaus stehen wir ausdrücklich zu dem Anspruch, Menschenrechte, Arbeits-, Sozial- und Ökologiestandards in den wirtschaftlichen Wertschöpfungsprozessen durchzusetzen, wie sie im Code of Conduct der deutschen Textil- und Modeindustrie formuliert sind.

Patrick Kielholz: Auch hier übrigens zeigt sich ein Spezifikum von Familienunternehmen. Die Ansprüche an das Unternehmen und die Werte, für die es steht, sind sehr viel stärker persönliche Ansprüche. Die Menschen müssen und möchten sich auch als Person an diesen Ansprüchen messen lassen. Sie können und wollen sich nicht in der Anonymität von Aktiengesellschaften wegducken. Ein Familienunternehmer ist mit den Stakeholdern seines Unternehmens auch persönlich verbunden und hat deshalb ein stärkeres Interesse, soziale, ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu verfolgen.


Wie sehen Sie die Bestrebungen anderer Staaten, beispielweise Chinas, sich dem Thema Nachhaltigkeit zunehmend zu widmen? Wird damit künftig ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal im Vergleich Europa – Asien entfallen?

Andreas Kielholz: Das Thema Nachhaltigkeit ist noch nicht an seinem Peak angekommen, sprich: Die Nachfrage wird auch hier weiter steigen. China wird stärker, aber auch Europa arbeitet daran, seine Vorreiterrolle nicht zu verlieren. Die verstärkte Nachfrage und der Wettbewerb werden uns allen nutzen, insbesondere den agilen Unternehmen.
 

Die COVID19-Pandemie hat auch in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein knappes Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf, für welche Unterstützung sind Sie dankbar und wo haben Sie sich allein gelassen gefühlt?

Andreas Kielholz: Dadurch, dass wir uns den Anforderungen früh gestellt haben und – dank unseres zeitnahen, vielschichtigen Controllings – immer wissen, wo wir stehen, konnten wir schnell anpassen. So sind wir weitgehend gut durch die Krise gekommen. Die neu entwickelten Arbeitsformen – mobiles Arbeiten und Video-Konferenzen, teilweise auch inhouse – werden ergänzend Bestand haben. Auch in der Digitalisierung und in den neuen Medien sind wir deutlich weitergekommen.

     
Wenn Sie jemandem, der JUMBO-Textil nicht kennt, abschließend Ihr Unternehmen in 100 Wörtern vorstellen müssten: Was würden Sie sagen? Was macht Sie unverwechselbar?

Patrick Kielholz: JUMBO-Textil ist Lösungspartner – im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns stehen immer unsere Kunden. Für sie und ihre Projekte entwickeln und fertigen wir anspruchsvolle technische Schmaltextilien: präzise, passgenau und Made in Germany.

Andreas Kielholz: So viele Wörter brauche ich gar nicht: Höchste Qualitätsstandards, intensive Kundenbeziehung, Zuverlässigkeit und einzigartige Elastics-Expertise.

Patrick Kielholz: Das waren acht. (lacht)

Das Interview führte Ines Chucholowius,
Geschäftsführerin der Textination GmbH

 

(c) Schweizerische Textilfachschule STF
23.02.2021

Sustainability Management in Textiles - Interview mit Sonja Amport, Direktorin der STF

Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Homeoffice: Das Coronavirus hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt und das öffentliche Leben nahezu auf Null reduziert. Durch die Auswirkungen der Pandemie hat sich der bestehende Handlungsdruck zur Erreichung der Sustainable Development Goals noch weiter erhöht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Themenkomplexe Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung im Bewusstsein von Industrie und Konsumenten an Boden gewinnen. Neue Managementqualitäten sind gefordert.

Textination sprach mit Sonja Amport, der Direktorin der Schweizerischen Textilfachschule über den neuen Ausbildungsgang Sustainability Management in Textiles. Nach Stationen in der Industrie und im Verbandswesen bringt die Betriebsökonomin mit Master im International Management ihr Wissen aus Textil, Bildung, Betriebswirtschaft sowie Marketing und Sales mit Elan und Herzblut seit 2015 bei der STF ein.

Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Homeoffice: Das Coronavirus hat unseren Alltag auf den Kopf gestellt und das öffentliche Leben nahezu auf Null reduziert. Durch die Auswirkungen der Pandemie hat sich der bestehende Handlungsdruck zur Erreichung der Sustainable Development Goals noch weiter erhöht. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Themenkomplexe Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung im Bewusstsein von Industrie und Konsumenten an Boden gewinnen. Neue Managementqualitäten sind gefordert.

Textination sprach mit Sonja Amport, der Direktorin der Schweizerischen Textilfachschule über den neuen Ausbildungsgang Sustainability Management in Textiles. Nach Stationen in der Industrie und im Verbandswesen bringt die Betriebsökonomin mit Master im International Management ihr Wissen aus Textil, Bildung, Betriebswirtschaft sowie Marketing und Sales mit Elan und Herzblut seit 2015 bei der STF ein.

Die Geschichte der STF Schweizerische Textilfachschule hat 1881 begonnen. In diesem Jahr wurden Pablo Picasso geboren und Billy the Kid erschossen. Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach erlebten ihre Uraufführung und Thomas Alva Edison baute das erste Elektrizitätswerk der Welt. Am Stuttgarter Marktplatz öffnete das Warenhaus Breuninger und in Wismar das erste Geschäft von Rudolph Karstadt.
Was führte in dieser Zeit parallel zur Gründung der STF und welchen Werten fühlen Sie sich bis heute verpflichtet?

1881 blühte die Textilindustrie in der Schweiz. Unternehmen im Bereich Spinnerei, Weberei, Veredlung und weitere keimten auf. Jedoch fehlten ausgebildete Fachkräfte, welche die Maschinen hätten bedienen oder reparieren können. So kam es, dass die Unternehmen sich zusammentaten und die Schweizerische Textilfachschule gründeten. Ein Ort zur Aus- und Weiterbildung von Fachkräften für die Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie. Aus diesem Grund ist die STF auch heute noch genossenschaftlich organisiert. Entsprechend fühlen wir uns den Werten Kompetenz, Kundenorientierung, Innovation, Inspiration und Passion bis heute verpflichtet.

Wenn Sie jemandem, der die Schweizerische Textilfachschule nicht kennt, Ihre Bildungseinrichtung in 100 Worten vorstellen müssten: Wie definiert sich die Schule heute und auf welche Betätigungsfelder konzentriert sie sich?
Die STF Schweizerische Textilfachschule steht für eine nachhaltige Bildungskompetenz rund um den gesamten Lebenszyklus eines Textil-, Fashion oder Lifestyleproduktes. Mit dem «STF-LAB» positioniert sich die STF als Bildungsdienstleisterin mit drei Businessfeldern. Das Kernfeld ist die «Education», wo die STF zahlreiche Aus- und Weiterbildungen, von der Grundbildung über Bachelordiplome bis hin zum Master-Abschluss anbietet. Im «Incubator & Makerspace» (STF Studio) liegt der Hauptfokus auf der geteilten Infrastruktur, gegenseitiger Inspiration und damit dem gemeinsamen Vorwärtskommen. Im dritten Businessfeld dem «ThinkTank & Consulting» steht die Schule als Denkfabrik zur Verfügung, Fachexperten können «gemietet» werden und es wird Management auf Zeit angeboten.

Stichwort lebenslanges Lernen: Welche Weiterbildungsangebote hält die STF für die Textil- und Bekleidungsindustrie auch nach einem erfolgreichen Studienabschluss bereit?
Welche Branchenbereiche und welche Länder haben Sie im Fokus?

Einerseits bieten wir der Textil- und Bekleidungsindustrie und dem Handel vielseitige informelle Modulkurse, in welchen man sich innerhalb von 45 Lektionen einen guten Überblick zu einem speziellen Fachthema bilden kann. Beispiele dafür sind: Welding & Bonding, Smart & Functional Textiles, Start-up in Fashion oder das Steiger Stitch Modul, bei welchem man lernt, eigene Strickdesigns zu programmieren und diese anschließend an der STF an einer „Shared Machine“ ausstricken kann. Auch bieten wir jeweils zweiwöchige Intensiv-Sommerkurse an, wie beispielsweise in Sustainable Fashion Design. In der formalen Bildung kann ich unseren Master in Product Management Fashion & Textile in Deutsch oder unsere beiden CAS in Sustainability Management in Textiles empfehlen. Einmal mit Präsenzunterricht in deutscher Sprache und einmal per E-Learning in englischer Sprache. Derzeit fokussieren wir unsere Angebote auf die DACH-Region. Unsere Internationalisierungsstrategie wurde wegen Covid-19 jäh gestoppt. Dabei hatten wir mit englischen Masterangeboten insbesondere die Märkte Indien und China im Fokus. Wir stellen uns nun mit englischsprachigen Angeboten strategisch neu auf und starten ab 2022 wieder mit der Vermarktung. Das Ziel sind flexible, modulare Masterangebote mit einem hohen E-Learning-Anteil, so dass die Kosten moderat bleiben und das Reisen reduziert stattfinden kann.

Nachhaltigkeit – oder Sustainability – hat sich von einem Buzzword zu einer Selbstverständlichkeit gewandelt: Die jüngste OTTO Trendstudie sagt sogar, nachhaltiger Konsum ist im Mainstream der Gesellschaft angekommen. Was bedeutet das für die Textil- und Bekleidungsindustrie? Sind die Unternehmen personalseitig so aufgestellt, dass sie diesen Themenkomplex professionell in ihrem Leistungsportfolio verankert haben?
Die Schweizer Unternehmen haben erkannt, dass sie gegenüber den Mitbewerbern im Ausland nur eine Chance haben, wenn sie innovationsfähig sind, konsequent in einer Nische agieren und sich durch eine nachhaltige Produktion abheben können. Die Nachhaltigkeit ist somit ein absolut zentraler USP. In diesem Sinne beschäftigen sich viele Firmen damit und entsenden ihre Mitarbeitenden natürlich auch zu uns in die Weiterbildung.

Die STF bietet - im deutschsprachigen Raum bisher einzigartig - eine international anerkannte Weiterbildung im Bereich des textilen Sustainability Managements als Certificate of Advanced Studies CAS an.
Welche Teilbereiche von Design, Produktion, Prozessoptimierung bis zur Vermarktung bildet das Zertifikat ab?

Die STF bietet das international anerkannt Fachhoch-schulzertifikat in Zusammenarbeit mit SUPSI, der Scuola Universitaria Professionale della Svizzera Italiana im Tessin, an.

Im Studiengang betrachten wir aus ganzheitlicher Sicht und rund um die gesamte Wertschöpfungskette eines Textils, d.h. vom Design über die Produktion bis hin zur Vermarktung, die globalen Herausforderungen, wo Nachhaltigkeit als multilaterales Lösungskonzept fungiert. Zudem werden das normative und strategische Management der Nachhaltigkeit, Themen rund um die soziale Verantwortung sowie Initiativen und Standards für den Textilbereich beleuchtet. Ein wichtiger Bestandteil des CAS bilden Rohstoffe und Produkte, d.h. nebst nachhaltigen Fasern auch Stoffe oder der Einsatz von chemischen Mitteln. Nicht zuletzt werden auch Aspekte rund um Biodiversität, Animal Welfare, das Marketing, Labeling sowie mögliche Zukunftsszenarien und Best Practice Beispiele beleuchtet.

Für wen könnte das CAS Sustainability Management in Textiles spannend sein und warum? Welchen Push kann das Zertifikat im Berufsleben bewirken?
Das CAS ist einerseits für Führungspersonen interessant, die sich generell Gedanken über die strategische Ausrichtung eines Unternehmens machen, wie auch für Fach-Mitarbeitende in Design, Produktentwicklung, Einkauf, Verkauf oder im Qualitätsmanagement, wenn diese die Operationalisierung der Nachhaltigkeitsstrategie verantworten. Und selbstverständlich begrüßen wir jederzeit gerne junge Designer/innen mit eigenen Labels, die neue, nachhaltige Wege gehen und sich von anderen dadurch abheben möchten. Der Push im Berufsleben hängt stark mit der eigenen Persönlichkeit zusammen. Bisher haben jedoch alle Absolvierenden den Besuch der Weiterbildung als äußerst fruchtbar für den eigenen Karriereweg empfunden.

Wie steht es um die formalen Aspekte des CAS? Gibt es beispielsweise Auswahlkriterien, bis wann muss man sich anmelden, wie sieht der Stundenplan aus, auf welche Kosten müssen sich Interessenten einstellen?
Wir starten jeweils Ende August mit den Bildungsgängen. Eine frühzeitige Anmeldung, möglichst bis Mitte Mai, ist zu empfehlen, um sich einen Platz zu sichern. Im Präsenzlehrgang finden 120 Lektionen in Zürich und im Tessin statt, und es ist mit Kosten von CHF 5‘900.-, inkl. Lehrmittel und Prüfungsgebühren, zu rechnen. Im E-Learning-Kurs, mit einigen wenigen Präsenztagen vor Ort, werden die Inhalte synchron per MS-Teams durch i.d.R. dieselben Dozenten vermittelt. Hier beträgt der Studienpreis CHF 5‘600.-.

In diesen Kosten sind die persönlichen Auslagen sowie die Reise- und Übernachtungskosten noch nicht inkludiert. Interessierte entnehmen die Facts & Figures unserer Homepage:
(www.stf.ch/kurse/cas oder www.stf.ch/kurse/cas-online)

Die COVID19-Pandemie hat uns die Grenzen der Mobilität deutlich aufgezeigt. Wie haben Sie als Bildungseinrichtung darauf reagiert?
Die physischen Grenzen kann man mit E-Learning leicht überwinden. Unter anderem ein Grund, weshalb unser Unterricht während der gesamten Pandemie-Zeit ganz normal weiterlief. Für die Zeit nach Covid-19 planen wir, nebst Präsenz-Studienmodulen, auch weitere reine Online-Seminare, wie unseren CAS-Online. Diese werden vermehrt auch in englischer Sprache angeboten werden. Derzeit testen wir zudem mögliche Formen des hybriden Unterrichts. Dies bedeutet, während die einen vor Ort in Zürich beschult werden, können Personen mit langem Anfahrtsweg, wie z.B. aus der DACH-Region, dem Unterricht virtuell und live aus der Ferne beiwohnen.

Das letzte Jahr hat in der Textil- und Bekleidungsbranche deutliche Spuren hinterlassen. Wenn Sie auf ein Jahr „Ausnahmezustand“ zurückblicken – was nehmen Sie an positiven Erfahrungen mit, wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf?
Es war definitiv ein Jahr des Ausnahmezustands! Positiv zu werten ist, dass wir an der STF bereit waren und ab Tag eins des Lockdowns online unterrichten konnten. Die Lernenden, Studierenden und mein Team zeig-ten alle größtes Verständnis und höchste Flexibilität. Doch als Institut im Textil-, Fashion- und Lifestyle-Bereich lebt der Unterricht auch von Anschauungsmaterialien. Die Garne und Stoffe fühlen und riechen zu können sowie über die Erfahrungen und das Erlebte persönlich zu diskutieren, sind wichtige Lernerfahrungen. Es ist definitiv eine Herausforderung, solche zentralen Lernelemente online umzusetzen. Alles in allem hat uns Covid-19 als Institution, rund um das Thema Digitalisierung, um gefühlte zwei Jahre nach vorne katapultiert. Dankbar wäre ich nun allerdings, wenn wir baldmöglichst zu einer Normalität zurückfinden könnten und zu einem Alltag mit „weniger Distanz“.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche Entscheidung, die Sie für das Profil der STF getroffen haben, sind Sie im Nachhinein besonders froh?
Ich bin stolz sagen zu dürfen, dass die meisten in Angriff genommenen Projekte gelingen. Es gibt fast immer einen Weg. Manchmal muss man während dem Voranschreiten einfach etwas die Richtung anpassen, um ans Ziel zu gelangen. Eine wegweisende Neuerung war sicherlich die Modularisierung (fast) aller Studiengänge. Studierende haben so die Möglichkeit, von einer vielseitigen Wahlmöglichkeit zu profitieren und sich ihr eigenes Curriculum zusammenzustellen.

Eine zweite Entscheidung, über die ich dankbar bin, war, dass wir als kleines Institut bereits sehr früh sehr viel in den Ausbau unserer digitalen Fähigkeiten und in die Infrastruktur investiert haben. Das kommt uns nun zu Gute. Mit sehr gut ausgebildeten Dozierenden und einer Lernplattform, einer VM-Plattform und mo-dernster 3D-Software in verschiedenen Themenbereichen, zählen wir uns europaweit zu einem Vorreiter in Sachen E-Learning und Digitalisierung. Fähigkeiten, die zudem auch auf das Thema Nachhaltigkeit einzahlen.

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

 

Weitere Informationen:

Gesucht: Start-ups mit Ideen für die Textilpflege © Foto: Messe Frankfurt Exhibition GmbH / Jens Liebchen
09.02.2021

Gesucht: Start-ups mit Ideen für die Textilpflege

Ob 24h-Belieferung, Statusverfolgung, grüne Verpackung, Textilrecycling oder innovative Reinigungstechnik: Neue Dienstleistungen haben das Potenzial, das Geschäft von Textilreinigungen und Wäschereien zu revolutionieren. Die Messe Frankfurt lädt deshalb Start-ups ein, sich mit ihren Produkten und Ideen auf der Texcare International zu präsentieren. Das weltweit wichtigste Event für die Textilpflege vom 27. November bis 1. Dezember 2021 in Frankfurt am Main bietet jungen Unternehmer:innen hervorragende Möglichkeiten, ihre Innovationen in den Markt zu tragen.

Ob 24h-Belieferung, Statusverfolgung, grüne Verpackung, Textilrecycling oder innovative Reinigungstechnik: Neue Dienstleistungen haben das Potenzial, das Geschäft von Textilreinigungen und Wäschereien zu revolutionieren. Die Messe Frankfurt lädt deshalb Start-ups ein, sich mit ihren Produkten und Ideen auf der Texcare International zu präsentieren. Das weltweit wichtigste Event für die Textilpflege vom 27. November bis 1. Dezember 2021 in Frankfurt am Main bietet jungen Unternehmer:innen hervorragende Möglichkeiten, ihre Innovationen in den Markt zu tragen.

Die Ansprüche von privaten Verbrauchern und gewerblichen Kunden an die Textilpflege sind enorm: Schnelligkeit, ständige Verfügbarkeit, transparente Kommunikation und nachhaltige Lösungen werden immer mehr vorausgesetzt. Johannes Schmid-Wiedersheim, Leiter der Texcare International bei der Messe Frankfurt sagt dazu: „Start-ups spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Textilpflege voranzutreiben. Oft gelingt es ihnen, wissenschaftliche Forschungsergebnisse oder Trends aus anderen Servicebranchen schnell in nützliche Produkte zu übertragen. Um das zu unterstützen, wollen wir auf der Texcare International junge, agile Unternehmen gezielt fördern und bieten ihnen ein attraktives Start-up-Paket an.“

Digitale Plattformen bieten Textilreinigern und Wäschern die Möglichkeit, ihr Angebot online zeitgemäß zu vermarkten. Was diese Plattformen so bedeutend macht, fasst Daniel Dalkowski, Geschäftsführer der Europäischen Forschungsvereinigung Innovative Textilpflege (EFIT), zusammen: „Digitale Plattformen gehören sicherlich zu den wichtigsten Errungenschaften der letzten Zeit, nicht nur wegen ihrer Anzahl, sondern auch weil sie Nachahmer in der Branche selbst gefunden haben. Die Innovation liegt hier in der Zusammenführung von Bestellung, flexibler Logistik und Abrechnung in einer Smartphone-App oder einer Online-Plattform.“

Mit ihren Robotiklösungen und Ansätzen zur künstlichen Intelligenz unterstützen junge IT-Unternehmen die Textilpflege auf dem Weg zur Smart Laundry. Wie Maschinen- und Anlagenbauer selbst von Start-ups profitiert haben, weiß Elgar Straub, Geschäftsführer VDMA Textile Care, Fabric and Leather Technologies: „Im Maschinenbau spielen Start-ups eine Rolle, die sich mit technischen Lösungen über alle Branchen hinweg beschäftigen, wie z.B. die virtuelle Inbetriebnahme von Maschinen oder die Optimierung der Prozesskette in der Produktion.“

Aber auch in anderen Disziplinen warten die Firmengründer mit ihren Ideen auf. Vor dem Hintergrund der Plastikmülldebatte gibt es beispielsweise zahlreiche Start-ups, die biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien anbieten. Zudem sind auch im Textilrecycling Start-ups aktiv, die unter anderem gebrauchte Berufskleidung oder Wäsche aufbereiten und so zur Circular Economy beitragen. Und wie sieht es in Zukunft aus? Eines ist für die Experten gewiss: Künstliche Intelligenz und Automatisierung bieten sicherlich viel Potenzial für „Branchen-Outsider“ mit wirklichen Innovationen auf den Markt zu treten. Große Chancen auf Erfolg haben auch Verbesserungen in der Logistikkette von Wäschereien und Textilreinigungen.

Markteinstieg auf der Texcare International
Die Texcare International vom 27. November bis 1. Dezember 2021 bietet jungen Unternehmen hervorragende Möglichkeiten, um ihre Services bekannt zu machen und mit etablierten Unternehmen in Kontakt zu treten. Das Start-up-Paket der Messe Frankfurt beinhaltet einen schlüsselfertigen Stand.

Die Voraussetzungen zur Teilnahme:

  • Die Unternehmensgründung liegt nicht länger als zehn Jahre zurück. (Stichtag: 27.11.2021)
  • Das Start-up beschäftigt max. zehn Mitarbeiter.
  • Der Jahresumsatz beträgt nicht mehr als eine Millionen Euro (netto).
  • Das Jungunternehmen ist Anbieter für innovative Produkte oder Dienstleistungen speziell für die Textilpflegebranche.

Das Produktangebot der Texcare International umfasst Maschinen und Anlagen, Wasch- und Reinigungssubstanzen, IT und Logistiklösungen sowie Berufsbekleidung und Wäsche.

Weitere Informationen:
texcare Start-ups Startup
Quelle:

Messe Frankfurt Exhibition GmbH

26.01.2021

DBU-Förderung: Von 3D-Strickmaschinen bis zum Waschen ohne Wasser

Umweltschutz durch Digitalisierung – Förderung für Start-ups

Kleidung auf Bestellung, eine neue Art der Textilreinigung und lokal erzeugter grüner Strom – mit diesen drei Geschäftsideen haben die „Digitale Strickmanufaktur“ (Krefeld), „Infinity Startup“ (Aachen) und „prosumergy“ (Kassel) die Jury des Green Start-up-Programms der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) überzeugt. Sie werden mit insgesamt rund 370.000 Euro fachlich und finanziell gefördert.

Die DBU fördert Unternehmensgründungen und Start-ups, die auf innovative Weise Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit mit dem Schwerpunkt Digitalisierung verbinden.
Rahmenbedingungen zur Förderung:

Umweltschutz durch Digitalisierung – Förderung für Start-ups

Kleidung auf Bestellung, eine neue Art der Textilreinigung und lokal erzeugter grüner Strom – mit diesen drei Geschäftsideen haben die „Digitale Strickmanufaktur“ (Krefeld), „Infinity Startup“ (Aachen) und „prosumergy“ (Kassel) die Jury des Green Start-up-Programms der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) überzeugt. Sie werden mit insgesamt rund 370.000 Euro fachlich und finanziell gefördert.

Die DBU fördert Unternehmensgründungen und Start-ups, die auf innovative Weise Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit mit dem Schwerpunkt Digitalisierung verbinden.
Rahmenbedingungen zur Förderung:

  • in der Gründungsphase sowie von bis zu 5 Jahre alten Start-ups
  • bis zu 125.000€ pro Projekt
  • bis zu 24 Monate Laufzeit

Ein Cloud-Service für den Handel
Die „Digitale Strickmanufaktur“ will die Kleidungsbranche nachhaltig verändern. Die Gründer entwickeln einen Cloud-Service, der direkt mit dem Handel verbunden ist. Die Kunden der „Digitalen Strickmanufaktur“ können individualisierte Kleidungsstücke bestellen, bei denen Größe, Farbe und Ausführung an ihre Wünsche angepasst werden. Die Bestelldaten werden dann mittels der Cloud, einem Online-Speichermedium, übertragen. Sie können an jedem Ort der Welt wieder abgerufen werden.

Erst bestellen – dann produzieren
Bestellt ein Kunde zum Beispiel eine Mütze, wird der Auftrag automatisch an 3D-Strickmaschinen übermittelt. Danach beginnt die Produktion, anschließend erfolgt der Versand der Ware. Die „digitale Strickmanufaktur“ produziert Strickwaren nach Wunsch ganz automatisch mit Robotern und einer 3D-Strickmaschine.

So wird der Absatz für die Händler planbar, und es wird nicht zu viel Kleidung produziert. Hinzu kommt: Die Produkte werden kundennah in Deutschland hergestellt. Lange Transportwege und -zeiten entfallen.

Waschen ohne Waschmaschine
Die „RefresherBoxx“ des „Infinity Startup“ ist im Grunde eine mobile Textilreinigung, die ohne Wasser und Waschmittel auskommt. „Mit einer Kombination aus verschiedenen physikalischen Methoden desinfiziert, trocknet und erfrischt sie alle Arten von Textilien – insbesondere solche, die nicht in die Waschmaschine gelegt werden können, wie Leder, Samt und Seide“, erklärt Gründer Stefan Chang. Die „RefresherBoxx“ sei schonender, umweltfreundlicher und brauche nur 30 Minuten für einen Durchgang. Die mobile Textilreinigung kann nach Changs Worten im medizinischen, aber auch im Privat- und Freizeitbereich genutzt werden.

Lokaler Strom für Gewerbe und E-Mobilität
Das Start-up „prosumergy“ bietet Gebäudeeigentümern und Mietern eine günstige Stromversorgung aus erneuerbaren Energien an, die hauptsächlich lokal erzeugt werden. „Mit Hilfe der DBU wollen wir unseren Energieversorgungsansatz weiterentwickeln. Mittels Standardisierung und Digitalisierung wollen wir Konzepte für die dezentrale Stromversorgung von gewerblichen Liegenschaften und Ladelösungen für E-Mobilität entwickeln“, sagt Gründerin Lena Cielejewski.

Bereits 25 Gründerteams gefördert
Die drei Gründerteams werden nun im Green Start-up-Programm der DBU für zwei Jahre gefördert. „Sie bringen auf innovative Weise Lösungen für Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit mit dem Schwerpunkt Digitalisierung zusammen“, sagte DBU-Start-up-Koordinatorin Dr. Stefanie Grade. 22 andere Unternehmen haben das Auswahlgremium seit Start des Programmes bereits von sich überzeugt.

Kontaktdaten:
Digitale Strickmanufaktur PoC GmbH (Krefeld)
Verbindung von Textilhandel und automatisierter Textilfertigung mit Hilfe von Cloud-Services
Ansprechpartner Herr Christian Zarbl
URL: digitale-strickmanufaktur.de

Infinity StartUp GmbH (Aachen)
Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Reinigungsapparaturen für Textilien, insbesondere unter Einsatz von physikalischen Methoden, sowie Entwicklung von dazugehörigen Applikationen.
Ansprechpartner Herr Stefan Chang
URL: refresherboxx.com

prosumergy GmbH (Kassel)
Die prosumergy GmbH realisiert dezentrale Energieversorgungsprojekte als Projektentwickler und Energieversorger.
Gegenstand des beantragten Vorhabens ist die Weiterentwicklung dieses integrierten dezentralen Energieversorgungsansatzes mittels Standardisierung und Digitalisierung.
Ansprechpartner Herr Christopher Neumann
URL: prosumergy.de

Grafik: Gerd Altmann, pixabay
19.01.2021

IW-Verbandsumfrage: Textilbranche und Banken besonders pessimistisch

Es kann meist nur besser werden

Zum Jahreswechsel befragte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) traditionell deutsche Verbände nach ihren wirtschaftlichen Erwartungen für das kommende Jahr. Die meisten Branchen berichten von einschneidenden Schwierigkeiten und hoffen auf eine Besserung im Jahr 2021. Allerdings werden viele Unternehmen Stellen abbauen – vor allem dort, wo es bereits vor der Pandemie Probleme gab.

Es kann meist nur besser werden

Zum Jahreswechsel befragte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) traditionell deutsche Verbände nach ihren wirtschaftlichen Erwartungen für das kommende Jahr. Die meisten Branchen berichten von einschneidenden Schwierigkeiten und hoffen auf eine Besserung im Jahr 2021. Allerdings werden viele Unternehmen Stellen abbauen – vor allem dort, wo es bereits vor der Pandemie Probleme gab.

Zum Jahresende schaute die deutsche Wirtschaft auf eines der schwierigsten Jahre in der neueren Geschichte zurück. Die Corona-Pandemie hat schon im Frühjahr 2020 vielen Unternehmen zugesetzt, der aktuelle Winter und die zweite Welle haben bereits angeschlagene Branchen weiter in Bedrängnis gebracht. Immer noch ist nicht absehbar, wann sich die Lage spürbar bessert. Das spiegelt sich auch in der traditionellen IW-Verbandsumfrage wider: 34 der befragten 43 Verbände berichten von einer schlechteren Wirtschaftslage als noch vor einem Jahr. Wer von einer besseren oder unveränderten Lage berichtet, befand sich oftmals schon im Vorjahr in einer schwierigen Wirtschaftslage. Dazu zählen beispielsweise die Automobil- und die Chemieindustrie.

Die Stimmungslage ist in vier von fünf Unternehmen in Deutschland zum Jahreswechsel 2020/2021 schlechter als vor einem Jahr. Diese krisenbehaftete Ausgangslage erklärt in Teilen die insgesamt zuversichtlichen Geschäftserwartungen für 2021. In 26 von 43 Branchen wird gemäß der IW-Verbandsumfrage eine höhere Wirtschaftstätigkeit erwartet. Dagegen gehen 13 Verbände von einem Produktionsrückgang im Jahr 2021 aus. Während bei den Investitionen insgesamt eine moderate Erholung einsetzt, wird die Beschäftigung in 23 Branchen voraussichtlich weiter zurückgehen.

Mit Blick auf 2021 dominiert in der IW-Verbandsumfrage die Zuversicht. Das verwundert nicht, wenn diese Zuversicht als eine Verbesserung gegenüber dem Krisenjahr 2020 zu verstehen ist. Die erwarteten Anstiege erklären sich besonders aus den gewaltigen Fallhöhen und der schlechten Ausgangsbasis 2020. Für eine Reihe von Unternehmen und ganze Branchen muss dieser hoffnungsvolle Blick auf 2021 zudem keine Rückkehr zu einem Produktionsniveau von vor der Krise bedeuten. Die im November 2020 durchgeführte IW-Konjunkturumfrage unter mehr als 2.200 Firmen zeigt konsistent auf, dass rund die Hälfte der befragten Unternehmen noch für das Jahr 2022 mit Produktionsausfällen gegenüber dem Vorkrisenniveau rechnet (IW-Forschungsgruppe Gesamtwirtschaftliche Analysen und Konjunktur, 2020).

Textilbranche und Banken besonders pessimistisch
Immerhin sind die meisten Verbände mit Blick auf 2021 zuversichtlich und gehen davon aus, dass sich ihre Lage verbessert – wobei das Vorkrisenniveau für viele Branchen noch nicht in Sichtweite ist. 26 Verbände planen für das kommende Jahr eine höhere Produktion. 13 Verbände prognostizieren eine geringere Produktion, darunter der Bereich Schiffbau und Meerestechnik, Textil- und Modeverbände sowie die Ernährungsindustrie. Banken und Bauwirtschaftsunternehmen haben ebenfalls gedämpfte Erwartungen für 2021, wobei sich hier die Pandemie bislang relativ wenig niedergeschlagen hat.

Weniger Jobs in der Automobilindustrie
Wenig zuversichtlich ist der Blick auf den Arbeitsmarkt: Nur fünf der 43 befragten Verbände gehen davon aus, dass ihre Mitgliedsunternehmen im kommenden Jahr mehr Mitarbeiter beschäftigen werden. Dazu zählen die Bauwirtschaft und Handwerksbetriebe, die schon vor der Krise unter Fachkräftemangel gelitten haben. 23 Verbände erwarten einen Beschäftigungsabbau, darunter vor allem die Industrie. Besonders pessimistisch sind Verbände, in deren Unternehmen neben der Coronapandemie auch strukturelle Anpassungslasten bestehen – so wie im Finanzbereich:

Schon in den Vorjahren haben immer weniger Kunden Bankfilialen genutzt. Auch die Automobilindustrie plant mit weniger Mitarbeitern: Neben der schwachen Weltwirtschaft setzten strenge Abgas-Grenzwerte und Elektroquoten die Unternehmen unter Druck. In ähnlicher Größenordnung schrumpften die für die Branche außerordentlich wichtigen Exporte.

Bei den wenigen Industrieverbänden, deren Mitglieder – im Durchschnitt über alle Firmen und Teilbereiche hinweg – genauso oder besser dastehen als beim vorherigen Jahreswechsel, handelt es sich oftmals um Wirtschaftszweige, die sich bereits zum Jahreswechsel 2019/2020 in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befanden. Darauf verweisen die Automobilindustrie, Bereiche der Metall- und Elektroindustrie sowie auch die Chemieindustrie. Für Teile der Industrie hat die Corona-Krise bereits eine negative Vorgeschichte. Die schon 2019 rückläufigen Geschäfte waren teils die Folge einer zyklischen Normalisierung nach einer hochausgelasteten Phase. Vor allem belasteten Protektionismus und geopolitische Verunsicherungen die globale Investitionstätigkeit und dies traf die stark im internationalen Investitionsgütergeschäft aktive deutsche Industrie. Auch technologische Herausforderungen – etwa durch die Digitalisierung und den Klimawandel – sorgten für Anpassungslasten.

 

Quelle:

Institut der Deutschen Wirtschaft, Prof. Dr. Michael Grömling Leiter der Forschungsgruppe Gesamtwirtschaftliche Analysen und Konjunktur

(c) Claudia Bitzer
05.01.2021

Gute Geschichten erzählen - PR-Herausforderungen der mittelständischen Textilindustrie

Interview mit Claudia Bitzer, Inhaberin Bitzer PR, Albstadt

Das vergangene Jahr war nicht nur wirtschaftlich für viele Unternehmen eine große Herausforderung, auch in Sachen Kommunikation – gleich ob in der Werbung oder im PR-Bereich – mussten neue Wege beschritten werden. Kontaktbeschränkungen bis zum strikten Lockdown, der Wegfall vieler Messen, Kongresse oder anderer Veranstaltungsformate machten ein Umdenken erforderlich.

Textination sprach darüber mit Claudia Bitzer, Inhaberin der gleichnamigen PR-Agentur im baden-württembergischen Albstadt. Zu ihren Kunden zählen mittelständische Unternehmen aus der Textil- und Bekleidungsindustrie ebenso wie öffentliche Auftraggeber, Medien und Maschinenbauer.

Interview mit Claudia Bitzer, Inhaberin Bitzer PR, Albstadt

Das vergangene Jahr war nicht nur wirtschaftlich für viele Unternehmen eine große Herausforderung, auch in Sachen Kommunikation – gleich ob in der Werbung oder im PR-Bereich – mussten neue Wege beschritten werden. Kontaktbeschränkungen bis zum strikten Lockdown, der Wegfall vieler Messen, Kongresse oder anderer Veranstaltungsformate machten ein Umdenken erforderlich.

Textination sprach darüber mit Claudia Bitzer, Inhaberin der gleichnamigen PR-Agentur im baden-württembergischen Albstadt. Zu ihren Kunden zählen mittelständische Unternehmen aus der Textil- und Bekleidungsindustrie ebenso wie öffentliche Auftraggeber, Medien und Maschinenbauer.

Sie sind seit gut 5 Jahren mit Ihrer in Albstadt ansässigen PR-Agentur auch in Sachen Textilindustrie unterwegs. Wenn Sie sich jemandem, der Sie nicht kennt, in 100 Worten vorstellen müssten: Warum haben Sie sich nach der Tätigkeit in einer Agentur dazu entschlossen, Ihre eigene Chefin zu werden, und was zeichnet Ihre Arbeit aus?
Eigentlich hat mich die Selbstständigkeit angerufen: Ein Bekannter schlug mir vor, als Freelancerin die Kommunikation für seinen Arbeitgeber zu übernehmen, einen Textilmaschinenbauer auf der Alb. Beim Telefonieren hatte ich unseren zehn Tage alten Sohnemann auf dem Arm. Außerdem war ich PR-Beraterin bei Ketchum in Stuttgart. Weil ich neugierig war, habe ich mich in den nächsten Monaten trotzdem mal an die Sache rangetastet. Mit Erfolg: Die Textilmaschinen haben sich als überraschend greifbares Produkt herausgestellt, schließlich stellen sie die Kleidung her, die wir täglich am Körper tragen. Daraus hat sich mein Zugang zur Textilindustrie entwickelt, die ich heute als meine Home-Base bezeichnen würde.

Weil ich verschiedene Unternehmen entlang der textilen Kette betreue, habe ich eine Gesamtsicht der Industrie und kann übergreifende Geschichten mit verschiedenen Perspektiven anbieten. Außerdem habe ich ein Faible für komplexe, „staubige“ Themen, egal aus welchem Industriebereich. In die kann ich mich mit Hingabe vergraben, um sie anschaulich aufzubereiten. Deshalb würde ich mich als Content-Spezialistin bezeichnen.

Sie sprechen neben Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch fließend Schwäbisch. Warum ist es wichtig, regionale Wurzeln zu haben, wenn man für exportorientierte Unternehmen in der baden-württembergischen Textilindustrie tätig ist?
Das mit dem fließenden Schwäbisch haben Sie von meiner Website, stimmt’s (lacht)? Aber ja, es ist sehr hilfreich, wenn man fühlt, ob „gschwind“ noch einen Aufschub duldet oder sofort erledigt werden muss.

Richtig wichtig finde ich das Schwäbische im Hinblick auf die Mentalität, die dahintersteckt. Ich bin auf der Alb groß geworden, mein Vater hat sein eigenes mittelständisches Unternehmen geleitet. Viele Dinge verstehe ich, ohne dass ein Kunde sie mir extra erklären muss.

Zum Beispiel die Bescheidenheit in Bezug auf die eigene Person. Vor allem bei alteingesessenen Familienunternehmen kommt den Inhabern ja eine wichtige Rolle zu. Sie tragen eine große Verantwortung, in der Firma genauso wie an ihrem Standort. Im Fokus steht trotzdem immer die unternehmerische Leistung, das Produkt, das, hergestellt irgendwo in der schwäbischen Provinz, im deutschen, europäischen oder weltweiten Wettbewerb mithalten kann. Das kommt nicht von selbst, sondern erfordert Mut, Unternehmergeist und ganz viel Offenheit gegenüber Neuem, das fasziniert mich. Oft merke ich auch, dass die Leidenschaft, die diese führenden Familienunternehmen mitbringen, mich selbst mitreißt.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben?
Abgesehen von der Selbstständigkeit an sich? Da war der erste Corona-Lockdown mit Home-Schooling und geschlossenen Kitas eine große Herausforderung. Einerseits war ich erleichtert, dass es zwischen Ende März und Anfang Juni kundenseitig stiller wurde, ansonsten wäre das weder beruflich noch familiär machbar gewesen. Andererseits hat mir diese Stille Angst gemacht und ich habe mich des Öfteren gefragt, ob die Selbstständigkeit der richtige Weg war.

Im Frühsommer, als sich die Lage allseits wieder etwas stabilisiert hatte, habe ich dann eine „Flucht nach vorne“ angetreten: Ich habe mich nach Co-Working-Spaces umgesehen und eine umfangreiche Weiterbildung im Bereich Online-Marketing belegt. In Wahrheit waren das natürlich unternehmerische Entscheidungen. Erfreulicherweise zahlen die sich bereits aus, auch wenn ich vorerst noch alleine im Büro sitzen darf.

Gibt es eine Arbeit, auf die Sie besonders stolz sind? Welche Geschichte hat Sie über das normale Maß hinaus bewegt, und welche thematischen Herausforderungen lieben Sie?
Ein Projekt, an das ich mich gerne erinnere, ist die Kommunikation rund um ein Schnapszahljubiläum, das einer meiner Kunden feierte. Dafür habe ich zuerst in wochen-, nein monatelanger Archivarbeit 111 Jahre Unternehmensgeschichte zu Papier gebracht. Weil ich mich so tief in das Thema eingearbeitet hatte, kamen mir viele Ideen für die Botschaften der Jubiläumsfeier. Erfreulicherweise war der Kunde schnell überzeugt. Irgendwann hatten wir ein Signet, einen Slogan und eine richtige gute Geschichte fürs Jubiläum. Von den zahlreichen Proof Points, die wir zu diesem Anlass ausgearbeitet haben, profitieren wir in der Produkt- und Unternehmenskommunikation übrigens bis heute.

Zudem hat dieses Projekt natürlich die Beziehung zu diesem Kunden vertieft. Auch mit der Werbeagentur, die die Jubiläumskommunikation begleitet hat, pflege ich eine enge Zusammenarbeit. Solche langfristigen Partnerschaften empfinde ich als großen Gewinn.

Haben sich in Corona-Zeiten die Botschaften geändert, die Sie für Ihre Auftraggeber kommunizieren möchten oder müssen? Und wo lagen die Arbeitsschwerpunkte im Jahr 2020?
Der Arbeitsschwerpunkt 2020 lag, wenig überraschend, im Bereich Online-Kommunikation. Bei fast allen meinen Kunden starten wir im kommenden Jahr mit der Planung und Umsetzung neuer Maßnahmen in diesem Bereich.

Was die Botschaften anbelangt, so hat sich wenig verändert. Das liegt sicherlich daran, dass die Metathemen dieselben geblieben sind. Nehmen wir Nachhaltigkeit, definitiv ein Dauerbrenner in der Textilindustrie, und das Unterthema Regionalität. Im Gegensatz zu bisherigen Krisen hat die Corona-Pandemie diese Ansätze nicht ins Abseits geschoben, sondern verstärkt, weil sie uns vor Augen geführt hat, wie abhängig wir von der Produktion im Ausland sind. Dasselbe gilt für die Themen Transparenz und Qualität.

Gerade weil die Themen dieselben geblieben sind, liegt für mich die Kunst darin, innerhalb dieser Dauerthemen die eigene Geschichte zu finden, um nicht im großen Strom zu verschwinden. Das erfordert Empathie, Kreativität – und eine ordentliche Portion Fleiß.

Weg von der einfachen Werbebotschaft zum Storytelling - welche Empfehlung würden Sie generell mittelständischen Unternehmen bezüglich ihrer Kommunikation für das kommende Jahr geben? Gibt es Besonderheiten, die insbesondere die Textilindustrie berücksichtigen sollte?
Ich denke, das wird in die Richtung „Wir sind noch da, und zwar stärker als früher“ gehen. Schließlich hat die Krise allen viel abverlangt. Sie ist aber auch immer eine produktive Phase, denn durch die Zuspitzung zwingt sie uns zu Weiterentwicklungen, die sonst nicht oder zumindest erst später auf den Weg gebracht worden wären. Deshalb kann sie einen Wendepunkt darstellen, durchaus zum Positiven.

Nehmen wir die Digitalisierung, das ist der offensichtlichste Ansatz: In diesem Bereich hat die Krise zu einem Schub geführt; der Online-Shop wurde oder soll ausgebaut werden, der Service soll digitaler werden.

Abgesehen davon gibt es in jedem Unternehmen mit Sicherheit individuelle Veränderungen, die die Krise herbeigeführt hat. Die darf man den Mut haben zu benennen und zu erzählen, denn das sind Geschichten, die alle interessieren.

Auf Wiedersehen Facebook – guten Morgen TikTok. Welche social media-Plattformen empfehlen Sie Ihren Kunden, und unter welchen Voraussetzungen sollten Mittelständler sich hier engagieren?
TikTok ist bisher eher ein Thema, das ich mit meiner knapp 12-jährigen Tochter diskutiere. Aber im Ernst: Erst kürzlich habe ich in einer von Hootsuite veröffentlichten Studie gelesen, dass Anfang 2020 weniger als zehn Prozent der Deutschen TikTok nutzen. Bei Facebook liegt der Nutzeranteil immer noch bei über 60 Prozent. Allein schon deswegen dürfen wir bei Facebook nicht so einfach abwinken.

Wenn ich mit meinen Kunden das Thema Social Media erörtere, ist es mir wichtig, nicht von den Kanälen her zu denken. Klar, das ist verführerisch, aber am Anfang sollten andere Fragen stehen: Was ist das langfristige Ziel der Social Media Aktivitäten? Welche Ressourcen sind vorhanden – und welche Mittel? Mittlerweile ist ja hinlänglich bekannt, dass Social Media ein eigenes, umfangreiches Aufgabengebiet ist, das entsprechende Ressourcen bindet. Im Mittelstand, wo ich selten auf eine mehrköpfige Marketing-Mannschaft zurückgreifen kann, ist eine solide Strategie das A und O. Es muss ganz, ganz klar sein, welche Zielgruppen angesprochen werden sollen. Dann kann ich über Kanäle sprechen und die wichtigsten auswählen. Ziemlich sicher dazu gehören LinkedIn und Xing, genauso wie Instagram und Facebook, letzteres vor allem im internationalen Umfeld. Genauso wichtig ist übrigens die Auswertung, die fällt gerne mal hinten runter. Der Zusammenhang von Messwerten und Unternehmenszielen ist alles andere als trivial.

Messen, Events, Pressekonferenzen und Meetings – das ist 2020 nahezu vollständig auf der Strecke geblieben. Für wie wichtig erachten Sie langfristig face-to-face-Kommunikation, und welche Kanäle und Maßnahmen empfehlen Sie Ihren Kunden, um diese Ausfälle aktuell zu kompensieren?
Der persönliche Kontakt bleibt wichtig! Natürlich haben wir alle im vergangenen Jahr festgestellt, dass nicht jede Veranstaltung eine Präsenzveranstaltung sein muss. Eine Videokonferenz spart Zeit und Geld und kann, mit der entsprechenden Disziplin, genauso zielführend sein wie ein persönliches Treffen. Viele Servicefälle sind auch per Videotelefonie zu lösen, da muss keiner durch die Gegend reisen. Ich bin daher überzeugt, dass wir nicht mehr zu der Präsenzkultur zurückkehren, die wir vor Corona hatten, auch wenn dies irgendwann wieder möglich sein wird.

Deshalb empfehle ich meinen Kunden, die digitalen Möglichkeiten zu nutzen, die sich allenthalben ergeben. Momentan sind alle noch Anfänger, da kann man nur dazu lernen. Nehmen wir virtuelle Messen: Das ist eine grundlegend andere Herangehensweise als bei der klassischen Präsenzmesse. Es braucht kein großes Messeteam, das von sechs bis 20 Uhr bereit steht. Auch Pressetermine gibt es keine. Viel wichtiger ist es, selbst mit den Besuchern Kontakt aufzunehmen, also Leads einzusammeln, die Besucher zu gruppieren und im Nachgang mit passgenauem Content in Kontakt zu bleiben. Apropos Content: Spätestens bei solchen Online-Events wird klar, wie vielfältig Inhalte aufbereitet werden müssen. Um Kunden im virtuellen Raum abzuholen, braucht es Grafiken, Videos, Ani-mationen und vieles mehr.

Nichts desto trotz wird es nicht ohne direkten, physischen Kontakt gehen. Menschen kaufen von Menschen, davon bin ich auch weiterhin überzeugt. Videokonferenzen funktionieren insbesondere dann gut, wenn sich die Teilnehmer bereits aus dem echten Leben kennen. Und vor allem die Textilindustrie lebt von der Haptik. Ein Garn oder einen Stoff kann ich digital nie erfühlen. Die Produktionsgeschwindigkeit einer Maschine übrigens auch nicht. Bei jeder Umdrehung entsteht ein leichter Windhauch. Den gibt’s nicht digital.

 

Das Interview führte Ines Chucholowius, Geschäftsführerin der Textination GmbH

ISPO München 1 (c) Messe München GmbH
13.10.2020

ISPO Munich 2021 als Hybrid-Event

  • Hybrid-Konzept verbindet das Beste aus beiden Welten
  • Konsequente Weiterentwicklung der Digital-Strategie von ISPO
  • Erstmals werden Endkonsumenten digital in das Event eingebunden

Die Weltleitmesse ISPO Munich findet vom 31. Januar bis 3. Februar 2021 erstmals als Hybrid-Event sowohl physisch in München als auch digital weltweit statt. Das neue Konzept ist die konsequente Weiterentwicklung der Veranstaltung zur Plattform und manifestiert die umfassende digitale Kompetenz, die sich ISPO in den vergangenen zehn Jahren aufgebaut hat. Vor allem vor dem Hintergrund möglicher Reiserestriktionen bieten die digitalen Elemente die ideale Basis für die Einbindung globaler Zielgruppen: Während vor Ort vor allem die Vertreter aus den europäischen Märkten erwartet werden, erleichtert die digitale Verlängerung den Zugang für das interkontinentale Publikum.

  • Hybrid-Konzept verbindet das Beste aus beiden Welten
  • Konsequente Weiterentwicklung der Digital-Strategie von ISPO
  • Erstmals werden Endkonsumenten digital in das Event eingebunden

Die Weltleitmesse ISPO Munich findet vom 31. Januar bis 3. Februar 2021 erstmals als Hybrid-Event sowohl physisch in München als auch digital weltweit statt. Das neue Konzept ist die konsequente Weiterentwicklung der Veranstaltung zur Plattform und manifestiert die umfassende digitale Kompetenz, die sich ISPO in den vergangenen zehn Jahren aufgebaut hat. Vor allem vor dem Hintergrund möglicher Reiserestriktionen bieten die digitalen Elemente die ideale Basis für die Einbindung globaler Zielgruppen: Während vor Ort vor allem die Vertreter aus den europäischen Märkten erwartet werden, erleichtert die digitale Verlängerung den Zugang für das interkontinentale Publikum. Neu in diesem Jahr ist zudem die digitale Integration von Endkonsumenten.

„Sport und Outdoor – in diesen Zeiten besonders stark verknüpft mit dem Thema Gesundheit – sind gesellschaftlich so relevant wie nie zuvor. Daraus ergibt sich auch in der Branche ein gestiegenes Bedürfnis nach persönlichem Austausch. Der Wunsch neue Potenziale, Partnerschaften und Geschäftsmodelle zu präsentieren und zu diskutieren, ist größer denn je. So wird es uns von der Industrie gespiegelt und entsprechend haben wir auch unser Konzept aufgesetzt“, erklärt Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München.

Persönlicher Austausch trifft auf weltweite Partizipation
Neue Teilnahmemöglichkeiten, neue Themen, erweiterte Zielgruppen: Das zeigt sich vor allem in den zahlreichen physischen und digitalen Beteiligungsmöglichkeiten rund um die Fokusthemen Kreativität & Digitalisierung, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Neben den Produktpräsentationen in den Messehallen stehen Networking und Matchmaking, Wissenstransfer und Innovationen im Mittelpunkt des Geschehens.

Über die integrierten Hybrid Stages wird die Teilnahme an den Präsentationen, Vorträgen und Workshops nicht nur vor Ort, sondern weltweit ermöglicht. Marken, Key Player und Top-Athleten werden sich hier mit einem Publikum austauschen, das weit über die Messehallen hinaus geht. In die ISPO Munich integriert sind die jeweils eintägigen Konferenzformate ISPO Digitize Summit (1. Februar 2021) sowie die Sports Tech Conference Europe (2. Februar 2021).

Bei der Umsetzung des Hybrid-Konzepts kommt dem ISPO-Team die über die vergangenen zehn Jahre erworbene digitale Kompetenz und Reichweite zugute: Sie basieren auf dem Aufbau eines Ökosystems mit Services entlang der Wertschöpfungskette sowie der Umsetzung der rein digitalen ISPO Re.Start Days im Sommer 2020.

Neu: Digitale Integration von Endkonsumenten
Neben dem Fachpublikum erhalten erstmals auch Endkonsumenten die Möglichkeit der digitalen Partizipation und zum direkten Dialog mit der Branche. Mit Präsentationen, Workshops und Masterclasses haben Marken und Unternehmen die Möglichkeit, sich Sport- und Outdoor-Fans auf der ganzen Welt digital zu präsentieren und mit ihnen in den Austausch zu gehen. Dass diese Integration funktioniert, beweist bereits die ISPO Open Innovation Community: Die rund 80.000 Endkonsumenten bringen bei den Crowdsourcing- und Marktforschungskampagnen ihr Know-how mit ein und liefern den Unternehmen ganzjährig wertvolle Impulse für neue Produkte und Ideen.

Der persönliche Austausch auf dem Messegelände in München bleibt weiterhin dem Fachpublikum vorbehalten.

Markus Hefter, Exhibition Group Director ISPO Munich & OutDoor by ISPO: „Wir sind bereit für die ISPO Munich 2021 und freuen uns auf viele Impulse. Klar ist: Auch wenn sich vieles digital lösen lässt, ist der Wunsch nach persönlichen Treffen und Austausch durch Corona nochmals deutlich verstärkt worden. Wir freuen uns über den starken Rückhalt in der Branche und werden unseren Kunden eine sichere Plattform bieten.“

Maximale Sicherheit und Flexibilität
Für das Vor-Ort-Geschehen bei der ISPO Munich 2021 gilt ein umfangreiches Schutz- und Hygienekonzept, das die Messe München mit der Bayerischen Staatsregierung erarbeitet hat. Die Sicherheit von Ausstellern und Besuchern genießt dabei höchste Priorität. Bereits seit dem 1. September finden auf dem Münchner Messegelände wieder erfolgreich Veranstaltungen statt. Für internationale Besucher gilt: Messeteilnehmer können unter Berücksichtigung bestimmter Einreisebestimmungen aus allen Ländern nach Deutschland einreisen, da sie als Geschäftsreisende mit wichtigem Grund gelten.

Aussteller bekommen durch die Verschiebung von Deadlines und flexiblen Stornobedingungen mehr Flexibilität. Auf Wunsch kann auf vorgebaute Stände zurückgegriffen werden, um kostengünstig und effizient an der Veranstaltung teilzunehmen.

Zu weiteren Fragen rund um das Schutz- und Hygienekonzept steht Ausstellern und Besuchern die Messe München Hotline zu Verfügung. Telefonisch unter +49 89 949 11400 oder per E-Mail corona.support@messe-muenchen.de. Die Service-Zeiten sind wie folgt: Montag bis Donnerstag 09:00 bis 17:00 Uhr und Freitag 09:00 bis 16:00 Uhr.

Carl Meiser GmbH & Co. KG (c) Carl Meiser GmbH & Co. KG
06.10.2020

Experten im Bereich Antimikrobielle Ausrüstung mittels Beschichtungen: Nopma - Technische Textilien von der Schwäbischen Alb

Die Carl Meiser GmbH & Co. KG - Anfang der 50er Jahre als Wäschehersteller gestartet, hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem Spezialisten im Bereich der technischen Textilien weiterentwickelt.
Mit seiner Marke nopma Technische Textilien ist das Unternehmen Entwickler und Produzent textiler Problemlösungen durch Beschichtungen. Schwerpunkte sind nopma antirutsch - Textilien mit antirutsch-Wirkung, nopma adhesion - klebstoffvorbeschichtete Folien, Abstandsgewirke und Substrate zur Kaschierung im Automotive Interieur, nopma ceramics - abrasive resistentere textile Oberflächen und nopma silicones - Silikonbeschichtungen auf textilen Oberflächen.

Textination sprach mit dem Geschäftsführer, Jens Meiser, der 2005 ins Unternehmen eintrat, den Geschäftsbereich neu ausrichtete und zum Service-Dienstleister ausbaute, über seine Pläne und Ziele.

Die Carl Meiser GmbH & Co. KG - Anfang der 50er Jahre als Wäschehersteller gestartet, hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem Spezialisten im Bereich der technischen Textilien weiterentwickelt.
Mit seiner Marke nopma Technische Textilien ist das Unternehmen Entwickler und Produzent textiler Problemlösungen durch Beschichtungen. Schwerpunkte sind nopma antirutsch - Textilien mit antirutsch-Wirkung, nopma adhesion - klebstoffvorbeschichtete Folien, Abstandsgewirke und Substrate zur Kaschierung im Automotive Interieur, nopma ceramics - abrasive resistentere textile Oberflächen und nopma silicones - Silikonbeschichtungen auf textilen Oberflächen.

Textination sprach mit dem Geschäftsführer, Jens Meiser, der 2005 ins Unternehmen eintrat, den Geschäftsbereich neu ausrichtete und zum Service-Dienstleister ausbaute, über seine Pläne und Ziele.

1952 gegründet, hat sich die Carl Meiser GmbH & Co.KG von einem Tag- und Nachtwäschehersteller zu einem Innovationstreiber im Bereich technischer Textilen gewandelt, der sich als Spezialist für kunststoffbasierende Beschichtungsverfahren präsentiert. Wenn Sie sich jemandem, der das Unternehmen nicht kennt, in 100 Worten vorstellen müssten: Was hat Sie in diesem Entwicklungsprozess besonders beeinflusst, und was macht Sie unverwechselbar?
Innovation is the new normal – Dies gilt für die Textilindustrie nicht erst seit Sars CoV-2. Unsere Industrie wurde Anfang der 90er Jahre als eine der ersten disruptiert und unterliegt seit jeher ständigem Wandel. Dieser überlebensnotwenige Drang nach Weiterentwicklung prägt uns intensiv und hat es uns ermöglicht, in den letzten Jahren große Innovationssprünge zu machen.

Heute verstehen wir uns als innovativer Entwicklungs- und Produktionsdienstleister mit dem Schwerpunkt der Textilbeschichtung. Wir entwickeln und produzieren fast ausschließlich kundenspezifische Speziallösungen.

Durch die Kombination von Beschichtungen auf Textilien erhalten diese hybriden Wertstoffe ganz neue Eigenschaften.

Sie fertigen ausschließlich am Standort Deutschland. Warum? Sind Sie nie in Versuchung geraten, Niederlassungen in anderen Ländern zu gründen, um beispielsweise von einem niedrigeren Lohnniveau zu profitieren?
Wir beliefern heute von unserem Stammsitz in Süddeutschland globale Lieferketten. Zwar produzieren wir damit in einem Hochlohnland, viel wichtiger für uns sind jedoch Know-How und der Drang unseres Teams, Neues zu schaffen. Globalisierung wird auch zukünftig der Schlüssel zum Erfolg sein. Aus diesem Grund wird es für uns mittel- bis langfristig interessant, auch mit Niederlassungen in Nordamerika und Asien vor Ort zu sein. Noch ist dies jedoch zu früh für uns.

Sie nutzen in Ihrem Unternehmen intensiv KVP- und Kaizen-Techniken. Wie kam es zu einem japanischen Konzept auf der Schwäbischen Alb?
KAIZEN, der Wandel zum Besseren, sind eigentlich deutsche Tugenden. Der Drang, Dinge zu verbessern und zu optimieren, steckt in uns allen. Durch den kontinuierlichen Verbesserungsprozess bleiben wir nicht stehen und entwickeln uns ständig weiter. Und dann ist da noch die persönliche Affinität zu Japan. Ein Blick auf eine andere Kultur öffnet einfach den Horizont. Und wenn man dann noch Parallelitäten in der Arbeitsmethodik erkennt, ist dies umso besser.

Vor nunmehr 10 Jahren haben Sie sich neuen Märkten zugewandt: Aviation, Automotive, Protection, Caravan und Möbelbau, um nur einige zu nennen. Einige dieser Segmente sind unter der Covid-19-Pandemie signifikant eingebrochen. Welche Marktentwicklung erwarten Sie mittelfristig und welche Konsequenzen wird das für Ihr Unternehmen haben
Natürlich haben zum Beispiel die Aviation oder Automotive Industrie substanzielle Probleme in oder durch die Covid-19-Pandemie. Ganz ehrlich sind viele dieser Probleme aber auch schon vorher vorhanden gewesen, wurden nur wie durch einen Brandbeschleuniger weiter verschärft. Natürlich treffen uns diese Einbrüche auch ökonomisch hart. Jedoch verfolgen wir langfristige Ziele. Als Mittelständler muss man die Resilienz haben, seinen Weg weiter zu beschreiten. Durch unsere Spezialisierung und durch unseren Branchensplit, den wir jeden Tag vorantreiben, schaffen wir es, uns immer weiter von konjunkturellen Entwicklungen in einzelnen Branchen abzukoppeln. Dies bietet für unsere Kunden den großen Vorteil, einen sehr stabilen Partner mit langfristiger Ausrichtung zu haben.

Für die Zukunft sind wir optimistisch. Die Megatrends Nachhaltigkeit, Digitalisierung und weiterhin Globalisierung werden dazu führen, dass es auch in den oben genannten Brachen, wie in vielen anderen auch, wieder neue Geschäftsmodelle gibt und es zu erneutem Wachstum kommen wird. Unsere Beschichtungen auf Textilien und flexiblen Bahnwaren können dazu eine Vielzahl von Lösungen beisteuern. Wenn Materialien zum Beispiel leichter werden bei identischen Gebrauchseigenschaften oder durch den Einsatz von Biodegradable-Kunststoffen plötzlich biologisch abbaubar sind, ergeben sich viele neue Chancen.

Maßgeschneidert statt Lösungen für Großkunden: Das Thema Individualisierung bis zur Losgröße 1 nimmt heute einen breiten Raum ein. 2015 haben Sie ein großes Entwicklungslabor in Betrieb genommen, in dem Sie verschiedenste Prüftechnologien für Textilien und Kunststoffe vorhalten. Wie stehen Sie zu individuellen Produktlösungen, und in welchen Anwendungsbereichen haben Sie diese erfolgreich umgesetzt?
Prinzipiell kennen wir keine Standards. Wir leben Individualisierung bei geringstmöglichen Losgrößen. In unserem Bereich schaffen wir nicht die Losgröße 1, beginnen aber bereits ab MOQs von 300 lfm bei prozesssicherer Serienfertigung. Wir haben nur sehr wenige fertige Produkte, und vor allem haben wir keine Kollektionen. Unser Entwicklungslabor ist hierzu der Schlüssel. Wir haben die Möglichkeiten, zusammen mit unseren Kunden sehr schlanke Entwicklungsprozesse zu realisieren. Bereits im Labormaßstab können wir innerhalb weniger Stunden neue Produkte entwickeln und prüfen. Die Skalierung in die Fertigung streben wir dann bereits sehr früh an, um Serienergebnisse zu erhalten. Damit bieten wir unseren Kunden eine Geschwindigkeit und Schlagkraft, die ein besonderes Potential für unsere Partner darstellen.

Sie erfassen wichtige Einsatzfaktoren im Produktionsprozess und werten sie in monatlichen Umweltanalysen aus. Welche Faktoren sind dies konkret und inwiefern haben deren Analysen den Produktionsbetrieb bereits verändert? Wie definieren Sie Umweltmanagement für Ihr Unternehmen
Umweltmanagement bedeutet für uns einen ganzheitlichen Ansatz. Prinzipiell betreiben wir Produktionsaggregate und stellen Produkte her, die viele Ressourcen verbrauchen. Durch die hohen Produktionsmengen kumuliert sich dies weiter. Aus diesem Grund ist es für uns selbstverständlich, dass wir unsere Input- und Output-Ströme erfassen, auswerten und davon Maßnahmen ableiten. Dies ist ökonomisch sinnvoll, ist aber auch durch unsere Verantwortung für unser Umfeld geboten. Konkret sind dies energetische Verbrauchswerte, Verbrauchsdaten von Primärchemie, Stromlastspitzen, unser Co2-Fußabdruck, um nur einige wenige zu nennen. Diese Betrachtung hat uns in vielen Bereichen verändert. Heute betreiben wir ein Kraftwerk mit Gas-Brennwerttechnologie, unsere freien Dachflächen sind begrünt oder tragen Photovoltaikmodule, wir bieten unseren Mitarbeitern und Besuchern Elektrotankstellen an, und zuletzt haben wir die gesamte Stromversorgung unserer Fabrik auf umweltfreundliche Wasserkraft umgestellt.

Mit nopma bauen Sie seit mehreren Jahren eine Marke für den Bereich Technische Textilien auf und kommunizieren diese über eine eigene Website parallel zur Carl Meiser GmbH & Co. KG. Wie kam es zu diesem Markennamen und welches Produktportfolio steckt dahinter
Dies ist der Name eines ersten technischen Textilprodukt aus den 1990er Jahren. Es handelte sich um ein mit Punkten beschichtetes Textil. Noppen auf Maschenware. NOPMA. Mein Vater hat diese Marke kreiert.

2016 haben Sie in eine zusätzliche Produktionslinie für nopma-Produkte investiert und direkt eine Serienbelieferung im NAFTA-Raum starten können. Wie bewerten Sie die Marktchancen aktuell für Nordamerika und Mexiko?
Wir sehen weiterhin Chancen in der Globalisierung und damit auch im nordamerikanischen Markt. Durch die Pandemie sind diese Märkte jedoch immer noch schwer getroffen, und es gibt größere Verwerfungen. Wenn sich diese wieder normalisieren, werden auch wir wieder mehr Erfolg vor Ort sehen.

Meiser bietet als Innovationsführer lösungsmittelfreie PU-Klebstoffsysteme als Vorbeschichtungen zur Kaschierung an. Wie beurteilen Sie die Bedeutung solcher Innovationen im Rahmen von REACH?
Diese Innovationen bieten unseren Kunden die Möglichkeit, sich abzukoppeln vom Druck den REACH in manchen Branchen auslöst. Jedoch haben auch wir vereinzelt Produkte, die wir in den letzten Monaten neu entwickeln. Dies beschäftigt uns immer wieder, schafft aber auch Chancen, neue Marktsegmente zu erschließen.

Wie haben Sie die Coronazeit bisher empfunden - als Unternehmen und persönlich? Was möchten Sie auf keinen Fall wieder erleben, was aber vielleicht sogar in den Alltag mitnehmen?
Ich denke, auch diese Zeit hat uns als Gesellschaft, Menschen und selbst als Unternehmer gestärkt. Jede Krise, die man durchlebt, macht einen etwas gelassener für Unvorhergesehenes, aber auch motivierter, seine Ziele zu erreichen. Es gab also aus meiner Sicht durchaus viel Positives an den letzten Monaten. Plötzlich sind zum Beispiel Werkzeuge der Digitalisierung in unserem Alltag akzeptiert, und ich empfinde es schon so, dass man auf den Anderen wieder mehr achtet. Hoffentlich bleibt dies so.

Die futuristische Rolltreppe „Tube“ der Elbphilharmonie ist ebenso imposant, wie das Gebäude selbst und die längste Rolltreppe Westeuropas. Im August hat ein Kölner Startup UV-Technik eingebaut, die die Handläufe ständig reinhält. Zeitgleich haben Sie eine antivirale Funktionsbeschichtung vorgestellt, die auf alle Textilien in Form von Meterware appliziert werden kann. Wie funktioniert das, und für welche Einsatzzwecke ist die Technik geeignet?
Bereits seit vielen Jahren haben wir uns mit antimikrobiellen Ausrüstungstechniken befasst. Begonnen hat dies bereits mit der Schweinegrippe im Jahr 2009/2010. Damals haben wir mit einem jungen Startup erste Kontakte geknüpft und eine Entwicklung gestartet. Mangels Marktinteresse musste dies jedoch nach einigen Monaten wieder eingestellt werden. Heute sind wir Experten im Bereich „Antimikrobielle Ausrüstungen mittels Beschichtungen“. Auch konnten wir enormes Wissen um das Themenfeld Zulassung und Biozidverordnung aufbauen. Wir können unsere Kunden heute ganzheitlich in diesen Themenfeldern unterstützen. Die Funktion durch hautverträgliche Wirkstoffe aus dem Kosmetikbereich mit einem Vesikelbooster kann Viren und Bakterien innerhalb weniger Minuten abtöten.
Da uns die Pandemie die enorme Wichtigkeit eines neuen Hygieneniveaus aufgezeigt hat, sind die Einsatzzwecke sehr vielfältig und differenziert. Den Einsatz in Persönlicher Schutzausrüstung, Arbeitsmöbeln, Fahrzeugen und zum Beispiel Handschuhen haben wir heute bereits realisiert. Prinzipiell ist jede Anwendung prädestiniert, bei der textile Träger vielen Berührungen durch verschiedene Personen in hoher Frequenz ausgesetzt sind. Hier bieten unsere nopma Produkte ein neues Schutz- und Hygieneniveau.

Neue Wege zu gehen, bedeutet Entscheidungsfreudigkeit, Überwindung von Ängsten - und damit auch Mut zum Scheitern. Nicht jedes Projekt kann gelingen. Über welche unternehmerische Entscheidung sind Sie im Nachhinein besonders froh, sie getroffen zu haben
Wir scheitern immer wieder. Dies gehört dazu. Jedoch ist es noch nie vorgekommen, dass wir nichts gelernt haben. Ein schönes Beispiel ist auch hier die Pandemiesituation. Wir haben im Frühjahr unsere Unternehmerische Verantwortung für unsere Gesellschaft angenommen und als eines von zwei Unternehmen in Baden-Württemberg geschafft, die Zertifizierung für FFP-Schutzmasken zu erlangen. Da wir nicht am damaligen Revolvermarkt teilnehmen wollen, haben wir diese Produkte nur der öffentlichen Hand zu günstigen Vor-Krisenpreisen angeboten. Die Entscheider konnten sich jedoch über Wochen nicht entschließen und haben nicht bestellt. Dies hat unser ganzes Team damals sehr enttäuscht. Heute haben wir dies überwunden und viel Wissen aus dieser Entwicklung mitgenommen.

 

Die Fragen stellte Ines Chucholowius, CEO Textination GmbH