Textination Newsline

from to
Zurücksetzen
9 Ergebnisse
Vom MIT zum Burning Man: Der Living Knitwork Pavilion Credit Irmandy Wicaksono
24.10.2023

Vom MIT zum Burning Man: Der Living Knitwork Pavilion

Vor der gewaltigen und surrealen Kulisse der Black Rock Desert in Nevada findet alljährlich der Burning Man statt, der die flache, karge Wüste in einen riesigen Spielplatz für künstlerischen und kreativen Ausdruck verwandelt. Die "Burners" kommen hierher, um die flüchtige Black Rock City, die die Teilnehmer jedes Jahr aufs Neue errichten, zu erleben und mitzugestalten. Mit ihren zahllosen Kunstinstallationen und Performances ist die Black Rock City ein temporäres Zuhause für kreative Köpfe aus der ganzen Welt.

Vor der gewaltigen und surrealen Kulisse der Black Rock Desert in Nevada findet alljährlich der Burning Man statt, der die flache, karge Wüste in einen riesigen Spielplatz für künstlerischen und kreativen Ausdruck verwandelt. Die "Burners" kommen hierher, um die flüchtige Black Rock City, die die Teilnehmer jedes Jahr aufs Neue errichten, zu erleben und mitzugestalten. Mit ihren zahllosen Kunstinstallationen und Performances ist die Black Rock City ein temporäres Zuhause für kreative Köpfe aus der ganzen Welt.

Unter den großformatigen Kunstwerken befand sich in diesem Jahr der Living Knitwork Pavilion, ein ungewöhnliches architektonisches Werk, das aus gestrickten Textilien und einem Holzgitter gefertigt wurde. Die Installation wurde von einem Forscherteam des MIT Media Lab und der MIT School of Architecture and Planning unter der Leitung der Doktorandin Irmandy Wicaksono entwickelt und gebaut und mit dem Black Rock City Honorarium 2023 ausgezeichnet. Für das Team war es ein äußerst anspruchsvolles und erfüllendes Projekt, das viele neue Erkenntnisse und Überraschungen bot. Zu erleben, wie die Installation mitten in der Wüste entstanden ist und erstrahlt, war wirklich magisch.

Im Living Knitwork Pavilion sind 12 modulare Stoffbahnen, die so genannten Knitwork Petals (gestrickte Blütenblätter), durch einen zentralen Turm miteinander verbunden. Die gesamte Installation bildet eine zwölfeckige pyramidenförmige Schattenstruktur, die 18 Fuß hoch und 26 Fuß breit ist und an ein Tipi erinnert. Die Stoffe wurden mit Hilfe von digitalem Strickmaschinen und einer Sammlung von funktionellen und herkömmlichen Garnen, einschließlich photochromer, leuchtender und leitfähiger Garne, entwickelt. Wicaksono ließ sich von den komplizierten Textilmustern und Tempelschnitzereien in Indonesien inspirieren und nutzte die Spannung zwischen gestrickten Polyester- und Spandexgarnen, um textile Texturmuster oder Reliefs zu schaffen. Die Verschmelzung von parametrischen und handgefertigten Motiven verwandelt das "Living Knitwork" in ein erzählerisches Kunstwerk, das sowohl die Ehrfurcht vor der alten Kunst als auch eine Vision für die Zukunft widerspiegelt. Diese Reliefs voller Symbole und Illustrationen stellen 12 Geschichten der Zukunft dar - von Solarpunk-Städten und Bio-Maschinen-Schnittstellen bis hin zur Tiefsee und Weltraumforschung.

Burning Man und die Black Rock Wüste sind für ihre Kletteren-thusiasten und starken Winde bekannt. Da solche Windböen dazu führen können, dass sich Stoffe wie Segel verhalten und eine erhebliche Kraft ausüben, entwarf das Team eine Struktur, die das Körpergewicht vieler Kletterer tragen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 70 mph standhalten kann.

Die fertige Mittelstruktur des Pavillons besteht aus einem asymptotischen Gittergeflecht aus Holz- und Verbindungselementen, das für die statische Festigkeit optimiert ist und gleichzeitig den Materialverbrauch minimiert. Die gestrickten Blütenblätter, die mit einer doppelt gestrickten Struktur und Netzöffnungen integriert und durch das Schmelzen von Garnen thermogeformt wurden, sorgen für strukturelle Stabilität. Maßgeschneiderte Kanäle für Seile und Kabel wurden ebenfalls in das Strickdesign integriert, um sicherzustellen, dass jedes Gewebe und jede elektrische Komponente sicher verankert und geschützt ist, ohne die ästhetische Gestaltung zu beeinträchtigen. Der Living Knitwork Pavillon, der dieses Jahr Windstärken von bis zu 36 mph ausgesetzt war, blieb während der gesamten Burning Man-Veranstaltung standhaft und bewies damit seine Widerstandsfähigkeit unter extremen Wüstenbedingungen.

Zur Unterstützung von Burning Man's Anliegen einer nachhaltigeren Kunst, nutzte der Living Knitwork Pavillon die additive Fertigung von digitalem Stricken. Diese Methode ermöglichte die Herstellung individueller, mehrschichtiger Textilien, die sowohl ästhetisch als auch funktional sind, während gleichzeitig der Verbrauch von Rohstoffen und Abfall minimiert wurde. Das Team verwendete für seine Stoffe recycelte Materialien, wobei 60 Prozent der Garne aus recycelten Plastikflaschen stammen. Der Pavillon wird außerdem vollständig mit Batterieenergie und Solarzellen betrieben. Das Team arbeitete mit der Solar Library zusammen, einem skulpturalen Solarpanel, das Energie an andere Kunstwerke auf der Playa verteilt, um Generatoren und Lärm zu vermeiden und gleichzeitig die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu fördern.

Tagsüber dient der Living Knitwork Pavilion als Schattenspender und gemeinschaftlichee Raum für Meditati-on und Entdeckungen. Wenn sich die Sonne im Laufe des Tages weiterbewegt, werden verborgene, verschlüsselte Textilmuster und visuelle Erfahrungen durch Photochromie und leuchtendes Glühen enthüllt. Wenn die Dämmerung über der Wüste hereinbricht, vollzieht der Pavillon eine Metamorphose und beleuchtet seine Umgebung durch ein beeindruckendes Licht- und Audiosystem. Durch ein verteiltes Netzwerk von Antennen, die in die zentrale Struktur und in jedes gestrickte Blütenblatt eingebettet sind, wollte das Team letztlich eine persönliche Erfahrung schaffen, die es individuellen und kollektiven Bewegungen und Aktivitäten ermöglicht, das Gesamtambiente des Raums zu beeinflussen, einschließlich Klang und Beleuchtung

Während des gesamten Burning Man fanden im Pavillon auch Pop-up-Events statt, von Yoga-Sitzungen über Tanzvorführungen und Live-Musik bis hin zu einer Hochzeitszeremonie. Leider wurde die Black Rock Desert in den letzten beiden Tagen der Veranstaltung von einem heftigen Regenschauer heimgesucht - eine Seltenheit für diese Veranstaltung. Diese klimatische Wendung wirkte sich jedoch positiv auf den Pavillon aus, da die Textiloberfläche von dem angesammelten Staub befreit wurde und ihre leuchtend blaue Farbe wieder auflebte.

Das Ergebnis dieses umfassenden Projekts ist eine Zusammenarbeit, die Grenzen zwischen den Disziplinen überschreitet. Das Forschungsteam möchte Communities zusammenbringen und die bemerkenswerten Möglichkeiten aufzeigen, die sich ergeben, wenn Architektur, Technologie und Textilkunst zusammenkommen.

The interdisciplinary group behind the Living Knitwork Pavilion includes researchers from across the Media Lab, the MIT Center for Bits and Atoms, and the Department of Architecture: Irmandy Wicaksono, Sam Chin, Alfonso Parra Rubio, Nicole Bakker, Erik Strand, Gabriela Advincula, Manaswi Mishra, Age van der Mei, Judyta Cichoka, Tongge Yu, and Angelica Zhang.  

 

Quelle:

Massachusetts Institute of Technology MIT News

Foto: pasja1000 Pixabay
19.03.2019

SRI LANKAS BEKLEIDUNGS- UND TEXTILEXPORTE ERHALTEN AUFTRIEB

  • Modernisierung der Fertigungsbetriebe erforderlich

Sri Lankas Textil- und Bekleidungsindustrie blickt dank des reaktivierten GSP-Importstatus der Europäischen Union mit Zuversicht in die Zukunft und rechnet mit besseren Absatzchancen im Ausland.

Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist für Sri Lanka von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Die Branche erzielte 2018 fast 43 Prozent der Gesamtexporte des Landes und bietet Beschäftigung für knapp 350.000 Arbeitnehmer im formellen und für etwa doppelt so viele im informellen Sektor. Insgesamt sind dies rund 33 Prozent aller Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe. Die Mehrheit der Beschäftigten sind Frauen.

  • Modernisierung der Fertigungsbetriebe erforderlich

Sri Lankas Textil- und Bekleidungsindustrie blickt dank des reaktivierten GSP-Importstatus der Europäischen Union mit Zuversicht in die Zukunft und rechnet mit besseren Absatzchancen im Ausland.

Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist für Sri Lanka von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung. Die Branche erzielte 2018 fast 43 Prozent der Gesamtexporte des Landes und bietet Beschäftigung für knapp 350.000 Arbeitnehmer im formellen und für etwa doppelt so viele im informellen Sektor. Insgesamt sind dies rund 33 Prozent aller Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe. Die Mehrheit der Beschäftigten sind Frauen.

Der Beitrag der Textil- und Bekleidungsindustrie zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt rund 6 Prozent. "In Anbetracht der Entwicklung der anderen Sektoren ist es sehr unwahrscheinlich, dass eine andere Branche kurz- bis mittelfristig dieses Leistungsniveau erreicht", sagte die Leiterin Jeevani Siriwardena des Export Development Board (EDB) in einem Interview mit Germany Trade und Invest. Die Textil- und Bekleidungsindustrie werde weiterhin eine wichtige Branche für die srilankische Wirtschaft bleiben.

Kurz- bis mittelfristige Aussichten sind gut
Am 18. Mai 2017 wurde nach einer siebenjährigen Auszeit der Generalised Scheme of Preferences Plus (GSP+)-Status von der Europäischen Union (EU) für Sri Lanka reaktiviert. Dies bedeutet, dass der Inselstaat bei der Ausfuhr von Waren in die EU eine Zollbefreiung auf über 66 Prozent der Zolltarifpositionen erhält. "Die Exporteinbußen soll Sri Lanka in den Jahren 2010 bis 2017 ohne GSP-Status circa 32 Milliarden gekostet haben", betonte Ravindi Ranaraja, stellvertretende Leiterin der Export Service Division der EDB, in einem GTAI-Interview. Insbesondere die stark exportorientierte Bekleidungs- und Textilindustrie werde vom wiedererlangten GSP-Status profitieren. Sri Lankas Textil- und Bekleidungsindustrie blicke zuversichtlich in die Zukunft und rechnete zudem mit besseren Absatzchancen im Ausland.

Textil- und Bekleidungsexporte Sri Lankas in die EU und nach Deutschland 2018
(in Mio. US$; Veränderung zum Vorjahr in %)
HS-Code Definition
 
EU
 
Veränderung
 
Deutschland *) Veränderung
 
61 Kleidung und Bekleidungszubehör, aus Gewirken oder Gestricken 1.177 0,7 232,55 9,6
62 Bekleidung und Bekleidungszubehör, nicht aus Gewirken oder Gestricken 874 7,6 151,59 18,1
63 Andere konfektionierte Textilwaren; Sets; getragene Kleidung und gebrauchte Textilwaren 52 18,2 7,8 13,5
Summe   2.103 3,9 391,92 12,8

*) Schätzung
Quellen: Sri Lanka Apparel Exporters Association; Pressemeldungen; Berechnungen von Germany Trade & Invest; Destatis, Februar 2019


Positive Impulse sind bereits erkennbar. Den letztverfügbaren Außenhandelszahlen zufolge konnte Sri Lanka 2018 seine Gesamtexporte an Textilien und Bekleidung (HS-Code 61, 62 und 63) um knapp 4,8 Prozent auf circa 5 Milliarden US-Dollar (US$) steigern. Die Exporte in die EU sind um 3,9 Prozent auf 2,1 Milliarden US$ gestiegen. Die Ausfuhren nach Deutschland konnten ein Plus von 12,8 Prozent einholen.

Noch ist nicht sicher, dass Sri Lanka es schafft, die Verluste der Vergangenheit wettzumachen und auszugleichen. Zwischenzeitlich sind Länder wie Bangladesch, Indien und Pakistan, die bereits das gesamte laufende Jahrzehnt die Zollvergünstigungen im Außenhandel mit der EU genossen haben, an dem Inselstaat vorbeigezogen. Vor allem Bangladesch konnte seine Bekleidungs- und Textilexporte im Vergleich zu Sri Lanka stark ausbauen.

Textil- und Bekleidungsexporte Sri Lankas 2018 (HS-Code 61, 62, 63)
Land in Mio. US$ 1)
China 172,4
Vietnam 36,0
Bangladesch 32,9
Indien 20,9
Indonesien 2) 14,0

1) Schätzung; 2) Prognose
Quellen: Pressemeldungen; Berechnungen Germany Trade & Invest, Februar 2019

Sri Lanka setzt auf höherwertige Produkte
Zahlreiche heimische Textilproduzenten steigen zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf die Produktion qualitativ hochwertiger Kleidungsstücke um. "In Sri Lanka setzt man nicht auf Masse, sondern vielmehr auf höherwertige Produkte", bestätigte M. Raghuram, Chief Executive Officer von Brandix, einem der größten Bekleidungsunternehmen des Landes, in einem Interview mit GTAI. Der Inselstaat konzentriere sich auf die Herstellung weniger Produktkategorien wie zum Beispiel auf Unterwäsche, Sportbekleidung oder Lounge Wear.

Sri Lanka ist ein Standort für die Herstellung von qualitativ hochwertigen Kleidungsstücken geworden. Dies bestätigt auch die Weltbank. In ihrer Studie aus dem Jahr 2016 "Stitches to Riches" (Website) stellt sie fest, dass Sri Lanka die Wettbewerber Indien, Pakistan und Bangladesch in den Punkten Qualität, Lieferzeiten, Verlässlichkeit und nachhaltiger sozialer Verantwortung übertrifft.

Sri Lanka bedient entsprechend anspruchsvolle internationale Unternehmen wie Victoria Secrets, GAP, Nike oder Marks und Spencer. Expertenschätzungen zufolge macht die Produktion der Top 10 srilankischer Textil- und Bekleidungsunternehmen circa 85 Prozent der gesamten Exporte der Branche aus.

Ehrgeiziges Ziel ist es, die Exporterlöse der Bekleidungsindustrie bis 2025 auf 8 Milliarden US$ zu steigern, was ein jährliches Wachstum von 6 Prozent erfordert. Dafür muss Sri Lanka Kapazitäts-, Technologie- und Ressourcenprobleme verbessern. "Es wird immer schwieriger geeignetes Personal zu finden. Für viele junge Menschen in Sri Lanka ist die Arbeit in der Bekleidungs- und Textilbranche schlichtweg unattraktiv," erwähnte Nilanthi Sivapragasam, Chief Financial Officer des Konglomerats Aitkence Spence, gegenüber GTAI. Ferner stelle die Ausbildung der Arbeitskräfte eine große Herausforderung dar. "Das Anlernen neuer Mitarbeiter ist sehr zeitintensiv und arbeitsaufwendig," bestätigt Sivapragasam.

Importe deutscher Maschinen gehen zurück
Zudem müssen Sri Lankas Textilbetriebe ihre Maschinenparks modernisieren und ihre Kapazitäten erweitern, um so Produktivität und Wertschöpfung weiter zu erhöhen. Entsprechend besteht ein großer Bedarf an technisch anspruchsvollen Textilmaschinen im Land. Für Maschinenzulieferer ergeben sich hier gute Möglichkeiten und Chancen. Besonders dynamisch soll sich Experten zufolge künftig die Nachfrage nach Textildruck- und Färbereimaschinen, Spannrahmen und Veredelungstechnik entwickeln.
 
In Sri Lanka selbst werden nur relativ einfache Maschinen hergestellt. High-End-Technologie wird hauptsächlich importiert. China ist der wichtigste Lieferant von Textilmaschinen, circa ein Drittel aller Importe stammen von dort. Auch Indien konnte seine Maschinenexporte nach Sri Lanka über die letzten Jahre signifikant steigern. 2017 erzielte Indien mit Ausfuhren in Höhe von 6,3 Millionen US$ ein Plus von 46,7 Prozent, 2010 waren es noch Exporte in Höhe von 2,6 Millionen US$.

Die deutschen Maschinenexporte erlitten enorme Verluste. Sri Lankas Import von Textilmaschinen aus Deutschland lag 2017 bei 16,5 Millionen US$, ein Rückgang um 54,2 Prozent. Deutschland hat über die letzten Jahren Lieferanteile verloren. Dieser Trend wird sich Branchenkennern zufolge weiter fortsetzen: Made in Germany steht für Qualität und ist in Sri Lanka auch weiterhin sehr beliebt; jedoch können deutsche Maschinenhersteller oft nicht mit den preisgünstigen Produkten aus China oder Indien mithalten.

Sri Lankas Einfuhr von Textil- und Bekleidungsmaschinen
(SITC 724; in Mio. US$)
Country 2016 2017 Veränderung
China 56,3 51,8 -8,0
Japan 26,6 18,3 -31,1
Deutschland 36,0 16,5 -54,2
Singapur 13,6 14,5 -6,8
Indien 4,3 6,3 46,7
Insgesamt 192,8 155,3 -19,5

Quelle: UN Comtrade, März 2019

Kontaktanschriften
Bezeichnung Internetadresse Bemerkung
Germany Trade & Invest http://www.gtai.de/srilanka Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft
AHK Sri Lanka http://www.srilanka.ahk.de Anlaufstelle für deutsche Unternehmen
Sri Lanka Export Development Board http://www.srilankabusiness.com/edb Staatliche Organisation, die für die Entwicklung und Förderung der Exporte in Sri Lanka verantwortlich ist.

 

Weitere Informationen:
Sri Lanka
Quelle:

Heena Nazir, Germany Trade & Invest www.gtai.de

Europäische Pressekonferenz imm cologne/LivingKitchen 2019 am 6. September 2018 in Madrid © Koelnmesse GmbH
02.10.2018

MÖBELINDUSTRIE WÄCHST IM 1. HALBJAHR NUR LEICHT UM 1 %

  • Fast jedes dritte Möbelstück geht bereits in den Export
  • Onlinekauf von Möbeln liegt mittlerweile bei 14 Prozent

Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie, berichtete während der Europäischen Pressekonferenz zur imm cologne/LivingKitchen 2019 im September 2018 in Madrid über die wirtschaftliche Situation der Branche:

  • Fast jedes dritte Möbelstück geht bereits in den Export
  • Onlinekauf von Möbeln liegt mittlerweile bei 14 Prozent

Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie, berichtete während der Europäischen Pressekonferenz zur imm cologne/LivingKitchen 2019 im September 2018 in Madrid über die wirtschaftliche Situation der Branche:

Am Ende eines Jahrhundertsommers, der die Verbraucher eher in die Freibäder und Biergärten als in die Möbelhäuser getrieben hat, blickt die deutsche Möbelindustrie auf eine entsprechend verhaltene Branchenentwicklung. Nach einem Umsatzrückgang im zweiten Halbjahr 2017 hat sich die Konjunktur der Hersteller im ersten Halbjahr 2018 zwar leicht verbessert, doch unter dem Strich tritt der Möbelabsatz besonders im Inland auf der Stelle. Während der Jahresstart im Umfeld der imm cologne noch deutlich positiv ausgefallen ist, stellte sich anschließend eine deutliche Beruhigung des Geschäfts ein.

Von Januar bis Juni lagen die Umsätze der Branche bei rund 9,1 Mrd. Euro und damit leicht um 1 Prozent über dem Vorjahreszeitraum. Nach einem Umsatzminus von 0,7 Prozent im Gesamtjahr 2017, das insbesondere von einer negativen Dynamik im zweiten Halbjahr (-1,6%) geprägt war, konnten die deutschen Möbelhersteller somit wieder leichte Umsatzzuwächse generieren, die Lage ist jedoch nicht zufriedenstellend.

Wachstumsimpulse kommen aus dem Ausland
Das leichte Wachstum ging dabei ausschließlich auf das Konto des Auslandsgeschäfts, denn der Umsatz jenseits der Grenzen stieg in den ersten sechs Monaten um 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dagegen stagnierte der Inlandsumsatz mit einem minimalen Plus von 0,3 Prozent. Das Exportgeschäft profitierte von der Nachfragebelebung in wichtigen europäischen Absatzmärkten sowie zunehmend der positiven Wirtschaftsentwicklung in den großen Wachstumsregionen außerhalb der EU. Fast ein Drittel der deutschen Möbelexporte wird inzwischen in Nicht-EU-Länder abgesetzt.

Ergebnisse der aktuellen VDM-Umfrage
Der VDM führte im Sommer 2018 eine Umfrage zur wirtschaftlichen Lage bei den Unternehmen der Branche durch. Die aktuelle Geschäftslage wird dabei von den Teilnehmern als befriedigend (34%) bis schlecht eingeschätzt (40%), nur 26 Prozent bewerten die aktuelle Geschäftslage als gut. Im Vergleich zum Sommer 2017 hat sich die Geschäftslage nach Ansicht von 51 Prozent der Befragten verschlechtert.

Geschäftslage im Export besser als der Inlandsmarkt
Das Auseinanderfallen von Inlandsmarkt und Exportgeschäft spiegelt sich auch in der Wirtschaftsumfrage: Während die Lage im Inlandsgeschäft von den meisten Befragten (57%) als schlecht bewertet wird, betrachtet die überwiegende Zahl der Hersteller die Lage im Exportgeschäft als gut (29%) bis befriedigend (56%).

Die derzeit schwierige Inlandsnachfrage wird grundsätzlich auch vom Möbelhandel bestätigt. Natürlich verlagerten die anhaltend hohen Temperaturen viele Aktivitäten nach draußen, doch greift diese Erklärung alleine zu kurz. Um hier ein wenig mehr Erkenntnisse zu bekommen, hat der VDM im Juli beim renommierten Marktforschungsinstitut Kantar TNS eine repräsentative Studie in Auftrag gegeben, die das Kaufverhalten der Deutschen bei Möbeln unter die Lupe genommen hat. Uns interessierte vor allem, wo sich die Menschen über Möbel informieren und wo sie diese kaufen. Sind es die Werbebeilagen in Tageszeitungen oder doch die Webseiten von Händlern? Kaufen die Menschen Möbel vermehrt im Internet oder stimmt die offizielle Vertriebswege-Statistik, die seit Jahren fast stabil immer zwischen 7 und 8 Prozent Anteil auswirft?

Kunden informieren sich zunehmend im Internet
Zunächst ein Blick auf die Informationsquellen: Das Möbelgeschäft - also das Anschauen von Möbeln - selbst ist insgesamt immer noch die wichtigste Informationsquelle (68%), gefolgt von Prospekten der Möbelhäuser (54%). Aber 48% aller Befragten nutzen mittlerweile das Internet als Informations- und Inspirationsquelle. In den jüngeren Zielgruppen (<40 Jahre) verlagert sich die Bedeutung der Informationsquelle deutlich und es dominiert das Internet (77%) wobei das Möbelhaus immerhin noch 63 % nutzen.

In Sachen formaler Bildungsabschluss gibt es eine eindeutige Korrelation zu den Informationsquellen: Bei eher niedriger Bildung bevorzugen die Menschen Prospekte und Werbung der Möbelhäuser. Je höher die Bildung ist, desto mehr Informationen werden aktiv über das Internet beschafft.

80 % haben in den letzten 5 Jahren größere Möbel gekauft
Online-Shopping oder Einkaufsbummel? Generell haben gut 80 % der Deutschen in den vergangenen 5 Jahren größere Möbelstücke gekauft. Wie zu erwarten, nimmt dieser Anteil mit steigendem Lebensalter ab. 75 % derer die Möbel gekauft haben, haben diesen letzten Einkauf im Möbelgeschäft getätigt. Knapp 10 % unter den Käufern bei einem reinen Onlinehändler und noch einmal 4 % über das Internetportal eines Möbelhauses. Somit liegen wir heute bei 14 % Anteil beim Online-Shopping und damit doppelt so hoch, wie die offizielle Vertriebswege-Statistik auswirft. Bei den Onlinekäufern liegen die Single-Haushalte und die unter 30-jährigen deutlich vorne. Während die jungen Menschen sicherlich auch mit zunehmendem Alter nicht mehr auf den Online-Kauf von Möbeln verzichten werden und neue „online-affine“ Verbraucher heranwachsen, sinkt zudem die „Normalitätsschwelle“ auch für die übrigen Altersgruppen. Der Onlinekauf von Möbeln hat damit sicherlich noch sehr viel Potenzial und Industrie und Handel sind gut beraten, dieses Potenzial mit ansprechenden Konzepten und zielgruppenadäquater Information abseits der „Schnitzel- und Rotstiftwerbung“ zu bedienen.

Zudem sehen wir Chancen für die Möbelwirtschaft insgesamt bei einem Anwachsen des Onlinegeschäfts: Einerseits ist die Preis- und Rabattfixierung dort nicht ganz so stark ausgeprägt wie im stark konzentrierten stationären Handel. Anderseits können online-typische kurze Lieferzeiten und Verfügbarkeiten aus dem Inland tendenziell flexibler bedient werden als aus Asien.

Amtliche Auswertung: Umsatz in den einzelnen Segmenten
Die einzelnen Segmente der deutschen Möbelindustrie entwickelten sich von Januar bis Juni 2018 nach Angaben der amtlichen Statistik uneinheitlich. Die Küchenmöbelhersteller verzeichneten einen Umsatzanstieg um 4 Prozent auf rund 2,5 Mrd. €. Die Büromöbelindustrie wies mit einem Umsatz von rund 1,1 Mrd. € ein deutlich positives Ergebnis aus (+7,9%). Auch die Hersteller von Laden- und sonstigen Objektmöbeln lagen um 7,2 Pro-zent über dem Vorjahreswert und erzielten einen Umsatz von rund 920 Mio. €. Einen spürbaren Rückgang registrierten die Hersteller von Polstermöbeln, deren Umsätze von Januar bis Juni 2018 um 5,3 Prozent auf rund 480 Mio. € zurückgingen. Auch die Umsatzentwicklung bei den Wohnmöbeln, sonstigen Möbeln und Möbelteilen fiel mit minus 1,6 Prozent auf 3,7 Mrd. € negativer aus als im Branchendurchschnitt. Das kleinste Segment der Branche – die Matratzenindustrie – wies das signifikanteste Umsatzminus in Höhe von 12,8 Prozent auf rund 400 Mio. € aus. Dieses muss allerdings mit Hinweis auf die überdurchschnittlichen Umsatzzuwächse in diesem Segment in den vergangenen Jahren relativiert werden.

Möbelindustrie generiert neue Arbeitsplätze
Hier noch ein Blick auf die Beschäftigtendaten der Branche: In den aktuell 482 Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten (-2,2%) arbeiten 84.300 Frauen und Männer und damit liegen wir leicht (+0,7%) über dem Niveau des Vorjahres. In der Branche wurden - trotz des schwierigen Marktumfeldes - binnen eines Jahres rund 600 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Die deutschen Möbelexporte legten im ersten Halbjahr 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,2 Prozent auf 5,5 Mrd. € zu. Der Absatz in die EU-Länder bewegte sich mit einem Plus von 1,2 Prozent nur leicht über dem Niveau des Vorjahres und entwickelte sich damit deutlich schwächer als die gesamten Exporte. Zwar konnten die Ausfuhren in den wichtigsten Exportmarkt der deutschen Möbelindustrie nach Frankreich um 3,5 Prozent gesteigert werden, auch der niederländische (+6,2%), der polnische (+10%) und der spanische Markt (+6,1%) entwickelten sich aus Sicht der deutschen Möbelindustrie positiv. Jedoch waren die Möbelausfuhren in so wichtige Absatzmärkte wie Österreich (-1,3%) und die Schweiz (-3,8%) rückläufig.

Negativer Trend in Großbritannien
Die Möbelindustrie bekam auch die negativen Auswirkungen der Brexit-Diskussion und der Abwertung des Pfund im bisherigen Jahresverlauf deutlich zu spüren, denn die Möbelausfuhren nach Großbritannien reduzierten sich im ersten Halbjahr 2018 um 8,9 Prozent. Kein anderer großer Exportmarkt entwickelte sich aus der Sicht der deutschen Möbelhersteller schlechter als das Vereinigte Königreich.

Export in die USA, nach China und Russland boomt
Die wichtigsten Wachstumsmärkte für deutsche Möbel liegen derzeit außerhalb der EU. Besonders hervorzuheben ist die hervorragende Performance deutscher Möbelhersteller in den großen Wachstumsmärkten USA (+9,5%), China (+25,9%) und Russland (+14%). Aufgrund der jeweiligen Marktgröße und der starken Nachfrage nach hochwertigen Möbeln sind auch diese Ergebnisse sicherlich ausbaufähig. Auch andere außereuropäische Märkte wie Kanada, Mexiko, Japan, Südkorea oder Singapur entwickeln sich derzeit positiv, allerdings bewegen sich die Ausfuhren in diese Länder noch auf einem relativ niedrigen Niveau. Insgesamt dürften sich die Nicht-EU-Länder in den kommenden Jahren zu einem wichtigen Wachstumsmotor der deutschen Möbelindustrie entwickeln.

Exportquote steigt auf 32,6 Prozent
Die Industrieexportquote – dies ist der Anteil der von den heimischen Möbelherstellern direkt ins Ausland gelieferten Ware am Gesamtumsatz der Branche – kletterte im ersten Halbjahr 2018 auf 32,6 Prozent und erreichte damit einen neuen Höchstwert. Im ersten Halbjahr 2017 lag der entsprechende Wert noch bei 32,1 Prozent. Seit der Jahrtausendwende konnte die Exportquote in der Möbelindustrie damit verdoppelt werden.

Wertschätzung für Möbel „Made in Germany“
Der Erfolg deutscher Möbelhersteller im Ausland ist der Qualität, der Lieferzuverlässigkeit, dem Design und der Individualität unserer Produkte zu verdanken. Die deutschen Hersteller beherrschen die Abläufe und die Logistik oft besser als ihre internationalen Wettbewerber. Dies sind wichtige Kaufargumente für den Verbraucher – in Shanghai, St. Petersburg und San Francisco gleichermaßen.

Stärkere Exportunterstützung
Angesichts der zunehmenden Bedeutung des Exports für die Branche wird der VDM in Kürze seine Exportunterstützung für die Unternehmen ausbauen: ein neuer VDM-Arbeitskreis Export soll dem Austausch der einzelnen Hersteller dienen, die Schwerpunktmärkte festlegen und die gesamten Export- und Messeaktivitäten der Branche koordinieren. Das know how zu den einzelnen Exportmärkten wird den Möbelherstellern gezielt im Rahmen von Informationstagen und Workshops vermittelt. Parallel werden praktische Arbeitshilfen für das erfolgreiche Engagement deutscher Möbelhersteller im Ausland zur Verfügung gestellt. Diese zusätzlichen Exportaktivitäten sollen den deutschen Möbelherstellern helfen, weitere Marktanteile auf dem Weltmarkt zu gewinnen.

Die Importkonkurrenz bleibt hoch: nachdem die deutschen Möbelimporte im Gesamtjahr 2017 noch um 0,8 % auf 12,7 Mrd. € gestiegen waren, legten sie im ersten Halbjahr 2018 erneut um 0,6 % auf 6,6 Mrd. € zu. Das Außenhandelsdefizit reduzierte sich im gleichen Zeitraum aufgrund der deutlich gestiegenen Exporte jedoch um 8,1 % auf rund 1,2 Mrd. €. Insgesamt setzen sich die osteuropäischen Möbelimporte in Deutschland zunehmend gegenüber der asiatischen Konkurrenz durch. Polen gewann 7,4 Prozent hinzu und blieb wie in den vergangenen Jahren das mit Abstand volumenträchtigste Möbelherkunftsland. Mehr als jedes vierte nach Deutschland importierte Möbel (26,3%) stammt inzwischen aus unserem östlichen Nachbarland. Tschechien blieb mit einem leichten Plus von 0,7 Prozent das drittwichtigste Importland.

Insgesamt konnten die Einfuhren aus den EU-Ländern deutlich um 1,8 Prozent zulegen. Dagegen sanken die Einfuhren aus Asien überdurchschnittlich (-5,9%), hier insbesondere aus Vietnam (-12,3%), Taiwan (-13,9%) und Indonesien (-9,8%). Auch die Importe aus dem zweitwichtigsten Importland China waren mit einem Minus von 5,2 Prozent deutlich rückläufig. Die Struktur der deutschen Möbelimporte weist eine hohe Konzentration auf: Allein auf die drei wichtigsten Lieferländer Polen, China und Tschechien entfallen aktuell rund 56 Prozent der gesamten deutschen Möbelimporte.

Fast zwei Drittel der Teilnehmer der VDM-Umfrage gehen davon aus, dass die Geschäftslage in den kommenden sechs Monaten gleich bleibt. 24 Prozent der Befragten rechnen mit einer Verbesserung, nur 12 Prozent mit einer Verschlechterung der Lage. Nach Einschätzung der Befragten wird die Konjunktur in den kommenden sechs Monaten vor allem durch die steigenden Rohstoffpreise (33% aller Befragten), den Fachkräftemangel (27%), den zunehmenden Importdruck (18%) und die zunehmend protektionistisch ausgerichtete Handelspolitik (9%) beeinflusst.

Steigende Materialkosten treffen die Branche massiv
Gerade die steigenden Materialkosten für Massivholz stellen sich als Hindernis für die Branchenentwicklung dar. Die befragten Unternehmen der deutschen Möbelindustrie berichten von einem durchschnittlichen Anstieg der Massivholzkosten von 9 Prozent im Vergleich zum Sommer 2017. Die Holzwerkstoffe verteuerten sich im gleichen Zeitraum um 5 Prozent, die Logistikkosten ebenfalls um 5 Prozent und die Personalkosten immerhin um 3 Prozent. Dieser Kostenanstieg kann angesichts der Marktmacht der Einkaufsverbände nur unzureichend an den deutschen Möbelhandel weitergegeben werden.

Prognose für das laufende Jahr: +1%
Während der Beitrag der Auslandsmärkte zum Umsatz der deutschen Möbelindustrie angesichts der zuletzt sehr deutlichen Zuwächse auch im zweiten Halbjahr positiv bleiben dürfte, trübt sich die Konjunktur im Inland zunehmend ein. Auch die Verbraucherstimmung in Deutschland lässt nach. Die Konjunkturprognosen für das laufende Jahr wurden von den führenden Wirtschaftsforschern zuletzt deutlich nach unten revidiert. Vor diesem Hintergrund gehen wir auch am Ende des Jahres von einem Umsatzplus von rund 1 Prozent in 2018 aus.

Weitere Informationen:
imm cologne Möbelmarkt
Quelle:

Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie, anlässlich der Europäischen Pressekonferenz imm cologne/LivingKitchen 2019 am 6. September 2018 in Madrid

INDIENS REGIERUNG FÖRDERT TEXTILINDUSTRIE Foto: Pixabay
11.09.2018

INDIENS REGIERUNG FÖRDERT TEXTILINDUSTRIE

  • Bekleidungsexporte sind rückläufig 

New Delhi (GTAI) - Strukturelle Schwächen und fiskalische Reformen setzen der indischen Textilbranche zu. Modernisierungen und Diversifizierungen sind notwendig. Hierbei setzen nun Fördermaßnahmen an.

  • Bekleidungsexporte sind rückläufig 

New Delhi (GTAI) - Strukturelle Schwächen und fiskalische Reformen setzen der indischen Textilbranche zu. Modernisierungen und Diversifizierungen sind notwendig. Hierbei setzen nun Fördermaßnahmen an.

Indiens Regierung hat im Wirtschaftsjahr 2016/17 (1. April bis 31. März) einige grundlegende Reformen auf den Weg gebracht wie die Einführung der landesweit einheitlichen Mehrwertsteuer (Goods and Services Tax; GST) sowie eine teilweise Geldentwertung. Diese Maßnahmen sollen die Gesamtwirtschaft mittel- bis langfristig voranbringen, haben jedoch in einzelnen Sektoren zu Verunsicherungen und Schwierigkeiten geführt, unter anderem in der Textilindustrie. Hinzu kommen hohe Baumwollpreise. Die Regierung versucht nun, der Branche mit Einzelmaßnahmen unter die Arme zu greifen. Ob diese ausreichen und zu einer nachhaltigen Besserung führen, bleibt abzuwarten. Schließlich sind es auch strukturelle Schwächen, die das Wachstum der Branche bremsen.
 
"Die durch GST-Einführung und Geldentwertung verursachte Delle ist mittlerweile überstanden. Die Strukturprobleme bleiben hingegen bestehen, so dass keine grundlegenden Veränderungen in der Textilindustrie zu erwarten sind", so die Einschätzung eines deutschen Zulieferers mit langjähriger Indienerfahrung im Gespräch mit Germany Trade & Invest (GTAI).

Regierung bringt Hilfsmaßnahmen auf den Weg
Einige Maßnahmen der Regierung dürften jedoch Erleichterungen schaffen. So wurden Anfang August 2018 die Einfuhrzölle auf 328 Textilprodukte, vor allem Stoffe und Vliesstoffe, von rund 5 bis 10 auf bis zu 20 Prozent angehoben. Ebenfalls Anfang des Monats brachte die Exekutive vier Gesetzentwürfe zur Abänderung des am 1. Juli 2017 eingeführten allgemeinen Umsatzsteuergesetzes ein. Dadurch sollen Erstattungen, beispielsweise von Steuern auf Vorprodukte, leichter und schneller möglich sein. Durch die Einführung der GST und die Verzögerungen bei der Erstattung ist vor allem die Liquidität kleiner und mittlerer Firmen, die das Gros der Textilunternehmen ausmachen, unter Druck geraten. So hat beispielsweise die Denim-Industrie nach der Steuereinführung vorübergehend 25 bis 30 Prozent ihrer Kapazität aus der Produktion nehmen müssen.
 
Auch das Textilministerium will die ihr anvertraute und schwächelnde Branche anschieben. So fügte sie Anfang August 2018 Änderungen an dem seit 1999 bestehenden Technology Upgradation Funds Scheme (TUFS) an. Dieses nun erweiterte Technologieförderprogramm erlaubt es Genossenschaftsbanken, Textilfirmen Finanzierungen für technologische Verbesserungen zu geben. Auch werden diese für Liability Partnerships zugänglich. Von den rund 1,1 Milliarden US-Dollar (US$), die der zentralstaatliche Haushalt im Fiskaljahr 2018/19 für die Textilindustrie bereithält, sind ein Drittel und damit 14 Prozent mehr als im Vorjahr für den TUFS bestimmt. Davon dürften vor allem Hersteller von Kunstfasertextilien sowie die Bekleidungsindustrie profitieren, verlautet aus Industriekreisen.

Die Existenz eines eigenen Textilministeriums zeigt, wie wichtig die Branche für Indien ist, nicht nur als Devisenbringer, sondern auch als Arbeitgeber. Die Gesamtbranche von Spinnereien, Webereien bis zu Bekleidung und anderen Fertigwaren steuerte 2017 rund 14 Prozent zur Wertschöpfung in der verarbeitenden Industrie sowie 13 Prozent zu den Deviseneinnahmen bei und beschäftigt direkt 40 Millionen und indirekt 60 Millionen Arbeitskräfte.

Als ein weltweit führender Produzent von Baumwolle, aber auch von Jute und Seide, hat Indien komparative Vorteile im Textilsektor und kann auf eine lange Tradition in der Verarbeitung zurückblicken. Entsprechend ist Baumwolle der Hauptrohstoff in der Garn- und Gewebeproduktion. An Garn wurden 2016/17 immerhin 5,7 Milliarden Tonnen gesponnen und damit eine jahresdurchschnittliche Steigerung von 3,1 Prozent in den Jahren 2011 bis 2017 erreicht. Zu Stoffen verarbeiteten die Webereien 63,5 Milliarden Quadratmeter 2016/17, nachdem es 2011 bereits 61,7 Milliarden waren. Der Anteil der Baumwollgewebe stieg 2011 bis 2017 von 51 auf 61 Prozent. Der Rest entfällt ungefähr zu gleichen Teilen auf Synthetik- und Mischgewebe.
 
Produktions- und Exportwachstum gerät ins Stocken
Ausgehend von einem vormals starken Wachstum ist die Regierung optimistisch. So soll laut Prognosen des Textilministeriums die indische Textil- und Bekleidungsindustrie ihren Umsatz von 2015 bis 2021 mehr als verdoppeln. Die Exporte sollen in der Zeit von 35 Milliarden auf 82 Milliarden US$ zulegen, nachdem sie sich von 2006 bis 2014 von 17,6 Milliarden auf 37,6 Milliarden US$ mehr als verzweifacht hatten. Danach stagnierten sie jedoch und verfehlten 2017/18 mit 35 Milliarden US$ das von der Regierung gesetzte Ziel um 10 Milliarden US$. Rückläufig war von 2015 bis 2017 die Produktion von Textilien und Bekleidung. Sie dürfte sich auch 2018 kaum verbessern.

Textil- und Bekleidungsindustrie in Indien 1)
  2015/16
 
2016/17 2)  2017/18 2)
Exporte von Textilien und Textilprodukten ohne Bekleidung in Mrd. US$ 18,1 18,2 18,7
Exporte von Bekleidung in Mrd. US$ 17,0 17,4 16,7
Importe von Garn, Stoffen und konfektionierten Artikeln in Mrd. US$ 1,7 1,5 k.A.
Veränderung der Produktion von Textilien  (in Prozent) -0,2 -3,2 k.A.
Veränderung der Produktion von nicht gestrickter Bekleidung (in Prozent) -3,6 -3,3 k.A.


1) Finanzjahre vom 1. April bis 31. März; 2) Daten für 2016/17 und 2017/18 vorläufig
Quelle: Statistisches Amt Indien
     

Bekleidungsindustrie muss modernisieren 
Indiens Textilindustrie hat zwar Kostenvorteile gegenüber Industrieländern und fortgeschrittenen Schwellenländern wie China. Kleinere Entwicklungsländer haben sich jedoch mittlerweile zu namhaften Konkurrenten aufgeschwungen und in Sachen Bekleidung Indien teilweise überrundet. So exportierten Bangladesch und Vietnam mehr Bekleidung als Indien. Hinzu kommt wachsende Konkurrenz durch andere Niedriglohnländer wie Kambodscha, Sri Lanka und Indonesien. Diese Länder verfügen teils über Freihandelsabkommen mit der EU, während Indien sich mit seinen Verhandlungen hierzu schwer tut. Auch haben die kleineren Konkurrenten ihre Bekleidungsindustrie auf den Export ausgerichtet und entsprechend modernisiert. Schließlich verfügen sie nicht über bedeutende Binnenmärkte. Anders die indischen Textilhersteller: Wenn es qualitativ für den Export nicht reicht, bleibt immer noch der 1,3 Milliarden Einwohner zählende und kräftig wachsende Inlandsmarkt, erklärten Branchenvertreter gegenüber GTAI.

Somit hat Indiens Bekleidungsindustrie noch erhebliches Modernisierungspotenzial und benötigt neue Produktionstechniken insbesondere zur Verbesserung der Betriebseffizienz. Zu den weiteren strukturellen Schwächen zählen die kräftigen Lohnsteigerungen bei unzureichenden Produktivitätszuwächsen und der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften. Weitere Nachteile sind die Fragmentierung der Bekleidungsindustrie - vielen Betrieben mangelt es an Größe - und die fehlende Anpassung an globale Modetrends. Während die Modewelt stärker zu Mischgeweben neigt, folgt indische Bekleidung diesem Trend noch nicht entsprechend. Es mangelt an Produktdiversifizierung.

Moderner sieht es im Spinnerei- und Webereisektor aus. Diesem bescheinigen Branchenkenner hinsichtlich Größe, Technologie, Produktivität, Qualität und Preis eine internationale Spitzenposition. Diese zeigt sich auch beim Maschinenimport. So war Indien 2017 der wichtigste Exportmarkt deutscher Spinnereimaschinen nach China und bei Webereimaschinen der fünftgrößte Markt, meldet der Fachverband Textilmaschinen des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Bei Textilveredelungsmaschinen rangiert Indien hingegen nicht unter den ersten sechs Exportmärkten, der Konkurrent Bangladesch aber sehr wohl.
 
Ausländische Direktinvestitionen sind zweistellig gestiegen
Ausländische Investitionen in die indische Textilindustrie sind willkommen und Firmengründungen zu 100 Prozent in ausländischer Hand möglich. Auf Förderreisen in Länder wie Japan, Deutschland, Italien und Frankreich wirbt Indien offensiv um Investoren und war damit nicht erfolglos. Der Zustrom an ausländischen Direktinvestitionen in den Textilsektor einschließlich gefärbter und bedruckter Textilien belief sich von April 2000 bis September 2017 auf 2,7 Milliarden US$. Jahresdurchschnittlich nahmen die kumulierten Investitionen von 2010 bis 2017 um 17,3 Prozent zu. Das Gros der Investitionen wird jedoch von Inländern gestemmt. So beliefen sich die Gesamtinvestitionen in Indiens Textilsektor von Juni 2017 bis Mai 2018 auf 4,2 Milliarden US$.

Kontaktadressen
Bezeichnung Internetadresse Anmerkung
Germany Trade & Invest http://www.gtai.de/indien Außenhandelsinformation für die deutsche Exportwirtschaft 
AHK Indien http://www.indien.ahk.de Anlaufstelle für deutsche Unternehmen
Ministry of Textiles http://www.texmin.nic.in Ministerium
Office of Textile Commissioner http://www.txcindia.gov.in Behörde
Confederation of Indian Textile Industry http://www.citiindia.com Textilindustrieverband
Textile Association India http://www.textileassociationindia.org Textilindustrieverband
The Clothing Manufacturers Association of India http://www.cmai.in Bekleidungsindustrieverband


    

Weitere Informationen:
Indien Bangladesch
Quelle:

Rainer Jaensch, Germany Trade & Invest www.gtai.de

Foto: Pixabay
08.05.2018

IN INDONIESIEN STAGNIERT DIE NACHFRAGE NACH TEXTILMASCHINEN

  • Bekleidungsexporte stocken
  • Schuhproduktion wird wichtiger
  • Investitionen in moderne Technologie notwendig

Bonn (GTAI) - Die indonesische Textilindustrie steht in starker regionaler Konkurrenz. Seit vor rund fünf Jahren ihre Nachfrage nach Maschinen und ihre Bekleidungsexporte einen Höhepunkt erreicht hatten, stagnieren die Ausfuhren der Branche. Dennoch ist der Archipel für internationale Marktteilnehmer zumindest als Zweitstandort neben den großen Herstellerländern von Bedeutung. Inzwischen hat sich das Land zu einem wichtigen Schuhhersteller entwickelt und baut seine Produktionskapazitäten weiter aus.

  • Bekleidungsexporte stocken
  • Schuhproduktion wird wichtiger
  • Investitionen in moderne Technologie notwendig

Bonn (GTAI) - Die indonesische Textilindustrie steht in starker regionaler Konkurrenz. Seit vor rund fünf Jahren ihre Nachfrage nach Maschinen und ihre Bekleidungsexporte einen Höhepunkt erreicht hatten, stagnieren die Ausfuhren der Branche. Dennoch ist der Archipel für internationale Marktteilnehmer zumindest als Zweitstandort neben den großen Herstellerländern von Bedeutung. Inzwischen hat sich das Land zu einem wichtigen Schuhhersteller entwickelt und baut seine Produktionskapazitäten weiter aus.

Indonesien gehört zu den 15 wichtigsten Exporteuren von Bekleidung. Der Archipel hat über die vergangenen Jahrzehnte seine Produktion kontinuierlich gesteigert und damit eine wachsende Nachfrage nach Textilmaschinen geschaffen. Doch seit fünf Jahren stagniert der Markt: Die Ausfuhren liegen bei etwa 7,5 Milliarden US-Dollar (US$) pro Jahr, und die Importe von Textilmaschinen sind von jährlich 1 Milliarde US$ auf nur noch etwa 800 Millionen US$ gesunken.

Wichtigster Lieferant von Textilmaschinen ist die VR China, die ihren Importanteil in den vergangenen Jahren auf etwa 30 Prozent ausgebaut und Japan von Platz eins verdrängt hat. Die deutsche Lieferquote schwankt laut indonesischer Einfuhrstatistik um 10 Prozent.

Der indonesische Textilverband API nennt als Grund für die schwache Exportentwicklung bei Bekleidung die geringere Nachfrage vor allem aus den USA und Europa. Etwa die Hälfte der Branchenausfuhren geht nach Nordamerika. Danach folgen Japan, Deutschland, Südkorea und das Vereinigte Königreich als größte Abnehmer. Was der Verband nicht sagt: Bangladesch, Vietnam, Indien, Kambodscha und Myanmar haben ihre Bekleidungsexporte in den vergangenen fünf Jahren allesamt deutlich ausgebaut.

Indonesiens Import von Textilmaschinen *) (in Mio. US$)
2007 360,5
2008 580,9
2009 339,9
2010 641,1
2011 952,1
2012 1.021,7
2013 973,8
2014 940,2
2015 804,3
2016 822,9

*) SITC 724
Quelle: UN Comtrade

Kürzere Produktionszyklen
Indonesiens Textilunternehmen müssen daher investieren, um konkurrenzfähig zu bleiben. Denn auch wenn laut API schon mehr als die Hälfte der Mitgliedsfirmen technologisch fortgeschritten sind, so haben doch viele Marktteilnehmer einen veralteten Maschinenpark. Und gerade vor dem Hintergrund schärferer Wettbewerbsbedingungen ist dies ein entscheidender Nachteil. Denn nach Angaben des Verbandes bestehen größere Modeketten auf immer kürzere Lieferzeiten. Wo die Produzenten früher drei Monate Zeit hatten, seien es heute nur noch drei Wochen.

Auch der regionale Wettbewerb macht den Herstellern zu schaffen. Zwar hat der Archipel für eine arbeitsintensive Industrie wie die Textilbranche gute Voraussetzungen. Denn die Löhne sind - außerhalb der Ballungszentren - gering, und das Angebot an Arbeitskräften ist unerschöpflich (auch, weil viele Männer als Näher in den Fabriken arbeiten). Dennoch hat es das Land bisher nicht geschafft, eine ernsthafte Konkurrenz für die Hauptexportländer günstiger Massenware zu werden.

Indonesiens Import von Textilmaschinen nach Lieferländern *)
(in Mio. US$; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in %)
  2014 2015 2016 Veränd.
VR China 279,4 269,2 524,7 -5,4
Taiwan 79,7 86,8 98,3 13,2
Deutschland 104,5 68,4 93,6 36,8
Japan 163,7 91,3 85,1 -6,8
Südkorea 60,5 65,8 57,0 -13,4
Indien 48,3 43,1 42,6 -1,2
Singapur 37,1 33,4 41,3 23,7
Italien 47,1 39,1 36,3 -7,2

*) SITC 724
Quelle: UN Comtrade

Denn der Archipel hat auch Standortnachteile: So liegt er weiter entfernt von den europäischen Absatzmärkten als andere Herstellerländer und hat auch eine größere Distanz zu China, das aufgrund der hohen Lohnsteigerungen seine Bekleidungsproduktion zunehmend in die direkten Nachbarländer verlegt. Außerdem lassen sich in dem durch große Rohstoffexporte vergleichsweise wohlhabenden Indonesien die Mindestlöhne von Indien, Kambodscha, Bangladesch oder Myanmar nicht unterbieten.

Asiens wichtigste Exporteure von Bekleidung 1)
(in Mrd. US$; Veränderung 2016 im Vergleich zu 2011 in %)
  2011 2016 Veränd.
VR China 153,7 158,2 2,9
Bangladesch 19,2 29,5** 53,6
Vietnam 13,1 22,9** 74,8
Indien 14,7 17,9 21,8
Indonesien 8,0 7,5 -7,1
Kambodscha 4,0 6,6** 65,0

1) SITC 84; 2) Spiegelstatistiken der Partnerländer
Quelle: UN Comtrade

Investitionen auf Vorjahresniveau
Immerhin hat es Indonesien aber geschafft, für internationale Bekleidungsunternehmen zu einem bedeutenden Zweitstandort zu werden, durch den sich die Risiken in den großen Produktionsländern abfedern lassen. Der größte Teil der Hersteller ist im bevölkerungsreichen Java angesiedelt. Für die Regierung ist eine weitere Expansion der Branche wichtig, um die Vielzahl ungelernter Kräfte in Arbeit zu bringen.

Nach letztverfügbaren Daten des Statistikamtes BPS ist die Zahl der in den rund 2.600 mittleren und größeren Unternehmen der Branche Beschäftigten von 470.000 (2008) auf 550.000 (2014) gestiegen. Hinzu kommen nochmal knapp 210.000 Arbeiter in Klein- und Kleinstfirmen (2015), die zumeist Ein- oder Zweipersonenbetriebe sind.

Die Investitionsbehörde BKPM meldet für das 1. Halbjahr 2017 für die Branche ausländische Direktinvestitionen (FDI) in Höhe von 184 Millionen US$, bei 494 Projekten. Das entspricht fast genau der Summe vom selben Zeitraum des Vorjahres. Im Gesamtjahr 2016 waren 321 Millionen US$ an FDI in den Sektor geflossen.

Schuhhersteller bauen Kapazitäten aus
Weitaus dynamischer als die Textilbranche entwickelt sich die heimische Schuhindustrie. Indonesien ist im Bereich der günstigen Massenproduktion in wenigen Jahren zum drittwichtigsten Exporteur geworden, rangiert allerdings weit hinter China und Vietnam. Immerhin wurden die entsprechenden Ausfuhren zwischen 2011 und 2016 von 3,3 Milliarden US$ kontinuierlich auf 4,6 Milliarden US$ gesteigert.

Asiens wichtigste Schuhexporteure 1)
(in Mrd. US$; Veränderung 2016 im Vergleich zu in %)
  2011 2016 Veränd.
VR China 41,7 47,2 13,1
Vietnam 6,7 13,0** 93,5
Indonesien 3,3 4,6 40,5
Indien 2,1 2,7 31,4

1) SITC 82; 2) General Statistics Office of Vietnam
Quelle: UN Comtrade

Und die Zeichen stehen weiter auf Expansion: Im Leder- und Schuhsektor gab es in den ersten sechs Monaten 2017 FDI in Höhe von 187 Millionen US$, das ist ein Drittel mehr als im gesamten Jahr 2016. Auch heimische Marktteilnehmer expandieren. So baut der indonesische Hersteller SCI gerade eine neue Produktionsstätte im zentraljavanischen Salatiga, nahe der Hafenstadt Semarang. Sie soll im Oktober fertiggestellt sein. In der ersten Phase könnten 300.000 bis 500.000 Paar Schuhe pro Jahr produziert werden, die maximale Kapazität liegt bei 1 Million Paar.

 

Quelle:

Frank Malerius, Germany Trade & Invest www.gtai.de

08.08.2017

INDIENS TEXTIL- UND BEKLEIDUNGSINDUSTRIE WIRD KRÄFTIG GEFÖRDERT

  • Textilfirmen vergleichsweise breit aufgestellt
  • Bekleidungsbranche punktet international zu wenig

New Delhi (GTAI) - Indien gehört zu den weltweit größten Herstellern von Textilien. Baumwollstoffe und Heimtextilien gehören zu den Exportschlagern. Die Bekleidungsindustrie spielt eine vergleichsweise kleine Rolle und droht im Wettbewerb zurückzufallen. Beide Bereiche müssen hochwertiger und nachhaltiger produzieren. Das Textilministerium unterstützt die fragmentierte Branche. Ausländische Zulieferer und Einkäufer können den Markt auf Messen erkunden.

  • Textilfirmen vergleichsweise breit aufgestellt
  • Bekleidungsbranche punktet international zu wenig

New Delhi (GTAI) - Indien gehört zu den weltweit größten Herstellern von Textilien. Baumwollstoffe und Heimtextilien gehören zu den Exportschlagern. Die Bekleidungsindustrie spielt eine vergleichsweise kleine Rolle und droht im Wettbewerb zurückzufallen. Beide Bereiche müssen hochwertiger und nachhaltiger produzieren. Das Textilministerium unterstützt die fragmentierte Branche. Ausländische Zulieferer und Einkäufer können den Markt auf Messen erkunden.

Die indische Textil- und Bekleidungsindustrie hat gesamtwirtschaftliches Gewicht. Sie macht 14% der gesamten Industrieproduktion aus und beschäftigt direkt 51 Mio. Mitarbeiter. Weitere 68 Mio. Personen in Haushalten und Kleinstbetrieben arbeiten den Industriefirmen zu. Weil die gesamte Volkswirtschaft pro Jahr etwa 12 Mio. zusätzliche Arbeitsplätze schaffen muss, hat die Regierung die Textilindustrie als einen Beschäftigungsmotor auserwählt. Indien verfüge gegenüber dem Textilgiganten VR China über Lohnkostenvorteile.
 
Die Verfügbarkeit von Naturstoffen wie Baumwolle, Jute und Seide bezeichnen Fachleute als weiteren Vorteil der Textilbranche, die auf eine lange Tradition bei der Verarbeitung zurückblicken kann. Indien ist inzwischen sogar der weltweit größte Produzent von Baumwolle. Im Erntejahr 2016/17 (1.4. bis 31.3.) dürften schätzungsweise 5,9 Mio. Tonnen (t) eingefahren werden.

Die Baumwolle wird im Inland zu Garnen und Stoffen weiterverarbeitet. Zur Fertigung von Garnen stehen 61 Mio. Spindeln (gemessen in Spindeläquivalenten) zur Verfügung. Sie spannen 2015/16 ungefähr 5,7 Mio. t an Garnen, davon 4,1 Mio. t aus Baumwollfasern. Die Fertigung von Baumwolltuchen lag bei 38 Mrd. Quadratmetern, die hauptsächlich dezentrale Webereien mit einfachen mechanischen Webstühlen anfertigen. Der weltweite Trend bei Bekleidung geht allerdings zu Kunstfasern. Um deren inländische Produktion zu schützen, erhebt das Finanzministerium darauf Zölle.
 
Textilindustrie mit eigenem Ministerium und vielen Förderprogrammen
Das Ministry of Textiles fördert die Industrie über mehrere Programme, welche die technische Modernisierung, den Aufbau von Industrieparks, die Qualifizierung und Ausbildung sowie die Vermarktung bezuschussen. Bekleidungsbetriebe können sich sogar gezahlte Zölle und Gebühren zurückerstatten lassen. Das Budget des Textilministeriums für diesen Zweck wurde im Finanzjahr 2017/18 noch einmal erheblich aufgestockt.

Die Textil- und Bekleidungsindustrie möchte nicht nur im Inland punkten, auch international will sie endlich eine größere Rolle einnehmen. Das Ministry of Textiles hatte in einem Fünfjahresplan eine Ausweitung der Exporte bis zum Finanzjahr 2016/17 auf 64 Mrd. US$ angestrebt. Dieses Ziel wurde noch nicht erreicht, im Jahr 2015/16 lagen die Ausfuhren von Textilien und Bekleidung bei 37,6 Mrd. $. Die Exporte von Textilien schrumpften sogar gegenüber dem Vorjahr.

Textil- und Bekleidungsindustrie in Indien (Finanzjahre von April bis März)
  2014/15 2015/16
Exporte von Textilien in Mrd. $ 21,7 20,6
Einfuhren von Textilien in Mrd. $ 5,5 5,4
Exporte von Bekleidung in Mrd. $ 16,8 17,0
Einfuhren von Bekleidung in Mrd. $ 0,5 0,6
Veränderung der Produktion von Textilien (in %) 3,7 2,2
Veränderung der Produktion von Bekleidung (in %) 0,2 14,7

Quellen: Ministry of Textiles, Ministry of Statistics and Programme Implementation

Die lokale Bekleidungsindustrie verfügt mit einem großen und wachsenden Binnenabsatzmarkt über gute Entwicklungschancen. Der Einzelhandel verkaufte 2016 nach Branchenschätzung Bekleidung im Wert von ungefähr 45 Mrd. $. Der weltweit fünftgrößte Markt dürfte nach Ansicht von Experten mittelfristig deutlich über 10% jährlich zulegen. Der Nachholbedarf der 1,3 Mrd. Einwohner ist noch lange nicht gedeckt. Der Handel importiert internationale Markenwaren vornehmlich aus China und Bangladesch. Standardartikel und Sonderanfertigungen näht die lokale Industrie.    

Bekleidungsbranche mit Chancen und Problemen
Billige Löhne sind ein Standortvorteil. Sie unterscheiden sich innerhalb des Subkontinents allerdings stark. Die gesetzlichen Mindestlohnregeln differieren zwischen den 29 Bundesstaaten. Außerdem werden Alter, Betriebszugehörigkeit und Fähigkeiten einer Person zur Berechnung des Mindestlohnes herangezogen.

Aufgrund der steigenden Produktionskosten in China wandern arbeitsintensive Fertigungen an günstigere Standorte. Dabei spielen nicht nur die Arbeitskosten eine Rolle. Das komplexe Arbeitsrecht schränkt die Effizienz der Arbeitsmärkte in Indien stark ein. Investoren beurteilen das Arbeitsrecht, die Logistik und die Struktur von Lieferketten als schwierig. Die Weltbank stellte 2016 in ihrer Studie "Stitches to Riches" (siehe https://www.openknowledge.worldbank.org/handle/10986/23961) fest, dass Bangladesch, Indonesien, Kambodscha und Vietnam, den Wettbewerber Indien in den Punkten Qualität, Lieferzeiten, Verlässlichkeit und nachhaltiger sozialer Verantwortung übertreffen.

Indien fehlen zudem Freihandelsabkommen (FTA), die den Zugang zu internationalen Märkten erleichtern und verlässlich regeln. Die Europäische Union und Indien verhandeln beispielsweis seit zehn Jahren mit längeren Unterbrechungen über ein umfassendes FTA.

Fragmentierte Branchenstruktur mit internationalen Champions
Angaben über die Zahl der Betriebe, ihre Größenklassen und Investitionsvolumina sind nicht verfügbar. Kleinere Textilbetriebe und -händler sind teilweise nicht angemeldet und zahlen keine Steuern. Mittlere Firmen seien wiederum sehr flexibel, anderseits müssen sie mechanisieren, automatisieren und technisch aufrüsten, um überleben zu können.
Größere Unternehmen blicken auf eine langjährige Tradition zurück und haben sich zu international vernetzten Konzernen entwickelt. Nach Angaben des indischen Finanzdienstes Moneycontrol sind die drei größten Aktiengesellschaften in der Bekleidungsindustrie: KPR Mills (letzter Nettoumsatz umgerechnet circa 300 Mio. $), Page Industries (270 Mio. $) und Gokaldas Exports (170 Mio. $); im Textilsektor allgemein: Bombay Rayon (rund 640 Mio. $), Sutlej Textiles (350 Mio. $), SEL Manufacturing (300 Mio. $), Mandhana Industries (250 Mio. $); Wirk- und Strickwaren: Nahar Industrial Enterprises (270 Mio. $), Rupa (160 Mio. $); Baumwollspinnen: Vardhman Textiles (860 Mio. $), Trident (560 Mio. $), Indo Count (310 Mio. $); Spinnen von synthetischen Fasern: RSWM (450 Mio. $), Indorama (390 Mio. $), Sangam (230 Mio. $); Weben und andere Prozesse: Alok Industries (1,8 Mrd. $), Welspun (750 Mio. $), Garden Silk (370 Mio. $); sonstige Schwerpunkte: Arvind (830 Mio. $), Nahar Spinning (310 Mio. $), JBF Industries (550 Mio. $), Bombay Dyeing (280 Mio. $).

Ausländische Textilfirmen investieren und erkunden
Die Regierung wirbt mit ihrer Kampagne "Make in India" im Textilsektor für ausländische Direktinvestitionen. Firmengründungen sind zu 100% in ausländischer Hand möglich (siehe http://www.makeinindia.com/sector/textiles-and-garments). Der Sektor zog von 2000 bis 2016 bereits 2,4 Mrd. $ an FDI an.

Ausländische Firmen können die Märkte auf verschiedenen Fachmessen erkunden. DasTextilministerium möchte die "Textiles India", die im Juni 2017 in Gandhinagar (Bundesstaat Gujarat) stattfand, zu einem Megaevent ausbauen (https://www.textilesindia2017.com). Die internationale Bekleidungsbranche traf sich gleichzeitig auf der "India International Garment Fair" (http://www.indiaapparelfair.com).
Die "National Garment Fair" findet vom 10.7. bis 12.7.17 in Mumbai statt (http://cmai.fingoh.com/event/65th-national-garment-fair-1/Registration). Und die Messe Frankfurt richtet die "Techtextil India" vom 13.9. bis 15.9.17 in Mumbai aus. Hier können deutsche Aussteller an einem Gemeinschaftsstand teilnehmen (http://www.auma.de/de/messedatenbank/seiten/messedetailseite.aspx?tf=135499).

Internetadressen
Bezeichnung Internetadresse Anmerkungen
Germany Trade & Invest http://www.gtai.de/Indien Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft
AHK Indien http://www.indien.ahk.de Anlaufstelle für deutsche Unternehmen
Ministry of Textiles http://www.texmin.nic.in Ministerium
Office of Textile Commissioner http://www.txcindia.gov.in Behörde
Confederation of Indian Textile Industry http://www.citiindia.com Textilindustrieverband
Textile Association India http://www.textileassociationindia.org Textilindustrieverband
The Clothing Manufacturers of India http://www.cmai.in Bekleidungsindustrieverband

 

Weitere Informationen:
Indien Förderprogramm Konjunktur
Quelle:

Thomas Hundt, Germany Trade & Invest www.gtai.de

BEKLEIDUNGSHERSTELLER VERLAGERN PRODUKTION NACH RUSSLAND © Florentine/ pixelio.de
17.05.2016

BEKLEIDUNGSHERSTELLER VERLAGERN PRODUKTION NACH RUSSLAND

  • Schwacher Rubel macht Produktion im Inland rentabel
  • Regierung fördert Investitionen

Moskau (GTAI) - Der Absatz von Textilien und Bekleidung wird 2016 weiter sinken. Die Produktion in Russland legt jedoch zu. Aufgrund der starken Rubelabwertung der letzten zwei Jahre haben sich Rahmenbedingungen für die Textil- und Bekleidungsindustrie komplett geändert. Einerseits führen sinkende Realeinkommen zu einer nachlassenden Nachfrage. Andererseits sind die Lohnstückkosten unter asiatische Vergleichswerte gesunken.

  • Schwacher Rubel macht Produktion im Inland rentabel
  • Regierung fördert Investitionen

Moskau (GTAI) - Der Absatz von Textilien und Bekleidung wird 2016 weiter sinken. Die Produktion in Russland legt jedoch zu. Aufgrund der starken Rubelabwertung der letzten zwei Jahre haben sich Rahmenbedingungen für die Textil- und Bekleidungsindustrie komplett geändert. Einerseits führen sinkende Realeinkommen zu einer nachlassenden Nachfrage. Andererseits sind die Lohnstückkosten unter asiatische Vergleichswerte gesunken.

Aufgrund des niedrigen Rubelkurses ist es seit 2015 für in- und ausländische Textil- und Bekleidungsfirmen billiger geworden, in Russland zu produzieren. Die in US-Dollar umgerechneten Lohnstückkosten liegen infolge der Rubelabwertung aktuell um 10 bis 15% unterhalb des Vergleichswerts in der VR China. Der Durchschnittslohn einer Arbeiterin in der Nähindustrie beträgt in China zurzeit 300 bis 350 US$, in Russland 12.000 bis 15.000 Rubel (185 bis 230 $).

Produktionsverlagerung nach Russland setzt ein
Die ersten in- und ausländischen Markenhersteller von Bekleidung haben reagiert und verlagern Produktionskapazitäten aus Asien nach Russland oder vergeben Aufträge an russische Bekleidungshersteller, wie die Tageszeitung "Izwestija" berichtete. Dazu zählen die Unternehmen Roztech (Marken: Dikaja Orchideja, Bjustje, Defile, Grand Defile), Sportmaster, Melon Fashion Group (befree, Zarina, Love Republic), Finn Flare und Kira Plastinina.

"Vor ein paar Jahren haben wir in Russland 20 bis 30% unserer Kollektion produziert, im vergangenen Jahr 2015 waren es schon 30 bis 40% und jetzt etwa 70%", berichtet der kaufmännische Direktor von "Kira Plastinina Stil" Wladimir Romanow. Dafür organisierte das Unternehmen eine eigene Produktion in einem Industriepark in Osery bei Moskau.

Weitere Markenhersteller und -händler wie Zara (spanische Inditex), Sela, Baon, Gloria Jeans, Modis, Lamoda, Lady&Gentleman, Känguru und Sneschnaja Korolewa schauen sich nach Möglichkeiten zur Produktionsverlagerung nach Russland um. Das Ministerium für Industrie und Handel führt intensive Gespräche mit Zara, H&M, Benetton, Dekatlon, Sportmaster und IKEA (Heimtextilien), um sie von den Vorteilen einer Produktion in Russland zu überzeugen. Künftig will etwa IKEA bis zu 40% seiner Waren von russischen Firmen herstellen lassen.

Roztech plant, die Herstellung von Damenunterwäsche zu verdoppeln auf 8 Mio. Stück. Aktuell werden dafür zwei Betriebe im Gebiet Smolensk angemietet. Für Reparaturarbeiten und Produktionsvorbereitungen in den angemieteten Werken investiert Roztech etwa 60 Mio. Rubel. Zwei weitere Nähereien in den Gebieten Moskau und Smolensk arbeiten bereits für Roztech. Auftragsproduktionen in der VR China und in den baltischen Staaten will das Unternehmen dagegen aufkündigen. 

Die Franchisekette Finn Flare (Finnland) mietete Anfang 2016 bei Moskau eine Fabrik mit 500 qm Fläche, renovierte diese und installierte Ausrüstung. Dafür wurden 12 Mio. Rubel investiert, sagte Generaldirektorin Ksenija Rjasowa. Die Nähfabrik soll bereits im Mai den Betrieb aufnehmen und jährlich 40.000 bis 60.000 Stück Bekleidung herstellen. Anfang 2016 besaß Finn Flare 143 russische Geschäfte (54 als Franchise).

Hersteller von Sportbekleidung erhöhen Produktionsanteil in Russland
Sportmaster hat seit Ausbruch der Rubelkrise damit begonnen, einen Teil seiner Aufträge bei russischen Unternehmen zu platzieren. Zurzeit kommen 15% der Bekleidung und Schuhe aus russischer Produktion. Die Handelskette besitzt Geschäfte der Marken Sportmaster - 460, Ostin – 760 und Funday - 60.

Die Gruppe MMD "Wostok i Sapad", die zur Unternehmensgruppe Bosco di Ciliegi gehört, beabsichtigt eine eigene Fabrik zur Produktion von Sportbekleidung im Industriepark "Kameschkowo" im Gebiet Wladimir einzurichten. Die notwendigen Investitionen belaufen sich auf 1 Mrd. Rubel, davon sind 200 Mio. Rubel Eigenmittel und etwa 400 Mio. Rubel beim Fonds für die Entwicklung der Monostädte beantragt.

Sogar Pierre Cardin führt Gespräche mit großen russischen Bekleidungsherstellern über eine Lizenzproduktion, sagte Designer Rodrigo Basilikati im März 2016. Bislang stützt sich das Modehaus auf zehn eigene Geschäfte und Lizenznehmer aus Deutschland, Italien und den USA. Die meisten Nähaufträge wurden bisher in China platziert. Künftig ist verstärkt mit Firmen aus  Vietnam, Bangladesch, Indien, Malaysia und Indonesien zu rechnen. Die Eurasische Wirtschaftsunion und Vietnam haben ein Freihandelsabkommen geschlossen.

Importabhängigkeit bei Stoffen und Zubehör als Kostenrisiko
Durch die Fertigung in Russland entfallen das Wechselkursrisiko und Transportkosten. Aber ein Kostenrisiko bleibt: Für das Nähen von Bekleidung in Russland können nicht alle Stoffe und Materialien aus inländischen Quellen bezogen werden, sondern müssen zu 65% im Ausland eingekauft werden. Die technische Ausrüstung wird zu 100% importiert. Dies ist und bleibt auf absehbare Zeit ein Kostenrisiko in Abhängigkeit von der weiteren Wechselkursentwicklung.

Hauptlieferländer für Fasern, Stoffe, Garne, Knöpfe und Accessoires waren bislang die VR China und die Türkei. Doch seit der Verschlechterung der staatlichen Beziehungen zur Türkei wird in Russland mit Hochdruck daran gearbeitet, sich von dieser Lieferabhängigkeit schrittweise zu befreien.
 
Antikrisen- und Entwicklungsprogramm für die Leichtindustrie

In der russischen Leichtindustrie stellen 14.000 Firmen Bekleidung, Textilien, Schuhe und Lederwaren her. Davon sind 653 große und mittlere sowie 4.000 kleine Unternehmen in der Garn- und Textilindustrie tätig. Um den Bekleidungs- und Textilbetrieben mehr Planungssicherheit zu geben, beschloss die russische Regierung im Frühjahr 2016 eine "Strategie für die Entwicklung der Leichtindustrie bis zum Jahr 2025" und ein "Föderales Programm zur Unterstützung der Unternehmen der Leichtindustrie" (Antikrisenplan).

Russische Föderation: Produktion von Textilien und Bekleidung (Veränderung in %)
Warenbezeichnung 2015 Veränderung 2015/2014
Baumwollfaser(Mio. Rollen) 111,0 4,4
Kunstfaser (Mio. Rollen) 66,0 -4,5
Stoffe (Mio. qm) 4.542 14,7
.davon aus:    
.Naturseide (1.000 qm) 253,0 31,8
.Wolle (1.000 qm) 9.262,0 -20,9
.Leinen 25,9 25,9 -26,6
.Baumwolle 1.176,0 -4,5
.Kunstfaser 237,0 14,2
Stoffe aus anderen Materialien 3.084,0 25,1
Stoffe mit Kunststoffimprägnierung (Mio. qm) 32,3 14,6
Bettwäsche (Mio. Stück) 59,8 -9,6
Teppiche (Mio. qm) 22,6 -3,7
Wirkware (1.000 t) 14,2 29,8
Strümpfe (Mio. Paar) 199 -5,6
Mäntel (1.000 Stück) 989 -22,1
Gefütterte Jacken (1.000 Stück) 1.887 -45,4
Anzüge (1.000 Stück) 4.690 -12,6
Herrensakkos und Blazer (1.000 Stück) 870 14,1
Damenmäntel mit Pelzoberteil (Stück) 5.543 -46,1
Kleidung aus Kunstpelz (1.000 Stück) 24,5 21,0
Uniformen und Berufsbekleidung (Mio. Stück) 20,7 -8,2
Arbeits- und Schutzbekleidung (Mio. Stück) 99,8 14,6
Overalls (1.000 Stück) 733 -62,4

Quelle: Rosstat 2016

Russische Föderation - Produktion von Textilien und Bekleidung (Veränderung in %)
Warenbezeichnung 1. Quartal 2016 Veränderung
1. Quartal 2016 /
1. Quartal 2015
Nähgarne aus synthetischen und synthetischen Fasern
(Mio. Rollen)
14,0 -0,6
Stoffe (Mrd. qm) 1,2 23,2
Bettwäsche (Mio. Stück) 14,1 -7,7
Gestrickte Strümpfe (Mio. Paar) 55,4 34,0
Trikotagen (Mio. Stück) 24,8 -6,0
Berufsbekleidung, Uniformen (Mio. Stück) 31,1 11,2
Mäntel (1.000 Stück) 269 9,1

Quelle: Rosstat 2016

Kontaktanschriften:
Russische Union der Unternehmer der Textil- und Leichtindustrie
107023 Moskau, uliza Malaja Semenowskaja 3
Tel.: 007 495/280 15 48, Fax: -280 10 85
E-Mail: info@souzlegprom.ru, Internet: http://www.souzlegprom.ru

Ministerium für Industrie und Handel
Abteilung für Leichtindustrie
Denis Klimentewitsch Pak, Direktor der Abteilung
109074 Moskau, Kitajgorodskij proesd 7
Tel.: 007 495/632 8004 (Sekretariat), Fax: -632 88 65
E-Mail: dgrvt@minprom.gov.ru, Internet: http://minpromtorg.gov.ru

Abteilung Leichtindustrie: Leiterin: Irina Alekseewna Iwanowa,
Tel.: -632 87 31, -346 04 73; E-Mail: ivanovaia@minprom.gov.ru
Internet: http://minpromtorg.gov.ru/ministry/dep/#!9&click_tab_vp_ind=1
"Strategie für die Entwicklung der Leichtindustrie bis zum Jahr 2025"
http://www.kptf.ru/images/company/Presentation.pdf (Präsentation zur Strategie)
http://minpromtorg.gov.ru/docs/#!strategiya_razvitiya_legkoy_promyshlennosti_rossii_na_period_do_2025_goda (Text der Strategie und des Maßnahmenplans)

Dorfleben www.kappisdesign.de
22.03.2016

IMPORTVERBOT VON GEBRAUCHTKLEIDUNG SOLL OSTAFRIKAS TEXTILINDUSTRIE FÖRDERN

Beobachter zweifeln Erfolg der geplanten Maßnahmen an / Ambitionen auch in der Kfz-Industrie

Nairobi (gtai) - Die Staaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft wollen binnen drei Jahren die Importe von gebrauchter Bekleidung und gebrauchten Schuhen unterbinden. Längst untergegangene Textil- und Bekleidungsindustrien sollen so zu neuem Leben erweckt werden. Geplant ist ferner, den Import von Gebrauchtwagen zu erschweren, um eine lokale Kfz-Montage zu fördern. Vor allem der ugandische Staatschef Yoweri Museveni träumt vom Aufbau einer eigenen Kfz-Industrie.

Der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC), der neben Uganda auch Kenia, Tansania, Ruanda und Burundi angehören, dienen dabei andere Länder als Vorbilder. So soll ein solches Verbot zum Aufbau lebhafter Textilindustrien in Ghana, Ägypten, Äthiopien, Indien und Vietnam geführt haben.

Beobachter zweifeln Erfolg der geplanten Maßnahmen an / Ambitionen auch in der Kfz-Industrie

Nairobi (gtai) - Die Staaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft wollen binnen drei Jahren die Importe von gebrauchter Bekleidung und gebrauchten Schuhen unterbinden. Längst untergegangene Textil- und Bekleidungsindustrien sollen so zu neuem Leben erweckt werden. Geplant ist ferner, den Import von Gebrauchtwagen zu erschweren, um eine lokale Kfz-Montage zu fördern. Vor allem der ugandische Staatschef Yoweri Museveni träumt vom Aufbau einer eigenen Kfz-Industrie.

Der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC), der neben Uganda auch Kenia, Tansania, Ruanda und Burundi angehören, dienen dabei andere Länder als Vorbilder. So soll ein solches Verbot zum Aufbau lebhafter Textilindustrien in Ghana, Ägypten, Äthiopien, Indien und Vietnam geführt haben.

Gebrauchte Bekleidung ist Ostafrika sehr beliebt. Mit etwas Glück kann man für wenig Geld gut erhaltene westeuropäische Markenware ergattern oder auch Schuhübergrößen, wie sie lokal gar nicht angeboten werden. So mancher Teenager aus den teuren Villenvororten der Hauptstädte macht sich einen Spaß daraus, gebrauchte T-Shirts mit exotischen Aufdrucken zu Preisen von umgerechnet 0,45 Euro zu kaufen. Dank der Second-Hand-Importe tragen selbst männliche Slumbewohner wie selbstverständlich einen westlichen Anzug und Mädchen oder junge Frauen eine breite Palette schicker westlicher Kleidung.

Deutsche Exporte von Altwaren und Lumpen der SITC 269 in Länder der Ostafrikanischen Gemeinschaft (in Mio. Euro)

Abnehmerland 2014 2015 *)
Kenia 8,61 7,74
Uganda 4,92 4,48
Tansania 1,87 4,81
Ruanda 0,12 0,14
Burundi 0,31 0,02
Gesamt 15,83 17,19
Deutsche Exporte weltweit 390,64 388,55

1) Vornehmlich augenscheinlich gebrauchte Bekleidung, Decken und Haushaltswäsche aus Spinnstoffen sowie Schuhe, die lose in Massenladungen oder Ballen gestellt sind. 2) vorläufig
Quelle: Destatis

Politiker versprechen Hundertausende neue Arbeitsplätze
Während sich ostafrikanische Politiker damit brüsten, auf diese Weise Hundertausende Arbeitsplätze schaffen zu können, wiegeln Ökonomen ab: "Die Gründe warum die Menschen in Ostafrika gerne gebrauchte Kleidung kaufen sind leicht aufgezählt", sagt Scolastica Odhiambo, Wirtschaftsprofessor an der kenianischen Maseno-Universität: "Sie ist billiger, von guter Qualität und bietet Vielfalt." Die regionale Textilindustrie hätte derweil nicht die Kapazitäten, die Nachfrage zu befriedigen. Zudem produziere sie in den Augen der lokalen Bevölkerung keine Qualität. Der einzige lokale Hersteller von Schuhen ist derweil das Unternehmen Bata, dass allerdings vornehmlich Schuhe für Schüler und einen lokalen Mittelstand herstellt. Im oberen Preissegment ist Bata dagegen auf Importe angewiesen.

In einer Frist von drei Jahren ist es nach Ansicht von Beobachtern schlichtweg unmöglich, die lokale Textilindustrie so auszubauen, dass sie die Nachfrage quantitativ und qualitativ befriedigen kann. Diese Zeit ist auch zu kurz, um alternative Beschäftigungsmöglichkeiten für die Hundertausenden von Second-Hand-Kleiderhändler zu finden, die mit ihren Familien von dem Mitumba-Geschäft (Mitumba = Ballen) leben.

Niedergang der Industrie seit den 1980ern
Sollten die ostafrikanischen Staaten tatsächlich versuchen wollen, eine leistungsfähige Textilindustrie aufbauen zu wollen, müssten sie fast von Grund auf neu anfangen. Dabei war die ostafrikanische  Baumwollproduktion Mitte der 1980er noch auf der Höhe. Tansania habe damals 700.000 Ballen (à 185 kg) Baumwolle produziert, berichtet die Wochenzeitung "The East African", Uganda 400.000 und Kenia
100.000. Danach sei es nur noch bergab gegangen. Kenia habe zuletzt nur noch 25.000 Ballen (2014), Uganda 150.000 Ballen (2015) und Tansania 30.000 Ballen (2014) erzeugt.

Ostafrikanische Textilfabriken und Entkörnungswerke für Baumwolle (ginneries) haben zum großen Teil dichtgemacht oder abgewirtschaftet. Zu den Hauptgründen zählten Branchenkenner eine mangelhafte
Organisation des Agrarsektors, hohe Produktionskosten, den unzureichenden Einsatz von Qualitäts-Inputs und das blinde Vertrauen auf eine Regenbewässerung. 1991 kam dann noch die Liberalisierung des
Sektors hinzu: Billige Gebrauchtkleidung eroberte fortan den Markt.

Uniformen statt Mode-Chic?
Wie schwierig die Lage ist, zeigt sich exemplarisch am Beispiel der einzigen ruandischen Textilfabrik L'Usine Textile du Rwanda (Utexrwa). 1984 hatte die 75-Mio.-US$-Investition ihren Betrieb aufgenommen. Für einen durchschnittlichen Ruander aber waren und sind die Produkte schlichtweg viel zu teuer. Zuletzt lag die Auslastung nur noch bei 20%, der Umsatz fiel auf schätzungsweise 2 Mio. bis 3 Mio. US$. Nahezu
alle Stoffe werden längst importiert: Baumwollstoffe aus den ostafrikanischen Nachbarländern, Polyesterstoffe aus Südafrika, Taiwan, Korea (Rep.) und Indonesien.

Um den gänzlichen Zusammenbruch des Unternehmens zu verhindern, will die ruandische Regierung demnächst die Importzölle für Bekleidung stufenweise von 35% auf 100% anheben. Ruandische Bekleidungsverkäufer sehen das höchst kritisch: Utexrwa könne weder Quantität, noch Qualität und schon gar nicht modischen Chic liefern, nicht heute und nicht in zehn Jahren. Mehr als Militär- und Schuluniformen seien nicht drin, heißt es.

Verbote statt besserer Rahmenbedingungen
Ausländische Beobachter sprechen von einem für die ostafrikanische Politik typischen Schnellschuss: Weil die Regierungen die tickende Zeitbombe der rasant steigenden Arbeitslosigkeit entschärfen
wollen, setzten sie auf Aktionismus ohne die Konsequenzen ausreichend zu diskutieren. Wenn Ostafrika seine Industrie stärken will, muss es die Rahmenbedingungen verbessern. Bürokratie, Korruption, Vetternwirtschaft und Monopole sind es, die seit Jahrzehnten den Aufbau wettbewerbsfähiger Industrien verhindern.

Der Gewinner der neuen Politik dürfte - wieder einmal - die VR China sein, die zusammen mit andere Billigproduzenten das zu erwartende Angebotsvakuum füllen dürfte. Bekleidungsgeschäfte in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba zeigen, wohin die Reise geht: Billigste chinesische Massenware, wohin das Auge blickt. Die neue äthiopische Textil- und Schuhindustrie besteht unterdessen vornehmlich aus chinesischen Firmen, die ausschließlich für den Export produzieren. Dieses Model auch für andere ostafrikanische Staaten zu kopieren, dürfte allerdings misslingen, sagen Branchenkenner. Kenia und Tansania seien viel zu teuer, von den Binnenländern Uganda, Burundi und Ruanda ganz zu schweigen.

Deutsche Exporte von Maschinen für das Textil-, Bekleidungs-, und Ledergewerbe in ausgewählte ostafrikanische Länder (EGW 847; in Mio. Euro).

Abnehmerland 2013 2014 2015 *)
Mauritius 5,44 3,39 4,17
Uganda 0,60 0,56 1,67
Äthiopien 0,48 6,68 1,14
Kenia 0,93 1,72 0,91
Tansania 0,61 0,47 0,56
Madagaskar 0,02 0,05 0,04
Gesamt 8,08 12,87 8,49

*) Vorläufig Quelle: Destatis

Protektionismus soll Kfz-Industrie fördern
Noch fragwürdiger als die ostafrikanische Textilpolitik ist das wieder aufgeflammte Bestreben, eine eigene Kfz-Industrie aus der Taufe zu heben. Hoffnungsträger nationalistischer Politiker in Kenia ist der "Mobius", ein geländegängiges Primitivfahrzeug, das mit einem kleinen Motor aus dem Nissan NP200 Pick-up Truck ausgestattet ist. Studenten der ugandischen Makarere University haben derweil mit Hilfe des USMassachusetts Institute of Technology zwei Konzept-Studien vorgestellt, den "Kiira EV Smak Car" und den "Kayoola Solar Bus". Während die kenianische "Entwicklung" an den technischen Stand im 2. Weltkrieg erinnert, setzen die ugandischen Fahrzeuge umweltbewusst auf erneuerbare Energien.

Wenngleich diese Hinterhofexperimente auch nicht die geringsten kommerziellen Chancen haben dürften, so dienen sie aktuell dennoch als Vorwand für protektionistische Einfuhrhemmnisse, in deren Folge Importe zugunsten einer lokalen Montage von CKD-Bausätzen erschwert werden dürften.

Lieferketten in Asien sind im Fluss © Tokamuwi/ pixelio.de
08.03.2016

LIEFERKETTEN IN ASIEN SIND IM FLUSS

  • Vietnam größter Profiteur
  • Verlagerung näher an Absatzmärkte

Hongkong (gtai) - Für globale Konsumgüterhersteller hat sich Asien als Beschaffungsregion eine wichtige Rolle erarbeitet. Große Teile der Produktion sind in den vergangenen Jahrzehnten in die Region und hier traditionell vor allem nach China verlagert worden. Die steigenden Kosten im Reich der Mitte haben jedoch eine Strategieanpassung zur Folge. So zog die Produktion weiter in günstigere Standorte und eine Zurückverlagerung näher an die Endkunden setzte ein. Freihandelsabkommen unterstützen diesen Trend.

  • Vietnam größter Profiteur
  • Verlagerung näher an Absatzmärkte

Hongkong (gtai) - Für globale Konsumgüterhersteller hat sich Asien als Beschaffungsregion eine wichtige Rolle erarbeitet. Große Teile der Produktion sind in den vergangenen Jahrzehnten in die Region und hier traditionell vor allem nach China verlagert worden. Die steigenden Kosten im Reich der Mitte haben jedoch eine Strategieanpassung zur Folge. So zog die Produktion weiter in günstigere Standorte und eine Zurückverlagerung näher an die Endkunden setzte ein. Freihandelsabkommen unterstützen diesen Trend.

Lohnkosten in China werden nicht mehr fallen. Auch wenn sich das Wirtschaftswachstum zunehmend abschwächt, sind die Küstenregionen Chinas für die lohnkostenintensive Produktion häufig schon zu teuer geworden. Der weltgrößte Standort des verarbeitenden Gewerbes will sowieso weg von seiner Exportabhängigkeit und möchte mehr Wachstum durch Binnenkonsum generieren. Die Firmen die bleiben, sind daher immer stärker auf die chinesischen Kunden fokussiert. Hat die Textilindustrie schon vor Jahren die Signale gehört und sich verlagert, sind nun Elektronikbetriebe auf der Suche.

Doch so einfach ist die Verlagerung der Produktion nicht, waren sich die Experten auf dem Diskussionspanel Shifting Supply Chains in Asia auf dem Asian Financial Forum (AFF) in Hongkong einig. Denn kein Land außer Indien bietet ein vergleichbares Arbeitskräftepotenzial. Doch weder die Infrastruktur und das Investitionsklima können mithalten, noch hat das Land Interesse an niederwertigen Produktionsschritten. Zudem hat sich China eine Zulieferindustrie ohnegleichen aufgebaut.

Verlagerungstrends verlangsamen sich Auch Bangladesch, lange Zeit als Billigstandort für die Kleidungsnäher etabliert, verlöre an Attraktivität, so die Experten. Neben grundsätzlich schwierigen Produktionsbedingungen seien dafür vor allem Skandale wie einstürzende Fabriken verantwortlich. Kein westlicher Kleiderhersteller wolle damit heute assoziiert werden. Während Indonesien grundsätzlich eher wenig investitionsfreundlich beurteilt wurde, böten die Philippinen ein besseres Umfeld als noch vor Jahren. So sind neben zahlreichen japanische Produzenten auch deutsche Firmen aus Südchina in die Sonderzonen der Philippinen umgezogen.

Durch Lohnkostenanstiege von im Schnitt 15% pro Jahr, hat sich China im Billiglohnbereich zum großen Teil aus dem Markt katapultiert. In Zeiten steigender Produktivität konnte dies kompensiert werden doch zuletzt kam das Modell an seine Grenzen. Die Regierung im Reich der Mitte will daher den Sprung zu einem konsumbasierten Wachstum schaffen, das auf der Produktion von Hightech und auf der Erbringung
von Dienstleistungen basiert. Noch ist nicht klar, ob dieser Sprung über die "mittlere-Einkommensfalle" gelingt. Zahlreiche Schwellenländer stecken in dieser und das Wachstum ist erlahmt.

Deutsche Einkäufer bestellen weniger in China

Entsprechend reduzieren die deutschen Einzelhändler zunehmend ihre Importe aus China und kaufen immer stärker in anderen Ländern. Das zeigt eine Mitgliederumfrage der Außenhandelsvereinigung
des Deutschen Einzelhandels (AVE), an der sich nach eigenen Angaben zum allergrößten Teil Textil- und Schuhhändler beteiligten. 80% der Befragten haben bereits 2015 ihr Importvolumen aus China reduziert, 90% der Unternehmen gaben an verstärkt Ware aus anderen Lieferregionen beziehen zu wollen. Dabei sehen die Händler eine Verlagerung auf Länder wie Myanmar (78%), Bangladesch (67%) und Vietnam (56%).

Vietnam, das bereits in den vergangenen Jahren von der Verlagerung profitierte, wurde auch auf dem AFF weiterhin als Top-Standort gehandelt. Das Land mit dem höchsten Wirtschaftswachstum in Südostasien 2015 habe sich im 1. Halbjahr 2015 zum viertgrößten Textilexporteur aufgeschwungen, analysierte die Vietnam National Textile and Garment Group (Vinatex). Für Schuhe ist es bereits der drittgrößte Lieferant weltweit. Getragen durch Megainvestitionen von Samsung ist nun die Elektronikindustrie aus den Startblöcken gekommen und dürfte weitere Aktivitäten anziehen. Experten zitieren vor allem die Mischung aus junger, wachsender Bevölkerung mit niedrigen Lohnkosten als Standortvorteil.

Vietnam profitiert von Freihandelsabkommen

Einen Schub erhält Vietnams Attraktivität derzeit durch im Abschluss befindliche Freihandelsabkommen. So wurde im Dezember 2015 ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnet und Anfang Februar 2016 folgte Trans Pacific Partnership (TPP). Letzteres Abkommen, das neben zehn weiteren Pazifik-Anrainern die USA umfasst, dürfte für Vietnam große Vorteile bringen. Denn der US-Markt
ist für die vietnamesischen Konsumgüterexporteure der wichtigste Markt, zudem können die großen Einzelhändler der USA ihre Produktion rasch verlagern.

Als unterentwickeltstes Mitglied dürfte Vietnam bei Inkrafttreten (und schon davor) größere Teile der Wertschöpfungsketten im Bereich Textil und Elektronik anziehen. Denn noch fehlt dem Land eine ausgebaute Zuliefererstruktur. Diese wird im Textilbereich gerade aufgebaut, so wird in Kapazitäten für Garne, Stoffe und Färbereien investiert. Für Samsung, dem größten ausländischen Investor, kommen noch alle Komponenten aus China. Und nur wenn ein großer Wertschöpfungsanteil aus TPP-Mitgliedsstaaten kommt, finden die niedrigen Zollsätze Anwendung.

Während in Europa die Einkaufsmacht nicht ganz so groß ist, spielen Kosten auch dort eine wichtige Rolle. Doch daneben hat sich die Kontrolle der Lieferkette und die Flexibilität einen größeren Stellenwert erarbeitet, schnelle Wechsel von Trends und Kollektionen sind durch Kunden und das Internet bestimmt. Daher hat sich auch hier eine Rückverlagerung, näher an die Absatzmärkte, eingestellt. Rumänien und
Bulgarien haben sich in der Mitte Europas als "Billiglohnstandorte" etabliert, doch auch dort ist die Bevölkerung von Alterung gekennzeichnet. Entsprechend werden Arbeitskräfte knapp werden
und Löhne steigen, die Ukraine wird als neuer Standort gehandelt.

Afrika mit noch geringem Potenzial

Wenig Potenzial bescheinigten die Experten des Supply Chain-Panels dagegen dem Standort Sub-Sahara Afrika. Diesen hätten einige Einkäufer beziehungsweise Produzenten getestet, die Ergebnisse seien aber nicht erbaulich. Die Ansichten divergieren jedoch. Chinesische Firmen sind zum Teil schon vor Ort und gerade amerikanische Hersteller beobachten die weitere Entwicklung. So kauft zum Beispiel die VF Corporation, größter Jeanshändler der Welt, in Afrika ein. Gerade Äthiopien habe Potenzial, so ein Vertreter. Doch die Infrastruktur, Investitionsklima und Arbeitsmoral sei nicht zu vergleichen.

Im Grunde fehlen also ernsthafte Alternativen zu den etablierten Standorten. Daher werden aufgrund der knapper werdenden Arbeitskräfte die Kosten und damit auch die Endpreise steigen. Selbst in Vietnam stieg der Mindestlohn 2015 um 15%. Wenn aber an der Einkaufskostenschraube nur noch bedingt gedreht werden kann, müssen die Firmen sich beim Absatz besser aufstellen, so ein größerer Kleidungseinkäufer. Daher müssen soziale Medien genutzt werden, um näher am Kunden zu sein und zum Beispiel Individualisierung als Verkaufsargument zu entwickeln.

Die Einkaufshotspots für Kleidung der nächsten Jahre (Befragung Anfang 2015)
Land Unter den Top-3 genannt
Bangladesch 48%
Vietnam 33%
Indien 30%
Myanmar 30%
Türkei 30%
VR China 23%
Äthiopien 13%
Indonesien 10%
Ägypten 5%
Sri Lanka 5%
Tunesien 5%

Quelle: McKinsey Umfrage unter Chefeinkäufern